MENSCH: SEIN: Bewusstsein-Freiheit-Aktivität. Diotima und Lilith im Dialog über das Wesen des Menschen
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MENSCH - Wolfgang Zidek
147
Einleitung
Bewusstsein bestimmt uns Menschen, als jene von sich selbst Wissenden (Lebewesen), jene Erdenbürger als Subjekte, als Individuen mit einem individuellen, einzigartigen Namen, einer individuellen Geschichte. So gut wie jeder andere beliebige Sachverhalt kann Bewusstsein auch über und durch Beispiele verständlicher erklärt werden, wird mit Beispielen begreifbarer, und dies besonders im Hinblick auf die Auswirkung von Bewusstsein auf unser Tun, unser Handeln, das gesamte Leben. Deswegen, aber auch aus anderen Gründen, greife ich hier in meinem Buch auf Beispiele zurück (damit sind auch Metapher, Gleichnisse, Modelle, Erklärungen zu verstehen), damit individuelles Verständnis und mögliche Erkenntnis ohne einen strengen Begriffskatalog stattfinden können. Die Begriffsbestimmung von Bewusstsein füllt Bibliotheken. In meinem Buch hier verwende ich den Begriff Bewusstsein ganz zentral als jenes Bewusstsein, welches dem gesunden Menschen zukommt, wenn er aus und von sich selbst bewusst ICH „sagt" und es auch so fühlt. Jenes unerschütterliche Bewusstsein des sich selbst bestimmenden Menschen, welches sonst keinem anderen Lebewesen zukommt und auch nicht zukommen kann, bildet den Inhalt. Bewusstsein bedeutet jenen Zustand eines Individuums/eines Menschen, in welchen er sich selbst als solcher, als ein eigenständiges Menschenwesen bezeichnet und erkannt hat.
Es erscheint mir auch sehr wichtig, bereits hier, noch vor den ersten Buchseiten, Gedanken, Empfindungen, ein Gespür entstehen zu lassen, welches nur individuell geschehen kann, damit die gesamte Lektüre entsprechend als ein rein persönlicher Prozess für die besonderen Sinn- und Bedeutungszusammenhänge der Begriffsausdrücke verläuft und so im Text erfasst werden kann. Beispiele eignen sich meines Erachtens in einzigartiger Weise, (solche) Aussagen, Tatsachen, Feststellungen näher zu erklären, ohne mit den eigenen Begriffsvorstellungen in Konflikt zu geraten.
Auch ohne nähere Erklärungen leuchtet es ein, dass zwischen einer bewussten und einer automatischen Handlung nicht nur qualitative, sondern auch zumeist quantitative Unterschiede bestehen und auch sichtbar festgestellt werden können. So könnte beispielsweise ein Kranker zwar mit Medikation versorgt werden, obwohl eigene Rückenschmerzen im Zentrum der bewussten Aufmerksamkeit des Therapeuten stehen. Er kann aber trotz seiner (gegenwärtig unterdrückten) Rückenschmerzen nur dem Zustand des Kranken und der Medikation zugewendet und bewusst auf die äußere Tätigkeit konzentriert bleiben. Bewusstsein kommt nicht von außen, sondern es liegt an uns, in unserer Wahrnehmung der Umstände, wie und wann wir uns der Handlungen, des Tuns, bewusst sind, zumindest die ungeteilte Aufmerksamkeit darauf abstellen, oder ob wir automatisch handeln, abgetrennt bleiben von der aktuellen Tätigkeit, sei diese rational, emotional oder spirituell. Unterhalten wir uns im Restaurant bei Tisch und führen ein durchdacht tief gehendes Gespräch, dann wechselt unser Bewusstsein bestenfalls zwischen dem Gespräch und den Speisen. Wir können aber auch ohne jede Aufmerksamkeit, dem Gesprächsthema verfallend, gleichsam auch nebenbei essen. In einer kniffligen, heiklen Arbeit vermögen wir uns dieser so hinzugeben, dass die umliegende Welt in unserem Bewusstsein (des MENSCH: SEINs) untergeht, sie entzogen wird, weil unsere Konzentration nur der Ausführung der betreffenden Aufgabe gilt. Ähnlich diesem Tätigsein im Alltag lebt Bewusstsein mit den Emotionen, den Gefühlen. So können wir von einer betrübten, traurigen Stimmung erfasst sein, deren unbewusst für uns selbst bleiben und erst durch Fragen Außenstehender, wie etwa „Was hast du denn heute? Geht es dir gut" darauf aufmerksam und dieser Situation so richtig bewusst werden. Manchmal erfasst uns Trauer, Traurigkeit so bewusst, dass wir uns kaum fassen können und das gesamte Bewusstsein jämmerlich zu Trauer wird, ja nur aus reiner Traurigkeit zu bestehen scheint.
Welche Dimensionen bestimmen also dann uns Menschen? Wie können wir in dieses unser lebendiges MENSCH: SEIN, das Leben von uns Menschen hineinsehen? Mein Buch beschreibt solche Dimensionen grundlegend als Bewusstsein, Freiheit, Aktivität. Die darin liegenden Möglichkeiten belegen einen bemerkenswerten Platz im Kosmos der Schöpfung. Nach unserer Kenntnis wissen nur wir als Menschen, dass wir wissen, um uns zu wissen, dass wir eben dies mit und durch ein Bewusstsein wissen. Wenn ich Bewusstsein sage, dann verstehen mich wohl alle insofern richtig, als sie in ihrer eigenen Vorstellung über ein inneres Bild verfügen (vom Begriff Bewusstsein), welches sich von den inneren Bildern aller anderen Menschen in einem vielleicht nur geringen oder auch in einem erheblichen Umfang unterscheiden wird.
Woher dieses Bewusstsein stammt, welches uns ermöglicht, solches zu wissen, wissen wir nicht. Diese Frage bleibt in meinem Buch eine Frage zur Beantwortung durch jedes lesende Subjekt. Häufig wird Bewusstsein mit dem bloßen Wachzustand des Körpers gleichgesetzt. Somit ergibt sich die große Schwierigkeit einer Begriffsbestimmung von Bewusstsein in den unterschiedlichsten Situationen. Ja, wir sind uns unseres eigenen Bewusstseinszustandes häufig unbewusst, wie schon erwähnt. Wenn wir essen, tun wir dies immer wieder abwesend gedankenversunken, meditativ, träumerisch, zerstreut, automatisch. Ähnlich verhält es sich bei anderen Tätigkeiten: Wenn wir konzentriert arbeiten, tun wir dies sozusagen in unbewusster Bewusstheit. Bei einer Meditation, konzentriert-versunken mit einem Bild vor dem geistigen Auge, rückt dann dieses Bild ins Bewusstsein. Der Meditationszustand selbst, dass Meditation stattfindet, wird gleichsam vom Bild, dem Meditationsgegenstand überlagert. Üblicherweise setzen wir unser Bewusstsein irgendwie als vorhanden und gegeben voraus, jeder besitzt das gleiche Bewusstsein, es existiert irgendwie, nehmen wir einmal so an. Wissenschaft kennt mannigfache Bestimmungen, Ein-, Aus- und Umgrenzungen von Bewusstsein, verschiedenste Definitionen, Begriffe. Ich möchte vermitteln, wann, wo, wenn von Bewusstsein überhaupt gesprochen werden darf, ein solches angenommen werden kann. Eine Wissenschaft der Bewusstseins-Formen insgesamt zu beschreiben, übersteigt den Gegenstand des Buchs, wäre unmöglich, denn es verfolgt ja keine wissenschaftliche Aufgabe, sondern strebt vielmehr ein pragmatisches Verständnis von MENSCH: SEIN in der breiten Gesellschaft an. Ich wende mich an den Durchschnittsmenschen mit normaler Alltagssicht, an geistig rege Menschen, welche allgemein Unterschiede wahrzunehmen und Inhalte zu beurteilen in der Lage sind, die über eine innere – äußere Sicht der Welt verfügen sowie überhaupt in eine (intellektuelle, emotionale, spirituelle) Beziehung aus sich herauszutreten vermögen. Für andere müssten meine Gedanken wohl in anderer literarischer Form, wie einem Roman, Cartoon, Märchen, oder einem ähnlichen Genre später einmal umgeschrieben werden.
Mein Begriff von Bewusstsein in diesem Buch übersteigt jenen, welche die Wissenschaft aus ihrer logisch, analytischen Basis zu geben vermag. Wissenschaft vermag bekanntlich (noch) nicht, alle Bereiche menschlichen Lebens als Allgemeine zu erfassen, denn sie bleibt sich der Tatsache unbewusst, dass Emotionen jeden Menschen in seinem Bewusstsein als bewusste Gestalter individuellen Seins und Tuns bestimmen. Wissenschaft bestätigt ja auch selbst, dass etwa 96 Prozent des Kosmos als sogenannte dunkle Energie, dunkle Materie, deren Existenz jedoch für die Naturwissenschaft offensichtlich festzustehen scheint, als vorhanden gilt, also Tatsache bedeutet, welche von ihr (vorläufig) nicht erklärt werden kann. Die 4 Prozent des wissenschaftlich erklärten Kosmos wären nach den Regeln der Statistik dann eigentlich zu vernachlässigen, was sogar den Schluss einer Marginalität von Wissenschaft im Gesamten der Welt unter diesen Prämissen erlauben würde. Wissenschaft lebt in ihren selbst geschaffenen Regeln und bleibt an ihre eigenen Gesetze gebunden.
Bewusstsein setzen wir üblicherweise in uns selbst und den Mitmenschen voraus, ohne uns mit einer solchen Voraussetzung näher zu befassen. Es fällt uns gar nicht ein zu zweifeln, ob allen Menschen Bewusstsein zukommt. Mitunter beobachten wir jedoch Menschen und sind uns bewusst, wir fühlen dies ohne handfeste Begründung, dass sie sich ihrer selbst und ihrer momentanen Tätigkeiten unbewusst sind, ja unbewusst sein müssen, denn in ihrem Eindruck auf uns, dem Bild, welches wir gerade von ihnen erhalten, scheint etwas zu fehlen, es zu stören oder überflüssig zu sein, ohne dass wir Genaueres angeben könnten.
Eine mögliche Antwort über jene Quelle von Bewusstsein liegt wohl im Göttlichen, kann und wird von vielen dort auch gesehen und angenommen. Im Göttlichen, einer anderen als der materiellen Ebene, bildet es sozusagen das Numinose, das Göttliche als den EINEN Grund dafür. Sehr zahlreich und übereinstimmend, ohne ein Allgemeines gültiges Ergebnis, blieben bisher Versuche einer Bestimmung des Menschen. Religion, Philosophie und andere Wissenschaften haben in einer Klärung versagt. Manche glauben, eine Erklärung zu besitzen, wollen eine Allgemeine Geltung auch für die übrige Menschheit erzwingen, durchsetzen. Vergeblich waren solche Glaubenskriege. Zwischen Erkenntnis und Verständnis bestehen Unterschiede, welche im Alltag unentdeckt verbleiben. Es bleibt glücklicherweise jedem Individuum Freiheit für Erkenntnis. Daher beschreibe ich in meinem Buch jene Eckpunkte, Dimensionen, Knotenpunkte, welche jeder Mensch in seinem eigenen Leben erkennbar fühlt. Zumindest wäre es ihm unter bestimmten Umständen oder Bedingungen möglich, wenn er für sich im eigenen Leben Gedanken über Aufgaben und Ziele entwickeln möchte.
Eine inhaltliche Gliederung als hierarchisch entwickelter Aufbau halte ich für störend und entschloss mich daher für den Dialog. So hoffe ich, dass das Werk die Erkenntnis über jene Dimensionen von MENSCH: SEIN aus dem Innen und nach dem Innen hin sowie aus dem Äußeren und nach dem Äußeren hin für jede(n) eine wichtige Entwicklung seines ICH bringen wird. Es sind Dimensionen jenseits der Raumdimension, unmateriell, aphysisch. Dehnungen des ICH, pulsierend in Zeit und Raum, die jedoch auch für das Körperliche Geltung besitzen, Wirkungen erzeugen. Das große Ich als physisch-psychisch-spirituelle Einheit lebt diese Dimension, erwacht in einer davon, blickt gleichsam um sich zur Orientierung, erkennt, nimmt wahr und bewegt dadurch die übrigen wahrnehmend, als Bewegung, Aktivität und Lebendigkeit im Bewusstsein. Dies bildet die Basis, das Fundament für Grunddimensionen, welche einzeln, kombiniert oder gemeinsam erwachen, indem sie gleichsam, sich einer hierarchischen Einordnung entziehend, über ihre Entstehungsgeschichte springen. Aktivität und Bewegung werden im Bewusstsein als Leben(digkeit) wahrgenommen.
Das Verständnis von Bewusstsein, wie in diesem Buch behandelt, und beliebiger Bewusstheit eines bewussten Tuns und automatischem Geschehen wird schön erfassbar im Beispiel der Muskeltätigkeit im Körper. Wir steigen eine Stiege meist gedankenlos, automatisch, Stufe um Stufe hinauf, ohne besonders auf Füße und Stufe hinzuschauen. Sehr wohl anders, der Füße und Stufen bewusst, bleiben wir, wenn wir mit einem Schritt auf- oder (noch bewusster) zwei Stufen absteigen, dann auch noch eine Tasse mit heißem Kaffee tragen. Muskelaktivität benötigt nicht unbedingt unser Kommando, welches für bestimmte Aufgaben der Präzision und besonders bei neuen Bewegungsabläufen unerlässlich ist. Bei körperlichen Tätigkeiten, wie Laufen, Schreiben, Kisten transportieren und anderem mehr, bleiben genaue Anweisungen an den Bewegungsapparat überflüssig. Ausdrücklich müssen solche jedoch wie etwa bei vielen Aktivitäten (zum Beispiel im Sport, Schauspiel, Chirurgie, Verkehr) erfolgen. Zunächst müssen diese in genauer, anfangs in konzentrierter Anweisung an die Muskeln erfolgen, später dann, nach Übung und Training, zum Beispiel an einem Musikinstrument, werden sie gleichsam automatisch ablaufen.
Wie eine Ruhebank an einem markanten Aussichtsplatz im Gebirge zur Freude, Bewunderung der Umgebung, des Panoramas zum Ausruhen und Verweilen einlädt, so möge sich auch der Leser an dieser Stelle zur Fortführung obiger Gedanken zu eigenen Bildern und Gefühlen anregen lassen.
Im Dialog finden sich beispielhaft eingebunden Hinweise, welche das Wachwerden des Bewusstseins im Menschen als eine traditionelle Aufgabe zwischen den Generationen von der Antike bis HEUTE verdeutlichen.
Bewusstsein
Diotima, jene weise Frau aus Mantineia, von welcher Sokrates über Eros und in dessen Wesen von Liebe eingeweiht worden war, begegnet auf dem Heimweg von einem Fest im Tempel der Göttin Artemis einer jungen Frau mit Namen Lilith. Liliths Seele befindet sich auf der Suche zu sich, ihrem Wesen, zum eigenen Wesenskern, unterwegs zur Bewusstwerdung ihres Wesens mit der Frage in ihrem Herzen: Wie kann ich mich und mein Lebensziel finden? Beide Frauen begegneten einander schon öfter. Lilith scheute sich bisher, Diotima anzusprechen, obwohl sie eine innere seelische Verbindung zu Diotima hinzog. Da ergab sich nun der günstige Moment zum Dialog.
Diotima: Sei gegrüßt, Lilith.
Lilith: Du auch, Diotima. Welche Freude, dir jetzt zu begegnen. Während der Feierlichkeiten hatte ich mir ein Gespräch mit dir so sehr gewünscht. Nun wurde es Wirklichkeit.
Diotima: Schon länger fühle ich dich schwanger mit forschenden Fragen, mit dem Wunsch nach einer Klärung über dich selbst. Dein Herz drängt und sehnt sich, endlich jene Frau, in welcher es pulsierend lebt, auch zu begreifen, zu verstehen.
Lilith: Das siehst du wirklich sehr richtig. Ja, ich versuche, die Stimme meines Herzens zu hören. Über den Herzschlag und Rhythmus hinausgehend, vernehme beziehungsweise höre ich darin ein Fragen: Was, wie, warum, wohin, woher, wann? Es macht mich unruhig, kribbelig, nachdenklich, schlaflos. Die Fragen quälen mich, lassen mich nicht los, halten