Ulrich Zwingli: Der Zürcher Reformator
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Besonderes Aufsehen erregte seine Billigung eines öffentlichen Wurstessens während der Fastenzeit 1522, obwohl das Essen von Fleisch in der Passionszeit untersagt war.
Zunächst strebte Zwingli eine schrittweise Aufhebung der alten Kirchenbräuche an und die allmähliche Einführung einer neuen Gottesdienstordnung. Der Versuch die Reformation durch ein Bündnis von Luther und Zwingli europaweit zu bündeln, scheiterte am unterschiedlichen Abendmahls-Verständnis.
Später ging Zwingli bei den Reformen in Zürich radikaler vor. Besucher wurden zum Gottesdienstbesuch gezwungen, Gegner wurden der Stadt verwiesen und Täufer hingerichtet. 1531 brach ein Krieg zwischen reformierten Orten und Romtreuen aus, bei dem Ulrich Zwingli als Feldprediger mit dem Schwert in der Hand starb.
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Book preview
Ulrich Zwingli - Diethelm G. Finsler
Ulrich Zwingli
Der Zürcher Reformator
Diethelm G. Finsler
Impressum
© 1. Auflage 2019 ceBooks.de im Folgen Verlag, Langerwehe
Autor: Diethelm G. Finsler
Cover: Caspar Kaufmann
ISBN: 978-3-95893-220-3
Verlags-Seite und Shop: www.ceBooks.de
Kontakt: info@ceBooks.de
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Inhalt
Titelblatt
Impressum
1. Zwinglis Jugendzeit
2. Zwingli in Glarus und Einsiedeln
3. Zwinglis Anfänge in Zürich
4. Vorläufige Kämpfe
5. Die Religionsgespräche
6. Die Durchführung der Reformation
7. Zwinglis persönliches und Familienleben
8. Wiedertäufer und Bauern-Unruhen
9. Zürichs Verwicklungen mit den Eidgenossen
10. Von der Berner Disputation bis zum ersten Kappeler Krieg
11. Das Religionsgespräch in Marburg und seine Folgen
12. Der zweite Kappeler Krieg. Zwinglis Tod
13. Zwinglis Charakterbild
Unsere Empfehlungen
1. Zwinglis Jugendzeit
Zuoberst im Toggenburg an der Wasserscheide des Rhein- und Ruhrgebietes, in wild romantischer Umgebung des Gebirges liegt Wild Haus.
Das Dorf gehörte früher nicht zum Toggenburg, sondern bildete einen Teil der Pfarrei Gambs im Rheinthal. Mindestens schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts besaßen die Edlen von Sax das Schloss oder Haus Wildenburg und gaben der Ansiedlung um dasselbe her den Namen zum Wildenhaus. Im Jahre 1313 verkauften sie die Wildenburg mit ihrer Umgebung an die Grafen von Toggenburg.
Die Herren von Raron, in deren Besitz nach dem Tod des letzten Grafen das Toggenburg überging, bestätigten und vermehrten die alten Freiheiten der Gemeinden und gewährten ihnen ein Vorschlagsrecht für die Stelle des Ammanns. Auch der Abt von St. Gallen, welcher 1468 die Herrschaft über das Toggenburg erkauft hatte, bestätigte diese Rechte. Bei ihrer Wildenburg hatten die Herren von Sax eine Kapelle erbaut, für welche später wegen der weiten Entfernung von Gambs die Stelle eines Frühmessers, d. h. eines Kaplans, der täglich die Frühmessen zu halten hatte, gestiftet wurde. Das Recht, diesen Frühmesser zu wählen, ging später durch Kauf an die Wildhauser über und diese wählten als ihren ersten Frühmesser 1484 Bartholomäus Zwingli, den Oheim unsers Zwingli.
In dem kleinen Haus, dessen Bild hier beigegeben ist, dem sogenannten Lisighause, erblickte Ulrich oder Huldreich Zwingli als der dritte von acht Söhnen (zu denen noch zwei Töchter kamen) des Ammanns Ulrich Zwingli und der Frau Margaretha. Meili, der Schwester des nachmaligen Abtes von Fischingen, das Licht der Welt am 1. Januar 1484.
Er berichtet wenig von seiner Jugend; nur einmal erwähnt er seiner Großmutter, die ihm oft eine Heiligengeschichte, also auch wohl deren mehrere, erzählt habe, jedenfalls ein Zeichen, dass sie in ihrer und der Weise ihrer Zeit den frommen Sinn des Knaben zu wecken suchte. Die frische und freie Luft, der Anblick der großartigen, das heimatliche Dorf umgebenden Alpenwelt konnte nicht ohne wesentlichen Einfluss auf den Knaben bleiben. Dass er in seiner Jugend das Leben der Natur belauscht, das hat er später in der Schilderung einzelner Züge aus dem Tierleben gezeigt, in denen er das wunderbare Wirken Gottes sieht. Aber die Umgebung, in der er aufwuchs, wirkte, wie es bei den Bergbewohnern überhaupt der Fall ist, weniger auf das Gemüt, wohl aber stählte sie den Charakter. So finden wir später bei Zwingli neben einem etwas derben Wesen eine unbeugsame Willenskraft, ohne welche er nie im Stande gewesen wäre, ein solches Lebenswerk zu vollbringen.
Aber auch die geistige Luft, die er einatmete, war eine freie. Das Völklein in Wildhaus war sicher stolz auf seine neu erworbenen Rechte, und dass Ammann und Pfarrer der gleichen, vom Völklein bevorzugten Familie angehörten, gab dieser Rang und Gewicht. So mochte beides dem Knaben sich einprägen: die Bedeutung des freien Volkswillens und die Freude, von demselben gehoben und getragen zu sein. Ohne Zweifel hörte der Knabe auch vieles von den kurz vorangegangenen Burgunderkriegen und von dem wachsenden Ansehen der Eidgenossen im Ausland und fand darin Nahrung für seinen aufkeimenden Patriotismus.
Wer in jener Zeit viele Söhne hatte, der widmete gewöhnlich einen von ihnen dem geistlichen Stand. So wurde auch Zwingli, gewiss mit besonderer Rücksicht auf seine Begabung, für den geistlichen Stand bestimmt und kam in Folge dessen zu seinem Oheim, der inzwischen Pfarrer und Dekan in Wesen geworden war. Dieser unterrichtete zwar seinen Neffen nicht selbst, sondern übergab ihn einem Lehrer, der indessen den begabten Schüler bald nichts mehr zu lehren wusste.
Daher wurde der zehnjährige Zwingli nach Basel gebracht zu Gregorius Bünzli bei St. Theodor, einem gelehrten und freundlichen Mann. Die Lehrfächer waren Latein, Musik und Dialektik. Unter der letztem verstand man die Aufstellung von Regeln für ein richtiges Denken, die dann in häufigen Disputationen geübt wurden. Allein es handelte sich dabei mehr um allerlei Spitzfindigkeiten, als um wirkliche Erkenntnis der geistigen Dinge. In derselben Weise wurde auch die Theologie gelehrt. Die kirchliche Lehre war festgestellt und eine Prüfung derselben an der heiligen Schrift nicht gestattet. Darum wurden auch hier allerlei spitzfindige Fragen erörtert, welche mit dem Wesen des Christentums wenig oder keinen Zusammenhang hatten und noch weniger im Stande waren, ein wirklich frommes Leben zu fördern. Man nennt diese ganze Weise die Scholastik, d. h. ein bloßes Schulwissen, das für das Leben fast keinen Wert hatte.
Mit Glück und Erfolg vollendete Zwingli den vorgeschriebenen Lehrkurs in Basel. In den Disputierübungen übertraf er seine Altersgenossen, so dass er oft den Sieg davontrug, und auch in der Musik zeichnete er sich über sein Alter aus.
Jetzt schickten ihn die Seinigen nach Bern. Hier hatte Heinrich Wölflin oder Lupulus eben eine Schule der schönen Wissenschaften eröffnet, die erste in der Schweiz. In Italien zuerst war das Bedürfnis erwacht, im Gegensatz gegen die verknöcherte Kirchenlehre wie gegen eine langweilige Grammatik, die niemals in den Geist der Schriftsteller einführte, eine neue Welt des Geistes zu suchen. Man fand sie in den neuerdings auf Licht gezogenen Werken der griechischen und lateinischen Schriftsteller. Die Dichterwerke öffneten den Blick in eine vergangene Zeit, in welcher bei einer heiteren Lebensauffassung der Sinn für das Schöne, für Kunst und Poesie blühte, in der das allgemein Menschliche als das Höchste erfasst und gepriesen wurde – und die Geschichtschreiber führten jene Zeiten, in denen Griechen und Römer so groß gewesen waren, wieder lebendig vor die Seele und weckten den Wunsch nach besseren politischen Zuständen. Im Gegensatz zur Scholastik nannte man diese Geistesrichtung den Humanismus.
Wölflin führte also seine Schüler in die alten Schriftsteller ein, indem er ihnen den Sinn derselben aufschloss, ihren Geschmack und ihr Urteil bildete, und sie statt in barbarischem Mönchslatein in dem edlen Stil nach dem Muster der Alten in Prosa und Poesie übte. Der Plan der Dominikanermönche, den begabten jungen Sänger für ihren Orden zu gewinnen, veranlasste Vater und Oheim, Zwingli von Bern sofort abzurufen und ihn auf die hohe Schule nach Wien zu schicken. Sie wollten nicht, dass er in einem Kloster das bereits gewonnene Pfund wieder vergrabe; er sollte seine humanistische Bildung weiter fortsetzen.
Hierzu war Wien der geeignete Ort. Was Wölflin in Bern im Kleinen betrieb, das wurde in Wien in größerem Umfang geübt; daneben fehlte es nicht an Pflege der alten scholastischen Weltweisheit und Theologie.
So wenig Näheres uns von Zwinglis Aufenthalt in Wien bekannt ist, so wissen wir doch so viel, dass er denselben gut benutzte, dass er seine Kenntnisse nach allen Seiten hin weiter entwickelte und sich auch hier im Disputieren hervortat. Von Bedeutung für sein späteres Leben war die Bekanntschaft mit Vadian (Joachim von Watt), dem nachmaligen Bürgermeister und Beförderer der Reformation in St. Gallen. Damals stand dieser, von Kaiser Maximilian als Dichter gekrönt, der Universität Wien als Rektor vor. Aber auch Zwinglis spätere erbitterte Gegner Faber und Eck waren hier seine befreundeten Studiengenossen.
Nach zweijährigem Aufenthalt kehrte Zwingli, erst etwa zwanzig Jahre alt, von Wien nach Basel zurück und ließ sich daselbst nieder, um als Lehrer des Lateinischen an der St. Martinsschule das bisher Gelernte zu verwerten und zugleich an der Hochschule weiter zu studieren. Jenes gelang ihm in vortrefflicher Weise und mit den Fechterkünsten der scholastischen Weltweisheit und Theologie, die in Basel den Humanismus nicht aufkommen ließen, gab er sich fleißig ab, was ihm später bei der Bekämpfung derselben von großem Nutzen war. Seine Tüchtigkeit erwarb ihm 1506 die Würde eines Magisters (Meisters) der freien Künste oder der Weltweisheit. Daneben war er ein Freund heiterer Geselligkeit und wusste durch sein freundliches und angenehmes Wesen jedermann für sich zu gewinnen. Namentlich verschaffte seine musikalische Begabung – er spielte neben etwa neun Instrumenten besonders die Laute vortrefflich – ihm und anderen vielen Genuss.
In Basel nahm aber Zwingli noch ein Saatkorn in sich auf, das erst später aufgehen und Frucht bringen sollte. Von Thomas Wyttenbach aus Biel, der als Lehrer nach Basel gekommen war, vernahm er Andeutungen, welche gleicher Weise über die Scholastik wie über den Humanismus hinausgingen. Wyttenbach weissagte, dass die alte Lehre der Kirche werde erneuert werden, wie sie von den Kirchenvätern aus der heiligen Schrift überliefert sei, und redete insbesondere