Lassen Sie mich los!: Selbstschutz für Kinder. Ratgeber für Eltern und Erzieher
By Cord Sander
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About this ebook
Cord Sanders Trainingskonzept zum Selbstschutz für Kinder orientiert sich an dem Ziel, Kindern wirkungsvolle Handlungsmöglichkeiten in gefährlichen Situationen zu vermitteln.
Anschaulich beschreibt es Übungsmöglichkeiten zugeschnitten speziell für das Training mit Kindern. Alle Übungen, Tricks und Kniffe sind so aufgebaut, dass besonders effektive Strategien sicher und abwechslungsreich eingeübt werden können. So entstehen schnell Wiedererkennungseffekte, Ängste werden abgebaut. Kinder werden gestärkt und lernen, schnell zu reagieren und sich wirkungsvoll zu schützen.
Sander gibt außerdem überraschende Tipps, wie Erwachsene auch im Alltag die Fähigkeiten von Kindern zur Verteidigung positiv beeinflussen können.
Cord Sander
Cord Sander is a physiotherapist. He started practicing judo as a child at the age of 6. Today he has Dan degrees in various disciplines: 4th Antas Arnis, 4th Dan Jiu Jitsu, 4th Dan Self-Defense as well as other Dan degrees in kobudo, stickfighting, karate and other sports. He has been successful in numerous national and international contests. In 2002, in the course of a study trip, he found his way to Japan. In 1997 he founded KOHAI – DO e.V. together with Markus Wandscher. He has already published various books on self-defense and the martial arts.
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Book preview
Lassen Sie mich los! - Cord Sander
Inhalt
Vorwort
Selbstschutz für Kinder – Der Anfang
Einführung
Im Selbstschutz benötigen wir Erwachsenen Zivilcourage
Mädchen – Jungen / Männer – Frauen
Was ist unser Ziel?
Vorsicht vor zu viel Aktionismus
Verhaltensmuster in Notsituationen
Selbstschutz für Kinder
Die Immer – Immer Regel
Grundsätzliches zu den Kursen
Die Kurse – Aufbau und Verlauf
Wo beginnt Selbstverteidigung?
Verbale Gewalt
Seelische Gewalt
Geheimnisse
Gute Geheimnisse
Schlechte Geheimnisse
Graue Geheimnisse
Codeworte und andere Strategien
Bekannte Personen als Abholer
Nothilfe – Anderen in Not helfen
Rufen und Schlüsselsätze
Rufen in der Not
Fehler, die oft gemacht werden
Weitere Beispiele und Schwierigkeiten im Umgang mit fremden Erwachsenen
Schritte des Schreiens in einer Übersicht
Schreien im Weglaufen / Laufen
Weglaufen
Dinge, die grundsätzlich zu vermeiden sind
Drohungen in der Erziehung
Beleidigungen
Erniedrigungen
Die wichtigste Verteidigung der Kinder gegen Erwachsene
Fremde und bekannte Aggressoren
Verbale Verteidigung gegen bekannte Aggressoren
Strategien der Täter
Ziel der Täter
Täter im Bekanntenkreis
Sexuelle Gewalt aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis
Verdacht auf Missbrauch – Wie verhalten Sie sich richtig?
Wie können Kinder sich gegen solche Übergriffe wehren?
Selbstvertrauen / Selbstbehauptung
Aufbau des Selbstbewusstseins
Sprache – eine mächtige Waffe
Prävention
Im Kaufhaus
Auf dem Spielplatz
Auf dem Heimweg / Auf der Straße
Situationen und Verhaltensweisen
Beispiele
Mobbing und Gewalt in der Schule
Selbstschutz für Kinder von 0-3 Jahren
Kleine Tricks und Kniffe
Spiele und Übungen
Schlusswort
Widmung
Danksagung
Hilfreiche Seiten und Texte im Internet
Vorwort
Unsere Kinder zu schützen, stark zu machen und auf das Leben vorzubereiten, ist ein Ziel, welches alle Eltern teilen. Geht es um das große Thema Selbstverteidigung für Kinder, kann man sich mit Büchern, Internethinweisen und Broschüren verschiedenster Stellen und Autoren zuschütten lassen. Es gibt einfach unglaublich viele Dinge, vor denen wir unsere Kinder schützen wollen. Angefangen beim Internet, über Mobbing, zu der Ansprache Fremder bis zum sexuellen Missbrauch durch unbekannte und bekannte Täter.
In diesem Buch stelle ich Strategien und mögliche Verhaltensmuster dar, die Ihren Kindern durch verschiedenste gefährliche Situationen helfen können. In einigen Themengebieten gehe ich bewusst nicht in die Tiefe. Sexueller Missbrauch, Mobbing und einige weitere Themen füllen ganze Bände und Studien. Vielmehr möchte ich Ihnen in kurzer Form Hilfestellungen, Lösungsansätze, Auswege und Ideen bieten.
Selbstschutz für Kinder – Der Anfang
Einführung
Dieses Buch entspringt meinen jahrelangen Erfahrungen zum Thema Selbstschutz für Kinder und ist daher in der ersten Person geschrieben. Ich versuche hier lediglich meine Erkenntnisse, Erfahrungen und Arbeitsweisen darzustellen und Ihnen damit Ideen anzubieten.
Die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit meiner Arbeit ist schwer messbar. Auch wenn ich nach dieser langen Zeit glücklicherweise von keinem negativen Bespiel gehört habe, von vielen tausend Kindern, die ich unterrichtet habe, muss ich mir stets eingestehen, dass es keinen ultimativen Schutz gibt. Wir können leider nicht alle Situationen und Strategien von potentiellen Angreifern erfassen und noch weniger können wir jedes Kind auf jede Situation und jeden Gegner vorbereiten. Es bleibt stets ein gewisses Maß an Transferleistung des Kindes. Allerdings können wir durch unseren Umgang mit unserem Kind und diesem Thema die Chancen deutlich erhöhen und unsere Kinder sicher durch ihre ersten Lebensjahre führen, sowie sie auf die Herausforderungen ihres Lebens vorbereiten.
Wenn wir unsere Kinder perfekt schützen und vorbereiten könnten, gäbe es wohl auch nie wieder einen Verkehrsunfall mit Beteiligung eines Kindes. Und doch schützen wir es, indem wir es an den Straßenverkehr langsam heranführen und ihm zeigen, wie es sich dort sicher bewegen kann. Letzten Endes gehört immer eine Portion Glück zum Leben.
Mein Bruder sagte mir einmal vor einer schweren Prüfung, dass es immer drei große Faktoren gibt, die zum Bestehen einer Prüfung gehören:
Fachwissen / Können
Tagesform / Gesundheit
Glück
Alle drei sind gleichwertig und wenn nur eines davon fehlt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfung nicht geschafft wird oder zumindest nicht mit den gewünschten Resultaten.
Ich wage nun die These, dass diese Regel nicht nur für Prüfungen gilt, sondern auf jeden Tag unseres Lebens übertragbar ist auf nahezu alle Tätigkeiten und Gegebenheiten, denen wir begegnen. Je besser wir vorbereitet sind, auf unsere Gesundheit achten und achtsam sind, desto leichter und effektiver können wir uns den Herausforderungen des Lebens stellen.
Seit 1995 hat sich mein System stetig verändert und weiterentwickelt. Es hat sich in dieser Zeit sehr von den üblichen kampfsportorientierten Verteidigungssystemen getrennt und weist erheblich mehr Komponenten der Selbstbehauptung und Strategien, mit gefährlichen Situationen umzugehen, auf. Im Ursprung stand die Frage, was Kinder überhaupt gegen den übermächtigen Angreifer »Erwachsener« ausrichten können. Damals fand man herkömmliche Systeme überwiegend für Erwachsene. So werden bis heute Techniken vermittelt, mit denen Mann oder Frau sich gegen körperliche Attacken zur Wehr setzen kann. Dies ist für ein Kind grundsätzlich schwerer, als für Erwachsene. Zum einen fehlen körperliche Eigenschaften wie Kraft und Bewegungserfahrung, zum anderen die kognitiven Fähigkeiten und Erfahrungswerte, auf die wir Erwachsenen zurückgreifen können.
Was also kann man einem Kind zeigen, damit es sich effektiv gegen Übergriffe von Erwachsenen verteidigen kann. Angriffe auf vitale Punkte? Es gibt Kampfsportler, die zeigen ihren minderjährigen Schülern, wie sie jemandem in den Genitalbereich treten oder in die Augen stechen können. Das halte ich für höchst zweifelhaft. Auch wenn das Kind tatsächlich eine solche Technik im Ernstfall mit voller Kraft und Wirkung ausführen könnte, so zeigt die Erfahrung, dass selbst bei Erwachsenen solche Techniken im Ernstfall aufgrund mangelnden Trainings oft nicht zum gewünschten Erfolg führen. Hinzu kommt, dass wir Erwachsenen unterscheiden können, wann wir einen Menschen und vor allem welchen Menschen wir schwer verletzen. Ich bezweifle, dass z.B. ein fünfjähriges Kind das differenzieren kann. Da sehe ich eher die Gefahr, dass es in Ermangelung der Fähigkeit und Erfahrung, die Folgen abschätzen zu können, Techniken wie diese bei anderen Kindern in einfachen Streitsituationen anwendet.
Grundsätzlich versuche ich den Kindern einen deutlichen Unterschied zwischen der Verteidigung gegen Erwachsene und einem Streit mit anderen Kindern zu vermitteln, ihnen für beides Strategien an die Hand zu geben, mit denen sie die Situation klären können. Jedoch vertraue ich nicht darauf, dass ein Kind im Zorn nicht doch mal die eine oder andere Technik gegen seinen Kontrahenten einsetzt. Daher habe ich für mich entschieden, vitale und vernichtende Techniken nur an ältere Kinder weiterzugeben.
Mein Bestreben liegt eher darin, den Kindern Strategien zu zeigen, mit denen sie sich effektiv und schnell zu helfen wissen. Im Kern laufen diese darauf hinaus, sich Hilfe zu organisieren. Alle Übungen, Tricks und Kniffe die ich zeige, dienen dazu, die immer wiederkehrenden Strategien abwechslungsreich und vielfältig zu wiederholen und Wiedererkennungseffekte zu schaffen, ohne Ängste zu erzeugen. Ich nutze die Übungen des Weiteren dazu, das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken.
Dieses Buch enthält keine wilde Techniksammlung mit »Wundertechniken« zur Verteidigung gegen übermächtige Gegner. Die Techniken und Tricks, die ich den Kindern zeige sind eher dazu geeignet, sich zu lösen, damit »Kind« weglaufen und Hilfe organisieren kann. Ich rate dennoch dazu, Ihr Kind an Selbstverteidigungskursen oder -trainings teilnehmen zu lassen. Techniken sollten immer praktisch trainiert und vielfältig geübt werden. Auch traditionelle Kampfkünste, wie z.B. Karate, Judo oder Tae Kwon Do, geben Ihrem Kind auf vielen Ebenen Kraft und Stärke. Sie dienen dem Erlernen von Disziplin und Konzentration, steigern körperliche und geistige Fähigkeiten und vermitteln gute Techniken der Verteidigung.
In der Vergangenheit habe ich sehr oft den Satz gehört: »Mein Kind soll sich verteidigen können!« Diesen Wunsch kann ich als Vater absolut nachvollziehen! Ich wünsche mir auch, dass meine Kinder nie in Situationen geraten, die gefährlich für sie sein können; oder wenn sie in solche Situationen geraten, dass sie damit perfekt umgehen können und unbeschadet alles überstehen. Wir haben die Verantwortung, unsere Kinder stark zu machen, sie in die Selbstständigkeit zu führen und ihnen zu zeigen, wie man eigene Entscheidungen trifft; kurz: unsere Kinder auf das Leben vorzubereiten! Auf diesem Weg müssen wir sie beschützen und leiten und nicht einfach in einen Selbstverteidigungskurs geben und uns einreden, dass sie sich ja nun verteidigen können. In meinen Kursen binde ich zunehmend Erzieher, Lehrer und Eltern ein, um die Nachhaltigkeit für die Kinder zu verbessern und den Erwachsenen Ideen zu liefern, wie sie die Effekte der Kurse potenzieren können. In vielen Kursen stelle ich fest, dass die Eltern sehr begeistert sind und ihre Kinder und Erzieherinnen fragen, was wir denn so gemacht haben. Ich biete oft in Kombination zu den Kursen Elternabende an, um Inhalte der Kurse zu verdeutlichen und weitere Ideen zu liefern, was Eltern über den Kurs hinaus machen können und wie sie die Nachhaltigkeit verbessern können. So rate ich Ihnen, sich mit anderen Eltern zusammenzuschließen und einige Nachmittage in Eigenregie mit diesem