Stilles Wasser: Gedanken eines Hochsensiblen
By Florian Baum
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Florian Baum
Florian Baum ist 56 Jahre alt, verheiratet und kaufmännischer Angestellter. Den Anstoß zum Schreiben erhielt er, als er sich über ein soziales Netzwerk einer Gruppe hochsensibler Menschen anschloss. Zunächst nur als Ventil oder Tagebuchersatz gedacht, wurde aus einer Reihe von Einzeltexten nach und nach ein Buch, welches Außenstehenden Einblick in die Gedankenwelt eines Hochsensiblen gewährt und anderen Feinfühligen Gelegenheit zu Identifikation und Selbstbestätigung gibt, wenn die beschriebenen Eigenschaften auch individuell variieren.
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Book preview
Stilles Wasser - Florian Baum
Ich bleib' hier in meinem Zimmer
und ich komm' da nicht mehr raus
Ich will nicht in deine Welt,
denn meine sieht ganz anders aus
Und so sicher, wie du sprichst
und so locker, wie du bist,
so bin ich nicht
Ich bleib' hier in meinem Zimmer
und ich deck' mich nochmal zu
Mit unsichtbarer Tinte schreib' ich an die Wand
„Lass mich in Ruh'!"
Mein Universum ist verschneit
Du vergeudest deine Zeit, tut mir leid
Ich atme ein, ich atme aus
Ich lös' ein Rätsel und ich krieg's nicht raus
Ich atme ein, ich atme aus
Ich geb' den Dingen neue Namen und mir auch
Ich schließ' mich an, ich schließ' mich aus
Ich bin nur kurz hier, ich bin anderswo zuhaus'
Wenn du mir nah sein willst, sei still
und sitz ruhig neben mir
Folge deinem Atem und hör auf zu diskutier'n
Mach die Augen auf, sieh hin
Halt mich aus, wie ich grad bin
Mehr ist nicht drin
Ich atme ein, ich atme aus
Ich lös' ein Rätsel und ich krieg's nicht raus
Ich atme ein, ich atme aus
Ich geb' den Dingen neue Namen und mir auch
Ich schließ' mich an, ich schließ' mich aus
Ich bin nur kurz hier, ich bin anderswo zuhaus'
Tut mir leid
Halt mich aus, wie ich grad bin
Mehr ist nicht drin
Ich schließ' mich an, ich schließ' mich aus
Ich bin nur kurz hier, ich bin anderswo zuhaus'
Ich atme ein, ich atme aus - Ich + Ich
Mit freundlicher Genehmigung von Annette Humpe,
der ich herzlich danke!
Inhaltsverzeichnis
Motivation
Nicht-Sensible und Hochsensible
Einstecken und Austeilen
Wann ist ein Mann ein Mann?
Die Anderen und ihre Norm
Äußerlichkeiten
Humor
Innenansichten
Gerechtigkeit
Nettoleben
Kontinuität
Im Beruf
Introversion
Depression
Arbeit
Religion
Dankbarkeit
Politik
Das Verhältnis zur eigenen Sprache und zu Fremden
Werbung
Regelflut contra Freiheit
Notausgang
Zeit und Ewigkeit
Motivation
„Ich bin der Florian, 56 Jahre alt und verheiratet. Die Themen (Hoch-)Sensibilität, Introversion sowie Depression sind seit jeher meins. Ich denke viel, schreibe gerne, rede eher wenig und nutze gerne meinen Humor als Kommunikationshilfe. Und als visueller und künstlerisch interessierter Mensch fühle ich mich in meiner Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter nicht immer wirklich wohl. Mit Vielfalt und Wandel habe ich es nicht so, da stellt sich bei mir schnell Reizüberflutung ein. Ich habe es gerne ruhig und meine Frau auch. Wir bevorzugen ein eher ereignisarmes Leben. Besonders Unternehmungslustige fragen schon mal, ob wir nicht das Gefühl hätten, etwas zu verpassen. Nö, haben wir nicht. – Wir finden uns übrigens in manchen Texten von Kerstin Ott ganz gut wieder. Und kennt einer den Titel „Ich atme ein, ich atme aus von Ich + Ich? Das ist auch so ein Song, der meine Gemütslage oft ziemlich genau trifft. So, das sollte vielleicht erst mal reichen. Gruß Florian
– So hatte ich mich vorgestellt, als ich mich in einem sozialen Netzwerk einer Gruppe von hochsensiblen Menschen angeschlossen hatte. Meine Selbstbeschreibung fand Anklang. Einige Gruppenmitglieder schienen sich darin wiederzufinden Eine junge Frau aus Hamburg schrieb mir zudem, dass ihr mein Schreibstil gefalle und fragte, ob ich schon mal daran gedacht hätte, ein Buch zu schreiben. Überdies kündigte die Initiatorin der Gruppe an, sie würde demnächst ihr erstes Buch veröffentlichen. Beides stieß etwas in mir an, und der Gedanke ließ mich nicht mehr los, bis ich tatsächlich anfing zu schreiben. Ich habe mich selbst nie für übermäßig begabt oder ehrgeizig gehalten, aber ich hatte früh das Bedürfnis, mich so präzise wie möglich auszudrücken, sodass das, was ich sagen wollte, beim Empfänger möglichst verständlich und unverfälscht, also quasi im Verhältnis 1:1 und verlustfrei ankommt und ich somit nicht einer von denen bleiben musste, denen man nur vor den Kopf schaut, aber eben nicht hinein. (In diesem Sinne habe ich es immer bedauert, nicht druckreif sprechen zu können.)
Besonders im Bereich der anspruchsvollen Literatur und Filmkunst schafft dieser mein Anspruch einer „1:1-Lesbarkeit Kommunikationsprobleme in entgegengesetzter Richtung. Wenn es darum geht, „schwere Kost
zu analysieren, resigniere ich und empfinde einen starken Widerwillen. Schon in der Schule war mir die Frage „Was will der Autor uns damit sagen? ein Graus. Warum sagte der Autor es denn überhaupt erst in einer verklausulierten, kryptischen oder metaphorischen Art und Weise und machte sich die Mühe, seine Aussagen erst aufwändig zu chiffrieren? Warum drückte er das, was er zu sagen hatte, nicht gerade heraus und ohne Umschweife aus? Warum musste man den Sinn seiner Worte erst aus seinem blumigen Text extrahieren und herauspopeln? Warum musste man etwas erst „interpretieren
und brauchte dazu Hilfen wie Königs Erläuterungen oder ähnliches? Und wie sicher konnte man am Ende sein, das betreffende Werk richtig und erschöpfend verstanden zu haben? Der blanke Horror war es dann, im Englischunterricht Shakespeares Macbeth auch noch in der fremden Sprache auseinanderpflücken zu müssen. Das war wirklich nicht mehr zu toppen! When shall we three meet again? In thunder, lightning or in rain? (Shakespeare, Macbeth, erster Akt, erste Szene). Und ich sage:
Fuck off! We'll never meet again! Im Deutschunterricht habe ich mal eine Facharbeit über Ansichten eines Clowns von Heinrich Böll schreiben müssen, die mich viel Mühe gekostet hat, die ich aber nie zurückbekommen habe und die nie bewertet wurde. - In der Therapie brachte ich mal die Frage auf, ob ich eigentlich ein Intellektueller sei, weil ich mich z.B. mit solchen Themen wie Philosophie, Religion und Naturwissenschaften beschäftigte. Aber woran macht man das fest? An der Schulbildung, am Bildungsgrad ganz allgemein, an einem Studium oder vielleicht am Beruf? Beim Schreiben dieses Buches kam mir die