Poetische Post für Andri: Der neue Landdoktor 57 – Arztroman
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About this ebook
Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt.
Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt...
»Hilfe! Hört mich denn niemand? Ich brauche Hilfe!«
Annette Höpfner, die Postbotin von Bergmoosbach, war fast am Ende ihrer täglichen Runde angelangt, als sie diese Rufe hörte. Sie klangen schwach und weit entfernt hinter dem Häuschen von Tessa Leutner hervor. Annette sprang sofort vom Rad und eilte durch die hölzerne Gartenpforte auf das Grundstück. Durch ihren Beruf kannte sie sich bestens beim Zuhause der Dorfbewohner und deren Gewohnheiten aus. Sie wusste, dass die alte Bäuerin zu dieser Tageszeit meistens in ihrem Garten arbeitete, und sah sich zunächst dort um.
Der Garten war sehr groß und mit herrlichen Blumenrabatten und einem großen Gemüsebereich angelegt, an den sich ein Kartoffelacker anschloss. Begrenzt wurde der von einem dicht bewachsenen Erdwall mit jungen Bäumen, Hecken und Sträuchern, die sich zu einem dichten Wildwuchs verbanden. Von dort kamen die Rufe.
Die Postbotin rannte los und entdeckte ihre Bekannte, die Bäuerin Tessa Leutner, gefangen in dichtem Gestrüpp. Offensichtlich war die alte Frau gestürzt. Sie trug nur noch einen Schuh, hockte unglücklich auf dem Erdwall und war hoffnungslos in Brombeerranken, wildem Wein, und dicken Efeuranken verstrickt.
»Jesses, die Annette. Dich schickt der Himmel«, schnaufte die alte Frau erleichtert.
Annette entdeckte nicht weit entfernt den Korb mit dem Werkzeug, hatte rasch ein Paar Arbeitshandschuhe übergestreift und zur Gartenschere gegriffen. Es dauerte ein wenig, aber dann hatte sie die Gefangene aus dem dornigen Gestrüpp befreit und konnte ihr auf die Beine helfen. »Tessa, wie geht es dir? Bist du verletzt, sollen wir den Doktor rufen?«, erkundigte sie sich besorgt.
»Na, das fehlte noch, dass unser
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Der neue Landdoktor
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Book preview
Poetische Post für Andri - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor
– 57–
Poetische Post für Andri
Wer steckt hinter den heimlichen Liebesbriefen?
Tessa Hofreiter
»Hilfe! Hört mich denn niemand? Ich brauche Hilfe!«
Annette Höpfner, die Postbotin von Bergmoosbach, war fast am Ende ihrer täglichen Runde angelangt, als sie diese Rufe hörte. Sie klangen schwach und weit entfernt hinter dem Häuschen von Tessa Leutner hervor. Annette sprang sofort vom Rad und eilte durch die hölzerne Gartenpforte auf das Grundstück. Durch ihren Beruf kannte sie sich bestens beim Zuhause der Dorfbewohner und deren Gewohnheiten aus. Sie wusste, dass die alte Bäuerin zu dieser Tageszeit meistens in ihrem Garten arbeitete, und sah sich zunächst dort um.
Der Garten war sehr groß und mit herrlichen Blumenrabatten und einem großen Gemüsebereich angelegt, an den sich ein Kartoffelacker anschloss. Begrenzt wurde der von einem dicht bewachsenen Erdwall mit jungen Bäumen, Hecken und Sträuchern, die sich zu einem dichten Wildwuchs verbanden. Von dort kamen die Rufe.
Die Postbotin rannte los und entdeckte ihre Bekannte, die Bäuerin Tessa Leutner, gefangen in dichtem Gestrüpp. Offensichtlich war die alte Frau gestürzt. Sie trug nur noch einen Schuh, hockte unglücklich auf dem Erdwall und war hoffnungslos in Brombeerranken, wildem Wein, und dicken Efeuranken verstrickt.
»Jesses, die Annette. Dich schickt der Himmel«, schnaufte die alte Frau erleichtert.
Annette entdeckte nicht weit entfernt den Korb mit dem Werkzeug, hatte rasch ein Paar Arbeitshandschuhe übergestreift und zur Gartenschere gegriffen. Es dauerte ein wenig, aber dann hatte sie die Gefangene aus dem dornigen Gestrüpp befreit und konnte ihr auf die Beine helfen. »Tessa, wie geht es dir? Bist du verletzt, sollen wir den Doktor rufen?«, erkundigte sie sich besorgt.
»Na, das fehlte noch, dass unser Landdoktor wegen ein paar Schrammen und Kratzer kommen muss«, antwortete die weißhaarige Frau energisch. Die Dornen hatten sie übel zugerichtet und auch stellenweise ihre Kleidung zerrissen, aber das war nichts, worum eine Tessa Leutner ein großes Aufsehen veranstaltete. »Ich geh jetzt ins Haus, wasch mir das Blut von den Kratzern ab, zieh mir ein anderes Kleid an und das war’s. Danke für deine Hilfe, liebe Annette. Allein aufstehen hätte ich nicht gekonnt, die Ranken hatten mich zu fest im Griff, und ich bin nicht an meine Schere herangekommen.«
»Ich bringe dich hinein«, sagte die junge Frau fürsorglich und bückte sich nach dem zweiten Schuh, der noch im Gebüsch lag. Es war ein solider, schwarzer Schnürschuh, der offensichtlich seit vielen Jahren getragen wurde und von dem sich die Sohle gelöst hatte.
Die alte Bäuerin schüttelte den Kopf, ungeduldig mit sich selbst. »Selbst schuld«, erwiderte sie. »Ich hätte den Schuh schon längst zum Schuhmacher bringen sollen, ich wusste doch, dass sich die Sohle löst. Und prompt bin ich damit in den Ranken hängengeblieben und auf die Nase gefallen.«
»Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert«, antwortete Annette. Sie begleitete die alte Frau in ihre Küche und half ihr beim Versorgen der zahlreichen blutigen Kratzer. Dann setzte sie den Wasserkessel für Kaffee auf und fragte umsichtig: »Soll ich jemandem Bescheid sagen, dass er vorbei schaut? Dem Gregor vielleicht?«
»Sag bloß nichts zu meinem strengen Enkel!«, warnte Tessa mit blitzenden Augen. »Sonst muss ich mir wieder anhören, dass ich zu viel im Garten arbeite und warum ich ihm nicht gesagt habe, dass er dort im Gestrüpp für Ordnung sorgen soll. Dabei kann ich das ganz gut noch allein, wenn ich das richtige Schuhzeug trage.«
Annette schwieg diplomatisch und hielt nur den alten Schnürschuh in die Luft. »Ich muss dem Andri noch seine Post bringen, da kann ich deinen Schuh doch gleich mitnehmen, gell?«
Tessas Miene hellte sich auf. »Was wären nur alle ohne unsere hilfsbereite Postbotin«, sagte sie dankbar. »Es ist lieb von dir, dass du mir diesen Weg abnimmst.«
Die junge Frau errötete prompt. »Das ist d…doch nicht der Rede wert, ich muss wegen der B…Briefe sowieso zum Schuster«, stammelte sie.
Annette Höpfner litt an einem leichten Sprachfehler und geriet manchmal ins Stottern, wenn sie etwas verunsicherte. Jetzt waren es die freundlichen Worte der Bäuerin, bei denen sie sofort ein schlechtes Gewissen hatte. Es war nämlich nicht nur ihre Hilfsbereitschaft, die sie in die Schuhmacherwerkstatt führte, es war vor allem der Schuster Andri Rademacher, ihre heimliche Liebe.
»Ich dank dir trotzdem«, sagte Tessa und setzte sich in ihrem alten Ohrensessel zurecht, von dem aus sie ihren Garten überblicken konnte. »Und jetzt ruf ich meine Freundin Liesl an, dass sie auf einem Kaffee vorbeikommt. Eine kleine Pause kann ich mir wohl erlauben, ehe ich mit dem Schnippeln der Grünen Bohnen anfange.«
»Genieß den Kaffee und den Plausch mit deiner besten Freundin«, erwiderte die junge Postbotin herzlich. »Ich muss jetzt weiter. Servus, Tessa.«
»Servus, liebe Annette, und noch einmal vielen Dank für deine Hilfe.«
Die junge Frau packte den lädierten Schuh mit auf ihr Fahrrad und setzte ihre Runde fort. Als sie den Marktplatz überquert hatte und in die Seitenstraße einbog, an deren Ende die Schuhmacherwerkstatt lag, begann ihr Herz, schneller zu klopfen. Annette wusste, dass es albern war, aber sie konnte nichts dagegen tun.
Andris Werkstatt befand sich in einem weiß gestrichenen Haus mit dunkelgrünen Fensterläden. Durch das große Schaufenster, in dem maßgefertiges Schuhwerk ausgestellt war, konnte man in den Raum schauen, in dem Andri seine Kunden bediente und seinen Arbeitsplatz hatte. Die Werkstatt war hell und lichtdurchflutet, und die Türen standen meistens weit geöffnet, sodass der Blick der Kundschaft in den begrünten Hof hinter dem Haus fiel. Die Werkstatt hatte einen abgetretenen Holzfußboden, einen alten Tresen aus Holz und an der Rückwand Regale für das Schuhwerk. Wie immer roch es stark nach Leder, Pflegemitteln und Leim. Annette mochte diesen intensiven Geruch, denn für sie war er untrennbar mit Andri verbunden.
Der Schuhmachermeister Andri Rademacher war ein sehr großer, breitschultriger Mann Anfang Dreißig. Er hatte dunkelblonde Haare, leuchtende blaue Augen und einen gepflegten Vollbart. Bekleidet war er mit Jeans, weißem T-Shirt und einer langen Schürze aus braunem Leder, der man die Spuren seiner Arbeit ansah.
Er nahm gerade ein Paar spitze, rote High Heels aus dem Regal mit den Reparaturen, als Annette den Laden betrat. Sein Lächeln war genauso leuchtend und warm wie der Blick seiner blauen Augen. »Grüß Gott, Annette, hast du etwas Schönes für mich dabei?«, fragte er freundlich.
Die Postbotin erwiderte schüchtern sein Lächeln und legte die Broschüre einer Versicherung und zwei amtlich aussehende Fensterbriefumschläge auf den Tresen. »W…wohl eher nicht, das s…sieht mehr nach Geschäft aus«, antwortete sie leise. »Grüß Gott, Dorle.«
Auf dem Tresen saß eine junge Frau, die kokett mit ihren langen, seidig-braunen Beinen schaukelte. Sie trug ein kurzes, figurbetontes Sommerkleid aus rotem Stoff, das mit bunten Paradiesvögeln bedruckt war. Ihre blonden Haare wellten sich in gelockten Strähnen um die schmalen Schultern, die hellblauen Augen in ihrem herzförmigen Gesicht waren sorgfältig geschminkt, und ihre Lippen leuchteten in einem verführerischen Rot. Die junge Frau hieß Dorle Kessler, war auf eine oberflächliche Art sehr hübsch, und flirtete bei jeder Gelegenheit heftig mit dem attraktiven Schuhmacher. Sie und Annette waren Klassenkameradinnen, der gut aussehende Andri einige Jahrgänge über ihnen gewesen.
Dorle schüttelte ihre Haare über die Schultern und schnippte gelangweilt die Post zur Seite. »Wer schreibt denn heutzutage noch Briefe? Wir sind doch alle bei Facebook, Twitter und Whats App«, sagte sie.
»Ja, leider«, erwiderte Andri. »Ich finde es schade, dass es kaum noch jemanden gibt, der richtige Briefe schreibt. Ich habe mich immer gefreut, wenn etwas Persönliches in der Post gewesen ist.«
»Ach, ab und zu mal eine kitschige Postkarte aus dem Urlaub, darauf kann ich verzichten«. Dorle glitt geschmeidig vom Tresen und griff nach der braunen Papiertüte, in die Andri ihre Schuhe gesteckt hatte. Sie schenkte dem Mann einen tiefen Blick unter langen Wimpern. »Danke, dass das Richten der Absätze so schnell ging, du hast mein freies Wochenende gerettet.«
Andri grinste. »Brich dir nicht die Haxen, wenn du mit diesen Dingern ausgehst«, sagte er gutmütig.
»Wenn du öfter mit in den Club kämest, würdest du sehen, wie gut ich darin tanzen kann«, säuselte Dorle. Dann strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn und seufzte. »Es ist so heiß heute. Wie kannst du es nur in deiner Uniform aushalten, Annette. Du musst dich doch schrecklich fühlen in diesen schweren Kleidungsstücken.«
Ihr spöttischer Blick lief flink über die Gestalt der Postbotin, und unwillkürlich schaute auch Andri sie