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KLOEPFER TRAINING 

"(...) alternativlos (...)" (Bundeskanzlerin Angela Merkel)

Ein Bohrloch tief, tief im Golf von Mexiko und ein Finanzloch - zurzeit noch unbekannten oder
unbenannten (?) Ausmaßes auf der anderen Seite der Welt - in Europa.
Aus dem einen heraus sprudeln zehntausende Barrel Öl direkt ins Meer, in das andere hinein fließen
voraussichtlich mehrere hundert Milliarden Steuer-Euro.

Dort ein Ölkonzern in Erklärungs- und Handlungsnot – hier eine Regierung.

8 Milliarden und 22 Milliarden Euro waren zunächst die Summen an die sich die deutsche
Öffentlichkeit angesichts der unausweichlichen Hilfe für Griechenland gewöhnen musste.
Schließlich nach der langen Nacht von Brüssel vom 08. auf den 09. Mai an 600 Milliarden. Am
Montagmittag jedoch stieg die Summe kommentarlos auf 700 Milliarden, um sich am Nachmittag
auf 750 Milliarden zu steigern und an den folgenden Tagen endlich auf 720 Milliarden Euro
einzupendeln.
8.000.000.000
22.000.000.000
600.000.000.000
700.000.000.000
750.000.000.000
720.000.000.000

30 Milliarden mehr oder weniger? Was soll's!

Die Summen steigen, die Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen sinkt.

Das konstante Beharren auf den Begriffen "Solidarität" und "Stabilität" scheint nicht nur das
Durchwinken der Unterstützung für Griechenland seitens sämtlicher demokratischer Einrichtungen
ermöglicht zu haben, sondern auch die bereitgestellten Milliardenbeträge für künftige Risikoländer.

"Die Finanzhilfen für Griechenland sind alternativlos" macht Angela Merkel in der
Regierungserklärung am 05. Mai deutlich.

Eine nachvollziehbare Erklärung bleibt aus. Statt dessen eine Neuauflage apodiktischer Statements,
in denen wiederum die "Stabilität" eine zentrale Vokabel bildet.
(apodiktisch: gr.-lat. unumstößlich, keine andere Meinung gelten lassend)

Bislang sind Fachleute, Medien und vor allem das (Wahl-)Volk nicht überzeugt – ja, nicht einmal
überredet, wie das Ergebnis der Landtagswahl in NRW zeigt.

Statements, die sich auf bloße Behauptungen beschränken, provozieren Nachfragen. Fehlt eine
verständliche Begründung, ist Misstrauen die Folge. Vor allem dann, wenn Menschen für
Entscheidungen in Haftung genommen werden, die sie selbst nicht getroffen haben. Das
Misstrauen wird vom Vertrauensverlust und endlich vom Widerstand abgelöst, z.B. einen
Wahlzettel überhaupt auszufüllen.

Zusätzliche Informationen, die den Entscheidungsprozess und die Folgen transparenter machen
könnten sucht man auf den Internetseiten der Bundesregierung oder auch auf der von Angela

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Merkel vergeblich. Vielmehr sieht sich der demokratisch erzogene Bürger beim Durchklicken der
Unterseiten mit Folgenden Aussagen konfrontiert:

Startseite: www.Angela-Merkel.de

"Merkel: "Wir schützen das Geld der Menschen in Deutschland."

Unter 10 gute Gründe (CDU zu wählen) findet man:

01 Entlastung der Bürger (um 24Mrd. Euro)


02 Solide Haushaltspolitik
...
09 Aus der Krise lernen
Die Finanzmärkte werden strenger reguliert, damit sich eine vergleichbare Krise nicht mehr
wiederholt."

Aha! "Wie passt das alles zusammen?" möchte man fragen.


Widersprüche zwischen (Absichts-)Erklärungen und aktueller Faktenlage sind Journalisten in jedem
Interview willkommen, liefern sie doch die interessanten Fragen auf einem goldenen Tablett.

Wie soll denn eine Steuererleichterung von 24 Milliarden Euro angesichts der deutschen
Beteiligung am künftigen Rettungspaket umgesetzt werden?
Und was genau ist mit Regulierung der Finanzmärkte gemeint?
.....

Ein Ende der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ist leider ebenfalls nicht abzusehen.
Rettungsmaßnahmen – selbst die erfolglosen – werden jedoch in Pressemitteilungen und auf einer
extra eingerichteten Webseite (www.deepwaterhorizonresponse.com) auch für den Laien erläutert.

"Die Erfolgsaussichten sämtlicher bereits durchgeführter bzw. geplanter Maßnahmen, (...), sind
gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Ungewissheit, weil sie bisher noch nie unter derartigen
Bedingungen umgesetzt wurden." Heißt es in der Pressemitteilung von BP vom 11.05.2010.

Dazu gehört Mut!

Auch wenn eine Lösung noch nicht in Sicht ist, erhält sich das Unternehmen als Ver-Antwortlicher
die Glaubwürdigkeit, weil es Antworten gibt, konkrete Beschreibungen dessen, was getan wird. Die
Diskussion über die Tauglichkeit von Maßnahmen hat Chancen auf der Sachebene zu bleiben,
während die Suche nach Schuldigen vor allem emotional geführt wird und meist verbrannte Erde
zurücklässt.

Immer mehr Unternehmen wissen – auch "Dank" der Krise – dass eine transparente
Kommunikation alternativlos ist, um auch in schweren Zeiten glaubwürdig zu bleiben. Mitarbeiter,
die einen Entscheidungsprozess nachvollziehen, wenigstens gedanklich zwischen Alternativen
wählen können, sind eher bereit, die Folgen mit zu tragen.

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Den "Vollbürger" zu überzeugen betrachtete man in den Stadtstaaten der griechischen Antike als
Kunst, als "rhetorike techne". Das Zusammenspiel von Ethos, dem Charakter des Redners, Logos,
dem Argument und schließlich Pathos, dem emotionalen Zustand des Zuhörers entschied in den
keimenden Demokratien Griechenlands das Gelingen einer Rede. Wäre damit das Beharren auf
Behauptungen gemeint, hätte es keinen Aristoteles oder Cicero gebraucht.

Ein bloßes Wiederholen von Begriffen höhlt sie aus. Worthülsen aber taugen nicht als Argumente
(lat.: Beweismittel). Mit ihnen lässt sich kaum wirklich kommunizieren, also "gemeinschaftlich
etwas tun und mitteilen".

Gibt es für eine Entscheidung tatsächlich keine Alternativen, dann besteht keine Wahl, dann aber
erübrigen sich die Diskussion und eben auch die Diskutierenden, hier die Politiker. Zu diesem
konsequenten Schluss kommt ein Kommentator auf www.neusprech.org.
Dann ließe sich – führt man den Gedanken weiter – auf Rhetorik als Demokratie bildendes Element
verzichten.

Was also macht die "Solidarität", das Zusammengehörigkeitsgefühl, der Gemeinsinn in Europa aus?

Wie verträgt sich diese "Brüssler Solidarität" mit dem - der gleichen lateinischen Wortwurzel
entstammenden - Begriff der Solidität, also der Zuverlässigkeit und der Mäßigkeit?

Und was hat das dann mit der "Stabilität", der Beständigkeit und Dauerhaftigkeit des Euro zu tun,
den der Einzelne mit seinen Steuern zu stützen hat - alternativlos?

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