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Hungergenozid
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Hungergenozid

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Das Wort „Holodomor“ bedeutet Massenmord durch Hunger, vor dem es kein Entkommen gab. Mit diesem Wort bezeichnen Ukrainer die nationale Katastrophe von 1932 – 1933. Wir gehen davon aus, dass der Holodomor eines der wichtigsten Ereignisse nicht nur der ukrainischen Geschichte, sondern auch der Weltgeschichte des 20. Jh. ist. Ohne ein Verständnis dieses Ereignisses ist es kaum möglich, die Natur des Totalitarismus und der Verbrechen, die sowohl vom sowjetischen als auch vom nationalsozialistischen Totalitarismus begangen wurden, zu verstehen. Der Holodomor hatte seine Vorgeschichte und seine Folgen. Gerade deshalb umfassen die Materialien der Ausstellung im chronologischen Ablauf nahezu ein ganzes Jahrhundert. Die Ausstellung beginnt mit der Beschreibung dessen, was die Ukraine Anfang des 20. Jh. - 30 Jahre vor dieser Tragödie - darstellte und endet mit einem Bericht über das Wiedererwachen der Erinnerung an den Holodomor in der heutigen Ukraine.

LanguageDeutsch
Release dateOct 29, 2018
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    Hungergenozid - Ukrainisches Institut für Nationales Gedenken

    gestellt

    Holodomor: erklären und vorbeugen

    Das Wort «Holodomor» bedeutet Massenmord durch Hunger und wird von den Ukrainern als Bezeichnung für die Nationale Katastrophe von 1932 – 1933 verwendet, von der es kein Entkommen gab.

    Wir sind der Ansicht, dass die einzigartige Geschichte des Holodomor nicht nur in der Ukraine, sondern in der ganzen Welt bekannt sein sollte. Wir erklären auch, warum wir den Holodomor für einen Genozid halten und bitten die Weltgemeinschaft, ihn als solchen anzuerkennen.

    Wir gehen davon aus, dass Holodomor eines der einschneidendsten Ereignisse nicht nur der ukrainischen Geschichte, sondern auch der Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts war. Ohne das Verständnis dieses Ereignisses ist es kaum möglich, die Natur des Totalitarismus und die Verbrechen des sowjetischen und des nationalsozialistischen Regimes zu verstehen.

    Wir sind der Auffassung, dass es von besonderer Bedeutung ist, von diesem geschichtlichen Ereignis zu erzählen. Denn nicht einmal heute können wir uns sicher sein, dass sich ein neuer Holodomor nicht wiederholen kann. Im Gegenteil: Anzeichen für Genozide sehen wir immer öfter in der Welt von heute. Die Zeugen des Verbrechens und die Geschichte des Holodomor können uns vor Augen führen, wie man ähnliche Untaten vermeiden und denjenigen die Stirn bieten kann, die sie planen und organisieren.

    Ein aufmerksamer Blick in die Vergangenheit ist stets hilfreich, um die Vorzeichen des Bösen auch in unserer heutigen Zeit erkennen zu können. Obschon es sich unterschiedlich manifestieren mag – seine Natur ist immer ein- und dieselbe. Die Drahtzieher von Genoziden spalten Gesellschaften, schüren Feindschaften mit Mitteln der Propaganda, schaffen die Grundrechte ab, bestrafen die Opfer massenhaft mit dem Tod und tun später so, als sei nichts Schlimmes geschehen und belügen die ganze Welt. Sie zielen darauf ab, ihre Opfer zu unterwerfen, zwingen ihre Wesensart und Mentalität völlig an ihre eigene anzupassen und zwar durch die teilweise oder vollständige physische und moralische Vernichtung. Der Genozid gründet auf Hass und Verachtung.

    Gerade deswegen hinterlassen diese Verbrechen nicht nur tiefe Wunden beim Volk, dass sie durchlitt, sondern auch an der gesamten Menschheit. Um diese Wunden zu heilen und Widerstand gegen neue Stalins und Hitlers zu leisten, muss man die Dinge beim Namen nennen und darüber laut und mit Nachdruck sprechen.

    Die Ukraine – ein einzigartiges Land

    Die Ukraine ist das zweitgrößte Land Europas. Mitte des 19. Jahrhunderts umfassten die ethnisch ukrainischen Territorien etwa 700.000 km² mit einer Bevölkerung von über 30 Millionen Menschen. Das Land ist reich an Schwarzerde und Bodenschätzen, verfügt über ein mildes und gemäßigtes Klima, welches den Anbau von Getreide und Weinreben begünstigt. Von alters her wurde die Ukraine von Reisenden daher als „Land, in dem Milch und Honig fließen" bezeichnet.

    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die Ukraine zunächst kein eigenes Staatsgebilde. Ihre Territorien waren Bestandteile des Russischen Reiches und der Österreich-Ungarischen Monarchie. 80% der ethnisch ukrainischen Gebiete mit einer Bevölkerung von über 22 Millionen Einwohnern waren der Kontrolle Russlands unterworfen. Wie auch bei den übrigen nichtstaatlich organisierten Völkern Zentralosteuropas waren rund 90% der Ukrainer Bauern. Diese strebten nach wirtschaftlicher Selbständigkeit und betrachteten ihren Boden als ihr größtes Gut. Das Dorf war die Keimzelle der traditionellen ukrainischen Kultur und Spiritualität, hier wurden die ukrainische Sprache, alte Traditionen und Feste bewahrt und aufrechterhalten.

    Am Vorabend des Ersten Weltkrieges produzierten ukrainische Bauern und Gutsbesitzer 43 % der weltweiten Gerste-, 20% der Weizen- und 10% der Maisernte. Der Export ukrainischen Getreides Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts spielte in der Wirtschaft des Russischen Reiches eine wichtige Rolle. Zu dieser Zeit wurde die Ukraine auch „Kornkammer Europas" genannt.

    Während des 19. Jahrhunderts durchliefen die Ukrainer – wie auch andere Völker Europas – den Prozess der Nationsbildung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die politische Forderung der Gründung eines unabhängigen ukrainischen Staates formuliert, die als Grundlage für die ukrainische Bewegung während des 20. Jahrhunderts diente.

    Der Untergang des Russischen Reiches bot der ukrainischen Bewegung eine Chance. 1917 brach die Ukrainische Revolution aus. In allen Regionen begannen Ukrainer eigene Verwaltungsorgane und gesellschaftliche Institutionen zu bilden. Ein nationales Vertretungsorgan wurde geschaffen, nämliсh der Ukrainische Zentralrat (Ukrajins‘ka

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