Jakob Lorbers Laodizenerbrief: Ein Forschungsbeitrag
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Michael Junge
geb. 1960, Verlagskaufmann, setzt sich seit rund zwanzig Jahren mit dem Werk Jakob Lorbers auseinander und publiziert seit 2004 diesbezügliche Studien.
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Book preview
Jakob Lorbers Laodizenerbrief - Michael Junge
Der Autor
Michael Junge, geboren 1960 in Berlin, Verlagskaufmann, seit den Achtzigerjahren mit der Neuoffenbarung Jakob Lorbers vertraut.
Kontakt: junge.michael@hotmail.de
Geleitwort
Wie viele antike Schriften gilt auch der Brief an die Laodizener als verloren. Im Neuen Testament wird er erwähnt, aber er ist dort nicht überliefert.
Zugang zu dieser Schrift soll eine „Neuoffenbarung eröffnen: Der steierische Musiker und „Schreibknecht Gottes
Jakob Lorber (1800–1864) will den authentischen Laodizenerbrief als Diktat von Jesus Christus empfangen haben. Anhänger seines Schrifttums sind bis heute davon überzeugt.
Michael Junge hinterfragt den Anspruch der Neuapokryphe Lorbers kritisch. Detailliert und umsichtig analysiert er die 140 Verse des Laodizenerbriefs und vergleicht sie mit dem neutestamentlichen Kolosserbrief. Dabei stößt er auf viele Widersprüche. Mit dieser Studie legt der Autor einen wichtigen Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit dem von Lorber-Freunden erhobenen „Neuoffenbarungsanspruch" vor.
Dr. Matthias Pöhlmann
Kirchenrat
Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, München
Vorwort
Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen. (Sprüche 3, 5–6)
Mit diesem Taufspruch wurde ich am 1. Januar 1961 in der Epiphanienkirche in Berlin-Charlottenburg in die Ekklesia, die Gemeinde der Gläubigen, aufgenommen. Welche Rolle er im Laufe der Jahre für mich spielen sollte, zeigt sich an meiner Beziehung zur Ekklesia und zum Neuoffenbarer Jakob Lorber.
Anfang der 80er-Jahre stand ich der Kirche fern. Ich hatte als Suchender keinen Zugang zur Bibel und empfand mich auch nicht als Herausgerufener. In jenen Jahren machte mich ein Bekannter auf das Werk von Jakob Lorber aufmerksam. Es weckte meinen religiösen Verstand und ich glaubte, daraus alles erklären zu können. Die Jenseitswerke wie auch die Aussagen über das Beten suggerierten mir, dass die Ekklesia überflüssig sei und mit „Entartungen" einhergehe. Geführt von meinem religiösen Verstand, trat ich am 18. April 1984 ohne seelsorgerliches Gespräch aus der evangelischen Kirche aus.
1994 veröffentlichte die Lorber-Gesellschaft in ihrer Zeitschrift „Geistiges Leben eine Rezension über Matthias Pöhlmanns Buch „Lorber-Bewegung – durch Jenseitswissen zum Heil?
. Ich empfand die Rezension als derart tendenziös, dass ich gerade deshalb Pöhlmanns Buch zu lesen begann. Hier empfing ich den ersten Impuls, Lorbers Werk einmal grundsätzlich zu hinterfragen. Mein kritischer Fokus lag nun nicht mehr bei anderen Gemeinschaften und den Kirchen, sondern bei Lorber und der Lorber-Bewegung selbst. Trotz der „Theologie für Nichttheologen und des „Gebets zur geistigen Wiedergeburt
wurde ich so geführt, dass ich Gottesdienste besuchte. Das Ergebnis meiner Hinterfragung war die Publikation „Dokumentation um Jakob Lorber", die 2004 erschien. Der langjährige Kontakt zum Apologeten und Pfarrer Dr. Matthias Pöhlmann und die Gottesdienste in der Dankeskirche Düsseldorf-Benrath trugen dazu bei, dass ich am 3. Mai 2017 wieder in die evangelische Kirche eintrat.
Heute gehören Glaube, Kirche und Ekklesia für mich untrennbar zusammen, denn Christus, Kyrios, ist der Herr und somit auch Haupt der Ekklesia. Das Feiern der Gottesdienste ist fester Bestandteil meines Glaubens, ich komme damit der Heiligung des Feiertags nach. Denn nur hier vollziehen sich gemeinsame Anbetung, offenes Bekenntnis, das Hören der Predigt, liturgischer Gesang und der Empfang von Gottes Segen. Das gemeinsame Singen von Liedern aus dem Evangelischen Gesangbuch spielt dabei für mich und viele andere Gläubige eine große Rolle: Es ist ein Beten, bei dem sich der Gläubige mit all seinen Sinnen Gott zuwendet. Der Gottesdienst ruft auf, in der Heiligen Schrift zu lesen, und zwar betend und von ganzem Herzen, und bewahrt vor einer eigenwilligen Auslegung. Er ermutigt zur Nachfolge Christi und macht den Glauben erfahrbar. Ich freue mich über das sichtbare Zeichen Gottes in der Taufe und empfinde tiefe Ehrfurcht ebenfalls beim zweiten sichtbaren Zeichen Gottes, dem Heiligen Abendmahl.
Mein Wiedereintritt in die evangelische Kirche möge die Kerngemeinde stärken und noch Distanzierte herzlich dazu einladen. In, mit und für die Kirche zu beten, erachte ich für wichtig, denn es gilt vor allem, die Einigkeit im rechten Glauben zu wahren.
Düsseldorf, Dezember 2017
Michael Junge
Inhalt
Einleitung
1.1 Laodizenerbrief und Kolosserbrief
1.2 Der Apostel Paulus
1.3 Jakob Lorber und die „lebendige Stimme"
1.4 Ziel der Analyse
Analyse von Lorbers Laodizenerbrief
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Resümee
Literatur
I Einleitung
1.1 Laodizenerbrief und Kolosserbrief
Der lateinische Laodicenerbrief (Laod) entstand vermutlich um 150 n. Chr. (Berger/Nord 1999). Er ist in zahlreichen Bibelübersetzungen des 5. und 6. Jahrhunderts überliefert und wurde später ins Griechische rückübersetzt. Sein Ursprung bleibt jedoch ein Rätsel und bis heute gilt er als verloren. Der unbekannte Verfasser des Laod übernahm paulinische Formulierungen. Der abschließende Vers deutet darauf hin, dass der Laod das im Kolosserbrief¹ genannte Schreiben ersetzen sollte (vgl. Betz 2008, S. 78).
Der Kolosserbrief besteht aus vier Kapiteln mit insgesamt 95 Versen und entstand laut Berger/Nord (1999) um 60 n. Chr. Wie auch der Laodizenerbrief stammt er nicht von Paulus selbst, sondern wurde von Paulus’ Schülern nach seinem Tod verfasst. Der Kolosserbrief steht den authentischen Paulusbriefen inhaltlich in der Christologie und Eschatologie sehr nahe und gilt