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Agent Storm: Mein Doppelleben bei Al-Qaida und der CIA
Agent Storm: Mein Doppelleben bei Al-Qaida und der CIA
Agent Storm: Mein Doppelleben bei Al-Qaida und der CIA
Ebook641 pages6 hours

Agent Storm: Mein Doppelleben bei Al-Qaida und der CIA

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About this ebook

Der junge Däne Morten Storm ist Kleinkrimineller, Mitglied einer Motorrad-Gang und rutscht immer weiter in die Illegalität ab, bis er schließlich neuen Halt in den Schriften des Propheten Mohammed findet. Nach einem Gefängnisaufenthalt konvertiert er zum Islam und identifiziert sich zunehmend mit den radikalen Forderungen und Zielen extremistischer Islamisten. Ein längerer Aufenthalt im Jemen bringt ihn schließlich mit dem Hassprediger Anwar al-Awlaki zusammen. Doch noch während Storm mit diesem in direktem Kontakt steht, zweifelt er zunehmend an seinen Überzeugungen und arbeitet bald gleichzeitig für nicht weniger als drei westliche Geheimorganisationen. Von nun an führt Storm ein fast schizophrenes Leben: Er konzipiert und plant Anschläge mit führenden Köpfen der al-Qaida und lässt sich kurz darauf in luxuriöse Unterkünfte einfliegen, um seine Informationen mit westlichen Agenten zu teilen und die Nächte durchzufeiern. Seine Mission bleibt dabei jedoch ernst: einen der meistgesuchten Verbrecher Amerikas aufzuspüren und zu vernichten.

Agent Storm ist ein leidenschaftliches und faszinierendes Buch voller Geschichten über codierte Nachrichten, verdeckte Treffen und die zweifelhaften Motive eines Doppelagenten – und gibt einen einzigartigen Einblick in das mächtigste und am meisten gefürchtete Terror-Netzwerk der Welt.
LanguageDeutsch
PublisherRiva
Release dateApr 13, 2015
ISBN9783864137204
Agent Storm: Mein Doppelleben bei Al-Qaida und der CIA

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    Book preview

    Agent Storm - Morten Storm

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    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­biblio­grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

    Für Fragen und Anregungen:

    info@rivaverlag.de

    1. Auflage 2015

    © 2015 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

    Nymphenburger Straße 86

    D-80636 München

    Tel.: 089 651285-0

    Fax: 089 652096

    © der Originalausgabe 2014 by Morten Storm Ltd., Paul Cruickshank and Tim Lister

    Die englische Originalausgabe erschien 2014 bei Atlantic Monthly Press unter dem Titel Agent Storm.

    Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

    Übersetzung: Stephan Gebauer

    Redaktion: Ulrike Kroneck

    Satz: Carsten Klein

    E-Book: Daniel Förster

    ISBN Print 978-3-86883-535-9

    ISBN E-Book (PDF) 978-3-86413-719-8

    ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86413-720-4

    Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

    www.rivaverlag.de

    Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter

    www.muenchner-verlagsgruppe.de

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Impressum

    Inhaltsverzeichnis

    Karte des Jemen

    Hinweis der Autoren

    Kapitel 1 Die Straße in die Wüste

    Mitte September 2009

    Kapitel 2 Gangs, Girls, Gott

    1976 – 1997

    Kapitel 3 Der Konvertit

    Anfang 1997 – Sommer 1997

    Kapitel 4 Arabien

    Spätsommer 1997 – Sommer 1998

    Kapitel 5 Londonistan

    Sommer 1998 – Anfang 2000

    Kapitel 6 Tod in den USA

    Anfang 2000 – Frühjahr 2002

    Kapitel 7 Familienfehden

    Sommer 2002 – Frühjahr 2005

    Kapitel 8 Der MI5 kommt nach Luton

    Frühjahr – Herbst 2005

    Kapitel 9 Die Begegnung mit dem Scheich

    Ende 2005 – Spätsommer 2006

    Kapitel 10 Der Absturz

    Spätsommer 2006 – Frühjahr 2007

    Kapitel 11 Der Seitenwechsel

    Frühjahr 2007

    Kapitel 12 London calling

    Frühjahr 2007

    Kapitel 13 Mit den besten Grüßen aus Langley

    Sommer 2007 – Anfang 2008

    Kapitel 14 Kokain und Allah

    Anfang 2008

    Kapitel 15 Geistlicher Terror

    Frühjahr – Herbst 2008

    Kapitel 16 Mr. John stirbt

    Herbst 2008 – Frühjahr 2009

    Kapitel 17 Geheimnisse der Mudschahidin

    Herbst 2009

    Kapitel 18 Eine Blondine für Anwar

    Frühjahr – Sommer 2010

    Kapitel 19 Eine neue Tarnung

    Sommer – Winter 2010

    Kapitel 20 Ziel Awlaki

    Anfang 2011 – Sommer 2011

    Kapitel 21 Ein langer, heißer Sommer

    Juli – September 2011

    Kapitel 22 Mein Bruch mit dem großen Bruder

    Herbst 2011

    Kapitel 23 Zurück in den Ring

    Ende 2011

    Kapitel 24 In der Höhle des Löwen

    Januar 2012

    Kapitel 25 Die »Operation Amanda«

    Januar – Mai 2012

    Kapitel 26 Chinesisches Geflüster

    Mai 2012

    Kapitel 27 Der Spion, der in die Kälte ging

    2012 – 2013

    Die Nachwehen

    Geheimer Ort in Großbritannien, Frühjahr 2014

    Nachwort

    20. Januar 2015

    Handelnde Personen

    Radikale und Islamisten

    Radikale aus dem Westen

    Radikale im Jemen

    Meine Betreuer bei den Nachrichtendiensten

    Agentenarchiv

    Kommunikation mit Dschihadisten

    Spionagesouvenirs

    Papierspuren

    Danksagungen

    Morten Storm

    Paul Cruickshank und Tim Lister

    Anmerkungen

    Karte des Jemen

    33356.png28059.png

    Hinweis der Autoren

    Jeder Spion, der in die Öffentlichkeit geht, muss eine genaue Prüfung seiner Geschichte über sich ergehen lassen. Das gilt insbesondere für einen Spion, der behauptet, als Doppelagent für vier westliche Geheimdienste gearbeitet und an einigen der heikelsten Operationen im Kampf gegen den Terrorismus nach dem 11. September 2001 teilgenommen zu haben.

    Das Besondere an Morten Storms Geschichte ist, dass er in seiner Zeit als Spion eine große Menge an audiovisuellen Belegen und elektronischen Mitteilungen gesammelt hat, die seine Darstellung im Detail bestätigen.

    Das Material, zu dem er uns ungehinderten Zugang gewährt hat, umfasst:

    •E-Mails, die er mit dem einflussreichen islamistischen Geistlichen Anwar al-Awlaki ausgetauscht hat;

    •von Awlaki und der Kroatin, die in den Jemen ging, um den Prediger zu heiraten, aufgenommene Videos; diese Ehe arrangierte Storm, während die amerikanischen Geheimdienste Awlaki jagten;

    •Dutzende verschlüsselte E-Mails zwischen Storm und Terroristen in Arabien und Afrika; diese Nachrichten liegen immer noch auf den Festplatten seiner Computer;

    •Aufzeichnungen über Geldanweisungen an einen Terroristen in Somalia;

    •Textnachrichten, die Storm mit dänischen Geheimagenten austauschte; diese Nachrichten sind immer noch in Storms Mobiltelefonen gespeichert;

    •heimliche Aufnahmen von Gesprächen zwischen Storm und seinen dänischen und amerikanischen Geheimdienstbetreuern, darunter eine 30-minütige Aufnahme von einem Gespräch mit einem CIA-Agenten in Dänemark (bei diesem Treffen im Jahr 2011 wurde über mehrere Missionen Storms zum Aufspüren von Terroristen gesprochen);

    •handschriftliche Notizen über seine Missionen;

    •Videos und Fotos, die Storm nach einem Treffen mit Awlaki im Jahr 2008 während der Fahrt durch die umkämpften Stammesgebiete aufnahm;

    •Videos, auf denen Storm im Jahr 2010 mit britischen und dänischen Nachrichtendienstmitarbeitern in Nordschweden zu sehen ist.

    Sofern nicht in den Anmerkungen anders angegeben, werden alle im Buch zitierten E-Mails, Schreiben, Facebook-Mitteilungen, Textnachrichten und Gesprächsmitschnitte im Wortlaut wiedergegeben.¹

    Storm besitzt auch Fotos, auf denen er mit einigen seiner dänischen Geheimdienstbetreuer in Island zu sehen ist. Journalisten der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten konnten die Identität dieser Agenten dank ihrer Quellen bestätigen.

    Mehrere in diesem Buch erwähnte Personen haben wichtige Bestandteile von Storms Darstellung bestätigt. Im Interesse der Sicherheit dieser Personen geben wir ihre Identität nicht preis. Kein Mitarbeiter eines westlichen Nachrichtendienstes war bereit, sich offiziell zu Storms Darstellung zu äußern.

    Storm zeigte uns seine Reisepässe, aus denen die Ein- und Ausreisedaten aller in diesem Buch beschriebenen Reisen außerhalb Europas ab dem Jahr 2000 hervorgehen. Er besitzt auch Hotelrechnungen, die von Mola Consult bezahlt wurden, einer Tarnfirma des dänischen Nachrichtendienstes; diese Firma wurde laut dänischem Handelsregister kurz vor der Veröffentlichung von Storms Geschichte aufgelöst. Außerdem hat er uns Dutzende Belege von Western Union über Zahlungen des dänischen Nachrichtendienstes PET vorgelegt. Seine PET-Betreuer gaben bei den Geldsendungen den Ort Søborg an: In diesem Kopenhagener Bezirk hat der PET seinen Sitz.

    Wir haben die Namen von drei Personen durch Pseudonyme ersetzt, um ihre Identität und Sicherheit zu schützen (einen entsprechenden Hinweis geben wir bei der ersten Nennung dieser Namen). Aus rechtlichen und Sicherheitsgründen erwähnten wir nur die Vornamen mehrerer anderer Personen. Am Ende des Buches findet der Leser eine Liste der Handelnden Personen. Bei arabischen Worten und Redewendungen haben wir bei der ersten Nennung eine Übersetzung ergänzt.

    Am Ende des Buches findet der Leser eine Reihe von Fotos und anderen Abbildungen sowie einen Bildteil mit Farbfotos. Darunter sind ein Foto von einem Aktenkoffer, der 250.000 Dollar enthält, welche die CIA Storm als Prämie zahlte, außerdem handschriftliche Notizen über eine Besprechung mit Awlaki, entschlüsselte E-Mails, Belege über Geldanweisungen sowie Video-Standaufnahmen und Fotos, die Storm bei seinen Reisen zu Awlaki im Gouvernement Schabwa im Jemen machte.

    Paul Cruickshank und Tim Lister, April 2014

    1* Anm. des Übersetzers: In der englischsprachigen Originalausgabe wurden orthografische und grammatische Fehler aus Gründen der Authentizität übernommen. In der deutschen Übersetzung können diese Fehler nicht wiedergegeben werden.

    Kapitel 1

    Die Straße in die Wüste

    Mitte September 2009

    Ich saß in meinem grauen Hyundai und spähte hinaus in die dickflüssige Finsternis. Ich war erschöpft und angespannt. Die Erschöpfung kam daher, dass mein Tag vor Morgengrauen mehr als 300 Kilometer nördlich in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa begonnen hatte. Der Grund für die Anspannung war, dass ich keine Ahnung hatte, wen ich treffen würde oder wann diese Männer auftauchen würden. Würden sie mich als Kameraden begrüßen oder als Verräter gefangen nehmen?

    Die Nacht in der Wüste war von einer Intensität, wie ich sie in Europa nie erlebt hatte. Nirgendwo auf der Straße, die von der jemenitischen Küste in das gesetzlose gebirgige Gouvernement Schabwa führte, war das Licht eines Autoscheinwerfers zu sehen. Teilweise war die Straße kaum zu erkennen, da der heiße Asphalt mit einer dünnen Sandschicht bedeckt war. Noch lange nach Sonnenuntergang waberte eine feuchte Brise vom Arabischen Meer herüber.

    In meine Beklemmung mischte sich das Gefühl der Schuld: In dieses Niemandsland, in dem al-Qaida vorrückte und die staatliche Ordnung zurückwich, hatte ich nur vordringen können, weil meine junge jemenitische Ehefrau Fadia an meiner Seite war.² Der Vorwand, ihren Bruder zu besuchen, hatte die Soldaten an den Straßensperren dazu bewegt, uns zu erlauben, unsere gefährliche Fahrt in den Süden fortzusetzen.

    Ich wusste, dass ich mit dem Versuch, den Kontakt zu Anwar al-Awlaki wiederherzustellen, mein Leben aufs Spiel setzte. Dieser charismatische amerikanisch-jemenitische Korangelehrte war mittlerweile eine der einflussreichsten Figuren von al-Qaida. Das jemenitische Militär und der Geheimdienst des Landes bekämpften al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) in jüngster Zeit entschlossener, denn die Gruppe war zu einer der aktivsten und gefährlichsten Fraktionen von Osama bin Ladens Terrornetz geworden. Auf unserer Fahrt nach Süden konnten wir in jedem Augenblick in einen Hinterhalt oder in eine Schießerei an einer Straßensperre geraten – oder einfach einem Missverständnis zum Opfer fallen.

    Es bestand auch die Gefahr, dass mir Awlaki, den westliche Medien mittlerweile als »al-Qaidas Rockstar« bezeichneten, nicht mehr vertraute. Ich hatte diese Reise auf seine Bitte unternommen. In einer E-Mail, die er im Entwurfsordner eines von uns gemeinsam verwendeten anonymen Mail-Accounts abgelegt hatte, hatte er geschrieben:

    »Komm nach Jemen. Ich muss mit dir sprechen.«¹

    Seit unserer letzten Begegnung war fast ein Jahr vergangen, und in dieser Zeit hatte Awlaki seinen gnadenlosen und schicksalhaften Weg fortgesetzt. Aus einem radikalen Prediger, der mit al-Qaida sympathisierte, war ein einflussreiches Mitglied der Führung der Terrororganisation geworden. Awlaki beteiligte sich jetzt an den Plänen, den Terror zu exportieren.

    Ich hatte bereits ein Treffen verpasst. Awlaki hatte mich eingeladen, in einem abgelegenen Teil der Wüstenregion Marib, der angeblichen Heimat der Königin von Saba, an einem Treffen führender jemenitischer Dschihadisten teilzunehmen. Awlakis jüngerer Bruder Omar hatte diese Reise organisieren sollen, aber er hatte darauf bestanden, dass ich mich in einen Niqab hüllte, einen Ganzkörperschleier, um als Frau verkleidet durch die Kontrollen zu kommen. Aber ich zweifelte an dieser Tarnung, denn ich war 1,85 Meter groß und wog fast 115 Kilo. Ich hatte das Angebot abgelehnt, obwohl der Fahrer, der mich zu diesen polizeilich gesuchten Männern hätte bringen sollen, ein Polizist war. Der Jemen war ein Land voller Widersprüche. Es hatte an mir genagt, nicht an einer derart wichtigen Versammlung von al-Qaidas Führung im Jemen teilnehmen zu können. Also brachen meine Frau und ich einige Tage später zu dieser Odyssee nach Schabwa auf.

    Nach wenigen Minuten hörte ich in der Ferne das gedämpfte Dröhnen eines Motors. Dann sah ich die Scheinwerfer. Kurz darauf näherte sich ein Toyota Land Cruiser, in dem sich mehrere grimmig dreinblickende, mit Kalaschnikows bewaffnete junge Männer drängten. Dies war meine Eskorte. Ich drückte die Hand meiner Frau. In wenigen Augenblicken würden wir wissen, ob uns Schlimmes drohte.

    Wir hatten den ganzen Tag lang die knappen Anweisungen befolgt, die Awlaki uns per Textmitteilung geschickt hatte. Es war wie eine bizarre Schnitzeljagd. »Nehmt diese Straße, biegt links ab, sagt den Polizisten, dass ihr entlang der Küste nach Mukalla reist.«

    Es war fast unmöglich, mich meiner Umgebung anzupassen. Ein massiger Däne mit fuchsrotem Haarschopf und langem Bart fiel inmitten all dieser drahtigen, dunkelhäutigen Araber auf wie ein Außerirdischer. In einem Land, in dem Entführungen und Stammesfehden, schießwütige Polizisten und Dschihadisten jede Reise zu einem unvorhersehbaren Abenteuer machten, bot eine Erscheinung wie meine, ein riesiger Däne, der mit einer zierlichen jemenitischen Frau an der Seite in einem Mietwagen in den rebellischen Süden unterwegs war, einen zumindest ungewöhnlichen Anblick.

    Der Tag hatte durchaus gut begonnen. Wir hatten es genossen, in der erfrischenden morgendlichen Kühle aufzubrechen, bevor sich die drückende Hitze über das Land legte. Gleich außerhalb von Sanaa hatten wir die erste Straßenkontrolle passiert, die immer die schwierigste war: Wie kam jemand auf die Idee, die relativ sichere Hauptstadt zu verlassen, um in den gefährlichen Süden zu reisen? Ich plauderte Arabisch mit den Beamten, was jedes Mal Eindruck auf sie machte, während meine Frau, die ihr Gesicht mit dem schwarzen Niqab verhüllt hatte, stumm neben mir saß. Es war kein Zufall, dass ich eine CD mit Koranversen eingelegt hatte. Ich erklärte den Polizisten, wir wollten uns mit dem Bruder meiner Frau treffen und gemeinsam zu einer Hochzeitsfeier an der Küste fahren. Wir wollten über Aden reisen, den wichtigsten Hafen am Arabischen Meer und Drehscheibe des jemenitischen Handels.

    Den Polizisten am Kontrollpunkt fiel es schwer, die Angaben in meinem Pass zu entziffern. Die wenigsten dieser Männer konnten die arabische Schrift fehlerlos lesen, geschweige denn, dass sie das lateinische Alphabet beherrschten. Sie hielten mich offenbar für einen Türken, was daran liegen mochte, dass es undenkbar schien, ein Europäer könne durch den Jemen reisen. Mein breites Lächeln und meine scheinbare Vertrautheit mit der Umgebung genügten ihnen. Vermutlich half auch, dass September war, ein Monat von sengender Hitze in diesen Breiten, und dass wir uns obendrein mitten im Ramadan befanden. Die Beamten waren entkräftet vom Fasten.

    Nachdem wir den ersten Kontrollpunkt hinter uns hatten, bestand die größte Herausforderung darin, auf der Straße zu bleiben oder zumindest zu vermeiden, von anderen abgedrängt zu werden. Gelegentlich sah ich am Fuß steiler Abhänge das verrostete Gerippe eines Lastwagens oder Busses liegen. Die Straßen im Jemen schienen sehr verlockend auf lebensmüde Fußgänger zu wirken, seien es Kamele, Hunde, Kühe oder Kinder, die unbeirrt von heranrasenden Fahrzeugen in der Mitte der Straße gingen.

    Als die Farben des Morgens der weißen Hitze des Nachmittags wichen, fiel es mir zusehends schwer, mich auf die Straße und auf die Gefahren unserer Reise zu konzentrieren. Endlich gelangten wir aus den Bergen ins Küstentiefland der Tihama. In der Ferne lag die Hafenstadt Aden. Die Stadt hatte sehr unter dem rücksichtslosen Feldzug gelitten, den der nordjemenitische Präsident Ali Abdullah Salih nach dem Zusammenbruch des Südjemen in den neunziger Jahren begonnen hatte, um das geteilte Land wieder zu vereinen. Nun musste sich die jemenitische Regierung nicht nur mit den militanten Islamisten, sondern auch mit einer separatistischen Bewegung auseinandersetzen, die im Süden wachsenden Zulauf fand, weil sich die Bevölkerung dieses Landesteils gegenüber dem Norden benachteiligt fühlte.

    Im Rückspiegel verschluckten die Berge die verglühende Sonne. Ich versuchte, mich im chaotischen Straßennetz am Stadtrand von Aden zu orientieren und den Weg zu der langen Küstenstraße zu finden, auf der ich nach Osten weiterfahren sollte, wie Awlaki mir in einer weiteren Textnachricht mitgeteilt hatte.

    Anwar al-Awlaki gehörte einem einflussreichen Klan an, der in den Bergen von Schabwa beheimatet war. Sein Vater war ein angesehener Gelehrter und Minister in der jemenitischen Regierung gewesen, der mit einem Fulbright-Stipendium einen Doktortitel an der University of Nebraska erworben hatte. Der Sohn hatte nach dem 11. September 2001 in der (begründeten) Sorge, das FBI sei ihm auf den Fersen, die Vereinigten Staaten verlassen und eine Zeit lang an der Universität Sanaa unterrichtet. Anwar hatte sich wenige Monate vor dem Terrorangriff mit zwei der Flugzeugentführer in Kalifornien getroffen, obwohl es keinen Beweis dafür gab, dass er ihre Pläne kannte.²

    Sieben Jahre später hatte sich die Situation und mit ihr Awlaki verändert. Präsident Salih bemühte sich verzweifelt um amerikanische Finanzhilfe und stand unter wachsendem Druck, härter gegen die Sympathisanten von al-Qaida vorzugehen. Im September 2008 hatten die Islamisten bei einem Selbstmordanschlag auf die amerikanische Botschaft zehn Menschen getötet, und es war zu Massenausbrüchen von al-Qaida-Terroristen aus »Hochsicherheitsgefängnissen« gekommen. Der Jemen war al-Qaidas ergiebigstes Rekrutierungsgebiet: Vor 9/11 waren zahlreiche ungebildete junge Jemeniten in die Ausbildungslager der Terrororganisation in Afghanistan geschickt worden. (Einige von ihnen waren Leibwächter von bin Laden geworden und wurden bei der Flucht aus dem Gebirgsmassiv Tora Bora gefangen und nach Guantanamo geschickt.)

    Der Jemen beherbergte jetzt den al-Qaida-Ableger AQAP und war das bevorzugte Ziel europäischer und amerikanischer Extremisten, die vom heiligen Krieg träumten. Und Awlakis Extremismus war aggressiver geworden. Seine über YouTube in aller Welt verbreiteten Hasspredigten gaben angehenden Dschihadisten die Richtung vor. In ländlichen Gemeinden Pennsylvanias, winzigen Sozialwohnungen in England und Vororten von Toronto verschlangen junge Männer jedes seiner Worte.

    In den Augen der CIA und des MI6 war Awlaki die Zukunft von al-Qaida. Seine Kenntnis der westlichen Gesellschaften, sein fließendes Englisch und seine Vertrautheit mit den sozialen Medien machten ihn zu einer neuartigen und noch tödlicheren Bedrohung als die Videos und geheimnisvollen Botschaften bin Ladens.

    Im Jahr 2006 war er verhaftet worden, weil er in dem Verdacht stand, an einer schwer durchschaubaren Verschwörung zur Entführung beteiligt zu sein. Er hatte 18 Monate in Sanaa im Gefängnis gesessen, wo ihn FBI-Agenten besucht hatten, um mehr über seine Treffen mit den Flugzeugentführern vom 11. September zu erfahren. Nach seiner Entlassung war er im weitläufigen und wilden Hinterland des Jemen verschwunden.

    Nun verließ ich Aden in Richtung Osten, um die letzte Etappe meiner Entdeckungsreise durch den Jemen in Angriff zu nehmen. Wir erreichten einen weiteren behelfsmäßigen Checkpoint, der aus zwei verbeulten Stoppschildern zu beiden Seiten einer rostigen Wellblechhütte bestand. In deren Schatten war die sengende Hitze nur noch schwerer zu ertragen. Diese Hütte war so etwas wie eine Grenze, kennzeichnete sie doch das Ende des staatlichen Herrschaftsbereichs. Jenseits dieses Kontrollpostens verlief eine Straße, auf der Ausländer nur in Begleitung von Soldaten reisen konnten, ein unwirtliches Land, in dem al-Qaida-Kämpfer und Banditen umherstreiften.

    Wir erzählten wieder die Geschichte von der Hochzeit, davon, dass ich den Weg nach Mukalla entlang der Küste kannte und Arabisch sprach. Die Polizisten sagten uns, wenn wir ohne Schutz weiterfahren wollten, müssten wir nach Aden zurückkehren und eine Erklärung unterzeichnen, in der wir die Behörden jeglicher Verantwortung für unsere Sicherheit enthoben.

    Als wir eine Stunde später mit dem Dokument zum Kontrollposten zurückkehrten, war die Sonne untergegangen, aber das rote Licht erhellte immer noch die Dämmerung. Die Wachen schickten sich gerade an, mit der als Iftar bezeichneten Mahlzeit das Fasten zu brechen. Es war ihnen vollkommen egal, was aus diesem verrückten Europäer und seiner schweigsamen jemenitischen Frau wurde.

    Die Südküste des Jemen wäre das ideale Urlaubsziel: endlose Strände mit weichem Sand, warmes Wasser, reiche Fischgründe. Eine unberührte, aber auch bedauerlich unberührbare Landschaft an den Ausläufern eines gescheiterten Staats. In dieser leeren Landschaft stieß man nur hier und da auf trostlose Küstenstädtchen wie Sindschibar, in denen verstreut Betonblöcke herumlagen, Zeugen unvollendeter oder vor Baubeginn gestoppter Projekte.

    Nachdem wir das letzte Hindernis hinter uns gelassen hatten, hellte sich unsere Stimmung auf. Adrenalin strömte durch meine Adern.

    Die letzte Anweisung von Awlaki traf ein. Ich sollte den Polizisten sagen, dass ich zum Tanken nach Norden zurückkehren musste.

    Schukra war kaum mehr als ein Fischerdorf. An diesem schwülen Abend schien der Ort menschenleer, nur ein paar Hunde schlichen über die Hauptstraße. Das Dorf wirkte noch verwahrloster als vor einem Jahr, als wir es auf unserer letzten Reise zu einem Treffen mit Awlaki durchquert hatten.

    Außerhalb der Ortschaft erreichten wir eine überdimensionierte Straßenkreuzung. Von Schildern sah ein lächelnder Präsident auf uns herab. Hier teilte sich die Straße: In einer Richtung führte sie landeinwärts in das rebellische Hinterland, die andere Route folgte weiter der Küste. Es war klar, dass mir die Polizei unter keinen Umständen erlauben würde, meinen Weg ins Inland fortzusetzen. Daher lautete die Anweisung, den Polizisten am Kontrollposten zu sagen, ich wolle entlang der Küste weiterfahren, müsse jedoch einige Kilometer in der anderen Richtung fahren, um zu einer Tankstelle zu gelangen. Offenkundig hatte diese Ausflucht bei früheren Gelegenheiten funktioniert. Die Polizisten, die sich gerade den Magen mit der Iftar vollgeschlagen hatten, winkten uns träge durch. Sie sollten uns nicht zurückkehren sehen.

    Fadia und ich saßen auf einer einsamen Wüstenstraße in unserem Auto und blinzelten in das Scheinwerferlicht eines mit Bewaffneten gefüllten Land Cruiser. Fadias Puls raste so wie meiner.

    Aus der Staubwolke, die die Lichtstrahlen der Scheinwerfer in einen Nebel hüllte, tauchte ein bärtiger Mann auf, der ein rot kariertes Tuch um den Kopf trug. Er war Mitte dreißig und hatte stechende dunkle Augen. Die anderen Männer gingen hinter ihm, was deutlich zeigte, dass Abdullah Mehdar der Anführer der Gruppe war. Mehdar war als furchtloser Dschihadist bekannt. Ich musterte sein Gesicht, als er auf uns zukam.

    »As salaam aleikum (Friede sei mit dir)«, sagte er mit einem breiten Lächeln. Mein Körper entspannte sich, als hätte sich ein Fieberkrampf gelöst. In meiner Erleichterung umarmte ich jeden einzelnen von Mehdars Gefährten. Sie hatten Bananen und Brot mitgebracht, und wir brachen gemeinsam das Fasten. Zum ersten Mal an diesem Tag fühlte ich mich sicher. Ich war umgeben von einigen der meistgesuchten Männer im Jemen, einer Gruppe Bewaffneter, die ich nicht kannte, und war in einer finsteren Nacht auf dem Weg in die Wildnis von Schabwa. Trotzdem fühlte ich mich geborgen wie in einem Kokon, aufgenommen in eine Bruderschaft, die auf einfachen Überzeugungen und kritikloser Loyalität beruhte.

    Mehdar war Awlakis persönlicher Abgesandter und gehörte wie sein Vorgesetzter dem Stamm der Awalik an. Der Jemen war ein Land, in der die Loyalität gegenüber der Stammesgemeinschaft Vorrang vor allen anderen Beziehungen hat. Mehdar wusste, dass ich mit Awlaki befreundet und auf Einladung des Geistlichen gekommen war. Daher begegnete er mir mit Respekt und Freundlichkeit.

    Wenige Minuten später sagte er, wir sollten aufbrechen. In dieser Gegend waren Raubüberfälle an der Tagesordnung, und die Kriminellen waren ebenso gut bewaffnet wie die Dschihadisten. Es war nach neun Uhr abends, als der Konvoi seinen Bestimmungsort erreichte: Der Land Cruiser folgte meinem kleinen Hyundai, der zweifellos der erste Mietwagen war, der sich je in diesen abgelegenen Winkel von Schabwa verirrt hatte. In eine Staubwolke gehüllt, rasten wir am Rand einer unbeleuchteten Häusergruppe auf einer Sandstraße entlang. In der Ferne ragten Berge empor, obwohl in dieser mondlosen Nacht unmöglich zu erkennen war, wo das Land endete und der Himmel begann.

    Ich konnte es zu jenem Zeitpunkt nicht wissen, aber wir befanden uns in der Nähe von al-Hotta, einer Siedlung im Schatten eines steil aufragenden Felsplateaus im Bezirk Mayfaa. Wir waren im Herz des Reichs von al-Qaida.

    Wir kamen zu einer von hohen Mauern umgebenen Anlage, die von einem großen zweigeschossigen Haus beherrscht wurde. Die Tore öffneten sich und wurden hinter uns rasch wieder von zwei Männern geschlossen, die Kalaschnikows über den Schultern trugen. Ich wurde von plötzlicher Panik ergriffen. Meine Reise zum Treffen mit Anwar al-Awlaki war abgeschlossen – aber was, wenn die jemenitischen Sicherheitsdienste von meinen Plänen Wind bekommen hatten oder wenn Awlaki mir nicht mehr vertraute? Und dann war da Fadia. Sie kannte Awlaki und wusste, dass wir Freunde waren, aber sie hatte keine Ahnung, was ich vorhatte.

    Ich sah zum Sternenhimmel hinauf, bevor ich die Treppe zum Obergeschoss hinaufging. Meine Beine waren schwer wie Blei, und die wenigen Schritte hinauf kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Es gab keinen Weg zurück. Mir gingen Bilder von Nick Berg und Daniel Pearl durch den Kopf, zwei Amerikanern, die von al-Qaida vor laufender Kamera enthauptet worden waren.

    Fadia wurde in den hinteren Teil des Hauses gebracht, wo sich die Frauen aufhielten. In diesem Teil des Jemen wurden die Geschlechter in Gesellschaft stets getrennt. Später berichtete mir Fadia über die stoische Haltung der Frauen, unter denen viele Witwen von im Heiligen Krieg gefallenen Stammesmitgliedern waren. Es war üblich, dass eine Witwe einen anderen Dschihadisten heiratete. Allerdings war das kaum ein Rezept für häuslichen Frieden.

    Die große, spärlich eingerichtete Eingangshalle führte in ein noch größeres Empfangszimmer. Dort fiel mir eine ordentliche Reihe von an die Wand gelehnten Waffen auf: Kalaschnikows, alte Flinten und sogar eine Panzerbüchse. Diese Männer waren bereit, jeden Augenblick in den Kampf zu ziehen, und ihr Gegner konnte ebenso gut ein rivalisierender Stamm wie eine Einheit von Regierungstruppen sein.

    Ein Dutzend Männer hatte sich um eine große silberne Schüssel versammelt, die auf dem Boden stand. Sie war mit einem Berg Safranreis mit Huhn gefüllt. Die Männer waren jung, einige von ihnen waren noch vor wenigen Jahren Dorfjungen gewesen. Und mitten unter ihnen saß Anwar al-Awlaki. Er war schlank, elegant und sah mich mit den intelligenten Augen an, die bereits so viele suchende Seelen in Europa und Amerika verführt hatten. Er erhob sich mit einem warmen Lächeln und umarmte mich.

    »As salaam aleikum«, sagte er in herzlichem Ton. Er strahlte eine natürliche Autorität aus und präsentierte mir mit einer weit ausholenden Geste den Raum, so als wollte er unterstreichen, dass er der Herr über diesen Ort und diese Männer war.

    Awlaki trug wie gewohnt ein trotz des Staubs und der Hitze blütenweißes traditionelles Gewand und die Brille, die seine intellektuelle Persönlichkeit unterstrich. Ich war verblüfft über den Kontrast zwischen den einfachen, ungebildeten Landjungen und diesem Korangelehrten, einem Philosophen, der sich zum spirituellen Führer des Heiligen Kriegs aufgeschwungen hatte. Nachdem er mich begrüßt hatte, erhoben sich alle Anwesenden, um mich willkommen zu heißen. Sie sahen alle ehrfürchtig zu ihrem »Scheich« auf. Das Leben in Isolation hatte seine Anziehungskraft nicht geschmälert.

    »Komm und iss«, sagte Awlaki, der nach mehreren Jahren in seinem arabischen Heimatland mittlerweile mit deutlichem Akzent amerikanisch sprach.

    Er schien sehr erfreut über meinen Besuch, der offenbar eine willkommene Unterbrechung seines Eremitendaseins war. Aber zuerst musste er sich um die Bedürfnisse seiner Gäste kümmern. Nachdem er mich den anderen Männern vorgestellt hatte, wies er mir einen Platz zu, damit die gemeinsame Mahlzeit beginnen konnte. Die Gäste stopften sich Huhn und Reis mit der Hand in den Mund, aber so gut ich mit den Gebräuchen des Landes vertraut war, konnte ich nicht anders, als um einen Löffel zu bitten, was große Heiterkeit auslöste. Einige selbstironische Bemerkungen und mein Arabisch, das ich im Lauf von mehr als einem Jahrzehnt bei zahlreichen Besuchen und längeren Aufenthalten im Jemen perfektioniert hatte, löste die Spannung.

    Ich beobachtete Awlaki und stellte fest, dass er abwesend und melancholisch wirkte, so als würden seine Isolation in Schabwa und der von den Amerikanern ausgeübte Druck auf ihn an ihm zehren. Es war fast zwei Jahre her, dass er auf Druck seiner mächtigen Familie aus dem Gefängnis entlassen worden war. Anfang 2008 hatte er Sanaa verlassen und Zuflucht in der Heimat seiner Ahnen gefunden. Dem Stamm der Awalik wurde folgendes Motto zugesprochen: »Wir sind Funken aus der Hölle, wer uns im Weg steht, wird verbrannt.«

    In dem Jahr seit unserer letzten Begegnung hatte sich Awlaki sehr unauffällig verhalten – seine Angst vor Entdeckung hatte mich gezwungen, für eine kurze Begegnung diese Odyssee auf mich zu nehmen. Der Scheich bewegte sich von einem Unterschlupf zum anderen und zog sich zeitweilig in Verstecke in den Bergen am Rand der »Leere« zurück, jenes Meers aus Sand, das sich bis nach Saudi-Arabien erstreckte.

    Aber sein zurückgezogenes Leben hinderte den Prediger nicht daran, weiterhin Predigten über das Internet zu verbreiten und per E-Mail und Textnachricht mit seinen Anhängern zu kommunizieren. Seine Meinungsäußerungen waren schärfer geworden, was vielleicht daran lag, dass er die anderthalb Jahre im Gefängnis überwiegend in Einzelhaft verbracht hatte, vielleicht aber auch daran, dass er sich bei der Lektüre der islamistischen Gelehrten ein radikaleres Weltbild angeeignet hatte. Vielleicht hatte ihn seine Verbannung in die gebirgige Wildnis auch feindselig gegenüber der Welt gemacht.

    Am Ende der Mahlzeit stand Awlaki auf und forderte mich auf, ihn in einen kleineren Raum zu begleiten.

    Ich studierte seinen Gesichtsausdruck.

    »Wie geht es dir?«, fragte ich, da mir nichts Bedeutsameres in den Sinn kam.

    »Ich bin hier«, antwortete er mit einem Anflug von Fatalismus. »Aber ich vermisse meine Familie, meine Frauen, meine Kinder. Ich kann nicht nach Sanaa, und für sie ist es zu gefährlich hierherzukommen. Die Amerikaner wollen mich tot sehen. Sie setzen die Regierung unentwegt unter Druck.«

    Er sagte, am Himmel kreisten Drohnen, aber er fürchte sich nicht vor ihnen.

    »Dies ist der Weg der Propheten und der Frommen: der Dschihad.«

    Er eröffnete mir, dass die »Brüder« von mir enttäuscht seien, weil ich es nicht nach Marib geschafft habe. Sie hätten viel über mich gehört. Im Verlauf unseres Gesprächs wurde klar, dass der jemenitische Staat Awlaki keine große Sorge bereitete. Die Regierung wolle das Problem al-Qaida auf Schabwa begrenzen und abwarten, bis es sich von allein löse, anstatt die Stammesgebiete anzugreifen, in denen sich die Dschihadisten sammeln konnten.

    Awlaki wollte die in seinen Augen säkulare Regierung Salih stürzen. Salih war für ihn ein Handlanger der Vereinigten Staaten. Zufrieden erzählte er mir, dass seine Leute vor Kurzem bei einem Hinterhalt zahlreiche Regierungssoldaten getötet und schwere Waffen einschließlich Antipanzerraketen erbeutet hatten. Diese wollte er an die Islamisten in Somalia weiterreichen, die dringend schwere Waffen brauchten.

    Der Korangelehrte war zum Beschaffungsoffizier geworden.

    Einige Monate früher hatte Awlaki eine Botschaft an al-Shabaab geschickt, jene radikalislamische Miliz, die große Teile Somalias der Scharia unterworfen hatte. Al-Shabaab, hatte er erklärt, gebe den Muslimen ein Beispiel dafür, wie man sich zur Wehr setzen könne: »Der Wahlzettel hilft uns nicht, die Kugel hilft uns. Hätten es meine Umstände erlaubt, so hätte ich nicht gezögert, mich euch als Soldat anzuschließen.«³

    Der Mann, der den Terrorangriff am 11. September 2001 als unislamisch verurteilt hatte, als er noch in den Vereinigten Staaten lebte, hatte vor Kurzem in seinem Blog geschrieben: »Ich bete darum, dass Allah Amerika und alle seine Verbündeten zerstört. … Ob es den Massen gefällt oder nicht, wir werden die Weltherrschaft Allahs mit dem Schwert durchsetzen.«⁴

    Er hatte auch begonnen, diese Botschaft unter den Muslimen in der westlichen Welt zu verbreiten. Deren Situation verglich er mit der des Propheten Mohammed und seiner Anhänger im präislamischen Mekka, wo sie verfolgt und zur Hidschra, zur Auswanderung nach Medina im Norden gezwungen worden waren.

    Und wenige Wochen vor meinem Besuch hatte Awlaki von seinem Außenposten in Schabwa aus die militärische Zusammenarbeit verschiedener islamischer Länder mit den Vereinigten Staaten verurteilt: »Der Schuldige ist der Soldat, der bereit ist, diese Befehle zu befolgen und … seine Religion für ein paar Dollar zu verkaufen.«⁵

    Dieses Argument machte großen Eindruck auf Major Nidal Hasan, einen Offizier der amerikanischen Armee, der bereits E-Mails mit Awlaki ausgetauscht hatte.

    Nun sagte mir Awlaki, im Heiligen Krieg sei es vertretbar, Zivilisten Leid zuzufügen und sie zu töten. Der Zweck heilige die Mittel. Ich widersprach ihm sofort. Ich wusste, dass meine klaren Meinungen Awlaki gefielen, der bereit war, seinen Standpunkt auf der Grundlage des Koran und der Überlieferungen der Hadithe zu vertreten.

    Einige Monate früher war ein junger Anhänger Mehdars in ein benachbartes Gouvernement gereist, wo er sich selbst und vier südkoreanische Touristen in die Luft gesprengt hatte.⁶

    »Er ist jetzt im Paradies«, hatte mir einer seiner Freunde bei einem Abendessen erzählt. Ich wusste nicht, ob Mehdar selbst an der Planung dieses Anschlags beteiligt gewesen war oder ihn überhaupt gutgeheißen hatte. Aber es war klar, dass die Einsatzbereitschaft dieser Kämpfer deutlich über Lippenbekenntnisse hinausging.

    Ich erwiderte Awlaki, dass ich Angriffe auf militärische Ziele befürwortete, aber ich sagte ihm geradeheraus, dass ich ihm nicht bei einer Aktion helfen würde, die gegen Zivilisten gerichtet war. Ich war nicht bereit, in Europa Material für Bomben zu beschaffen, mit denen Zivilisten getötet würden.

    »Du stimmst den Mudschahidin also nicht zu?«, fragte Awlaki.

    »In diesem Punkt kann ich ihnen nicht zustimmen.«

    Ich bemerkte auch eine giftigere Feindseligkeit gegenüber den Vereinigten Staaten, so als hätte sich Awlaki dort als Muslim unterdrückt gefühlt. Einmal war er in San Diego verhaftet worden, weil er die Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen hatte, obwohl nie Anklage gegen ihn erhoben worden war.⁷ Die Demütigung nagte immer noch an ihm: Das FBI hatte »durchsickern« lassen, dass Awlaki persönlich nicht unbedingt den moralischen Ansprüchen gerecht wurde, an denen sich ein Imam messen lassen musste; es war ein unmissverständlicher Hinweis auf einen zweifelhaften Charakter.

    Das Thema Frauen beschäftigte Awlaki sehr. Unser Gespräch dauerte bis in die frühen Morgenstunden. In seinem selbst auferlegten Exil hatte Awlaki keinerlei persönlichen Kontakt mehr zu seinen zwei Ehefrauen. Die erste, die er seit seiner Kindheit kannte, hatte er als Teenager geheiratet. Vor einiger Zeit hatte er sich eine zweite Frau genommen, die bei der Hochzeit noch keine 20 Jahre alt gewesen war. Er sagte mir, dass er die Gesellschaft einer Frau brauche, die verstehe, welche Opfer das Leben eines Dschihadisten verlange, eine mit dem Heiligen Krieg verheiratete Frau, die bereit sei, ebenfalls Opfer zu bringen.

    »Vielleicht kannst du im Westen nach einer solchen Frau suchen«, schlug er vor, »nach einer weißen Konvertitin.«

    Dies war das zweite Mal, dass er das Gespräch auf eine Heirat mit einer Europäerin brachte. Es war mir klar, dass er es ernst meinte. Es würde nicht leicht sein, und es war gefährlich. Aber es gab zahlreiche Frauen, die in Awlaki ein Geschenk Gottes sahen.

    Dies war nicht seine einzige Bitte. Er forderte mich auf, Brüder zu finden, die »für unsere Sache« arbeiteten, und in Europa Geld und Ausrüstung für den Dschihad zu beschaffen.

    Er wollte auch, dass ich im Westen Radikale anwarb und in den Jemen schickte, damit sie dort ausgebildet und anschließend in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden konnten, um in Europa oder Amerika in den Heiligen Krieg zu ziehen. Er äußerte sich nicht genauer zur Art der Ausbildung oder dazu, was er von diesen Kämpfern erwartete. Aber in unserem zweistündigen Gespräch gewann ich den Eindruck, dass Awlaki einen Terrorfeldzug in Europa und den Vereinigten Staaten führen wollte.

    Am folgenden Morgen war Awlaki fort. Sie sagten mir nicht, ob er zum Schutz seiner Sicherheit den Ort gewechselt hatte oder zu einem Treffen aufgebrochen war. Ich verbrachte einige Zeit mit Abdullah Mehdar, dem Stammesführer, der mich am Vorabend abgeholt hatte. Dieser anscheinend ehrenwerte Mann und seine unerschütterliche Loyalität gegenüber Awlaki flößten mir Hochachtung ein. Er schien kein Interesse an Angriffen auf den Westen zu haben, sondern wollte den Jemen in einen islamischen Staat unter der Scharia verwandeln. Seine religiöse Leidenschaft war so groß, dass er in Tränen ausbrach, als einer der jungen Kämpfer im Gebet über das Versprechen des Paradieses sprach.

    Diese Männer mochten ein verdrehtes Weltbild haben, aber sie waren keine Heuchler. Ihre Loyalität war einfach und intensiv.

    Ich musste aufbrechen: Am Abend des nächsten Tages ging mein Flug nach Europa, und wir konnten nicht wissen, wie lange die Rückkehr nach Sanaa dauern würde. Als Fadia aus dem Frauentrakt kam, brachen wir auf.

    Als sich das bedrohliche Tor öffnete, stellte ich fest, dass wir einen Reifenschaden hatten, was nach der rasenden Fahrt durch die Berge nicht unbedingt überraschend war.

    Abdullah half mir, den Reifen zu wechseln. Er hatte erneut Tränen in den Augen: Er schien eine unmittelbare Gefahr zu ahnen.

    Tränen liefen ihm über die Wangen, als er sagte: »Sollten wir uns nicht wiedersehen, so begegnen wir einander im Paradies.«

    Die Mudschahidin begleiteten uns bis zur Hauptstraße, wo sie sich von uns verabschiedeten. Wir hatten den Kokon wieder verlassen.

    Ich wusste, dass in drei Hauptstädten in der westlichen Welt Leute darauf warteten, alles über mein Gespräch mit Anwar al-Awlaki zu erfahren. Ich musste rasch nach Sanaa zurückkehren und den Jemen verlassen.

    2* Fadia ist nicht ihr wirklicher Name. Um sie und ihre Familie zu schützen, verwende ich ein Pseudonym.

    Kapitel 2

    Gangs, Girls, Gott

    1976 – 1997

    Der Weg, der mich zu Anwar al-Awlakis Versteck in den Bergen des Jemen geführt hatte, war ungewöhnlich gewesen, um es zurückhaltend auszudrücken. Ich wurde am zweiten Tag des Jahres 1976 in einem windigen Küstenort in Dänemark geboren. Korsør mit seinen hübschen roten Ziegelhäusern war eine andere Welt als die Einöde des Jemen. Am Rand des hügeligen Ackerlands auf Zeeland gelegen, blickt das Städtchen nach Westen über das graue Wasser des Großen Belt auf die Insel Fünen.

    Korsør passt nicht recht in das Bild des toleranten und fortschrittlichen Skandinavien. Es ist eine raue Arbeiterstadt mit 25.000 Einwohnern, darunter zahlreiche Einwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien, der Türkei und arabischen Ländern.

    Meine Familie gehörte dem Kleinbürgertum an. Allerdings kann man eigentlich nicht von einer Familie sprechen. Mein Vater, ein Alkoholiker, ließ uns im Stich, als ich vier Jahre alt war. Er verschwand einfach. Er kam uns nicht an den Wochenenden besuchen. Er unternahm keine Angelausflüge mit mir und holte mich nicht ab, um einen Tag mit mir zu verbringen. Meine Mutter Lisbeth schien eine Schwäche für Versager zu haben. Sie heiratete erneut, diesmal einen düsteren, angsteinflößenden Mann, der zu Gewaltausbrüchen neigte. Der Auslöser für einen Wutanfall konnte die Art und Weise sein, wie ich die Gabel hielt. Manchmal war es ein falsches Wort. Die harten Faustschläge kamen ohne Vorwarnung. Mein Stiefvater misshandelte auch meine Mutter, die ihn mehrfach verließ, aber jedes Mal zu ihm zurückkehrte, nachdem er versprochen hatte, dass er sich ändern würde. Das geschah nie. Trotzdem blieb sie fast 20 Jahre mit ihm zusammen.

    »Ich bin nicht stolz auf die Kindheit, die ich dir gegeben habe«, sagte sie Jahre später traurig. »Vermutlich ist es meine Schuld, dass du zu dem geworden bist, was du bist.«

    Als Kind spielte ich am Ufer des Großen Belt und streifte durch die Wälder und Felder in der Umgebung von Korsør. Sofern es mir möglich war, verließ ich das Haus bei Sonnenaufgang und kehrte erst bei Einbruch der Dunkelheit zurück. Ich baute Hütten mit meinen Freunden, schwang am Seil über eiskalte Wasserläufe und ließ mich schreiend hineinfallen.

    Auf den wenigen Fotos, die ich aus jener Zeit habe, ist ein Jungengesicht voller Ungewissheit zu sehen. Wenn ich die Ängstlichkeit in meinem Blick sehe, kehren unangenehme Erinnerungen zurück. Ich besaß auch eine wilde Energie, die mich immer wieder in Schwierigkeiten brachte.

    Zur Feier meines 13. Geburtstags versuchte ich gemeinsam mit meinen Freunden Benjamin und Junior einen bewaffneten Raubüberfall. Wir zeichneten uns weder durch sorgfältige Planung noch durch professionelle Durchführung aus. Wir entschlossen uns, einen kleinen Laden zu überfallen, dessen Inhaber ein für seine Bosheit und seine billigen Zigarren bekannter älterer Mann war. Mit Skimützen vermummt, warteten wir in der Abenddämmerung, bis der Inhaber sich anschickte dichtzumachen. In diesem Moment versuchten wir hineinzustürmen. Benjamin zückte einen 22er Revolver, den er seinem Vater entwendet hatte.

    Der Mann bewies eine für sein Alter verblüffende Kraft, als er sich von innen gegen die Tür warf, um uns am Eindringen zu hindern. Vielleicht verlieh ihm die Furcht um den Inhalt seiner Registrierkasse zusätzliche Kraft. Jedenfalls gelang es ihm, uns auszusperren.

    Derart gedemütigt, traten wir den Rückzug an. Als Nächstes versuchten wir es bei einem nahe gelegenen Restaurant, in dem man Essen zum Mitnehmen bestellen konnte. Diesmal wurde ich mit der Waffe hineingeschickt.

    In dem Augenblick, als ich den Revolver hervorholte, sank mir das Herz in die Hose. Ich erkannte die junge Frau am Schalter; sie war eine Freundin meiner Familie. Ich senkte die Stimme, um älter zu wirken. Vermutlich klang ich wie eine Schallplatte, die mit der falschen Geschwindigkeit abgespielt wird.

    »Das ist ein Überfall.«

    Ich klang nicht sehr überzeugend.

    Die Frau sah mich an. Sie wirkte eher verwirrt als verängstigt.

    »Morten, bist du es?«

    Ich machte kehrt und lief hinaus. Wir ließen unsere Enttäuschung an einer alten Frau aus, der wir auf der Straße die Handtasche entrissen. Sie stürzte und brach sich die Hüfte. Kurze Zeit später standen Polizisten vor unserer Tür.

    Ich geriet in eine Abwärtsspirale. In der Schule hatte ich Spaß an Geschichte, Musik und Diskussionen über Religion und Kulturen, aber die Arbeit in der Klasse langweilte mich. Meine Lehrer versuchten nicht, an mich heranzukommen, ja sie schienen mich überhaupt nicht wahrzunehmen. Ich verspottete sie. Sie warfen mit dem Schwamm nach mir oder brachen in Tränen aus, während die Klasse im Chaos versank.

    Ich wurde in eine »Spezialschule« für schwer erziehbare, hyperaktive Kinder gesteckt. Der Schultag war mit Sport und Aktivitäten gefüllt, und die Schüler saßen nur zwei Stunden täglich im Klassenzimmer. Ich wurde mit einer Kettensäge in den Wald geschickt und durfte mich auf dem Fußballplatz austoben. Es mangelte uns nicht an Abenteuern. Die Schule organisierte Auslandsreisen für ihre Schützlinge, die sie zu verantwortungsvollen Bürgern zu erziehen versuchte. Das war gut gemeint, aber die Ergebnisse waren nicht überzeugend. Eine Reise nach Tunesien weckte bei mir die Leidenschaft für Reisen und Abenteuer, aber wir machten unsere Lehrer zu emotionalen Wracks. Wir gingen so weit, ihnen die Kleidung zu stehlen, um sie an Einheimische zu verkaufen.

    Im Alter von 14 Jahren war ich nicht mehr zu bändigen. Gemeinsam mit Dschalal, einem Einwandererkind aus dem ehemaligen Jugoslawien, rollte ich die Löschschläuche in den Schulkorridoren aus und setzte das ganze Gebäude unter Wasser. Eine Schule, die eigentlich keinen Schüler aufgab, verzweifelte an mir.

    Ich bekam eine letzte Chance in einer Mittelschule bei Korsør. Dort nahm mich ein Mathematiklehrer, der mein Potenzial als Sportler erkannte, unter seine Fittiche. Schon bald spielte ich Fußball in einer Juniorenauswahl. Es hieß, dass mich Talentsucher von Profivereinen beobachteten. Aber meine disziplinarischen Probleme in der Schule belasteten mich. Insbesondere eine Lehrerin drängte darauf, mich der Schule zu verweisen. Als ich in eine dänische Schülerauswahl berufen wurde, die an einem Turnier in Deutschland teilnehmen würde, nahm sie mich zur Seite. Sie kniff die Augen zusammen und eröffnete mir mit einem Ausdruck boshafter Zufriedenheit, dass ich nicht mitfahren würde, weil meine schulischen Ergebnisse zu schlecht seien. Sie wusste, dass die Teilnahme an diesem Turnier mein Traum war. Ich trat ihr eine mit Kaffee gefüllte Tasse aus der Hand.

    Dies war mein letzter Fehltritt in einer Schule. Wenige Wochen vor der Abschlussprüfung war meine Schulbildung beendet. Ich war 16 Jahre alt. Aber meine Ausbildung auf der Straße hatte gerade erst begonnen. Ich schloss mich einer Gruppe an, die bei der Polizei nur unter der Bezeichnung »Die Raiders« lief, weil ihre Mitglieder bei den Streifzügen durch die Stadt immer Baseballkappen der Oakland Raiders trugen.

    Die meisten Angehörigen der Raiders waren Palästinenser, Türken und Iraner. Ich war ein ungewöhnliches Mitglied dieser Gruppe: ein rothaariger Däne mit dicken Oberarmmuskeln, der aussah wie ein Wikinger, und seine muslimischen Kumpels. Ich fühlte mich von den Raiders angezogen, weil ich mich ähnlich wie viele Immigrantenkinder in Korsør wie ein Außenseiter fühlte und mich immer mit den Underdogs identifizierte. Wir hatten kaum Zukunftsaussichten und viel Freizeit. Wir verwendeten den Großteil unserer Energie darauf, soviel billiges Bier zu trinken, wie wir

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