Zombie Zone Germany: Zirkus
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Es gibt sogar noch Kaffee. Wenn ihr also in der Nähe seid, so kommt vorbei und verhaut mit uns ein paar dieser verfickten Madenköpfe."
Zombie Zone Germany: Unsere Städte wurden Höllen.
Sie kamen über Nacht. Ihr Hunger war unstillbar. Sie fielen wie Heuschreckenschwärme über die Lebenden her. Zerrissen sie, fraßen, machten aus ihnen etwas Entsetzliches. In den Straßen herrscht verwestes Fleisch. Zwischen zerschossenen Häusern und Bombenkratern gibt es kaum noch sichere Verstecke.In Deutschland ist der Tod zu einer seltenen Gnade geworden.
Hohe Stahlbetonwände sichern die Grenzen. Jagdflieger und Kampfhubschrauber dröhnen darüber. Es wird auf alles geschossen, was sich (noch) bewegt.
Deutschland wurde isoliert – steht unter Quarantäne.
Die wenigen Überlebenden haben sich zu Gruppen zusammengeschlossen, oder agieren auf eigene, verzweifelte Faust. Gefangen unter Feinden. Im eigenen Land.
Doch ist der Mensch noch des Menschen Freund, wenn die Nahrung knapp wird und ein Pfad aus kaltem Blut in eine Zukunft ohne Hoffnung führt?
Bisher in der Reihe erschienen:
ZZG: Die Anthologie
ZZG: Trümmer (Simona Turini)
ZZG: Tag 78 (Vincent Voss)
ZZG: Letzter Plan (Jenny Wood)
ZZG: Zirkus (Carolin Gmyrek)
ZZG: Blutzoll (Matthias Ramtke)
ZZG: XOA (Lisanne Surborg)
ZZG: Fressen oder gefressen werden (Thomas Williams)
ZZG Anthologie: Der Beginn
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Book preview
Zombie Zone Germany - Carolin Gmyrek
Zombie Zone Germany
Zirkus
Carolin Gmyrek
Herausgegeben von Piper Marou
© 2017 Amrûn Verlag
Jürgen Eglseer, Traunstein
Idee: Torsten Exter
Herausgeber der Reihe: Piper Marou
Lektorat: Torsten Exter & Piper Marou
Korrektorat: André Piotrowski
Umschlaggestaltung: Christian Günther
Alle Rechte vorbehalten
ISBN – 978-3-95869-179-7
Besuchen Sie unsere Webseite:
http://amrun-verlag.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar
Inhaltsverzeichnis
Zombie Zone Germany: Zirkus
Impressum
Kontakt
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Lieber Leser!
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Dark Wood Circus
Es gab keinen Anfang, so wie es auch kein Ende geben würde. Den meisten war die Ursache für die Katastrophe genauso unbekannt wie die Verantwortlichen. Und es gab nur eine Handvoll Verdächtige. So beschuldigten die Ökos die Atomkraft, die Pazifisten die Militärs, die Armen beschuldigten die Reichen, die Studenten das Fernsehen und das Fernsehen die Ballerspiele. Vermutlich hatte jeder zu diesem Zustand Deutschlands seinen ganz persönlichen Teil beigetragen. Ob Politik, Medizin oder Wirtschaft, jeder hatte seine Leichen im Keller und nun musste sich die ganze Menschheit mit ebendiesen herumschlagen. Sicherlich war es ein wenig verstörend, als die Uroma in ihrem halb zerfallenen Kleid und ihrer zerfressenen Haut plötzlich vor der Tür stand, aber so konnte man sich zumindest noch einmal für das großzügige Erbe bedanken. Der Oma war es schließlich egal, den Angehörigen nicht.
Und während der reiche Manager auf buchstäbliche Art und Weise sein Hausmädchen vernaschte, musste der zwölfjährige Enkel seiner toten Oma das Hirn wegschießen.
Das alles blieb nicht ohne Folgen, auch für den menschlichen Verstand, und am Ende behielt das beliebte Facebook-Meme recht: »Nerv mich nur weiter. Wenn die Zombieapokalypse kommt, schieß ich auf jeden, Zombie oder nicht!«
Henning interessierte es nicht, ob er die Vergangenheit eines Junkies oder eines Anwalts wegpustete; das Ergebnis war das gleiche: Überleben. Und es gab sowieso keine Pazifisten und Anwälte mehr, die sich darüber aufregen könnten. Es gab in diesem Augenblick nur noch diesen lächerlich kleinen Rest eines ehemaligen Wanderzirkus. Der Abschaum der Menschheit, die verblassenden Attraktionen vergangener Jahrmärkte und womöglich Hennings letzte Hoffnung, dieser ganzen Scheiße zu entkommen.
Kaum zu glauben, dass er die inoffiziellen Helden dieser halb toten Welt in den Ruinen der Altplattenbauten von Leipzig gefunden hatte. Die Umstände hätten besser sein können und das Resultat ließ auch noch ein wenig zu wünschen übrig, aber in diesen schweren Zeiten musste man sich mit dem abfinden, was das Schicksal einem bot. Und wenn das Dargebotene aus einer Handvoll abgehalfterter Freaks bestand, sollte man zumindest darüber glücklich sein, dass sie einem das Leben gerettet hatten.
Aber so einfach war das nicht. Auch gerettete Leben waren schnell genommen und in den Augen seiner Retter sah er sich der Abscheu gegenüber, die einst ihnen selbst gegolten haben musste.
Henning hatte sich ihr erstes Aufeinandertreffen anders vorgestellt. Nicht ganz so hektisch und an einem schöneren Ort. Irgendwo, wo es einem nicht von der kaltfeuchten Luft und dem Geruch frischen Blutes schwindelte. Vielleicht in einem ehemaligen Kaufhaus oder im Vorgarten eines Z-Promis.
Stattdessen kauerte er in der Ecke einer kleinen Plattenbauwohnung, bei der bereits der Putz von der Decke bröckelte. Der Wind drückte den Regen durch die zersplitterten Fenster und das schmerzerfüllte Jaulen der Kreatur hallte von den Wänden. Henning versuchte sich mit dem Betrachten der vergilbten Fotos abzulenken, die auf einer kleinen Kommode nahe der Küche standen. Hier schien früher eine sehr hübsche, blonde Frau gelebt zu haben, aber weder von ihr noch von ihrer Wohnung war viel übrig geblieben. Die Frau war verschwunden, die meisten Möbel waren zerstört, die Schränke ausgeräumt und der riesige Flachbildschirm von der Wand gerissen. Was noch nicht kaputt gewesen war, hatten Hennings neue Freunde aus dem Fenster geworfen oder damit die Tür verbarrikadiert. Er konnte nicht genau sagen, ob diese improvisierte Barrikade etwas aus- oder einsperren sollte oder überhaupt konnte.
Auf dem Boden wälzte sich noch immer die zweiköpfige Kreatur herum, die aus zwei Menschen bestand, die seit der Geburt an den Hüften seitlich zusammengewachsen waren.
Was würden die Mediziner, Wissenschaftler und andere Quacksalber dafür geben, um in diesem Moment hier sein und die Spinne, wie der Freak sich nannte, während des Prozesses der Verwandlung studieren zu können? Für die Kittelträger wäre es ein Fest, mit ansehen zu dürfen, wie sich die Infektion langsam durch die verschmolzenen Körper dieser Männer fraß, bis all der Eiter, Blut und Maden aus seinen Körperöffnungen quollen. Und bei siamesischen Zwillingen waren das nicht wenige.
Ob die Ärzte sie wohl hätten retten können? Die Versuche der alten Zwergin waren jedenfalls nicht von großem Erfolg gekrönt. Bis auf viel Blut und eine Menge Fleisch hatte sie aus dem Körper nichts holen können. Dabei schnitt sie seit Stunden an der Bisswunde herum, während der Riese dabei die Beine des Gebissenen hielt. Die Zwillinge kämpften erbittert um ihr erbärmliches Leben. Wenn es nach Henning gegangen wäre, hätte man den Köpfen je eine Kugel verpasst und damit das Leid der Körper beendet. Aber da die Spinne sein Leben gerettet hatte, konnte er das natürlich nicht von ihren trauernden Freunden verlangen. Mit roher Waffengewalt hatten sie Henning vor einer Horde Monster gerettet und dafür ein großes Stück Fleisch des einen Spinnenbruders und etwas später vermutlich auch dessen Seele an die Armee der Untoten verloren.
Vielleicht hätte Henning genau da gehen sollen. Die Mission war ohnehin zum Scheitern verurteilt. Was sollte eine Handvoll Clowns in einer Welt wie dieser schon anrichten können, außer selbst gefressen zu werden? Die Bedenken seiner Vorgesetzten und seines Onkels waren übertrieben und der beste Beweis dafür lag gerade zu seinen Füßen und verblutete.
Kaum zu glauben, dass diese Verrückten zu den größten Helden dieser Zeit geredet worden waren. Die Geschichten und Legenden über diese aufmüpfige Gruppe hatte sich durch ganz Deutschland verbreitet – von einer Mauer bis zur anderen. Sie waren die Retter unzähliger Dörfer, die Ernährer der kleinsten Waisen , die Kämpfer gegen das bösartige Militär und Zerquetscher der winzigsten Made, so sagten sie. In Wahrheit jedoch waren diese Männer und Frauen ganz gewöhnliche Freaks. Sie hatten krumme Rücken, zu kurze Beine oder einen Kopf zu viel. Abgesehen von Brutus – dem wohl stärksten Mann der Welt –, waren sie nur ganz normale Menschen. Außergewöhnlich, ja. Aber doch nur Menschen.
Kopfschüttelnd wandte sich Henning von dem grotesken Bild ab, rappelte sich auf und schlich in die kleine offene Küche. Die Zwillinge, die Zwergin oder der Riese konnten sicherlich etwas Wasser gebrauchen.
Es war noch immer keine Entscheidung gefallen, was nun mit den angebissenen Brüdern geschehen sollte. Tatsächlich hatte die Zwergin, sobald sie die Wohnung betreten hatte, mit einer improvisierten Operation begonnen, in der sie das entzündete Fleisch weiträumig vom Rest des Körpers entfernte. Aber viel hatte es nicht geholfen. Innerhalb der wenigen Stunden, in denen sie sich versteckt hielten, hatten Fieberschübe die Spinne vollständig im Griff. Sei es nun wegen der Seuche oder weil die notdürftige Versorgung der Wunde nicht ausgereicht hatte, um das Schlimmste zu verhindern.
Immer wieder ertönte das leise Stöhnen und schmerzerfüllte Keuchen der Spinne, was Henning daran erinnerte, was dort draußen auf sie lauerte. Die Spinne sollte sich lieber schnell erholen oder ihre beiden Freunde sollten sich schnell entscheiden, sonst würde das hier kein gutes Ende nehmen.
»Moe.« Daniel – der noch ungebissene Zwilling – versuchte sich aus seiner Ohnmacht zu kämpfen. Er hatte seine Augen nicht geöffnet, aber der Name seines Bruders kam eindeutig von ihm. Die Zwergin sprang sofort auf, beugte sich über ihn und hielt ihr Ohr ganz dicht an seinen Mund, als hätte sie Angst, es wäre nur der Wind gewesen. Henning wandte sich ebenfalls wieder dem Geschehen zu und Brutus, der Riese, ließ die Beine des Zwillings ein wenig lockerer.
»Moe, wo … bist du?«
»Ruhig, Darling!«, hauchte die Alte. Sie merkte nicht, dass Henning sich ihr genähert hatte. Erst als er sacht eine Hand auf ihre Schulter legte, fuhr sie ungehalten herum. In ihrem Blick sah er die Wut, die sie ihm am liebsten entgegengeschrien hätte. Sie knurrte ihn wütend an, bevor sie den kalten, feuchten Waschlappen sah, den Henning ihr entgegenhielt. Er versuchte ein Lächeln. »Der letzte Rest Wasser in diesen rostigen Rohren. Freu dich, dass es überhaupt noch Wasser hier gibt. Aber trinken würde ich davon nicht.«
Sie nahm das kühle Stück Stoff entgegen, ohne nur ein Wort der Dankbarkeit zu verlieren. Stattdessen wandte sie sich wieder Daniel zu und tupfte ihm sanft mit dem Lappen den Schweiß von der Stirn.
»Moe. Bruder. Wo bist du?«
»Pssst!«, flüsterte die Alte. »Er ist da. Er ist doch immer bei dir.«
»Wie … geht es ihm? Mein Bruder …« Man merkte, dass dieser Kopf der Spinne zu schwach zum Sprechen war. Er versuchte die Augen zu öffnen und sich aufzurichten, doch es reichte nur ein sanfter Druck der Alten, um ihn auf dem Boden zu halten.
»Das ist nicht mehr dein Bruder!«, sagte die Zwergin bestimmt. »Schau nicht hin. Es bricht dir das Herz!«
»Scheiße noch mal! Was ist mit ihm? Sagt es mir! Rettet ihn!«
»Er ist nicht mehr zu retten, Daniel. Wir haben es versucht. Die Viecher haben ihn. Wir könnten nur …. Wir könnten versuchen, dich …«
»Nein, Emma, nein!«
Die Alte seufzte. Immer wieder versuchte sie zu verhindern, dass Hennings Retter den Kopf zu seinem verletzten Bruder drehte. Anscheinend war er noch zu benommen, um zu merken, dass dieser bereits den Kampf mit der Seuche verloren hatte. Der zweite Körper der Kreatur krampfte und wand sich, während Brutus ihn gegen den Boden drückte. Wie konnte es sein, dass dieser Daniel nicht merkte, wie ein Teil seines eigenen Körpers sich selbstständig machte? Reichte die Verbindung der Brüder für solcherlei Dinge nicht aus?
Aber vermutlich wusste Daniel, dass sein Bruder bereits verloren war. Sich dies einzugestehen, war jedoch eine völlig andere Sache.
»Darling …«, versuchte die Alte ihn zu beruhigen, doch als sie ihn stärker auf den Boden drücken wollte, verkrampfte sich der Körper der Spinne. Zuerst bäumte sich der gebissene Zwilling auf und brüllte vor Schmerz, dann warf auch Daniel den Kopf in den Nacken. Das Krampfen verhinderte, dass die Zwillinge zu Atem kamen. Aus ihren Rachen drang nur ersticktes Röcheln und Glucksen.
»Hilf mir!«, brüllte die Zwergin. Brutus reagierte sofort und warf sich auf den Oberkörper von Moe, zwang ihn still zu liegen, während Henning mit der Entwirrung der Beine beschäftigt war. Andauernd wurde er von Füßen oder Knien im Gesicht getroffen oder schmerzhaft abgeschüttelt. Erst nach einer halben Ewigkeit konnten der Riese, die Zwergin und Henning das zweiköpfige Monsterspinnenvieh beruhigen. Keuchend saß Henning auf den Beinen von Moe, während Brutus, scheinbar unbeeindruckt, die Gliedmaßen von Daniel sortierte.
Diese Krämpfe werden zunehmen , dachte Henning. Lange werden die Körper nicht mehr durchhalten.
»Ich will ihn sehen, Emma. Lass mich meinen Bruder sehen, wenn ich ihn schon nicht mehr spüren kann.« Daniels Stimme klang schwach. Wäre sein ernster Blick nicht gewesen, nichts hätte mehr von seinem einstigen Heldentum gezeugt. Emma dachte lange darüber nach, bevor sie widerwillig nickte und den Kopf von Daniel losließ. Sie sprach kein Wort zu ihm, stand nur auf und trat einen Schritt zurück. Gleichzeitig sah Henning im Augenwinkel, wie sich die Muskeln von Brutus anspannten. Die knubbelige Hand der Alten wanderte zu einer Schusswaffe, die sie in einem kleinen Holster bei sich trug. Sie rechneten damit, dass die Situation eskalieren würde. Nur Henning war ungeschützt.
Langsam drehte der unverletzte Bruder seinen Kopf, um zu seiner verletzten Hälfte blicken zu können. Der Schmerz, den er dabei empfinden musste, war ihm deutlich anzusehen. Tränen standen ihm in den Augen und seine Lippen bebten.
»Mein Bruder. Moe … was haben sie dir nur angetan? Sie haben … sie haben dich in Stücke gerissen.«
Die Hoffnung stirbt zuletzt, dachte Henning, und wir haben nicht wahrhaben wollen, dass er schon lange tot war. Auch Brutus muss das klar gewesen sein. Während des Kampfes, dem Festhalten und Beruhigen war er die ganze Zeit darauf bedacht gewesen, dem Mund nicht allzu nahe zu kommen. Nun konnten sie der Gewissheit nicht mehr entfliehen. In seinem Verhalten und in seinen Augen stand die Wahrheit geschrieben.
Henning fragte sich, wann er wohl gestorben war. Noch bevor sie die Wohnung betreten hatten oder während der lächerlichen Operationsversuche der Zwergin? Eigentlich spielte es keine Rolle. Fakt war, dass sie sich den Feind ins Wohnzimmer geholt hatten und mit ihm den Tod.
Daniel sah es noch nicht. Mit einer Hand strich er sanft über die kalten Wangen seines Bruders. Er lächelte, als würde er Moe Mut machen wollen, und einen kurzen Augenblick glaubte Henning, so etwas wie Vertrauen in den leeren Augen des bald Wandelnden erkennen zu können. Oder war es Bedauern? Eine stumme Entschuldigung, die sich auf des Toten Lippen formte? Vielleicht hatte sich Henning geirrt und zwischen siamesischen Zwillingen existierte doch etwas wie eine Verbindung über den Tod hinaus. Zwischen Daniel und Moe fand eine Kommunikation statt, die sich als Außenstehender nicht nachvollziehen ließ. Oder es war eine von der Hoffnung ausgelöste Einbildung.
Es war die Zwergin, die es zuerst bemerkte. Dieser klitzekleine Augenblick, in dem jegliche Emotion im Gesicht des Toten verschwunden und dafür eine fremde Kreatur erschienen war. Die Alte reagierte blitzartig. Sie hatte bereits nach einem übrig gebliebenen Sofakissen gegriffen, noch bevor Henning die Veränderung wahrgenommen hatte. Sie drückte es zwischen die Köpfe der Brüder, um das Schlimmste zu verhindern, aber die Kreatur war schneller gewesen. Wie sollte man ein Monster von dessen Bruder fernhalten, wenn sie durch Fleisch und Knochen miteinander verbunden waren?
Daniels Schrei bohrte sich direkt in die Gehörgänge der Überlebenden und dazwischen tönte das Geräusch von reißender Haut und knackender Knorpel. Moe versenkte seine Zähne tief im Gesicht seines Bruders. Blut quoll hervor und rann über die Wangen von Daniel in dessen Mund. Erneut knackte es widerwärtig. Aus dem Hals von Moe drang ein grauenvolles Gurgeln, dann riss er seinen Kopf zurück und mit ihm die Nase aus Daniels Gesicht. Zurück blieb nur ein tiefes Loch, Blut und Knorpel. Es färbte Kissen, Teppich, Kleidung und Zwergin rot. Daniel drückte seinen Bruder von sich, während er mit einer Hand die Reste seiner Nase hielt. Zwischen seinen Fingern quoll weiterhin das Blut und Daniels Schreie versiegten bald zu einem erstickten Gurgeln. Brutus wandte seine ganze Kraft auf, um den Toten weiter auf den Boden zu drücken. Zum Glück war dieser von seinem blutenden Opfer so sehr abgelenkt, dass es ein Leichtes war, den chaotischen und gierigen Bissen auszuweichen. Stattdessen waren es nun die Beine, die Henning zu schaffen machten. Der in Panik geratene Daniel trat und schlug wild um sich. Mittlerweile kämpfte er nicht mehr allein gegen seinen Bruder an, sondern auch gegen seine Freunde, die ihn zu beruhigen versuchten.
Dabei war es bereits zu Ende, sie wussten es nur noch nicht. Vielleicht lebte Daniel noch, vielleicht auch nicht. Moe beanspruchte die ganze Aufmerksamkeit. In Hennings Kopf hallten die Worte seines Vorgesetzten: »Zivilisten tragen keine Waffen!«, hatte er gesagt. »Diese Freaks werden schon Knallzeugs bei sich haben.« Wenn sie dieses Knallzeug auch mal nutzen würden , dachte Henning.
Aber weder Riese noch Zwergin griffen zu ihren Waffen. Dabei standen die beiden MG4 so verführerisch griffbereit an der Wand zur Hennings Rechten. Sollte er es wagen und dem Ganzen ein Ende setzen?
Diese Trottel hatten es nicht verdient, so lange zu überleben, und schon gar nicht, zu solchen Legenden zu werden. Sie konnten nicht einmal ihre eigenen Ärsche vor den Untoten schützen. Dafür würde Henning sein Leben sicherlich nicht riskieren. Was waren schon Versprechungen und Lohn, wenn man vor der Belohnung bereits draufging?
Am besten unternahm er etwas, bevor einer der Köpfe der Spinne auf die Idee kam, seine Zähne in das Fleisch des Riesen zu graben.
Er holte tief Luft, dann ließ er die