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Die Schwerter des Herzogs
Die Schwerter des Herzogs
Die Schwerter des Herzogs
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Die Schwerter des Herzogs

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Heinrich der Löwe ist neben Kaiser Friedrich Barbarossa eine der bekanntesten historischen Figuren des Hoch-Mittelalters. Beide kannten einander seit frühester Jugend und ihre gemeinsamen Abenteuer, die dieser Roman schildert, sind zwar bis auf den wahren historischen Kern des Ringens um die Grafschaft von Stade erfunden, hätten sich aber auch genauso abspielen können. Schon mit sechzehn Jahren hatte der jugendliche Herzog von Sachsen einen gut ausgeklügelten Plan, das Amt des Grafen von Stade zu bekommen und damit Kontrolle über den Norden seines Landes. Auch wenn hier aus dramaturgischen Gründen das Finale der Handlung erfunden ist, weil die historischen Quellen über Heinrichs politische Winkelzüge dürftig sind, am Schluss triumphierte Heinrich der Löwe beim Ringen um die Grafschaft Stade über Erzbischof Adalbero von Bremen. In dürren Worten lässt sich das in jedem besseren Geschichtsbuch nachlesen. In diesem Roman werden durch die Handlung um Hermann vom Spiegelberg, dem treuen Vasall des Löwen, seiner romantischen Liebe zu Silke von Udon und nicht zuletzt durch Friedrich Barbarossa Hintergründe für ein literarisches Gemälde der Zeit geschaffen, denen die Welfen wie die Hohenstaufen ihr Siegel aufprägten. Da der Roman ursprünglich zur 1000-Jahrfeier der Stadt Stade geschrieben wurde, musste der historische "Tag von Ramelsloh" in diese Stadt verlegt werden. In der Handlung werden auch die Zustände geschildert, wie sich das Leben in jenen Tagen in einer kleinen Stadt tatsächlich abspielte. Bauern, Bürger und die Fischer von Stade haben ihren Anteil an der Handlung. Und mit ihrer einfachen Denkungsweise und dem Kehdinger Dialekt bringen sie auch eine gehörige Portion Humor mit in die Handlung. R. W. Michael ist sehr oft in Stade gewesen und hat in den Stadtarchiven die wahren historischen Hintergründe dieser Stadt erforscht.
LanguageDeutsch
Release dateJul 31, 2017
ISBN9783960680758
Die Schwerter des Herzogs

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    Die Schwerter des Herzogs - Rolf Michael

    Die Schwerter des Herzogs

    Die Schwerter des Herzogs

    Historischer Roman

    von

    Rolf Michael

    Mondschein Corona – Verlag

    Bei uns fühlen sich alle Genres zu Hause.

    Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

    1. Auflage

    Erstauflage Mai 2017

    © 2017 für die Ausgabe Mondschein Corona

    Verlag, Plochingen

    Alle Rechte vorbehalten

    Autor: Rolf Michael

    Lektorat/Korrektorat: Edwin Sametz

    Grafikdesigner: Finisia Moschiano

    Buchgestaltung: Finisia Moschiano

    Umschlaggestaltung: Finisia Moschiano

    ISBN: 978-3-96068-075-8

    © Die Rechte des Textes liegen beim

    Autor und Verlag

    Mondschein Corona Verlag

    Finisia Moschiano und Michael Kruschina GbR

    Teckstraße 26

    73207 Plochingen

    www.mondschein-corona.de

    Inhaltsverzeichnis

    Blutgericht in Dithmarschen

    Begegnung im Moor

    Ränkespiele

    Am Hof des Königs

    Vor dem Sprung

    Die Falle an der Weser

    Eine Siedlung an der Schwinge

    In der Schenke 'Zum Thorhammer’

    Der Tag von Stade

    Die Stunde der Bewährung

    Der weiße Ritter

    Was es noch zu sagen gibt ...

    Blutgericht in Dithmarschen

    Im lauen Herbstwind weht der Hauch des Todes. Welkes Laub zerbröselt knirschend unter den Hufen des kleinen Fuchswallachs, der Hermann vom Spiegelberg mit sicherem Tritt über die unsicheren Knüppeldämme des Moores trägt. Mit verhängtem Zügel gönnte der jugendliche Reiter mit den meerblauen Augen und dem schulterlangen Blondhaar seinem erschöpften Tier eine kurze Rast. In der Ferne konnte er bereits das Ziel seiner Reise erspähen. Ein trutziger Wehrbau, der in jenen Tagen noch weit im Landesinnern liegt.

    Wo in späteren Jahren die Stadt Meldorf in Dithmarschen liegt, ragen heute, im Jahre des Herrn 1144, die grauen Mauern einer düsteren Burg mit grauschwarzen Mauern und hohen Wehrtürmen aus dem Flachland der Marschen. Im milden Schein der Nachmittagssonne glänzen die Zinnen und auf der Höhe des Bergfriedes dreht sich die Wetterfahne. Die Wehrgänge auf den Mauern übersteigen die Höhe von mehr als zehn Metern, und ein lanzenwurfbreiter Graben sichert das Bollwerk gegen den Stolz der trotzigen und immer unruhigen Landbevölkerung von Dithmarschen.

    Nur schwer tragen die Bauern dieses Landes am Joch der Unfreiheit. Seit der helle Christ den Sieg über Wotan und die alten Götter des Nordens errungen hatte, liegen die Bauern immer mehr unter den Gewalten der weltlichen Mächte und der Kirche. Schon in den Tagen des großen Karls wurde ein „Geraff" in Dithmarschen eingesetzt.

    Ursprünglich war der „Geraff oder „Graf ein Richter des Frankenkönigs, der einmal im Jahr unerkannt durch das Land ritt, sich die Beschwerden der Bevölkerung anhörte und dann so Recht sprach, dass auch die Bannerherrn des Volkes vor den Richterstuhl gerufen wurden, wenn sie ihren Hörigen Unrecht taten.

    Doch Karl der Große ist lange tot und die Zeiten haben sich gewandelt. Der Graf ist nun der vom König eingesetzte Zwingherr, der von den Bauern die Abgaben für das Reich eintreibt und dafür sorgt, dass er selbst einen größeren Anteil einstreichen kann als er an die Pfalz sendet, in der sich der König mit seinem Hofstaat gerade aufhält.

    In den Tagen der alten Götter waren die Bauern frei auf eigener Scholle, sie nur dem Bannerherrn des Gaus Abgaben zahlten. Dafür hatte dieser Bannerherr eine starke Truppe von Kriegern, die im Fall von Gefahr durch Feinde sofort ausrücken und kämpfen konnte, während der Bauer weiter auf seinen Feldern arbeitete. Und die auch die Jagd auf das Wild der Wälder unternahm, das sonst diese Felder leer gefressen hätte.

    Doch dann kam der Tag, dass die schlauen Priester des neuen, lichthellen Christusgottes den Königen und Fürsten klarmachten, dass es eins der oberen Gebote des Christentums war, dass sich jedermann willig und ohne zu murren derGewalt der Herrschenden beugen soll. So jedenfalls predigten es die Priester im Auftrage des Landesherrn von der Kanzel.

    Die Bauern von Dithmarschen wurden zwar auch unter das Kreuz gezwungen und nahmen schon vor mehr als zweihundert Jahren die christliche Lehre an, aber sie unterwarfen sich nur schwer unter der eisernen Faust der Grafen von Stade, die im Auftrage des Königs mit gnadenloser Härte das Land regierten.

    Geschwungene Schwerter und zum Schlag erhobene Äxte beugten zwar äußerlich den Nacken eines Dithmarscher Bauern, doch das Feuer der Freiheit in seiner Seele zu löschen, das vermochten sie nicht.

    Ist vielleicht auch jenseits des Elbestromes in Kehdingen das Innere der Menschen von der milden Lehre des Christentums verwandelt - hier im Grenzland zwischen den alten Sachsengauen und der See-Dänen Reich haust ein zäher Menschenschlag, der außer einem Gott im Himmel keine Macht über sich anerkennen will.

    Männer und Frauen, die so hart sind wie das Land, das sie den stets drohenden Gewalten der Natur zum Trotz bebauen. Hier in den Marschen lebt man nach den eisernen Gesetzen aus den Tagen der Urväter, in denen die Ehre mehr gilt als das Leben. Stets bedroht von eisigen Winterstürmen, verheerenden Unwettern und alles vernichtenden Sturmfluten fügen sich die Menschen in ein eisernes Band von Sippe und Volk, das über sich einst nur die alten Götter des Nordens duldete. Den Glauben an Donar, den gewaltigen Donnerer und Wotan, den geheimnisvollen Wanderer, hat auch das Wasser der widerwillig genommenen Taufe nicht hinwegwaschen können.

    Besonders bedrückt es die Dithmarscher Bauern, dass sie keine eigene Grafschaft bilden, sondern dem Königslehen von Stade untertan sind. Seit dem Jahre 1062 nach der Geburt des Erlösers ist das Amt der Grafen von Stade in der Hand des uralten Geschlechts der Udonen. Die Familie wird so genannt, weil der Erstgeborene meist den Namen Udo führt. Eine harte Sippe, in der man selbst das Leben der engsten Verwandten nicht achtet, wenn es um die Erweiterung des Reichtums und der Macht geht.

    Obwohl die Udonen im Lande mehr gefürchtet werden als der Zorn Gottes, zeichnet sich der jetzt regierende Graf Rudolf, der zweite seines Namens, gegenüber seinen Amtsvorgängern mit beispielloser Härte und Grausamkeit aus. Das Kerngebiet seiner Herrschaft dehnt sich zu beiden Seiten der Unterelbe und umfasst neben Dithmarschen besonders das Land Kehdingen mit der aufstrebenden Gemeinde Stade. Dieser Gemeinde hat Kaiser Konrad II. aus dem Hause der Salier Anno Domini 1032 die Marktrechte verliehen, und zum heutigen Tag zählt sie nun ungefähr tausendsechshundert Einwohner.

    Doch außer der Stadt Stade gibt es überall im sächsischen Einflussgebiet noch Städte und Landstriche, die zum Lehen des Stader Grafen gehören und die Grundlage seines Einflusses und seiner Reichtums sind. Selbst die weltliche Regierungsgewalt der Stadt Bremen untersteht dem Herrn von Stade. Auch wenn diese Gewalt praktisch von dem wie ein weltlicher Landesfürst regierenden Erzbischof der Stadt ausgeübt wird, weil der geistliche Herr nun mal seinen Wohnsitz in Bremen hat.

    In Stade selbst ist Graf Rudolf nur sehr selten anzutreffen. Die im Schutz einer wehrhaften Burg aufblühende Siedlung mit den fast natürlichen Hafenanlagen ist von hinreichendem Mauerwerk umgeben und kann dem Angriff von Feinden widerstehen. Das pulsierende Zentrum aufstrebenden Handels und Handwerks in Norddeutschland wird zusammen mit dem die Stadt umgebenden Kehdinger Land im Auftrage des Grafen von Hermanns Vater regiert.

    In jenen Tagen residiert der alte Kunz vom Spiegelberg als gräflicher Vogt auf der Stader Burg, die von einem sanft ansteigenden Hügel herab den Hafen zur Linken und die Stadt zur Rechten bewacht. Und die Mönche des ungefähr einen Tagesmarsch zu Fuß von Stade entfernt liegenden Klosters Harsefeld sorgen mit ihren Predigten dafür, dass die Kehdinger Moorbauern und Torfstecher ihr karges Los in christlicher Demut annehmen.

    Dazu kommt, dass Kunz vom Spiegelberg, in seiner Eigenschaft als Vogt die oft grausamen Befehle und Anweisungen seines Herrn so gut es geht abmildert, und zudem den Stolz der Stader Bürger, wie auch der Kehdinger Fischer und Moorbauern respektiert.

    Da das Kehdinger Land offensichtlich ruhig ist, hatte Graf Rudolf die Mellburg als seine ständige Residenz mitten im Herzen von Dithmarschen zu einer fast uneinnehmbaren Zwingfestung ausbauen lassen. Und hier haust er die meiste Zeit des Jahres, um die ewig unruhigen Bauern dieses Landes zu knechten und mit eiserner Gewalt niederzuhalten.

    Wer die Befehle des Grafen nicht wie die Worte eines Gottes achtet, spürt seinen gnadenlosen Zorn. In den Türmen und Verliesen der Mellburg dämmern Bauern und Handwerker, die ihre Abgaben nicht zahlen konnten und sich vor dem Grafen auf ihre angestammten Rechte beriefen, einem ungewissen Schicksal entgegen.

    Die Urteile fällt Graf Rudolf nicht nach allgemeinem Landesrecht, sondern nach eigenem Ermessen. Und so sehen die Landleute von Dithmarschen in ohnmächtigem Zorn, dass man immer mal wieder einen oder mehrere der Unglücklichen auf der Mauer der Burg öffentlich aufhängt, oder unter dem Hohngelächter des grausamen Landesherrn mit einem Stein um den Hals von den Wehrgängen herab stößt, damit sie im trüben Wasser des Burggrabens ertrinken.

    Oft genug hatte Hermann vom Spiegelberg grausige Schauspiele dieser Art mit ansehen müssen, und die Nägel seiner geballten Fäuste gruben sich dabei schmerzhaft ins Fleisch seiner Handballen. Aber er, der einfache Knappe, hat keine Möglichkeit, den armen Menschen zu helfen. Es steht dem Sohn eines Dienenden nicht zu, die Handlungen des Landesherrn zu kritisieren. Und es ist ihm sogar verwehrt, beim Grafen um ihr Leben zu bitten.

    Wer einmal ein Ritter werden will, der hat frühzeitig zu lernen, seine Gefühle im Zaum zu halten. Graf Rudolfs Wort ist Gesetz. Und der Tod eines Bauern ist für den Herrn der Grafschaft Stade eine bedeutungslose Angelegenheit.

    „Wenn sich Aufruhr in meinem Herrschaftsgebiet erhebt, dann lasse ich wahllos zehn Bauern aufhängen und das Land ist wieder ruhig!", hat Hermann Graf Rudolf bei einem wüsten Gelage einmal sagen hören.

    Den Sitten seiner Zeit entsprechend lebt Hermann vom Spiegelberg seit seinem siebenten Lebensjahr am Hofe Rudolfs von Udon. Denn die Ausbildung zum Ritter wird nicht vom eigenen Vater durchgeführt, und Kunz vom Spiegelberg rechnet es sich als hohe Ehre an, dass sein Sohn am Hofe des Grafen zum Ritter erzogen wird, der ihm Burg und Marktflecken Stade zu Lehen gegeben hat.

    Dennoch ist Hermann immer froh, wenn er für wenige Tage im Jahr sein Pferd satteln kann, um auf der andren Seite der Elbe in Stade seine Eltern zu besuchen. Hier fühlt er sich innerlich und äußerlich frei. Im Umfeld des grausamen Grafen, wo man jedes Wort sorgsam abwägen muss, um nicht den Zorn des hohen Herrn zu erregen, fühlt er sich wie ein Vogel im Käfig. Ein Käfig, um den eine Katze schleicht.

    Bis zu seinem vierzehnten Geburtstag hat Hermann der Burgherrin als Page gedient. Gräfin Clementine hat ein sanftes, liebreizendes Wesen und versucht, die Grausamkeiten ihres Eheherrn so gut als möglich abzumildern. Von ihr lernte der zukünftige Ritter die Grundregeln des höfischen Benehmens und wurde auch in der Kunst der Dichtung und des Gesangs unterwiesen.

    Benedikt, der alternde Burgkaplan, unterwies Hermann neben den religiösen Dingen im Lesen und Schreiben sowie in den Grundarten des Rechnens. Bei diesem Unterricht war auch Silke, die mit Hermann fast gleichaltrige Tochter des Burgherrn anwesend.

    Der alternde Geistliche lehrte die beiden jungen Menschen auch die Grundbegriffe der lateinischen Sprache und wurde nicht müde, ihnen Geschichten aus den Tagen der Vorfahren zu erzählen oder aus uralten Folianten vorzulesen. Dabei zog es Hermann vor, Ereignisse aus den alten Chroniken des Sachsenlandes zu hören und etwas vom Kampf Herzog Widukinds gegen den großen Kaiser Karl zu erfahren. Silke dagegen interessierte sich mehr für die Erzählungen aus der Bibel und für das Leben der christlichen Heiligen.

    Zwischen Hermann und Silke ist im Verlauf der Jahre eine kindliche Freundschaft gewachsen. Doch endete diese Kinderfreundschaft an jenem Tage, als Hermann vom Spiegelberg sein vierzehntes Lebensjahr und damit seine Pagenzeit vollendete.

    Denn jetzt wurde der Ritter sein Lehrer. Aber Rudolf übertrug diese Aufgabe an Wulf Cohnen, den altersgrauen Waffenmeister der Burg. In den Adern des alten Kämpfers floss das Blut norwegischer Wikinger, und man wollte gehört haben, dass er den Namen des Gottes Odin als Schlachtruf im Gefecht brüllte. Mit grimmiger Freude übernahm es der alte Krieger, den wohlbehüteten Pagen mit dem rauen Leben eines Knappen vertraut zu machen.

    Doch von Anfang an wich Hermann vom Spiegelberg den Mühen und Strapazen der Kampfausbildung nicht aus. Schon in der Kindheit hatte er seinen Körper im eiskalten Wasser des Burggrabens von Stade abgehärtet. Und als Page hatte er nicht nur höfisches Benehmen und Minnegesang gelernt, sondern auch zu reiten, den Speer bei der Jagd treffsicher zu werfen und den Bogen zu spannen. Die harten Waffenübungen kamen dem Bewegungsdrang seines heranwachsenden Körpers nur entgegen. Und jeden Übungskampf mit stumpfen Waffen, den er mit seinem Waffenmeister jetzt austrägt, betrachtet der junge Knappe als persönliche Herausforderung.

    Von Tag zu Tag stiegen Hermanns Kraft und Ausdauer. Der jetzt achtzehnjährige Jüngling erwies sich alle Tage als gelehriger und wissbegieriger Schüler in allen Arten des ritterlichen Kampfes.

    Wulf Cohnens Augen leuchten in heimlicher Freude, wenn er durch das gestürzte Helmgatter den Junker Spiegelberg mit dem stumpfen Übungsschwert auf sich zukommen sieht. Und oft genug hat der alte Krieger alle Mühe, mit dem leichten Lindenschild die hageldicht fallenden Schläge seines jungen Schülers aufzufangen oder mit der Klinge zu parieren.

    Einst wird Hermann ein Meister des Schwerttanzes sein und damit seine Schwäche mit der Lanze zu Pferde wettmachen. Denn obwohl der junge Spiegelberg mit harter Hand und scharfem Sporn selbst dem wildesten Friesenhengst seinen Willen aufzwingt, zieht er den Nahkampf mit Schwert, Morgenstern oder Streitaxt dem Lanzenstoß vor.

    Obwohl Hermann in aller Heimlichkeit noch oft an Silke, die Gespielin seiner Kindertage denkt, verbietet es nun die gute Sitte, sich der Tochter des Grafen zu nähern. Grinsend bemerkt Wulf Cohnen den Blick des zum Manne werdenden Knappen auf dem grazilen Körper des Mädchens, dessen erwachende Weiblichkeit von der einfachen Leinenkleidung des Alltags mehr betont als versteckt wird. Einige harte Hiebe mit dem Übungsschwert reissen den Jüngling dann aus seinen Tagträumen wieder zurück in die Wirklichkeit. Der Schmerz der Treffer ist trotz des Kollers aus Büffelleder zu spüren.

    „Sieh nicht hin und reiss deine Gedanken an sie aus dem Herzen!", raunte ihm der alte Cohnen einmal heimlich zu. „Trotz seiner edlen Abstammung ist dein Vater als Vogt von Stade ein Ministeriale. Und dem Sohn eines Dienenden wird der mächtige Graf die Hand seiner Tochter niemals gewähren. Bedenke, Rudolf von Udon gebietet über ein Königslehen, dass fast so groß ist wie ein Herzogtum. Da stehen andere Freier mit edleren Ahnen und vor allem mit größerem Besitz vor der Tür.

    Schön Silke wird einmal an einen Edlen verschachert, der mit üppigen Ländereien und geballter Macht tüchtigen Kriegsvolkes den Reichtum ihres Vaters mehrt! Vergiss das Mädchen. Mit dem Willen ihres Vaters wirst du sie niemals heimführen können. Trage es, wie ein Mann sein Schicksal tragen muss."

    Obwohl diese Worte im Innern Hermanns wie glühendes Eisen brannten, weiß er doch, dass sie der alte, ehrliche Krieger nicht böse meinte, sondern dass er in seiner Lebensweisheit mit dem gesagten Recht hat.

    „Nur tapfere Taten in den Augen eines Fürsten können dich über deinen Stand erheben, mein Sohn!, klangen die Worte des Vaters in Hermanns Ohr, dem er von den Worten des Waffenmeisters erzählte, ohne den Grund zu nennen. „Werde ein rechtschaffener Kriegsmann und Ritter und geh an den Hof des Kaisers ...!

    „Um an seiner Seite ins Land Italia zu reiten und dort dem Papst gegen den aufständischen Adel von Rom oder gegen die mächtigen Städte der Lombardei Kriegsdienst zu leisten? Oder bei einem Kreuzzug die Muselmanen zu töten, nur weil sie einen anderen Glauben haben?, fuhr Hermann dem Vater erregt ins Wort. „Ich meine, wir haben hier im Norden selbst genug zu tun, als dass wir an des Kaisers Seite im Welschland Kriege führen. Das wilde Dänenvolk ist für uns eine größere Bedrohung als die unbeugsamen Dithmarscher Bauern. Noch vor hundertundfünfzig Jahren fuhren die Schiffe der Wikinger die Elbe stromaufwärts und brannten Stade bis auf die Grundmauern nieder.

    „Die Dänen sind heute Christen!", versuchte Kunz seinen Sohn zu beruhigen.

    „Das waren sie damals schon, als sie hier einfielen und alles verheerten!, fiel ihm Hermann ungestüm ins Wort. „Vierzig Jahre vorher hatten die Dänen unter König Harald Blauzahn die Lehre der Liebe und Vergebung angenommen. Aber in Stade und im ganzen Kehdinger Land haben die dänischen Wikinger gehaust wie in den Tagen, als sie Odin und die Götter von Asgard verehrten!

    Hermann spülte seinen aufkommenden Zorn mit einigen Schluck Bier aus dem Humpen aus Eichenholz herunter. „Die Nordmark unseres Sachsenlandes gilt es zu verteidigen, statt vor den Toren der Romaburg die Waffen zu schwingen, ereiferte er sich dann. „Stade ist ein aufstrebendes Gemeinwesen und schon fast eine Stadt zu nennen. Der Tag ist sicher nicht fern, wo sie einmal die Beutegier fremder Eroberer reizen wird. Denn wer Stade und das Kehdinger Land in seinem Besitz hat, schneidet das Herzogtum Sachsen vom Meer ab!

    „Du bist gut unterrichtet, mein Sohn", brummte der alte Kunz und strich sich wohlgefällig den Bart. Der Junge hatte tatsächlich einen Weitblick für die große Politik.

    „Aber außer der Verteidigung des Landes gibt es hier noch eine andere Aufgabe, die wichtiger ist, als für Kaiser oder Papst mit dem Schwert die Blutarbeit zu verrichten! ereiferte sich Hermann weiter. „Jenseits der Elbe, im Land der heidnischen Wenden, wartet viel Land darauf, von tüchtigen sächsischen Bauern unter den Pflug genommen zu werden! Wir brauchen Platz zum Siedeln für unsere starken Sippen. Und mit Gottes Hilfe werden wir die heidnischen Wenden und Slawen über die Oder drängen!

    „Du redest ... wie unser junger Herzog!", stieß Kunz vom Spiegelberg erstaunt hervor. „Еben solche Worte hörte ich den Knaben Heinrich reden, als ich im

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