Der schöne Fremde am See: Der kleine Fürst 210 – Adelsroman
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Antonia lief langsam durch das Haus, bewunderte die alten Holzbalken und die Dielen, die schön geschwungene Treppe, die großzügig geschnittenen Räume, die Bilder an den Wänden, die gemütliche Einrichtung. Die alte Villa war ein richtiges Familiennest. Sie schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. Würde sie sich jemals wieder irgendwo zu Hause fühlen? Trotzdem war sie froh, jetzt hier zu sein. Allerdings hatte sie einbrechen müssen, sie besaß ja keinen Schlüssel. Über eins der Kellerfenster war sie eingestiegen, sie hoffte, keinen allzu großen Schaden angerichtet zu haben. Wie gut, dass sie von der Existenz dieses Hauses gewusst hatte! Es würde ihr in der nächsten Zeit Unterschlupf bieten, bis sie eine Entscheidung darüber gefällt hatte, wie es weitergehen sollte. Im Augenblick war sie nicht imstande, Pläne zu schmieden, sie musste zuerst zur Ruhe kommen. Es würde bald dunkel werden, die Tage waren ja um diese Jahreszeit sehr kurz. Sie fragte sich, ob sie es wagen konnte, Licht zu machen. Es gab ja direkte Nachbarn hier. Zwar waren, wie sie erfahren hatte, nicht alle Häuser bewohnt, denn diese Gegend war trotz ihrer Schönheit noch immer ziemlich einsam, aber es gab Leute, die in dieser Straße wohnten. Sie würde es wohl besser nicht riskieren und machte sich deshalb auf die Suche nach Kerzen, um die Batterien ihrer Taschenlampe zu schonen. In der Küche wurde sie fündig, hier gab es auch Kerzenhalter. Ebenso fand sie ein paar haltbare Lebensmittel, sie konnte sich also zumindest eine einfache Mahlzeit zubereiten, denn einige Vorräte hatte sie auch bei sich. Später würde sie ersetzen, was sie verbraucht hatte, auch das eingeschlagene Kellerfenster. Sie fröstelte. Das Haus war nicht völlig ausgekühlt, die Heizung lief, aber offensichtlich auf Sparflamme.
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Der schöne Fremde am See - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 210–
Der schöne Fremde am See
Für Antonia ist eine Welt zusammengebrochen
Viola Maybach
Antonia lief langsam durch das Haus, bewunderte die alten Holzbalken und die Dielen, die schön geschwungene Treppe, die großzügig geschnittenen Räume, die Bilder an den Wänden, die gemütliche Einrichtung. Die alte Villa war ein richtiges Familiennest. Sie schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. Würde sie sich jemals wieder irgendwo zu Hause fühlen?
Trotzdem war sie froh, jetzt hier zu sein. Allerdings hatte sie einbrechen müssen, sie besaß ja keinen Schlüssel. Über eins der Kellerfenster war sie eingestiegen, sie hoffte, keinen allzu großen Schaden angerichtet zu haben.
Wie gut, dass sie von der Existenz dieses Hauses gewusst hatte! Es würde ihr in der nächsten Zeit Unterschlupf bieten, bis sie eine Entscheidung darüber gefällt hatte, wie es weitergehen sollte. Im Augenblick war sie nicht imstande, Pläne zu schmieden, sie musste zuerst zur Ruhe kommen.
Es würde bald dunkel werden, die Tage waren ja um diese Jahreszeit sehr kurz. Sie fragte sich, ob sie es wagen konnte, Licht zu machen. Es gab ja direkte Nachbarn hier. Zwar waren, wie sie erfahren hatte, nicht alle Häuser bewohnt, denn diese Gegend war trotz ihrer Schönheit noch immer ziemlich einsam, aber es gab Leute, die in dieser Straße wohnten. Sie würde es wohl besser nicht riskieren und machte sich deshalb auf die Suche nach Kerzen, um die Batterien ihrer Taschenlampe zu schonen.
In der Küche wurde sie fündig, hier gab es auch Kerzenhalter. Ebenso fand sie ein paar haltbare Lebensmittel, sie konnte sich also zumindest eine einfache Mahlzeit zubereiten, denn einige Vorräte hatte sie auch bei sich. Später würde sie ersetzen, was sie verbraucht hatte, auch das eingeschlagene Kellerfenster.
Sie fröstelte. Das Haus war nicht völlig ausgekühlt, die Heizung lief, aber offensichtlich auf Sparflamme. Sie fragte sich, ob sie herausfinden konnte, wie man sie höher stellte. Sie sehnte sich nämlich nach einem ausgedehnten Bad, aber dazu brauchte sie natürlich heißes Wasser.
Sie setzte also ihren Rundgang durchs Haus fort und landete schließlich wieder im Keller, wo sie zunächst in einem kleinen Raum mehrere Fahrräder entdeckte, keins von ihnen war abgeschlossen, aber die Schlösser hingen daneben. Ihr Herz machte einen Satz vor Freude. Damit kam sie ziemlich schnell bis ins Dorf, vielleicht sogar bis in die nächste Kleinstadt. Sie war gut trainiert, sie fuhr zu Hause viel mit dem Rad. Sie suchte sich eins aus, das einen Korb hatte, nahm auch ein Schloss mit und schob das Rad neben die Kellertür, bevor sie ihre Suche fortsetzte.
Sie fand die Heizungsanlage schließlich und studierte sie genau. Die Bedienung sah sehr einfach aus. Es gab zwei Drehschalter, mit denen man die Temperatur für warmes Wasser und die Heizung regeln konnte. Die Heizung war, wie sie vermutet hatte, zwar an, lief aber auf einer niedrigen Stufe, die Warmwasserzubereitung war abgestellt worden. Sie stellte sie an, drehte die Heizung auf und lauschte eine Weile auf die beruhigenden, blubbernden Geräusche, die das Gerät von sich gab. Als sie wieder oben war, merkte sie schon nach wenigen Minuten, dass sie erfolgreich gewesen war.
Sie kochte Nudeln, die sie mit einer Fertigsauce aß, die sogar ganz gut schmeckte. Danach nahm sie die Kerzen und ihre Sachen mit in den ersten Stock, wo sie das große Badezimmer betrat, das sie auf ihrem Rundgang entdeckt hatte. Sie ließ Wasser in die Badewanne, fand auch einen duftenden Badezusatz und streckte sich schließlich wohlig in der Wanne aus. Das war es, was ihr gefehlt hatte!
Sie schloss die Augen, genoss die Wärme und versuchte, nicht an das zu denken, was sie hierher geführt hatte. Irgendwann würde sie darüber nachdenken und auch Entscheidungen fällen müssen, aber noch war es nicht so weit.
Als sie beschloss, die Wanne zu verlassen, war es fast dunkel. Sie zündete die Kerzen an, die sie zuvor auf einem kleinen Schränkchen aufgestellt hatte und stieg aus dem Wasser. Wäsche gab es hier im Haus genug, auch Bettwäsche hatte sie gefunden.
Sie hüllte sich in ein großes Badehandtuch, ließ das Wasser ab und machte die Wanne danach sauber. Sie wollte, wenn sie wieder ging, das Haus so zurücklassen, wie sie es vorgefunden hatte.
Das Zimmer, in dem sie schlafen wollte, hatte sie sich vorher schon ausgesucht: Es war das größte Zimmer im ersten Stock und dasjenige mit der besten Aussicht auf den See. Sie würde die Matratze von einem der Betten nehmen und dorthin bringen. Sich in eins der Betten zu legen, wäre ihr unrecht vorgekommen, ihr war ja klar, dass sie sich an einem Ort befand, an dem sie nicht hätte sein sollen – jedenfalls nicht heimlich. Aber sie würde gewiss nichts kaputt machen und schon gar nichts stehlen, deshalb war sie nicht hier. Sie brauchte nur ein Versteck.
Sie schlief, allem, was sie beunruhigte zum Trotz, tief und traumlos und wachte am nächsten Morgen auf, als es noch kaum dämmerte. Im Haus war es jetzt angenehm warm. Sie blieb noch liegen, bis sie durch das große Fenster helle Streifen am Himmel sah. Dann stand sie auf und sah auf den See hinaus, der fast unbewegt vor ihr lag, wie ein riesiger Spiegel. Das Bild war von atemberaubender Schönheit, es hatte etwas Tröstliches. Dennoch weinte sie wieder. Sie hatte den Halt verloren, ihre Zukunft erschien ihr ungewisser denn je.
Schließlich trocknete sie ihre Tränen und ging nach ihrer Morgentoilette nach unten, wo sie sich aus dem, was sie mitgebracht hatte und den Vorräten im Haus ein Frühstück zusammenstellte. Sie würde sehen müssen, dass sie einen Laden fand, wo sie ihre Vorräte aufstocken konnte. Einen Laden, in dem man sich später nicht an sie erinnern würde. Sie durfte nicht auffallen. Die Stadt wäre vermutlich besser als das Dorf, falls es dort einen solchen Laden überhaupt gab, aber sie würde es ausprobieren. Bis zur Stadt fuhr sie bestimmt anderthalb Stunden, während der Dorfkern kaum fünf Minuten entfernt lag.
Nach dem Frühstück wusch sie ab und brachte die Küche in Ordnung, dann entriegelte sie die Kellertür und schlüpfte mit dem Fahrrad, das sie sich am Abend zuvor ausgesucht hatte, hinaus. Es gab einen Weg durch den lang gezogenen Garten hinunter zum See, auf dem sie das Grundstück mehr oder weniger ungesehen verlassen konnte. Sie lief, da sie am Ufer nicht fahren konnte, bis zum Waldrand, von dort aus schob sie das Rad zur Straße, schwang sich in den Sattel und machte sich auf den Weg zum Dorf.
Dort angekommen, stellte sie jedoch bald fest, dass sie dort nicht würde einkaufen können. Es machte einen ziemlich verwaisten Eindruck, einen Supermarkt gab es nicht. Und ganz sicher würde eine junge Fremde hier jedem in Erinnerung bleiben. Sie würde also doch in die Stadt fahren. Einem Schild entnahm sie, dass es bis dahin achtzehn Kilometer waren.
Sie brauchte etwas mehr als die angenommenen anderthalb Stunden, aber dafür war die Fahrt angenehm, denn die Straße war eben und