Was dürfen Bürgermeister
By Monika Wissmann and Martin Wissmann
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About this ebook
Bürgermeister stehen Verwaltungen vor, repräsentieren die Kommune, deren Bürger sie gewählt haben, und häufig sind sie Aufsichtsratsmitglied eines kommunalen Unternehmens. Öfter als ihnen lieb ist, finden sie sich in der Rolle des Krisenmanagers oder gar des Sanierers. In diesen vielfältigen Funktionen, insbesondere aber als "Entscheidungsträger" wird ein Bürgermeister von vielen umworben.
Die Darstellung soll die notwendige Sensibilität für problematische Konstellationen fördern und Lösungsansätze für Verhaltensregeln geben. Zugleich ist das Handbuch ein Wegweiser für sicheres Verhalten in den vielfältigen Funktionen des Amtes. Das Werk hat Geltung für alle Flächenländer und beinhaltet ein eigenes Kapitel für die Aufsichtsratstätigkeit in kommunalen Unternehmen oder Beteiligungsgesellschaften.
Um gerade auch Bürgermeistern, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen, und Ehrenbeamten einen Einstieg in die Problematik zu ermöglichen, widmet das Buch zunächst drei Kapitel den grundlegenden Themenbereichen. Dies sind erstens der kommunalverfassungsrechtliche, zweitens der dienstrechtliche und drittens der strafrechtliche Handlungsrahmen.
Dem folgen Kapitel zu den, den Bürgermeistern in der Praxis immer wieder begegnenden Spannungsfeldern "Geschenke und Einladungen", "Reisen und Veranstaltungen", "Spenden und Sponsoring", "Nebentätigkeiten", "Aufsichtsratstätigkeiten", "Dienstwagen" und "Wahlkampf".
Das kompetente und praxisnahe Werk eignet sich vor allem für Bürgermeister, Mitglieder kommunaler Vertretungen, Rechtsämter und anwaltliche Praktiker.
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Book preview
Was dürfen Bürgermeister - Monika Wissmann
Wissmann/Wissmann
Was dürfen Bürgermeister
Herausgeber der Reihe
BÜRGERMEISTER
PRAXIS
Karl-Ludwig Böttcher | Städte- und Gemeindebund Brandenburg
Jörg Bülow | Schleswig-Holsteinischer Gemeindetag
Dr. Jürgen Busse | Bayerischer Gemeindetag
Klaus-Ludwig Haus | Saarländischer Städte- und Gemeindetag
Roger Kehle | Gemeindetag Baden-Württemberg
Dr. Gerd Landsberg | Deutscher Städte- und Gemeindebund
Jürgen Leindecker | Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt
Winfried Manns | Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz
Ralf Rusch | Gemeinde- und Städtebund Thüringen
Roland Schäfer | Deutscher- Städte- und Gemeindebund
Karl-Christian Schelzke | Hessischer Städte- und Gemeindebund
Dr. Bernd Jürgen Schneider | Städte- und Gemeindebund NRW
Michael Thomalla | Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpom.
Rainer Timmermann | Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund
Jochen von Allwörden | Städteverband Schleswig-Holstein
Mischa Woitscheck | Sächsischer Städte- und Gemeindebund
Was dürfen Bürgermeister
von
Monika Wissmann
Ministerialrätin im Ministerium für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen
und
Martin Wissmann, LL.M. (Georgetown University)
Rechtsanwalt
2. Auflage
Kommunal- und Schul-Verlag · Wiesbaden
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© Copyright 2010 by Kommunal- und Schul-Verlag GmbH & Co. KG · Wiesbaden
2. Auflage 2013
Alle Recht vorbehalten
ISBN 978-3-8293-1082-6
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsübersicht
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Einführung
1. Der kommunalrechtliche Handlungsrahmen
2. Der dienstrechtliche Handlungsrahmen
3. Der strafrechtliche Handlungsrahmen
4. Spannungsfeld Geschenke und Einladungen
5. Spannungsfeld Reisen
6. Spannungsfeld Spenden und Sponsoring
7. Spannungsfeld Nebentätigkeiten
8. Spannungsfeld Aufsichtsratstätigkeiten
9. Spannungsfeld Dienstwagen
10. Spannungsfeld Wahlkampf
Anhang:
1. Verwaltungsvorschriften in Bund und Ländern
2. Kommunale Ehrenordnungen
3. Kommunale Verwaltungsvorschriften
4. Unzulässige Wahlbeeinflussungen
5. Zulässiges Wahlkampfverhalten
6. Textbausteine zur Ablehnung von Zuwendungen
Stichwortverzeichnis
Vorwort
Dieses Handbuch soll Ihnen als Praktikern eine erste Handreichung zu rechtssicherem Handeln geben. Es greift das Spannungsverhältnis zwischen Amt und Politik, Rat und Verwaltung, Hauptamt und Nebentätigkeiten auf. Im ersten Teil beschreibt es den rechtlichen Handlungsrahmen, im zweiten Teil reflektiert es diesen Handlungsrahmen in praktischen Anwendungsfeldern.
Die Beispielsfälle sind konstruiert. Sie sollen helfen, Bezüge zwischen den Rechtsausführungen und der kommunalen Wirklichkeit herzustellen. Unsere Lösungsvorschläge orientieren sich nicht alleine an der rechtlichen Zulässigkeit, sondern beziehen weitere praxisrelevante Aspekte wie Bürgerfreundlichkeit, Glaubwürdigkeit und die Vielfalt der Rollen ein, in denen Bürgermeister auftreten.
Dieses Handbuch ist kein Ersatz für eine fundierte Rechtsberatung im Einzelfall. Im Gegenteil: Wir greifen Fragen auf, für die es keine einfachen Antworten gibt. Die „richtige oder „vertretbare
Lösung hängt häufig von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Die Beispiele und die dazu vorgeschlagenen Lösungen lassen sich nicht notwendigerweise verallgemeinern. Sie sollen die Grenzbereiche zwischen Zulässigem und Unzulässigem verdeutlichen und Sie für mögliche Fallstricke sensibilisieren.
Das Buch soll dazu ermutigen, sich in Zweifelsfällen Rat zu suchen. Niemand erwartet, dass Sie die häufig komplexen Fragestellungen alleine lösen. Gut beraten ist, wer sich guten Rat und gute Ratgeber holt, sei es über das eigene Rechtsamt oder extern. Nicht ohne Grund wächst auch im öffentlichen Bereich das Interesse an „Compliance" im Sinne einer systematischen Organisation und Vorsorge für die Einhaltung von Rechtsvorschriften. Diesbezügliche Regeln müssen – da sie ein allgemeines Regelwerk darstellen – eher konservativ sein; Grenzgänge oder Grauzonen können und müssen im Einzelfall beurteilt werden.
Die anzuwendenden Rechtsgrundlagen und die Rechtsprechung befinden sich in ständiger Fortentwicklung. Die zweite Auflage des Buches berücksichtigt den Stand bis Ende Juni 2011 einschließlich des am 1. 11. 2011 in Kraft getretenen Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes. Die Entscheidung des OVG NRW zu den Dortmunder Wahlprüfungsbeschlüssen wurde noch kurz vor Drucklegung eingearbeitet. Rechtsprechung, die mit Datum und Aktenzeichen angegeben ist, ist i. d. R. nach Juris Langtext zitiert.
Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle Herrn Bürgermeister a. D. Klaus Müller, der uns mit seiner langjährigen Erfahrung als Rechtsamtsleiter, Stadtdirektor und Bürgermeister der Stadt Iserlohn beratend zur Seite gestanden hat.
November 2011
Die Autoren
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Beckmann, Martin/Wittmann, Antje, Das Recht auf Wahrheit bei der Kommunalwahl, NWVBl. 2010 S. 81ff.
Burgi, Martin (Hrsg.), Sponsoring der öffentlichen Hand, Baden-Baden 2010
Engelbrecht, Knut, Grenzen staatlicher und kommunaler Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfzeiten und darüber hinaus, KommPWahlen 2011 S. 2ff.
Fischer, Strafgesetzbuch, Kommentar, 56. Auflage, 2009
Gärditz, Klaus Ferdinand, Wissenschaftliche Nebentätigkeiten im Beamtenrecht, ZBR 2009 S. 145ff.
Gehrmann, Philipp/Lammers, Lutz, Kommunale Zinsswapgeschäfte und strafrechtliches Risiko, KommJur 2011 S. 41ff.
Glass, Tino, Kommunale Zinsswapgeschäfte vor den Berufungsgerichten – Zinsoptimierung oder Glücksspiele mit „gezinkten Karten"?, 21. 2. 2011, http://www.ewerk.hu-berlin.de/node/3536
Gramke, Jürgen (Hrsg.), Kodex zur Abgrenzung von legaler Kundenpflege und Korruption, Düsseldorf 2010 (kurz: Ampelpapier)
Held, Friedrich Wilhelm/Becker, Ernst/Decker, Heinrich/Kirchhof, Roland/Krämer, Franz/Wansleben, Rudolf, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, Band 1: Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblatt, Stand November 2011
Kalbfell, Carl-Gustav, Politische Korruption auf kommunaler Ebene?, Dissertation, Saarbrücken 2009
Kallerhoff, Dieter, Verstöße gegen Wahlrechtsgrundsätze im Wahlkampf, KommP spezial 2/2009
Kleerbaum, Klaus-Viktor/Palmen, Manfred, Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, Kommentar für die kommunale Praxis, 1. Auflage, Münster 2008
Mansdörfer, Marco, Die Vermögensgefährdung als Nachteil im Sinne des Untreuetatbestandes, JuS 2009 S. 114
Mansdörfer, Marco, Amtsuntreue bei kommunaler Verwaltungs- und Wirtschaftstätigkeit, DVBl 2010 S. 479ff.
Meyer, Gert, Untreuehandlungen im Rahmen kommunaler Aufgabenerfüllung, KommJur 2010 S. 81ff.
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Rehn, Erich/Cronauge, Ulrich/von Lennep, Hans Gerd/Knirsch, Hanspeter, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Loseblatt Stand November 2009
Schäfer, Roland/Roreger, Bernd, Kommunale Aufsichtsratsmitglieder: Rechte, Pflichten, Haftung, Strafbarkeit, Bonn 2003
Schneider, Bernd Jürgen (Hrsg.), Handbuch Kommunalpolitik Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 2004
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Schürnbrand, Jan, Public Corporate Governance Kodex für öffentliche Unternehmen, ZIP 2010 S. 1105
Schütz/Maiwald, Joachim (Hrsg.) Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Gesamtausgabe Kommentar, Loseblatt Stand November 2009
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Tadday, Heinz/Rescher, Ronald, Das Beamtenrecht in Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Loseblatt, Stand Januar 2010
Wind, Ferdinand/Schimana, Rudolf/Wichmann, Manfred/Langer, Karl-Ulrich, Öffentliches Dienstrecht, 5. Auflage, Stuttgart 2002
Winkelbauer, Wolfgang/Felsinger, Martin/Dannecker, Gerhard, Gemeinnützig oder strafbar?, Stuttgart 2003
Einführung
Vor der Frage „Was darf der Bürgermeister?" steht zunächst die Frage „Was soll der Bürgermeister?" oder vielmehr „Was wird von ihm erwartet?"
Die Bürger erwarten, dass ihr Bürgermeister Repräsentant der Gemeinde ist und Garant dafür, dass ihr Gemeinwesen sich selbstverwaltet entwickeln kann. Er soll Ansprechpartner für lokale Belange sein, jemand, der Leben und Engagement in der Gemeinde fördert. Er soll die Fäden in der Hand halten, in der Vertretung mit einer Vielzahl von Parteien und Gruppierungen arbeiten und zu guten Ergebnissen kommen sowie dafür Sorge tragen, dass mit Steuergeldern sorgsam umgegangen wird.
Er ist Verwaltungschef, Vorstand des „Konzerns Stadt". Seine Aufgabe ist es, mit immer knapperen Ressourcen das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Häufiger als ihm lieb ist, findet er sich in der Rolle des Krisenmanagers oder gar des Sanierers. Er trägt Verantwortung für eine große Zahl von Mitarbeitern, ist Dienstvorgesetzter, Disziplinarvorgesetzter und Personalentwickler. Seine Mitarbeiter erwarten Fairness und Führungsstärke.
Als Entscheidungsträger wird ein Bürgermeister von vielen umworben. Zugleich soll er sicherstellen, dass seine Verwaltung rechtmäßig und „sauber" ist. Alle Bürger wollen zu ihrem Recht kommen; unabhängig von Geldbeutel, gesellschaftlicher Stellung oder Parteizugehörigkeit.
Kein Bürgermeister kommt aus dem „Nichts". Er ist Parteimitglied, Kandidat einer durchsetzungsstarken Wählergruppe oder hat als unabhängiger Kandidat eine ausreichende Zahl von Anhängern gewonnen.
In dieser Vielfalt an Rollen wird täglich Entscheidungsfreude, Führungsstärke, Fachkompetenz, Integrität und Bürgernähe erwartet. Gerecht werden kann dem nur, wer seine Handlungsmöglichkeiten kennt. Dieses Buch will solche Optionen aufzeigen. Zugleich ist es ein Wegweiser für authentisches Verhalten in den vielfältigen Funktionen des Amtes. Den maßgebenden Handlungsrahmen stellt das Rechtssystem zur Verfügung, das dem Bürgermeister über eine demokratische Wahl eine Machtposition auf Zeit verliehen hat. Diesen rechtlichen Handlungsrahmen reflektiert dieses Buch in typischen Spannungsfeldern des Berufes.
Folgende Hinweise dienen dem besseren Verständnis beim Lesen:
Die nachstehenden Ausführungen sollen Bürgermeisterinnen, Bürgermeister, Oberbürgermeisterinnen oder Oberbürgermeister gleichermaßen ansprechen. Um der besseren Lesbarkeit willen wird in diesem Handbuch durchgängig nur der Titel „Bürgermeister" verwendet. Der Begriff umfasst auch die weiblichen Amtsinhaber. Die kommunalen Vertretungskörperschaften, die in den Gemeindeordnungen als Rat, Gemeinderat, Gemeindevertretung, Stadtrat, Rat der Stadt, Gemeinderat, Stadtvertretung oder Stadtverordnetenversammlung bezeichnet sind, werden unter dem Sammelbegriff „Vertretung" erfasst. Im Rahmen der praktischen Beispiele wird von „Rat" und „Ratsmitgliedern" gesprochen.
Soweit landesrechtliche Vorschriften relevant sind, orientiert sich die Darstellung vorrangig an dem in Nordrhein-Westfalen geltenden Recht. Auf die Rechtslage in anderen Flächenländern wird so weit wie möglich Bezug genommen. Eine umfassende Darstellung aller Landesrechte hätte den Rahmen dieses Buches gesprengt.
1. Der kommunalrechtliche Handlungsrahmen
Die Ausgestaltung der Kommunalverfassungen ist Ländersache. Die kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen für Bürgermeister sind daher unterschiedlich. Die nachfolgenden Eckpunkte des Handlungsrahmens finden sich jedoch in allen Gemeindeordnungen.
1.1 Direktwahl
Bürgermeister werden unmittelbar von den Bürgern ihrer Gemeinden gewählt. Glaubwürdigkeit und Bürgernähe sind folglich die zentralen persönlichen Eigenschaften für das Amt des Bürgermeisters.
1.2 Information, Kommunikation und Transparenz
Glaubwürdigkeit und Bürgernähe lassen sich nur über Information und Kommunikation erreichen. Der Transparenzgedanke ist ein Leitprinzip aller Gemeindeordnungen.
Ein zentrales Beispiel sind die Vorschriften zur Unterrichtung der Einwohner. Die Gemeindeordnungen verpflichten den Bürgermeister oder die Vertretung zur Einberufung von Bürger- oder Einwohnerversammlungen zur Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten. Manche Gemeinden nutzen neben den pflichtigen Versammlungen auch innovative Veranstaltungsformen zum direkten Dialog mit den Bürgern. So hat die Stadt Nürnberg für das Jahr 2011 eine Serie mobiler Bürgerversammlungen aufgelegt, in denen der Oberbürgermeister sowie Referenten, Stadträte und Vertreter der Stadtverwaltung per Fahrrad Landschaftsräume in Nürnberg erkunden. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen teilzunehmen und mit zu diskutieren.
Der Bürgermeister hat im Rahmen der Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung die Pflicht, die Gemeindebevölkerung laufend über Verwaltungsvorgänge von allgemeinem Interesse zu unterrichten. Neben den klassischen Informationskanälen (Presseamt, Behördenwegweiser, Sprechstunden, Bürgertelefon) sind weit gefächerte Online-Angebote zum Standard geworden. Sie werden zunehmend interaktiv gestaltet, indem sie in einem vorgegebenen Bereich die Äußerung von Ideen, Anregungen und Kritik ermöglichen (vgl. hierzu http://www.viernheim.de/Beschwerden-Fragen-Hinweise.formularmeinung.0.html; http://www.geseke.de/buergerservice/sp_auto_10.php; http://www.gescher.de/form/index.php?menuid=163&topmenu=163&keepmenu=inactive; http://www.arnsberg.de/informationen/online-buergerservice.php). Weitere Regelungen, die auf Transparenz zielen, sind die Informationsfreiheitsgesetze verschiedener Länder. Deren erste Generation hat ihre Bewährungsprobe hinter sich. Ihre Schlagkraft zeigt sich beispielhaft an einer Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen, die einem Journalisten einen Informationsanspruch nach § 4 IFG NRW zu einem kommunalen Cross-Border-Leasing-Vertrag zusprach (OVG NRW, Beschluss vom 3. 5. 2010, 13a F 31/09, NWVBl. 2010 S. 479ff.). Dem Anspruch konnte nach Auffassung des Gerichts weder entgegengehalten werden, dass der Antragsteller nicht im Gemeindegebiet wohnte, noch, dass der streitgegenständliche Vertrag eine Vertraulichkeitsklausel enthielt. Das Gericht betrachtete den Antragsteller als Sachwalter der Allgemeinheit, deren gesetzlich geschütztes Interesse an einer Verbesserung der Verwaltungskontrolle im Sinne von Transparenz im konkreten Fall schwerer wiege als der Schutz eventueller Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Im Rahmen von Evaluationen und Novellierungen verschiedener Informationsfreiheitsgesetze zeichnet sich inzwischen eine Entwicklung zur Open-Data-Politik ab, die eher von einer Bringschuld der Verwaltung als von einer Holschuld der Bürger ausgeht. Teilweise setzen Kommunen dieses Prinzip bereits im Vorgriff auf gesetzgeberische Entwicklungen um. So gewährt die Landeshauptstadt Düsseldorf in ihrem Internetangebot über eine alphabetisch sortierte „Stichwortliste zum Informationsfreiheitsgesetz" Zugang zu einer Fülle kommunaler Themen (http://www.duesseldorf.de/datenschutz/informationsfreigesetz/stichwort.shtml).
Gegenstand gesetzlicher Informationspflichten kann auch die Amtsausübung oder die Ausübung von Nebenämtern und Nebentätigkeiten des Bürgermeisters sein. So verpflichtet das nordrhein-westfälische Korruptionsbekämpfungsgesetz Bürgermeister einmal jährlich zur Veröffentlichung ihrer Beraterverträge sowie ihrer Mitgliedschaften in Aufsichtsräten, Organen privatrechtlicher Unternehmen, Vereinen und vergleichbaren Gremien (§ 17 KorruptionsbG NRW). Die dafür gezahlten Vergütungen müssen in Nordrhein-Westfalen aufgrund des 2009 erlassenen Transparenzgesetzes zum Teil von den betreffenden Gesellschaften bzw. Anstalten des öffentlichen Rechts offen gelegt werden (GV. NRW. S. 950).
Das Transparenzprinzip sollte angesichts dieses hohen Stellenwertes auch unabhängig von konkret normierten Rechtspflichten ein Leitprinzip der Amtsausübung von Bürgermeistern sein.
1.3 Amt auf Zeit
Alle Bürgermeister sind Wahlbeamte auf Zeit. Dienstherr des Bürgermeisters ist die Gemeinde. Zu ihr steht er in einem beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, das den dienstrechtlichen Handlungsrahmen bestimmt.
Im Gegensatz zu Lebenszeitbeamten ist ein Wahlbeamter auf Zeit nicht dauerhaft beruflich abgesichert. Eine längerfristige berufliche Karriere als Bürgermeister bedarf des wiederholten Gewinnens von Wählermehrheiten. Dadurch können Abhängigkeiten von unterstützenden Parteien, Gruppen und Personen entstehen. Ein Bürgermeister kann deshalb in Interessenkonflikte und Spannungsfelder geraten, mit denen ein Lebenszeitbeamter nicht konfrontiert ist. Neben der Frage nach dem zulässigen Auftreten im Wahlkampf stellt sich die Frage nach dem Verhalten gegenüber Personen und Institutionen, von denen sich der Bürgermeister eine Unterstützung verspricht, sei es für eine Wiederwahl oder sei es für einen beruflichen Neueinstieg nach Beendigung des Bürgermeisteramtes.
Die Wahlzeiten der Bürgermeister sind in den meisten Gemeindeordnungen von den Wahlzeiten der Vertretungen abgekoppelt. Dies stärkt die unabhängige Stellung des Bürgermeisters als eigenständiges Organ der Gemeinde neben der häufig als „Hauptorgan" bezeichneten Vertretung. Abweichend hiervon gilt das Prinzip der verbundenen Wahl grundsätzlich in Bayern und im Saarland (Art. 41 bis 44 GLKrWG; § 56 Abs. 1 Satz 1 KSVG) sowie für die ehrenamtlichen Bürgermeister in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.[¹] In Nordrhein-Westfalen ist in dem 2010 geschlossenen Koalitionsvertrag der regierungstragenden Fraktionen die Rückkehr zu verbundenen Wahlen geplant.
1.4 Doppelfunktion als Repräsentant und Verwaltungschef
Der Bürgermeister ist in fast allen Gemeindeordnungen das zweite zentrale Leitungsorgan neben der Vertretung, meist in der Doppelfunktion als Vertreter der Gemeinde nach außen und Verwaltungschef nach innen. Eine Ausnahme bildet Hessen mit dem kollegial organisierten Gemeindevorstand als zweitem Hauptorgan. Jedoch kommt auch dort dem Bürgermeister als Vorsitzendem des Gemeindevorstandes mit der Befugnis zur Abgabe von Erklärungen in dessen Namen sowie der Befugnis zur Geschäftsverteilung und der Leitung der Verwaltung eine zentrale Stellung zu (§§ 70, 71 HGO).
Von Land zu Land unterschiedlich geregelt ist die Verzahnung mit der Vertretung. In den meisten Ländern ist der Bürgermeister Vorsitzender der Vertretung. Anders ist dies in Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie für hauptamtlich verwaltete Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.[²]
1.5 Bindung an Beschlüsse der Vertretung
Aufgrund seiner Vertretungsbefugnis kann der Bürgermeister rechtswirksame Erklärungen für die Gemeinde abgeben. Er kann rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde von großer Tragweite eingehen, die unter Umständen noch lange nach Beendigung seiner Amtszeit nachwirken.
Die Reichweite der Vertretungsbefugnis nach außen ist keineswegs deckungsgleich mit der Handlungsbefugnis des Bürgermeisters. Diese unterliegt Bindungen im Innenverhältnis. Immer ist zu prüfen, ob einer Handlung oder Erklärung des Bürgermeisters ein Beschluss der Vertretung entgegensteht oder ob sie eines vorherigen Beschlusses bedarf.
1.6 Kompetenzverteilung zwischen Vertretung und Bürgermeister
Für die Kompetenzverteilung zwischen Vertretung und Bürgermeister gilt als Grundprinzip die Allzuständigkeit der Vertretung. Ein bestimmter Katalog von Kompetenzen ist den Vertretungen durch die jeweiligen Gemeindeordnungen ausschließlich zugewiesen. Sie können nicht auf ein anderes Gemeindeorgan übertragen werden. Hierzu gehören der Erlass von Satzungen einschließlich der Haushaltssatzung, die Wahlen von Beigeordneten oder die Festlegung allgemeiner Grundsätze, nach denen die Verwaltung geführt werden soll. Kompetenzen, die der Vertretung nicht ausdrücklich gesetzlich vorbehalten sind, können auf den Bürgermeister bzw. in Hessen auf den Gemeindevorstand (§§ 50, 51 HGO) übertragen werden. In Niedersachsen kann der Hauptausschuss die Zuständigkeit für Angelegenheiten, die nicht in die ausschließliche Ratskompetenz fallen, auf den Bürgermeister übertragen (§ 76 Abs. 5 NKomVG).
Eine eigenständige und im Kern unentziehbare Entscheidungskompetenz kommt dem Bürgermeister nach allen Gemeindeordnungen für folgende Bereiche zu:
– Organisation der Gemeindeverwaltung und Geschäftsverteilung,
– Personalentscheidungen,
– Geschäfte der laufenden Verwaltung,
– Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung,
– Vorbereitung und Ausführung von Beschlüssen der Vertretung oder – in Hessen – von Beschlüssen des Gemeindevorstands,
– Widerspruch und Beanstandung gegen Beschlüsse der Vertretung, die das Recht verletzen oder das Wohl der Gemeinde gefährden,
– Eilentscheidungen gemeinsam mit einem Mitglied der Vertretung, wenn Zeitverzug zu erheblichen Nachteilen für die Gemeinde führen kann.
Je nach Ausgestaltung der Kommunalverfassung haben die Vertretungen teilweise Zugriff auf diese Kernkompetenzen des Bürgermeisters.
So sind teilweise wichtige Personalentscheidungen wie Ernennungen, Einstellungen und Entlassungen von Gemeindebediensteten der Vertretung zugeordnet oder bedürfen deren Zustimmung (vgl. § 24 Abs. 2 GemO BW; § 29 Abs. 3 Satz 3 ThürKO). In anderen Gemeindeordnungen ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die Vertretung sich über eine Hauptsatzungsregelung Personalentscheidungen vorbehält (vgl. § 62 Abs. 3 BbgKVerf; § 73 Abs. 3 GO NRW).
In Nordrhein-Westfalen kann der Rat über ein so genanntes Rückholrecht sogar einen bestimmten Kreis von Geschäften