Vertrauen: Finden, was mich wirklich trägt
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About this ebook
Vertrauen ist die Grundlage von Offenheit, Entspannung und einem guten Selbstwertgefühl. Dabei gibt es drei Formen, die sich ergänzen: Vertrauen in uns selbst, in andere Menschen und in das Leben. Wie wir sie entwickeln können und dabei Herz und Verstand verbinden, zeigt dieses Buch mit Anregungen zum Nachdenken und vielen praktischen Übungen. So können wir lernen, mit entspannter Zuversicht durchs Leben zu gehen.
Sylvia Wetzel
Sylvia Wetzel ist Publizistin und eine der bekanntesten buddhistischen Lehrerinnen im deutschsprachigen Raum. Mit ihren kulturkritischen und feministischen Ansätzen ist sie eine Pionierin im Bereich des westlichen Buddhismus. Sie ist Mitbegründerin der Buddhistischen Akademie Berlin-Brandenburg und integriert in ihren zahlreichen Büchern, Vorträgen und Kursen die Erkenntnisse der westlichen Psychologie und Philosophie mit den Einsichten der buddhistischen Weisheit. Mehr Informationen und www.sylvia-wetzel.de
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Book preview
Vertrauen - Sylvia Wetzel
1
Drei Dimensionen von Vertrauen
»Mangelndes Vertrauen ist nichts als
die Ursache von Schwierigkeiten.
Schwierigkeiten haben ihren Ursprung
in mangelndem Vertrauen.«
Lucius Annaeus Seneca
Was ist Vertrauen?
Wenn wir uns selbst und anderen Menschen einigermaßen vertrauen, kommen wir ziemlich weit, und vermutlich leben wir dann ein einigermaßen gutes Leben. Wir wissen, dass wir in einem bestimmten Bereich mit unserem Tun etwas bewirken können, und fühlen uns ziemlich geborgen mit vertrauten Menschen. Das hilft uns, das alltägliche Auf und Ab zu verarbeiten und nicht zu verzweifeln, wenn Dinge schieflaufen oder wir in Konflikte mit anderen geraten.
In ernsthaften Lebenskrisen – schwere Krankheit, schmerzhafte Trennung, Verlust des Arbeitsplatzes oder der beruflichen Perspektive, der Tod naher Menschen u. Ä. – kann es sein, dass uns auch eine zuversichtliche Lebenseinstellung, nahe Menschen und unsere vertraute alltägliche Welt nicht wirklich trösten können. Sie sind und bleiben wichtig, doch manchmal verzweifeln wir. Wir fragen uns, was dieses ganze Leben soll. Wenn langjährige Freundschaften und Zweierbeziehungen und scheinbar stabile Lebensverhältnisse zerbrechen, geht uns auf, dass wir das Leben nie völlig in den Griff bekommen werden, auch dann nicht, wenn wir fast alles »richtig« machen. Was kann uns in solchen Momenten tragen? Meine Mutter und Großmutter konnten noch mit tiefster Zuversicht sagen: »Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt.« Es gab Zeiten, da habe ich sie um diese Zuversicht beneidet.
Wenn alle Stricke reißen und der Boden unter unseren Füßen ins Wanken gerät, brauchen wir Vertrauen ins Leben, dann brauchen wir das, was religiöse Menschen Gottvertrauen nennen. Letztlich ist es ziemlich gleichgültig, wie wir das, was uns dann trägt, bezeichnen. Die Menschen haben im Laufe der kulturellen Entwicklung unterschiedliche Bilder und Metaphern gefunden, um das Unfassbare, das uns alle trägt, zu beschreiben. Wir nennen es Gott oder Kosmos, Natur oder Leben. Im indischen Kulturkreis nennen sie es Brahman oder Buddha-Natur und im alten China die unauflösbare Verbindung von Himmel, Erde und Mensch. In den letzten Jahren höre und lese ich häufiger: das, was größer ist als wir.
Vertrauen hat viele Dimensionen und entsprechend viele Bedeutungsnuancen. Sprachlich verwandt sind »sich trauen« und »Zutrauen« und umgangssprachlich »Traute haben«, im Sinne von Selbstvertrauen und Mut. Eine Grundbedeutung ist »treu«, auch »fest und sicher sein, hoffen und glauben« und »teuer, tapfer, fest«. Manche Sprachforscher sehen eine Verbindung zu Holz und Baum und davon abgeleitet die Bedeutung »fest wie Holz oder wie ein Baum«. Auch der Begriff »Trauung« für die Heiratszeremonie oder die alten Begriffe »Angetraute, Angetrauter« für Ehefrau und Ehemann erinnern uns an den Mut, den es braucht, sich einem anderen Menschen »anzuvertrauen«, sich auf andere zu beziehen und zuzulassen, dass andere sich auf uns beziehen. Worauf beruhen diese unterschiedlichen Arten des Vertrauens und wie entstehen sie? Wie können wir sie stärken? Das ist meine Leitfrage für dieses Buch.
Die Wortfamilie von Vertrauen hat etwas mit Mut und mit Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten zu tun und mit der Hoffnung auf Sicherheit und der Hoffnung auf stabile Beziehungen zu anderen. Das deckt zwei der zentralen Dimensionen von Vertrauen ab: Selbstvertrauen und Vertrauen in andere. Die dritte Dimension – Vertrauen ins Leben oder Urvertrauen, religiöse Menschen nennen es Gottvertrauen – wird, hoffentlich, spürbar, wenn man im Laufe des Lebens schmerzhaft erlebt, dass Selbstvertrauen und Vertrauen in andere Menschen nicht ausreichen. Denn wir können und wissen nicht alles und schätzen uns und andere auch häufig falsch ein, und da die anderen Menschen genauso fehlbar und unvollkommen sind wie wir selbst, können sie unsere Erwartungen enttäuschen.
Drei Dimensionen von Vertrauen
Urvertrauen, Gottvertrauen oder Vertrauen ins Leben
Vertrauen in andere Menschen
Selbstvertrauen oder Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit
Selbstvertrauen und Vertrauen zu anderen
Aus Sicht der Entwicklungspsychologie steht Selbstvertrauen am Ende einer gelungenen Kindheit. Wenn das stimmt, dann lautet die Reihe: Urvertrauen, Vertrauen auf andere und schließlich Selbstvertrauen. Und das bleibt nur stabil, wenn wir auch die anderen beiden Arten von Vertrauen spüren und zulassen können. Am Anfang des Lebens steht vermutlich ein unspezifisches, vielleicht einfach organisches Vertrauen ins Leben. Ein Urvertrauen, ein tiefes und letztlich unfassbares Vertrauen des Fötus und dann des Neugeborenen ins Leben, denn sonst würde sich wohl »niemand« trauen, das schützende Paradies des Mutterleibes zu verlassen. Viele Psychologen gehen davon aus, dass auch eine sanfte Geburt eine relativ schwierige, wenn nicht sogar traumatische Erfahrung ist. Aus dem Paradies des »ozeanischen Gefühls« der Geborgenheit in der Mutter herauszufallen können wir dann verkraften, wenn wir den Menschen vertrauen können, die uns nach der Geburt (hoffentlich) liebevoll versorgen und unsere Entwicklung mit Interesse und Wertschätzung begleiten.
Auch wenn niemand perfekte Eltern hat, scheint bei den meisten Kindern genug Vertrauen auf diese ersten Bezugspersonen zu entstehen, dass wir unendlich viel lernen können. In sicherer Nähe zum »Mama-Knie«, wie meine Schülerin Lily Besilly es 2015 in einem Kurs nannte, riskieren wir die ersten selbständigen Schritte, und unser Leben lang basteln wir uns menschliche, emotionale, geistige und spirituelle »Mama-Knies«, die uns einigermaßen Sicherheit geben, wenn wir nicht weiterwissen. Entwicklungspsychologisch betrachtet, manifestiert sich