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Ebook177 pages2 hours

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About this ebook

In einem alternativen Europa sind die alten demokratischen Parteien in Auflösung begriffen. Statt ihrer stehen sich neue politische Kräfte gegenüber, die den Kontinent unter sich aufteilen. Nachdem in einem der europäischen Länder ein zentralistisches Einparteiensystem eingeführt wird, schließen sich ihm immer mehr ehemals demokratische Staaten an.
LanguageDeutsch
Release dateFeb 26, 2018
ISBN9783746038957
R.T.
Author

K. Theo Frank

Pseudonym, geboren in der ehemaligen DDR, Studium der Naturwissenschaften.

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    Book preview

    R.T. - K. Theo Frank

    Inhalt:

    Kapitel I: Datingrevolution

    Kapitel II: Sonntagsfrühstück

    Kapitel III: Die Antimaoisten

    Kapitel IV: Wissenschaft

    Kapitel IV: Das Haus von Louisa und Pin

    Kapitel V: Die Invasion

    Kapitel VI: Alex

    Kapitel VII: Das Wiedersehen

    Schlusswort

    Dank: Danke an Wikipedia und youtube!

    Erklärung: Die dargestellten Meinungen sind ausschließlich die persönlichen und subjektiven des Autors. Die Geschichte erweckt zwar mitunter den Eindruck, historische Begebenheiten widerzuspiegeln. Sie und die handelnden Charaktere sind jedoch frei erfunden. Sie stellen keine lebenden oder verstorbenen Personen oder Personengruppen dar. Lediglich Namen, gesellschaftliche Positionen und Handlungsorte lehnen sich an historische an.

    ***

    ***

    "Toleranz ist die Tugend des Mannes,

    der keine Überzeugungen hat."

    Gilbert Keith Chesterton

    Schön ist hässlich, hässlich schön.

    William Shakespeare, Macbeth

    ***

    Kapitel I: Datingrevolution

    Warum, denkst Du, sind Dating-Portale so beliebt? Stell Dir vor, Du kommst nach Hause und jemand dreht das Licht an, mit einer Helligkeit, wie Du sie in diesem Moment als angenehm empfindest. Du schaltest den Fernseher an und es wird genau das gezeigt, worauf Du gerade Lust hast. Es klingelt an der Tür und jemand bringt Dir ein Abendessen vorbei, auf das Du gerade Appetit hast. Du fühlst Dich nicht wohl und in diesem Moment wird genau die Medizin geliefert, die gegen Dein Leiden hilft. Und schließlich triffst Du Dich mit einem Mann oder einer Frau, dessen oder deren Blick, Geruch, Körperbau, Alter, Haarfarbe Dich gerade erregen. Wie bist Du, wenn Du auf so etwas stehst? Na klar, dann bist Du anspruchsvoll. Nur zum Vergleich: Wie bist Du, wenn das Licht genau so hell ist, wie es das abgewrackte Kraftwerk gerade noch hergibt, wenn im Fernsehen immer die gleiche billige Produktion läuft, wenn die Pizza labberig und kalt ist, wenn Dich die Quacksalber-Pillen nicht genesen lassen, wenn Dein neuestes Date eine Kakerlake ist und wenn Du trotz allem glücklich zu sein glaubst? Dann, Lieber Leser, bist Du tolerant. Und die repressive Toleranz beginnt damit, etwas komplett Unnützes zu kaufen. Sie kulminiert in dem Verlust der Fähigkeit, das Böse zu verachten.

    Vielleicht war ich damals weder tolerant noch anspruchsvoll. Aber ich mochte es bequem und deswegen fand ich Dating-Webseiten so klasse. Der Algorithmus, nach dem sie damals arbeiteten, schien noch nicht wirklich ausgereift zu sein, denn bisher hatte ich noch keinen Mann gefunden, mit dem ich länger als drei Monate zusammenbleiben konnte. Aber, was soll's! Vielleicht klappte es ja dieses Mal. Wofür überwies ich schließlich meine monatliche Gebühr von xxx Euro? An jenem Tag zwischen Winter und Frühling war die nächste Email eines Kandidaten hereingeflattert und wieder dachte ich: Wow! Das ist der Mann, mit dem ich schon immer zusammen sein wollte. Ich hatte meine Freundin Alex gefragt, welches Kleid wohl am besten zu dem neuerlichen Anlass passen würde. Sie schlug mir das knapp geschnittene, blaue Kleid mit der Stickerei über dem Dekolletee vor, kombiniert mit den blauen Pumps aus Samt. Blue suede shoes!, dachte ich und der King ertönte kurz in meinem Kopf. Mir war nicht ganz klar, warum es heute gerade blau sein sollte, aber Alex würde schon wissen, was sie empfahl. Sie wusste es ja immer und es hatte mit den Männern auch immer funktioniert, freilich nur für die besagten drei Monate.

    Die blauen Schuhe waren zwar schick, allerdings ziehe ich bis heute ungern Samtschuhe an, weil es verdammt schwer ist, sie nach einer Nacht mit Abendessen, Tanzen und vielleicht noch anderen Aktivitäten wieder sauber zu bekommen. Alex hatte empfohlen, meine schwarzen Haare dieses Mal hochzustecken, das gab mir eine gewisse Strenge, und die Kette mit dem silbernen Verschluss und den roten Perlen zu tragen. Ich hatte mehrere solcher Schmuckstücke zur Auswahl. Manchmal trug ich sogar eine Kette mit einem Kreuz, obgleich ich nicht gläubig war. Wohl aber mochten einige meiner voraussichtlichen Partner den sittsamen Eindruck, den es vermittelte. Andere Männer waren an etwas Verruchterem interessiert. Für diese Männer zog ich dann mein kurzes schwarzes Kleid an, zu dem ich die Haare offen und eine Kette mit einem kleinen roten Stern trug. Eigentlich gehörte dort ja ein Herz hin, ich mochte aber Sterne lieber. Heute wollte ich einen etwas dezenteren Lippenstift auflegen. Alex missfiel das, allerdings versuchte sie nicht wirklich, mich zu einem knallroten Kussmund zu überreden. Sie ahnte wohl, dass es an jenem Tag keinen Zweck hatte.

    Die Übereinstimmung meiner politischen Ansichten mit der meines Dates war mir in meiner Jugend überaus wichtig. Das von mir präferierte Datingportal schickte mich deswegen zum ersten Kennenlernen immer in ein Restaurant mit dem doppeldeutigen Namen Die Liebe is(s)t links!. Das schien übrigens für alle Kunden des Portals zu gelten, die diese Einstellung teilten. Folglich war es zu meinem Dating - Stammlokal geworden. Wenn das Essen, das mir dort übrigens immer bekam, verzehrt war und die Geschichte meines zeitweiligen Gegenübers langweilig wurde, ließ ich gern meine Blicke über die anderen Gäste schweifen. Nicht nur ich, sondern auch die Männer waren wandelbar. Je nachdem kamen sie im Anzug mit Krawatte oder in einer Lederjacke mit einem geöffneten weißen Hemd. Ich zog die Lederklamotten-Männer vor und interessanterweise waren meine Bekanntschaften am Tag des Kennenlernens fast immer so gekleidet.

    Der Mann auf dem Foto, das Alex gerade aus dem Anhang der Email herausgeklickt hatte, erschien mir attraktiv wie immer. Hinsichtlich des Aussehens konnte ich mich auf die Vorschläge des Portals verlassen.

    Das Arrangement seines Portraits offenbarte zunächst keine Überraschungen. Es folgte den Tipps auf der Website: Kein Hintergrund der vom Wesentlichen ablenkt, kein Selfie, obwohl ich die eigentlich mochte, Wohlfühlpose einnehmen und lächeln, lächeln, lächeln. Tatsächlich lächelte er über die Maßen breit unter der Schiebermütze, die seine kurzgeschnittenen Haare bedeckte. Er schien um einiges älter als ich zu sein. Ich gab mich zwar gern mit älteren Männern ab, die Datingfuzzies wussten das, der Altersunterschied, so befürchtete ich, könnte zu groß sein. Aber eigentlich kommt es ja auf den Charakter an, nicht wahr? Wie ein Anzugträger sah er zum Glück nicht aus.

    Alex wusste meist sofort, welcher Typ Mann auf dem Foto in der Email zu sehen war und lag bisher mit ihren Tipps immer richtig. Der könnte es doch sein, oder?, ermutigte sie mich. Sie bot mir an, ein Taxi für die Fahrt in die Stadt zu rufen, aber ich lehnte ab. Es war Freitag, es war abends und alle würden unterwegs sein: Die, die erst spät von der Arbeit nach Hause fuhren und auch die, die sich bereits früh ins Amüsement stürzen wollten. Der Stau war vorprogrammiert. Ich würde also die Straßenbahn nehmen, jedenfalls für den Hinweg. Für den Rückweg dann das Taxi. Gegen vier oder fünf Uhr morgens, wenn meine Erstbegegnungen gewöhnlich endeten, waren die Straßen leer und es war nicht gerade sicher in den Straßenbahnen.

    Alex wunderte sich jedes Mal, warum ich mich nicht von meinem Verehrer abholen ließ. Der Grund dafür ist aber recht einfach zu verstehen: Ich wollte nicht, dass sie wussten, wo ich genau wohnte. Enttäuschte Männer konnten bisweilen gefährlich werden. Ich hatte das schon einmal erlebt und es sollte nicht wieder passieren. Ich wollte, entsprechend meiner Gewohnheit etwas früher im Restaurant eintreffen, um mir die Leute darin anzuschauen und in Stimmung zu kommen. Außerdem brachte mich das in eine vorteilhafte Lage: Grundsätzlich entschuldigten sich die Männer, weil sie annahmen, sich verspätet zu haben.

    Ich verließ also meine Wohnung und begab mich zur Straßenbahnhaltestelle. Ich fuhr mit der Linie 11, die mich aus den nördlichen Randbereichen direkt in die Innenstadt brachte. Ich setzte mich auf einen der Einzelplätze und lehnte meinen Kopf an die Fensterscheibe. An diesem Abend, es war circa gegen sechs Uhr abends, regnete es ziemlich große Tropfen, die sich, nachdem sie auf der Scheibe aufgeschlagen waren, in langgezogene, schräg nach unten führende Spuren verwandelten. Das Glas verlangsamte die Zeit wie tauendes Eis, was mich diesmal aber nicht beruhigte. Die Wasserspuren auf der Scheibe rissen über kurz oder lang auseinander und ließen einsame kleine Tröpfchen zurück, die der Wind nach und nach eindampfte.

    Ich hatte mir einen Werbeflyer geschnappt, der auf der Bank an der Straßenbahnhaltestelle lag. Der Flyer schmückte sich mit einem dunkelhäutigen, lächelnden Gesicht, das von einer Wolke aus Rastalocken umgeben war. Ich war natürlich gespannt, worauf mich das freundliche Gesicht hinweisen wollte. Unter ihm waren die Worte Neueröffnung in Form einer roten Fliege abgedruckt, die den nichtvorhandenen Hals meines Rastafaris schmückte.

    Der Flyer entpuppte sich beim näheren Hinsehen als ein einfaches, einmalig gefaltetes A4 Blatt. Auf seinen Innenseiten konnte man schließlich den Grund für die gute Laune des Rastafaris erkennen. Die Neueröffnung betraf natürlich einen Klamottenladen, die momentan wie Pilze aus dem Boden schossen. Und wieder war es kein wirklicher Laden mit ausgestellten Kleidern, die man anfassen, befühlen und anziehen konnte, kein Laden, in dem man sich vor dem Spiegel um die eigene Achse drehen durfte um auszuprobieren, ob ein verliebter oder ein wütender Blick dazu passte. Es war wieder ein Online-Shop.

    Mein Rastafari war auch nicht echt, sondern aus winzigen digitalen Dreiecken zusammengesetzt, die zu einem Netz verwoben sein Gesicht bildeten. Die Macher des Flyers hatten sich natürlich eine peppige Webadresse ausgedacht und darunter stand ihr Werbeslogan: Kleider mit Herz. Die Herzen, die sich über den beiden i befanden, waren nicht etwa aufgemalt. Vielmehr hatte man sie ausgestanzt. Auf diese weise leuchteten sie, wenn man den Flyer gegen das Neonlicht an der Decke des Straßenbahnwaggons hielt. Nett, lieber mochte ich aber Sterne, hatte ich das schon gesagt?

    Warum ich so viel Wert auf die Weltanschauung legte? Ich war in meinen Ansichten schon immer progressiv, wie viele in unserem Land. Ich war zufrieden mit meinem progressiven Leben. Ich verdiente in der Bank, in deren Verwaltung ich angestellt war, genügend Geld, konnte überall hin reisen und jedem offen meine Meinung sagen. Unsere Lebensweise war meiner Meinung nach vollendet. Und mein Partner sollte die gleiche Ansicht vertreten.

    Mit diesen Gedanken betrachtete ich mein Spiegelbild hinter der Fensterscheibe der Straßenbahn. So schön es war, einem Bruder im Geiste gegenüberzusitzen, der einen in der eigenen Meinung bestätigte und dem man sich deswegen verbunden fühlen durfte, die Konformität machten die Männer selbst zu einer Art Spiegel, wodurch mir auf Dauer oft langweilig wurde. Darum vermied ich lange politische Diskussionen, wenn ich konnte. Wenn sie aber trotzdem aufkamen, versuchte ich mich darin einzukuscheln wie in eine Decke und wärmte mich an den vertrauten Worten. Ich unterbrach niemanden gern, wenn er leidenschaftlich wurde, egal aus welchem Grund.

    Ich war inzwischen im Restaurant angekommen und hatte mich an den Tisch gesetzt. Der Kellner brachte ein Glas Sekt und ich wollte noch ein paar Minuten das Alleinsein genießen. Alleinsein war hier ein unangebrachter begriff, weil sich das Restaurant bereits füllte. Ich schätzte, dass ungefähr 60 Personen hier hineinpassten. Heute würden die Tische komplett besetzt sein. Nach einer Weile des gespannten Wartens trat mein Date mit dem üblichen Gesicht des schlechten Gewissens auf mich zu. Ansonsten sah er aus wie auf dem Foto. Ich glaube, er hatte sogar die gleiche Jacke an.

    Er küsste artig meine linke Wange und setzte sich zu mir. Ich freue mich, Dich kennenzulernen, sagt er mit einer warmen Stimme. Ich bin Pavel.

    Ich freue mich natürlich auch. Mein Name ist Louisa, antwortete ich und musterte ihn vorsichtig. Er war in Wirklichkeit noch etwas älter, als es auf dem Foto schien. Es hatte ihm geschmeichelt. Ansonsten lächelte er mich auch jetzt permanent an.

    Ich bin froh, sagte Pavel, "in diesen Zeiten jemanden zu treffen, der

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