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Fluchtpunkt Hollywood
Folge 4
Eine ganze Kultur wanderte
aus, als die Nazis die Macht
übernahmen. Mit Beginn des
Zweiten Weltkrieges wurde die
 
    
Eine Spurensuche bei letzten
Überlebenden des deutschen Anti-
Nazi-Exils in Hollywood


Ghetto unter Palmen
Viele Hitler-Flüchtlinge kamen mit der Hoffnung nach
Kalifornien, eine Hollywood-Karriere zu machen. Die
wenigsten haben Erfolg, die meisten aber Schwierigkeiten,
 
    
  

Von Gundolf S. Freyermuth

 
   
  
 
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A n den Längsseiten des schmalen, fast sieben Meter langen Raums stehen zwei
Schreibpulte einander gegenüber. Auf beiden liegen Manuskripte. Ein schmuddeliger
Mann Anfang vierzig mit einem hageren, unrasierten Gesicht, gekleidet in eine prole-
tarisch wirkende Drillichjoppe mit Stehkragen, läuft hin und her und schreibt mal hier,
mal dort einen Satz. Dichte Rauchschwaden lassen die weißgetünchten Wände fast grau
erscheinen lassen. Überall sind große Näpfe verteilt, in die der Hausherr seine Zigar-
renstummel wirft oder auch hineinspuckt.

Die Zeit: ein kalifornischer Winternachmittag wie jeder andere 1942, einige Monate
nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbour, mit dem für Amerika der Zweite Welt-
krieg begonnen hat.

Der Ort: ein bescheidenes weißes Holzhaus in Santa Monica, drei, vier Autominuten
 
   


 

An zwei weiteren Tischen sitzen Besucher. Eine hagere, ärmlich gekleidete Frau, die
den Eindruck vermittelt, dass sie die Haushälterin nur spielt, serviert Kaffee und
selbstgebackenen Strudel. Die Gäste, meist Männer mittleren Alters, trinken, essen,
diskutieren in einer fremden Sprache und verschwinden wieder. An manchen Nachmit-

 
   
  
 
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tagen geht es zu wie in einem öffentlichen


Lokal, und so riecht es auch – nach Kaffee,
Kuchen und sehr viel Qualm.

Einigen Nachbarn und vor allem dem FBI


erscheint dieser Haushalt des in den USA
nahezu unbekannten deutschen Schriftstel-
lers, registriert als »feindlicher Ausländer
Nr. 7624464«, äußerst verdächtig. Das Haus
und seine Bewohner stehen unter ständiger
Beobachtung, zwei Jahre lang wird das Te-
lefon abgehört.

Weder die Observierung, die er ahnt, noch


der Trubel stören jedoch den Hausherrn
mit der stoppligen Frisur, der Narbe auf der
linken Wange und dem leicht gehetzten
Habitus. Ebenso erfreut wie heftig spricht
er auf seine Gäste ein. Zwischendurch springt er auf, um ein paar Sätze zu schreiben,
Sätze, die ihn zu einem Klassiker der Weltliteratur machen werden.

 
   
  
 
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Ein Neuankömmling, der in den Kaffeeduft und Tabakqualm läuft wie gegen eine Wand,
macht den Vorschlag, ein wenig zu lüften.

»Nein, nein«, ruft der Hausherr, »ich mag es so. Es erinnert mich an Berliner Kaffee-
häuser ...«

A us ihnen ist Bertolt Brecht, das enfant terrible der Weimarer Literatur, 1933 von
den Nazis vertrieben worden. Seine Werke gehören zu den ersten, die verboten und
 
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Finnland und UDSSR in die USA, wo er 1941 fast mittellos eintrifft.

Schnell wird das bescheidene Holzhaus, das er zusammen mit seiner Frau Helene Wei-
gel und den beiden Kindern bewohnt, ein beliebter Emigranten-Treffpunkt. Regelmäßig
verkehren hier Hanns Eisler, Berthold Viertel und Lion Feuchtwanger, vor allem aber
bekannte Schauspieler wie Elisabeth Bergner, Oskar Homolka, Paul Henreid, Charles
Laughton, Peter Lorre und Fritz Kortner.

»Wir gingen oft hin, obwohl man wenig Alkohol dort bekommen konnte«, erzählt Paul
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und Brecht war immer amüsant. Ich habe


ihn furchtbar gern gemocht, und er hat
sich jedes Mal gefreut, wenn er einen
Grund fand, seine Arbeit zu unterbre-
chen.«

Auch der Filmagent Paul Kohner, 1897 im


österreichisch-ungarischen Böhmen gebo-
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hen und gestorben in seiner kalifornischen
Heimat im März 1988, hat mir bei einem
Treffen in seiner Agentur von ungewöhn-
lichen Begegnungen mit dem zukünftigen
Schulbuch-Klassiker berichtet.

Kohner, einst mächtigster Mann der deut-


schen Exilkolonie, eine Art Doppel-Agent
in Sachen Hollywood-Kommerz und Exil-
Kultur, war Mit-Initiator des European Film Fund, des Unterstützungsfonds für mittel-
lose Emigranten, dem neben unzähligen Filmkünstlern auch Schriftsteller wie Alfred

 
   
  
 
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Döblin und Heinrich Mann ihr Überleben in Hollywood verdanken. Persönlich hat Kohner
allein für rund 60 Flüchtlinge gebürgt und ihnen so die Flucht in die USA ermöglicht.
Brecht, der nach der Ankunft mit seiner Familie von 120 Dollar im Monat und damit
dicht an der Armutsgrenze leben muss, ist allwöchentlich in das Büro der Paul Kohner
Inc. am Sunset Boulevard 9169 gekommen, um sich seine Unterstützung abzuholen.

»Er war ein eigenartiger Kauz«, sagt Kohner, zu dessen Klienten damals Hunderte von
Hitler-Flüchtlingen zählen. »Mit seinen kurz geschorenen Haaren sah er aus wie ein Ver-
brecher.«

Auf den ersten Blick schon merkt man Brecht in Hollywood den Außenseiter an, der er
die sechs Jahre seines Exils dort bleiben wird. Wie so viele der emigrierten Literaten ist
 
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sten ist er auf schier unüberwindliche Schwierigkeiten gestoßen. Bert Brechts Schicksal
in Hollywood – das ist nur das berühmteste Beispiel für die epidemische Unfähigkeit,
  
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B esonders irritiert die gebildeten Flüchtlinge die Fließband-Fertigung von »Massen-


kultur«, wie sie in Europa damals noch weitgehend unbekannt ist. Zumal die älteren
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lichen Kunst-Idealen des 19. Jahrhunderts – die Tätigkeit eines Komponisten oder Dich-
ters, eines Malers oder Regisseurs eben gerade nicht als »Job« ansieht, dem man, wie
in den Filmstudios auch für Genies üblich, als Büroangestellter zwischen 9 und 17 Uhr
nachgeht. Ihrem Selbstverständnis als souveräne Schöpfer autonomer Kunstwerke muss
die fortgeschrittene Kommerzialisierung der Kulturproduktion zuwider sein – und selbst-

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bei der routinierten Herstellung von Kultur-Waren wenig Spielraum lässt.

Aber nicht nur die Arbeitsbedingungen, auch das Alltagsleben scheint Brecht wie so vie-
len Flüchtlingen in Kalifornien barbarisch. In ihren Briefen beklagen sie das Fehlen von
Theatern und Konzertsälen, von Museen und von urbanen Treffpunkten. Nicht wenige
Emigranten verfallen in »wildes Geschimpfe«, wie Brecht es nennt, der allerdings mit
Schmähungen des Exillandes selbst nicht spart: »Die geistige Isolation hier ist unge-
heuer ...« Und: »Hier kommt man sich vor wie Franz von Assisi im Aquarium, Lenin im

 
   
  
 
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Prater (oder Oktoberfest), eine Chrysantheme im Bergwerk oder eine Wurst im Treib-
haus.«

Schmerzhaft müssen die Emigranten erkennen, wie wenig ihre europäischen Verhaltens-
und Denkmuster noch gelten. Besonders hart trifft diese Erfahrung die Linken unter
den Flüchtlingen. Sie haben zu verkraften, wie der Literaturwissenschaftler Eberhard
Lämmert schreibt, dass »sogar die sozialistischen Gesellschaftsbilder, um derentwillen
deutsche Intellektuelle sich der wütenden Verfolgung des Dritten Reiches ausgesetzt
hatten, hier alles in allem als ein sehr europäisches Fluchtgepäck erschienen, das


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 Western Style of Civiliza-
tion ...«

D ie geheime Hauptstadt dieses neuen zukunftsträchtigen Lebensstils ist Los Angeles


in den legendären dreißiger und vierziger Jahren, eine Stadt des easy living. Dass sich

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sammlung von Häusern gleicht einer idyllischen Gartenlandschaft, einem modernen Pa-
radies für Sport-Freaks und Autofahrer, deren nach europäischen Maßstäben unvorstell-

 
   
  
 
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bar luxuriöse Vehikel auf den breiten Boulevards noch ungestört von Staus und Ampeln
dahinrollen. Die smogfreien Jahreszeiten wechseln zwischen Sommer und Frühling, die
Strände sind sauber und leer. Von Kalifornien aus gesehen liegt der alte Kontinent in
unendlicher Ferne. Lichtjahre weit weg scheinen die permanente Krise und die politi-
sche Gewalt, die das Leben der Hitler-Flüchtlinge solange belastet haben.

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tragischen Charakters: Aus dem Land ihrer Herkunft vertrieben, schleppen sie dessen
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Verfolgten bleibt seinem Heimatland, der Lebensweise und seiner Kultur, mehr verhaf-
tet als jene, die ihn verjagt haben. Und nicht wenige huldigen gar einem Germanozen-
trismus, der die neue amerikanische Umwelt am deutschen Wesen misst.

Während die meisten Intellektuellen und Schriftsteller isoliert leben und – schon aus
Gründen der Sprache – es vorziehen, ihre deutsche Identität zu bewahren, integrieren
 
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Eingliederung gehen dabei Hand in Hand.

 
   
  
 
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N eben Billy Wilder ist der amerika-


nischste und somit erfolgreichste Regisseur
unter den Emigranten Henry Koster alias
Herman Kosterlitz, geboren 1905 in der
Berliner Kreuzbergstraße. Für die Ufa hat
der Twen 51 Drehbücher geschrieben und
mehrfach Regie geführt. Nach 1933 ist er
via Paris, Budapest und Wien in die USA
emigriert.

Bereits sein amerikanisches Regie-Debüt


Three Smart Girls (1936), zu dem sein
Freund und Mitemigrant Felix Jackson alias
Joachimson das Drehbuch geschrieben hat,
 
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dass Koster damit die maroden Universal-
Studios vor dem drohenden Bankrott rettet.

 
   
  
 
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Zu den rund 40 Filmen, die er danach in Hollywood dreht, gehören It Started with Eve
(1941), Harvey (1950) und der erste Cinemascope-Film The Robe (1953).

Der 83jährige Koster, jahrelang Nachbar von und befreundet mit Ronald Reagan, lebt
heute im kalifornischen Leisure Village, einer eingezäunten und von einer Privatpolizei
bewachten Alten-Stadt, reserviert für 3000 Menschen über fünfzig.

»Hollywood in den dreißiger Jahren«, schwärmt er, als ich ihn besuche, »war die ein-
zige Stadt, wo Filme gemacht wurden, die es wert waren, gemacht zu werden. Herrlich
war es hier, ein ganz anderes feeling. Man hat sich viel freier gefühlt, viel offener als
in Deutschland. Mehr gelacht wurde, die Mädchen waren hübscher, die Sonne schien
mehr ...«

Henry Koster lächelt so kühl und trocken, wie der Humor seiner besten Filme ist. Inmit-
ten der poppigen Senioren-Szenerie strahlt er einen Hauch sehr amerikanischer Eleganz
aus.

Der erfolgreiche Regisseur war Gründungsmitglied des European Film Fund und für die
großzügige Hilfe bekannt, die er während des Krieges zahllosen Flüchtlingen zukommen
ließ. In seinem Privatleben allerdings hat er die Sackgasse des Emigranten-Ghettos
vermieden und schon nach kurzer Zeit fast nur noch mit Amerikanern verkehrt. So lernt

 
   
  
 
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der Ex-Berliner den von ihm verehrten Bert Brecht, der ihm in einer Kriegsnacht aus
der Rohfassung seines Leben des Galilei vorliest, bezeichnenderweise nicht über einen
Mitemigranten kennen, sondern über den gemeinsamen englischen Freund Charles
Laughton.

»Diejenigen«, sagt Koster, »die keine Stellung gefunden haben, die nicht zurecht ka-
men, die Erfolglosen eben, die haben Hollywood gehasst. Das ist nicht fair gewesen,
aber man hat als Mensch halt die Tendenz, ein Land danach zu loben, wie man sich in
ihm fühlt, und nicht danach, wie es wirklich ist.«

D er 87jährige Schauspieler Fritz Feld hingegen, Anfang der zwanziger Jahre Assi-
stent von Max Reinhardt und in den dreißiger Jahren dann von Ernst Lubitsch, kann die
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nicht verstehen. Feld, der in 427 Filmen mitgespielt hat und damit einen einsamen
Hollywood-Rekord hält, ist bereits 1923 in die USA ausgewandert. 1939/40 bürgte er
persönlich für 27 Flüchtlinge und sicherte ihnen damit das lebensrettende US-Visum.

 
   
  
 
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»Die meisten waren aber Amerika nicht sonderlich dankbar«, sagt er bei unserem Ge-
spräch im Berliner Kempinski. »Sie fanden alles fürchterlich, das Essen war nicht gut,
die Wohnung war nicht richtig, alles war viel besser in Deutschland. Die hatten eine
entsetzliche Zeit mitgemacht durch Hitler, nun waren sie gerettet, und jetzt war dies
nicht gut und jenes nicht gut. Mein Gott, darüber habe ich mich sehr aufgeregt.«

Der Kalifornien-Hass derjenigen, die sich unfreiwillig in die schöne neue Welt verschla-
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Freizeitkultur mit ihrer Liebe zu Sonne und Meer, wohl unverständlichste Variante ist
die Abneigung gegen die »viel zu schöne Natur«, die zu gefällig, zu bunt, zu künstlich
erscheint. Die Milde des Klimas, der schier endlose Sonnenschein, das alles ist den teu-
tonischen Seelen zuwider – ein schlicht unglaubliches Leiden am südlichen Klima.

K ratz ein bisschen«, notiert Brecht in seinem Arbeitsjournal, »und die Wüste kommt
durch.« Der Regisseur und Schauspieler Fritz Kortner beschuldigt die Sonne, die Gehirne
  

  
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ten. Und noch heute geben manche Emigranten als Grund für ihre damalige Umsiedlung
an die Ostküste das zu gute Wetter in Kalifornien an.

»Das erste Jahr habe ich gedacht, es sei ein wunderschöner Platz«, sagt etwa die in
Hamburg geborene Schauspielerin Dolly Haas, die 1936 mit einem festen Vertrag nach
Hollywood kam. »Aber man kann nicht immer diese irrsinnige Sonne aushalten, und
man kann nicht nur schwimmen, am Strand sein und ewig in Ferien leben.« Dolly Haas
hat Hollywood 1937 verlassen, ohne einen Film gedreht zu haben, und wohnt seitdem
in New York.

Auch der 73jährige, in Berlin geborene Agent Robert Lantz, zu dessen Klienten heute
unter anderem Leonard Bernstein, Liz Taylor, Nastassja Kinski und Milos Foreman gehö-
ren, zog bei seiner Ankunft in den USA die Ost- der Westküste vor und ließ sich in New
York nieder. Sein Büro liegt im 25. Stock eines modernen Bürohauses an der 6th Avenue
und bietet eine atemberaubende Aussicht über den Central Park.

»Der Sonnenschein in Kalifornien geht mir auf die Nerven«, spottet Robert Lantz. »Zum
Arbeiten im Film ist Hollywood großartig, aber zum Leben? Immer nur Tennis spielen
und Auto fahren, das ist nichts für mich. Und all diese Swimmingpools brauche ich auch
nicht, ich habe ein Badezimmer.«

 
   
  
 
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Neben dem unvermeidlichen Pool wird zum zentralen Symbol für die ungeliebte süd-
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Nordländer auf dieselbe. Der Theaterkritiker und spätere Emigrant Alfred Kerr schimpft
noch als Besucher: »Die Palmen wachsen ... nicht nur am Ufer, sondern mir aus dem
Halse heraus. Ebenso der wiederum lichtblaue Ozean. Genuggk!« Und Brecht klagt: »Ich
sitze hier wie auf Tahiti, unter Palmen und Künstlern, it makes me nervous.«

D ie erste Reaktion auf den Natur- wie Kulturschock ist die Abkapselung gegenüber
der neuen Umwelt. So entsteht in und um Hollywood ein Ghetto deutscher Sprache.

»Die meisten Älteren blieben unter sich, die hielten sich an die paar Brocken Europa,
die es hier noch gab«, erzählt der Regisseur Gerd Oswald, Sohn eines der erfolgreich-
sten Filmproduzenten der Weimarer Republik.

Natürlich bildet die Exil-Kolonie kein Ghetto im üblichen Sinne. Das »Andere Deutsch-
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kennt keine Mauern und dunklen Gassen. Die sonnige und relativ luxuriöse Enklave ist

 
   
  
 
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ein geistiges Ghetto deutscher Kultur, in dem man sich im Schatten der Palmen gegen-
seitig mit der Erinnerung an vergangene Größe tröstet.

»Wir waren alle«, schrieb Fritz Kortner voller Selbstironie, »bekümmerte Männer, die
voneinander behaupteten, einmal etwas Besonderes gewesen zu sein.«

Vielen der Jüngeren hat die Vertreibung aus Deutschland neue Chancen eröffnet, für
viele andere, zumal die Älteren und die Linken unter den Flüchtlingen aber gab es eine
amerikanische Zukunft nicht. Denn ihre traditionell-europäische Auffassung von Film-
kunst und das kommerzielle Hollywood-System reimen sich so wenig aufeinander wie
Brechts freie Verse.

»Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen / Gehe ich auf den Markt, wo Lügen gekauft
werden«, heißt es in seinem Gedicht »Hollywood«: »Hoffnungsvoll / Reihe ich mich ein
in die Verkäufer.«

An einen dieser Morgen, es ist der 7. Oktober 1941, kann sich ein anderer Emigrant
noch sehr gut erinnern.

 
   
  
 
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Dieses Werk ist unter Impressum
einem Creative Commons
Namensnennung-Keine DRUCKGESCHICHTE
kommerzielle Nutzung- Fluchtpunkt Hollywood. Vierte Folge: Ghetto unter Palmen. In: STERN,
Keine Bearbeitung 2.0 23/88, S. 96-104.
Deutschland Lizenzvertrag Eingearbeitet in das Reise in die Verlorengegangenheit, Rasch und
lizenziert. Um die Lizenz Röhring: Hamburg 1990 (HC) und dtv: München 1993 (TB).
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Brief an Creative Com- www.freyermuth.com unter der Creative Commons License veröffentlicht (siehe Kasten
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ÜBER DEN AUTOR
Gundolf S. Freyermuth ist Professor für Angewandte Medienwissenschaften an der ifs
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