Kritik der Hoffnung
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Ortrun Schulz
Dr. ORTRUN SCHULZ, born 1960 in Hannover, Germany. Master of Arts in Philosophy and English Linguistics 1986, PhD in Philosophy 1993. From 1992 to 2005 associate editor of Schopenhauer-Jahrbuch. Private research and various publications.
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Kritik der Hoffnung - Ortrun Schulz
DR. ORTRUN SCHULZ, geboren 1960 in Hannover. Magister Artium in Philosophie und Englischer Sprachwissenschaft 1986, Doktorgrad in Philosophie 1993. Redakteurin des Schopenhauer-Jahrbuchs von 1992 bis 2005. Private Forschung und diverse Publikationen.
In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff der Hoffnung philosophisch geklärt. Da sich Hoffnung als ein vom Wunsch gespeistes Führwahrhalten zwischen Wissen und Nichtwissen bewegt, kann sie erkenntnistheoretisch als ein mehr oder weniger kognitiver Irrtum angesehen werden. Insofern Hoffnung das Risiko der Täuschung und Enttäuschung beinhaltet, stellt sich die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit intellektueller Redlichkeit innerhalb einer Ethik der Überzeugung und der Kommunikation. Durch Hoffnung wird der Mensch gelenkt und auch durch Fremdeinfluss manipulierbar. Es ist zu überlegen, ob und wann Hoffnung ein Segen oder ein Übel ist, und ob man sich davor schützen kann, ein Opfer von Hoffnung zu werden.
Wie du leichten Sinnes
hinbringen mögest das Leben,
Dass die Begierde dich nicht,
die ewig bedürftige, quäle,
Noch auch Furcht noch Hoffnung
auf wenig nützliche Dinge.
(Horaz (65 v. Chr. - 8 v. Chr.), Epistulae, I, 18, 97)¹
Das Coverbild enthält einen Ausschnitt des Gemäldes Hope
des englischen Malers George Frederic Watts und Assistenten, zweite Version von 1886, [Public domain], via Wikimedia Commons²
Inhalt
Einleitung
Begriffsgeschichte
Der Affekt Hoffnung
2.1. Korrupter Verstand und Narrheit des Herzens
2.2. Brennöl des Geistes und Triebfeder des Handelns
Das Erhoffte
3.1. Irdisches Glück
3.2. Ewiges Leben
Intellektuelle Redlichkeit
4.1. Aufklärung
4.2. Ideologiekritik
Intellektuelle Freiheit
Literaturverzeichnis
Namensindex
Anmerkungen
Einleitung
Kürzlich strahlte die amerikanische Fernsehserie „Dr. Phil Show" den Fall eines Dating Scams aus, wo ein älterer vermögender Herr, Dennis, einer vermeintlich bildhübschen Amerikanerin namens Kimberly Escobar, die angeblich in Südafrika, der Türkei und Amsterdam mittellos gestrandet war, über einen Zeitraum von mehreren Monaten zwischen 2016 und 2017 an die 250000 Dollars per Western Union schickte. Es gab ein böses Erwachen für ihn, als sich herausstellte, dass das Foto einer anderen Person gestohlen war. Der betrogene Mann war ein Opfer seiner Hoffnung geworden. Eine ältere geschiedene Frau schickte mit Hilfe von Geld, das sie von Freunden und Verwandten lieh, sogar fast anderthalb Millionen Dollars zwischen den Jahren 2013 und 2015 an einen Scammer, der sich als Chris Olsen, einen umwerfend gut aussehenden Witwer, Italo-Amerikaner auf Geschäftsreise in Südafrika ausgegeben hatte. Viele dieser Dating Betrüger sind Nigerianer, die online oder sogar per Telefon eine falsche Identität vorgeben und sich rührende Geschichten von mit Geldnot verbundenen Schicksalsschlägen ausdenken.
Auf demselben Prinzip beruhen die Methoden der Telefonmafia mancher Call Centers. Menschen werden angerufen und es wird behauptet, sie hätten zum Beispiel 39000 gewonnen und müssten zwecks Abwicklung der Transaktion 5000 an Bankgebühren vorstrecken. Fällt der Leichtgläubige darauf herein, erhält er einen weiteren Anruf und erfährt, dass es sich um einen Zahlendreher gehandelt und er tatsächlich sogar 93000 gewonnen hätte und daher nochmals eine große Summe im voraus begleichen müsste. Obwohl diese Masche inzwischen schon recht gut bekannt ist, fallen immer noch viele darauf herein.
In vielen Fällen durchschauen die Opfer der Hoffnung die Ausbeutung nicht. Ich traf einmal 1992 in Australien auf eine Rentnerin, die das Land bereiste und in Schlafsälen von Jugendherbergen übernachtete. Das tat sie einerseits um Geld zu sparen, da sie ihre Handelsreisen auf eigene Kosten unternahm, andererseits um so auf mehr potentielle Käufer zu treffen, da sie Diätprodukte einer Firma verkaufte. Triebfeder ihres Handelns war die Aussicht, bei überdurchschnittlicher Verkaufsleistung an der Auslosung für eine einwöchige Reise nach Singapur teilzunehmen.
Eigenes, bearbeitetes Foto
In dem verblüffend ehrlichen Programm dieses Unternehmens hieß es, es