Absurdität: Hexenverfolgung
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Book preview
Absurdität - Bruno Emil König
PROLOG
Dieses durchaus volkstümlich geschriebene, gründlich bearbeitete, sich auf historische Quellen stützende Buch ist von geradezu welterschütternder Bedeutung.
Ist das Thema doch ein so himmelschreiendes, durch menschliche Grausamkeiten des finsteren Mittelalters bis auf die neuere Zeit bekannt gemacht zu werden verdient. Mit Schrecken muss sich er Leser der Zeiten erinnern, wo Carpzov allein 20.000 Todesurteile vollstrecken ließ. Wenn auch die Zeiten, wo die Folter und das Verbrennen der sogenannten Hexen vorüber sind, so darf die an unschuldigen Menschen verübte Mordsucht doch nicht als ungeschehen angesehen, sondern dem Volke vor Augen geführt und den armen Unglücklichen ein Denkmal gesetzt werden.
Der Aberglaube der heute noch in vielen Gegenden und Ländern blüht, muss durch Aufklärung des Volkes ausgerottet werden und dazu beitragen. Das ist Pflicht eines jeden.
Verlag U. Bock 1893
Einführung in das Thema
Was waren die Grundlagen für die Absurditäten menschlichen Denkens, die Menschen in den Tod trieben? Sie sind nicht aus der Welt, sie sind noch da. Die menschlichen Eigenschaften des Neides, der Gier, Habsucht, Misstrauens und des dekadenten Machtmissbrauches schaffen immer noch die Voraussetzungen für das Denken und Tun.
Die Hexenverfolgung entsprach der Umkehrung der Christenverfolgung und zielte darauf ab, gewisse Kreise in der Bevölkerung systematisch auszuschalten, weil diese den Kirchenanforderungen nicht entsprachen. Dies gelang unter dem Vorwand der Zauberei und seltsamen Dinge. Dies gelang mit Hilfe der menschlichen Eigenarten, andere aus Neid und Habsucht zu denunzieren, um selbst zu glänzen. Dies gelang mit menschenunwürdigen Konstrukten wie dem Hexenhammer und dem Einschalten der Justiz, die dann gründlich an der Todesstrafe ihre Beispiele setzen wollten. Wer als Hexe oder Ketzer beschuldigt wurde, hatte nicht eine Chance, das Gegenteil zu beweisen. Er hatte durch eine einzige Anschuldigung einen Stempel erhalten, der ihm den Tod.
Erst traf es zunächst Schichten der Bevölkerung, die zu den Analphabeten zählten und sich selbst nicht verstanden. Viele begannen plötzlich zu denken, sie wären eine Hexe und dachten Unsinn. So gewann man die Bilder vom Teufel und anderen bösen Kreaturen. Über Jahrhunderte wurden mehr als hunderttausende unschuldige Menschen gemordet.
Im ersten Band werden fürwahr die ersten Ansätze und langsamen Triebkräfte durch die Kirche verdeutlicht. Die Hexenproblematik und der Teufelsglaube hat erst nach und nach Profil bekommen, auch wenn die Wurzeln in heidnischen Überlieferungen liegen und vollkommen anderer Natur sind.
Viele Sagen und typische Orte für Versammlungen sind daraufhin entstanden und für die Kirche wirklich geworden. Sagen wurden real.
Aus den Erzählungen hat man Konstrukte sogenannte Hexenmale, Hexenzeichen, Erkennungsmerkmale abgeleitet, an denen Hexen und Teufel zugeordnet wurden. Dann war es nur noch ein kleiner Schritt, über eine päpstliche Bulle (Was ist damit geschehen?) und den daran anknüpfenden Hexenhammer einen Kirchenschlachtruf zu starten und durchzusetzen. Schnell nahm die Justiz sich dieser Vorgaben an und setzte die Grausamkeiten in die Wirklichkeit um.
Paranoides Denken aus religiösem Machstreben führte zu katastrophalen Ausmaßen. Der Mensch, der als Hexe, Teufel oder Ketzer gebrandmarkt wurde, wurde grausam und menschenunwürdig zu Tode getrieben. Und das geschah direkt hier, Vorort, im nächsten Dorf, in ganz Europa, auch in Amerika, nicht aber in China, Indien, Australien…
Aber lesen Sie selbst…
Der Herausgeber
doppelgeige nDoppelgeige, darin zwei streitende Frauen
Wie kam es zur Hexenverfolgung?
Ein Blick zurück….
Der Hexenwahn ist uralt und aus dem Heidentum auf die christlichen Völker übergegangen. Alle uns bekannten Völker des Altertums, auch diejenigen, denen der Teufelsglaube fremd war, glaubten an Hexerei, d. h. sie befanden sich in dem Wahne, dass es möglich sei, durch Flüche, Verwünschungen oder Zauberformeln etc. Menschen, Vieh und Früchten zu schaden und sei zu verderben.
Bei den Juden schlug der Teufelsglaube erst Wurzel, nachdem sie mit den Persern in Berührung gekommen waren. Der Glaube an Hexerei und Zauberei dagegen findet sich bei ihnen viel früher.
Bei den Römern enthielt schon Roms ältestes Gesetzbuch, die zwölf Tafeln, Strafen für diejenigen, welche durch Zaubersprüche Menschen oder deren Feldfrüchte beschädigten.
Plinius berichtet (Buch 18, Kap. 8 seiner Historia naturalis):
„Ich kann mir nicht versagen, hier ein Beispiel aus dem Altertum anzuführen. C. Furius Crefinus, ein Freigelassener, wurde, weil er auf einem sehr kleinen Acker einen weit reicheren Ertrag gewann, als sein Nachbar auf größeren Äckern, von dem Neide stark verdächtigt, als ob er durch Zauberkünste fremde Früchte an sich ziehe."
Auch Tibull sagt von der Zauberkunst:
„..Götter der Nacht, o erscheint mir! Ihr schuft, dass, wenn ich wollte, den staunenden Ufern die Flüsse aufwärts kehrten zum Quell. Und ihr, dass geschwollene Meerflut stand, und stehende schwoll die Bezauberung. Wolken vertreib ich. Mir durch Wort und Gemurmel zerplatzt der Rachen der Natter. Auch den lebenden Fels und die Eiche, aus dem Boden gerüttelt, raff ich, und Wälder, hinweg. Mir bebt der bedräuende Berg auf. Mir auch brüllt der Grund und Gestorbene gehen aus den Gräbern. Selbst dich ziehe ich, o Mond, wie sehr temesäisches Erz auch dir, Arbeitendem, hilft. Es erblasst der Wagen des Ahnen unserem Gesang. Es erblasst vor unseren Giften Aurora."
Als ihm deshalb vom Aedilis curulis Sp. Albinus ein Termin zur Verhandlung angesetzt wurde und er verurteilt zu werden fürchtete, trug er sein ganzes Ackergerät auf den Markt und brachte seine kräftigen und, wie Piso sagt, wohlgepflegten und wohlgekleideten Leute, seine gut gearbeiteten Eisengeräte schwere Hacken und Pflugscharen und seine gutgefütterten Ochsen mit. Dann sprach er:
„Hier, Quiriten, sind meine Zauberkünste, doch meine Nachtwachen, meine sauren Arbeiten und meinen Schweiß kann ich euch nicht zeigen oder auf das Forum bringen."
Hierauf wurde er einstimmig freigesprochen.
Ferner berichtete Plinius (in demselben Werk im 28. Buche Kap. 3 und 4):
„Noch heute glaubt man, dass unsere Vestalinnen entlaufene Sklaven, falls sich dieselben noch nicht aus der Stadt entfernt haben, durch ein Gebet auf der Stelle festbannen können. Erkennt man dieses einmal an, so muss man auch zugeben, dass die Götter gewisse Gebete erhören und sich durch gewisse Gebete bewegen lassen.
Es gibt keinen Menschen, welcher nicht fürchtete, durch schreckliche Verwünschungen gebannt zu werden."
Außerdem berichtet uns Plinius, dass selbst Menschen zu magischen zwecken geopfert worden, und Tacitus teilt uns ein solches Beispiel mit.
Unter Tiberius starb nämlich dessen Adoptivsohn Germanicus im Orient. Zu Folge dessen wurden gegen Piso, Statthalter von Syrien, Anklage erhoben, den Germanicus vergiftet zu haben, und als Verdachts-grund wurde angeführt, dass Piso nicht nur vielfachen Verkehr mit Giftmischern gehabt, und dass an der Schwelle des von Germanicus bewohnten Palastes sich die Leichen von Menschen gefunden hätten, die Piso habe töten und dort vergraben lassen, um Germanicus vermittelst derselben durch Zauberei zu töten.
In der fünften Ode seiner Epoden schildert Horaz, wie einige Zauberinnen unter Anrufung der Hekate und Tisiphne einen freigeborenen Knaben binden und bis an den Hals in die Erde gegraben, damit er den Hungertod sterbe, weil sie seine Leber zu einem Liebestranke verwenden wollten. Er schildert uns, wie der Knabe erst flehentlich um sein Leben bittet, dann aber die Zauberinnen verflucht und ihnen vorhersagt, dass sie vom Volke gesteinigt werden würden.
In der siebzehnten Ode erzählt uns Horaz ein Gespräch zwischen ihm und der Zauberin Candidia. Er sagt ihr, dass er jetzt wohl glauben müssen, was er früher geleugnet habe, dass nämlich Marsi‘sche und Sabelli’sche Zauberlieder Krankheiten hervorrufen könnten, und bittet Candidia den auf ihn geworfenen Zauber zu lösen. Candidia weist diese Bitte zurück und versichert Horaz, sie könne durch ihre Kunst Wachsbilder beleben, den Mond vom Himmel herabreißen, Tote erwecken und Liebestränke bereiten, so dass er nicht glauben dürfe, ihrer Kunst jemals entgehen zu können.
Homer berichtet uns, dass Ulysses das aus einer Wunde fließende Blut durch einen Zauberspruch gestillt habe und der um 390 v. Chr. Auf Lesbos lebende griechische Philosoph Thephrastos, dass man damit auch das Hüftweh heilen könne. Cato gibt einen Zauberspruch gegen Gliederverrenkungen, Barro einen anderen gegen die Fuß Gicht an.
Der im Anfang des dritten Jahrhunderts nach Christi lebende Jurist Paulus sagt in seinen Receptae sententiae lib. V,