Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn: Romantische Erzählung / Romantische Erzählung, Teil 4 (Kapitel 76-100)
Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn: Romantische Erzählung / Romantische Erzählung, Teil 4 (Kapitel 76-100)
Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn: Romantische Erzählung / Romantische Erzählung, Teil 4 (Kapitel 76-100)
Ebook449 pages6 hours

Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn: Romantische Erzählung / Romantische Erzählung, Teil 4 (Kapitel 76-100)

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Liebe und Liebesverrat, Haß, Intrige, Giftmord, Entführung und zum Schluß ein Happy End - Frankenburgs Roman läßt kein Spannungselement aus. Das ideale Lesefutter für aufregende Stunden. Dies ist Teil 4 von 8 Teilen (insgesamt über 3.000 Seiten!)
LanguageDeutsch
Release dateSep 1, 2018
ISBN9783921249505
Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn: Romantische Erzählung / Romantische Erzählung, Teil 4 (Kapitel 76-100)

Read more from Robert Frankenburg

Related to Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn

Related ebooks

General Fiction For You

View More

Related articles

Reviews for Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Käthchen von Heilbronn / Das Käthchen von Heilbronn - Robert Frankenburg

    Kapitel

    Dem Tode geweiht

    »In meiner Brust, da sitzt ein Weh, 

    Das will die Brust zersprengen, 

    und wo ich steh’ und wo ich geh’, 

    Will’s mich von hinnen drängen!«

    Stolz und ruhig wie ein Schwan teilte das Schiff die Wogen des Ozeans und verfolgte still seine Bahn.

    Köstlicher Sonnenschein lag auf dem silbernen Wasserspiegel und verbreitete eine blendende Helle, sodaß der blasse Jüngling, der dort, starr in die Fluten blickend, am Mastbaum lehnte, geblendet die Augen schloß.

    Wie lag die Welt, nach der er sich oft in der trostlosen Einsamkeit auf der Toteninsel gesehnt, doch nun so lockend vor ihm – und jetzt graute ihm davor, in das Leben zu treten, das ihm nun wie eine unerträgliche Last erschien; er hätte sich am liebsten mit all’ seinem Leid wieder hingeflüchtet zu den öden Felsen, die sein Glück geschaut und wo er es begraben hatte.

    Ein bitteres Lächeln irrte um seinen Mund.

    Wie nichtig war doch alles Wünschen und Hoffen des menschlichen Lebens – ein einziges Unglück, ein Fehlschlag seiner Hoffnungen und der stolze Bau erträumten Glückes stürzt in ein Nichts zusammen, unter seinen Trümmern all’ die Gedanken, die Hoffnungen eines Menschenlebens begrabend.

    Was blieb ihm nun noch zu hoffen und zu wünschen – nichts!

    Und könntet Ihr Berge versetzen – und hättet der Liebe nicht – so wäret Ihr nichts!

    Das war’s, was jetztdie Seele des trauernden Jünglings erfüllte und ihn so trostlos elend machte. –

    Hinter ihm lag das Grab seiner Hoffnungen, seines höchsten Glückes und vor ihm – ein Leben ohne Liebe!

    Aufstöhnend vergrub er sein Gesicht in den Händen.

    »Helena«, flüsterten seine zuckenden Lippen.

    Da schlich der alte Carol zu ihm heran und erzählte dem Schmerzversunkenen von der herrlichen Welt, der sie jetzt entgegen eilten, von Reichtum und Macht.

    Er schilderte ihm das neue Leben in den verlockendsten Farben und pries beredt das Glück, daß sie aus der trostlosen Einöde gerettet worden waren.

    Regungslos lauschte der Jüngling des Alten Worten, und als er geendet hatte, hob Roland langsam den müden, todtraurigen Blick zu ihm auf und schüttelte trostlos den Kopf, als wenn er sagen wollte:

    »Warum, o warum gibst Du mir statt Brot – einen Stein? Verlange ich nach den Freuden des Lebens? Verkümmert mein Herz nicht ohne den Sonnenschein der Liebe?«

    Verstand der alte Mann diesen hoffnungslosen Blick?

    Als keine Antwort erfolgte, wandte er sich seufzend ab und der Jüngling starrte wieder düster aufs Meer hinaus.

    Was kümmerte ihn die Welt – ihm konnte sie keine Freude bringen!

    Mit sorgenvollem Blick betrachtete Carol seinen Schützling von fern.

    War der Schleier, der sich über seinen Geist gelegt hatte, noch immer nicht gewichen?

    Die Blicke der Schiffsleute hingen voll Scheu an dem blassen, stillen Jüngling, er erschien ihnen fast wie ein höheres Wesen, zumal er nur selten zu ihnen sprach, wie er sich überhaupt fast ängstlich von allen fernhielt.

    Geschah es aber, daß er einmal das Wort an sie richtete, dann sah er, wie sie ehrfurchtsvoll sich vor ihm neigten, wie ein Wink seiner Hand oft genügte, daß sie wetteiferten, seinen Willen zu vollführen.

    Ehrerbietig traten sie zur Seite, wenn er kam, aller Augen hingen an ihm, als sei er der Führer des Schiffes und dies seltsame Wesen der Leute, das ihm unerklärlich war, ihn befremdete, ließ ihn noch stiller und zurückhaltender werden, ihm war das alles so fremd.

    Auch Carol war jetzt anders zu ihm, die frühere Vertraulichkeit war gänzlich geschwunden, auch er bediente sich jetzt eines unterwürfigen Tones, wenn er zu dem Jüngling sprach.

    Seitdem sie das Eiland verlassen hatten, war etwas Seltsames über den Alten gekommen, er hatte nirgends Ruh.

    Mitten im Gespräch brach er plötzlich ab, sein Gesicht wurde fahl und er senkte lauschend den Kopf, während sich in seinen Zügen geheime, stumme Angst verriet, und gar oft sah ihn Roland heimlich im Kielraum verschwinden und längere Zeit drunten verweilen.

    Eines Tages, als Carol wieder einmal neben Roland auf Deck gesessen und auf ihn eingesprochen hatte, ohne von dem Jüngling eine Antwort erhalten zu haben, verfiel er in stilles Grübeln.

    Roland betrachtete ihn nachdenklich, wie sehr der alte Ohm sich doch verändert hatte! Er glich einer Ruine, die jeden Tag zusammenzustürzen drohte.

    Früher hätte er vielleicht Mitleid mit dem Alten gehabt – doch jetzt empfand er eine innere, geheime Scheu vor ihm, die er sich selbst nicht zu denken vermochte.

    Plötzlich schrak Carol empor. Einen scheuen Blick auf Roland werfend, eilte er plötzlich von dannen, wieder in den Kielraum hinab.

    Kopfschüttelnd blickte der Jüngling ihm nach – was hatte der Alte nur immer dort unten zu suchen?

    Carol war hastig die kleine, nach unten führende Treppe hinabgestiegen und eilte nun durch einen halbdunklen Gang nach den hinteren Räumen.

    Dort öffnete er eine kleine Tür und trat in einen dämmrigen Raum, den er sorgfältig hinter sich schloß.

    Auf einem Lager ruhte die abgezehrte Gestalt eines jungen Mädchens, das bei seinem Eintritt müde den Kopf hob. Sie ließ ihn gleich darauf wieder sinken und starrte dann gleichgültig vor sich hin.

    Carol betrachtete sie aufmerksam und es blitzte seltsam in seinen Augen auf.

    Zum Mörder hatte er an ihr nicht werden wollen, obgleich ihr Tod ihn aus aller Angst und Qual befreit haben würde.

    Er hatte sie nur Roland aus dem Wege schaffen wollen und ihm gesagt, sie sei tot.

    Um sie nicht aus der Toteninsel verhungern zu lassen, hatte er sie heimlich, ehe Roland wieder zur Besinnung gekommen war, nach dem Kielraum bringen lassen und hielt sie nun hier wie eine Gefangene, vor aller Augen verborgen.

    Doch was sollte nun aus ihr werden?

    Wenn er sie mit nach der Heimat nahm, dann konnte sie doch leicht wieder Rolands Weg kreuzen, und das durfte nie und nimmer geschehen, sie mußte tot für ihn bleiben.

    Wo es galt, im Interesse des Meisters zu handeln, da blieb sein Herz kalt und gefühllos, und während jetzt sein Blick starr auf der Leidensgestalt ruhte, jubelte es leise in ihm auf:

    »Du wirst bald der Sorge, sie mit Dir nehmen zu müssen, überhoben sein, denn sie ist eine Braut des Todes!«

    Als wenn Helena ahnte, welch’ unheilvolle Gedanken die Seele des Alten erfüllten, blickte sie jetzt scheu und furchtsan zu ihm auf.

    »O, könnt’ ich doch sterben!« klang es leise, in herzzerreißendem Jammer von ihrem Mund.

    Carol zuckte betroffen zusammen und wandte schnell das Gesicht zur Seite, als könne er so seine Gedanken vor ihr verbergen.

    »Wozu denn sterben?« sprach er ausweichend. »Bald werdet Ihr die Heimat wiedersehen und wieder Freude am Leben empfinden!«

    »Die Heimat – o heilige Mutter Gottes«, stammelte sie entsetzt, während ein Ausdruck irrer Angst in ihren Zügen lag. »Mein Gott«fuhr sie atemlos fort, »was soll ich denn dort, dann wird doch die Verfolgung und der Haß meines Oheims von neuem beginnen!«

    Schaudernd vergrub sie das Gesicht in den Händen.

    Der Alte starrte sie ratlos an – gewiß, für sie war der Tod nur eine Erlösung.

    Plötzlich stieß Helena einen qualvollen Schrei aus.

    Sie sprang, nach Atem ringend, empor und taumelte ein paar Schritte vorwärts.

    »Ich ertrag’s nicht mehr«, keuchte sie, »ich muß hier unten ersticken! Laßt mich hinaus, ich will Luft und Licht haben, sonst muß ich elend verkümmern!«

    Sie hatte die Tür aufreißen wollen, doch schon im nächsten Augenblick stand Carol mit angstverzerrten Zügen neben ihr und riß sie zurück.

    »Seid Ihr von Sinnen«, rief er zornig, »Ihr müßt hierbleiben!«

    Sie starrte ihn entsetzt, fassungslos an.

    »Und weshalb haltet Ihr mich hier gefangen? Weshalb soll ich nicht das Tageslicht schauen? Carol«, stieß sie plötzlich jäh emporfuhrend hervor, indem sie den todesgeängstigten Blick auf ihn heftete, »wie, wenn Ihr mich täuschtet – wenn Roland nicht tot, sondern am Leben wäre –«

    Wie von einer Natter gebissen, taumelte der alte Mann zurück.

    Da umklammerte sie voll heißer Angst seinen Arm–

    »Sprecht, redet – was verheimlichet Ihr mir – ist Roland wirklich tot?«

    »Er ist tot, sage ich Euch«, klang es dumpf von seinem Mund.

    Sie taumelte mit angstvollem Schrei zurück.

    »Weshalb haltet Ihr mich dann zurück, daß ich meiner Qual ein Ende mache?« rief sie mit irrglühendem Blick. »Der Schmerz um Roland bringt mich noch von Sinnen, ich fühle mich elend und krank, mir graut vor der Heimkehr, o Himmel, so laßt mich doch sterben!«

    Mit einer Kraft, die man ihrer zarten Gestalt gar nicht zugtraut hätte, stieß sie den Alten zurück und flog der Tür zu.

    Beinahe wäre es ihr geglückt, den Riegel zurückzuschieben, aber schon war Carol hinzugesprungen und hielt sie mit eiserner Umklammerung fest.

    »Zurück«, keuchte er; schon der Gedanke, daß sie hinaufeilen könnte und Roland sehen, machte ihn vor Angst fast sinnlos – »Ihr bleibt hier!«

    Er wollte sie zurückreißen, doch die Verzweiflung trieb das arme Geschöpf zum Äußersten.

    Sie suchte sich seiner Umklammerung zu entringen und die Tür doch noch zu erreichen.

    Ihre Qual war so groß, daß sie nur noch einen Gedanken hatte – den Tod in den Wellen zu suchen.

    Ein wildes Ringen begann.

    Es kostete den Alten furchtbare Anstrengung, das zarte Mädchen zurückzuhalten, das sich wie eine Rasende geberdete.

    Sie stieß einen geltenden Schrei aus, als sie, nach längerem Ringen, nicht von ihm loskommen konnte, und sank endlich, aufs Äußerste ermattet, einer Ohnmacht nahe, zu Boden.

    Carol stutzte, er hörte im gleichen Augenblick auf Deck lebhaftes Hin– und Herlaufen.

    Sollte man Helenas Schrei gehört haben?

    Angstschweiß trat auf seine Stirn.

    Noch einen düsteren Blick auf die Unglückliche am Boden werfend, trat er hinaus und schloß die Tür hinter sich ab.

    Er eilte den Gang zurück und eben im Begriff, die Treppe hinaufzusteigen, sah er plötzlich – Roland vor sich stehen.

    Mit einem leisen Ruf der Bestürzung fuhr er zurück.

    »Wo kommt Ihr her, Ohm, was war das für ein seltsamer Schrei dort unten?« fragte er in herrischem Ton, den er bisher noch nie gegen den alten Mann gebraucht hatte.

    Carol starrte ihn totenbleich an, die Zunge schien ihm gelähmt zu sein.

    Er schlug die Augen vor Rolands durchdringendem Blick scheu zu Boden.

    »Kommt, laßt uns nachsehen, was es gewesen ist!« sprach der Jüngling gebieterisch.

    Da kam plötzlich Leben in Carols Gestalt.

    Jenem hastig den Weg vertretend, stieß er heiser hervor:

    »Die Mühe kannst Du Dir sparen, hier unten ist nichts geschehen! Einen Schrei hab’ ich nicht gehört, vielleicht ist’s eine Seemöve gewesen, die übers Wasser flog!«

    Dabei drängte er hastig vorwärts, daß Roland die Treppe hinaufsteigen sollte, doch dieser blieb noch immer lauschend stehen.

    »Nein, nein«, murmelte er erregt, »das war nicht der Schrei eines Vogels, sondern eines Weibes Stimme, die kläglich um Hilfe rief. Wir wollen doch lieber unten nachsehen, Ohm, ruft den Kapitän, er soll sofort die unteren Räume öffnen lassen, ich will mich selbst davon überzeugen!

    Dem Alten standen die hellen Schweißtropfen auf der Stirn.

    Es lag etwas so Gebieterisches in dem Tone des Jünglings, das keinen Widerspruch duldete.

    Er mußte sich fügen!

    Während die Angst ihm fast der Sinne beraubte, eilte er auf Deck, nur um Zeit zu gewinnen und eine Ausrede ersinnen zu können.

    Er stöhnte laut auf bei dem Gedanken, daß Helena aus ihrer Ohnmacht erwachen und abermals um Hilfe rufen könnte.

    Und Roland befand sich unten in dem Gang, ihr so nahe – o Himmel, jeden Augenblick konnte das Gefürchtete eintreten.

    Oben stieß er auf den Kapitän, der atemlos daherkam.

    Er wollte ihn um Rat bitten, doch der alte Seemann war zu sehr erregt, um auf ihn zu hören, und rief ihm atemlos zu:

    »Gott sei uns gnädig – ein furchtbares Unwetter naht, ein schwerer Sturm ist im Anzug!«

    Dabei eilte er auch schon an ihm vorüber, seine Vorbereitungen gegen die drohende Gefahr zu treffen.

    Der alte Carol stand wie gelähmt – was nun?

    Ein Gedanke durchzuckte ihn plötzlich.

    Er stieg die Treppe hastig wieder hinab und fand Roland richtig schon den halbdunklen Gang entlangtastend.

    Als dieser ihn kommen hörte, kehrte er schnell um und fragte:

    »Nun, Ohm, bringt Ihr die Schlüssel? Wo ist der Kapitän?«

    »Roland«, rief der Alte keuchend, »komm’ schnell mit hinauf – ein furchtbares Unwetter ist im Anzug. Der Kapitän ist in großer Unruhe, er kann nicht herunterkommen, er muß jetzt auf seinem Posten bleiben!«

    Das lenkte den Jüngling in der Tat sogleich ab.

    »Ein Sturm, sagt Ihr, Ohm? Das muß ich sehen!«

    Dabei eilte er auch schon die Treppen hinauf.

    Carol triumphierte, diesmal hatte er gewonnen.

    Hastig schlüpfte er wieder in den Gang hinein und wälzte mehrere große Ballen von den aufgestapelten Waren vor die Tür der Unglücklichen, damit der Eingang nicht gleich zu sehen war.

    Den Schlüssel trug er ja bei sich in der Tasche und nun stieg er ruhiger die Treppe hinauf.

    In dieser kurzen Zeit hatte sich das Bild hier oben vollständig verändert.

    Der Tag schien zur Nacht zu werden, so sehr verdunkelten die Wolkenmassen den Himmel.

    Dazu brauste jetzt ein orkanartiger Sturm daher, unheimliches Sausen und Brausen erfüllte die Luft und auch das Wasser hatte eine unheimlich dunkle Farbe angenommen.

    Carols erster Blick suchte seinen Schützling.

    Er sah Roland drüben an dem Mastbanm lehnen, mit ernsten Augen das seltsame Naturschauspiel betrachtend.

    Wie viel älter und gereifter er in der letzten Zeit geworden war!

    Mit Absicht hielt sich der Alte von ihm jetzt fern.

    Die Aufregung der nun folgenden Stunden ließ auch jedweden anderen Gedanken zurücktreten vor dem einen – wie würde dieser furchtbare Sturm vorübergehen?

    Immer gewaltiger türmten sich die Wogen auf, immer mächtiger brauste der gewaltige Sturmwind daher und warf das Schiff wie eine Nußschale auf der großen Wasserfläche hin und her.

    Die ersten Wellen wälzten sich über Bord, so heftig stürmten die Wassermassen daher und bald sah es die Mannschaft an dem ernsten, bleichen Gesicht ihres Führers, daß ihre Lage gefährlich zu werden drohte.

    Der dichte Nebel, der sich noch zu dem Sturm gesellte, machte die Gefahr noch größer. Wie leicht konnte man dabei auflaufen oder mit einem anderen Schiff zusammenstoßen!

    Roland starrte unbeweglich in das Unwetter hinaus – das Deck hatte geräumt werden müssen, nur der Jüngling stand unbeweglich an dem Mastbaum und beobachtete mit Spannung die Vorbereitungen der Matrosen.

    In ihm wohnte keine Angst, denn Furcht war ihm fremd, ihm war ja der Tod ein willkommener Freund.

    Doch die Schiffsleute, die sich da im Schweiße ihres Angesichts mühten und quälten, die Befehle ihres Kapitäns auszuführen, sie jammerten ihn.

    Mit hoffnungsvollen Blicken schauten sie noch ins Leben, noch mancher von ihnen mochte sein Glück von der Zukunft erwarten – um ihretwillen wünschte er, daß dies Unwetter ohne Gefahr vorübergehen möchte.

    Immer drohender wurde der Sturm – immer gewaltiger die Wassermassen, die sich über das Schiff ergossen – die Segel drohten zu zerreißen – des Unwetters Wüten wurde immer ärger.

    Das Schiff gehorchte dem Steuer nicht mehr, der Orkan trieb es vor sich her, es war ihm vollständig preisgegeben.

    Plötzlich – ein gewaltiger Stoß – dann ein furchtbares Krachen, als wolle das Schiff auseinanderbersten, dann erfüllte ein vielstimmiger Entsetzensschrei die Luft.

    Das Schiff war auf eine Sandbank aufgefahren.

    Eine unbeschreibliche Verwirrung folgte.

    Das Schiff war verloren!

    Durch das infolge des heftigen Anpralls entstandene Leck würde das hereinströmende Wasser gar bald alle Raume überfluten und es endlich hinab in die Tiefe ziehen.

    Vor allem galt es, das Leben der Mannschaft zu retten.

    Die Rettungsboote wurden herabgelassen und im Nu waren sie gefüllt, jeder suchte so schnell wie möglich aus dem sinkenden Schiff fortzukommen.

    Der alte Carol und Roland gehörten zu den Letzten, die das Schiff verließen.

    Da stürzte der Alte plötzlich noch einmal zurück.

    Einer höheren Eingebung folgend, nicht dem eigenen Triebe, stürzte er, der Gefahr nicht achtend, nach dem Kielraum hinab.

    Dort stand schon das Wasser in ziemlicher Höhe.

    Wenige Minuten später und der ganze Raum befand sich unter Wasser.

    Barmherziger Gott, das unglückliche Weib, es sollte durch seine Schuld nicht sterben!

    Wie ein Rasender, in sinnloser Angst, stürzte er vorwärts und watete durch die hereinbrechenden Fluten.

    Jetzt stand er vor der Tür.

    Alle Kräfte zusammenraffend, stieß er die Ballen beiseite und riß die Tür auf.

    Ein wilder, verzweifelter Schrei drang ihm entgegen; neben ihrem Lager stand die Unglückliche, sich mit letzter Kraft an einem Balken festhaltend, da das Wasser in dem kleinen Raum schon sehr hoch gestiegen war.

    Als sie ihn erblickte, verließ sie die Kraft, ohnmächtig brach sie zusammen.

    Carol sprang noch rechtzeitig hinzu, um sie vor dem Untersinken zu retten.

    Er nahm sie in seine Arme und trat mit seiner Bürde den Rückweg an.

    Doch als er in den Gang hinauskam, fluthete das heranströmende Wasser ihm entgegen und warf ihn beinahe nieder.

    Mit aller Macht hielt er sich aufrecht und kämpfte sich nun, die Ohnmächtige hoch emporhebend, durch das Wasser hindurch.

    Er fühlte plötzlich, daß es ihn wie eine Lähmung überkam, seine Kräfte gingen zu Ende.

    »Herr, Herr, steh’ mir bei«, stöhnte er qualvoll auf, »ich muß doch zum Meister!«

    Noch einige Schritte kam er vorwärts – immer tiefer und tiefer sanken seine Arme mit der schweren Last herab, ihm begann es dunkel vor den Augen zu werden – ein lauter Schrei –

    77. Kapitel

    In die Falle gegangen

    »Es brach schon manch ein starkes Herz, 

    Da man sein Lieben ihm entriß, 

    Und manches duldend wandte sich 

    Und wurde voll Haß und Finsternis.«

    Wie ein Kranker ging Graf Ottokar seit einiger Zeit umher, seitdem ihm seine Maria auf so sonderbare Weise für immer Lebewohl gesagt hatte.

    Er konnte es ja nicht fassen, was die Geliebte bewogen hatte, sich von ihm loszureißen, und das Herz war ihm so voll von Leid und Kummer.

    Nur eine hatte er, der er all’ seine Kümmernisse klagen durfte – seine Mutter, und die feinfühlende Frau verstand es so vortrefflich, im Herzen ihres Sohnes zu lesen, und sie nahm innigen Anteil an seinem Mißgeschick.

    Nach Kräften versuchte die edle Frau ihn zu trösten, doch umsonst – selbst ihren herzlichen Worten wollte es nicht gelingen, den düsteren Schatten von der Stirn ihres Sohnes zu verscheuchen.

    Graf Rupert zog sich jetzt noch mehr von den Seinen zurück, die Gräfin sah ihn nur noch selten.

    Entweder blieb er lange draußen auf der Jagd oder er unternahm mit seinen Rittern und Reisigen kleine Streifzäge, kurz, er war sonst überall zu finden, nur nicht daheim auf seiner Burg.

    Wer in das schmale, blasse Leidensantlitz der Gräfin blickte, dem war es ein Leichtes, darin zu lesen, wie die arme Frau unter diesen Verhältnissen litt und wie sie sich nach und nach in ihrem Gram verzehrte.

    In diesem Unglück hielt Ottokar nur noch treulicher zu seiner Mutter, war es ihm doch, als müsse er an ihr wieder gut machen, was der Vater durch sein rauhes Wesen verschuldete, fühlte doch auch er, daß der lieblose, hartherzige Mann diesen Engel an Sanftmut und Güte nicht verdiente.

    Eines Tages, als Ottokar eben von einem Gang durch den Park, den er mit seiner Mutter unternommen hatte, heimkehrte, trat plötzlich ein Diener zu ihm heran und flüsterte ihm einige Worte ins Ohr.

    Dunkle Röte überflutete sein Gesicht, er schrak heftig zusammen und verabschiedete sich unter einem Vorwand hastig von seiner Mutter, die ihm kopfschüttelnd und erstaunt nachblickte.

    Als die Gräfin ihn verlassen hatte, eilte er hinunter auf den Hof, wo ein Knappe seiner harrte und ihm mit ernster Miene ein Schreiben überreichte.

    »Von wem kommt es – hörte ich recht,. von Maria?« flüsterte Graf Ottokar in atemloser Hast zu sich selbst, indem er das Schreiben in Empfang nahm und damit erregt nach seinem Zimmer stürmte.

    Droben löste er mit zitternder Hand die Schnur, welche die Rolle zusammenhielt, und als er die wenigen Zeilen überflogen hatte, brach sich ein leiser Jubelschrei von seinem Mund und er drückte das Schreiben voll leidenschaftlicher Inbrunst an seine Lippen.

    »Ist’s möglich – Maria sehnt sich, mich wiederzusehen, sie ruft mich – also kann auch sie das Leid der Trennung nicht ertragen? Ich soll sie morgen im Wald an dem Muttergottesbild, das am Fichtenwege steht, treffen? Ihre Mutter ist krank, sie wallfahrt hinauf nach der kleinen Kapelle, um dort ein Bittgebt für ihre Mutter zu sprechen, in Begleitung nur einer Dienerin, die sie auch unter irgendeinem Vorwand zurückhalten will, um mich ungestört zu sprechen. O, Maria, wenn Du wüßtet, welche Himmelsbotschaft Du mir heute sandtest! Ob ich der Mutter davon sage?«

    Er schwankte einige Zeit mit einem Entschluß, dann eilte er doch hinüber zu der Vertrauten seines Herzens, ihr die Freudenbotschaft zu verkünden.

    Die Gräfin küßte ihn bewegt auf die Stirn.

    »Sprich zu Maria und beschwöre sie in meinem Namen, daß sie Dir endlich enthülle, wer sie ist, denn nimmer kann und darf Euer Verhältnis so fortbestehen! Sage ihr, daß es mein Herzenswunsch ist, sie kennenzulernen, und daß ich alles daran setzen will, des Vaters Zustimmung zu Eurem Bund zu erlangen.«

    In stürmischem Jubel küßte der junge Graf die Hand seiner Mutter und konnte dann kaum den anderen Tag erwarten, der ihm das ersehnte Glück des Wiedersehens mit Maria bringen sollte.

    Wie langsam strich doch eine Stunde nach der anderen dahin, ihm dünkte jede einzelne eine Ewigkeit.

    Während der Nacht fand er keinen Schlummer, immer und immer wieder stand das Bild der Geliebten vor seiner Seele und er breitete ihr voll heißer Sehnsucht seine Arme entgegen.

    Endlich erschien der nächste Tag und schon früh rüstete sich Graf Ottokar zu seinem Ritt nach dem Wald. –

    Spät am vorhergehenden Abend war noch Graf Rupert von einem Jagdausflug heimgekehrt.

    Ohne auf den leidenden Zustand seiner Gemahlin irgendwelche Rücksicht zu nehmen, stampfte er durch die weite Halle, erteilte dem Diener mit lauter, herrischer Stimme noch einige Befehle, sodaß die Gräfin entsetzt aus ihrem Halbschlummer emporfuhr, und schritt dann mit rücksichtslosem Gepolter an ihrer Tür vorbei.

    Die unglückliche Frau preßte die Hände auf das wildklopfende Herz, Tränen brannten in ihren Augen, sie fühlte, daß ihr Gatte ihr vollständig entfremdet war und daß es ihr nicht mehr gelang, wie früher irgendwelchen Einfluß auf ihn auszuüben.

    Am anderen Morgen schlief der Graf lange, bis in den hellen Tag hinein, er war wohl von seinen Streifereien und den langen, wilden Gelagen sehr ermüdet, und als ihn die Gräfin am Vormittag erblickte, erschrak sie über sein bleiches, verstörtes Aussehen.

    Er hatte nur wenige Worte für seine Gemahlin und zog sich dann schnell wieder in seine Gemächer zurück.

    Als er, in Gedanken versunken, in seinem Zimmer auf– und niederschritt, klopfte es plötzlich an die Tür und ein Diener trat herein.

    »Verzeihung, gnädigster Herr, ich bringe eine Botschaft, die ein Fremder drunten für Euch abgegeben hat.«

    Erstaunt nahm der Graf das Schreiben in Empfang, riß die Schnur auseinander, die es zusammenhielt, und kaum hatte er die wenigen Zeilen, welche es enthielt, überflogen, da verzerrte wilder Grimm sein Gesicht und wütend stampfte er den Boden.

    »Was stehst Du noch hier und gaffst mich an?« herrschte er den Diener an, sodaß dieser erschrocken zurück prallte und in eiliger Flucht das Zimmer verließ.

    Nun tobte der Graf wie ein Wahnsinniger, er schleuderte das Schreiben zu Boden und trat mit dem Fuß darauf, während er laute Verwünschungen ausstieß.

    »Ha, wenn es wahr wäre, was der Unbekannte mir schreibt, daß mein Sohn, mein einziger Sohn, ein Verhältnis mit der Tochter meines Todfeindes, des Grafen Sylvester, hätte!«

    Grimmiges Hohnlachen klang durch das vornehme Gemach und der Graf schlug mit der geballten Hand so heftig auf den Tisch, daß der mit Wein gefüllte Humpen umstürzte und das edle Naß sich über die Tischplatte ergoß.

    »Ha, wenn es wirklich so wäre –zermalmen könnte ich die beiden mit meiner eigenen Hand! Wie kann Ottokar es wagen, hinter meinem Rücken mit einer aus jenem Hause anzubinden? Lieber sähe ich ihn tot zu meinen Füßen, als daß ich ihn in Gemeinschaft mit dieser verhaßten Sippe weiß!«

    Wie ein wütender Eber stürmte der Graf in seinem Zimmer auf und nieder.

    »Und heute Nachmittag hat er eine Zusammenknnst mit diesem Mädchen beim Muttergottesbilde am Fichtenweg? Hahaha«, lachte er hämisch auf, »ich werde das Liebespärchen dort überraschen, und wehe dem Buben –wehe ihr – wenn der Unbekannte mir die Wahrheit verkündet!«

    Die Gräfin schüttelte verwundert den Kopf, als ihr Gemahl bei der Mittagstafel nicht erschien und sie mit ihrem Sohn allein speisen mußte.

    Sie klagte nicht mehr, sie war ja an diese Rücksichtslosigkeit des Grafen längst gewöhnt und doch schmerzte sie dieselbe tief.

    Nach der Tafel ließ Graf Ottokar sein Roß satteln und nahm herzlichen Abschied von seiner Mutter, die ihm noch tausend Grüße für seine Maria auftrug.

    Mit stürmisch klopfendem Herzen jagte er nun hinüber nach dem Wald, während Graf Rupert am Fenster stand und drohend die Hand hinter ihm ballte.

    »Wahrhaftig, er reitet dem Wald zu – ha, wenn es doch wahr wäre«, knirschte er in wildem Grimm. »Elender Bube, das solltest Du mir furchtbar büßen!«

    Nunmehr befahl der Graf, daß sofort auch sein Roß gesattelt werde, und kurze Zeit darauf sah die Gräfin ihren Gemahl im Galopp in der Richtung nach dem Wald zu fortsprengen und eine heiße Angst krampfte unwillkürlich ihr Herz zusammen; sie wußte selbst nicht, weshalb auf einmal Tränen ihren Augen entstürzten.

    »O heilige Jungfrau, schütze Du mein Kind, meinen einzigen, geliebten Sohn«, hauchte sie, die Hände flehend zum Himmel aufhebend. –

    ***

    Ohne innezuhalten, hatte Graf Ottokar den ziemlich weiten Weg zurückgelegt, und erst als er seinem Ziel nicht mehr fern war, zügelte er sein Roß und ließ es nun langsamer gehen.

    Seine sehnsüchtigen Gedanken flogen ihm voran – was mochte Maria ihm Besonderes zu sagen haben, weshalb hatte sie ihn heute hierher gerufen? Vielleicht war sie doch anderen Sinnes geworden und gewillt, ihm endlich Klarheit zu geben?

    Jauchzende Freude erfüllte sein Herz bei dem Gedanken, daß sein heißes Sehnen nun vielleicht doch noch in Erfüllung gehen, daß die Geliebte einwilligen könnte, sein Weib zu werden.

    Immer höher stiegen seine Hoffnungen, sein Glück – der Mutter Segen war er schon gewiß und vielleicht würde es ihm auch noch gelingen, die Einwilligung des Vaters zu erlangen!

    Wonnige Zukunftsträume umgaukelten den schönen Jüngling, während er jetzt langsamer durch den Wald dahinritt, ein seliges Lächeln verklärte sein Gesicht.

    Als er den Fichtenweg erreicht hatte, stieg er vom Pferd, band es an einen Baum und näherte sich nun vorsichtig dem Muttergottesbild.

    Sie war noch nicht da!

    Seufzend ließ er sich in das weiche Moos nieder und stützte den Kopf in die Hand.

    Einige Zeit verstrich – der Jüngling blieb mit seinen Träumen allein.

    Da vernahm er plötzlich Hufschläge – kam sie endlich, die Ersehnte?

    Und jetzt sah er drüben am Waldweg eine schlanke Reiterin auftauchen – ein lauter Jubelrnf entfuhr seinem Mund, als er die Geliebte erkannte.

    In namenlosem Jubel richtete er sich auf, und ohne auf das Gefolge zu achten, das hinter ihr kam, eilte er ihr mit ausgebreiteten Armen entgegen.

    Jetzt sah sie ihn; mit einem heftigen Ruck zügelte sie ihr Roß und gleich darauf klang ein lauter, banger Schrei durch den stillen Wald.

    »Barmherziger Gott – Graf Ottokar!«

    Auch er war stehen geblieben, seine erhobenen Arme sanken schlaff herab – was hatte dieser furchtbare Schreck, was ihr jähes Erblassen zu bedeuten, hatte sie ihn nicht hierher bestellt und ihm versprochen, ihr Gefolge zurückzuhalten?

    Inzwischen hatte Maria ihre Fassung wiedergewonnen. Sie wendete sich, freundlich bittend, an die Damen und Herren, die sie geleiteten und bat diese, sich auf kurze Zeit zurückzuziehen, da sie mit dem Grafen allein zu sprechen habe.

    Maria stieg vom Pferd, reichte die Zügel einem der Knappen und wartete nun, bis das Gefolge hinter den Bäumen verschwunden war.

    Starr, wie gelähmt, stand Ottokar, und als sich Maria ihm nun langsan zuwendete und die großen, ernsten Augen so vorwurfsvoll auf ihn richtete, da konnte er nicht länger an sich halten und trat erregt auf sie zu.

    »Maria, was soll das heißen, wie soll ich Euer Tun verstehen? Eure Botschaft rief mich hierher, an das Muttergottesbild, Ihr wolltet mich heute ohne Zeugen sprechen, und nun Eure Bestürzung, Euer Schreck , als Ihr mich saht – löst mir dies Rätsel!«

    Maria wich erbleichend vor ihm zurück und starrte ihn fassungslos an.

    »O heilige Jungfrau, was sagt Ihr – ich hätte Euch hierher bestellt, Graf Ottokar? Von mir wollt Ihr Botschaft erhalten haben? Nein, nein – Ihr irrt, Graf, wenn Ihr solche erhieltet, so kam sie doch nicht von mir.«

    »Nicht – nicht von Euch?« rief Ottokar erbleichend. »Wer aber sollte –«

    Kopsfchüttelnd hielt er inne und blickte in maßloser Verwunderung auf die Geliebte.

    Maria schüttelte düster den Kopf.

    »Man hat Euch getäuschet, Graf Ottokar! Nie und nimmer würde ich Euch hierher gerufen haben«, fuhr sie tiefschmerzlich fort, während sich ihr Blick umflorte, »denn ich weiß ja, daß ich von Euch lassen muß und daß es das Beste ist, wenn wir uns niemals wiedersehen!«

    Sie wandte hastig das zuckende Gesicht zur Seite.

    »Maria«, stöhnte er leidenschaftlich auf, »um aller Barmherzigkeit willen, sagt das nie wieder – wollt Ihr meinem Herzen nicht den Todesstoß geben! Geliebte, nimm dies entsetzliche Wort zurück, sage mir, daß Du mich liebst, daß Du helfen willst, die Schatten zu beseitigen, die unserem Glück im Wege stehen – sage mir, daß Du mein Weib werden willst, nur sprich nicht zu mir von Trennung!«

    Sie schluchzte krampfhaft auf, sie wagte es nicht, ihn anzusehen, denn sie fühlte wohl, daß dann ihre Kraft zu Ende war, daß sie seinem Flehen nicht widerstehen konnte.

    »Maria«, fuhr er atemlos fort, »Du weißt, wie ich Dich liebe, daß ich kein höheres Glück kenne als Deinen Besitz! Und auch Du liebst mich wieder, das sagt mir Dein Auge – und trotzdem wendest Du Dich von mir, willst nichts mehr von mir wissen? O sprich. Geliebte, weshalb das – weshalb so namenlose Pein für mich und auch – für Dich?«

    Sie antwortete nicht, aufschluchzend vergrub sie ihr Gesicht in den Händen.

    Da wich seine mühsam bewahrte Ruhe dahin, mit dem Schrei tiefster Verzweiflung stürzte er ihr zu Füßen.

    »Maria, meine Mutter sendet Dir ihre Grüße, sie läßt Dich anflehen, mir endlich Deinen Namen zu nennen und mir das Recht zu geben, um Dich zu werben. Maria, meine Mutter liebt Dich, ohne Dich zu kennen, sie sehnet sich danach, Dich an ihre Brust zu ziehen, weil ich Dich so innig liebe.«

    Mit bangem Schrei blickte Maria zur Seite – barmherziger Gott, woher sollte sie die Kraft nehmen, diesem heißen Flehen zu widerstehen?

    Die in ihren Schmerz Versunkenen sahen den großen, stattlichen Mann nicht, der dort, halb verborgen, hinter einer Tanne hervorlugte und das junge Paar mit unheimlichen Blicken betrachtete.

    Und jetzt klang ein lauter Wutschrei durch den Wald; noch ehe die beiden auseinander fahren konnten, stand plötzlich, drohend wie ein Gespenst – Graf Rupert neben seinem knienden Sohn.

    »Bube, ungehorsamer Bube, was wagst Du hinter meinem Rücken?«

    Erschrocken war Graf Ottokar emporgesprungen und starrte seinen Vater mit weitgeöffneten Augen an.

    Keiner dieser drei bemerkte dort hinter dem Muttergottesbild das verzerrte, schadenfroh lächelnde Gesicht, in dem die Augen haßerfüllt funkelten und die die sich abspielende Szene in atemloser Spannung verfolgten.

    »Ungehorsamer!« donnerte der Graf von neuem, während Maria mit bangem Schrei sich an einen Baum anlehnte und mit einer Ohnmacht rang.

    »Weißt Du, wer jenes Mädchen ist, dem Du eben kniend Deine Liebe gestanden? Die Tochter

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1