Abenteuer am Geierstein: Heimat-Heidi 1 – Heimatroman
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»Hast schon gesehen, wer in der Gaststube sitzt?« fragte Luise Berger, als sie die Küche des alten Berggasthofes mit einem Tablett leeren Geschirrs betrat. Die Berger-Heidi schüttelte den Kopf. »Nein, wer denn?« »Der Welter-Hansi.« »Wie bitte?« Heidi, die Wirtin der Bergerhof-Gaststätte sah ihre Schwiegermutter erschrocken an. »Der Hans soll da sein? Also, wenn ich alles glaub', das glaub' ich net.« »Dann schau halt selbst nach«, erwiderte Luise Berger. »Er sitzt in der Ecke am Fenster und schaut sich interessiert um.« Daraufhin wischte sich die Heidi ihre Hände an der Schürze ab, sah im Hinausgehen rasch in den Spiegel, ordnete mit ein paar Handgriffen ihre Haare, dann betrat sie die Gaststube. Dort sah sie sich suchend um, konnte aber denjenigen, den ihre Schwiegermutter gesehen haben wollte, nicht ausmachen. Sie ging zurück in die Küche und wollte wissen, was das solle? »Es hockt kein Welter-Hansi in der Gaststube«, sagte sie, »net einmal ein einziger Einheimischer ist da.« »Doch net in der neuen Gaststube«, erwiderte Luise Berger, »in der alten sitzt er. In der Ecke drinnen, ganz so wie früher.
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Book preview
Abenteuer am Geierstein - Stefanie Valentin
Heimat-Heidi
– 1–
Abenteuer am Geierstein
Alte G'schichten und junges Glück
Stefanie Valentin
»Hast schon gesehen, wer in der Gaststube sitzt?« fragte Luise Berger, als sie die Küche des alten Berggasthofes mit einem Tablett leeren Geschirrs betrat.
Die Berger-Heidi schüttelte den Kopf. »Nein, wer denn?«
»Der Welter-Hansi.«
»Wie bitte?« Heidi, die Wirtin der Bergerhof-Gaststätte sah ihre Schwiegermutter erschrocken an. »Der Hans soll da sein? Also, wenn ich alles glaub’, das glaub’ ich net.«
»Dann schau halt selbst nach«, erwiderte Luise Berger. »Er sitzt in der Ecke am Fenster und schaut sich interessiert um.«
Daraufhin wischte sich die Heidi ihre Hände an der Schürze ab, sah im Hinausgehen rasch in den Spiegel, ordnete mit ein paar Handgriffen ihre Haare, dann betrat sie die Gaststube. Dort sah sie sich suchend um, konnte aber denjenigen, den ihre Schwiegermutter gesehen haben wollte, nicht ausmachen. Sie ging zurück in die Küche und wollte wissen, was das solle?
»Es hockt kein Welter-Hansi in der Gaststube«, sagte sie, »net einmal ein einziger Einheimischer ist da.«
»Doch net in der neuen Gaststube«, erwiderte Luise Berger, »in der alten sitzt er. In der Ecke drinnen, ganz so wie früher. Du mußt schon genau hinschauen, um ihn überhaupt zu sehen.«
Da wischte sich die Heidi noch mal ihre Hände an der Schürze ab und verließ abermals die Küche. Diesmal durchquerte sie die neue Gaststube, die, wie die Küche, im Neubau untergebracht war, und betrat dann an der Thekenanlage vorbei eine wunderschöne alte Gaststube, deren Holzwände mit alten Fotos, Kruzifixen, vor allem aber mit Rehbock- und Gamskrickln gespickt waren.
Heidi grüßte nickend und freundlich lächelnd nach allen Seiten und ging dann langsam aber zielstrebig in die dunkelste Ecke der eh schon dunklen Gaststube.
Als sie dort war, erschrak sie, denn dort saß augenscheinlich eben jener Hans Welter, genau wie ihre Schwiegermutter gesagt hatte. Aber der dort saß, schaute nur aus wie jener Hans, den sie vor über zwanzig Jahren sehr gut gekannt hatte.
»Hans…?« fragte sie vorsichtig. »Bist du der Sohn von Hans Welter?«
Der junge Mann nickte lächelnd. »Ja, der bin ich. Und Sie sind die Berger-Heidi.«
Die nickte und fragte, ob sie sich setzen dürfe.
»Aber sicher«, antwortete der nett aussehend junge Mann. »Um Sie kennenzulernen bin ich ja da.«
»Herrschaftseiten, Bub«, murmelte Heidi daraufhin. »Du schaust grad so aus wie dein Vater, als ich ihn damals gekannt hab’. Wie geht ’s dem Hans denn?«
»Der Vater läßt grüßen«, erwiderte der junge Bursch. »Er hat mir aufgetragen, herzugehen und Grüße auszurichten.« Dann grinste er verlegen. »Außerdem soll ich bestellen, daß Sie sich ein bisserl um mich kümmern sollen.«
»Kümmern soll ich mich um dich?«
Heidi verstand nicht, was dies zu bedeuten hatte.
»Ja, ich werd’ ein paar Monate da in Hinterjoch sein«, antwortete der junge Bursche, »und der Vater hat gesagt, ich würd’ hier gescheit unterkommen. Das heißt, daß ich ein Zimmer brauch’ und regelmäßig zum Essen komm’.«
»Mar’ und Josef«, murmelte Heidi, »das ist jetzt eine ganz schlechte Zeit.«
»Warum denn?«
»Es ist Hochsaison, wir sind vollständig ausgebucht.«
»Oje«, murmelte der junge Bursche, »was mach’ ich denn jetzt?«
»Laß mich nachdenken«, Heidi zog die Augenbrauen ein wenig zusammen, dann nickte sie. »Also du könntest ganz oben unterm Dach eine Kammer beziehen. Sie ist zwar nur klein und duschen müßtest du dich auf dem Gang oder bei uns in der Wohnung.«
»Das wär’ super. Ich hab’ meine Sachen im Auto und das steht vor der Tür. Der Vater hat recht gehabt, als er gesagt hat, ich sollt’ zur Berger-Heidi gehen, dann würd’ mir weitergeholfen.«
Die hübsche Wirtin lächelte. »Dein Vater und ich haben uns mal gut gekannt. Bis er dann damals ganz plötzlich von da weggegangen ist.« Dann stutzte sie. »Sag mal, heißt du überhaupt Hans? Ich hab’ dich eben ganz automatisch so genannt, weil du deinem Vater so ähnlich schaust.«
»Ich heiß’ Markus«, antwortete der junge Bursche.
Die Berger-Wirtin gab ihm die Hand. »Und ich bin die Heidi. Und dabei bleiben wir, wenn ’s recht ist.«
Markus Welter nickte. »Es ist mir sogar sehr recht.«
»Entschuldige, wenn ich so neugierig frag’«, sagte daraufhin die hübsche Wirtin, »aber was willst du eigentlich hier? Hast du vorhin net gesagt, daß du unter Umständen einige Monate da in Hinterjoch sein wirst?«
»So ist es«, antwortete der junge Bursche. »Ich bin Diplom-Geologe und hab’ den Auftrag, den Geierstein zu untersuchen.«
»Du willst einen Berg untersuchen?« Die Berger-Heidi lachte. »Gibt ’s denn so etwas auch?«
Markus nickte. »Wenn einer eine Seilbahn bauen will, dann ist es sogar Vorschrift.«
»Was will einer bauen?« Die Wirtin des Berggasthauses starrte den jungen Geologen erschrocken an.
»Eine Seilbahn«, antwortete der, »und einen Schlepplift auch. Da hat einer allerhand vor.«
»Das gibt ’s doch gar net«, erwiderte die Berger-Heidi, »der Gemeinderat hat doch erst vor ein paar Monaten beschlossen, daß kein neuer Lift und keine weitere Seilbahn gebaut werden sollen.«
Markus Welter zuckte mit den Schultern. »Davon weiß ich nichts. Unser Institut hat den Auftrag zu der Untersuchung bekommen, und ich bin da, um erste Vorbereitungen zu treffen.«
»Ja, Kruzitürken«, ereiferte sich die attraktive Wirtin, »das darf doch gar net wahr sein. Welcher unverschämte Kerl setzt sich denn da über einen Gemeinderatsbeschluß hinweg?«
Markus Welter hob beide Hände, um anzuzeigen, daß er das nicht wußte.
Einen Augenblick noch blieb die Bergerwirtin bei ihm sitzen, dann entschuldigte sie sich, meinte, er solle seine Sachen aus dem Wagen holen, es komme gleich jemand, um ihm sein Zimmer zu zeigen.
»Er ist der Sohn vom Welter-Hans«, sagte sie, als sie in die Küche kam, wo ihre Schwiegermutter am Herd hantierte, »und er hat ein Zimmer gesucht.«
»Oje, das sieht aber schlecht aus.«
»Ich hab’ ihm vorerst die Dachkammer gegeben«, erwiderte Heidi. »Er ist nämlich nicht auf Urlaub da.«
»Weswegen denn…?«
»Der Markus ist Diplom-Geologe und untersucht am Geierstein, ob dort ein Lift und eine Seilbahn gebaut werden können.«
»Aber das ist doch abgelehnt worden, zum Glück.«
»Trotzdem, daß der Markus hier ist, beweist, daß zumindest einen der Ratsbeschluß nicht interessiert.«
Luise Berger dachte einen Augenblick nach. »Der Vorderegger«, sagte sie dann, »ich wett’, daß der Vorderegger wieder mal den Schlaumeier spielen will.«
»Da könntest recht haben«, sagte ihre Schwiegertochter. Man sah ihr deutlich an, wie sehr die Nachricht sie getroffen hatte. »Ihm ist am ehesten zuzutrauen, daß er meint, für ihn würd ’s Recht net gelten.«
Die Seniorwirtin nickte. »Wenn das Gutachten erst mal da ist, dann wird ’s einen neuen Beschluß geben im Gemeinderat, und wie der aussehen wird, das kannst dir ausrechnen.«
»So weit sind wir noch net«, murmelte die Berger-Heidi, »so weit sind wir noch lange net.«
*
Das Berger-Gasthaus bestand seit über zweihundert Jahren und war ursprünglich nicht mehr als ein Almausschank gewesen. Vorfahren von Heidis verstorbenem Mann hatten es gegründet und vor allem bei der einheimischen Bevölkerung war es stets sehr beliebt gewesen.
Als der Berger-Peter vor neun Jahren begonnen hatte, dem Gasthaus planerisch einen Neubau anzugliedern, weil er sich auf die veränderten