Dialog-Prinzip: Wenn das Gespräch mit Jugendlichen die Predigt wird
By Dieter Braun
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Es ist ein Meilenstein in der evangelistischen Jugendarbeit: Menschen einer postmodernen, säkularisierten Zeit werden mit dem Evangelium erreicht. Lesen in der Bibel. Stellen Fragen. Ohne sich zu langweilen. Das Dialog-Prinzip macht sie durch ihre eigenen Fragen zu Beteiligten der Predigt. Es funktioniert. Mit zehn Personen und mit dreitausend. In einer Zimmermannswerkstatt und in großen Hallen. Auf Zeltlagern, Freizeiten, in Gruppen und in Gottesdiensten. Mit Teens, Jugendlichen, (Jungen) Erwachsenen und Senioren.
"Hinter dem Dialog-Prinzip steckt nicht weniger als ein Paradigmenwechsel in der Jugendarbeit. Denn es zeigt den Weg vom (einseitigen) Lehren zum (gemeinsamen) Lernen. Wer möchte, dass Jugendliche selbstständig und mündig glauben, sollte dieses Buch nicht nur lesen, sondern auch anwenden." – Karsten Hüttmann, Bereichsleiter CVJM-Arbeit in Deutschland
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Dialog-Prinzip - Dieter Braun
Autoren
VOM KLEINEN ANFANG
Altdorf ist nicht groß.
Ein kleiner württembergischer Ort mit viereinhalbtausend Einwohnern südlich von Stuttgart.
Es ist der dritte Sonntag im Monat – kurz vor halb zehn. Ich stehe vor der Zimmermannswerkstatt von Karlheinz Huber. Sie liegt mitten im Ort. Die Sonne scheint, es ist warm … und ich weiß, sie werden kommen.
Zehn Minuten später drängen sich Jungen und Mädchen in die Werkstatt. Aus allen Winkeln des Ortes sind sie aufgebrochen. Vor der Tür parken Fahrräder, Street- und Longboards. Auf der großen Sägebank in der Werkstatt stehen ein Berg frischer Brezeln, ein Block Butter und kühle Bionade bereit. Im Hintergrund läuft Musik. Die Fußballergebnisse von gestern werden diskutiert und die neuesten Ereignisse im Ort ausgetauscht.
So beginnt sie immer, die kleine TeenieKirche in Altdorf. Seit acht Jahren. Bis heute.
Sie ist zur Keimzelle für all das geworden, was in diesem Buch beschrieben wird. Hier in der Zimmermannswerkstatt liegt der Geburtsort für eine Art und Weise der Verkündigung, wie ich sie zuvor noch nirgends erlebt habe. Sie wurde nicht am Reißbrett entworfen, sondern hat ihren Ursprung in der Praxis der evangelischen Jugendarbeit. Sie ist erprobt in vielfältiger Weise. Sie hat sich bewährt bei christlich sozialisierten Jugendlichen und solchen, die keinerlei Vorkenntnisse haben. Sie funktioniert mit zehn Personen und mit dreitausend. In einer Zimmermannswerkstatt und in großen Hallen. Einsprachig und mehrsprachig. Auf Zeltlagern, Sommer- und Winterfreizeiten, in Alltagsangeboten und in Gottesdiensten. Mit Teens, Jugendlichen, Jungen Erwachsenen, Erwachsenen und Senioren. Als Bibelarbeitsform und als Jugendevangelisationsformat. Diese Verkündigungsweise hat viele Varianten. Die bewährtesten davon beschreibe ich auf den kommenden Seiten. Sie alle verbindet eines: das Dialog-Prinzip. Fragen und Antworten. Beteiligte Zuhörerinnen und Zuhörer. Authentische Verkündigerinnen und Verkündiger.
Das Dialog-Prinzip hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Von der TeenieKirche in Altdorf über BibelLive als Bibelarbeitsformat beim Deutschen Ev. Kirchentag (erstmals 2015) bis hin zu den Dialogformaten der Christival-WortWechsel (erstmals 2016) und als eine Jugendevangelisationsform von JESUSHOUSE (erstmals 2017). Im Kern aber geht es immer noch um dasselbe: Es geht darum, Menschen in einer postmodernen, säkularisierten Zeit mit dem Evangelium zu erreichen und sie dabei mit der Bibel in Verbindung zu bringen – ohne sie zu langweilen.
Es war eigentlich nur eine kleine Idee. Aber mit den Jahren habe ich begonnen, darüber zu staunen, was uns mit dieser kleinen Idee zugefallen ist. Und was daraus gewachsen ist.
Dieter Braun, Juni 2017
AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN IN DER JUGENDARBEIT
Unsere Welt ist in Bewegung. Sie dreht und verändert sich. Und jede Generation unterscheidet sich von der vorangegangenen. In der Folge davon steht die christliche – evangelische genauso wie katholische oder freikirchliche – Jugendarbeit ständig vor neuen Herausforderungen. Sie will Mädchen und Jungen, junge Frauen und Männer in ihrer Entwicklung begleiten und ihnen den christlichen Glauben als tragfähige Orientierung für ihr Leben nahebringen. Aber wie kann das heute gelingen? In welcher Form und in welcher Sprache muss das geschehen, damit Evangelium gehört und verstanden werden kann? Auf was kann man aufbauen? Kann man überhaupt etwas voraussetzen? Wie kann sich die Jugendarbeit auf die Situation Jugendlicher heute einstellen? Und wie kann sie sich auf die Zukunft vorbereiten?
Die Gesellschaft verändert sich
Seit Jahren liefern uns umfangreiche Sinus-Studien detaillierte Informationen über die Veränderung unserer Gesellschaft. So wissen wir längst, dass wir keine gleichförmige Gemeinschaft sind, in der man beispielsweise verallgemeinernd von „den Jugendlichen" sprechen kann – so als wären die Jugendlichen in Deutschland alle gleich. Die Wahrheit ist: unsere Gesellschaft spaltet sich zunehmend auf. Sie teilt sich in diverse Milieus, die auf dem Fundament ihrer sozialen Lage und ihrer Grundorientierungen ihre je eigene Kultur und Lebensphilosophie entwickelt haben. Solche Milieus sind nie fix. Nie fest betoniert. Im Gegenteil – sie sind durchlässig, aber vor allem in ständiger Bewegung und Veränderung. Wie und wohin, ist dabei die entscheidende Frage. Zusammenfassend sagen uns die Sinus-Forscher, dass zumindest eines klar ist: die Zusammensetzung unserer Gesellschaft wird in Zukunft noch bunter werden. Noch vielfältiger. Und nicht nur das. Die Milieus werden sich weiter aufsplitten und sie werden auch weiter auseinanderdriften. Wir werden in unserer Unterschiedlichkeit also noch pluralistischer werden. Und es wird schneller gehen, als wir denken. Schon heute ahnen wir, dass eine neu veröffentlichte Studie in der Regel eine Situation beschreibt, die bereits wieder überholt ist und der Vergangenheit angehört. So schnell verändern wir uns.
Die Fundamente bröseln
Für die christliche Jugendarbeit bedeutet das, dass sich auch die religiöse Sozialisation Jugendlicher im Vergleich zu früheren Generationen in einem rasanten Veränderungsprozess befindet. Abgesehen von einem kleiner werdenden Insiderkreis, werden wir auf zunehmend weniger christliches Basiswissen treffen. Uns bricht das religiöse Wissensfundament weg, auf das wir noch vor Jahren wie selbstverständlich aufbauen konnten. Für viele ist das nichts Neues. Diesen Wissensabbruch erleben Pfarrerinnen/Pfarrer seit Jahren in ihren Konfirmandengruppen. Neu ist, dass dieser Prozess sich beschleunigt hat. Neu ist, dass wir nun an einem Punkt angekommen sind, an dem man nicht mehr nur bei der Diagnose stehen bleiben kann, sondern klar wird, dass wir uns etwas einfallen lassen müssen, um dieser Entwicklung zu begegnen.
Es droht der Rückfall in eine vorreformatorische Situation
Uns droht – etwas überspitzt formuliert – der Rückfall in eine Art vorreformatorische Zeit. Nur dass sie diesmal selbst gewählt ist und keine Folge der gesellschaftlichen Zustände. Damals, vor der Reformation – vor 500 Jahren – stand vielen Christen die Bibel als Maßstab und geistliche Orientierungshilfe nicht zur Verfügung, weil sie nicht in ihre Sprache, nicht ins Deutsche übersetzt war. Sie konnten sie nicht lesen. Es ist eine bleibende Folge der Reformation, dass sich dies geändert hat. Heute haben wir mehr deutsche Bibelübersetzungen als jemals zuvor. Nur leider wird die Bibel auch so wenig gelesen wie nie zuvor. Wir haben das Wort Gottes und nutzen es nicht mehr. So verlieren wir die Bibel als geistliche Prüfinstanz.
Die Wissensquellen werden unsicherer
Und noch eine weitere Entwicklung