Die Agentin #16: Mörderträume sind Schäume: Cassiopeiapress Kriminalroman
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Band 16
von A. F. MORLAND
Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.
ARROW ist der Code-Name eines gefährlichen internationalen Agentenringes, der aus Geheimagenten besteht, die ein gerissenes Doppelspiel treiben, um sich zu bereichern. Die ARROW-Gruppe plant irgendeinen großen Coup. Auch zwei CIA-Leute sollen diesem Agenten-Pol angehören. Natalia Ustinov - Top-Agentin einer geheimen Regierungsorganisation unter der Leitung von Charles Newton - soll die kriminellen Agenten entlarven. Bei der Suche erhält sie unerwartet Unterstützung des holländischen Geheimdienstlers Cees Henne, der mit einem Mordauftrag in die USA kam. Beide suchen nach demselben Mann: Natalia Ustinov will ihn vor Gericht stellen – Henne will ihn liquidieren.
A. F. Morland
A. F. Morland schrieb zahlreiche Romane und ist der Erfinder der Serie Tony Ballard.
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Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author / Cover by Firuz Askin
© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
1
Es war ein Oktobertag ohne Sonne. Ein deprimierender Grauschleier lag über der endlosen Weite des John F. Kennedy International Airport. Ein Mädchen drängelte sich durch das Menschengewühl. Das blonde Haar umrahmte ihr Gesicht wie schimmerndes Gold. Dazu der übermütige, volle Mund, sinnlich hellrot geschminkt, der leicht geöffnete Mund und die weißen Zähne, die in seinem Schatten sichtbar wurden, die schmale, fast klassische Nase, deren Flügel plötzlich unter den hoch angesetzten Backenknochen zu beben begannen ... Jelina Dobrawa hieß das Täubchen aus Moskau, das jeder für den Prototyp der waschechten Amerikanerin hielt. Die Sowjets hatten ihre Wahl mit großer Sorgfalt getroffen, und dieser Entscheidung verdankte Jelina jenen Auftrag, den sie gerade auszuführen im Begriff war.
Mikrofotos sollte sie in der Wartehalle des Flugplatzes von einem russischen Meisterspion übernehmen und auf dem schnellsten Wege nach Kuba bringen, wo sie von einem anderen russischen Agenten in Empfang genommen werden sollten, der sie dann den Leuten des Kreml bringen würde. Alle Schachzüge waren bereits festgesetzt. Sie mussten nur noch ausgeführt werden.
Am Flugschalter wies die hübsche Russin ihren falschen Pass und das Ticket für Kuba vor. Ein Sicherheitsbeamter bat sie höflich, einen Blick in ihre Reisetasche werfen zu dürfen. Sie gewährte es ihm lächelnd. Unmutig wurde sie erst, als sie von einer Beamtin aufgefordert wurde, mitzukommen, um sich einer Leibesvisitation unterziehen zu lassen.
»Warum denn gerade ich?«, fragte Jelina Dobrawa in einwandfreiem Amerikanisch. »Sehe ich etwa so aus, als ob ich Kanonen in meinem Büstenhalter tragen würde?«
»Wir sind leider angehalten, Stichproben zu machen«, erklärte die Beamtin. »Es geschieht letzten Endes in Ihrem eigenen Interesse. Niemandem sind diese Leibesvisitationen angenehm, aber sie müssen nun mal sein. Die Überhandnahme des internationalen Terrorismus auf den Flughäfen der ganzen Welt zwingt uns zu solchen Maßnahmen.«
Jelina seufzte. Ihr beachtenswerter Busen hob und senkte sich mit dem Geräusch. »Na schön. Dann zeige ich Ihnen eben, was ich drunter trage.«
»Vielen Dank für Ihr Verständnis«, sagte die Beamtin.
Jelina ging mit ihr. Die beiden Frauen betraten einen schmucklosen Raum. Kaum hatte die Beamtin die Tür hinter sich geschlossen, erlebte Jelina Dobrawa die größte Überraschung ihres Lebens. Eine gegenüberliegende Tür hatte sich geöffnet.
Und dann sah sich Jelina ihrem haargenauen Ebenbild gegenüber. Ein heiserer Wutschrei entrang sich ihrer Kehle, denn sie hatte begriffen, dass sie in eine Falle getappt war.
2
Jelina Dobrawas Spiegelbild hieß Natalia Ustinov, eine fuchsschlaue Agentin, deren maskenbildnerische Tricks für großartige Erfolge garantierten. Sie ging mit demselben Hüftschwung, den auch die Dobrawa hatte, auf die entlarvte Russin zu. »Ihr erster Auftrag, nicht wahr?«, fragte Natalia die sowjetische Agentin. Jelina hob wütend den Blick. In ihren Augen funkelte der blanke Hass, den sie aller westlichen Dekadenz gegenüber empfand. Die Ustinov zuckte schmunzelnd die Achseln. »Tja, so kann es kommen. Hier endet für Sie der Traum vom aufregenden Agentenleben. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass viele Träume nur Schäume sind.«
»Ich wünschte, Sie würden an diesen Schäumen ersticken!«, fauchte Jelina gereizt. Zwei Männer hatten den Raum betreten. Der eine sah gut aus, war groß und blond und kräftig. Der andere war das alles nicht. Sie hießen Ole Eriksson und Jerry Armstrong und mischten des Öfteren da mit, wo Natalia allein nicht ganz zurechtkam.
Jerry, ein dicklicher Kahlkopf mit lustigen Augen, schüttelte grinsend den Kopf, während er den blonden Hünen ansah und sagte: »Diese Russen. Immer unfreundlich, was?«
»Nehmt sie mit!«, verlangte Natalia.
Eriksson und Armstrong nahmen die echte Jelina Dobrawa in ihre Mitte. Die russische Agentin durchbohrte ihre amerikanische Kollegin mit einem zornigen Blick. »Halten Sie sich stets vor Augen, dass auch Sie nicht immer nur Glück haben werden.«
»Gehen wir«, sagte Ole Eriksson. Und als Jelina keine Anstalten machte, mit ihm zu marschieren, packte er mit seiner kräftigen Pfote unsanft zu. Das Mädchen verzog das Gesicht schmerzlich und wankte zwischen den beiden Männern aus dem Raum.
»Viel Glück!«, sagte die Beamtin zu Natalia.
»Was kann jetzt noch schiefgehen?«
»Oh, noch eine ganze Menge.«
»Daran wollen wir lieber nicht denken«, sagte die Ustinov und trat als Jelina Dobrawa aus dem Raum für Leibesvisitationen. Die Reisetasche der Russin nahm sie mit.
Wenige Augenblicke später betrat die falsche Jelina den Wartesaal. Reisende aus aller Herren Ländern saßen auf den Kunststoffsesseln. Natalia setzte sich ebenfalls. Nun hieß es warten. Die Agentin schaute sich unauffällig um. Sie suchte ein bekanntes Gesicht, aber die Männer, die in diesem kribbeligen Fall mitmischten, hatten sich gut getarnt, waren nicht zu entdecken. Aber sie waren da, dessen konnte Natalia Ustinov sicher sein. Flüge wurden aufgerufen.
Langsam wurde die rassige Agentin unruhig.
War der Personentausch bemerkt worden? Sie konnte es sich nicht gut vorstellen. Es hatte wie am Schnürchen geklappt: die echte Jelina hinein, die falsche Jelina heraus. Es war so flott passiert wie beim Zauberer auf der Varietébühne, der ein Stoffkaninchen in den Zylinder tut und ein echtes Kaninchen herausholt. Aber warum geschah nichts? Natalia fühlte sich beobachtet. Nicht von den eigenen Leuten, sondern von fremden Augen. Wieder ließ sie ihren Blick langsam durch die Halle schweifen. Wo war der Mann, mit dem sie Kontakt bekommen sollte? Warum hielt er sich so lange im Hintergrund? Witterte er die Falle? War sie denn zu wittern? Eigentlich nicht. Wenn die Sache also schieflief, dann war sie verraten worden.
Verrat!
Pausenlos stolpern die Agenten in aller Welt über dieses Wort. Gäbe es den Verrat nicht, hätte Natalia Ustinov nicht an Jelinas Stelle treten können. Auch diese Aktion der Gegenseite war verraten worden.
Verflixt, wo war der Mann? Natalia dachte an ihren Chef Charles Newton. Er leitete hinter der Maske des biederen Bürgers eine schlagkräftige Agenten-Armee, und die Pole-Position in seinem Team hatte Natalia Ustinov inne. Sie war sein Paradepferd, nicht nur was das Aussehen anbelangte, sondern in gleichem Maße auch die Erfolge.
Doch nun kam sich Natalia vor wie ein Fisch ohne Wasser. Newton hatte gesagt: »Hier haben Sie alles Bildmaterial, das ich auftreiben konnte. Unsere Leute haben es mit ihren Robotkameras geschossen. Jelina Dobrawa von vorn, von hinten, von oben, von unten. Sie haben zwei Stunden Zeit. Dann müssen Sie aussehen wie dieses Mädchen. Sie werden an ihrer Stelle auf dem Kennedy Airport eingesetzt, übernehmen von diesem russischen Meisterspion - dessen Gesicht wir nicht kennen - die für Kuba bestimmten Mikroaufnahmen ...«
Herrje, alles hört sich so einfach an, wenn man es über den Schreibtisch redet. Doch nun? Plötzlich schienen sich die ersten Komplikationen anzubahnen.
Warten!, dachte Natalia Ustinov, während sie ihre langen, schlanken Beine übereinanderlegte. Warten ist das Schlimmste an diesen Jobs. Es tötet den Nerv. Es macht einen mürbe.
Wieder wurde ein Flug aufgerufen. Es war nicht der nach Kuba. Eine Gruppe von Personen erhob sich und trug ihr Handgepäck aus dem Saal.
In diesem Augenblick geschah es.
Er musste sich von hinten an sie herangepirscht haben. Nun sagte er in der ortsüblichen Landessprache: »Verzeihung, Miss, Sie haben Ihre Zigaretten verloren.«
Natalia wandte den Kopf. Der Mann hätte alle Chancen beim Film gehabt. Er sah blendend aus, war groß, schwarzhaarig, hatte den gewissen Frauen-Bezwinger-Blick, markante Züge, eine schlanke Nase und ein energisches Kinn.
Das war der Russe, auf den sie so ungeduldig gewartet hatte. Natalia erhob sich schnell. Ein sympathisch wirkender Bursche war das. Er überragte sie um einen Kopf, war elegant gekleidet. Instinktiv wurde Natalia bewusst, dass es diesem Mann unter anderen Umständen spielend gelungen wäre, sie zu täuschen und um den Finger zu wickeln. Er hatte das gewisse Etwas, das die Mädchen bei einem Mann suchen. Komisch, dachte sie, es fällt mir beinahe schwer, ihm jetzt weh zu tun, obwohl er im feindlichen Lager steht.
Immer noch hielt er ihr die