Aufenthaltsverbote als Mittel zur Gefahrenabwehr: Rechtliche Grundlagen, Anwendungsbereiche und Handlungsoptionen für Kommunen
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Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den rechtlichen Grundlagen der Aufenthaltsverbote in Baden-Württemberg, sowie möglichen Anwendungsbereichen. Ziel ist es, durch die Erläuterung der rechtlichen Grundlagen und der Auslegung von unbestimmten Begrifflichkeiten auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite, der Abgrenzung zu weiteren Rechtsgrundlagen, sowie dem Aufzeigen von Anwendungsbereichen die Möglichkeiten und Grenzen der Maßnahmen in Baden-Württemberg seit der Einführung Ende 2008 herauszuarbeiten und die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Erlass aufzuzeigen.
Saskia Schönstein
Die Autorin Saskia Schönstein hat von 2013 bis 2016 ihr Studium "Bachelor of Arts - Public Management" an der Hochschule Kehl absolviert.
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Book preview
Aufenthaltsverbote als Mittel zur Gefahrenabwehr - Saskia Schönstein
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Thema und Zielsetzung der Arbeit
Vorgehensweise
Gefahrenabwehrfunktion
Schutzgüter
Öffentliche Sicherheit
Öffentliche Ordnung
Gefahrenbegriff
Rechtsgrundlagen
Spezialermächtigung - § 27a PolG
Anwendungsbereiche
Platzverweis
Aufenthaltsverbot
Wohnungsverweis, Rückkehr- und Annäherungsverbot
aa) Allgemein
bb) Abgrenzung zum GewSchG
Tatbestandsvoraussetzungen
§ 27a Abs. 1 PolG – Platzverweis
§ 27a Abs. 2 PolG – Aufenthaltsverbot
§ 27a Abs. 3 PolG – Wohnungsverweis, Rückkehr- und Annäherungsverbot
Rechtsfolgenseite
Auslegung der Rechtsfolgen
aa) Rechtsfolge des Platzverweises
aaa) Auslegung der zeitlichen Dimension
bbb) Auslegung der räumlichen Dimension
ccc) Befugnis zur Richtungsanweisung, Entfernungsangabe und Platzanweisung
bb) Rechtsfolge des Aufenthaltsverbotes
aaa) Auslegung der zeitlichen Dimension
bbb) Auslegung der räumlichen Dimension
cc) Rechtsfolge des Wohnungsverweises mit ergänzendem Rückkehr- und Annäherungsverbot
aaa) Auslegung der zeitlichen Dimension
bbb) Auslegung der räumlichen Dimension
Grundrechtseingriffe und Verhältnismäßigkeit
aa) Zu Art. 2 Abs. 1 GG – Freie Entfaltung der Persönlichkeit
bb) Zu Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG – Freiheit der Person
cc) Zu Art. 11 GG - Freizügigkeit
dd) Zu Art. 13 GG – Unverletzlichkeit der Wohnung
ee) Zu Art. 14 GG - Eigentumsgarantie
ff) Sonstige mögliche Eingriffe in Grundrechte
gg) Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen
Adressat der Maßnahmen
Bei Platzverweisen
Bei Aufenthaltsverboten
Bei Wohnungsverweisen, Rückkehr- und Annäherungsverboten
Erlass von Aufenthaltsverboten nach § 27a PolG in Form einer Allgemeinverfügung
Generalklausel - §§ 3, 1 Abs. PolG
Anwendungsbereich der Generalklausel
Anwendungsbereiche im Zusammenhang mit Aufenthaltsverboten
Weitere spezialgesetzliche Rechtsgrundlagen
Formelle Voraussetzungen
Zuständigkeit
Verfahren
Form
Möglichkeiten der Polizei zur Durchsetzung
Anordnung der sofortigen Vollziehung
Zwangsweise Durchsetzung
Durchsetzung durch Gewahrsam
Anwendungsbereiche am Beispiel der Stadt Freiburg i. Br.
Sachliche Anwendungsbereiche
Räumliche Anwendungsbereiche
Zeitliche Anwendungsbereiche
Alternative Maßnahmen und Handlungsoptionen
Alternativen zum Einsatz von Aufenthaltsverboten
Handlungsoptionen für Kommunen
Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A. Einleitung
I. Thema und Zielsetzung der Arbeit
„Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten." Johann Wolfgang von Goethe
Die Aussage des Zitates von Johann Wolfgang von Goethe scheint auf den ersten Blick nicht zur Vorgehensweise in der heutigen Bundesrepublik Deutschland zu passen. Für viele Deutsche ist es mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden, sich überall frei aufhalten zu können. ¹ Durch zahlreiche Grundrechte wird diese Freiheit vor Eingriffen des Staates geschützt, allen voran durch die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, sowie das Recht auf Freizügigkeit gem. Art. 11 Abs. 1 GG. Doch betrachtet man die heutigen Rechtsgrundlagen der Gesetze in Deutschland, stellt man fest, dass der Staat und seine Einrichtungen bei Gesetzesverstößen oder zum Schutz der Allgemeinheit sehr wohl auch heutzutage noch die Möglichkeit haben, aufenthaltsbeschränkende Maßnahmen zu erlassen und somit einer Person das Verlassen einer Gegend anzuordnen. Insb. in den Polizeigesetzen der Länder ist der Einsatz von Aufenthaltsverboten als Maßnahme zur Gefahrenabwehr möglich.²
So führte der baden-württembergische Gesetzgeber mit dem Änderungsgesetz vom 18.11.2008 § 27a PolG ein und normierte so Aufenthaltsverbote als Standardmaßnahmen im PolG. ³ Zuvor wurden diese bereits auf Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel gem. §§ 3, 1 Abs. 1 PolG angeordnet. ⁴ Die Begrifflichkeiten Aufenthaltsverbote als Überbegriff, Verweisungsmaßnahmen oder auch aufenthalts-beschränkende Maßnahmen umfassen vorliegend die folgenden polizeirechtlichen Maßnahmen i.S.d. Legaldefinitionen des § 27a Abs. 1 bis 3 PolG: den Platzverweis (§ 27a Abs. 1 PolG), das Aufenthaltsverbot als Maßnahme gem. § 27a Abs. 2 PolG sowie den Wohnungsverweis mit ggfs. ergänzendem Rückkehr- und Annäherungsverbot (§ 27a Abs. 3 PolG). I. w. S. werden durch die Maßnahmen ein oder mehrere Personen eines Ortes verwiesen und das Betreten des Ortes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes verboten. Die Maßnahmen sind im gegenwärtigen Polizeirecht bedeutende Mittel zur Abwehr von Gefahren für den Einzelnen und die Allgemeinheit⁵. Für den Betroffenen sind sie meist mit gewichtigen grundrechtlichen Einschränkungen verbunden.⁶ Gerade deshalb ist es für die Polizei bedeutend, die rechtlichen Grundlagen, sowie die möglichen Anwendungsbereiche und Grenzen der Maßnahmen zu kennen, um den rechtmäßigen Erlass zu gewährleisten. Durch die Einführung als Standardmaßnahme hat der baden-württembergische Gesetzgeber die Maßnahme zwar genauer geregelt, Tatbestand und Rechtsfolge bedürfen dennoch einer Auslegung. Die Abgrenzung der Maßnahmen in Bezug auf weitere mögliche Rechtsgrundlagen für aufenthaltsbeschränkende Maßnahmen und die Anwendung ergänzender Maßnahmen, wie beispielsweise der Meldeauflage, sind durch die Einführung als Standardmaßnahme rechtlich zu prüfen.
Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den rechtlichen Grundlagen der Aufenthaltsverbote in Baden-Württemberg, sowie möglichen Anwendungsbereichen. Ziel ist es, durch die Erläuterung der rechtlichen Grundlagen und der Auslegung von unbestimmten Begrifflichkeiten auf Tatbestands- und Rechtsfolgeseite, der Abgrenzung zu weiteren Rechtsgrundlagen, sowie dem Aufzeigen von Anwendungsbereichen die Möglichkeiten und Grenzen der Maßnahmen in Baden-Württemberg seit der Einführung Ende 2008 herauszuarbeiten und die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Erlass aufzuzeigen.
¹ Nach Neuner, S. 15.
² Vgl. Schucht, S. 144 ff.
³ Vgl. Trurnit, VBIBW 2009, 205 (205).
⁴ Nach Stephan/Deger, § 27a Rn. 1.
⁵ In Anlehnung an Neuner, S. 15.
⁶ Vgl. Stephan/Deger, § 27a Rn. 1.
II. Vorgehensweise
Zu Beginn der Arbeit wird auf die Gefahrenabwehrfunktion als Aufgabe der Polizei eingegangen. Die Beschäftigung mit dieser, sowie die Auslegung der polizeirechtlichen Schutzgüter und des Gefahrenbegriffes, sind erforderlich für die Betrachtung von polizeirechtlichen Aufenthaltsverboten. Im Kapitel C. wird zum einen geklärt auf welchen Rechtsgrundlagen Aufenthaltsverbote erlassen werden können, zum anderen werden die materiellen Voraussetzungen von Aufenthaltsverboten untersucht. Ein Überblick über den Einsatz der Maßnahmen wird zunächst durch das Aufzeigen von möglichen Anwendungsbereichen aus Literatur und Rechtsprechung gegeben. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf den anschließenden Ausführungen zu den jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen, sowie der Untersuchung der Rechtsfolgenseite von Platzverweisen, Aufenthaltsverboten und Wohnungsverweisen mit Rückkehr- und Annäherungsverboten. In diesem Zusammenhang werden auch mögliche Grundrechtseingriffe geprüft und weitere mögliche Rechtsgrundlagen