Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Nesi Hensu und das Amulett von Niut: Die Auserwählte
Nesi Hensu und das Amulett von Niut: Die Auserwählte
Nesi Hensu und das Amulett von Niut: Die Auserwählte
Ebook319 pages4 hours

Nesi Hensu und das Amulett von Niut: Die Auserwählte

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Seth, der Gott der Wüste im alten Ägypten, trachtet nach dem Thron, nach der Herrschaft über ganz Ägypten. Er schreckt weder vor Brudermord zurück, noch davor, die Menschen, die ihn anbeten sollten, zu versklaven.
Eine Allianz aus friedliebenden Göttern formt sich und kann mithilfe der Schneiderin Nesi Hensu den Kampf gegen ihn aufnehmen.
Fällt Ra, der Sonnengott, wird die Menschheit unwiderruflich ausgelöscht.
Kann die Allianz es schaffen, Seth aufzuhalten?
LanguageDeutsch
PublisherTWENTYSIX
Release dateSep 3, 2018
ISBN9783740748692
Nesi Hensu und das Amulett von Niut: Die Auserwählte
Author

Ralf Sadenwater

Ralf Sadenwater ist verheiratet und mehrfacher Vater. Schon lange ist das Schreiben von fantastischen, spannenden und unterhaltsamen Romanen sein Steckenpferd. Er ist 1969 geboren und ein Kind der "Wende". Immer neugierig und wissbegierig geht er auch in seinen Büchern den Dingen auf den Grund.

Read more from Ralf Sadenwater

Related to Nesi Hensu und das Amulett von Niut

Titles in the series (1)

View More

Related ebooks

Fantasy For You

View More

Related articles

Reviews for Nesi Hensu und das Amulett von Niut

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Nesi Hensu und das Amulett von Niut - Ralf Sadenwater

    Nesi Hensu und das Amulett von Niut

    Nesi Hensu und das Amulett von Niut

    1.Liste

    2. Liste

    3.Liste

    4.Liste

    5.Liste

    6. Liste

    7. Liste

    8. Liste / 1.Rolle

    8. Liste / 2.Rolle

    9.Liste

    10. Liste

    11.Liste

    12. Liste

    13.Liste

    14. Liste

    Impressum

    Nesi Hensu und das Amulett von Niut

    نيسي هينسو وتميمة من طيبة

    1.Liste

    Die Dunkelheit verschluckte jede Bewegung. Nicht einmal die wenigen, schwaches, rußendes Licht abgebenden Fackeln vermochten aus der Nacht zu holen, dass die junge Frau katzengleich und geräuschlos durch die Gassen glitt.

    Nesi war nach der Ausgangssperre im Bastet- Tempel gewesen, um am heutigen zweiten Tag der Woche für Ihr Glück und das des Geschäftes ihres Mannes zu beten und die Göttin, die sie am meisten verehrte, um Hilfe zu bitten.

    Am vierten Tag der Woche besuchte sie das Heiligtum der Isis, am fünften den Tempel der Hathor.

    Sie versprach sich viel von ihren Gebeten, hoffte jedoch sehr, dass ihr Mann, Paher Hensu, ihre Tempelbesuche nicht mitbekam.

    Ihr Mann war der angesehenste Schneider von Theben, oder wie die Einheimischen die Stadt bezeichneten, von Niut.

    Er glaubte nicht an die Götter und wollte nicht, dass sie diese anbetete, er versprach sich nichts davon und meinte, sie verschwende Zeit, die sie anderweitig um einiges sinnvoller nutzen könne.

    Früher war er nicht so.

    Paher litt an einer schleichenden Krankheit, die ihn immer schwächer werden ließ.

    Seit längerem klagte er über Mattheit und Atemnot. Auch hatte er nicht selten Fieber und Schmerzen im linken Brustbereich. Einige Ärzte hatte er bereits aufgesucht, darunter auch, auf ihr Drängen hin, den Arzt und Priester des Heka, jenes Magiers, der vielen Kranken bereits hatte helfen können, indem er sie an das Meer im Norden schickte.

    Doch niemand konnte helfen, die seitliche Krankheit, wie sie genannt wurde, konnte von niemandem geheilt werden und so versuchte jeder, der meinte, dass er stark genug sei, sich selbst zu heilen.

    Die Tage liefen immer gleich ab, morgens wurden die Stoffe geliefert, Nesi und Paher stellten zusammen, was für die einzelnen Anfertigungen gebraucht wurde.

    Die Näher schneiderten immer wieder in rekordverdächtiger Zeit die Gewänder.

    „Auch das ist ein Grund, Nesi, warum wir vor allen anderen Schneidern bevorzugt werden. Unsere Näher arbeiten schnell und sehr sauber."

    „Aber warum müssen wir sie bezahlen? Wir könnten viel mehr verdienen, wenn wir Sklaven arbeiten lassen würden, wie alle anderen auch.", entgegnete sie.

    „Ich habe dir das schon so oft erklärt, Frau. Wenn wir sie bezahlen für diese gute Arbeit und an dem Erlös teilhaben lassen, sind sie sauber und effizient."

    Natürlich wusste das Nesi. Sie führte die Bücher.

    Und sie wusste auch, dass sie teilweise daran vorbeischrammten, nichts zu verdienen. Sie hatten ihr Auskommen, sicher, doch manchmal blieb nichts übrig.

    Sie wollte nur versuchen, den Gewinn zu steigern, denn es mussten immer wieder Neuanschaffungen getätigt werden.

    Selbst das Scherenschleifen kostete ein kleines Vermögen. Und wenn erst die Scheren stumpf waren, dann konnten sie die Qualität nicht mehr leisten. Und noch weiter wollte sie erst gar nicht denken.

    Sie führten diese Gespräche oft, Nesi glaubte, dass sie mit diesen Sticheleien ihren Mann wenigstens dazu bringen konnte, darüber nachzudenken.

    Und er hoffte, dass seine Frau ihre Aufgaben, ihre, durch seine Krankheit wachsenden Aufgaben ernster nahm, ihnen mehr Zeit zuwendete.

    Er wusste, natürlich, dass sie fast allabendlich in die Tempel ging, um zu beten.

    Auch er hatte früher gebetet, doch je länger und schwerer er an seiner Krankheit litt, umso weniger glaubte er, dass die Götter die Menschen überhaupt hörten.

    Auch heute Abend war sie wieder dort gewesen. Er hatte einen seiner schwersten Krämpfe, Schmerzanfälle erlitten und war allein gewesen.

    Er hörte, dass seine Frau leise ins Haus schlich, um ihn nicht zu stören.

    Paher lag noch immer geschwächt auf seinem Bett und versuchte, sich so gut und schnell wie möglich zu erholen.

    „Du kommst spät, Frau.", sagte er, als sie zu ihm ans Bett kam.

    „Ich war nicht lange weg. Ich…"

    Paher hob die Hand

    „Nicht, Nesi. Ich weiß, dass du für mich betest. Bitte glaub mir doch. Die Götter haben nicht das geringste Interesse an den Menschen. Und an uns schon mal überhaupt nicht."

    Nesi schüttelte leicht den Kopf.

    „Ich weiß, dass sie dich wieder gesund machen.

    In Niut gab es auch einen Tempel des Chenti-irti, der Gott der Heilkünste.

    Diesen Gott mochte sie nicht, er hatte kein Gesicht, sie fürchtete seine Antwort, seine Nähe. Doch er war ein Heilgott. Nein, er war der Heilgott. Wenn sie bisher darauf gesetzt hatte, dass Bastet und Hathor zusammen durch Liebe und Glück ihren Mann retten würden, überlegte sie seit längerem, auch Chenti-irti anzuflehen, sie hatte keine Wahl, wenn ihr Mann wieder gesund werden sollte, was sollten Hathor, Bastet und Isis ausrichten können? Nüchtern betrachtet und den Blick rein auf den Zweck gerichtet, konnte nur ein Heilgott helfen.

    Sie hatte sich heute, nach dem Ende des Gebets in Bastet‘s Tempel vorgenommen, ab morgen zu Chenti-irti zu gehen.

    Sie würde alles tun, damit ihr Mann wieder gesund wurde.

    „Du wirst wieder gesund, mein Paher, ich weiß es bestimmt.", flüsterte sie, Tränen unterdrückend.

    Denn so schwach und hilflos und kraftlos hatte sie ihn noch nie gesehen.

    Sie sprachen sich immer wieder Mut und Lebenskraft zu und dass es schon wieder werden würde.

    Doch daran glaubten weder Nesi noch Paher, er wurde immer schwächer und damit immer zorniger.

    Sicher auch, weil er seinem Tagwerk, dem Leiten seiner Schneiderei nicht immer so nachgehen konnte, wie er das wollte und gewohnt war.

    Nesi half ihm, wo sie konnte, sie übernahm die Aufsicht über die neuen Aufträge, nahm an den Beamten des Pharao selbst Maß und ließ die gut zwei Dutzend Angestellten zu Höchstleistungen auflaufen.

    Prachtvolle Kleider, goldbesetzte Umhänge, wertvoll verzierte Hauben, prunkvolle Gürtel in allen Farben wurden in Paher’s Schneiderei gefertigt. Von leichtem bis tiefen Braun über goldfarbene bis purpurrote Stoffe fanden sich in ihrem Sortiment.

    Nicht selten wurden sie auch zum Pharao beordert, um Gewänder für besondere Anlässe zu schneidern. Wenngleich die Zahlungsmoral der Gottkönige nicht besonders hoch war, konnten sie diese Beauftragungen natürlich nicht ablehnen. Besser waren die Aufträge der Bediensteten des Palastes.

    Einige von Ihnen kamen heimlich und kauften sich von erschwindeltem oder ergaunertem Geld teure Gewänder, die sie dann vor ihren Bekannten und Freunden trugen, um hohes Ansehen erlügen zu können. Oftmals gaben Sie Paher und Nesi einige Goldstücke mehr, damit sie sie nicht verrieten.

    Was sie ohnehin nicht getan hätten, kein Geschäftsmann redete über seine Kunden, wenn er sein Geschäft nicht ruinieren wollte.

    Im Palast Amosis, des Pharaos, trugen sie diese Gewänder natürlich nicht, auch auf den Straßen war es nicht ungefährlich, sich als jemand auszugeben, der man nicht war.

    Die Soldaten und die Palastwachen hatten geübte Augen.

    Überhaupt waren viele Soldaten in diesen Zeiten in Niut unterwegs.

    Immer wieder wurde die Stadt von Banden der Heka-chaset überfallen, Länder verwüstet, Ernten vernichtet und die ländliche Bevölkerung wahllos getötet.

    Schon der Vater Amosis, Kamose, kämpfte gegen die Hyksos, die in Unterägypten regelrecht eingefallen waren und dieses Land nie wieder hergegeben hatten.

    Nach seinem Tod, Amose der Erste war gerade vierzehn Jahre alt, wurde er zum Pharao gekrönt. Er schwor trotz kindlichem Gemüts Rache für den Tod seines Vaters und begann sich selber in den Kampfkünsten ausbilden zu lassen.

    Bereits wenige Monate nach seiner Thronbesteigung führte er einen nicht ganz erfolglosen Feldzug gegen die verhassten Besatzer.

    Er verlor freilich viele Männer, fügte jedoch den Heka-chaset erstmals ebenso empfindliche Verluste zu.

    Nach seiner Wiederkehr in den Palast ließ er sein Volk vor der Empore versammeln und ließ seinen neuen Namen verkünden. Von nun an nannte er sich Neb-peheti-Re!

    Ein gewaltiger Name, ein klangvoller und seine Feinde einschüchternder Ruf.

    Bedeutete er doch „Herr der Kraft, ein Re".

    Er wollte es sich trotz Mahnungen und Warnungen nicht nehmen lassen, seine gottgegebene Berufung im Namen zu verewigen. Re, oder Ra, der Sonnengott, der als Wahrer und Beschützer der Menschen jede Nacht gegen Apophis kämpfen musste, war der König alles Lebenden und wurde als solcher verehrt. Viele Pharaonen hatten sich seinen Namen als Beinamen gegeben.

    Doch mit Amose war es anders. Nach der ersten Schlacht erklärte er seinen Beratern und Vertrauten, dass er in der letzten Nacht mit Ra gesprochen hatte. Dieser hatte ihm Wege gezeigt, wie die Terrorherrschaft der Hyksos zu beenden ist. Und Ra hatte ihm diesen Namen gegeben.

    Fortan sahen ihn alle mit anderen Augen.

    Neb-peheti-Re war mit nun fünfzehn Jahren erschreckend erwachsen, ordnete Dinge an, die einem älteren Pharao nicht in den Sinn gekommen wären. Zum Beispiel ließ er mehrere Landesverwalter entlassen. Er wusste von deren übertriebenen Hang zur Herrschsucht und erfuhr, dass sie jeden Pharao betrogen. Sie lebten stellenweise prunkvoller als der Pharao selbst.

    Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sie davonzujagen.

    Das war selbstredend nicht einfach.

    Die meisten seiner Berater versuchten, ihn davon abzubringen.

    Allen voran Anwar Hamid.

    „Herr, nicht die Wesire solltet Ihr mit Eurem Bedacht belegen, die Sklaven sind faul und rebellisch, diese sind es, die Eure Einnahmen schmälern."

    Amose schaute Anwar lange an.

    Er hatte es sich zum Prinzip gemacht, Gesagtes lange genug auf sich wirken zu lassen. Er hatte bemerkt, dass seine Gesprächspartner umso unsicherer wurden, je länger er sich mit der Antwort Zeit ließ.

    Auch Anwar konnte sich dem nicht entziehen. Er hätte nur zu gern gewusst, was in Amosis Kopf vorging in solchen Momenten.

    „Ich meine, Herr, wir sollten sie nicht vor den Kopf stoßen, leisten sie nicht unermessliche Dienste?

    Vergrößern sie nicht täglich Euern Reichtum? Stehen sie nicht…"

    Amose beendete seine Worte mit einer Handbewegung.

    Anwar schluckte, keiner der Vorgänger Amosis hatte ihn jemals unterbrochen, jeder hatte ihn ausreden lassen und war seinen Ausführungen mehr oder weniger interessiert gefolgt und hatte seinen Rat üblicherweise befolgt.

    Nicht so Amose. Der unterbrach ihn ständig und immer wieder.

    Langsam aber sicher wuchs in seinen Gedanken der Zorn darüber. Nicht dass er das jemals irgendjemandem gegenüber erwähnen würde, dafür war Anwar zu klug. Doch er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er die erste Bemerkung gegenüber dem kindlichen König mit der starken Hand, würde fallenlassen müssen.

    Leise und mit noch immer etwas kindlicher Stimme sagte Amose: „ Wir werden sehen."

    Mit einer weiteren Handbewegung schickte er Anwar fort.

    Amose stütze sein Kinn auf seinen Handrücken, von der Seite sah es so aus, als würde seine Hand küssen.

    Er musste nachdenken.

    Sicher hatte Anwar recht, sicher waren die Landesverwalter wichtig.

    Doch sie betrogen nicht nur ihn, sondern auch schon seine Vorfahren um mehr als die Summen, die sie ihm einbrachten.

    Ließ er sie gewähren, würden sie eines Tages die Oberhand gewinnen.

    Durch Intrigen und Tücken würden sie ihn stürzen.

    Öffentlich? Nein. Niemand würde es wagen, einen Beamten des Ra zu beseitigen.

    Amose wusste dies. Wenn er etwas gelernt hatte, dann dass die hinter vorgehaltener Hand geführten Gespräche voller Missgunst und Neid waren, dass viele Bedienstete ihm den Thron nicht gönnten.

    Er wusste auch warum, er war vierzehn, als er den Platz seines Vaters einnahm.

    Andere hatten vergebens auf den Thron spekuliert.

    Und nun war er auch noch zu einem Feldherrn und, so seine Ansicht, zu einem weisen Herrscher aufgestiegen. Natürlich hatte er auch Gönner, Freunde, die seinem Vater Kamose treu ergeben waren und nun folgerichtig dessen Sohn folgten und ihn mit ihrem Leben beschützen und ihn unterstützten. Sie lehrten ihm in Windeseile, worauf er zu achten hatte, worauf es ankam, was schief lief und was er am besten schnellstens änderte.

    Dies kam ihm wieder in den Sinn, als er über Anwar nachdachte.

    Er wusste auch, dass sein Großwesir Anwar Hamid einer der größten Betrüger und Diebe war.

    Doch wusste dieser auch von den Kenntnissen Amosis?

    Konnte er ahnen, dass Neb-peheti-Re ihn längst durchschaut hatte und wusste, dass er seine und die Haut der anderen Landesverwalter retten wollte, ja musste?

    Amose stand auf und rief seinen Schreiber zu sich.

    „ Ich erlasse hiermit folgende Dekrete!"

    Er war sicher, das richtige zu tun.

    Über das erste Dekret vergrößerte er die Gaue, setzte von neunundvierzig Landesverwaltern sieben ab und vergrößerte so den Nomos einiger anderer, von denen er dachte, sie wären ihm gegenüber loyal.

    Auch, dass er viele der Handelswege, die wegen der Hyksos geschlossen worden waren, wieder nutzbar machte, die Arbeiten in grenznahen Minen und Steinbrüchen wieder aufnehmen ließ , steigerte seinen Einfluss.

    Neb-peheti-Re stellte viele Soldaten ab, um seine Grenzen wieder unter Kontrolle zu bringen.

    Er versuchte, neue Soldaten zu gewinnen, nicht, indem er sie einfach aus dem Volk einberief, die Wehpflicht hatte sein Vater bereits abgeschafft, sondern indem er in immer neuen Reden unter den Soldaten und vor dem Volk um Unterstützung bat.

    Dies funktionierte recht gut, ältere Soldaten warben unter Freunden, Bekannten und Verwandten immer wieder neue Rekruten.

    Seinen Reden glaubten die Menschen, er war jung und kam glaubhaft rüber.

    Alle wussten, dass er selber mit in die Schlachten zog, deshalb konnte es nicht schlecht sein, ihm in die Gefechte zu folgen.

    Bennù Awad, ein Offizier der 1. Garde und General der Grenztruppen war einer derer, die nach anfänglicher Skepsis an den neuen Pharao glaubten.

    „ Amose führte uns in viele Schlachten, die uns zeigten, dass die Hyksos doch nicht unbesiegbar sind. Unser König Kamose hatte dies begonnen und sein Erbe führte das fort. Er machte uns zu einer ruhmreichen Truppe. Sorgen wir dafür, dass es so bleibt. Sorgen wir dafür, dass unser Ruhm eines Tages legendär wird.

    Redet mit Euren Verwandten, den Söhnen Eurer Freunde und Brüder und mehret unsere Streitmacht. Wir können…"

    Der Rest seiner Worte ging im Jubel seiner Truppen unter, die er zu Tausenden versammelt hatte, um Stärke und Macht zu demonstrieren.

    Amin Hentu, einer der noch recht jungen Soldaten, wehrte sich gegen die Gänsehaut, die er ob des Jubels seiner Kameraden bekam.

    Er wollte lieber objektiv bleiben, er wusste und konnte nicht vergessen, wieviele seiner Mitstreiter bei all den Schlachten Ihr Leben verloren hatten.

    Er wusste aber auch, dass das, was sie taten, von größter Wichtigkeit für Ägypten war.

    Er hatte gesehen, dass die wirtschaftlichen Folgen der ständigen Angriffe der Gegner immens waren.

    Deshalb hatte er sich freiwillig gemeldet.

    Amin stand in der ersten Reihe vor seinem General und drehte sich um, um in die Gesichter der jubelnden Soldaten zu blicken.

    Da der Platz vor dem Palast leicht zu diesem hin anstieg, konnte er die riesige Masse an mit weißen Kopftüchern bedeckten Häuptern überblicken.

    Alles streckten euphorisch ihre Streitäxte und Chepesche, die sichelähnlichen Krummsäbel, gen Himmel.

    Amin beobachtete als einziger die Szenerie ohne an dem Trubel wirklich teilzunehmen.

    Das blieb auch vor Bennù nicht verborgen.

    Dieser übergab das Kommando an seinen Stellvertreter und schickte einen seiner Boten zu Amin.

    „Folge mir!" befahl der Bote dem Soldaten, indem er seine Worte dicht an Amins Ohr rief, um die Menge zu übertönen.

    Verwundert schaute Amin den Boten an, blickte zu Bennù hinauf, der auf der Empore stand und zu ihm hinüber sah.

    Amin wurde klar, dass er mit seinem Beobachtungsdrang und seinen Überlegungen beim General Aufmerksamkeit erregt hatte.

    Doch er hatte nichts zu verbergen, nichts Falsches getan, also folgt er dem Boten nach oben.

    „Ich habe gesehen, dass du dich von mir abwandtest. Wie ist dein Name?" begann Bennù.

    Amin senkte den Kopf und antwortete:

    „Mein Name ist Amin Hentu, General Awad. Ich wandte mich nicht von Eurer Rede, ich schaute in die Gesichter der Soldaten, um zu ergründen, welche Wirkung eure Worte auf sie haben. Ich bin überzeugt, dass ihr das richtige tut, Herr"

    „Warum aber jubelt ihr nicht mit der Menge?"

    „Ich dachte an Amose, unseren König, an euch, unseren General und an Osiris, der unsere Streitmacht ein ums andere Mal zum Sieg verhalf.

    Ich dachte daran, dass ich euch gern mehr sein wollen würde, als ein Soldat, der mit Chepesch und Streitaxt den Feind zerstört."

    Bennù schaute sich den jungen Mann verwundert an.

    Ehrgeiz in der Truppe?

    Bisher wurden Aufstiege durch Intrigen und Verrat erschlichen. Wer war dieser Mann? Musste er ihn für klug und durchtrieben genug halten, um hinter seinen Worten Geltungssucht und Aufstiegsambitionen zu vermuten?

    „Was hast du dir vorgestellt, Soldat? Was an mehr willst du für mich tun?"

    Mit diesen Worten hatte Amin nicht gerechnet, er hatte erwartet, abgekanzelt und fortgeschickt zu werden. Niemand war es gewohnt, von seinen Vorgesetzten angehört zu werden.

    Amin fühlte sich unwohl und gleichzeitig gewarnt. Es konnte eine Falle sein, dennoch, er hatte nichts zu verlieren. Er wollte mehr erreichen, als Zeit seines Lebens Soldat zu sein. Er hatte keine Frau und keine Familie.

    Seine schöne Nachbarin war verheiratet und wohlhabend, er war nur ein einfacher Hirte gewesen, der keine Ansprüche in der Gesellschaft hatte stellen können.

    Also hatte er sich vor einiger Zeit dem Heer zur Verfügung gestellt.

    Hatte einige Schlachten mit Amose als Feldherr und Bennù als General geschlagen, er war in einige Situationen geraten, in denen er fast sein Leben gelassen hatte. Er hatte sich auf den langen Märschen immer Gedanken gemacht, wie man die Verteidigung der Truppen verbessern, wie man die Zahl der eigenen Opfer des Krieges verringern könne. Und er hatte einige Ideen entwickelt, wie das gelingen könnte.

    „ Mein Herr Awad, wenn du gestattest, möchte ich dir von meinen Gedanken berichten, die ich mir auf den Wegen vom Schlachtfeld machte."

    Bennù unterbrach ihn mit einer Handbewegung.

    „ Du erscheinst heute Abend nach der Priesterstunde in der Stube des Generals und erklärst Dein Ansinnen."

    „Ja, Herr, General.", stimmte Amin zu. Wie schon gesagt, was hatte er zu verlieren?

    Ohne eines weiteren Blickes oder Wortes wandte sich Bennù ab und überließ seinem Stellvertreter den Abmarsch der Truppen.

    Amin stieg hinab zu seinen Kameraden und stellte sich wieder in seine Reihe.

    „Was hat der General von Dir gewollt?", fragte sein neben ihm stehender Mitstreiter.

    Amin winkte nur ab: „Ich habe mich nicht genug gefreut.", entgegnete er lapidar.

    Einige Stunden später folgte die Priesterstunde, eine alltägliche Veranstaltung, in der der verantwortliche Priester alle Soldaten zu Osiris und Month, dem Kriegsgott und Beschützer der Waffen in Theben, beten ließ.

    Er stimmte Loblieder auf die Götter an, die die Soldaten zu vervollständigen hatten.

    Dabei knieten die Soldaten wieder auf dem Vorplatz zum Palast, während der Priester in goldfarbenen Gewändern vor ihnen auf der Empore stand und dabei alles gut beobachten konnte.

    Während der Priesterstunden ließ sich Amin niemals von seinen Gedanken ablenken. Er verehrte Month, mochte seine falkenköpfige Gestalt, die glänzende goldene Rüstung und die kräftigen bunten Federn, die seinem Haupt entsprangen und Hinterkopf und Schultern bedeckten.

    Er betete Month immer sehr innig an, fast hätte er schwören können, seinen Gott auf den Schlachtfeldern gesehen zu haben.

    Doch heute war etwas anders. Der Priester sprach dieselben Worte, sang dieselben Lieder.

    Erst konnte sich Amin nicht erklären, was es war, das ihn verwirrte.

    Dann sah er es. Erst einen goldenen Schein, der dicht hinter dem Priester aufleuchtete, zuerst schwach nur, dann immer stärker werdend, bis er die Gestalt des Gottesmannes überstrahlte.

    Dieser jedoch nahm davon keine Notiz davon, gerade so, als sähe er es nicht.

    Noch während sich Amin darüber wunderte, begann der strahlende Schein zu wandern. Er bewegte sich hinter dem Priester hervor, stellte dessen Gestalt in den Schatten, sodass dieser für einige Sekunden nicht mehr zu sehen war.

    Dann senkte er sich zu Boden und veränderte seine Form zu einer Art goldflüssigen Masse, die die Stufen hinunterglitt, direkt auf ihn zu.

    Langsam aber stetig. Amin fragte sich, was das zu bedeuten hatte, ob er flüchten solle, warum die anderen nicht reagierten.

    Er schaute sich nach allen Seiten um, aber alle hatten die Augen geschlossen und waren ins Gebet versunken. Der Priester oben sang sein Loblied auf Month und bemerkte ebenso wenig.

    Amin beschloss, die Dinge auf sich zukommen zu lassen, abzuwarten und nicht zu reagieren.

    Gerade hatte er seinen Entschluss gefasst, war die wabernde, goldleuchtende Masse bei ihm angekommen und schien sich nun aufzurichten. Sie formte sich zu einer Gestalt, die mehr und mehr die Formen des Gottes annahm, den er so verehrte.

    Und Amin traute seinen Augen nicht, als er tatsächlich den Falkenkopf des Month vor sich sah. Genauso, wie er ihn sich immer vorgestellt hatte, blickte ihm der Gott in die Augen, tief und irgendwie fordernd.

    „Amin, Du bist zu höherem geschaffen!", hörte er eine tiefe, feste Stimme in seinem Kopf.

    „Month!?" murmelte er ungläubig und unsicher, ob das alles tatsächlich geschieht.

    „ Du wirst Anführer sein eines großen Heeres, das alle unsere Feinde bezwingt!"

    „Wie soll ich…" sehr leise flüsterte er diese Worte, zumindest glaubte er zu flüstern, denn hören konnte er nicht einmal seine eigene Stimme, in diesem Moment fiel ihm auf, dass er auch den Priester und die Soldaten nicht mehr hörte.

    Um ihn herum war absolute Stille und Leere, er sah nur den Gott und ansonsten einen leeren Raum, sternengleich erhellt durch unregelmäßige Lichtpunkte im Hintergrund.

    „Die ersten Schritte sind getan, junger Amin, ich hörte dich am lautesten nach mir rufen, du gabst mir genug Energie, dir zu erscheinen. Nun höre, was ich dir zu sagen habe, wohin ich dich leiten will.

    Bennù wird dich lehren, dich führen und fördern. Eine große Schlacht steht bevor. Nicht nur Hyksos werden sterben, eine Schlacht, die uns Göttern das Sein nehmen kann. Du wirst der General der uns verteidigenden Truppen sein.

    Du bist auserwählt, den neuerlichen Kampf gegen Seth zu führen."

    Amin kam nicht dazu, über das eben gehörte nachzudenken, er fragte sich nur nach dem Warum.

    „Ich stehe bei dir, Amin, Krieger des Month. Trage von nun an den Namen: „Neb-hentu-montu", der dem Month Ergebene. Unter diesem Namen werden

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1