Stressfrei und erfolgreich führen: Was in der Praxis wirklich funktioniert
By Uwe Beyer and Stefanie Kaulich
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Besonders von Führungskräften wird mittlerweile nahezu Übermenschliches verlangt. Neben der Verantwortung, die sie zu tragen haben, müssen sie gegen eine weiter zunehmende Arbeitsbelastung und schwindende Personalressourcen ankämpfen. "Ganz nebenbei" sollen sie dann auch noch ausschließlich Erfolge erzielen und innovative Ideen mit eigenverantwortlichen Mitarbeitern entwickeln.
Damit Sie dennoch die Freude an der Arbeit behalten und weiterhin eine souveräne Führungsrolle einnehmen können, haben Uwe Beyer und Stefanie Kaulich ihr langjähriges Führungswissen und ihre erfolgserprobten Handlungsoptionen in diesem Praxisleitfaden zusammengetragen.
Ausgehend von den vier wesentlichen Bestandteilen des Führens – Vision, Strategie, Geschäftsprozesse und Menschen – zeigt dieses Buch, wie das Arbeitsleben für Führungskräfte und auch deren Mitarbeiter erleichtert werden kann.
Lesen Sie, wie Sie wiederkehrende schwierige Situationen im Führungsalltag souverän meistern und Mitarbeiter für mehr Eigenverantwortung begeistern können.
Mit einer leicht verständlichen Sprache und nachvollziehbaren Beispielen.
Alltagserprobte, praxisnahe Handlungsoptionen zur eigenen, praktischen Umsetzung.
Für Führungskräfte und alle, die Führung besser verstehen möchten.
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Stressfrei und erfolgreich führen - Uwe Beyer
verzichtet.
I Die Führungskraft, ein Übermensch?
Wenn wir Beschreibungen über Führungskräfte hören oder lesen, was von ihnen erwartet wird, was sie inhaltlich und organisatorisch alles tun und können müssen, drängt sich mitunter schon einmal der Gedanke auf: Eine Führungskraft muss heutzutage ein Übermensch sein. Das liegt darin begründet, dass auch die Herausforderungen für die Unternehmen in unserer globalisierten, schnelllebigen Zeit immer größer werden, was sich letztlich auf Sie als Führungskraft überträgt.
Doch was ist überhaupt ein Unternehmen? Wir verstehen unter „Unternehmen ein wirtschaftlich orientiertes, rechtlich organisiertes Gebilde. Es wird mit dem Ziel der Gewinnerbringung geführt und ist meist sehr dynamisch und komplex. Und was macht ein Unternehmen aus? Unter anderem die Handlungen und Verhaltensweisen mehrerer Personen. Das heißt, das Unternehmen wird letztendlich nur von Menschen gesteuert. Eine wichtige Gruppe sind Menschen wie Sie, die im operativen Bereich Führungsaufgaben ausführen. Die Zukunft kann nur von den Menschen im Unternehmen gestaltet werden. Doch was erwartet uns in Zukunft und speziell Sie in Ihrer Rolle als Führungskraft? „Zukunft
hat auch immer „Herkunft", aber keine Angst, wir schauen nur kurz ein paar Jahre zurück.
Die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hatte verschiedene Auswirkungen. Eine davon trifft Sie in Ihrem Alltag besonders stark. Viele Unternehmen waren gezwungen, den Personalstand zu reduzieren. Gleichzeitig müssen die Unternehmen handlungsfähig bleiben und Produkte oder Dienstleistungen liefern, trotz reduzierter Personalmenge. Der Personalbestand wurde jedoch nach dem Abklingen der Krise in den wenigsten Fällen wieder erhöht und erst recht nicht auf den Stand von vor 2008. Das heißt, heute und in Zukunft werden Sie mit diesen Konsequenzen leben und vor allem führen müssen.
Das ist jedoch nur eines von vielen Themen, die Sie betreffen. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie noch? Je nachdem in welchem Bereich Sie arbeiten, wird Sie das eine mehr, das andere weniger tangieren. Manches davon begleitet Sie schon länger, anderes hat sich erst in jüngster Vergangenheit entwickelt. Da es sehr viele Herausforderungen für Sie sind, die wir täglich beobachten, haben wir für Sie die wesentlichen nach Bereichen aufgelistet.
Abbildung 1: Die Herausforderungen an die Führungskräfte
Menschen
Die einzelnen Menschen im Unternehmen sind wichtiger geworden, da im Vergleich zur vorangegangenen Industriegesellschaft relativ betrachtet mehr Menschen für die Wertschöpfung verantwortlich sind. Das heißt, die Verantwortung wird immer mehr auf den Einzelnen im Unternehmen verlagert. Gleichzeitig fordern Mitarbeiter mehr Mitsprache und Einflussnahme bei den Entscheidungsprozessen und akzeptieren immer weniger eine autoritäre Führung. Die Situation – von beiden Seiten in der Regel gewollt – stellt Sie als Führungskraft vor neue Anforderungen.
Teams lassen sich nur noch selten autoritär führen. Hinzu kommt, dass in der komplexen Arbeitswelt von heute niemand mehr in der Lage ist, alle wichtigen Teilaufgaben zu beherrschen. Die Führungskraft als der beste Fachmann ist immer weniger gefragt. Die Führungsaufgaben verlagern sich mehr in den sozialen und zwischenmenschlichen Bereich. Natürlich müssen dabei die Ziele des Unternehmens im Auge behalten werden. Von Ihnen als Führungskraft wird zunehmend erwartet, dass Sie je nach Situation verschiedene Rollen einnehmen und zum Beispiel als Prozessbegleiter, Moderator, Coach oder auch Fachmann agieren. Eine humanistische Grundhaltung ist hilfreich. Wenn Sie Menschen grundsätzlich mögen, ist das schon eine gute Voraussetzung.
Der Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte ist in vollem Gange. In den vergangenen Jahren haben sich die Qualifikationsanforderungen gewandelt. Der Trend geht immer mehr zu höherwertig ausgebildeten und besser qualifizierten Mitarbeitern, denn diese werden in den Unternehmen benötigt. Dabei wird bei den Arbeitskräften die Fähigkeit zu lebenslangem Lernen vorausgesetzt, wobei sich das relevante Wissen immer schneller verändert. Und wäre es nicht schon schwierig genug, geeignete Arbeitskräfte zu finden, gilt es auch noch, vorhandenes wichtiges Know-how trotz Abgängen von Mitarbeitern im Unternehmen zu halten.
Mitarbeiter und Führungskräfte müssen einen hohen Komplexitätsgrad bewältigen. Das bedeutet, dass Unternehmen dahingehend verändert werden müssen, dass Menschen einen höheren Komplexitätsgrad ertragen und bewältigen können. Das wiederum heißt, dass Sie und Ihre Mitarbeiter trotz steigender Anforderungen, Druck und gefühltem Stress wertschöpfend arbeiten können müssen.
Sie müssen immer mehr in der Lage sein, Veränderungsfähigkeit vorzuleben und Veränderungen auch umzusetzen. Sie sollen Ihre Mitarbeiter bei Fragen der eigenen Personalentwicklung beraten und betreuen. Außerdem müssen Sie unternehmerisches Denken und Handeln vorleben und fördern.
Markt
Innovationen und Wertschöpfung sollen laufend hervorgebracht werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und Wettbewerbsvorteile auszubauen. Die Kapitalströme haben sich verändert und werden sich auch zukünftig immer wieder wandeln. Die Ressourcen auf den Märkten sind überwiegend knapp. Die Absatzmärkte ändern sich durch zum Beispiel neue Konsumentenmärkte, den Trend der Individualisierung und durch den gesellschaftlichen Wandel. Erschwerend kommt hinzu, dass die Produktzyklen immer kürzer werden und der Markt „sich immer schneller dreht". Der Markt verlangt immer mehr Flexibilität, Schnelligkeit und Transparenz. Die Geschwindigkeit und die Präsenz am Markt sind ein sehr wichtiger Wettbewerbsvorteil geworden. Zudem erwarten die Kunden eine immer schnellere und flexiblere Leistungserbringung. Dabei soll auch noch nachhaltig gehandelt werden und zwar in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht, aber technologisch stets auf höchstem Niveau.
Unternehmensstruktur und Arbeitsabläufe
Die geänderten Marktsituationen erfordern immer schnellere Anpassungen in den Unternehmen. Diese müssen in der Lage sein, sich rasch neu zu strukturieren, zu verlagern oder ganz neu auszurichten. Das heißt, die Unternehmensstruktur, die Arbeitsabläufe, die Arbeitsformen und die Arbeitsinhalte immer wieder den Anforderungen entsprechend anzupassen. In vielen Unternehmen führt das, gewollt oder nicht gewollt, zur Auflösung (starrer) Hierarchien. Die persönliche Anwesenheit vor Ort verliert an Bedeutung. Ein bereichsübergreifendes Prozessdenken anstelle von Bereichsdenken hält mehr und mehr Einzug. Das Silodenken einzelner Bereiche hat schon längst nicht mehr viel Zukunftskraft und wird künftig immer weniger Chancen haben. Der Kunde und sein gestiegenes Qualitätsbewusstsein stehen immer mehr im Vordergrund. Unternehmen brauchen zunehmend eine Bereitschaft zur Flexibilität bei ihren Mitarbeitern. Menschen können Inhalte relativ schnell verändern, Maschinen nicht. Das Unternehmen von heute und morgen ist demnach eine lernende Organisation, die anpassungsfähig ist und flexibel auf äußere und innere Reize reagiert. Auch hier ist wieder die Führungskraft gefragt, diese Veränderungen mitzutragen und zu gestalten.
Kommunikation und Information
Die schöne neue Welt der ständig und überall erreichbaren Menschen: Das Kommunikationsverhalten hat sich in den vergangenen Jahren drastisch gewandelt und weitere Entwicklungen werden folgen. Dadurch haben sich in Unternehmen die formellen und informellen Strukturen sowie die Informationsbereitstellung und auch -bearbeitung verändert. Wir werden alle informierter. Ob das hilft, ist eine ganz andere Frage. Uns stehen Informationen überall zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung. Auch Ihre Mitarbeiter verfügen heute über einen viel größeren Wissensstand über das Unternehmen als noch vor ein paar Jahren. Als Führungskraft können Sie, ob Sie das begrüßen oder nicht, nur noch seltener dadurch hervorstechen, dass Sie einen elementaren Informationsvorsprung haben.
Die Veränderungen in der Informationsbereitstellung haben auch einen massiven Einfluss auf unser Kommunikationsverhalten. Es besteht zunehmend die Gefahr der Reduzierung persönlicher Gespräche durch die elektronischen Informationsmöglichkeiten zu jeder Zeit an nahezu jedem Ort. Eine Differenzierung zwischen technisch möglicher und menschlich nötiger Kommunikation ist notwendig. Und da es als Führungskraft hilfreich ist, rund 60 bis 70 Prozent der Arbeitszeit mit der Kommunikation mit in Ihrem Umfeld handelnden Personen zu verbringen, können Sie hier richtig kreativ werden.
Sie sind mit diesen Herausforderungen bedient? Das können wir verstehen. Aber die gute Nachricht ist: So schlimm, wie es aussieht, ist es gar nicht. Sie können den Umgang mit den Herausforderungen steuern. Unternehmen werden heute und auch in Zukunft glücklicherweise von Menschen geführt, und zwar von Menschen wie Ihnen. Und dass Sie als Führungskraft alle Herausforderungen und Anforderungen erfüllen, ist utopisch. Denn eine Führungskraft ist eben kein Übermensch.
Wir möchten uns nun mit Ihnen gemeinsam drei Herausforderungen ansehen, die alle Unternehmen und somit auch Sie als Führungskraft heute bereits betreffen:
• mit mehr Druck und Stress umgehen,
• Innovation und Wertschöpfung hervorbringen,
• Nachhaltig führen und handeln.
Mit mehr Druck und Stress umgehen
Der wahrgenommene Stress in der Arbeitswelt wird weiter zunehmen. Verantwortlich dafür sind viele der in der Einleitung beschriebenen Situationen. Die Marktsituation wird sich nicht stark ändern. Wir werden weiterhin gesättigte Märkte haben. Die Personalressourcen werden von den Entscheidungsträgern nicht wesentlich verändert, das heißt aufgestockt werden. Gleichzeitig wird auf jeden Einzelnen immer mehr Verantwortung übertragen. Es wird eine ständige Anpassungsleistung der Mitarbeiter gefordert. Hinzu kommt, dass sich das Belastungsspektrum von physischen zu psychosozialen Belastungen durch zum Beispiel Termin- und Leistungsdruck oder Komplexität von Arbeitsaufgaben verschoben hat.
Aber warum werden die Personalressourcen nicht aufgestockt, wenn der Stress für die meisten Beteiligten im Unternehmen zunimmt? Die Unternehmen funktionieren heute, auch mit einer verringerten Mitarbeiteranzahl, und die Mitarbeiter erbringen trotzdem die erwarteten Leistungen. Solange diese Situation so ist, sieht das Unternehmen keine Notwendigkeit, die Mitarbeiteranzahl zu erhöhen. Natürlich ist das eine Gratwanderung, und die Situation kann schnell kippen. Aber solange das nicht passiert, bleibt die Situation, wie sie ist. Es gibt hierfür auch keinen Musterweg. Doch was bedeutet das für Sie und Ihren Verantwortungsbereich? Sie haben nur die Chance, ihn so einzurichten und zu leiten, dass es für Sie und Ihre Mitarbeiter heute und in Zukunft stressfreier wird, obwohl der Druck seitens des Marktes und der Unternehmensführung auch künftig zunehmen wird.
Warum erleben wir die beschriebenen Situationen überhaupt als unangenehm und fühlen uns gestresst? Stress ist grundsätzlich etwas Gesundes im Sinne von positiver Anspannung, im Sinne von „bereit sein". Ein gewisses Maß an Spannung ist notwendig. Evolutionär betrachtet, löste eine Bedrohung Stress aus, der in Flucht oder Angriff umgewandelt wurde. Das heißt, eine Aktivität wurde eingeleitet und Kraft wurde freigesetzt, um zum Beispiel vor einer Bedrohung zu fliehen oder zu kämpfen. Der Stress wurde durch die körperliche Aktivität abgebaut. Auch heute ist es nach wie vor in einer Gefahrensituation wichtig, dass unser Körper aufgrund der Stressreaktion schnell reaktionsfähig ist. Im Extremfall sind wir in der Lage, zum Beispiel aus dem Schlaf im Dunkeln aus größter Ruhe heraus in die höchste Aktivität durchzustarten, um uns zu retten. Das bedeutet praktisch, dass unser Körper auf Höchstleistung kommt, damit wir beispielsweise in der Lage sind, vor einem Feind wegzulaufen oder ihn anzugreifen und zu besiegen. Auch in Umständen, die weniger gefährlich sind, kann es hilfreich sein, eine gewisse Anspannung zu verspüren, damit wir zum Beispiel Informationen schnell aufnehmen oder umsetzen können.
Negativ wird die Anspannung und somit für uns spürbar zu Stress, wenn wir eine Situation für uns selbst als anstrengend empfinden oder wir uns überfordert fühlen. Hier kann ein Teufelskreis beginnen. Wir investieren noch mehr Energie in die Situation, um sie möglichst rasch zu beenden, und erzeugen damit neuen Stress im Kampf gegen den Stress. Unser Körper reagiert dann zum Beispiel mit innerer Unruhe, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Zittern, Herzklopfen oder Herzrasen, Nervosität, Schwindelgefühlen, Angstzuständen etc.
Was aber können wir tun, wenn der Feind etwas ist, das wir weder bekämpfen noch vor dem wir weglaufen können? In der heutigen Zeit kann in unserem Arbeitsalltag unser „Feind" ein Telefonat sein, das wir als unangenehm empfinden. Nur gibt es in unserer Arbeitswelt keinen Kampf mit dem Telefon oder gar die Flucht davor. Wir bleiben am Arbeitsplatz und können nicht weg. Natürlich könnten wir von unserem Arbeitsplatz weglaufen, aber das ist auf Dauer keine Lösung. Also bleiben Sie an Ihrem Arbeitsplatz, und die nicht erfolgte körperliche Anstrengung führt zu Stressempfinden und kann Unwohlsein oder Gesundheitsstörungen hervorrufen.
Abbildung 2: Stress am Arbeitsplatz
Beachten Sie bitte dabei, dass die Empfindung von Stress sehr subjektiv ist. Während sich ein Mitarbeiter von der bevorstehenden Aufgabe bestärkt fühlt und sie als positiven Stress erlebt, kann die gleiche Tätigkeit bei einem anderen Mitarbeiter negativen Stress hervorrufen und entsprechende Stresssymptome auslösen. Darüber hinaus wechselt unser Stressempfinden täglich. Wenn wir in der Nacht zu wenig geschlafen haben, kann das zu einer erhöhten Reizbarkeit am nächsten Tag führen.
Was bedeutet das für Sie?
Sie und Ihre Mitarbeiter können individuelle Maßnahmen ergreifen, um dem Stress zu begegnen. Dies kann über körperliche Aktivität wie zum Beispiel Spazierengehen, Joggen etc. erfolgen. Gleichzeit bieten mittlerweile viele, wenn auch noch nicht alle Unternehmen Maßnahmen zur Stressbewältigung für die Beschäftigten an. Die Verantwortung im Umgang mit dem arbeitsbezogenen Stress liegt weder allein bei den Betroffenen noch beim Unternehmen. Die Anforderungen des Unternehmens werden höchstwahrscheinlich bleiben, aber Sie haben