Unternehmensfinanzierung
By Uwe Lang
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Book preview
Unternehmensfinanzierung - Uwe Lang
Teil 1
Der Kapitän gehört auf die Brücke (und nicht auf die Ruderbank)
Bei den meisten Unternehmern handelt es sich nicht um Unternehmer, sondern um Fachleute, die unter einem Unternehmeranfall leiden.
Michael Gerber, amerikanischer Mittelstandsberater
War gestern wieder spät, was? Die Zeiten, als Ihre Frau noch scherzte: »Der ist mit der Firma verheiratet«, sind längst vorbei. Heute weiß sie, dass es wirklich so ist. Hätten Sie nicht die Fotos der Lieben auf Ihrem Schreibtisch stehen, Sie wüssten gar nicht mehr, wie Ihre Familie eigentlich aussieht.
Es geht nun einmal nicht anders, sagen Sie. Einer muss sich ja drum kümmern. Und wenn nicht Sie, tut es ja keiner. Abrechnungen und Personalführung, Kundenakquise und Verhandlungen mit Lieferanten, Termin bei der Bank und Ideen für das Marketing, die eigenen Leute bei Laune halten – nur wenn es der Chef macht, läuft es wirklich. »Wird heute wieder spät, Schatz …«
Den ganzen Tag ackern Sie und helfen an jeder Ecke aus. Sie fühlen sich oft, als wenn Sie in einem Hamsterrad immer weiterlaufen, aber keinen Millimeter weiterkommen. Und danken tut es Ihnen natürlich wieder niemand. Die Ehefrau mosert, die Kinder beginnen Sie zu siezen, und die Angestellten sind sowieso nie zufrieden. »Für wen machst du das eigentlich alles?« Noch so eine Frage, die irgendein Freund, irgendein Bekannter immer mal wieder stellt. Du hättest doch damals bei Großunternehmen XY eine wunderbare Karriere machen können. Sah doch alles gut aus.
Für wen? Für die Zukunft der Familie? Für die Befriedigung des eigenen Ehrgeizes? Um sich und allen zu zeigen, dass Sie es können? Wegen der Kohle? Eine der Antworten – »Weil ich ein freier Mann sein will« – bringt Ihre Zuhörer gerne zum Lachen.
Der Unternehmer im Hamsterrad
Und außerdem: Die Zeiten sind schwierig. Darum müssen Sie gleich doppelt ran. Die Bank droht, Ihnen den Geldhahn zuzudrehen. Ein wichtiger Lieferant ist ausgefallen, sein Unternehmen ist pleite. Und die Kunden drücken den Preis, wo sie nur können; ihre Rechnungen zahlen sie erst nach der zweiten Mahnung, wenn überhaupt. Eigentlich würden jetzt nur noch gezielte Entlassungen helfen, aber das verhindert die starre Gesetzgebung. Sisyphos, der den schweren Stein immer wieder den Berg hochschleppte, nur damit er dann wieder herunterrollte, hatte es leicht, verglichen mit Ihnen.
»Wir haben uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorzustellen«, schrieb Nobelpreisträger Albert Camus einmal. Aber mal ehrlich, haben Sie sich Ihr Unternehmertum so vorgestellt? Wohl kaum. Wohlstand, Respekt, Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit – doch dieser Traum ist für die meisten Unternehmer ausgeträumt. Sie sind nicht allein: Fast alle Unternehmer laufen im Hamsterrad ihres Unternehmens. Je schneller es sich dreht, desto schneller müssen sie selbst laufen, um nicht zu stürzen.
Der Erfolg bleibt bei aller Anstrengung dennoch meistens aus. Wie sehr sie sich auch mühen, sie kommen nicht von der Stelle. Schlimmer noch: Sie verlieren alles. Von 10.000 Unternehmen, die vor zehn Jahren gegründet wurden, sind gerade einmal 400 erfolgreich tätig. Die meisten geben von alleine auf oder existieren auf Minimalbasis, der Rest geht Pleite. Im Jahr 2002 ging alle 13 Minuten ein Unternehmen in die Insolvenz. Warum eigentlich? Was machen denn so viele falsch?
Doch bevor Sie weiterlesen, eine Warnung. Die besten Tipps und Regeln versagen, wenn Sie nicht die zwei elementaren Voraussetzungen für ein erfolgreiches Unternehmen mitbringen – oder zumindest schaffen können: eine gute Geschäftsidee und ein gutes Management. Legen Sie jetzt, da Sie gerade erst zu lesen angefangen haben, dieses Buch doch einen Moment zur Seite. Und denken Sie einmal fünf Minuten über Ihr Unternehmertum nach. Vielleicht fallen Ihnen jetzt schon spontan Ideen ein, wie Sie Ihre Situation verbessern können …
Ideen muss man haben …
Haben Sie sich Ihre Ideen bewusst gemacht? Notieren Sie Ihre Einfälle – und vergleichen Sie sie mit Ihren späteren Notizen. Ein paar Ideen von anderen habe ich Ihnen zur Anregung einmal aufgeschrieben:
In einer Frankfurter Einkaufspassage gibt es innerhalb von 200 Metern drei Bäckereien. In jeder finde ich die gleichen Brötchen, Brote und Kuchenstücke. Besonders erfolgreich ist keine von ihnen. Nun hat vor zwei Monaten noch eine Backstube eröffnet. Gleich neben einer der drei Bäckereien. Das Besondere: In dieser Bäckerei bedienen Sie sich selbst. Dafür ist der Preis konkurrenzlos güns tig. Jedes Brot kostet nur 1,50 Euro. Die Idee war vom ersten Tag an ein voller Erfolg: Die Kunden stehen bis auf die Straße hinaus an, um Brot zu kaufen. Auch in anderen Stadtteilen eröffnet der »Brotbäcker« schon Filialen. Oder denken Sie nur an Heiner Kamps: Mit seinem dichten Backfilialnetz hat er die deutsche Backbranche revolutioniert.
Selbst mit einer eigentlich so alten und verbreiteten Idee wie Backen kann man heute äußerst erfolgreich sein. Auf das Besondere kommt es an, auf die gute Idee, dann ist fast alles möglich. Auch in schwierigen Zeiten.
Um alles müssen Sie sich selbst kümmern … oder?
Eine gute Geschäftsidee haben Sie. Was aber nützt die beste Idee, wenn niemand sie richtig umsetzt? Zum Glück gibt es ja Sie: Schließlich waren Sie der beste Bäcker, der ideenreichste Ingenieur, der Meister der Maurer. Auf Ihrem Fachgebiet macht Ihnen so leicht niemand was vor.
Nur: In Ihrer eigenen Firma gibt es noch mehr Aufgaben. Keine Arbeiten, um die Sie sich reißen. Aber wer soll sie sonst machen?
Kundengespräche: Keiner kennt die Stärken Ihrer Produkte und Dienstleistungen besser. Kundenakquise nehmen am besten Sie in die Hand.
Finanzen: Das ist ein heikles und vertrauensvolles Thema, da lassen Sie besser keinen anderen ran. Wer weiß, ob sich da nicht jemand heimlich bedient oder Ihre Zahlen ausplaudert.
Personalführung: Klar, Chefaufgabe, damit nicht gleich falsche Hierarchien entstehen. Sie haben schließlich in der Firma das Sagen, und Mitarbeiter sind Ihr wichtigstes Kapital.
Forschung und Entwicklung: Hier werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Wenn Sie hier jemand anderem das Feld überlassen, können Sie gleich Ihr Unternehmen in seine Hände legen. Also: Chefsache.
Administration: Klingt so abstrakt und landet doch immer wieder bei Ihnen. Jeden Tag zwischen zehn und zwanzig Briefe – von der IHK bis zum schlecht gemachten Werbeschreiben eines Handwerkers, der anscheinend dringend Aufträge sucht. Jedes verlangt Aufmerksamkeit. Viele Verträge wollen variiert, gekündigt, ergänzt werden. Da schauen Sie lieber immer noch einmal selbst drauf. Rechnungen wollen geprüft werden. Liquidität muss im Auge behalten werden. Bei Projekt XY klemmt es. Irgendwie melden sich immer alle, bei denen etwas schief geht, direkt bei Ihnen …
Kein Wunder, dass Sie 14 Stunden am Tag arbeiten müssen und eigentlich immer erst am Abend, wenn sich allmählich das Telefon beruhigt oder der Laden schließt, wirklich zum »Arbeiten« kommen. Doch wie viel und wie effektiv Sie auch arbeiten, es geht nicht recht voran. Und je schneller Sie im Hamsterrad laufen, desto schneller läuft komischerweise auch das Rad. Nie haben Sie das Gefühl, wirklich weiterzukommen. Warum nur?
Nobody is perfect – leider auch Sie nicht
Ich behaupte: An Ihren Problemen ist niemand schuld außer Ihnen selbst.
Es gibt Meister darin, viel und hart zu arbeiten – aber sie arbeiten an den falschen Dingen.
Wenn Sie Probleme mit der Bank haben, dann liegt das nicht an der Bank, sondern daran, dass Sie zu wenig von Banken und Finanzierung verstehen. Erfüllen Ihre Mitarbeiter nicht Ihre Erwartungen? Dann haben Sie nicht genug Know-how in Mitarbeiterführung. Es ist ein Irrtum zu glauben, Sie müssten und könnten alles selbst machen. Das kann niemand.
Damit eine Firma Erfolg hat, muss sie jedoch in allen Disziplinen Spitze sein: Finanzen, operatives Geschäft, Personal und Kunden.
Darum sollten auch Sie sich wie der Weitspringer einen Coach suchen, der Sie die neuen Disziplinen lehrt. Den ersten Schritt haben Sie mit der Lektüre dieses Buches schon eingeleitet. Oder Sie stellen sich Ihr perfektes Unternehmensteam zusammen – mit Kollegen, die Ihre Stärken ergänzen.
Ändern Sie Ihren Standpunkt, sonst ändert sich nie etwas
Achten Sie nicht länger darauf, was »die Firma« verlangt. Es zählt alleine, was Sie von der Firma wollen. Und das sind sicher nicht 14-Stunden-Tage, freudlose Tätigkeiten und finanzielle Sorgen. Erst wenn Sie sich auf Ihre Wünsche konzentrieren, werden Sie Ihre Ziele erreichen.
Dem Hamster mag das Rad Spaß machen, er weiß es nicht besser. Aber der Unternehmer hat im Hamsterrad nichts zu suchen. So wie der Kapitän auf die Brücke und nicht auf die Ruderbank gehört, gehört der Unternehmer nicht ins Hamsterrad. Hält er den Blick allein auf die Hamsterradstäbe, wird er denken, er käme schnell voran. Kaum schaut er sich aber um, merkt er, dass er auf der Stelle läuft.
So lange Sie sich mit Arbeit im Unternehmen aufhalten, wird Ihnen immer die gesunde Distanz zur Firma fehlen. Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Lösen Sie sich darum von der Arbeit IM Unternehmen und beginnen Sie, AM Unternehmen zu arbeiten. Konzentrieren Sie sich darauf, Ihre Firma so zu formen, dass sie Ihren Wünschen entspricht. Sie werden merken, dass sich Ihre Träume erfüllen lassen – und Ihr Unternehmen Ihnen dabei hilft. Wie Sie das schaffen können, erfahren Sie in den nächsten Kapiteln.
Das Wichtigste bei alledem ist jedoch: Fangen Sie bei sich selbst an. Das ist nicht immer einfach, aber der erfolgreichste Weg, damit Sie Ihre Ziele erreichen. Vor einiger Zeit bin ich durch Zufall auf ein kleines, aber sehr lehrreiches Buch gestoßen, das ich seitdem gerne an Freunde und Geschäftspartner verschenke. Es heißt: »Die Mäuse-Strategie für Manager« von Spencer Johnson. Die Geschichte hat mir so gut gefallen, dass ich sie Ihnen nicht vorenthalten möchte:
In einem riesigen Labyrinth stoßen zwei Mäuse und zwei Zwergenmenschen auf ein großes Käselager. Alle vier sind sehr zufrieden und richten sich in dem schier unerschöpflichen Lager an Nahrung ein. Die Zwergenmenschen legen ihre Wohnung in die Nähe des Lagers K, Freunde kommen sie besuchen. Das geht so eine