Der neue Landdoktor 63 – Arztroman: Auf in eine gemeinsame Zukunft
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Tessa Hofreiter ist in vielen Romangenres mit großem Erfolg aktiv. Einen ihrer zahlreichen Höhepunkte bildete fraglos die Serie um "Das Chateau", die sich um ein französisches Weingut dreht. Immer populärer ist in jüngster Zeit "Der neue Landdoktor" geworden, der den Nerv einer wachsenden Lesergemeinde trifft. Der Stil dieser Schriftstellerin ist unverwechselbar.
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Der neue Landdoktor 63 – Arztroman - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor
– 63–
Auf in eine gemeinsame Zukunft
Aber kann ich mich auf dich verlassen?
Tessa Hofreiter
»Vielen Dank, Frau Kreuzer, dass Sie mich so umfassend über alles informiert haben, was den Trachtenverein betrifft.« Freundlich und bestimmt unterbrach der junge Landdoktor den Redefluss seiner Patientin. »Wenn Sie die Tabletten einnehmen und wie besprochen Ihren Speiseplan ändern, bekommen Sie das lästige Sodbrennen in den Griff.« Unmissverständlich dirigierte er die ältere Frau zur Tür seines Sprechzimmers und verabschiedete sich mit einem festen Händedruck. »Servus, Frau Kreuzer, und gute Besserung.« Er schloss die Tür und ging dann rasch in das Wohnhaus hinüber, an das die bekannte Landarztpraxis angebaut war.
»Mei, heut hat man ja gar nicht in aller Ruhe mit dem Doktor reden können!«, beschwerte sich Ilse Kreuzer bei Gerti, der langjährigen Praxishelferin. »Dabei hätt es noch so viel Interessantes aus dem Trachtenverein zu berichten gegeben. Ich nehme meine Pflichten als Vorsitzende sehr ernst, wie du weißt.«
»Über deine körperlichen Beschwerden hast du aber mit dem Doktor ausführlich sprechen können«, erinnerte Gerti die andere Frau nachdrücklich. Dann warf sie einen langen und deutlichen Blick auf die Uhr, die im Wartebereich hing. Gerti wusste, dass der Landdoktor jetzt einen Termin hatte, der ihm sehr am Herzen lag. Seine beruflichen Verpflichtungen würde er dafür zwar nicht verkürzen, private Gespräche, die nichts mit der medizinischen Versorgung zu tun hatten, schon.
Ilse Kreuzer trat den Rückzug an. »Mei, ich hab halt gar nicht bemerkt, dass es so schon spät ist, die Praxis hat bereits geschlossen. Kein Wunder, dass unser Doktor dann wohl etwas anderes vorhat?«
Die ältere Frau sprach diesen Satz als Frage aus, aber Gerti dachte gar nicht daran, vom Privatleben des Landdoktors zu reden. »Servus, Ilse«, sagte sie nur freundlich und klimperte mit ihrem Schlüsselbund. »Einen schönen Abend für dich.« Sie und ihre Kollegin Caro räumten ihre Arbeitsplätze auf, fuhren die Computer herunter, und die sonst so geschäftige Landarztpraxis wechselte in die Stille des Feierabends hinüber.
Inzwischen saß Sebastian Seefeld auf der Terrasse des weißen Doktorhauses und trank noch rasch eine Tasse Kaffee, ehe er zum Bahnhof aufbrechen musste. Seine Freundin Anna, die Hebamme von Bergmoosbach, reiste in die Schweiz, um dort eine längere Fortbildung zu leiten. Sebastian wollte seine Liebste zum Zug bringen.
Traudel, die gute Seele des Hauses, reichte der jungen Frau ein kleines Päckchen mit liebevoll hergerichtetem Reiseproviant. »Das ist auf jeden Fall besser als das, was du im sogenannten Bistro des Zuges zu haarsträubenden Preisen angeboten bekommst«, sagte sie resolut.
Anna bedankte sich lachend, umarmte die Mitglieder der Doktorfamilie und sagte: »Das ist ja fast so, als ob ich auf eine Weltreise gehe.«
»Nun, meine Welt geht auf Reisen«, flüsterte Sebastian ihr ins Ohr.
Anna hatte Herzklopfen vor Glück bei seinen Worten.
Verliebt machten sich die beiden auf den Weg zu der kleinen Bahnstation von Bergmoosbach, dem beschaulichen Dorf im Allgäu. Der Nahverkehrszug war gerade eingefahren, und die Angekommenen verteilten sich rasch auf dem einzigen Bahnsteig, den Bergmoosbach hatte. Anna und Sebastian tauschten noch einige medizinische Informationen aus, die für die Fortbildung wichtig waren, dann verabschiedeten sie sich zärtlich voneinander, und die Bimmelbahn verließ den kleinen Bahnhof. Er vermisste seine Anna schon jetzt.
Sebastian Seefeld blieb noch für einen Augenblick auf dem Bahnsteig stehen und ließ seinen Blick über die grünen Hügel und das majestätische Alpenpanorama im Hintergrund gleiten. Er lachte leise auf, als ihm plötzlich die Frische und Stille dieses Ortes bewusst wurden. Früher hatte er in der Millionenstadt Toronto gelebt, und die Ruhe hier war etwas, was ihn manchmal immer noch in Erstaunen versetzen konnte. Sein zufriedener Blick glitt über die großen, hölzernen Pflanzkübel, die mit weißen Geranien und leuchtend blauem Männertreu bestückt waren, dann wandte er sich ab, um zurück zum Auto zu gehen.
Plötzlich blieb er stehen und lauschte mit gerunzelter Stirn. Hinter einem der bepflanzten Holzfässer klangen besorgniserregende Laute hervor, jemand keuchte und rang mühsam nach Luft.
Mit drei, vier langen Schritten war er dort und entdeckte eine junge Frau, die dort kniete, die Hände wie hilfesuchend um den Rand des Pflanzgefäßes geklammert. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und sie rang panisch nach Atem.
Sofort kniete er neben ihr, griff nach ihren Schultern und sagte mit freundlicher und gleichzeitig fester Stimme: »Ganz ruhig, wir bekommen das hin. Ich bin Arzt und helfe Ihnen. Nicht kämpfen; versuchen Sie, sich zu entspannen! Wir atmen jetzt zusammen, so, spüren Sie es?«
Erleichtert sah er, dass sich das Flackern von wilder Panik in den Augen der jungen Frau etwas beruhigte, als nach und nach wieder regelmäßige Atemzüge möglich waren. Unmerklich richtete er die junge Frau auf, nahm ihre Schultern zurück und weitete so den Brustraum. Dabei ließ er den intensiven Blick seiner grauen Augen nicht vom Gesicht der Patientin und vermittelte ihr damit das Gefühl von Sicherheit. Der Landdoktor wusste noch nicht, um welche Krankheit es sich bei der jungen Frau handelte, aber er wusste, dass Ruhe und Zuversicht immer ein Heilmittel waren.
»Danke, es geht schon besser«, murmelte die Frau und versuchte aufzustehen.
Sebastian stützte sie behutsam und bemerkte, wie ungewöhnlich fein sich die Schulterknochen unter seinen Händen anfühlten, fast wie die eines Kindes. Als sie nebeneinander standen, sah Sebastian, wie klein und ausgesprochen zart die junge Frau war. Sie ging ihm kaum bis zur Schulter und wirkte äußerst grazil. Ihre halblangen, dunklen Haare hatten einen seidigen Glanz, und in ihrem Gesicht mit den fein gezeichneten Zügen fielen trotz der Erschöpfung die leuchtenden, grau-blauen Augen auf. Er schätzte, dass die junge Frau ungefähr Anfang Dreißig sein mochte.
»Ich bin Sebastian Seefeld und arbeite hier als Landdoktor«, stellte er sich vor. »Ich schlage vor, wir fahren jetzt in meine Praxis, und ich untersuche Sie. Dieser Anfall von Atemnot hat ernst geklungen, das sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
Die junge Frau hatte sich inzwischen wieder gefangen. Sie strich die Haare hinter die Ohren zurück und antwortete mit einem kleinen Lächeln: »Ich heiße Svenja Brehm und bin eben erst mit dem Zug in Bergmoosbach angekommen. Dass mein erster Kontakt der mit einem Arzt sein würde, hatte ich mir so nicht vorgestellt. Aber es beruhigt mich, denn ich habe das Gefühl, mein Medikament wirkt in letzter Zeit immer weniger.«
»Sie sind in Behandlung?«, erkundigte Sebastian sich.
Svenja seufzte. »Ich habe eine Mehlstauballergie entwickelt, gegen die bisher nichts wirklich hilft.«
»Asthmatische Erkrankungen, die wie bei Ihnen durch eine Allergie ausgelöst werden, sind ein schwieriges Thema«, erwiderte Sebastian. »Trotzdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, Ihnen zu helfen. Bitte kommen Sie mit in meine Praxis. Ich möchte Sie untersuchen und Ihnen etwas geben, was zumindest gegen diese akuten Anfälle von Atemnot hilft.«
»Jetzt gleich?« Svenja schaute ihn erstaunt an. »Es ist doch inzwischen Abend, die Praxis muss doch längst geschlossen sein?«
Er schmunzelte und griff nach dem gut gefüllten Seesack, den die junge Frau mit sich herumschleppte. »Ein Landdoktor hat nie wirklich Feierabend.«
»Wenn das so ist, dann komme ich gern mit. So schlimm wie eben waren die anderen Anfälle nicht. und ich möchte das nicht noch einmal erleben, ohne dass ich ein wirksames Medikament bei mir habe«, antwortete Svenja dankbar.
Der Landdoktor schulterte den Seesack und sagte mit einer einladenden Handbewegung: »Bitte hier entlang, mein Wagen steht gleich dort vorn neben den Fliederbäumen.«
»Es muss sehr schön aussehen, wenn sie im Frühling in voller Blüte stehen«, bemerkte Svenja mit einem bewundernden Blick auf die vielen Gehölze, welche den kleinen Bahnhof umgaben. »Das ist ein netter erster Eindruck, den man