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Anthony de Mello - Der glückliche Wanderer: Die Biografie
Anthony de Mello - Der glückliche Wanderer: Die Biografie
Anthony de Mello - Der glückliche Wanderer: Die Biografie
Ebook366 pages5 hours

Anthony de Mello - Der glückliche Wanderer: Die Biografie

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About this ebook

Anthony de Mello hat viele Menschen beeindruckt und geprägt und tut das noch immer, auch dreißig Jahre nach seinem Tod. Nun veröffentlicht sein Bruder Bill de Mello die exklusive Biografie, die den "glücklichen Wanderer" noch einmal neu und besser kennenlernen lässt. Dabei bringt er der Welt Anthony de Mello auf eine Weise näher, die bislang unbekannt war und gibt damit einen neuen Schlüssel zu einer der faszinierendesten spirituellen Persönlichkeiten. Zum ersten Mal werden hier auch bisher unbekannte Texte veröffentlicht: ein wahrer Schatz, der neu geborgen wird. Persönlicher und näher war noch keine Biografie.
"Der glückliche Wanderer" – Ich mag dieses Lied so gern. Ich habe mich sehr geschmeichelt gefühlt, als einer von euch sagte, er bewundere mich, weil ich ins Unbekannte aufgebrochen sei, immer weiter, von einem Ort zum anderen, von einer Entdeckung zur anderen. Ich führe ein glückliches Leben. Ein wunderbares
Leben, und so wird es in diesem Lied auch beschrieben". (Anthony de Mello)
LanguageDeutsch
PublisherVerlag Herder
Release dateJul 14, 2017
ISBN9783451810787
Anthony de Mello - Der glückliche Wanderer: Die Biografie

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    Anthony de Mello - Der glückliche Wanderer - Bill de Mello

    Titel der Originalausgabe:

    The happy wanderer

    Copyright © 2013, Bill deMello.

    Published by Orbis Books, Maryknoll, New York 10545-0302

    Für die deutschsprachige Ausgabe:

    © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017

    Alle Rechte vorbehalten

    www.herder.de

    Als deutsche Bibelübersetzung ist zugrunde gelegt:

    Die Bibel. Die Heilige Schrift

    des Alten und Neuen Bundes.

    Vollständige deutsche Ausgabe

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    DIE BIBEL

    © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2005

    Umschlaggestaltung: wunderlichundweigand, Stefan Weigand

    Coverfoto: WikiCommons/DeMello Spirituality Center

    E-Book Konvertierung: Rainer Moers, Mönchengladbach

    ISBN Print 978-3-451-31148-2

    ISBN E-Book 978-3-451-81078-7

    Bill de Mello

    Anthony de Mello –

    Der glückliche Wanderer

    Die Biografie

    Deutsch von Ulrike Strerath-Bolz

    Inhalt

    Dank

    Zum Geleit

    Vorwort

    Prolog

    Teil I Die Reise nach Sadhana

    Kapitel 1: Die Familie und die frühen Jahre

    Kapitel 2: Das Noviziat

    Kapitel 3: Philosophie in Spanien

    Kapitel 4: Das Magisterium

    Kapitel 5: Theologie

    Kapitel 6: Mission Impossible und die ­Verbindung nach Spanien

    Kapitel 7: Rektor

    Kapitel 8: Sadhana: Geburt und (R)Evolution

    Teil II Der Sänger und sein Lied

    Kapitel 9: Weitergehen: »Holz hacken, Wasser von der Quelle holen«

    Kapitel 10: Inspiration und Kontroverse:»Sehr gut, sehr gut«

    Kapitel 11: Tonys Beziehungen: »Ändere dich nicht!«

    Kapitel 12: Ein bescheidener Mensch:»Das Leben ist ein Wunder«

    Epilog

    Zum guten Schluss

    Tonys Lebenslauf

    Quellen und Hinweise zum Weiterlesen

    Bücher von Anthony de Mello

    Weitere Quellen

    Websites

    Anhang

    I. Themen in Tonys letztem Gebetsseminar am JDV, Poona (20.–26. Mai 1987)

    II. Kongregation für die Glaubenslehre

    III. Ein Christ des Ostens spricht über das Gebet

    Für meinen Bruder Tony. Für Frank und Louisa, unsere Eltern. Und für Caridade, unseren Großvater, mit dem diese Geschichte begann.

    Dank

    Ich hatte mir schon lange gewünscht, die kurze Internet-Biografie von Tony ausführlicher zu gestalten. Es war aber eine ziemliche Herausforderung, dafür Zeit und Muße zu finden. Außerdem fiel es gar nicht so leicht, die korrekten Zusatzinformationen über meinen Bruder aufzuspüren. Tatsächlich war es fast unmöglich. Ich wollte mehr als nur die Informationen über seinen familiären Hintergrund und seine Herkunft zusammenstellen. Wenn ich eine umfassende Biografie über Tony schrieb, dann würde ich bergeweise Informationen aus verschiedenen Quellen benötigen.

    Ich fragte mich, wo um alles in der Welt ich dieses Material finden sollte. Tony und ich waren viele Jahre zuvor getrennt worden, als er von zu Hause wegging, um sich der Societas Iesu, den Jesuiten, anzuschließen. Unser Kontakt war in den folgenden Jahren auf einige wenige Tage beschränkt, und wenn wir uns trafen, ging es mehr um persönliche Dinge. Daraus würde ich keine umfassende Lebensgeschichte zusammenstellen können, und ich könnte auch nur sehr wenig über sein Tun sagen. Also würde ich viele wichtige Informationen brauchen, die mir nicht so einfach zur Verfügung standen.

    Viele Briefeschreiber stellten mir Fragen über Tony. Ich war mir sicher, ich würde nie zufriedenstellende Antworten für alle finden. Außerdem – selbst wenn ich die Informationen fand, wie sollte ich sie alle in einem Buch sammeln?

    Dann kam mir eines Tages eine Idee. Ich erinnerte mich, dass ich mich in meinem letzten Schuljahr sehr intensiv mit dem Neuen Testament beschäftigt hatte. Gar nicht so sehr, weil ich so religiös war, sondern eher, weil mich die Geschichte Jesu interessierte und inspirierte. Und so bezog ich aus der Bibel auch die Inspiration für dieses Buch. Ich erinnerte mich an die Bergpredigt und begann, indem ich seine Worte frei interpretierte und neu wiedergab.

    Ich bat um Informationen – und fand zu meinem großen Erstaunen jede Menge davon. Ich freute mich von Herzen über die Schätze, die mir von vielen Menschen großzügig zur Verfügung gestellt wurden. Ich klopfte an – und die Menschen öffneten mir nicht nur ihre Türen, sondern auch in liebevoller Weise ihre Herzen.

    So schulde ich jetzt Dutzenden von Menschen Dank, die mit mir korrespondierten und mich dazu aufforderten, nicht nachzulassen. Durch ihre Briefe wurde mir klar, dass dieses Buch geschrieben werden musste. Und jetzt hoffe ich, sie finden hier die Antworten auf alle ihre Fragen.

    Anders als ursprünglich geplant habe ich die meisten Zitate und Erfahrungen nicht mit Namen versehen. Einige von denen, die in dieser Danksagung erwähnt werden, erkennen sicher ihren Beitrag oder ihre Beiträge auf den folgenden Seiten. Andere werden mit Freude feststellen, dass sie mir einen Weg gezeigt haben und dass ich ihren Rat und ihre Anleitung beherzigt habe.

    Wenn ich jemanden in der langen Namensliste vergessen habe, dann bitte ich um Verzeihung, es ist sicher nicht mit Absicht geschehen. Ich bin Ihnen von Herzen dankbar! Ein paar Menschen, die besondere Beiträge geleistet haben, ohne dafür besonderen Dank zu erwarten, möchte ich eigens erwähnen. Ohne ihre Hilfe und Anleitung wäre dieses Buch niemals fertig geworden:

    Mein besonderer Dank gilt Daphne und Dominic Gonzalvez. Dominic hat mir geholfen, die Internet-Biografie herauszugeben, die viele Menschen über Jahre hinweg mit Freude gelesen haben. Daraus ergaben sich die zahlreichen Briefwechsel und die vielen Ermutigungen und Aufforderungen, weiterzumachen. Ohne Daphne, die der ersten kurzen Biografie einen Platz auf ihrer Website gab, hätte schon dieser kurze Text womöglich nie das Licht der Welt erblickt. Der Link besteht noch immer, und wenn ich irgendwelche Änderungen brauche, erledigt sie diese prompt. Außerdem haben diese beiden Menschen mich immer wieder ermutigt und motiviert, weiterzumachen, als ich dieses Buch schrieb.

    Sie hat sich außerdem der Wiederherstellung alter Familienfotos gewidmet und uralte Audiokassetten digitalisiert und in CDs verwandelt, aus denen ich ebenfalls viele wertvolle Informationen ziehen konnte.

    Daphne und Dominic: Vielen Dank, dass ihr zur rechten Zeit am rechten Ort wart und dass ihr mir so viel Zeit geschenkt habt.

    Einen besonderen Dank möchte ich auch meinem jungen künstlerischen Freund Vlada Peterka aussprechen. Er schrieb mir vor ein paar Monaten und bat um ein Foto von Tony, weil er ein Porträt malen wollte. Das schöne Bild auf dem Umschlag ist ein Beweis seiner Geschicklichkeit und seines Könnens. Im Moment arbeiten wir zusammen an einer Website, die Tony gewidmet sein wird. Vlada fand nichts, worum ich ihn bat, jemals schwierig oder mühsam. Vlada, ich danke dir für deine Geduld und die Großzügigkeit, mit der du mir deine Zeit zur Verfügung stellst.

    Ich habe mir sehr gewünscht, dass ein besonderer Mensch – ein enger Freund von Tony – das Geleitwort zu diesem Buch ­schreiben möge. Jeder, der Tony begegnete, fühlte sich als etwas Besonderes, so war er nun mal. Deshalb gibt es auch so viele würdige und qualifizierte Kandidaten für das Schreiben des Geleitworts. Ich habe aber ohne Zögern Pater Joseph M. Feliu SJ darum gebeten. Er ist einer von Tonys ältesten Freunden, und wenn er über ihn spricht, spüre ich die Liebe, den Respekt und die Kameradschaft – ganz zu schweigen von den Scherzen und dem Humor –, die die beiden teilten, schon als sie als junge Scholastiker in Spanien lebten. Diese Freundschaft dauerte bis zu Tonys Lebensende an.

    Als ich Pater Feliu zum ersten Mal darauf ansprach, lehnte er höflich ab mit der Begründung, er sei dieser wichtigen Aufgabe nicht wert. Ich bin froh, dass ich darauf bestand und ihm erklärte, er allein sei der Richtige für das Schreiben dieses Vorworts. Pater Feliu, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich haben überzeugen lassen und in Ihrem furchtbar vollen Terminkalender noch eine Lücke gefunden haben, um dieses Vorwort zu schreiben. Es ist schön formuliert und mit sehr viel Liebe und Feingefühl komponiert. Es ist eine Freude, Ihre Worte über Tony zu lesen.

    Und dann muss ich natürlich unbedingt ein paar Worte über meinen Lektor Clifford DeSilva verlieren. Tatsächlich hätte ich ohne ihn wahrscheinlich nie diese Danksagung geschrieben. Er hat sich – und das meine ich ganz wörtlich – große Mühe gegeben, mein Manuskript zu lesen, mich wo nötig zu korrigieren und wo angemessen zu loben. Gleichzeitig hat er den Großteil meiner Arbeit unangetastet gelassen. Sein Wissen über die Jesuiten war von unschätzbarem Wert. Da er selbst ein ehemaliger Jesuit ist, konnte er mich mit seinem Rat durch einige sehr schwierige Passagen des Textes leiten. Vor allem aber führte seine enge Verbindung zu Tony zu einem großen Wissen über meinen Bruder. Die Geschichten, die er mir darüber erzählte, machten mich fast neidisch. Manchmal wünschte ich, ich hätte ebenfalls so kostbare Zeiten mit Tony verbracht. Viele Dinge hätte ich ohne Clifford nie erfahren. Seine Computerkenntnisse und seine Leidenschaft für Literatur und Religion haben mir geholfen, wo ich sonst wohl gescheitert wäre.

    Zusätzlich zu meinen eigenen Geschichten kamen viele verschiedene Informationsstränge aus Dutzenden Quellen. Clifford hat mir geholfen, sie alle in eine geschmeidige Erzählung aufzunehmen. Also, mein lieber Clifford: Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin. Du hast bei der Herausgabe dieses Buches Unglaubliches geleistet. Vor allem danke ich dir für deine Geduld, für deine Freundschaft und Unterstützung und dafür, dass du mich aufgebaut hast, wenn es schwierig wurde und wenn ich besorgt oder gar niedergeschlagen war. Ruhig und geduldig hast du mich geführt und ermutigt, sodass ich nie aufgab, obwohl ich manchmal große Lust hatte, das ganze Projekt an den Nagel zu hängen.

    Großen Dank schulde ich auch Pater Jerry Sequeira SJ, dem Leiter des Gujarat Sahiyta Prakash. Pater Jerry, Sie haben mir von Anfang an bereitwillig geholfen, von dem Moment an, als ich Ihnen schrieb, um Sie um Hilfe zu bitten. Sie haben auch dafür gesorgt, dass das Buch in Rekordzeit von der Leitung des Gujarat Sahiyta Prakash genehmigt wurde, und danach waren Sie weiterhin sehr hilfsbereit und großzügig mit Ihrer Zeit.

    Danken möchte ich auch noch Robert Ellsberg und dem Team bei Orbis Books, die an mich geglaubt haben – und vor allem an Tony. Robert, Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass dieses Buch in den USA anlässlich des 25. Jahrestages von Tonys Übergang in die andere Welt erscheint. Wo andere Verleger sich querstellten, haben Sie die Herausforderung angenommen, weil Ihnen klar war, wie viele Menschen in den USA auf Tonys Biografie warteten. Ich bin zuversichtlich, dass dieses Buch auch seinen Weg in die Welt hinaus machen wird.

    Schließlich geht ein großes Dankeschön an Sie alle:

    Anil Sequeira, Aubrey Stanley, Augustus Mallier, Br. Mario Correia SJ, Catherine D’Silva (geb. Castellino), Cedric Saldanha, Celine Castelino, Clifford DeSilva, Daniel Szajdek, Daphne Gon­zal­vez, Diamond Publications, Goa, Dominic Gonzalvez, Dorothy Furtado, Dr. Lilly Rodrigues MD, Fernand Melder, P. Abel Fernandes, P. Alban D’Souza SJ, P. Albert Menezes SJ, P. Allwyn Nazareth SJ, P. Aurel Brys SJ, P. Errol Fernandes SJ, P. Fio Mascarenhas SJ, P. Francis de Melo SJ, P. Federico Sopena SJ, P. Hilario Fernandes SJ, P. Jerry Sequeira SJ, P. Joaquim Tellis SJ, P. Joe Rebello, P. John Misquitta SJ, P. Joseph M. Feliu SJ, P. Lawrie Ferrao SJ, P. Lisbert D’Souza SJ, P. Miguel La Font SJ, P. Prashant Olalekar SJ, P. Ronnie Prabhu SJ, P. Thomas Reddy SJ, P. Tony J. D’Souza SJ, P. Vincent Banon SJ (†), P. Vincent Vaz SJ, Franscisco Nunes, Gerard Mascarenhas, Grace de Mello, Ivan Dias, Joe Fernandes, John Arago, John D’Souza, Laureen Patrao, Leonie Miranda, Lise Kool, Marina D’Costa, Milton Vanderhyde, Noel Godin, Prof. Anand Nayak (†), Richard Perkins, Rita Maloney, Roger Pereira, Sr. Isabel Martin SCJ, Sr. Ita Fernandes FDCC, Sr. Jessie Mendonça FDCC, Sr. Josita Myladiyil MMS, Sr. Margaret Rodericks SCN, Sr. Olive De Silva FDCC, Sr. Rosalia Medeira MMS, Stanley Baptista, Tamar Crane, Vernon Braganza, Vlada Peterka.

    Ihre Hilfe, die Sie mir alle so bereitwillig und großzügig zur Verfügung gestellt haben, die Zeit, die Sie geopfert haben, und ihre schnellen Antworten auf meine Hilferufe haben dieses Buch erst möglich gemacht. Ich danke Ihnen sehr. Ich danke Ihnen aus ganzem Herzen.

    Bill de Mello

    Sydney, Australien

    Zum Geleit

    Ich kenne Tony, seit wir Anfang zwanzig waren. Damals studierten wir Philosophie an einer Jesuitenhochschule in der Nähe von Barcelona. Bald wurden wir Freunde, und so blieb es bis zu Tonys Lebensende. Nach dem, was ich aus dieser frühen Zeit von Tony weiß, kann ich versichern, dass dieses Buch ein treffendes Porträt von ihm zeichnet, von seinem Charakter, seiner Freiheit, seinen Begabungen und seiner Spiritualität.

    Im Gegensatz zu dem, was bei Blutsverwandten oft passiert, ist es Bill de Mello offenbar gelungen, seine Liebe und eine objektive Betrachtung gut miteinander zu verbinden. Herausgekommen ist ein Buch, das keine Hymne darstellt, sondern ein echtes Porträt. Zugegeben – wenn der Mensch, um den es in einer Biografie geht, sich aus der Masse heraushebt, dann ist das nicht die Schuld des Autors, der einfach nur nacherzählt, was außergewöhnlich war. Der Tony, den ich kannte und dem die Leserin und der Leser auf den folgenden Seiten begegnen, war ein ungewöhnlicher Mensch, der weit über das hinausgriff, was wir »normal« nennen. Er war seinen Mitmenschen äußerst zugewandt und hochintelligent, was sich eher in seinen intuitiven Fähigkeiten zeigte als in seinem diskursiven Denken.

    Tony war weiß Gott Theologe, aber nur in dem Sinne einer engen Vertrautheit mit Gott. Er drückte seine spirituellen Einsichten und seine Erkenntnisse durch einfache Geschichten aus. Vielleicht erschien er manchen als Grenzgänger-Christ, aber tatsächlich überschritt er nie die Grenzen, die Jesus gezogen hatte – wenn unser guter Meister sie denn jemals gezogen hat. Tony kannte die Scheidewege und Grenzen des Glaubens und besaß einen einzigartigen Blick für die Realität, den viele in Frage stellten, weil sie seinen Blick nicht teilen konnten. Seine Spiritualität ließ sich nicht durch Glaubensbekenntnisse begrenzen, aber er fand seine Inspiration und seine Ausdrucksformen im Wesentlichen innerhalb der katholischen Kirche.

    Viele von uns schulden Tony mehr Dank, als sich mit Worten ausdrücken lässt. Viele lernten von ihm das Fliegen, und vielen, die einfach den Geboten gehorchten, zeigte Tony, dass es etwas Größeres gibt als reinen Gehorsam, nämlich die Erfüllung der eigenen Erkenntnis durch die freiwillige Annahme von Gottes liebevollem Plan für jeden von uns. Und schließlich haben viele gemäß Tonys Beispiel die Freude entdeckt, unermüdlich und leidenschaftlich zu arbeiten bis zum Ende des Lebens.

    Joseph M. Feliu SJ

    Mumbai, Indien

    Vorwort

    Als mein Bruder Tony noch lebte, bekam ich immer Freiexemplare von seinen Büchern, Videos und Audioaufnahmen. Ich freute mich jedes Mal darüber, aber eigentlich dachte ich, sie handelten nur von Religion und Spiritualität – beides Dinge, die mich überhaupt nicht interessierten.

    Jahre nach Tonys Tod, als das Internet leichter zugänglich wurde, hatte ich viel Freude daran, interessante Themen zu recherchieren und sofort Antworten auf meine Fragen zu finden. Eines Tages gab ich aus reiner Neugier Tonys Namen in eine Suchmaschine ein und stellte zu meinem großen Erstaunen fest, dass mehr als ein Dutzend Websites sich mit meinem verstorbenen Bruder beschäftigten. So führte eins zum anderen, und bald abonnierte ich eine dieser Websites. Nach ein paar Wochen stellte ich mich dem Betreiber als Tonys Bruder vor. Nach einiger Zeit überredete er mich, eine Biografie zu schreiben, in der eine Zusammenfassung über Tonys Leben und Tod nicht nur den Mitgliedern seiner Website, sondern einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte.

    So schrieb ich im Jahr 2000 mit Hilfe von Daphne und Dominic Gonzalvez eine kurze Biografie meines Bruders, die im Internet verbreitet wurde.

    Die Wirkung dieser Biografie war außerordentlich. Ich erhielt und erhalte immer noch Post von Menschen aller Religionen, von Agnostikern und Atheisten aus aller Welt. Sie danken mir für die Biografie, berichten mir davon, wie Tony ihr Leben verändert hat, und bitten um weitere Informationen über diesen bemerkenswerten Mann. Bis jetzt war ich allerdings mit meinem eigenen Leben zu beschäftigt und dachte, viel mehr als das, was ich schon geschrieben hatte, sei nicht zu berichten.

    Dann kam Anfang 2010 eine meiner Briefpartnerinnen auf mich zu und schrieb mir, sie würde in derselben Stadt leben wie ich und wolle eine kurze Dokumentation über Tonys Leben verfassen. Ob ich wohl zu einem Treffen und einem Interview bereit sei? Ich traf mich mit der jungen Frau und war sehr berührt von dem Glück, das sie ausstrahlte. Als ich ihr das sagte, erwiderte sie: »Das ist passiert, als ich das Awareness-Hörbuch Ihres Bruders entdeckte. Ich habe ihm zugehört, und das hat mein Leben verändert.«

    Ich erzählte ihr, dass ich dieses Buch selbst ein paar Mal gelesen, ja, regelrecht verschlungen hätte, als ich eine besonders schwierige Zeit in meinem Leben durchmachte, aber mich hätte es nur noch mehr verwirrt. Sie empfahl mir: »Bill, lesen Sie unbedingt Tonys Bücher, aber hören Sie sich auch die Hörbücher an. Das ist ein riesiger Unterschied.«

    Aber wissen Sie, nach dem letzten Treffen mit Tony hatte ich einfach nicht mehr den Mut aufgebracht, die Aufnahmen seiner Stimme anzuhören. Der bloße Gedanke, eine seiner Videoproduktionen anzusehen, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Wie gesagt, die Briefe, die ich als Reaktion auf die kurze Biografie erhielt, deuteten alle darauf hin, dass Tonys Arbeit inspirierend gewesen war und die Leben vieler Menschen zum Guten verändert hatte. In all den Jahren seit der Veröffentlichung habe ich nicht eine einzige negative Reaktion zu lesen bekommen. Und doch saß ich da, hatte einen Schatz in meinem Besitz und hatte offenbar beschlossen, ihn eher zu begraben als ihn zu teilen. Kein Wunder also, dass er so viele Menschen verändert und zum Wachsen gebracht hatte, während sich mein eigenes Leben immer noch mühsam dahinschleppte – wie seit vielen Jahren schon.

    Ein paar Monate nach der Begegnung mit dieser jungen Frau kamen zwei Audiokassetten, deren Verbreitung sich auf ein paar wenige Mitglieder von Tonys engstem Freundeskreis beschränkt hatte, in meinen Besitz. Bis zu dem Zeitpunkt, als Sr. Grace (die Kopien davon besaß) sie mir schenkte, hatte ich keine Ahnung von ihrer Existenz. Mit Sr. Grace hatte ich einmal darüber gesprochen, vielleicht eine weitere – und erweiterte – Biografie meines Bruders zu schreiben. Und nun dachte sie, die Aufnahmen könnten vielleicht für meine Recherchen nützlich sein. Was für eine angenehme Überraschung es war, diese Aufnahmen zu hören!

    Die eine stellt eine Reihe von Meditationen dar, die der Awareness-Aufnahme sehr ähnlich sind. Möglicherweise hat sie ein Teilnehmer in Lonavala aufgenommen. Die andere ist eine Aufnahme der Messe, die Tony an seinem fünfzigsten Geburtstag feierte. Es ist eine sehr emotionale Aufnahme, Tony ist umgeben von seinen engsten Freunden, die ihn mit Liebe und Freundlichkeit förmlich überschütten. Ich war sehr berührt, diese Aufnahme zu hören. Sie enthält sehr viele Gedanken, von denen ich noch nie gehört hatte. Hier ein kurzer Auszug:

    Ich spreche laut und singe viel, aber es fällt mir heute schwer, nicht zu weinen. (Es folgt eine Pause von fünfundvierzig Sekunden, offenbar kämpft er mit den Tränen. Dann fährt er fort.) Es ging schon heute Morgen los, als ich das Speisezimmer betrat und sah, wie schön ihr alles geschmückt habt und wie viel Mühe ihr euch gegeben habt. Und als ihr dann »Happy Birthday« für mich gesungen habt, war es wieder so. Aber ich riss mich zusammen, ganz im Gegensatz zu allem, was ich euch in Sadhana über Selbstkontrolle lehre. Denn als ich euch ansah, fielen mir all die Menschen ein, die heute an mich denken, für mich beten und mich lieb haben. Ich dachte darüber nach, was ich während der Messe sagen würde. Eine schöne Predigt hatte ich mir vorgenommen, aber dann fiel mir nichts mehr ein. Ich bin sehr bewegt und ich danke Gott und euch allen. Ich fühle mich wie ein verwöhntes Kind Gottes. Gott hat mich so sehr gesegnet, hat mir so viele Gaben, so viel Gnade und Glück geschenkt, so viel Liebe, so viele Einsichten, dass ich es kaum glauben kann. Das ist gar nicht zu verstehen, es ist so unverdient, so absolut unverdient. Aber so ist das wohl mit der Gnade.

    Und als ihr dann die Kerzen angezündet habt, diese fünf Kerzen, da dachte ich: Jede dieser Flammen repräsentiert zehn Jahre meines Lebens. Die erste steht für das erste Jahrzehnt, die zweite für das zweite, die dritte für das dritte und so weiter. Und viele Szenen schossen mir durch den Kopf. Wie anders bin ich heute, wie anders war ich in diesen Zeiten. Es war wie ein intensives Tagebuch im Zeitraffer: Ich habe mich so sehr verändert, ich bin so sehr gewachsen.

    Gestern habe ich euch von dem Brief erzählt, den ich bekommen habe, diesem Brief, der vor zehn Jahren geschrieben wurde. Ich habe den Brief gelesen und mich gefragt: »Bin das wirklich ich?« So verändert, und doch immer behütet von Gott, beschützt und geliebt; von ihm geführt. Und dann dachte ich: Zwei große Dinge hat Gott mir geschenkt. Bei Weitem das größte ist die Gnade, Menschen zu erschaffen. Ich kann sie ansehen und sie verstehen, ihnen helfen, sie lieben und sehen, wie sie lebendig und frei werden und wachsen. Eine größere Gnade kann niemand auch nur erbitten. Ich kann mir nichts Größeres vorstellen und doch kann ich es mir gar nicht so genau anschauen. Ja, es ist da, es ist gut, lass es so sein. Aber während der vergangenen paar Tage habe ich darüber nachgedacht: Welche größere Gabe kann Gott einem Menschen schenken, als dass er ihn dafür einsetzt, Leben, Kraft, Freiheit und Gnade ins Leben anderer Menschen zu bringen? So ist mir wohl die größte aller möglichen Gaben in den Schoß gefallen. Gott hat sie mir so reichlich, so frei und unverdient geschenkt. So natürlich – ich bin ihm wirklich sehr dankbar dafür.

    Die zweitgrößte Gabe ist, dass ich von Liebe umgeben bin, von einer so schönen Liebe, die so wenig fordert, keine Bedingungen stellt, die so treu ist und immer da ist. Eine Liebe, die mich erschaffen und verändert hat, die einen Fürsten aus mir gemacht hat. Und für diese Liebe steht ihr alle, die ihr heute Morgen hier seid. Was kann ein Mann noch mehr verlangen? Gottes Gnade erreicht ihn in der Liebe. Gott selbst erreicht ihn in dieser Liebe, denn Gott ist die Liebe, so ist das. Was kann sich ein Mann Größeres wünschen?

    Nachdem ich diese beiden Aufnahmen gehört hatte, fasste ich den Mut, die Awareness-Aufnahme nicht nur anzuhören, sondern auch ein paar Videos auszugraben und meinen Bruder anzusehen, ihm zuzusehen, wie er ein hingerissenes Publikum erfreute und erleuchtete. Zum ersten Mal hörte ich ihm wirklich aufmerksam zu. Seiner Stimme, die manchmal beruhigend klingt, manchmal laut. Manchmal lacht er herzhaft. Und seine Botschaft vom Erwachen erreichte mich. Und plötzlich verstand ich. Irgendwo in dieser Aufnahme sagt er: »Wenn der Weise zum Mond zeigt, sieht der Dumme nur den Finger.« Bevor ich ihm richtig zugehört hatte, war ich der Dumme gewesen. Ich hatte es so eilig gehabt, sein Buch auszulesen und »durchzukommen«, dass ich ihn überhaupt nicht richtig verstanden hatte. Nicht jeder ist empfindsam genug, Weisheit zu erfahren, indem er ein spirituelles Buch liest. Jetzt, da mich die Stimme meines Bruders leitet, kann ich zu seinen Büchern zurückkehren und die Botschaft besser verstehen, von der so viele Tausend Menschen profitiert haben.

    Dann fing ich an, einigen meiner Briefpartner zu schreiben und ihnen zu berichten, dass sich auch in meinem Leben etwas veränderte. Und dass ich allmählich begriff, was sie meinten, wenn sie mir schrieben und sagten: »Ihr Bruder hat mein Leben verändert.« Viele von ihnen hatten mir vorgeschlagen, die Biografie zu erweitern und ein detailliertes chronologisches Buch über Tonys Leben zu schreiben. In diesem Buch könnte ich dann auch erklären, wie er Menschen »erschaffen« und ihr Leben verändert hatte.

    Also beschloss ich, diese erweiterte Biografie zu schreiben und alle Informationen mit der Welt zu teilen, die ich aus meinen eigenen Erinnerungen und denen anderer ziehen konnte, die Tony gekannt und persönlich mit ihm zu tun gehabt hatten. Als ich meine Entscheidung einigen von Tonys Freunden und meinen Briefpartnern mitteilte, schrieb mir einer, der Tony gut gekannt hatte, zurück:

    Bill, es ist ganz wunderbar, zu hören, dass Du eine erweiterte Biografie schreiben willst. Was mich immer am meisten an Tony erstaunte, war seine Menschlichkeit. Dass ein so gewöhnlicher, bescheidener Mann so genial sein konnte und so viel Einsicht in das Wesen des Menschen besaß, ein so tiefes Verständnis für die Spiritualität des Menschlichen, das machte ihn für viele ganz besonders liebenswert. Bitte schreib die Biografie schnell, wir wollen die Wahrheit wissen.

    Auf den folgenden Seiten geht es um diese Wahrheit. Dieses Buch ist ein genauer Bericht über das Leben meines Bruders. Als ich mit dem Schreiben begann, konnte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen, was ich alles über ihn herausfinden würde. Nachdem er sich den Jesuiten angeschlossen hatte, hatten wir uns ja nur noch selten getroffen und kaum einmal längere Diskussionen geführt. Während des Schreibens an diesem Buch jedoch haben sehr viele Menschen mir bereitwillig ihre innersten Gedanken mitgeteilt und von den Erfahrungen mit Tony erzählt. Durch sie habe ich einen Bruder wiederentdeckt, der von Zuhause wegging, als ich noch sehr jung war. Einen Bruder, von dem ich dachte, ich hätte ihn in jener schicksalhaften Nacht 1987 für immer verloren.

    Dieses Buch ist eine Ehrung für ihn, nicht nur von mir, sondern auch von vielen anderen. Eine Ehrung an den Bruder, den ich liebe und bewundere und endlich verstehe. Dafür bin ich all den Menschen dankbar, die seine Botschaft von Frieden, Glück, Liebe und Freiheit empfangen und mit mir geteilt haben. Ich möchte ihre Erfahrungen und meine eigene Entdeckung bekannter machen, damit noch viele weitere Menschen Freiheit und Glück finden können.

    Prolog

    Bis vor Kurzem stiegen in mir immer schmerzhafte Erinnerungen auf, wenn ich dieses Kapitel überarbeitete. Erinnerungen an mein letztes Treffen mit meinem Bruder. Ich hatte Tonys Awareness-Hörbuch immer wieder auf dem CD-Player in meinem Auto gehabt. Aber bei der Ablenkung im Wagen verpasste ich regelmäßig wichtige Teile, auf die ich hätte aufpassen sollen. So machte ich eines Tages einen langen Spaziergang am Meer unweit meines Hauses. Es war sehr früh am Morgen, und es waren kaum Leute unterwegs. Ich setzte mich auf eine Bank, steckte mir die Kopfhörer meines MP3-Players in die Ohren und achtete zum ersten Mal »richtig« auf seine Worte. Im Hintergrund konnte ich die Brandung und das Kreischen der Möwen vernehmen. Sonst war es friedlich und ich konnte mich auf das konzentrieren, was ich hörte. Und plötzlich begriff ich, dass sich eine ganz deutliche Botschaft für mich darin verbarg. Tony riet mir, mich nicht an Erinnerungen zu klammern. Ich sollte sie genießen, so viel ich wollte, aber irgendwann musste ich anfangen, in der Gegenwart zu leben.An diesem Tag machte ich eine Entdeckung. Jetzt verstehe ich, was Tony meint, wenn er sagt: »Wenn du mich liebst, willst du mich dann nicht frei lassen? Willst du mich nicht gehen lassen?«

    Ich habe Briefwechsel mit einigen von Tonys engsten Freunden geführt, die ihre Gefühle – und in einigen Fällen Briefe von Tony – mit mir geteilt haben. Einer dieser Briefe ist besonders interessant, denn er wurde am Tag vor Tonys Tod geschrieben und in New York aufgegeben. Gerichtet war er an eine enge Freundin, eine Ordensfrau, die den Brief erst erhielt, nachdem sie bereits von seinem Tod erfahren hatte. Sie schickte ihn mir und ich hatte viel Freude daran.

    Lieber Bill,

    mit Freuden teile ich meine Erinnerungen an Ihren Bruder mit Ihnen. Bevor ich weiterschreibe, würde ich Ihnen gern sagen, dass er mir am Tag vor seinem Tod in New York einen sehr bewegenden Brief schrieb. Ein Teil dieses Briefs handelte von Ihnen und ich schicke Ihnen hier eine Abschrift. Darin heißt es: »Ich warte ungeduldig

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