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Europas Zukunft
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Europas Zukunft

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Der Sinologe Jean François Billeter wendet seinen Blick auf Europa. Wenn die Europäer eine Zukunft haben wollen, meint er, müssen sie sich dazu entscheiden, Bürger einer europäischen Republik zu werden. Nur so können sie ihr Schicksal in die Hand nehmen. Billeter bekennt sich zu den Ideen Ulrike Guérots, die er im ersten Teil seines Essays kurz zusammenfasst. Im zweiten Teil entwirft er eine umfassendere historische Perspektive. Die politische Neugründung Europas hält er für notwendig, aber sie kann ihm zufolge nur gelingen, wenn die Europäer auch in anderer Hinsicht ihr Schicksal in die Hand nehmen: wenn sie schrittweise dem Kapitalismus, der Unterwerfung des gesellschafltichen Lebens unter die grenzenlose Vermehrung des Kapitals, ein Ende bereiten. Und das wird nur möglich sein, wenn sie sich darüber verständigen, welche Form gesellschaftlichen Lebens sie anstreben wollen, grundsätzlicher: welche Form den wesentlichen Bedürfnissen und Begehren des Menschen entspricht. Diese historische Aufgabe stellt sie vor philosophische Fragen, zu denen Billeter seinen Beitrag liefert.
LanguageDeutsch
Release dateFeb 1, 2019
ISBN9783957577702
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    Europas Zukunft - Jean François Billeter

    Jean François Billeter

    Europas Zukunft

    Aus dem Französischen von Tim Trzaskalik

    Fröhliche Wissenschaft 143

    Inhalt

    Die Republik

    Die Vernunft

    Anhang

    Eine doppelte philosophische Revolution

    Ich kenne zwei Teile der Welt, Europa und China. Als ich 1963 als junger Student in China ankam, war dies ein armes Land. Die Kommunistische Partei, die seit 1949 an der Macht war, hatte es unternommen, es aus einem Jahrhundert des Elends zu befreien. Sie hatte der Bevölkerung den Großen Sprung nach vorn aufgezwungen, der zu einer der größten Hungersnöte der Geschichte geführt hatte. Um diese Katastrophe geheim zu halten und die Chinesen daran zu hindern, sich ein Bild davon zu machen, was außerhalb Chinas vor sich ging, hatte sie das Land vom Rest der Welt abgeschnitten. Mittlerweile ist China unter der Herrschaft eben dieser Partei zu einer selbstsicheren Großmacht geworden. Seine Regierenden wissen, dass es einst eine dauerhafte Hegemonie über einen Teil der Welt ausgeübt hat, und beabsichtigen nicht nur, sie wiederherzustellen, sondern wollen ihr eine Ausdehnung verleihen, die sie in der Vergangenheit nie gehabt hat.

    Europa hingegen weiß nicht mehr ein noch aus. Es ist unfähig geworden, aus seiner Vergangenheit eine Vorstellung seiner Zukunft abzuleiten. Die Europäer erkennen sich in der Europäischen Union nicht wieder, weil sie unfähig ist, die Probleme der Bürger zu lösen. In wachsender Zahl wenden diese sich wieder den Nationalstaaten zu, in denen sie sich geborgen fühlen und glauben, Schutz zu finden. Parteien und sogar Staatsoberhäupter reden es ihnen ein. Diese Politiker sind verantwortungslos, denn wie sollen sich die Europäer vor den Gefahren, die auf sie zukommen, schützen, wenn sie nicht gemeinsam handeln? Außerdem sind sie verlogen, denn sie hüten sich davor, den Weg des Austritts aus der Union wirklich anzutreten. Sie begnügen sich damit, Leidenschaften zu schüren, welche die zivilisiertesten Gesellschaften in Gewalt und Krieg stürzen können. Europa hat das im letzten Jahrhundert zweimal vorgeführt. Diejenigen, die diese Schrecknisse nicht selbst erfahren haben, vergessen, dass die Europäische Union gegründet wurde, um die Wiederkehr solcher Katastrophen zu verhindern.

    Wenn diese Demagogen sich durchsetzen sollten, wird Europa auseinanderfallen, zum Opfer größerer und entschiedenerer Mächte werden und von ihnen zerlegt werden. Putin unterstützt, wo er nur kann, die Kräfte, die Europas Einheit zerstören wollen. Die Vereinigten Staaten, die seit Jahrzehnten ein zwar geeintes, aber auch wirtschaftlich und militärisch von ihnen abhängiges Europa gefördert haben, machen sich seit Trump daran, seine Einheit zu zerbrechen. Die chinesischen Machthaber ihrerseits stellen Europa vor eine Herausforderung, die weniger offenkundig, aber darum nicht weniger gefährlich ist. Sie haben Europa den Krieg erklärt – einen

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