Nach Art des Hundes: Geschichten über Vier- und Zweibeiner
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About this ebook
Hans Joachim Laue
Der Herausgeber Hans Joachim Laue, geboren 1943, arbeitete nach Lehre und Studium als Technischer Redakteur von Betriebsanleitungen sowie als Werbetexter und PR-Journalist in Agenturen und in der Industrie. Darüber hinaus sammelte Laue Erfahrungen als Redakteur von Fach- und Firmenzeitschriften, u. a. als Chefredakteur des Verbandsorgans Print, Zürich. Nebst der rund 25-jährigen Tätigkeit als freier Fachjournalist, speziell im Bereich Druckweiterverarbeitung, betreute er einige Jahre den Redaktionsteil Schweiz der Fachzeitschrift Bindereport, Hannover.
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Book preview
Nach Art des Hundes - Hans Joachim Laue
Unter hundert Menschen liebe ich nur einen Menschen, unter hundert Hunden neunundneunzig Hunde.
Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916)
Inhalt
Auf den Hund gekommen
Hinter Gittern
Unfreiwillig Popeye
„Kadavergehorsam"
Mach’ dies nicht noch einmal!
Vom Dackel gebissen
Tote Hunde
West Side Story
Goethe war dabei
Auf den Arm genommen
Der fliegende Holländer
Briefmarkenentwertung nach Art des Hundes
Flüssige Marken
Der Welpe aus der Zwingerecke
Treppensturz
Die verstoßene Beischläferin
Du hast hier nichts zu suchen
„Freudenbrunz"
Als Elvis starb
Scheinträchtig?
Mit Sack und Pack
In der Luft lauern Gefahren
Der im Kot verdreckte Hund
Sie hoppeln um die Wette
Für Angeberei nicht geeignet
Die verzollte Lebendware
Noch nicht stubenrein
Der Schuhverschleißer
Hoppla, Hand gebrochen, Hund gehalten
Lotse eines erblindeten Hundes
Wer wählt: Hund oder Meister?
Der Garettli-Begleithund
Vorzugsweise vollschlanke Frauen
Wer hat Angst vorm schwarzen Hund?
Willkommen in der Villa der Filmprominenz
Der Restauranttester
Auch nachts ist der Ostseestrand sein Revier
Feuerbestattung
„Dugado" oder durchs ganze Dorf
„Akrobat schööön!"
Schnüffler ohne Dienstauftrag
Angstfreie Eidgenossen
Nicht die Katze, der Hund ist auf dem Dach
Menschen mit vier Beinen
Seine Straße, sein Feld, sein Wald
Er überholt rechts wie ein Engländer
Gemeinschaftliches Saufen?
Der Kavalier
Handy und Hund
Leinenpflicht
War’s das schon?
Vita
Buchprojekte in Arbeit
Auf den Hund gekommen
Bücher über Hunde, insbesondere Ratgeber über Rassen und Erziehung, können interessierte Leserinnen und Leser im stationären Sortimentsbuchhandel oder über den virtuellen Onlinebuchhandel einsehen und erwerben. Speziell gefragt ist die Sach- und Fachliteratur über Hund und Haltung, die durch Funk und Fernsehen her bekanntgewordenen Trainern publiziert worden ist.
Damit kann ich nicht konkurrieren. In diesem Buch erzähle ich dem Leser zwischen 8 und 98 Jahren nur wahre Geschichten. Ich bin kein verbohrter Hundenarr, auch kein sturer Dompteur. Ich mag einige Hunde, einfach so, und sie mögen mich. Zudem gehöre ich einer Gattung Mensch an, die nicht selten bei der Anschaffung eines Hundes zum wiederholten Male und trotz besseren Wissens denselben Fehler begeht. Im Laufe meines Lebens haben ein paar Rüden und eine Hündin im gemeinsamen Haushalt mit Frau und Kindern dem Tagesablauf eine Struktur gegeben.
Na ja, ich will nicht übertreiben. Ein Schema im Zusammenleben mit dem Hausgenossen Hund ergab sich für mich selbst erst so richtig im Rentenalter. Ein Lebensabschnitt, in dem man angeblich über viel Zeit verfügt. Die Söhne sind längst erwachsen. Ihre Domizile und ihre Interessen liegen woanders. Der gegenwärtige Hund hat schon das 14. Lebensjahr überschritten. So alt ist zuvor noch nie einer unserer Hunde geworden. Seine Vorgänger gehörten immer einer bestimmten Rasse an, er ist ein Mischlingshund und der gelehrigste von allen.
Was kommt danach? Wird überhaupt ein neuer Hund mein, unser weiteres Leben strukturieren und bereichern? Ich weiß es, wir wissen es noch nicht. Obwohl ich als Kind unbedingt einen eigenen Hund haben wollte, waren es in späteren Jahren meine Frau und die beiden Buben, die darauf drängten. Ich habe mich mehr oder weniger gefügt. Im Grunde genommen hatte ich nur eine Mitbestimmung bei der Auswahl der Rasse. Da gab ich den etwas größeren Hunderassen den Vorzug: Boxer, Deutscher Schäferhund, Airedale Terrier, Bouvier des Flandres und Landseer. Der Landseer-Welpe war preislich gesehen absolut ein Schnäppchen, wuchs jedoch zu einem Border-Collie-Mischling heran.
Enttäuscht? Nein! Jeder Hund hatte und hat seinen eigenen liebenswerten Charakter. Ein Individualwesen durch und durch. Daran ändern auch Rassestandards nichts. Mir war es stets ein Anliegen, wenn schon Hundebesitz, dann nicht hinter- oder nebeneinander denselben Rassehund zu halten. Um gar nicht der menschlichen Bequemlichkeit zu verfallen, den Rüden oder die Hündin mit dem Vorgänger, der Vorgängerin zu vergleichen. Also auf keinen Fall Pudeldamen Peggy I bis Peggy V. Jede Partnerin, jeder Partner auf vier Pfoten ist einzigartig. Und so sollte es auch bleiben.
Die Erlebnisse mit meinen und fremden Hunden haben alle Alleinstellungsmerkmale. Manche Erzählung mag nach einem oberlehrerhaften Zeigefinger aussehen. Das ist nicht beabsichtigt, kann aber auch nicht schaden, die eine oder andere Eigenerfahrung bestätigt zu sehen oder indirekt einen Rat anzunehmen, frei von jedem Erziehungsdogma.
Hinter Gittern
Die sowjetische Kommandantur befand sich in einer Villa, mitten in einem großen Grundstück, umgrenzt von einem Mauerwerk mit Eisengittern. Hier ging die sowjetische Besatzungsmacht ein und aus. Gelegentlich auch Bürger der Stadt. Allen Beobachtern fiel immer wieder der Dolmetscher auf, sowohl auf dem Kommandantur-Gelände als auch in der Stadt. Er trug sommers wie winters dunkle Kleidung. Stets war er in Begleitung eines schwarzen Belgischen Schäferhundes. Von der Statur her zählte er zu den kleineren Erwachsenen.
Eines Tages, etwa ein Jahr vor Stalins Tod 1953, ging ich am frühen Nachmittag auf der anderen Straßenseite gegenüber der Kommandantur. Von dort war lautes Gebell zu hören. Ein älterer, mir unbekannter Junge kletterte an dem Mauervorsprung und den Gitterstäben entlang, sprang rauf und runter, erzürnte damit den auf dem Grundstück frei herumlaufenden Schäferhund. Ich wechselte die Straßenseite, ging schnurstracks auf die Kommandantur und den fremden Jungen zu und erkundigte mich, was er da mache. „Jedes Mal, wenn ich daran vorbeigehe, kläfft der Köter. Jetzt ärgere ich ihn und bringe ihn dazu, dass er sich heiser bellt und seine Stimme verliert. Hilfst du mir?"
Diese Methode war zuvor noch nie an meine Ohren gedrungen. Da der andere Junge älter und größer, schenkte ich ihm auf naive Weise Glauben. Also half ich bei dem Versuch mit, den Schäferhund stimmlos zu machen. Bei unserer Aktivität des Rauf- und Runterspringens bemerkten wir nicht, dass zwei Uniformierte mit umgehängter Kalaschnikow das Gelände verließen. Plötzlich packten sie uns von hinten und führten uns ab. Im Nu verloren wir, der acht- und der elfjährige Knabe, den Übermut. Wir glaubten, unser Ende sei gekommen. Wen wundert es nach den vielen Gräuelgeschichten, die uns Erwachsene über Russen erzählt hatten? Für sie waren alle Sowjets, ob aus den europäischen oder asiatischen Republiken, einfach nur Russen.
In einem großen Raum der Villa mussten wir am Tisch Platz nehmen. Der Dolmetscher kam hinzu und baute sich vor uns auf, und er wirkte wegen unserer Angst vor Strafe größer als er in Wirklichkeit war. Er versuchte uns zu beruhigen und wollte von uns wissen, warum wir den Hund so vehement ärgerten. Unsere Absicht behielten wir für uns. Da uns keine Ausrede einfiel, zogen wir es vor zu schweigen. Weil wir stumm blieben, begann der Dolmetscher zu erzählen. Sein Hund sei eigentlich ein sehr gehorsamer und braver, vor allem ein treuer Begleiter, an dem er sehr hänge. Gleb nannte er ihn, was so viel wie Beschützer bedeutet. Von uns Bengeln wollte er wissen, ob wir auch einen Hund hätten. Wir antworteten nicht. Dem mir unbekannten Jungen hatte man wohl ebenfalls eingebläut, sich von Fremden nicht aushorchen zu lassen.
Auf diese Weise kam der Dolmetscher mit uns nicht weiter. So unternahm er einen neuen Anlauf und schickte einen Uniformierten hinaus mit Anweisungen, auf Russisch oder in einer anderen fremden Sprache. Es dauerte eine ganze Weile, bis er in den Raum zurückkehrte. Ein Tablett trug er vor sich her und setzte es auf dem Tisch ab. Frisch mit Griebenschmalz bestrichene, dicke Stullen waren da aufgestapelt. Mein Angstgefühl wechselte im Nu zum Hungergefühl über. Inzwischen war der Soldat noch einmal rausgegangen und brachte eine Literflasche Himbeer-Brause und zwei Gläser mit. Erst zaghaft, dann immer entschiedener griffen wir zu. Das Tablett und die Literflasche leerten sich rasch. Nach der Brause konnten wir kaum das Rülpsen zurückhalten.
Ich taute auf und wurde gesprächig. Der andere Junge, Manfred hieß er, erkundigte sich nach der Uhrzeit. Es war schon spät. Draußen wurde es dunkel. Er bat nach Hause gehen zu dürfen. Manfred machte mehrere Diener und entschuldigte sich tausendmal. Mit Ermahnungen wurde er fortgeschickt.
Ich blieb zurück. Gleb schnupperte an meinem Handrücken. Den Schäferhund konnte ich streicheln. Der Dolmetscher warnte mich aber davor, in Zukunft nie zur Begrüßung des Hundes die Hand durchs Eisengitter zu strecken. Ohne sein Beisein solle ich mich Gleb auf keinen Fall nähern. Er hoffe, dass ich auf alle Zeit es unterlasse, Hunde zu ärgern. Ich versprach, es nie wieder zu tun. Dann wurde ich aus meiner russischen Gefangenschaft hinter Gittern entlassen.
Daheim entschuldigte ich mich wegen der Verspätung, weil ich einen Jungen getroffen und mit ihm die Zeit vertrödelt hätte. Die Wahrheit traute ich mich nicht zu sagen. Entweder hätten sie mir mein Erlebnis auf der Kommandantur nicht geglaubt oder Angstzustände gekriegt.
An dem Nachmittag lernte ich etwas fürs weitere Leben:
Nicht alle Vorurteile der Erwachsenen stimmen.
Hunde können wichtige Freunde sein.
Den Dolmetscher und Gleb traf ich noch