Vom Du
By Eva Janssen
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Einfühlsam erzählt der Kurzroman die Geschichte des eigenwilligen "Du" und seiner geistig zurückgebliebenen Mutter Jessica. Ein warmherziges und zugleich humorvolles Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit, das sich gegen Schubladendenken und eine allzu schnelle Kategorisierung von Menschen wendet.
Eva Janssen
Eva Janssen wuchs im Kölner Friesenviertel auf. Nach ihrer Ausbildung in der Grafikabteilung des DuMont Buchverlages studierte sie Germanistik und Slawistik in Köln und am Gorki-Institut in Moskau. Im Anschluss war sie als freie Übersetzerin, Referentin und Kritikerin tätig. Heute arbeitet die Autorin als Lehrerin in der Erwachsenenbildung. "Marienbilder" ist ihr vierter Roman. Eva Janssen ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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Vom Du - Eva Janssen
Zur Autorin dieses Buches
Eva Janssen wuchs im Kölner Friesenviertel auf. Nach ihrer Ausbildung in der Grafikabteilung des DuMont Buchverlages studierte sie Germanistik und Slawistik in Köln und am Gorki-Institut in Moskau. Im Anschluss war sie als freie Übersetzerin, Referentin und Kritikerin tätig. Heute arbeitet die Autorin als Lehrerin in der Erwachsenenbildung.
Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Für Till
Inhaltsverzeichnis
Dus Mama
Wie der Du zu seinem Namen kam
Dus Kopf ist voll
Wie der Du tanzte
Wie der Du das geschriebene Wort entdeckte
Wie der Du seine Mama fast nicht mehr erkannte
Ein Lexikon in Dus Kopf
Wie dem Du Liebe widerfuhr, ohne dass er es erfuhr
Der Du und die anderen Kinder
Der Du und die Freundschaft
Wie der Du und die Jessica sich schämten
Der Du und die Sprachen
Der Du und die Liebe
Wie der Du seine Mutter wiedersah
Epilog
I.
Dus Mama
Als der Du ein Jahr alt war, hatte seine minderjährige Mutter gerade gelernt, wie man eine Dose öffnet. Nicht so eine einfache Konservendose mit Lasche, an der man lediglich ziehen muss, um die Dose zu öffnen. Nein, sie verwendete zum ersten Mal in ihrem Leben einen richtigen Büchsenöffner, den ihre Oma ihr schon vor langer Zeit überlassen hatte und der in ihrem Besteckkasten auf diesen entscheidenden Moment gewartet zu haben schien. Denn er ließ sich leicht und einfach handhaben, verrutschte nicht in der unbeholfenen Hand der 17- Jährigen und war auch sonst sehr entgegenkommend. Der Du saß derweil auf seinem erhöhten, schäbigen Plastik-Kinderstühlchen wie auf einer Zuschauertribüne, ein buntes, verschmiertes Lätzchen vor der Brust, schaute seiner Mama bei ihrem Tun aufmerksam zu und brabbelte dabei Unverständliches, offenbar aber Bestätigendes, zumindest aber Interessiertes, was den Dosenöffner betraf.
Was aber hatte die junge Mutter dazu bewogen, sich auf derartige Art und Weise und so plötzlich für diese neue, ungewohnte Selbstständigkeit zu entscheiden? Es ist wahr, dass die staatliche Zuwendung, die ihr durch das Jobcenter monatlich zur Verfügung stand, für das Essen in den diversen Fastfood-Ketten nicht mehr reichte, jetzt, wo der Du auch feste Mahlzeiten zu sich nahm und dabei einen gesunden Appetit entwickelte. Die daraus resultierende Geldnot war sicher mit ein Grund dafür, dass Jessica zu dem Büchsenöffner gegriffen hatte, um zum ersten Mal selbst etwas zu kochen, für sich und ihr Kind. Wahr ist aber auch, dass Jessica eine gute Mutter sein wollte und die nette Frau vom Amt, die sie regelmäßig besuchte und kontrollierte, ob auch alles in Ordnung war, ihr mehrfach versichert hatte, dass es gesünder für ihren kleinen Jungen sei, wenn seine Mama eigenhändig etwas für ihn koche.
Und so kam es, dass der Du seine ersten Erbsen aß. Die runden, grünen Dinger kullerten lustig in seinem Mund, auf dem Lätzchen und auf dem Küchenfußboden herum, denn es war schwer, jeweils eine ganze Ladung Erbsen im Mund zu behalten. Seine Mama pustete immer zuerst auf den kleinen Löffel, bevor sie ihn in Dus Mund schob. Der Du baumelte ungeduldig mit seinen dicken Beinchen, ruderte mit den Ärmchen, quietschte und wartete ungeduldig auf den nächsten Löffel, während seine Mama angestrengt, konzentriert die Zungenspitze auf ihren Lippen hin- und her bewegend, den Löffel zu seinem Mund balancierte. Einige Ladungen stieß der Du, als er gierig nach ihnen griff, weil es ihm zu langsam ging, auf den Boden.
Alles in allem verlief die erste selbst gekochte Mahlzeit für den Du und seine Mama erfolgreich - bis auf die bedauerliche Tatsache, dass der kleine Du, sich windend vor Bauchschmerzen und lautstark pupsend, die ganze Nacht schrie, während seine unglückliche Mama ihn in ihren Armen hin- und hertrug.
So lernte der Du allmählich die ganze prächtige und bunte Innenwelt der Konservendosen kennen. Es gab abwechselnd Königsberger Klopse, geschälte Tomaten, Pichelsteiner, Grünkohl, den der Du ausspuckte, und Kartoffelsuppe. Am liebsten aß der Du aber Eierravioli. Ihr Geschmack regte ihn so an und auf, dass er sogar eigenhändig mit seinen dicken Fingerchen nach dem Löffel grapschte und seine ersten selbstständigen Essversuche in Angriff nahm. Und auch wenn die nette Frau