You are on page 1of 7

US-"Boot Camps"

Manche überleben nicht


Als die ersten "Boot Camps" für straffällige Jugendliche in den
USA entstanden, schwärmte das US-Justizministerium von "einer
der innovativsten und aufregendsten Formen" des
Jugendstrafvollzugs. Fast 20 Jahre später ist Ernüchterung
eingekehrt. Zwar glauben viele Amerikaner ungebrochen daran,
dass Recht und Freiheit ohne Härte und Brutalität nicht zu haben
sind - das beweist auch die aktuelle Folter-Debatte. Aber die
Bilanz der paramilitärischen "Boot Camps" bestätigt kaum die
Hoffnungen vor allem von Konservativen, mit "harter Hand" und
"eiserner Disziplin" lasse sich der Charakter junger Gewalttäter
oder Drogensüchtiger positiv formen.Die Rückfallquote ist laut
einem Bericht des "Christian Science Monitor" keinesfalls geringer
als bei den Insassen von Gefängnissen und Jugendstrafanstalten.
Dafür aber gibt es erschreckende Berichte über das grausame
Lagerleben.Oft genug überleben Jugendliche den Camp-
Aufenthalt nicht: Aaron Bacon beispielsweise soll in einem Camp
im Bundesstaat Utah verhungert sein, nachdem er als Strafe
nichts zu essen bekam, dennoch aber täglich bis zu 16 Kilometer
laufen musste. In einem anderen Lager in Utah starb eine 15-
Jährige, die eine erlittene Vergewaltigung seelisch überwinden
sollte, bei einem erzwungenen Langstreckenlauf.Der 14-jährige
Martin Anderson wurde, wie Video-Aufnahmen belegten, in einem
Camp in Florida von seinen Aufsehern zu Tode gequält. Die
Wächter hatten bei einem Lauf die Bitte des schwarzen Jungen
um eine Verschnaufpause als Provokation empfunden und ihn
schwer misshandelt. Sieben Männer traten und schlugen ihn,
schließlich flößten sie ihm Ammoniak ein. Vor Gericht wurden die
Männer vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen - der Familie
wurden fünf Millionen Dollar (3,4 Millionen Euro) als
Entschädigung zugesprochen.Ursprünglich waren die "Boot
Camps" in den 80er Jahren als Alternative zu zwei- bis
dreijährigen Freiheitsstrafen eingeführt worden: Wer sich für 120
Tage dem extremen militärischen Drill und den Torturen eines
solchen Lagers aussetzte, konnte danach die Freiheit erlangen.
Die Philosophie der Camps ist den US-Marines entlehnt: der Wille
soll - nicht selten mit Demütigungen, seelischen und körperlichen
Misshandlungen - gebrochen werden, um ihn dann wieder
aufzubauen.Inzwischen gibt es in den USA mehrere hundert
solcher staatlicher und privater Einrichtungen, in die auch schwer
erziehbare oder traumatisierte Kinder und Jugendliche kommen.
Zuweilen kosten sie die Eltern bis zu 5000 Dollar im Monat. Auch
die Verweildauer wurde für manche inzwischen auf Jahre
ausgedehnt. 4500 straffällige Jugendliche befinden sich offiziellen
Angaben zufolge derzeit in "Boot Camps", insgesamt werden über
10.000 Jugendliche jährlich in Lager zur Umerziehung oder
"Therapie" geschickt.Aber in den wenig kontrollierten Camps sind
Missbrauch und Willkür Tür und Tor geöffnet. Eltern, die ihre
Kinder abliefern, unterschreiben meist eine Blanko-Erklärung,
derzufolge sie mit allen Maßnahmen im Lager einverstanden sind.
Viele Jugendliche berichteten laut "New York Times" von der
täglichen Gewalt, gewaltsamen Übergriffen, sexuellem Missbrauch
und menschenverachtenden Züchtigungsmethoden. Seit 1980
seien allein in elf Bundesstaaten mindestens 30 Teenager in "Boot
Camps" ums Leben gekommen. Oft genug gebe es
Selbstmordversuche.Einem jüngst vom US-Kongress vorgelegten
Bericht zufolge starben seit 1990 zehn Jugendliche in "Boot
Camps". Allein im Jahr 2005 habe es in diesen Lagern mehr als
1600 Missbrauchsfälle gegeben. "Kinder werden gezwungen, ihr
eigenes Erbrochenes zu essen, in Urin oder Kot zu liegen. Sie
werden getreten, geschlagen und zu Boden geworfen", berichtete
ein Ermittler des US-Kongresses, Gregory Kutz, der Zeitschrift
"Time".

Boot Camps

In den USA muss man als Jugendlicher nicht wegen eines Verbrechen
überführt worden sein um in ein Boot Camp zu kommen. Auch Teenager, die
als rebellisch oder ungehorsam gelten, werden von ihren Eltern in solche
Lager geschickt.
Ws gibt nur ein wirkliches Aufnahmekriterium: die Jugendlichen müssen unter
18 sein – also Minderjährig sein. Die Camps versprechen aus dem
rebellischen Teenager ein Vorzeigekind zu machen und das in kurzer Zeit.
Viele Eltern wissen gar nicht, was ihre Kinder in diesen Camps erwartet. Viele
Kinder kehren nie wieder Heim, weil sie entweder 18 Jahre alt geworden sind
und nie mehr was mit ihren Eltern zu tun haben wollen oder weil sie im Camp
gestorben sind. Erniedrigungen und körperliche Gewalt stehen dort an der
Tagesordnung. Die Jugendlichen werden in Uniformen gesteckt, angebrüllt
und sogar misshandelt. „Sir, yes Sir“ lautet die Standartantwort jedes
Jugendlichen auf die Befehle der Aufseher. Wer nicht gehorcht wird bestraft,
mit Redeverbot oder Einzelhaft (Isolationsstadion, kurz genannt IS). Es gibt
kleine Essrationen, geschlafen wird teilweise im Freien oder in Schlafsäcken
auf Betonplatten. Die Jugendlichen werden dort auf einer Skala eingeteilt,
desto höher man auf dieser Skala eingeteilt ist bzw. man es sich durch
Gehorsamkeit erkämpft hat, desto mehr Rechte hat man, wie z.B. man hat ein
Klappbett zum Schlafen oder man darf die unteren Skalen – Teenager herum
kommentieren und sie sogar selbst misshandeln. Die Erzieher sehen die
oberen Skalen – Teenager als ihre Mülleimer, den sie erledigen viel
Drecksarbeit, die ansonsten die Erzieher machen würden. Die Jugendlichen
werden dort über Hindernisse gejagt, müssen Gewaltmärsche in größter Hitze
ertragen. Viele erleiden dabei Kreiszusammenbrüche.
In den Lagern gibt es extreme Sicherheitsvorkehrungen:
• Überwachungskameras
• Bewegungsmelder
• Stacheldrahtzäune
• Türen die sich selbst im Feuernotfall nur für einige Sekunden sich öffnen, da
es ja falscher Alarm sein kann und die Jugendliche dann abhauen könnten!!!
•…

Momentan gibt es 100 bis 200 Boot Camps in den USA, doch Experten
vermuten das es wahrscheinlich noch viel mehr Boot Camps gibt. vermuten.
Die Kosten können für die Eltern ziemlich hoch sein. Sie verlangen bis zu
32.400 Euro pro Jahr. Manche Eltern engagieren sogar einen Kidnapper, die
das Kind in das Lager bringen. Diese Boot Camps sind in den USA total legal.
Während der letzten 20 Jahren gab es nun mehr als 50 Todesfälle in den
Boot Camps – die Dunkelziffer (Die Anzahl der noch dazu nicht bestätigten
Toten) ist um einiges höher.

Sie werden angebrüllt, in Uniformen gesteckt und über


Hindernisstrecken gejagt. Redeverbot, Isolationshaft oder
Fußketten sollen dafür sorgen, dass aus widerborstigen
Teenagern mit Hang zu Drogen und Schulschwänzen
fügsame Jugendliche mit den richtigen Idealen werden.

"Sir, yes Sir" lautet die devote Standardantwort der Kids auf Befehle
ihrer "Instruktoren". Verbale Ausfälle, Beleidigungen und
animalisches Gebrüll im Soldatenjargon sind in amerikanischen Boot
Camps an der Tagesordnung. Pummelige Teenager ächzen unter
Liegestützen und krabbeln über meterhohe Hindernisse, um die
Freude an der "persönlichen Grenzüberwindung" zu erfahren.

Die jugendlichen Normabweichler lernen, Ordnung zu halten, ihr


Bett zu machen und brav den Rücken durchzudrücken. Weil die
trägen Stadtkinder nicht an Bewegung gewöhnt sind, erleiden einige
Kreislaufzusammenbrüche und Schwächeanfälle. Hysterische
Ausbrüche ob des plötzlichen Freiheitsentzuges und der rüden
Umgangsformen sind keine Seltenheit.

Eintrittszeremonie: Egal, ob männlich oder weiblich - als erstes werden die Haare
geschoren
Im Boot Camp gelten einfache Regeln. Kleinste Vergehen werden hart bestraft.

Befehlsverweigerung, Regelverletzungen und Fehlverhalten werden


umgehend bestraft: In gepolsterten Einzelzellen, so genannten
"Get-right-rooms", sollen renitente Minderjährige in kompletter
Isolation von der Außenwelt zur Vernunft kommen. Mit dem Paddle,
einem in Amerika benutzten Schlagholz, versuchen sadistisch
veranlagte Camp-Mitarbeiter, den Willen der Kinder zu brechen. Per
Schocktherapie glaubt man in einigen Anstalten, den wehrlosen
Jugendlichen ihren Hang zur gleichgeschlechtlichen Liebe
auszutreiben zu müssen.

Unfähig, verantwortungslos oder naiv? Warum Eltern ihre


Kinder in Umerziehungslager schicken Die Minderjährigen
werden mit Einverständnis ihrer Eltern in die so genannten Teen
Help Programme gebracht. Üblicherweise unterschreiben die
Erziehungsberechtigten vor Eintritt ihrer Kinder ins Camp einen
Vertrag mit den Organisatoren, der das Personal autorisiert, für den
verabredeten Zeitraum als Agenten der Eltern zu agieren. Ein
Freibrief für die Wächter on duty. Die Motivation, das eigene Kind
freiwillig in eine dieser - von Kritikern auch als "amerikanischer
Gulag" bezeichneten - Anstalten zu schicken, ist so unterschiedlich
wie die Schicksale der Kinder selbst: Von Ignoranz und Hilflosigkeit
bis zu dem festen Glauben, nur militärischer Drill und
unbarmherzige Disziplin könnten pädagogische Wunder wirken,
sprechen die Kommentare der Eltern. Eines jedoch ist nicht zu
übersehen: Die Mehrzahl der Erziehungsberechtigten ist schlicht
überfordert mit ihrem Nachwuchs und gibt das Problem deshalb in
die Hände von angeblichen Spezialisten.
Dass diese in den Camps tobenden "Experten" häufig weder eine
pädagogische noch eine therapeutische Ausbildung besitzen, scheint
für die meisten Eltern nicht von Bedeutung zu sein. Es gibt in den
Vereinigten Staaten bisher keine einheitlichen und rechtlich
verbindlichen Vorgaben, was die Qualifikation des Personals und
ihre Arbeit in den rund 400 Boot Camps betrifft.

In einigen Staaten wie Arizona sind Kinder- und


Jugendschutzgesetze nur auf jene Umerziehungsprogramme
anwendbar, die 12 Monate und länger dauern. Private
"Korrekturanstalten", die sich auf sechsmonatige Programme
beschränken, erhalten deshalb ohne Probleme eine Lizenz. "Es ist
schwerer, einen Angelschein zu bekommen, als ein Lager für Jungs
zu führen" bestätigte der demokratische Senator Chris Cummiskey
aus Arizona gegenüber der New York Times.

Auf dem Weg der Besserung verstorben - Todesfälle in Boot


Camps

Es ist diese gesetzliche Grauzone, die dem Missbrauch von


Schutzbefohlenen immer öfter Vorschub leistet. Ehemalige
Lagerinsassen berichten von gewaltsamen Übergriffen, sexuellem
Missbrauch und menschenverachtenden Züchtigungsmethoden. Und
damit nicht genug: Laut Angaben der New York Times sind seit
1980 in elf Staaten mindestens 30 Teenager in Boot Camps ums
Leben gekommen.

Der vorerst letzte Fall dieser Art ereignete sich am 1. Juli 2001 in
Arizona. Der 14-jährige Anthony Haynes starb in einem westlich von
Phoenix gelegenen Boot Camp, nachdem er offenbar stundenlang
der intensiven Wüstenhitze ausgesetzt und dazu gezwungen worden
war, Sand zu essen. Laut Berichten ehemaliger Beschäftigter des
Camps waren Schläge, Tritte und der Befehl, Schmutz zu essen, an
der Tagesordnung.

Die Ermittler fanden heraus, dass zwei Männer aus dem Camp den
Jungen orientierungslos aufgefunden und in ein Motel gebracht
hatten, wo sie ihn in eine Badewanne mit laufendem Wasser gelegt
hätten. Als man Anthony später mit dem Gesicht unter Wasser fand,
wurde er zurück ins Camp gebracht, weil der Leiter der
Erziehungsanstalt, Charles F. Long II, glaubte, der Junge habe
seinen Zustand lediglich vorgetäuscht.

Heute hält Mister Long, Mitglied der "America's Buffalo Soldiers Re-
Enactor's Association", diesen Vorfall für "tragisch und eine traurige
Sache". Er ist allerdings fest entschlossen, seine Camps weiter zu
betreiben, und zwar "bis zu dem Tag, an dem ich sterbe".

Teuer und ineffizient: Boot Camps "bringen nichts"

In Deutschland steht man den amerikanischen Erziehungslagern


von jeher skeptisch gegenüber. Nicht nur die mögliche Verletzung
von Menschen- und Persönlichkeitsrechten steht hier im
Vordergrund, sondern auch die Ineffizienz der angewandten
Methoden.

Der niedersächsische Justizminister Christian Pfeiffer hat die


Entwicklung der Boot Camps in den Vereinigten Staaten verfolgt.
"Es gibt ganz klare empirische Beweise dafür, dass Boot Camps
überhaupt nichts bringen, sondern lediglich viel Geld kosten",
betonte er gegenüber SPIEGEL ONLINE und verwies auf
Forschungsergebnisse aus den USA, die dazu geführt hätten, dass
sich viele Experten und ehemalige Befürworter der staatlichen Boot
Camps völlig von der Idee solcher Erziehungslager abgewandt
hätten. "Der militärische Drill erhöht die Anpassungsbereitschaft der
Jugendlichen nur vorübergehend. Die Persönlichkeit kann man
damit im Kern nicht verändern."

You might also like