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Ökonomie ohne Geld?: Warum ZEIT und WERT das Geld als dominierendes Medium der Gesellschaft ablösen werden
Ökonomie ohne Geld?: Warum ZEIT und WERT das Geld als dominierendes Medium der Gesellschaft ablösen werden
Ökonomie ohne Geld?: Warum ZEIT und WERT das Geld als dominierendes Medium der Gesellschaft ablösen werden
Ebook426 pages5 hours

Ökonomie ohne Geld?: Warum ZEIT und WERT das Geld als dominierendes Medium der Gesellschaft ablösen werden

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About this ebook

Unsere Gesellschaft wird in zunehmendem Maße von Angst durchzogen. Angst sozial abgehängt zu werden. Angst den Arbeitsplatz zu verlieren. Angst vor Überfremdung. Angst vor Klimakatastrophen und terroristischen Attacken. Schon in der Schule beginnt die Angst vor den Noten, die sich in der Hochschule fortsetzt. Die Reaktion hierauf ist Kontrolle und Überwachung als Steuerungsinstrument der Gesellschaft.
Hinzu kommt ein weiteres Steuerungsinstrument, das GELD, das immer weitere Bereiche der Gesellschaft erfasst. Das Medium GELD hat aber keinerlei direkten Zugriff zum wirklichen ökonomischen Geschehen. Dass GELD dies leisten könnte, ist ein tiefsitzendes Vorurteil des Mainstreams der Ökonomik. Nur in den Medien ZEIT und WERT ist überhaupt ein direkter Zugriff auf die Realwirtschaft möglich.

Der Autor zeigt in diesem Buch:
(1) Wie es zu diesem eindimensionalen Blick auf die Ökonomie im Medium GELD kommen konnte
(2) Wie sich die Ökonomie in die zusätzlichen Medien ZEIT und WERT ausdifferenzieren konnte
(3) Dass erst mit Hilfe dieser zusätzlichen Medien die Ökonomie als Ganzes verstanden werden kann
(4) Dass sich erst durch die Medien ZEIT und WERT das Finanzsystem im Medium GELD verselbständigen konnte und nun die Gesellschaft als ganze bedroht
(5) Dass sich zugleich durch die Ausdifferenzierung von ZEIT und WERT aber auch die Ökonomie wieder in die Gesellschaft integrieren lässt
(6) Dass das GELD dann nicht mehr das die Gesellschaft dominierende Medium sein wird, sondern von ZEIT und WERT abgelöst werden kann
(7) Dass sich so erst das Soziale bilden kann, das sich dann auch sozial anfühlt
(8) Dass dies ein Transformationsprozess unserer Gesellschaft ist, der nur vergleichbar ist mit dem der Neolithischen Revolution vor 12.000 Jahren
LanguageDeutsch
PublisherEbozon Verlag
Release dateDec 21, 2018
ISBN9783959635448
Ökonomie ohne Geld?: Warum ZEIT und WERT das Geld als dominierendes Medium der Gesellschaft ablösen werden

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    Book preview

    Ökonomie ohne Geld? - Georg Dr. Röttger

    1. Einleitung

    Unsere Gesellschaft wird in zunehmendem Maße von Angst durchzogen. Angst, sozial abgehängt zu werden. Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Angst vor Überfremdung. Angst vor Umweltkatastrophen. Angst vor Terror- und Cyber-Attacken. Schon in der Schule beginnt die Angst vor den Noten, die sich in der Hochschule fortsetzt. Die Reaktion hierauf ist Kontrolle und Überwachung als Steuerungsmedium der Gesellschaft.

    Hinzu kommt ein weiteres Steuerungsmedium, das Geld, das immer weitere Bereiche der Gesellschaft erfasst. Das Medium Geld hat aber keinerlei direkten Zugriff zum wirklichen ökonomischen Geschehen. Dies ist nur in den Medien Zeit und Wert möglich. In diesen Medien hat sich die Ökonomie intern nochmals ausdifferenziert, in die Systeme Logistik und Qualitätswesen. Diese beiden Systeme sind dabei, sich autopoietisch zu schließen, neben dem in Geld operierenden Finanzsystem. Weil die Realwirtschaft sich in den Medien Zeit und Wert ausdifferenziert hat, existiert heute ein im Medium Geld operierendes Finanzsystem bzw. eine Geldwirtschaft. In diesem System kann aus Geld Geld gemacht werden, ohne in der Realwirtschaft Werte schaffen zu müssen.

    Dass es im Medium Geld unmöglich ist, Herstellprozesse zu steuern, zeigen der VW-Diesel-Betrug, der Bau des Berliner Flughafens, der Bau der Hamburger Elbphilharmonie. Hier fehlt es an Logistik und Qualität. Aber dies ist nur die Spitze eines Eisberges. Unsere ganze Gesellschaft ist hiervon durchdrungen. In definitorischer Begrifflichkeit ist dies jedoch nicht zu erkennen. Sie macht ein Verstehen systematisch unmöglich. Und hier verbindet sich nun Geld mit Angst. Denn Unverstandenes aber bedrängendes Geschehen macht Angst: Finanzkrise, selbstverursachte Umweltkatastrophen, Migration, sich unaufhaltsam öffnende Schere zwischen Arm und Reich, drohender sozialer Abstieg etc.

    Da in unserer definitorischen Begrifflichkeit Arbeit = Einkommen = Geld = Ware = Eigentum = Kapital gilt, ist es möglich ohne Werte zu schaffen zu Eigentum = Kapital zu kommen. Über die Möglichkeit im Finanzsystem aus Geld Geld zu machen und der definitorischen Bestimmung Geld = Eigentum ist es dann möglich, ohne Werte zu schaffen, sich aus der Realwirtschaft Eigentum anzueignen.

    Das ist aber noch nicht die ganze Wirklichkeit. Denn durch die definitorische Begrifflichkeit der Ökonomik haben wir es nur mit der „Geltung" zu tun, nicht mit ihrer Genesis. Durch die definitorische Begrifflichkeit wird die Herkunft der Begriffe und damit die Zeit stillgestellt. Das Ergebnis ist das, was Hartmut Rosa „rasender Stillstand" nennt. D. h. geistiger Stillstand bei rasender wirklicher Veränderung. Begrifflich können wir das nicht mehr erfassen, was sich in der Wirklichkeit ereignet. Das macht Angst vor jeder Veränderung. Die Menschen spüren, dass das, was ihnen die Eliten in ihrer definitorischen Begrifflichkeit, die jede Entwicklung und damit die Zeit stillstellt, erzählen, nicht mehr stimmen kann. Durch das Stillstellen der Zeit wird uns eine selbstbestimmte Entwicklungsmöglichkeit genommen.

    Die – in definitorischer Begrifflichkeit unerkennbare interne Ausdifferenzierung des Wirtschaftssystems in den Medien Zeit und Wert zeigt uns jedoch, dass die wirkliche Wertschöpfung schon immer in diesen Medien stattfand. Nun können wir dies erst erkennen, weil sich in diesen Medien Logistik und Qualitätswesen als Systeme schließen. D. h., die Medien Zeit und Wert haben das Medium Geld freigelegt. Es ist nun als OBJEKT erkennbar. Bisher ist Geld lediglich ein „Übergangsobjekt". Als OBJEKT bleibt uns das Geld auch in Zukunft erhalten. Es wird jedoch nicht mehr das dominierende Medium der Gesellschaft sein. Dies übernehmen in Zukunft die Medien ZEIT und WERT. Nur sie haben eine direkte Verbindung zum empfindsamen Individuum, zur Gesellschaft und zur Natur.

    Geld kann den Produkten im Prozess der Herstellung erst nachträglich zugeordnet werden. Jedes Ereignis in der Ökonomie ist erst vollständig beschrieben in den drei Medien Zeit, Wert und Geld. Da der Mainstream der Ökonomen ihren Gegenstand jedoch nur im Medium Geld erfasst, sieht er die Wirklichkeit nicht. Aufgrund seiner definitorischen Begrifflichkeit kann er sie gar nicht sehen. Aber er versucht das Unmögliche, ein Geschehen in einem Medium zu steuern, das keinen Zugriff zu diesem Geschehen hat.

    Aber die Geschichte, die ich erzähle, geht noch weiter. Da nur die Reichen die Möglichkeit haben, aus Geld Geld zu machen, um sich so aus der Realwirtschaft Eigentum anzueignen, öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter, ohne dass dies aufgrund der definitorischen Begrifflichkeit verstanden werden kann. Produktiv ist aber nur die Realwirtschaft. Vor ca. 100 Jahren begann mit Taylor die wissenschaftliche Betriebsführung. Zu jener Zeit begann erst die in den Medien Zeit und Wert betriebene Ausdifferenzierung von Logistik und Qualitätswesen. Dies ist jedoch die Bedingung der Möglichkeit eines im Medium Geld ausdifferenzierten Finanzsystems. So ist es tatsächlich möglich, ohne Werte zu schaffen, aus Geld Geld zu machen und sich damit Eigentum anzueignen.

    Zu Beginn dieses Ausdifferenzierungsprozesses konnte in der betrieblichen Kosten- und Leistungsrechnung noch jedem Ereignis Geld über die Medien Zeit und Wert zugeordnet werden. Dieser klassische Bereich der industriellen Fertigung schrumpft aber immer mehr, so dass das Geld keinen Zugang mehr zu den „wirklichen Treibern" (Horváth) der ökonomischen Entwicklung hat. Denn dies sind Zeit und Wert. Unsere Eliten in Ökonomie, Politik und Wissenschaft steuern aber die Ökonomie immer noch über das Medium Geld. Also einem Medium, das keine Verbindung mehr zur Wirklichkeit des Geschehens hat. Diese Hilflosigkeit und Orientierungslosigkeit der Eliten spüren die Menschen, ohne es jedoch geistig fassen zu können. AFD, Pegida, Brexit etc. sind die Folgen.

    Die Geschichte, die ich erzähle, geht jedoch noch weiter. Das Eigentum, das sich die Reichen über das Medium Geld aneignen, sind Gebäude, Maschinen, Automaten, Roboter, Informationssysteme etc. Es ist nun nicht nur so, dass dieses Eigentum = Kapital nur über ein Medium eines Systems angeeignet wird, in dem es unmöglich ist, Werte zu schaffen. Dieses angeeignete Kapital in Form von Maschinen etc. ist wiederum nichts anderes als die in der ZEIT hochverdichtete Produktivität der gesamten Menschheit vor uns. Wir sind heute nicht deshalb so produktiv, weil wir dies geschaffen haben. Es ist das Ergebnis der Arbeit unserer gesamten Vorfahren, die sich heute die Reichen im Medium Geld aneignen.

    Einsichtig wird dies nur durch die Erweiterung unserer definitorischen Begrifflichkeit in eine dialektische Begrifflichkeit. In ihr ist ihr eigener Ursprung „aufgehoben" (Hegel). Nur eine dialektisch verstandene Systemtheorie kann die selbst erzeugten Paradoxien – auf die der Mainstream der Systemtheorie noch stolz ist – auflösen. Der heutige Mainstream von Ökonomen und soziologischen Systemtheoretikern stellt durch ihre definitorische Begrifflichkeit die ZEIT still. Ihr zentraler Begriff, die Autopoiesis, die Bewegung, schrumpft zum definierten Begriff. Somit wird aber der Geist selbst stillgestellt, ihm fehlt der eigene Ursprung, die Natur.

    In diesem Buch erzähle ich die Geschichte, wie aus dem Willen des Lebens, den wir schon beim Einzeller erkennen können, die Liebe zur Menschheit entstehen kann. Die Menschheit hat schon längst die Lösung unserer Probleme erarbeitet. Dies gilt es nur zu erkennen.

    Freiheit und Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Solidarität, ja, die Liebe zur Menschheit sind keine Illusion. Die gesamte Menschheit vor uns hat die Möglichkeit ihrer Verwirklichung schon längst erarbeitet. Wir müssen uns nur aus unserer „selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien" (Kant). Dazu bedarf es Mut. Auch das wusste Kant.

    Wir befinden uns heute – ohne es begrifflich fassen zu können – bereits in einem gewaltigen Transformationsprozess unserer Lebensform. In dieser neuen Lebensform werden Bildungsprozesse die Herstellprozesse dominieren. Die menschliche Produktivität kann erst jetzt voll zur Entfaltung kommen. Das bisher dominierende äußere Wachstum kann so in ein inneres Wachstum übergehen. Äußeres Wachstum ist messbar. Inneres Wachstum, also subjektiv empfundene Werte, wie ein glücklich geführtes Leben und soziale Werte, wie Gerechtigkeit und Solidarität, die sich dann auch sozial anfühlen, sind hingegen nicht messbar. Äußeres Wachstum und inneres Wachstum sind jedoch nur zugleich steigerbar. Effizienz, Gerechtigkeit und ein glückliches Leben bedingen sich wechselseitig. Bildung ist inneres Wachstum. Herstellung ist äußeres Wachstum.

    Wir werden erkennen, dass die Maschinen, Automaten und Roboter, also das, was in der Bilanz als Kapital erscheint, nur die hochverdichtete Verkörperung der Produktivität unserer Vorfahren ist. Nicht die Maschinen sind produktiv, auch nicht Roboter. Produktiv kann nur Leben sein, das einen Willen hat. Vor zweieinhalbtausend Jahren kam durch das Reflexivwerden des Denkens die Vernunft hinzu. Diese Vernunft ist erst eine späte Errungenschaft der Menschheit. Sie hat sich aus dem Willen des Lebens ausdifferenziert. Dort liegt ihr Ursprung, den die Vernunft nie verlieren wird. Der Roboter ist ein Produkt von Milliarden von Jahren produktiven Lebens. Ein Produkt ist aber immer abhängig von seinem Prozess. Einen Roboter können wir heute nur herstellen, weil die gesamte Menschheit vor uns hierzu die Voraussetzungen geschaffen hat.

    Habermas hat Recht, wenn er sagt, dass sich unsere Zukunft an unseren Grundbegriffen entscheidet. Sie stehen uns jedoch schon längst zur Verfügung. Es mangelt uns an der dialektischen Auffassung der vorhandenen Begriffe. Daher ist uns ihre Bedeutung nicht klar. In unseren Begriffen ist bei dialektischer Auffassung ihre operationale Struktur, das eigentlich Bewegende, „aufgehoben", ihr Ursprung, also das Leben. Unsere definitorischen Begriffe aber sind leblos und tot. In ihnen ist aufgrund der definitorischen Bestimmung die ZEIT abgeschnitten und damit stillgelegt.

    2. Ausdifferenzierung der Begriffe: Wahrnehmung, Vernunft, Wille

    2.1 Ausdifferenzierung der VERNUNFT

    Die Begriffe, die uns heute zur Verfügung stehen, sind nicht schon immer dagewesen. Sie sind erst im Laufe der Menschheitsgeschichte entstanden. Besser, sie haben sich erst gebildet. Mit ihrer Hilfe erklären und deuten wir die Welt. Für jeden Fachwissenschaftler sind sie unhinterfragt einfach da. Die wichtigsten Begriffe jeder Wissenschaften sind definiert und werden in dieser Bedeutung benutzt. Dabei ist die jeweilige Bedeutung selbst wiederum weder konstant noch in ihrem Umfang begrenzt. Im Wesentlichen orientiert sie sich inhaltlich an ihrem Gegensatz. Aber der ist ebenso wenig eindeutig fassbar wie der ursprüngliche Begriff selbst. Was ist Gerechtigkeit? Alles, was nicht ungerecht ist? Was ist sozial? Alles, was nicht unsozial ist? Was ist Vernunft? Alles, was nicht unvernünftig ist?

    Die Philosophie ist die „Wissenschaft", die sich mit der Klärung von Begriffen auseinandersetzt. Aber auch sie hat es nicht immer gegeben. Die Philosophie ist aus Erzählungen (Mythen) hervorgegangen, in denen es noch keine Trennung von Ideellem und Materiellem gab. Alles, was wir heute unhinterfragt trennen, Körper und Geist, Natur und Kultur, war eine undifferenzierte Einheit. Wobei selbstverständlich der Begriff „Einheit nicht existierte. Und damit natürlich auch nicht sein Gegensatz, die „Vielheit. All dies stand den ersten Philosophen noch bevor, die aus dem Mythos den Logos, die Vernunft, haben entstehen lassen. Dabei war diese Vernunft noch lange nicht das, was wir Heutige unter Vernunft verstehen. Auch nehme man nicht an, dass wir heute wüssten, was vernünftig ist. Die Bedeutung eines Begriffes liegt nie fest und kann sich sogar in sein Gegenteil verwandeln oder in anderen Bereichen etwas ganz anderes bedeuten. Hierfür stehen z. B. die Begriffe Subjekt und Substanz. Darüber hinaus verwenden wir Begriffe auch metaphorisch bzw. analogisch. Dies ist auch der „Mechanismus, über den Bedeutungen sich verändern können. Ein anderer „Mechanismus ist die Dialektik, auf die wir gleich zu sprechen kommen. So ist es möglich, dass das Profane heilig werden kann und das Heilige profan. Die Säkularisierung ist ein solcher Vorgang.

    Wer waren die ersten Philosophen und was haben sie gedacht? Aber ist es überhaupt von Bedeutung für unser heutiges Leben uns mit ihrem Denken zu beschäftigen? Die Antwort ist ganz eindeutig, Ja! Denn hier liegen die Ursprünge der Begriffe, die wir heute noch benutzen. Mit ihnen erklären wir die Welt, unsere Welt. Und diese unsere Welt befindet sich in einem Transformationsprozess ihrer Lebensform. Dieser Transformationsprozess findet in eben diesen Begriffen statt. Nur in diesen Begriffen können wir ihn daher auch verstehen. Verstehen können wir ihn aber nur, wenn wir ihre Geschichte kennen.

    2.1.1 Heraklit

    Die ersten Philosophen kamen aus den aufstrebenden Handelsstädten Griechenlands. Die erste bedeutende Person war Thales von Milet (624–546). Als Seemacht benötigte Milet, an der Westküste der heutigen Türkei gelegen, „Techniker und „Ingenieure. Thales war auch als Philosoph in diesen Disziplinen bewandert. Eine ausdifferenzierte Naturwissenschaft gab es noch nicht. Natur, Kosmos und Gesellschaft waren nach denselben Prinzipien organisiert. So sahen es auch Anaximander (610–546), Anaximenes (585–528), Pythagoras (570–510) und Xenophones. Alles Vorläufer von Heraklit (520–460) und Parmenides (520/15–460/55), denen ich mich jetzt etwas tiefer widmen möchte. Heraklit und Parmenides konnten in ihrem Denken auf das schon von ihren Vorläufern Gedachte zurückgreifen und weiterentwickeln.

    Heraklit und Parmenides haben für uns Heutige grundlegende Probleme in ihrer Gegensätzlichkeit auf den Begriff gebracht: Veränderung und Ruhe. Schon Anaximander und Anaximenes haben sich mit dem Problem der Veränderung auseinandergesetzt. Heraklit fasste es jedoch tiefer, philosophischer, indem er gleichzeitig zu klären versuchte, wie etwas in der Veränderung dennoch seine Identität behalten konnte. Unsere Kinder wachsen heran zu Erwachsenen. Wir sehen jedoch diese Veränderung nicht. Dennoch findet eine Veränderung statt. Wesentlich für die Vorstellung von Veränderung ist, dass das Ding oder hier die Person, die/das sich verändert, ihre Identität beibehält. Für Heraklit gab es keine Stabilität, für ihn war alles im Fluss. Die Dinge sind nicht wirklich stabile Dinge, sondern Prozesse. Wir leben offensichtlich in einer Welt der Dinge, deren Veränderungen sich jedoch unserer Wahrnehmung entziehen. Unsere Vernunft sagt uns jedoch, dass sie sich verändern. Das Problem hat sich damit verdoppelt. Wir haben offensichtlich ein Problem der Veränderung und ein Problem der Erkenntnis.

    Das Problem der Veränderung führt Heraklit also zum Problem der Erkenntnis. Offensichtlich gibt es hinter der Erscheinung die eigentliche Wirklichkeit. Nur dem Anschein nach sind die Dinge Gegensätze. In Wahrheit jedoch sind alle Dinge eins. Uns Menschen erscheint etwas als gegensätzlich, was für Gott eins ist. Heraklits Theorie der Veränderung beruft sich auf den Logos, die Vernunft. Der Logos ist für Heraklit überindividuell. Für ihn war er göttlich. Dennoch ist Heraklit davon überzeugt, dass er einigen wenigen Menschen zugänglich ist. Ihm war er zugänglich, davon war Heraklit überzeugt. Denn wer den Logos erforscht, erforscht die Welt. Die Welt war für ihn und die Griechen der Kosmos und der Mensch zugleich.

    Die Welt war für Heraklit eine Einheit. Allerdings eine Einheit von Gegensätzen, aus denen heraus Harmonie entsteht, eine verborgene Harmonie. Alles ist durch seinen Gegensatz bedingt. Das, was ist, enthält schon seinen Gegensatz und führt hierdurch zur Veränderung. Heraklit war der erste Dialektiker. Ein Begriff, den erst Platon hundert Jahre später einführte.

    Mit Heraklit sind, in seiner kritischen Auseinandersetzung mit seinen Vorläufern, wesentliche begriffliche Differenzen in die Welt gekommen: Wirklichkeit und Erscheinung, Veränderung und Ruhe, Ding und Prozess, Harmonie und Dialektik, Vielheit und Einheit, Vernunft und Wahrnehmung. In und mit diesen Begriffen versuchen wir noch heute die Welt zu verstehen. Deutlich wird dabei, dass ein Begriff wie Veränderung nur im ersten Anlauf durch seinen Gegensatz überhaupt in die Welt kommen kann, jedoch noch nicht wirklich verstanden wird. Um einen Begriff dem Verständnis näher zu kommen, bedarf es einer Vielzahl vernetzter Begriffe.

    Mit Heraklit trat dabei auch die Differenz von Vernunft und Wahrnehmung begrifflich in die Welt. Diese Trennung unserer zentralen Begriffe war den Menschen erstmals in der von Karl Jaspers so genannten Achsenzeit Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. möglich. Im Folgenden werde ich den Begriff Vernunft nicht von dem Begriff Verstand unterscheiden. Diese Differenz wurde erst mit Kant im 18. Jahrhundert geläufig. Mit dem Begriff Wahrnehmung ist die Wahrnehmung unserer nach außen gerichteten Sinne gemeint. Wie wir noch sehen werden, gibt es auch so etwas wie eine innere Wahrnehmung. Diese Differenz ist uns bis heute nicht so recht bewusst, aber von zentraler Bedeutung.

    Der 1994 verstorbene Philosoph und Begründer des „Kritischen Rationalismus" Karl Popper sieht im Denken Heraklits und dem des gleich zu besprechenden Parmenides den Ursprung seiner Wissenschaftstheorie bereits angelegt. Ihr Wesen ist die Kritik der Rationalität. Die Kritik der Rationalität, wie ich sie hier auffasse, geht jedoch über Popper hinaus. Popper ist in der Welt der empirischen Wissenschaften aufgewachsen und von ihr so beeindruckt wie von Heraklit und Parmenides. In den empirischen Wissenschaften ist das Prinzip der Induktion, also der Schluss vom Einzelnen (der sinnlichen Wahrnehmung) auf das Allgemeine (dem geistig Gefassten), maßgeblich. Basis hierzu ist wiederum das Experiment. Letzteres kannten die Griechen noch nicht. Was sie jedoch kannten, war die Deduktion, die auf den gleich zu besprechenden Parmenides zurückgeführt wird. Dabei handelt es sich um die Ableitung des Besonderen aus dem Allgemeinen. Dies hat zur Folge, dass man sich lediglich im Denken bewegt, ohne die sinnliche Wahrnehmung zu benötigen. Hier geht es um rein logische Schlussfolgerungen. D. h. der Logos, die Vernunft, bleibt bei sich selbst. Und genau dies ist die zentrale Entdeckung in der Achsenzeit. Diese Entdeckung ist zugleich eine Fähigkeit. Nämlich die Fähigkeit des Denkens, sich auf seine eigenen Gedanken zu beziehen: Das Denken des Denkens. Damit wird das Denken erstmal in der Menschheitsgeschichte reflexiv. Mit dem begrifflichen Denken wird das Denken Gegenstand des Denkens. Man muss sich über die praktischen Konsequenzen im Klaren sein, was diese neue Errungenschaft der Menschheit zur Folge hat. Wir können nun geistig neue Welten konzipieren und hiervon abhängig die reale Welt verändern.

    Die Entdeckung des reflexiven Denkens ist jedoch etwas anderes als die Entdeckung Amerikas. Vor der Entdeckung Amerikas gab es Amerika schon. Vor der Entdeckung des reflexiven Denkens gab es dieses noch nicht. Diese Fähigkeit ist die Einheit von Entdeckung und Erfindung. Sie hat sich erst mit ihrer Entdeckung in diesem Prozess selbst gebildet. Heute würden wir sagen, diese Fähigkeit hat sich selbstorganisatorisch ausdifferenziert. Popper verlässt sich zu sehr auf diese Fähigkeit der Vernunft, obwohl er sie weit über Heraklit und Parmenides hinaus mittels Experiment und Induktion mit der sinnlichen Wahrnehmung (Beobachtung) verknüpfen kann. Das Kritische an seinem Rationalismus ist nun seine Einsicht, dass jede wissenschaftliche Feststellung immer nur eine Hypothese bleiben kann. Eine endgültige Wahrheit kann die Wissenschaft nicht liefern, trotz wissenschaftlicher Verknüpfung von Vernunft und Wahrnehmung. Popper geht letztlich nur kritisch mit seiner Rationalität um, in der er die Wahrnehmung verarbeitet. Die Frage ist jedoch – kritisch zu Ende gedacht – ist das rationale Denken alles, selbst bei Einbezug der Wahrnehmung? Kann sich die Rationalität, der Logos und die Vernunft auf diese Weise selbst aufklären? Ein halbes Jahrtausend nach Heraklit und Parmenides wird auch dies schon zum Problem. Aber ich greife schon weit vor. Zunächst zu Parmenides.

    2.1.2 Parmenides

    Heraklit lebte in Ephesos unweit von Milet an der Westküste der heutigen Türkei. Parmenides (520/15–460/55) war ein Zeitgenosse, lebte jedoch in Süditalien, in der Nähe des heutigen Salerno, in der Stadt Elea, einer griechischen Kolonie. Für Heraklit wie für Parmenides ist göttliches Wissen die Wahrheit. Beide sind davon überzeugt, am göttlichen Wissen teilzuhaben. Heraklit trennt noch nicht scharf zwischen Vernunft und Wahrnehmung. Parmenides nimmt hier als erster eine scharfe Trennung vor. Ebenso zwischen den Gegensätzen allgemein. Gegensätze können nicht identisch sein. Parmenides denkt tiefer als Heraklit. Sein und Nichtsein können nicht zugleich sein. Dieses Gegensatzpaar hat Heraklit nicht denken können. Im reinen Denken ist dieser Gegensatz unmöglich. Unerschütterliches Wissen, also Wahrheit, gibt es jedoch nur im Denken. Alles andere sind nur Vermutungen. Wahres Wissen muss begründet werden. Nur die Vernunft kann rechtfertigen und beweisen, durch Ableitung von Prämissen, die sicher sind. Bloße Wahrnehmung wird von ihm abgelehnt, da sie nicht beweisbar ist. Hierauf basiert Parmenides‘ Intellektualismus bzw. Rationalismus. Parmenides ist der Entdecker der Deduktion aus sicheren Prämissen, die nicht alleine der Wahrnehmung unterliegen.

    Parmenides postuliert das Unveränderliche, das dann später zur Suche nach Prinzipien, z. B. der Erhaltung der Energie, aber auch ganz allgemein nach Naturgesetzen, geführt hat. Eine Schlussfolgerung seines deduktiven Denkens ist, dass das Seiende mit dem Denken identisch sein muss, da es ein Nichtseiendes nicht geben kann. Also – so eine andere, insbesondere später von Platon vollzogene Schlussfolgerung – kann ich mit dem Denken unmittelbar in die Welt eingreifen.

    Auf der Basis seiner starken Annahmen für die Vernunft kommt Parmenides zu der Aussage, dass es keine Bewegung geben kann. Sein deduktiver Beweis verläuft nach Karl Popper (2014: 195) wie folgt:

    Nur was man weiß, kann wahrhaft der Fall sein (also existieren).

    Was nicht existiert, kann daher nicht sein.

    Nichtsein, und damit das Leere, kann nicht sein.

    Daraus folgt, dass die Welt voll und unteilbar ist.

    Da die Welt voll ist, kann es keine Bewegung geben!

    Leukipp (Lehrer Demokrits) und Demokrit (470–380) übernahmen daraus die Unteilbarkeit ihrer Körper (Atome). Seine Schlussfolgerung jedoch verwarfen sie wegen der Falschheit der Prämisse. Noch aus anderen Gründen ist Parmenides einer der bedeutendsten Philosophen. Denn bleibend waren die von ihm eingeführte deduktive Methode und der Beweis, das Prinzip der Ruhe und des Unveränderlichen. Aus Letzterem entwickelten sich so wichtige Begriffe für die Naturwissenschaft wie Substanz, Invarianz, Erhaltungssätze und für das Christentum über Platon und Plotin vermittelt das Eine.

    2.2 Antiker Intellektualismus

    2.2.1 Platon

    Nach der Trennung von Denken und Sinnlichkeit, von Vernunft und Wahrnehmung durch Heraklit und endgültig durch Parmenides, erhielt die geistige Welt vor der sinnlichen Welt den Vorrang. Für beide Denker gab es nichts definitiv Gesichertes in der sinnlich wahrnehmbaren Welt. Platon baute auf ihrem Denken auf und entwickelte mit seiner Ideenlehre dieses Zwei-Welten-Modell weiter. Hier die täuschende und vergängliche Sinnenwelt. Dort die ewige und unveränderliche Ideenwelt. Wahrheit konnte es daher nicht in den Einzeldingen geben, sondern nur im Allgemeinen. Platon leugnete nicht die Dinge, die wir wahrnehmen, jedoch war das nicht die Wahrheit und damit die Wirklichkeit. Die Ideen sind die eigentliche Welt. Ideen lassen sich nicht mit den Sinnen erfassen. Für Platon ist das Finden der Ideen ein Wiedererinnern. Ideen sind daher unkörperlich und ortlos. Mit Hilfe der Ideen ist es jedoch den Menschen überhaupt nur möglich, etwas zu erkennen. Über zweitausend Jahre später wurden sie bei Kant zu Kategorien. Die Vorlage hierzu lieferten ihm die Kategorien des Aristoteles. Im Gegensatz zu Aristoteles waren sie wie Platons Ideen, jedoch vor aller Erfahrung, also a priori, gegeben. Das Wissen um die Ideen ist ein Wissen außerhalb des Werdens, es ist ein Wissen vom Ganzen.

    Für Platon lebten die Menschen in einem Verblendungszusammenhang. Er sah es als ihre Pflicht an, sich aus diesem zu befreien. Dies ging jedoch nur dadurch, die Aussagen über die Welt zu begründen. Insbesondere mussten die Sachverhalte in der Polis begründet werden. Für Aristoteles war Sokrates der Erste, der ethisch-politische Grundfragen stellte. Die Antworten konnten nur in einer begründeten Rede gegeben werden. Platon führte dies meisterhaft in seinen Dialogen vor. Diese bestanden aus Argument und Gegenargument. Das Ziel war ein erhöhter Erkenntnisgewinn. Platon nannte dieses Vorgehen Dialektik. Diese Dialektik sollte zum Wesen der Dinge vorstoßen. Das Wesen der Dinge war unveränderlich und sinnlich nicht fassbar. Nur der Intellekt, eine geistige Schau, konnte dies ermöglichen. In dieser Wesensschau war es jedoch nur wenigen Menschen möglich, die Ideen zu erkennen. Dabei ist es bemerkenswert, dass für Platon nicht die Wahrheit, sondern das Gute die höchste Idee darstellte. Damit war es ihm möglich, zu der bei den Griechen wichtigen Vorstellung des Guten Lebens zu finden.

    Aber die Idee des Guten ist vollkommen immateriell. Was das Materielle zusammenhält ist nicht wiederum etwas materielles, sondern etwas Geistiges oder Spirituelles. Aus dem Urstoff (Feuer, Wasser, etc.) der ersten Denker wurde das Urprinzip, das alles eint. Das Ordnungsmodell war die Einheit, das Absolute, aus dem das Relative hervorgehen konnte. Platon nahm wie schon Parmenides vor ihm an, dass unser Handeln durch unser Denken direkt beeinflussbar ist. Daher sollten auch die Philosophen die Lenker der Polis sein. Nur so war ein gutes Leben in der Polis gewährleistet. Da das Denken, vermittelt über die Ideen, die Wahrheit und damit die Wirklichkeit ist, war dies in sich stimmig. Was dem antiken Denken jedoch fehlte, war neben der Theorie der Vernunft (Logos) eine Theorie des Willens. So war Platon tatsächlich überzeugt, er könne mit seinen politischen Lehren Dionysios von Syracus in seinem Sinne beeinflussen. Hiermit ist er grandios gescheitert und hätte dabei fast sein Leben gelassen. Im Übrigen glauben wir dies heute noch. Unser ganzes Bildungssystem ist intellektualistisch aufgebaut. Wir stellen uns den Schüler wie einen Trichter vor, in den der Lehrer Wissen abfüllen kann. Dass die Schüler auch einen Willen haben, ist den Lehrern weitgehend unbekannt. Falls es dennoch sein sollte, muss er dem Curriculum untergeordnet und angepasst werden. Das Bildungssystem wird in objektivierender Einstellung wie ein Unternehmen über Kennzahlen qualitätsgesteuert. Der Kern der Veranstaltung, der Bildungsprozess, ist dabei nicht mehr im Blick. Bildung, das sich Bildende, wird wie ein Herstellungsprozess behandelt. Ich komme hierauf zurück.

    Platon kennt auch eine Seele. Im Gegensatz zum sterblichen Körper ist sie unsterblich und kann, wohl in Anlehnung an Pythagoras, in einem anderen Leib weiterleben. Diese Unsterblichkeitslehre ist jedoch nicht so leicht zu fassen. Denn Platon kennt drei Seelenteile: die begehrende Seele, die leidenschaftliche Seele und die Vernunftseele. Alle drei Teile sind aufeinander angewiesen. Jedoch ist nur die Vernunftseele unsterblich. Das Begehren und die Affekte gehen mit dem Körper unter. Diese Dreiteilung führt erst Platon ein und ist bis heute Gegenstand von Spekulationen. Auch für uns ist diese Dreiteilung von Bedeutung, ja, zentraler Gegenstand. Haben sie nicht Ähnlichkeit mit unseren Begriffen: Vernunft, sinnliche Wahrnehmung und Wille? Wir werden sehen.

    2.2.2 Aristoteles

    Wie Platon war auch sein Schüler Aristoteles (384–322) intellektualistisch eingestellt. Im Gegensatz zu Platon ließ er jedoch auch die Wahrnehmung zur Erkenntnisfindung zu. Beide eint jedoch, dass das, was man erkennt, auch tatsächlich die objektive Welt ist. Doch während Platon das Wesen der Dinge in einer transzendenten rein geistigen Sphäre erkundet, hat Aristoteles eine andere Art die Welt zu erfahren. Er erkundet das Wesen der Dinge in der Struktur der Welt selbst. Für die Naturwissenschaft sollte dies bis heute bestimmend bleiben. Seine Kategorien wie Quantität, Qualität, Relation, Zeit, Ort etc. sind grundlegende Merkmale des Seins der Dinge. Die Bedeutungen stammen nicht von den Menschen, sondern von den Dingen selbst. Dies sollte sich zweitausend Jahre später mit Kant umdrehen.

    Nachdem sich aus dem Mythos der Logos die Vernunft ausdifferenziert hatte, fragte sich Aristoteles, wie er denn funktioniert. Wie funktioniert vernünftiges Denkens? Mit seinen Antworten begründet er die Logik. Er unterscheidet die Deduktion (Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere) von der Induktion (Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine). Seither sind aus logischer Sicht alle Annahmen oder Bedingungen, die diese Welt betreffen, Prämissen. Aus diesen Prämissen leiten wir dann logisch einen Schluss, die Konklusion, ab. Haben wir z. B. die beiden Prämissen: „Alle Wesen, die vernünftig Denken, sind Menschen und „Aristoteles denkt vernünftig, dann folgt hieraus: „Aristoteles ist ein Mensch".

    Aristoteles arbeitet nun, für uns höchst bedeutend, eine neue Differenz heraus. Er unterscheidet die „Logik von der „Dialektik. Die Dialektik erzeugt im Gegensatz zur strengen Logik, der jeder vernünftig denkende Mensch zustimmen muss, Plausibilität, der man zustimmen kann. Eine plausible Erklärung muss jedoch auch in sich logisch schlüssig sein. Dies gilt nicht mehr unbedingt für eine dritte Disziplin, die Rhetorik. Hier spielt auch die Beziehung zwischen Redner und Zuhörer eine Rolle. Ein Rhetoriker kann ein Publikum für sich einnehmen und hierdurch Glaubwürdigkeit erzeugen. Die Dialektik steht so gesehen zwischen strenger Logik und Rhetorik.

    Aristoteles ist überhaupt der Philosoph der Begriffe. In seinen Begriffen denken wir noch heute. Die Bedeutungen haben sich allerdings häufig sehr stark gewandelt. Er selbst hat schon wesentliche Begriffe, die er von seinem Lehrer Platon übernommen hat, anders gedeutet. So auch die Begriffe Zeit und Raum und die damit im Zusammenhang stehenden Begriffe Bewegung und Veränderung. Für Platon waren dies Ideen, die allerdings sinnlich wahrgenommen werden konnten. Für Aristoteles galt dies so nicht. Die Zeit war für ihn unbegrenzt und ewig, nicht geschaffen und absolut. Etwas Unbegrenztes und Ewiges lässt sich nicht wahrnehmen und ist nicht erfahrbar. Die Zeit ist für Aristoteles jedoch messbar bei einer Bewegung. Anders liegt es beim Raum. Der Raum ist für Aristoteles begrenzt. Körperliche Begrenztheit ist ein Merkmal des Raumes. Dennoch gibt es den Raum

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