Unstetige Existenz: Pestalozzi und die Existenzphilosophie
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Ulrich Steinke
Ulrich Steinke, Jahrgang 1940, stammt aus Pommern. Nach der Flucht im Januar 1945 aus seiner Heimatstadt Deutsch Krone wächst er in einem Dorf in Dithmarschen und später in Düsseldorf auf. Er studiert Mathematik, Physik, Pädagogik und Philosophie in Köln, arbeitet vier Jahrzehnte als Gymnasiallehrer in einer Kleinstadt in der Voreifel und lebt seit 2003 im Ruhestand. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Töchter und vier Enkelinnen.
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Unstetige Existenz - Ulrich Steinke
Für Silke, Elke und Rainer
Vorwort
Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746 - 1827) hat mit seiner praktischen pädagogischen Arbeit im Waisenhaus in Stans und seinem Erziehungsinstitut im Schloss Burgdorf, später in Yverdon-les-Bains, und mit zahlreichen pädagogischen Schriften die Entwicklung der Pädagogik in den beiden folgenden Jahrhunderten nachhaltig beeinflusst. Seine Grundsätze der Elementarbildung (Kopf, Herz, Hand) und seine von den Ideen der Aufklärung bestimmten Prinzipien einer humanen, kinderfreundlichen Erziehung zur Entwicklung einer verantwortlichen, sittlichen Persönlichkeit haben viele bedeutende Pädagogen nach ihm geprägt.
Sein Schüler Friedrich Fröbel (1782 - 1852) gründete 1840 den ersten Kindergarten und löste damit eine weltweite Entwicklung für die frühkindliche Bildung und Erziehung aus.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts setzten intensive Bewegungen der Reformpädagogik ein, die auf der Basis von Pestalozzis Ideen eine selbsttätige Bildung vom Kinde aus propagierte. Eine der bedeutendsten Vertreterinnen dieser Methode war Maria Montessori (1870 - 1952). Ihr pädagogisches Bildungskonzept, das Kind als Baumeister seines Selbst zu betrachten mit der Aufforderung Hilf mir, es selbst zu tun, hat bis heute in vielen Schulsystemen der Welt seinen festen Platz.
Die Bedeutsamkeit der frühkindlichen Bildung für die gesamte Entwicklung des Menschen, auf die Pestalozzi aufmerksam gemacht hat, wurde im 20. Jahrhundert bestätigt durch die Intelligenzforschung und die experimentelle Hirnforschung.
Der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget wies in seinem Werk Psychologie der Intelligenz (1966) nach, dass die Intelligenz des Menschen bereits im frühen Kindesalter ausgebildet wird und entsprechend gefördert werden kann, und die Hirnforschungen von Rita Carter, Manfred Spitzer, Nicole Strüber, u.a. konnten entsprechende Ergebnisse bestätigen.
Das philosophische Fundament für seine Pädagogik legte Pestalozzi 1797 dar in seiner Schrift Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts. In diesem Werk schildert er mit leidenschaftlicher, bildkräftiger Sprache seine Sicht der Welt und des Menschen, und die darin enthaltenen Bausteine nehmen auf erstaunliche Weise viele Aussagen vorweg, die hundert Jahre später von den Vertretern der Existenzphilosophie zu diesen Themen, insbesondere zur Unstetigkeit der Existenz, gemacht werden. Deshalb könnte Pestalozzi sozusagen als Vorbote der Existenzphilosophie gelten.
Diese letztere These fand ich so reizvoll, dass ich sie während meines Philosophie- und Pädagogikstudiums an der Universität Köln zum Thema einer Dissertation bei meinem verehrten Lehrer Professor Dr. Clemens Menze machen wollte, der mich dabei tatkräftig unterstützte. Leider musste ich mein Vorhaben aus persönlichen Gründen aufgeben, so dass ein unfertiger Entwurf übrig blieb.
Die existenzphilosophische Basis des Entwurfs stammte zunächst überwiegend aus den Schriften Existenzphilosophie sowie Existenzphilosophie und Pädagogik von Otto Friedrich Bollnow. In der letzteren geht es um den Zusammenhang von Pädagogik und Existenzphilosophie. Zur Ergänzung wurde weitere Literatur der Existenzphilosophie herangezogen, z.B. von Martin Heidegger, Karl Jaspers, Søren Kierkegaard, Jean-Paul Sartre, und Heinrich Barth, um den Begriff der Existenz hinsichtlich ihres Unstetigkeitscharakters zu differenzieren und insbesondere die anthropologischen Parallelen zu Pestalozzis Aussagen in seinen Nachforschungen aufzuzeigen.
Zum Format der Zitate und Anmerkungen sei noch darauf hingewiesen, dass Zitate in den Kursivdruck gesetzt sind und die Anmerkungen für Quellennachweise in hochgesetzten Zahlen erscheinen. Das Literatur- und Quellenverzeichnis sowie die Anmerkungen befinden sich am Ende des Buches.
Inhalt
Vorwort
Einleitung
Zur Aufgabenstellung
Vorbemerkungen zur Methode
Elemente des Menschenbildes der Existenzphilosophie in Pestalozzis Nachforschungen
Existenz oder Sittlichkeit
Mensch und Welt
Das In-der-Welt-Sein
Die Unheimlíchkeit der Welt
Die Geworfenheit des Daseins und die Situationsgebundenheit
Mensch und Gemeinschaft
Das Mitsein
Der Einzelne und das „man"
Freiheit und Verantwortung
Offenheit und Wagnis
Grenzsituationen
Scheitern und Tod
Angst und Nichts
Langeweile
Die Unstetigkeit der Existenz
Die pädagogischen Folgerungen aus dem von Pestalozzi und der Existenzphilosophie entworfenen Menschenbild
Die Frage nach der Bildsamkeit
Die Krise und ihre Bewältigung
Die Erweckung
Die Ermahnung
Die Beratung
Die Begegnung
Die gemeinsame Struktur der unstetigen Erziehungsformen und Pestalozzis Parallele
Schlussbemerkung
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anmerkungen
I. Einleitung
1. Zur Aufgabenstellung
Die Aufgabe lautet, in Pestalozzis Bild der Welt und des Menschen, das er in seinen Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts¹) zeichnet, Elemente der späteren Existenzphilosophie aufzuzeigen.
Die folgende Untersuchung soll