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Tabakov - Der erdachte Krieg
Tabakov - Der erdachte Krieg
Tabakov - Der erdachte Krieg
Ebook611 pages8 hours

Tabakov - Der erdachte Krieg

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About this ebook

„Nun, die Bilanz war einfach. Innerhalb kurzer Zeit tötete der Graue einen Menschen und verlor selbst einen Arm. Das hieß, er hatte Gewinn gemacht.“ Sind erdachte Kriege besser als wirkliche? Natürlich, und es wäre schön, wenn alle modernen Kriege bloß erdacht wären! In der russischen Millionenstadt Rostov lebt die Familie Krylov. Der Geschichtslehrer, seine Frau und die Zwillingstöchter. Tatjana hat sich in den jungen Martin verliebt, er kommt aus einem kleinen Dorf in Bulgarien. Während ihre Schwester Swetlana Karriere im Profi-Tennis macht und bald in Kalifornien lebt, wird sie in Moskau studieren. Auch Gorschkov, der jüngste Gouverneur Russlands, lebt in Rostov, verstrickt in seine Liebschaften und den alltäglichen politischen Streit. Da bricht in Südosteuropa der Krieg aus.
Tabakovs Fabel um Liebe, Eifersucht, Gewalt und Krieg, die in Südrussland, Bulgarien und in westlichen Metropolen spielt, ist in Bulgarien als 'Bester Roman des Jahres' preisgekrönt worden. Vielschichtig und figurenreich bringt der Autor die archaischen Grundmuster des modernen Lebens zum Klingen. Doch selbst in der traurigsten Ausweglosigkeit findet sich Hoffnung und Trost: Es wird nicht immer so sein!

LanguageDeutsch
Release dateNov 4, 2016
ISBN9783954286003
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    Tabakov - Der erdachte Krieg - Nikolaj Tabakov

    weiter.

    Ein verfrühter Frühling

    Im Stadtpark spazierten Hand in Hand ein Junge und ein Mädchen. Der Junge war groß und strahlte in Blau, das Mädchen dagegen – in Gelb. Über ihnen flimmerten die Bäume, es flimmerten die Wolken, sogar die Sonne. Es war Frühling und der Wind, dieser enthusiastische Straßenkehrer, fegte das alte Laub zusammen. Es duftete feucht nach diversen Parfums, nach sanftem Windhauch, nach Licht. Unter den Fußsohlen knackten Eicheln. Ein Vogel flog vorbei.

    Der Junge zog das gelbe Mädchen an sich heran, legte seinen Arm um ihre Schulter. So gingen sie weiter, ein wenig langsamer als vorher. Auf der Allee war weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Nur nasse Bänke.

    »Fliegst du weg?«, fragte das Mädchen.

    »Ja, ich möchte«, antwortete der Junge ohne zu zögern. Und schaute herunter zu dem schönen, windnassen Gesicht, beugte sich herab und küsste es. Ihre Lippen waren trocken.

    »Ich habe Angst«, sagte sie und kuschelte sich an ihn.

    Die Allee lag verlassen vor ihnen, niemand, der mit Gehstock oder Kinderwagen spazieren ging. Es war tatsächlich kalt.

    »Wie heißt dein Zuhause?«, fragte sie hastig. »Wo wohnst du?«

    »Oh!«, erklärte er ebenso hastig. »Das ist einfach so ein heiliger Ort, wo wir uns im Frühling versammeln. Tut nichts zur Sache.« Und winkte ab.

    »Was soll das? Wieso tut das nichts zur Sache? Sag’s mir bitte!« Sie zog ihn kräftig am Ärmel.

    »Es gibt da …« Er machte seinen Arm los. »Es gibt da nicht viel zu sagen.«

    »Meinst du Mutter und Vater? Triffst du dich mit ihnen? Hast du Brüder und Schwestern?«

    »Ja doch.« Er zuckte mit den Schultern, hatte offensichtlich nicht viel Lust auf dieses langweilige Gesprächsthema. »Alle sind dann da. Unsere Familie eben.«

    »Wo wohnt ihr denn? In einem Haus? Oder habt ihr ein aus Astwerk geflochtenes Nest? Viele Etagen hoch?«

    »Mein Gott, ist denn das so wichtig? Wichtig ist, dass ich tatsächlich bald abfliegen muss.«

    »Ich weiß, ich weiß«, stimmte sie ihm schnell zu. »Du hast es mir hundert Mal erklärt.«

    »Sei mir nicht böse.«

    »Stellst du mich deinen Eltern vor?«

    »Was sagst du?« Er lachte. »Meinst du, dass das möglich ist?«

    »Warum denn nicht? So wie ich dich kennengelernt habe, kann ich auch deine Eltern kennenlernen. Was ist denn dabei?«

    Der junge Mann schüttelte den Kopf.

    »Sie werden nie bis hierher fliegen.« Er zögerte kurz. »Hier ist es zu kalt.«

    »Und wieso bist du hierher gekommen?«

    »Ich weiß es nicht.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich nehme an, aus Liebe zum Abenteuer. Ein Jugendstreich, wie mein Großvater zu sagen pflegt. Eins weiß ich sicher, zu Hause werden sie mir den Kopf waschen ...«

    »Schon gut! Ich lasse los, flieg weg! Ich kann auch ohne dich!«

    »Nicht doch, nicht so!«, bat der Junge. »Fang nicht wieder an.«

    »Heißt das, es ist so weit?« Sie weinte. Nur Tränen. Ganz lautlos.

    »Schau mal …«

    »Verschwinde!«, sagte das Mädchen unerbittlich.

    »Mir bleiben aber noch ... zwei ganze Stunden.«

    »Nein!« Sie schrie es fast. »Ich will, dass du sofort aufbrichst. Wenn schon, dann lieber kurz und schmerzhaft als …«

    »Wenn du es so willst, dann breche ich auf.«

    »Ich halte das nicht mehr aus«, sagte sie ganz leise und kehrte ihm den Rücken zu, schaute auf das trübe Wasser des Flusses. Ihre Schultern bebten. Für einen Augenblick spürte sie seine Hand auf ihrem Haar, nur für einen Augenblick. Sie rührte sich nicht. Sie stand da, erstarrt, verstummt und beobachtete den gewaltigen Strom, der unentwegt vorüberzog. Ein unendliches Vorüberziehen und doch endgültig.

    Jener schwarze Baumstumpf da im Wasser, er wird nie wieder an ihr vorbeiziehen. Er schwimmt für immer fort. Und warum hält der Fluss nicht an? Wie viele Menschenleben hat er schon gesehen? Ist dieses Wasser ewig? Warum ist der Mensch nicht ewig? Oder wenigstens so ewig wie das Wasser? Immer verabschiedet sich jemand. Und geht auf ewig. Auf ewig?

    Sie drehte sich abrupt um, aber er war nicht mehr da. Nur die Allee erstreckte sich vor ihr, stumm und leer, bedeckt mit Laub vom vorigen Jahr. Ein verfrühter Frühling.

    Zeit zum Mittagessen

    Als sie zu Hause ankam, war sie nicht mehr jenes gelb leuchtende Mädchen vom Stadtpark. Sie war einfach ein Mädchen mit kastanienfarbenem Haar, darin ein paar helle Strähnen, und mit Augen in Haselnussbraun. In sattem Haselnussbraun. Sie zog in der Diele die nassen Stiefel aus, warf den Kamelhaarmantel über den Kleiderhaken und steckte die Lederhandschuhe in den Ärmel. Damit sie nicht verloren gingen. Durch die Glastür zum Wohnzimmer fiel Licht in die Diele, man sah deutlich die penibel geordneten Hauspantoffeln, nun ja – Mutters manische Ordnungsliebe. Swetlana aber war immer noch nicht nach Hause gekommen, sonst würden ihre Stiefel, ihre Mütze und ihr Schal auf dem Dielenboden verstreut herumliegen, so unordentlich wie sie war.

    Das Mädchen tastete mit den Füßen nach seinen Pantoffeln, zog sie mit der Ferse zu sich, erst den einen, dann den anderen. Es steckte seine kleinen Füße mit den zarten Knöcheln in die grünen Schlappen und öffnete die Wohnzimmertür. Ja, hier war alles an seinem Platz. Das heißt – es war wie immer. Der Vater saß im tiefen, ledernen Sessel und blätterte in einem Buch, während seine Brille ein wenig wacklig auf seiner Nase saß, so als würde sie jeden Augenblick herunterrutschen und auf dem Parkett zerbrechen. Aber die Brille fiel niemals herunter, das wusste sie. Der Mann im Sessel hob den Kopf, warf einen kurzen Blick auf seine Tochter, dann beugte er sich wieder über das Buch.

    »Wie ist es da draußen?«, fragte er. »Echt kalt, was?«

    »Es ist kalt!«, stimmte sie ihm zu und erschauderte leicht. Sie trug eine schöne Mohairweste und einen kurzen Wollrock über der blickdichten schwarzen Strumpfhose.

    »Deine Mutter backt Blini!«

    Komisch, dachte das Mädchen, er spricht immer vom Essen, als wäre er der größte Vielfraß, dabei ist er dünn wie eine Antennenstange und isst wie ein Vögelchen. Die starken Esser in der Familie waren sie und ihre Schwester.

    »Wo ist Swetlana?«, fragte das Mädchen wie üblich, aber diesmal ein wenig zerstreut, denn es tastete nach den Spitzen seines feuchten Haars und versuchte, einen Blick darauf zu werfen. Das Haar war nicht sehr lang, das Mädchen hatte sich vor Kurzem einen Ponyschnitt zugelegt, eine sehr modische Frisur, die aber die Ohrläppchen kaum bedeckte. Daher war es nicht leicht, die feuchten Strähnen zu bändigen.

    »Hast du etwas gefragt?«, hob der Vater seinen Kopf.

    »Ja doch!«, sagte die Tochter. »Wo ist meine Schwester?«

    Raschelnd blätterte er eine Buchseite um. »Ehrlich gesagt«, antwortete er recht ausführlich, »weiß ich das nicht so genau. Mir ist, als hätte sie gesagt, dass sie ins Kino gehen will. Oder zu Nataschka Pavljutschenko. Ich weiß nicht. Du weißt doch …«

    »Ja, ja, ich weiß. Nichts weiß ich!« Sie schüttelte ihr Haar, damit es schön nach hinten fiel. »Ich bin pudelnass.«

    »Ihr geht immer seltener zusammen aus«, bemerkte der Vater.

    »Wer ihr«?

    »Ich meine euch beide, dich und deine Schwester. Ihr seid wohl nicht mehr gern zusammen, oder?«

    »Ich weiß nicht. Es passiert eben. Als wenn das wichtig wäre!« Sie beugte sich nieder und hob ein langes kastanienfarbenes Haar vom Teppich auf.

    »Das ist aber nicht sehr schön«, sagte er belehrend. »Ihr wart doch von klein auf unzertrennlich.«

    »Da, noch ein Haar! Dieser Hund verliert Haare wie eine alte Fußmatte die Fransen.«

    Sie legte auch das zweite Haar vorsichtig auf ihre linke Handfläche. »Was liest du da?«

    »Ein Werk von Gombrich[1].« Er zeigte ihr das in Leinen gebundene Buch Geschichte der Kunst

    Die Tochter trat langsam und betont gleichgültig an den Sessel und warf einen Blick über die Schulter des Vaters.

    »Entwicklung des räumlichen Zeitgefühls«, las sie laut. »Was für’n Stuss!«

    Ihr Vater zuckte mit keiner Wimper. Er las weiter.

    »Und wozu das alles?«, fragte sie. »Du bist doch Geschichtslehrer.«

    »Eben!«, bestätigte er. »Und ich kann keine Geschichte des Mittelalters unterrichten, wenn ich nicht weiß, wie sich das Bewusstsein der Rezipienten, also des Publikums, in den verschiedenen Perioden der menschlichen Geschichte entwickelt hat. Das ist doch interessant. Im Ergebnis heißt das, dass ein und dasselbe Kunstwerk während der verschiedenen Epochen ganz anders …«

    »Schon gut, schon gut«, seufzte das Mädchen gelangweilt. »Lies du nur.«

    Sie ging in ihren weichen, grünen Pantoffeln zu den vollgestopften Bücherregalen und schaute zerstreut auf die Bücher. Dann streckte sie plötzlich die Hand aus und zog ein kleines, abgegriffenes Buch mit abgestoßenen Ecken heraus, in das man wohl oft hineingeschaut hatte, um es dann ungelesen wegzulegen, das man aber mindestens ebenso oft gelesen oder gar verschlungen hatte.

    »Hoppla!«, rief sie. »Jemand hat mir meinen Pu der Bär[2] angeknabbert! Was soll das denn, bitte schön! Hier, der Abdruck der Zähne auf dem Einband!« Und sie zeigte ihm vorwurfsvoll das Buch.

    Der Vater aber konzentrierte sich auf seine Lektüre, als wäre in dieser Familie das Anknabbern von Büchern das Natürlichste der Welt.

    »Ich hab’s gewusst!«, ärgerte sie sich. »Swetlana verteilt meine Bücher buchstäblich auf dem ganzen Boden und dieser gerupfte Hund … die blöde Gans!«

    »Diese Bücher gehören nicht nur dir, Mädchen!«, sagte der Vater streng. »Sie gehören dir genauso wie deiner Schwester. Und außerdem bist du ungerecht!«

    »Bitte?« Sie glaubte ihren Ohren nicht. »Ich soll ungerecht sein?« – »Dem Hund gegenüber bist du ungerecht, das meinte ich. Gorbatschov ist kein gerupfter Hund, sondern ein ganz normaler, ein Pekinese ... Wenn du nichts dagegen hast.«

    »Nimm du die beiden nur in Schutz, nimm sie nur in Schutz! Alle beide! Wenn eines Tages unsere ganze Bibliothek von Hunden, Ratten und Nashörnern angeknabbert ist, dann will ich mal sehen, was du dann machen wirst!«

    »Aber hallo!«, sagte der Vater. »Kannst du mal etwas Luft ablassen!«

    »Ich kann keine Luft ablassen! Ich sage dir, in diesem Haus ist es nicht mehr auszuhalten … Auf Schritt und Tritt stößt man im Bad auf Swetlanas Parfüms oder auf Bücher, die auf dem Boden zertrampelt wurden. Und der Köter Gorbatschov schläft in Swetlanas Bett, damit du es weißt! Wenn Mutter das mitkriegt, na, ich weiß nicht.«

    Der Vater wollte besänftigend die Hand heben, doch dazu kam es nicht, denn schwungvoll öffnete sich die Wohnzimmertür und ein rundes Frauengesicht blickte herein, nicht so sehr von Haaren, sondern von Lockenwicklern umrahmt. »Was ist los?«, fragte die Frau. »Zankt ihr euch?«

    »Nein«, widersprach sofort der Vater. »Wir sprechen uns nur bezüglich einiger Details des häuslichen Interieurs ab.«

    »Ist das wahr?«, wunderte sie sich scheinbar naiv und zwängte endlich ihren beeindruckenden Körper durch die Tür. »Mir scheint, ihr sprecht euch mit einer beachtlichen Lautstärke ab. Oder irre ich mich?« Und sie blickte ihre Tochter fragend an.

    »Ich reg mich einfach auf«, erklärte eilig die jüngere Tochter. »Hab ich denn kein Recht mich aufzuregen?«

    »Doch, doch«, sagte die Mutter beruhigend. »Warum sollst du kein Recht dazu haben? Jeder Mensch hat das Recht … Um Gottes Willen, wer hat da meinen Pu der Bär angeknabbert? Oho! Das glaube ich nicht! So viele Jahre schon hüte ich dieses kleine Buch wie meinen Augapfel. Ich habe es überallhin mitgeschleppt, von Wohnung zu Wohnung. Habe es gehütet – in Moskau, als wir dort wohnten. Und hier in Rostov. Überall! Und in den Studentenwohnheimen. Und jetzt knabbert mir dieser Hund mein Lieblingsbuch an! Schau her!«, befahl sie ihrem Mann. »Durchlöchert wie Brüsseler Spitze!«

    »Komm schon. Fang du nicht auch noch an.«

    »Nimm du nicht den Hund in Schutz!«, schrie die Frau erneut. »Ich bin mit Pu der Bär aufgewachsen! Und mit ihm habe ich meine Kinder groß gezogen! Und jetzt? Nix ist mehr, das ist jetzt!«

    Sie nahm das zerfledderte Büchlein von dem kleinen Tisch, hob es in die Höhe und zeigte es allen Anwesenden. In ihrer großen Hand glich das kleine Buch einem angeschossenen Vogel.

    »Es war nicht möglich, euch in dieser Familie beizubringen, die Bücher zu ehren, so ist es«, sagte die Frau bitter. »Überall Seiten mit Eselsohren, überall herumliegende Bücher … Ich weiß nicht, wahrscheinlich bin ich unfähig, irgendjemanden zu erziehen, egal wie viel Mühe ich mir auch gebe. Jeder macht, was er will.«

    »Sind die Blini fertig?«, fragte der Mann mit unverhohlener Neugier.

    Nein, das war kein Versuch, das Gespräch in eine weniger gefährliche Richtung zu lenken, der Mann interessierte sich einfach für die Blini. Offensichtlich zogen derartige Sommerstürme des Öfteren über den häuslichen Herd hinweg, mit den dazugehörenden Blitzen, Donnerschlägen und Regenschauern. Doch das Feuer im häuslichen Herd brannte weiter ruhig vor sich hin, warum sollte man da nicht nach den Blini fragen? Doch schon beim Aussprechen der Frage ließ die Frau das kleine Buch vom Pu auf das polierte Tischchen gleiten und richtete sich in ganzer Lebensgröße auf. Langsam ballte sie ihre Hände zu Fäusten und stemmte sie in die Hüften, kampfbereit. So aufgerichtet, mit in die Hüften gestemmten Fäusten, sah diese Frau wirklich beeindruckend aus. Sie war an die 1.80 m groß und sah in Breite und Tiefe – falls dies der richtige Terminus technicus sein sollte – unermesslich aus. In ihrer Jugend hatte sie in der Frauenmannschaft von ZSKA Moskau Basketball gespielt, seitdem war aber viel Wasser den Bach hinuntergeflossen, oder besser gesagt, viel Nahrung, denn von dem einstigen biegsamen Mädchenkörper war nur noch die Körpergröße geblieben. Und die Reaktionsschnelligkeit.

    »Die sind verbrannt!«, schrie sie ihren Mann an. »Keine Blini, aus! Jetzt setze ich euch den Hund vor! In der Röhre gebraten, würde das schmecken?«

    »Sprich nicht so vor dem armen Tier!«, tadelte sie der Mann. »So spricht man nicht.«

    »Erstens!«, schrie die Frau weiter. »Ich spreche überhaupt nicht in Gegenwart des Hundes! In der ganzen Familie hier wagt es ja niemand, auch nur ein Sterbenswörtchen zu sagen … was schaust du mich so an? Wie du siehst, erwähne ich seine barbarischen Gewohnheiten nicht einmal, sage nichts dazu, dass er Hauspantoffeln und Bücher in Bauschutt verwandelt. Ich sage nichts zu seiner widerlichen Angewohnheit, kiloweise Seife zu fressen und dann eingeschäumt aus dem Badezimmer zu kommen, als sei er in einem Herrensalon gewesen ... «

    »Mascha!«, erhob der Mann warnend die Stimme.

    »Ich verzichte auch darauf, den Zwischenfall mit meiner Niveacreme zu kommentieren!«

    »Maria!«

    »Was denn?«

    Plötzlich verstummte die Frau, schloss die Lippen fest, wie eine Muschel ihre Schalen. Und schaute zu ihren eigenen Füßen hinunter. Und dort saß der kleine, braune Pekinese, wedelte mit dem Schwanz und schaute sie mit seinen schwarzen Äuglein an. Um der Wahrheit die Ehre zu geben – der Pekinese sah gar nicht wie gerupft aus, sein seidig schimmerndes, goldfarbenes Fell fiel wellig herab, und es war eindeutig zu sehen, dass es ein gepflegter Hund war, dank der Bäder, FrisierSessions und sonstigen Pflegeprozeduren.

    »Wo kommst du denn auf einmal her?«, fragte ihn die Frau.

    Der Hund ging schnurstracks zur geöffneten Wohnzimmertür hin und kam schnellstens zu ihr zurück.

    »Ist ja gut«, sagte die Frau, »ich hab ja nichts gesagt.«

    Sie ging zur Tür, blieb aber, die Hand schon auf dem Türknauf, noch einmal stehen und verkündete: »Die Blini sind aber ausgezeichnet! Nicht etwa, dass ich mich loben will …« Und verließ das Wohnzimmer.

    Vater und Tochter schauten einander an. Es gab keinen Zweifel. Was beide fühlten, was beide beherrschte, war nahezu das gleiche Bild: Soeben hatte der Kreuzer »Aurora« mit seinen Kanonen einen Höllenlärm vor dem Winterpalast veranstaltet, um dann, völlig überraschend, den Rückwärtsgang einzulegen und ins offene Meer hinauszufahren, bis er schließlich in der Ferne zu einem kaum wahrnehmbaren Punkt wurde. Aus dieser Ferne drang jetzt der appetitliche Duft des Teiggebäcks zu ihnen.

    [1] Gombrich – Ernst Gombrich (1909-2001), britischer Kunsthistoriker österreichischer Herkunft

    [2] »Pu der Bär« – Kinderbuch des englischen Autors Alan Alexander Milne (1882-1956).

    ... denn der Schnaps hat es in sich

    Es war Frühling und die Vögel kehrten heim. Im Garten wiegten sich die schweren Kelche der Tulpen, der Flieder duftete, der Himmel war blau und glänzte glasperlengleich, und die Bienen schleppten so viel Nektar heran, dass sie Lastträgern ähnelten.

    Der Alte Storch ließ sich auf sein Nest nieder und schaute sich sein Herrschaftsgebiet von oben an. Ja, seufzte er zufrieden, alles an seinem Platz. Die Scheune, im Hof der Brunnen mit dem Holztrog, die weißen Steinkreuze auf dem Friedhof. Noch weiter weg, hinter der Mauer, lag das Dorf. Kleine Häuser, Höfe, Schuppen, ein Kupferkessel an einer Kette, auf Schnüre aufgereihte rote Paprikaschoten, Menschengerede, Schornsteine, Rauch. Auf der Hauptstraße trotteten bedächtig schwarz-weiß gefleckte Kühe, wiegten langsam ihre Riesenbäuche. Noch weiter weg, jenseits des Dorfes, stiegen die grünen Felder unmerklich und allmählich zum blauen Himmel empor, wurden nicht minder unmerklich und allmählich von Wäldern und Weidengestrüpp überwuchert, bis sie dann jäh aufwärts strebten und zum Gebirge wurden, auf dem ganz oben im Sonnenschein eine kleine Schneewehe leuchtete.

    Der Alte Storch stupste die Tür zu seinem Nest auf, sie knarrte klagend. Er trat ein, das Nest erzitterte unter seinen schweren Schritten, die Fenster klirrten. Durch die offene Tür strömte frische Luft herein, die weißen Gardinen bewegten sich. Er betrachtete die erkaltete Feuerstätte, die staubigen Stühle, den schweren Holztisch. Hoch oben unter der Decke, in einer der Ecken, hatte eine Spinne ihre Netzfallen ausgebreitet. Der Wind bewegte die Spinnweben, die schwarzgelbe Hülle einer ausgetrockneten Wespe war zu sehen. Der Storch warf den schweren Koffer auf den Boden und setzte sich auf die hölzerne Wandbank. Er seufzte tief. Der Weg war lang gewesen, keine Frage. Er suchte in seinen Jackentaschen, holte eine Schachtel Zigaretten der Marke Kreml heraus. Das Feuerzeug machte »Klack«, aromatischer Rauch erfüllte die Stube, belebte sie irgendwie. Der Storch schaute durch das Fenster hinaus. Nein, am Himmel über dem Dorf war immer noch keine Bewegung zu erkennen. Es war noch früh, die Seinigen ließen auf sich warten.

    Er blies einen Rauchkringel gegen die Spinnweben und ging hinaus auf den Hof. Im dunklen Schatten unter dem Vordach des Schuppens lag ein riesiger Baumstumpf. Er wirkte ein wenig bedrohlich. Wie ein Hund, der zum Sprung ansetzt, dachte der Alte Storch. Dieser Baumstumpf diente als Hackklotz, hier hackte man Feuerholz, im Klotz steckte eine Axt, schon seit Langem, seit vergangenem Herbst. Die Axt hielt sich mit Zähnen am Holzklotz fest, genauer gesagt – es war nur ein einziger Zahn, und der war verrostet.

    Der Storch schnippte die Zigarette auf die nasse Erde und betrat die Scheune. Er zog sein schwarzes Sakko aus, hing es auf den Balken, spuckte in die Hände. Die Axt pfiff durch die Luft, es krachte, ein Holzstück sprang in zwei Teile, zwei weiße Holzscheite flogen durch die Luft. Rums! Noch ein Holzstück. Der Storch holte mit der Axt aus, der Haufen der Holzscheite zu seinen Füßen wurde immer größer, die Axt wurde nach und nach vom Rost befreit und warf kaltes, stählernes Licht an die Wände der Scheune.

    »He du, Storch!«, rief jemand hinter ihm, er drehte sich um und erblickte seinen Nachbarn Egati, der über den Flechtzaun zu ihm schaute. Eigentlich hieß der Nachbar Evstati, aber der Einfachheit halber oder Gott weiß warum, nannten ihn die Leute im Dorf nur Egati[3]. Er war außerdem ein kleiner Mann und musste auf den Flechtzaun hinaufklettern, damit er den Storch sehen konnte, und das verursachte ihm wirklich Mühe.

    »Hallo!«, antwortete der Storch sofort.

    »Wann bist du denn zurückgekehrt, eh?«, fragte Egati und seine Schirmmütze versank plötzlich hinter dem Zaun. Man vernahm das Geräusch eines Sacks voller Kohlen, der auf die Erde geplumpst war; jemand sagte »Egati!« und der fing an, seine Hose abzustauben.

    »Hast du dir wehgetan?«, sorgte sich der Storch.

    »Überhaupt nicht! Hier ist der Boden weich. Bloß Gras«, erklärte Egati hinter dem Zaun und machte sich auf den Weg zum Gartentor, das beide Anwesen verband. Jetzt konnte man seine Bewegungen nur noch durch die Ritzen des Flechtzauns verfolgen, die sich mit jedem seiner Schritte bald verdunkelten, bald lichtdurchlässig wurden. Egati erreichte das Gartentor, stieß es auf und trat ein – schmächtig, unrasiert bis zu den Augenbrauen, lächelnd bis zu den Ohren. Er flog geradezu herein.

    »Also sei willkommen!«

    Beide schüttelten sich kräftig die Hände.

    Diese Prozedur wiederholte sich jedes Jahr: Der Storch kam als erster seiner Sippe zurück. Und Egati bekam als erster mit, dass der Nachbar wieder da war, er erschien sofort und schüttelte ihm kräftig die Hand. Dann brachte der Storch traditionsgemäß eine bauchige Fünfliterflasche aus dem Keller und schüttete gelben Schnaps in kleine, mit goldenen Ornamenten verzierte Gläser. Dank der goldenen Ornamente wurde der Schnaps noch gelber und schärfer, brannte im Hals und verursachte eine Feuersbrunst im Magen. Das aber kannten sie schon, jetzt blinzelten sie nur mit den Augen gegen die Sonne und räusperten sich ein wenig.

    »Na, wie ist es denn?«, fragte Egati. »Wie war es in den warmen Ländern?«

    »Schön«, zuckte der Storch die Schultern. »Ist aber nicht wie zu Hause.«

    »Klar doch!«, pflichtete ihm Egati bei. »Zu Hause ist’s am besten.«

    »Hab dir was mitgebracht«, fiel es dem Storch ein und er ging ins Haus.

    Egati schaute ihm nach, beobachtete seinen Gang mit den langen Beinen, es war, als würde der Storch auf Stelzen schreiten, und Egati dachte zerstreut an seinen Acker im Dürren Tal, der gepflügt werden musste. Aber sein Pferd war brünstig, hörte nicht auf ihn, sondern tat, wonach ihm gerade war – wie soll man mit so einem Vieh pflügen, es könnte dir sogar auf die Füße treten ...

    Der Storch suchte im Nest herum, öffnete den Koffer, warf die Sachen auf die Wandbank und fand endlich einen luxuriösen Karton, fremdländisch beschriftet.

    »Hier!«, sagte er zu Egati. »Ich habe dir Whiskey mitgebracht. Von weit her!«

    »Oh!«, sagte Egati. »Aber so viel Mühe wäre nicht nötig gewesen. Du hast mir doch voriges Jahr Whiskey mitgebracht.«

    »Das hab ich ganz vergessen«, entschuldigte sich der Storch. »Dann hätte ich dieses Jahr was anderes mitbringen sollen.«

    »Von wegen! Der Whiskey war was Gutes. Ich habe ihn mit meiner Frau zu Neujahr ausgetrunken. Ein bisschen holzig, aber sonst rutschte er gut durch die Kehle. Die Frau sagte es auch. Der rutscht, sagte sie, wie nix.«

    »Wie geht es ihr?«

    »Naja, ganz gut. Sie kränkelt ein wenig, wir waren in der Stadt, bei verschiedenen Doktoren, die haben aber nichts gefunden. Das mit der Frau ist nicht der Rede wert, aber unser Hengst Bujan! Kaum ist der Frühling da, dreht das verdammte Vieh durch. Er will nicht arbeiten. Er will junge Stuten. Ich bin doch kein Kuppler, oder? Woher soll ich Stuten nehmen, sag? –

    Im Dorf gibt es keine Pferde mehr. Nur Esel. Es gibt keine Ästheten mehr im Dorf, lieber Storch, keinen einzigen gibt es. Die Leute haben keine Ahnung. Und was für Pferde hatten wir, Storch, was für Hengste! Was haben wir uns am Tudorovtag[4] versammelt, was haben wir in die Mähnen der Pferde für Glasperlen hineingeflochten, und wie haben sich diese Drachen von Hengsten ins Rennen gestürzt … Das war noch Schönheit! Jetzt halte ich allein die Stellung. Bujan ist mir von der alten Stute Siwka geblieben. Du kennst die Siwka noch. Sie war zahm, dieser Hengst aber ist ein ungebärdiger Dummkopf. Er benimmt sich schlechter als ein Esel. Dieser Tage sage ich zu ihm: Komm, wir fahren mit dem Pferdewagen Holz holen, der aber rührt sich nicht vom Fleck. Schaut mich mit dem Weißen seiner Augen an und wackelt nur mit den Ohren. Droht mir sozusagen. Schlägt sogar mit den Vorderhufen gegen die Futterkrippe. Benimmt sich wie ein Herr, sag ich dir. Ruft ihn die Frau, da kommt er. Will ich was von ihm – nein! Ich weiß nicht mal mehr, wer der Herr im Hause ist, bin ich sein Herr oder ist er meiner. Nun sag mal, wie soll ich da mein Feld im Dürren Tal pflügen, wenn er jegliche Mitarbeit verweigert?«

    »Er verweigert was?«, fragte der Alte Storch und lachte kurz auf.

    »Ich kastriere ihn glatt, so wahr ich hier stehe!«, drohte Egati finster. »Ich weiß, es ist nicht menschlich, aber sobald ich den Veterinär rufe, wird das Pferd endlich aufhören, verrückt zu spielen.«

    »Das wolltest du doch schon lange tun!«, bemerkte der Storch. »Seit drei Jahren redest du davon.«

    »Ich bin zu weich!«, ärgerte sich Egati. »Ich fasse stets richtige Entscheidungen, dann aber komme ich ins Schwanken … Ein schwacher Charakter, das bin ich!«

    Der Storch schaute in das Blau des Himmels. Nichts zu sehen, sie waren immer noch nicht da. Aber sie würden bald kommen. Er kannte die Seinigen. Bis zum Abend würden sie da sein. Er müsste etwas für sie kochen. Wenn seine Frau schon da wäre, sie konnte vorzüglich kochen – aber am ersten Tag war es immer an ihm, da gab es kein Entrinnen.

    »Hör mal, Egati!«, sagte er zu dem schmächtigen Bauern.

    »Was denn?«

    »Ist der Lebensmittelladen im Dorf noch geöffnet?«

    »Ist auf! Wir haben jetzt einen neuen Ladeninhaber. Eine Frau. Keine richtige Frau, sondern ein junges Mädchen. Tüchtig, gibt sich Mühe. Ich hab da mal eine Schirmmütze gekauft. Sogar Schirmmützen kann man da neuerdings kaufen, du weißt Bescheid. Ein patentes Mädchen.«

    »Kann man auch etwas zu essen kaufen?«

    »Nö, zu essen findest du nicht viel. Wer sollte da auch was zu essen kaufen? Die Leute kochen doch alles bei sich zu Hause. Aber Reis, Suppennudeln, Salz, Zucker, Petroleum, das gibt es dort. Warum brauchst du den Laden?«

    »Meine Leute kommen doch«, erklärte der Storch und blickte in die Höhe, »womit soll ich sie empfangen?«

    »Nichts einfacher als das!«, winkte Egati ab und verschüttete dabei ein wenig aus seinem Schnapsgläschen. »Oh, den guten Schnaps verschüttet!«

    Und er kippte den Rest auf einmal hinunter.

    »Ich gieße dir noch mehr ein«, versprach der Storch und tat es.

    »Zum Wohl!«, rief Egati. »Mach dir bloß keine Sorgen ums Essen. Ich pfeife meine Frau herbei und sie kocht dir was, dass sich alle die Finger danach lecken!«

    »Was wird sie denn kochen?«, fragte der Storch ein wenig misstrauisch. – »Woher soll ich das wissen?«, wunderte sich Egati. »Alles kann sie kochen! Du hast bisher nicht gesagt, was du willst, also hat sie nicht gekocht.«

    »Ich habe hier keine Lebensmittel. Was kann ich schon wollen?«

    »Würden denn deine Leute Kleingebratenes essen?«

    »Was ist das – Kleingebratenes?«

    »Komm schon, Storch, du kommst von hier und weißt nicht, was Kleingebratenes ist? Meine Frau kann Kleingebratenes am besten. Wir essen es das ganze Jahr über. Das schmeckt!«

    »Ist ja gut, aber woraus wird es gemacht?«

    »Nichts leichter als das! Um ehrlich zu sein, auch du könntest das zubereiten. Nicht dass meine Frau es nicht kochen würde, sie wird es schon tun. In der großen Pfanne. Du wirst dir die Finger danach lecken. So wird es also gemacht: In die Pfanne kommen gehackte Zwiebeln, darüber wird Olivenöl gegossen, und das muss dann anbraten, bis die Zwiebeln goldgelb werden und es im ganzen Haus lecker riecht. Lass uns aber erst mal anstoßen, denn das Schwierigste kommt noch.«

    Sie stießen mit den Schnapsgläsern an.

    »Also«, fuhr Egati fort, »die gehackte Zwiebel wird angebraten, bis sie goldgelb ist. Dann kommen Eier und Balkankäse darüber. Und nun rührst du mit dem Holzlöffel in der Pfanne tüchtig um, und sobald die Eier gebraten sind – da haste das Kleingebratene fertig!«

    »Fertig ist es also, das Kleingebratene«, wiederholte wie ein Echo der Storch. »Ist das alles?«

    »Was willste noch mehr?«, wunderte sich Evstati. »Es ist einerseits fast ein Fleischgericht und das auch noch mit Eiern, und andererseits ist es schnell zubereitet. Du kannst auch ein bisschen Speck dazu tun«, fiel ihm noch ein. »Mit dem Speck ist es noch bekömmlicher. Gieß du mir aber jetzt vom Schnaps nach, lieber Storch, denn die Zeit drängt. Kaum hat man ein paar Worte ausgetauscht, ist sie schon verflogen.«

    »Meinst du die Zeit?«

    »Ja, ja. Die fliegt viel. Wie ein Storch, haha! Du, Storch, entschuldige, ich hab ein wenig gescherzt … Damit wir etwas zu lachen haben, du weißt schon.«

    »Die Zeit fliegt immer schneller«, sagte der Storch etwas nachdenklicher. »Eben waren wir noch Kinder, jetzt sind wir schon alt, oder?«

    »Von wegen alt! Es steckt immer noch Saft in uns, Storch! Weißt du, was für eine Kraft ich manchmal in mir spüre? Ich könnte Berge versetzen, sag ich dir! Täusche dich nicht, wenn du mich so spillig siehst. Wie viele wie wir sind denn noch übrig geblieben? Herkules und ich. Und vielleicht Achilles dazu. Wer denn sonst noch? ... Sag mal, wie viele seid ihr, die Sippe, die kommt?«, fragte Egati unvermittelt. »Für wie viele Leute soll meine Frau braten?« Der Bauer verließ die griechische Mythologie mit einem einzigen Blinzeln seiner Augen.

    »Gleich sag ich’s dir«, und der Storch zählte mit finsterer Miene die Mitglieder seiner Sippe an den Fingern ab. »Ich und die Frau, wir sind zwei, die vier Söhne mit den zwei Schwiegertöchtern, macht acht, und die kleine Tochter – das ist es.«

    »Wie viele denn, insgesamt?«

    »Neun!«, erklärte der Storch und zählte noch mal die Finger ab. »So ist es! Neun.«

    »Und was ist denn mit deinem Enkelsohn? Du hast wieder den Enkel vergessen! Den kleinen Martin. Auch letztes Jahr hattest du ihn vergessen. Erinnerst du dich?«

    »Ich weiß Bescheid, ich erinnere mich gut! Aber die Jugend heute … Was soll ich sagen? Jedes Mal zähle ich ihn dazu, und dann kommt er nicht. Oder sollte er doch kommen, dann mit Verspätung. Ich weiß nicht, was ihn aufgehalten, ich weiß nicht, welche Verpflichtungen er gehabt hat. Es gibt nur Ärger mit ihm, damit du es weißt.«

    »Du solltest ihn auf jeden Fall dazuzählen, man weiß ja nie ...«

    »Zähl du ihn dazu. Ich habe ihn abgeschrieben.«

    »Nein, mach das nicht! Er ist dein Enkel. Löst dich eines Tages ab, wie man so sagt. Und er trägt deinen Namen. Der kleine Martin.«

    »Wir alle in unserer Sippe werden nach dem Monat März[5] genannt, aber er … Gott weiß, wohin er meinen Namen trägt. Er gehorcht weder mir noch seinem Vater. Wird mich eines Tages zur Weißglut treiben, da werde ich ihm den Hintern versohlen – mit der Rute von der Kornelkirsche. Aber dann denke ich, soll er doch tun, was er tun will, schließlich ist er mein Enkel. Von mir aus, sage ich, und irgendwie tut er mir leid … irgendwie. Aber wenn ich mich mal richtig ärgere«, an dieser Stelle hob der Storch den Finger zum Himmel, »wenn ich mich eines Tages wirklich richtig ärgere, dann sollst du mal sehen, was passiert!«

    Und er schaute den Mann vor sich mit beredter Miene an, die wohl sagen sollte: ›Ich bin nicht schlechter als Achilles oder der andere, wie hieß er doch ...‹

    »Aha, auch du bist wie ich!«, widersprach Egati. »Ein Weichei. Das mit dem Hinternversohlen hast du auch voriges Jahr gesagt.«

    »Mensch, ich …«, ärgerte sich der Storch. »Seinem Vater habe ich den Hintern nach allen Regeln der Kunst versohlt, ohne mit der Wimper zu zucken, aber dieser Schlingel … scheint mir noch zu klein zu sein, das ist es.«

    »Wer an der Rute spart, der liebt seine Kinder nicht, hieß es mal früher!«, sagte Egati tiefsinnig. »Noch eine Zigarette, her damit!«

    Inzwischen hatte sich der Storch eine Zigarette angesteckt und paffte wütend ein rundes Rauchknäuel nach dem anderen in die Luft. Egati nahm sich eine Zigarette, drückte sie weich zwischen seinen harten Fingern und steckte sie sich anschließend hinter sein Ohr. »Für später«, erklärte er.

    »Nimm dir noch eine«, lud ihn der Storch ein.

    »Nö, ich habe das Rauchen aufgegeben«, sagte Egati. »Bekommt mir nicht. Aber wenn du sie mir so lieb anbietest, schlage ich dir den Wunsch nicht ab. Komm jetzt, zum Wohl, ich muss unbedingt gehen. Und wegen des Kleingebratenen, da mach dir mal keine Sorgen. Zum Abendessen ist alles da!«

    »Ich mache mir keine Sorgen wegen des Kleingebratenen, sondern um dieses Kind.«

    »Um deinen Enkel? Um den kleinen Martin?« Egati lachte auf, und sein rundes, unrasiertes Gesicht verzog sich bis zu den Ohren. »Immer mit der Ruhe, Storch! Oder bist du noch nie jung gewesen? Erinnere dich bloß, was wir selbst für Dummheiten gemacht haben. Weißt du noch, wie sie uns mit den zwei Schwestern in der Schule erwischt hatten?«

    »Welche Schwestern denn?«, begab sich der Storch leicht beleidigt auf den Rückzug. »Ich kenne keine Schwestern!«

    »Du kennst sie! Die zwei da, die in Plewen zur Schule gingen und in den Winterferien nach Hause kamen. Und wir beide gingen mit ihnen zum Tanzabend in unserer Schule. Und dann hast du dich mit der einen Schwester in ein Klassenzimmer zurückgezogen und ich mit der anderen in die Kammer der Putzfrau. Und als der Schuldirektor hereinplatzte … Von wegen du weißt es nicht mehr …?«

    »Was für ein Blödsinn!«, sagte der Storch finster. »Dein Kopf ist voller Blödsinn!«

    Egati lachte so sehr, dass ihm die Zigarette aus dem Mund fiel. »Und du dagegen bist sehr anständig geworden!«, warf er dem Storch lachend vor. »Es stimmt, du reist viel in der Welt herum, hast viel gesehen, die anderen können das nicht, aber von Zeit zu Zeit solltest du daran denken, dass auch dir nichts Menschliches fremd ist.«

    »Ich weiß«, parierte der Storch noch finsterer und nahm einen kleinen Schluck Schnaps. Es hörte sich an, als rausche ein kleiner Niagara-Fall in seiner Kehle.

    »Du kannst doch nicht an Martins statt leben, nicht wahr?«, kam Egati auf das Thema zurück. »Sein Leben gehört ihm, und solltest du ihn sogar mit einem Hund bewachen – das, was ihm beschieden ist, das wird auch passieren. Warum grämst du dich dann? C'est la vie!«

    »Verdammt!« Nur das brachte der Storch heraus.

    Gerade in diesem Augenblick bekam der Philosoph Egati einen Schluckauf.

    »Einen Schluck Wasser?«, fragte ihn der Storch besorgt.

    »Wasser ist zum Waschen da«, erwiderte Egati prompt. »Ich habe schon mal davon gekostet, nein, danke!«

    »Was soll das sein? Poesie?« Der Storch riss die Augen auf.

    »Von wegen Poesie! Das ist ein Epigramm«, klärte ihn Egati auf. »Puschkin hat es geschrieben. Wenn du so viel in der Welt herumgekommen bist, musst du Puschkin kennen!«

    Jetzt bekam der Storch den Schluckauf. Aber daran war eher der Schnaps schuld. Denn der Schnaps hatte es in sich.

    [3] егати – abgemilderte und ambivalente Form eines derben Fluches, die außer Missfallen auch Zustimmung, sogar Begeisterung zum Ausdruck bringen kann – hier als männlicher Name Egati verwendet.

    [4] Tudorovtag, Todorovtag – beweglicher Feiertag im Februar/März; in der bäuerlichen Überlieferung Tag des Pferdes, auch Pferde-Ostern genannt.

    [5] bulgarisch Mart

    Je schneller desto ferner

    Es war große Pause und auf dem Schulhof herrschte ohrenbetäubender Lärm. Die Knirpse der fünften Klasse jagten einem schwarz-weißen Fußball hinterher und stritten miteinander, ob es ein Faul gewesen war oder doch ein sauberer Spagat. Die Größeren aus der siebten Klasse schauten ihnen herablassend zu. Zwei Erstklässler mampften ihr Frühstück, Sandwichs, vorher gut verstaut in Plastiktüten, und beobachteten verwundert die Welt der Erwachsenen aus der Perspektive ihrer laufenden Nasen. Im Hof verstreut standen Mädchen in kleinen Gruppen und unterhielten sich angeregt. Hinter den sorgfältig geschnittenen Buchsbaumhecken hockten einige Zehntklässler und ließen heimlich eine brennende Zigarette herumgehen. Sie zogen so heftig an der Zigarette und reichten sie so hastig weiter, dass sich eine Rauchwolke über dem dunkelgrünen Busch kräuselte, wie über einem kochenden Topf auf dem Herd. Das gelbe Schulgebäude schaute sich das alles mit seinen hellen Fensteraugen etwas von oben herab an. Was hatte es seit Menschengedenken nicht schon alles gesehen?

    xx»Hör zu!«, sagte Swetlana erregt zu ihrer Schwester. »Mein Portemonnaie ist weg.«

    xxBeide standen am äußersten Ende des Schulhofs, nahe dem Turnplatz.

    xx»Du wirst es irgendwo verkramt haben«, erwiderte ihre Schwester, ohne sie überhaupt anzusehen, denn in diesem Moment verklebte sie mit einem winzigen Nagellackpinsel eine Laufmasche in ihrer Strumpfhose.

    xx»Man hat es mir gestohlen!«, stellte Swetlana mit sorgenvollster Stimme fest. »Da waren ganze achtzig Rubel drin.«

    »Such in deiner Handtasche«, riet ihr die Schwester. »Du bist so unordentlich, kein Wunder, wenn es in der Tasche deines Kleides wäre.«

    Swetlana griff sofort in die Tasche ihres braunen Kleides, und von der schnellen Bewegung gerieten ihre über den Schultern liegenden blonden Locken in Bewegung.

    »Von wegen im Kleid! Denkste!«, ärgerte sie sich. »Geklaut worden ist das Portemonnaie, das sag ich dir! Und weißt du, wer dafür in Frage kommt?«

    »Fertig! Das hält!«, sagte ihre Schwester und verschloss das knallrote Nagellackfläschchen.

    Sie trug ebenfalls die braun-weiße Schülerkleidung, wie es sich gehörte, aber das hinderte sie nicht daran, auf ihre feine englische Strumpfhose besonders acht zu geben.

    »Nataschka Pawljutschenko!«, platzte es aus Swetlana heraus. »Sie ist die Verdächtige! Ich gehe schnurstracks zu ihr und reiße ihr die Haare aus!«

    »Unsinn!«, sagte ihre Schwester. »Wir sind doch nicht in der fünften Klasse.«

    »Weißt du überhaupt, was in meinem Portemonnaie drin war? Das Geld kannst du vergessen, aber da waren auch meine Passfotos.«

    »Sehr wichtig! Ich gebe dir welche von mir.«

    »Ich will deine Fotos nicht!«, sagte schroff Swetlana. »Mit deinem Muttermal auf der Oberlippe verschandelst du mir nur meinen neuen Personalausweis.«

    »Das Muttermal ist sogar sehr sexy, wenn du es genau wissen willst!«

    »Wer es glaubt! Es sieht auf dem Foto wie ein Schmutzfleck aus.«

    »Hab ich richtig gehört?«

    »Ja doch! Dieser Tage fragte mich Tscherednjak, der Fußballer aus der 10 B, ob meine Schwester ein Schornsteinfeger sei. Kannst du dir das vorstellen?«

    »Warum schreibst du nicht einen Roman?«

    »Wie bitte?«, sprang Swetlana auf.

    »Du denkst dir alles so schön aus, oh, es ist so wunderbar … Deine Fantasie geht mit dir einfach durch, das ist es.«

    »Frag ihn doch, wenn du mir nicht glaubst!«

    »Ich gebe mich doch nicht mit Halbwüchsigen ab«, sagte ihre Schwester von oben herab und schwenkte ihre moderne Kurzhaarfrisur.

    »Oh, wie wichtig wir tun!«, meldete sich Swetlana sofort. »Wir, die mit den neuen Mackern, die aus irgendeinem seltsamen Grund in die heimatlichen Gefilde abgeflogen sind, abgeflogen – ich bitte dich!«

    »Halt den Schnabel«, sagte ihre Schwester müde. »Deine Scharfsinnigkeiten haben mir gerade noch gefehlt.«

    »Die Krylov-Schwestern! Hallo, ihr Krylov-Schwestern!«, rief da jemand, und die beiden Mädchen erblickten zwischen den Schülergruppen einen kleinen Jungen aus der fünften oder sechsten Klasse, der auf sie zulief.

    »Was schreist du so, Kleiner?«, fragte Swetlana freundlich. »Ist das Ende der Welt gekommen oder so etwas Ähnliches?«

    »Loyola ruft euch!«, erklärte der Junge außer Atem. »Sie sagte: sofort. Auf der Stelle, sagte sie.«

    Die Schwestern sahen sich an. »Loyola« – so wurde die Schuldirektorin der Elite-Schule für Fremdsprachen genannt. Eigentlich hieß sie Alexandra Sergejevna Sagajeva. Swetlana behauptete immer, dass dieser Spitzname unter Tausenden von Namen für Ungeheuer in Menschengestalt, die mit der Axt in der Hand den armen Homo sapiens auf den engen Pfaden der Geschichte gejagt haben, ausgesucht worden sei. Ignatius von Loyola, der große Inquisitor.

    »Das fehlte uns noch!«, sagte jetzt Swetlana. »Was soll diese Eile? Hast du etwa eine Bank ausgeraubt?«, wandte sie sich an ihre Schwester.

    »Das noch nicht. Aber egal was ist, Loyola wird es uns sagen.«

    Swetlana zuckte mit den Schultern und folgte ihrer Schwester zum großen Haupteingang der Schule. Hinter ihnen kam Bewegung in die Schüler. »Loyola hat die Schwestern gerufen!« Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Vor dem Eingang wurden beide von einem großen Mädchen mit zerzauster Rothaarfrisur eingeholt.

    »Was ist los?«, fragte das Mädchen atemlos. »Warum hat sie nach euch geschickt?«

    »Woher soll ich das wissen«, antwortete Swetlana nachlässig. »Ich bin doch kein Orakel.«

    »Hoffentlich ist es nicht wegen der Fete dieser Tage bei mir zu Hause … Mein Gott, jemand hat uns angeschwärzt, dass wir Gras rauchen! Man wird uns von der Schule verweisen. Du gibst nichts zu, verstanden?«

    »Wofür hältst du mich!«

    »Ich warte auf euch vor dem Direktorenzimmer.«

    »Reg dich nicht so auf«, riet Swetlana der Mitschülerin, »damit verkürzt du bloß dein Leben«, und verschwand hinter ihrer Schwester im kühlen, dunklen Eingang der Schule.

    Jede Schule verfügt über mindestens einen kühlen und dunklen Eingang. Dort steht der Aufsicht führende Lehrer und kontrolliert die eintretenden Schüler – ob die Frisur vorschriftsmäßig ist, ob die Schülerkleidung den Vorschriften entspricht, ob sie ihr Zensurenheft bei sich haben. Von diesen ewigen Haupteingängen steigt man dann stets in die erste Etage empor, wo – warum immer in der ersten Etage? – sich das Direktorenzimmer befindet, in unserem Fall – das Zimmer von Alexandra Sagajeva, sprich Loyola.

    »Herein!«, rief die Direktorin auf das zaghafte Anklopfen hin. Ihre Brillengläser lösten sich von einem Stoß Unterlagen. Die Zwillinge traten schüchtern in das Zimmer. Ihre Füße, die bei beiden in gleichen schwarzen Fellstiefeln steckten, versanken in dem dicken Teppich. Ja, Sagajevas Arbeitszimmer sah richtig direktorenmäßig aus, das sah man auf den ersten Blick. Streng. Offiziell. Und viele offizielle Dinge: Ein Perserteppich; ein großer Schreibtisch aus hellem Holz (der ebenfalls zur Hälfte im Teppich versank); große und kleine Regale an allen Wänden, mit Papieren beladen wie Wüstenkamele; ein blauer Erdglobus; ein niedriges Tischchen mit Glasplatte; rote Sessel für den Empfang von Gästen; ein echt grimmiger Gummibaum und – ohne ihn geht es wohl nicht – das Porträt Maxim Gorkis an der Wand, genau über dem Kopf der Direktorin.

    »Guten Tag!«, grüßten die Mädchen, und Swetlana fügte hinzu: »Sie haben nach uns gerufen.«

    »Tretet näher!«, befahl die Direktorin Sagajeva.

    Sie traten näher, während die Direktorin sich wie immer bemühte, sie auseinander zu halten. Ja, die rechts scheint Swetlana zu sein. Oder links? Wer von ihnen hatte sich denn die Haare kurz schneiden lassen und wer ist jetzt die mit den Zöpfen? Hm … Sagajeva gab es auf.

    »Mädchen«, wandte sie sich an beide. »Ich habe Neuigkeiten für euch.« Und schaute sie feierlich an.

    Im Grunde war die Sagajeva trotz ihres entsetzlichen Spitznamens eine schöne Frau, unter welchem Aspekt man sie auch betrachtete. Genauer gesagt, sie war eine vorzüglich gepflegte 39-jährige Frau. Stets elegant gekleidet, doch schlicht, immerhin war sie Schuldirektorin und keine Zirkusartistin. Sie trieb regelmäßig Sport und besaß außer einem biegsamen Körper überraschend viel Kraft in den Händen. Beide Mädchen hatten das am eigenen Körper erfahren – manchmal zwickte Sagajeva einen schlimmer als die Kälte des Eismeers. Und immer oberhalb des Ellenbogens, dort, wo es am meisten wehtut. Aber die Schüler fürchteten sie nicht deswegen. Sie fürchteten sie, weil sie ein Mensch mit außerordentlichen Prinzipien war. Wie der unerbittliche Ignatius von Loyola.

    Sie befolgte das Schulgesetz Buchstabe für Buchstabe und ließ keine Übertretung ungesühnt, nahm niemals Rücksicht auf die Person dessen, der gegen das Schulgesetz verstoßen hatte. Und mochte es der beste Schüler sein oder der Sohn des Bildungsministers – für Sagajeva hatte das keine Bedeutung. Sie verteidigte die Regeln mit Kraft und Unerbittlichkeit, und ihre Strafen waren echte Meisterwerke. Keine glich der anderen, keine. Sie waren stets der Psychologie des Individuums angepasst, wie sie zu sagen pflegte. Sie waren so erdacht, dass sie besonders schmerzten. Offensichtlich hatte Sagajeva, dem Beispiel des großen Inquisitors folgend, ihr eigenes privates Netz aus Denunzianten aufgebaut, und daher ertappte und entdeckte sie die Schuldigen, so wie der Arzt den Puls des Patienten findet. Einfach und schnell. Fehlerlos. Und dann … dann hatten die armen Sünder das Gefühl, dass der Himmel über ihnen zusammenbrach. Oh, sie kannte sie alle. Alle Schüler. Sie kannte sie sogar sehr gut. Und wenn man jemanden gut kennt, dann ist man auch in der Lage, ihn zu verletzen.

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