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Erscheint monatlich zweimal. Preis pro Vierteljahr M. 1,50. Einzelnummer 25 Pf. .

i~'"./' ; • "Preis dieser Doppelnummer 50 Pfge. - Ausgabe auf .Kunstdruckpapier (in TJmechlag) 1 Mk.
^VEontag, | Gharlottenburg. fio. 9. 10.
- ^ a m 15. M ä r z 1897. ^ - Adolf Brand's Verlag. ->-? 1. J a h r g a n g . \$-
H e i n r i c h V o r m a n n : .Steoerfrci" (Gedicht). — K a r l M e r z : „Unsre Kolonie*. :— H m «
V o l k e r : .Vom Pan." — A d o l f B r a n d -„Kahnfahrt* (Gcdii-ht). — K a r 1 H e r m a n: „Zwang-
lose Rand/eilen ans dem philosophischen Liegesessel." — Gedichte von H a n s V o l k e r , K a r l
:,Mc ri", Fr.an z E T e r s. — »"Bücher u n d M e n s c h e n . " —H e i n r , V o r m t u n : „Frßhrot". — » E i n e l i t c r a r i s c h e V i o r o r -
'•an s s t e l l n j i g."; — Vermerke nnd Anjeigen. — (Sondcrbeilage): „ J n g e n d ! Ein Appell an alle Künstler und Studenten'' von
Heinr. Vormann". — » M e i n . W i n k e l ' 1 (Vagabundns). — Zierleisten von Fidus. -. -•..

eX® Steuerfrei. @xe>


:
~.Ja schätzt sie ntir ein und.wägt sie gut, Da gilt es mit Brillen, tabellengcnau
Meine -ledijrp -Augenweide, -: Den Dichterluxus zu zählen:' . > .
Mein unverzolltes Vagantcnblut," Den Regenbogen und Perlenthau,
Das Geheimnis von "Wald und Heide! Die flatternden Wolken Juwelen!

15s entgeht dem Staate noch mancherlei • ' Moin Haupt ist TOII von köstlichem Gold,
Von Stcuerobjekten, Ton maston: - Tom Mobiliar.meines Lebens — V- .
— Nun kommt die rentabelste Zeit, der Mai: Ja ladet mich nur, solang ihr wollt: •
Da blüht es in schweren Lasten! Mich registriert ihr vergebens!! , •
Heinrich Vormann.

Urisre Kolonie.
">;-. - Es war «in einfaches, "weissgelünchtes Bauernslübchen, .'.'•.. Jetzt regt sichs neben mir. Links von mir
in" dem wirwohnten. An den beiden Fenstern geblümte auf dem Kissen ruht nachbarlich ein Köpfchen." dessen
- Tuchgardinen,-mitten drin ein grossmächliger Kleider- gelöstes Haar sich mir noch in einzelnen Strähnen über
schrank in "seiner Patriarchen-Ecke. Auf dem Schrank Brust und Wangen zieht. Sie bat sich eben umgedreht
machte sich ein gelber Kürbisriese wichtig, zwischen und wendet mir nun ihr Gesicht zu, "dessen Augen sich
einer Bastei von Hut- und Wolleschachteln verschanzt.— aber noch nicht vom Schlummer geöffnet haben. Ich.
.,. . Ich liege im Halbdusel auf dem weissen Kissen hebe mich einwenig und betrachte mir die holdeSchläfeiin,
"meines Bettes und gucke an die Zimmerdecke hinauf. wie ichs in solcher Stunde so gern thue. Ihre Wangen
Es ist Morgen.' Ein frischer Hauch, gaukelt durchs Ge- gucken mich rosig und morgenfrisch an, die Züge' ver-
mach, den ich mit Wohlbehagen schlürfe. Durch die raten Müdigkeit, haben aber jenen offenen, unschulds-
Gardinen, -wenn der Wind sie emporweht, fällt hin und vollen Ausdruck, jene Kindlichkeit bei aller Reife, die
wieder ein rascher Sonnenstrahl, ins Zimmer. Aber tiefes mich immer an ihr entzückte und die sie mir einst
Schweigen innen und aussen. Ich fühle mich wie im ohne Gewissenspein und Sünde in die Arme gab, —-
Paradiese ufnd habe keinen Wunsch, als ewig so zu einfach weil sie mich lieb hatte, weil sie an mich
ruhen und zu träumen.* glaubte . . . -. ' -
70 her Eigene.

. Langsam und vorsichtig beuge ich mich endlich Witz. — Sodann nahm er bedächtig seine kurze Pfeife
mit einem Kuss über ihre Stirn mit dem dunkelblonden aus den Zähnen, ohne die er schier nie zu sehen war,
Haare. Sie erwacht nicht von dem leisen Wärmehauch und setzte sich zu Tische. .Freut euch überhaupt auf-
und ich scheue mich, sie härter zu berühren. So träume den Himmel", fuhr er dabei In seiner gutmütigen Weise
ich noch eine Weile vor mich hin. Am zweiten Fenster fort, „dort giebt's all' Tag'gefüllte Eierkuchen, nicht blos
sind" die Gardinen ein wenig zurückgeschoben, da blicke am Sonntag wie bei uns! — Donner, wie schön knusprig
ich gerade in die Tiefen eines alten Ulmenbaumes hinein, diesmal!" und er hieb ein, wie ein Kürassier bei Wörth
durch den ganz oben manchmal die Saphiraugen des oder Sedan. Auch unser beider Essen hatte-Lisa heute
Himmels durchblinzeln. Hin und her und immer uner- mit dem Gerharts zusammen, in einem grofsen Tragkorb
müdlich fort wiegen sich und zappeln die sonnig schim- herübergebracht, — und so leisteten wir ihm wackere
mernden Blätter- mit ihrer melodienreichen Munterkeit, Gefolgschaft. . - ;•••>_,- • .•"': •.,.•.,
— die mich dennoch wie aus einer unendlichen Schwer- .Malst du immer noch an deinem Tannhäuser?"
mut geboren anmutet . : . '. „Ja immer noch — die verdammte Kleinarbeit für
Im Hof-unten gehen jetzt geschäftige Schritte auf euer Journal läfst mich zu keiner Ruhe dafür kommen!"
u n i ab. Plötzlich kratzt etwas an der Fensterbrüstung, ^„Hör mal, Kerl, deine prächtigen Vignetten — ich.
ich höre, ein Steigen und einige Augenblicke später an deiner Stelle liefse den Venusberg Venusberg sein
erscheint ein lachendes, bärtiges Gesicht im Fenster;" und malle', oder vielmehr zeichnete überhaupt nichts
zwei. Hände höhlen, sich vorm Mund und eine kräftige- mehr als Randleisten, Füfsleislen, Kopfleisten, Figürcheh.
Stimme brüllt ins Zimmer herein: L a n g s c h l ä f e r ! ! — Ranken, Blumenguirlanden,- Teufelsfratzen und lauter
Dann verschwindet die Erscheinung. — solchen Krimskrams!*
' Aber ein Schlummer, den man sich in fleifsiger „Ach was, — das verstehst du!" und fast grob-
Heuernte erworben hat. ist tief. Nichts rührt sich an schlug er mit der Gabel auf den Teller; .— „bis wann
meiner Seite. Ich schäme mich jetzt wahrhaftig meiner brauchst du denn das Zeug?". . ' •:•_,.:".;.'.'
Faulheit gestern, die mich den Nachmittag tief ins Heu „In acht. Tagen — aber da bestimmt.", ..
eingewühlt verschlafen Hess, während Lisa so fleissig die „Na ja. — Aber für die Heuernte bin ich mai
dürren Schwaden schüttelte und den Schnittern das nicht zu" haben die Woche!" -.;••'[• .""•""' >.'.'•'•
Vesper herausbrachte. . Und doch war es so göttlich . L i s a lachte hell hinaus. „Ei, da werden sich ja die
gewesen dieses Nicht§thun, — dies Emporwandern erst Schnitter freuen!" ."_.-. - -
in die blauen Geheimnisse, der. Unendlichkeit auf den - „ W a s ! hab' ich nicht einen Wagen schier allein
Wolkenleitern über mir. - und dann die Ruhe, der ge- vollgepackt?'— Überhaupt freuen sich die Mädels immer,
sunde, Sommerschlaf auf dem sonnenwarmen; duftenden wenn ich hinauskomme!" Er lächelte verräterisch vor
Naturlager; — kein Daunenbett könnte mirs bezahlen sich hin. '.." ••''.-
und. keine Brüsseler Gardine mit Seidenfransen! .•'. . •-'-• „O, ich freue mich auch!" . . . Und vergnügt
aber papperlapapp, was stell ich blos,für dumme Ver- hüpfte^ Lisa ins Nebenzimmer, aus dem alsbald eine tolle
gleiche, an! — f- überhaupt* jetzt: — L i s a ! ! Flut von Tönen quoll. Sie phantasierte auf dem Klavier,
. . . . Ein Sonnenstrahl fällt ihr eben schräg übers — ganz prächtig, übermütig, trotz aller Mifsakkorde. "
Gesicht und draufsen • erhebt ein Chor von Spatzen mit die mit unterliefen.'-. •'•-. -
aller Kraft sein lärmendes Gekreische. Es ist spät am Gerhart hörte das gerne; er war ein grofser Musik- •
Tage-und wir dürfen nicht länger müfsig liegen., Ich enthusiast, darum hatte man ihm das kleinere von zwei
kneife sie in die roten Backen: Lisel! aufwachen IT—- vorhandenen Instrumenten hereingestellt; das andere
Verwundert öffnet sich neben mir ein Mäulchen undein stand im grofsen „Saal" drunten. Er selber zwar, mufs
Paar süfser, verschlafener Augen; ganz müde lächelt sie ich bemerken", spielte nicht; es war der Schmerz seines
zu mir her und fragt dann leise nach einigem Besinnen: Lebens, dafs er früher nie Musik erlernt halte urid-jetzt •
.Sag, was war denn, das vorhin? — Es hat doch ein- fand er nicht mehr die Zeit dafür, woilte auch nicht blos
mal jemand'so. laut gerufen! — Oder hab' ich das blos stümpern; — aber das Spiel anderer freute ihn ungemein,
geträumt?"" ':'-. !^ 'V:' ,' '• am liebsten hörte er Lisas zigeunerlustige Melodien^ ".'•.••
„Heute Abend soll ja , . will ja der neue Gast aus
Leipzig, der Herr Musikdirektor oder was er ist. im
•'• >;, „Ihr gebt wahrhaftig mal im Himmel die ersten'Früh- Saale spielen," — kam sie wieder in die Thür.
mettenbläser!" lachte uns unser bärtiger Freund Gerhait • „Donnerwetter — j a " , fluchte ich,, „ich soll ja auch
— er War es, der die Indiskretion von heute morgen be- was rezitieren — was nehme ich nur gleich."
gangen halte — mit seinem knurrigen Humor entgegen, _ „Ach, du findst schon was", lachte Lisa. „Ich freue
als wir ihn zu Mittag-in seiner Malerwerkstätte, einem mich übrigens sehr aut das alles, — und du speziell, wenn
Blockhäuschen am Rande unseres Weihers aufsuchten. du's gut machst^ sollst du die drei Frühbirnen von meinem
.Hältst du uns dafür so geeignet?" fragte ich leichthin. Spalier kriegen, extra als Belohnung; hörst du?" '- .
.7 »Hm . . o ja; denn die L e t z t e n werden d o r t d r ü b e n „Das ist ja — da sollte ich ja gleich a u c h was
bekanntlich die E r s t e n sein!* Er grinste ü b e r ' d e n anslellen!" brummte Freund Gerhart.
Der Eigene. 71
„Natürlich, mufst du auch)" bestätigte ich,-indem oft mit Lisa von ihm geplaudert und immer wieder war
. I c h eine sehr ernsthafte Miene aufsetzte, — „wie soll dann mein Refrain: „Es könnte n o c h , n o c h herrlicher
denn Frau JBürglen allein fertig werden in der Küche? für uns sein!" . . . . . - ' . ' • ' .
Auf Hedwig ist auch nicht zu rechnen, die flicht blos
Kränze und unterhält sich mit Simon und den Gästen- Ein Brief. — Ich halte ihn vor mir und traue noch
"Wozu bist du so ein Kochgenius!" immer meinen .Augen nicht. Ein Brief vom meinem
- ,,: Unser guter Gerhart fühlte sich ein bischen in die Freund Richard . . . Richard Faber! - Ich erkannte Hand-
Knge getrieben. " - schrift und Format des Couverts, als der Briefträger
„Helfen Sie mir, Fräulein Lisa?" fragte er galant noch unter der Gartenpforte stand und mit Simon, unsrem
und vorsichtig. "• '•• :
. .:' • Landwirt plauderte. Ich nahm die Treppe jeden Absatz
a in einem Sprung und rifs dem Zögernden die Bescherung
• J . gerne!"* ' . ' " - . , -'
aus der Hand. Auf dem gleichen Fleck noch hab' ich
;,Aber erst noch", brummte er wieder, „mufs ich
ihn geöffnet. — Also er lebt noch, der Verschollene!
hier oben dem dreckigen Entenvolk rein Futter geben
Er lebt noch und unser Kontakt, drei Jahre" unterbrochen,
— an mir ist's ja doch hängen geblieben! und dann die
ist wieder hergestelll, — hergestellt so warm und lebendig,
Lampions anordnen für heuteAbend; was meinst du:
wie am letzten Tag. an dem wir durch Taunuswälder
ist a u c h keine Kleinigkeit! In die höchsten Baumwipfel
nach der Bahn wanderten und Träume spannen: wie
heifst's hinaufklettern."
wir in einem selbsterbauten Boot den Orinoko hinauf-
• „Ah bravo!" jubelte Lisa, „da helf ich Ihnen fahren wollten und uns im hintersten Brasilien oder aut
ebenfalls!" den Höhen der Anden zusammen ansiedeln; — — oder
. .^. „Schön," schaltete ich ein, „so verabschiede ich wie in jener Nacht, als er auf dem Gipfel des Altkönig'
."mich inzwischen, denn ich habe jetzt noch «inige die Geige hervorholte und auf einem Steinblock am
Korrekturen zu machen " — Und mit fröhlichem Nicken Feuer stehend, das wir uns entzündet, eine Welt phan-
trat ich ins Freie. — -. • tastischer Klänge in die erstaunten Schlummcrwipfel
. . . . A n der „Pfarre", wie wir das grössCe der der Tannen hinaufsandte, —- — es wirbelt mir im Köpf
drei Bauernhäuser benannten, in denen unsere kleine von tausend herrlichen Momenten und Situationen, in
Kolonie zusammen hauste (dazu hatten wir noch Ger- denen ich ihn einst von immer neuen Reiten kennen
hart's Blockhäuschen erbaut und eine Anzahl Sommer- lernte, und in denen wir uns immer lieber gewannen.
hütten für Gäste), wuchs eine uralte, mächtige Weinrebe Was gab ich mir nicht Mühe seither, die Spur des Ver-
hinauf. Ich hatte immer meine Freude an dem knorrigen lornen wiederaufzufinden und alles vergeblich! Dafs wir
Gewinde, das sich in seinen letzten Ausläufern bereits uns wieder begegnen würden, hier — dort — irgendwo;
bis ans Dach emporslreckte. Hüben wie drüben, um das war mir nie einen Äugenblick zweifelswert gewesen;
. a l l e Fenster her krabbelten und tasteten die blätter- aber jetzt, — — jetzt hab' ich ihn ja wieder! Jetzt' erst
reichen Ranken an der Wand weiter, hier Schlangen, wird der zu uns kommen, der mir immer noch fehlte.
dort gespreizten Fingern und Händen ähnlich und das
im Gedanken an den ich all dies Werk begonnen '<.
Laub funkelle ordentlich in der Julisonne, sobald man
und ein Himmelsraum voll blühender Möglichkeiten,
-.etwas von der Seile herblickte. Ich empfand immer'
. . Zukunftsbilder, entzündet sich mit fiebrischer Schnelle
"ein "Wohlbehagen, wenn ich mir dies alte Haus besah
in meinem Hirn. Es duldet mich nicht länger allein, nicht
• m i t seinem hphen Giebel, seinem schwärzlichen, zur
länger im Gehöfte, ich mufs mein Glück Lisa und den
; Hälfte moosbedeckten Dach, seiner Rebenwand, seinen
Bergen sagen. — — '•?""•-.
grünen Läden und den traulich kleinen Fensterscheiben
— Zuvor aber der Brief: ,. .
dazwischen, — und mit nicht geringem Stolz überkam
- „Mein lieber Karl! . „'
mich's, wenn ich mir dann sagte: die Menschen, die so
Vor drei Tagen sitz' ich in einem Caft und blättre die
•fröhlich und tliatenreich miteinander unter diesen Giebeln
: Journale durch nind da — es war mir wie ein Schlag aufs
hausen, hast d u zusammengeführt, diese Gegend, diesen Hirn, ich zitterte durch alle Glieder — hab' ich auf einmal
Hof hast du mit ihnen -aufgestöbert, — und aus allem Deinen Namen irgendwo drin gesehen! Von der Redaction
Glitzern und Funkeln der Blätter rief mir's dann zu: weiss ich inzwischen Dejne Adresse. Mein lieber, lieber Karl!
„das Gröfste, das Fröhlichste auf der Welt ist's doch. Herrgott, ich zittre fast jetzt noch wenn ich schreibe, vor
Freunden ein Helfer sein, ist's doch Menschen um sich Erregung, dafs es wahr sein-soll — ich hatte kaum noch ge-
y scharen, in denen man sein anderes Ich findet!" hofft, dass wir uns einmal wieder zusammenfinden! wiewohl
— es war ja gewiss, es musste ja sein, und wenn • es auf
. . . Ja und wenn mein Freund Rieland, der stille
dem indischen Ozean gewesen wäre oder mitten in der Prärie
Mensch mit seinen blauen Träumeraugen nocfi lebte!— oder auf den Pariser Boulevards oder irgendwo! Aber dop-
-' wie hatte der gerade die Reben so gern . . . und dort pelt freu' ich mich eigentlich, dafs es wieder im Lande ist.
xdie roten Feuerlilien — er malte sie immer von neuem! W i e d e r — denn ich war einmal fort, war draussen, drü-
— Und dann Richard Faber ganz besonders, wenn ich ben — aber nein, das kann, das darf ich Dir nur mündlich
den endlich in seiner Verschollenheil auftreiben könnte, erzählen! Wir werden uns ja bald sehen, ich komme zu Dir,
• meinen besten, .treuesten Genossen — ach ia, ich habe glaub' mir, — käme am liebsten morgen! . - . ,
72 Der Eigene.
; Womit soll ich anfangen? — Ach ich bin rcichor gcwordon, ein paar prächtiger Menschen drunter gefunden, die freilich
viel reicher die letzten Jahre; an Geld nicht sehr, abor sonst .mehr in der Rcsorvo stehen, — im Dunkel'stöbert sich ja .
an allem, ausser a n . . . nun an dem, was man eben nur als Kind, immer das Schmutzigste und das Goldechteste ,auf.
als Knabe noch, hat — oder soll ichs bei Dir wiederfinden! ? . Aber weisst, ich begreife auch, wie mau hier so werden
Jenes zarte, goldene Gewebe, das ttborm Himmel liegt und muss — in dieser blos in ein grosseres Format gebrachten
Überm Boden und über don Menschen, — über allem, wohin" Kleinstädtcrei par oxcellence! Wie kann man oinen weiten
das Auge trifft, das Öhr hört, die Sinne spüren!?... .Der Elan Sinn behalten, wenn man nichts vor sich sieht, als Mauern,
der Morgennatur, der Schmolz des Glaubens, dio Sonne frischer, Schornsteine, Strasscnsclinmtz und driingolndc Menschen das
unzerstöckelter Hoffnungen und Begierdon!? -*• Die grosse ganze Jahr — nie oinen ruhigen Blick auf Strömfernen thut,
Trauraphnntasie, aus der heraus wir.so gewaltige Dichter oder auf Berghäupter oder sonst auf reine Stätten reiner
worden könnten,- so unmittelbare Weltvorständ ige und "Welt- Naturopfer, wie sie dio Wildnis ihrom scliüchtornen Genius'
weise,' wenn-'—. ja wenn, sie uns eben" mit dem hinzu- bringt!?..— ,.,.-'• >.."• .. " " . ' . ' - . . • . . ' . ' - ' ' . ' " -. 1^ -j - ^. •
kommenden Wissen erhalten bliebe!? . . . ~'":- - ^; ' . ,; ;,-;.^Lieber Karl, sag' mir bald, bald, wo Du bist und was-.
~r'.-.. Ich .'wohne jetzt in einem ganz scheusslichen Fabrikviertel Du treibst! Ich denke mir's so prächtig, wie Du vielleicht
der Reichshanptstadt. Schlote,, nichts als Schlote!. Fünf in einer alten Mühle wohnst und Dich alle Morgen hautnackt
Brüder und ein .nicht sehr entfernter Vetter dieser Spezies unter den Stromfall der Schleuse stellst, wie'Du dann auf
stehen, mir täglich vor der Nase, andre reihen sich per- den Berg rennst und dort eine Morgenepistel an die Sonne
spektivisch, a n — ganz lieblich sag' ich Dir! Sogar das Ster- schreibst; —'.oder, ist gar jemand bei Dir, Jemand Liebos,
ncnplakat, das der liebe Herrgott alle Nacht an den Himmel der sich besonders gut zum stellvertretenden Adressaten
raufnagelt, >— förmlich verschleiert wird's vom Qualm dieser für jenes Gestirn eignet? — Ach ja, andere Gesichter sollt'
Pompejussäulen und vom.Dunst der darumliegenden Men- ich auch einmal, um mich haben, als diese grossstädtisclio-
sehengräberwüste, in: die ich mir oft als einziger Lebendiger, Verallgemeinerung des Seelenspiegels, besonders dessen vom •
hinaus Verstössen scheine. . . ' " - ' < " genüs femininüm! Die Mädels —• hübsch, ei ja; sogar ein :
-./: Was thue ich nur hier? frag' ich mich oft, was will ich bischen „verführerisch" oft, besonders die Atropin-Augen in
blos'.Nichts doch eigentlich', als mich für die Zukunft kon. der Luisenstadt. Sie. frappieren einen, "— nachher aber ist."
servieren; für eine glückschöne, heissverkingtc Zukunft, die; nichts mehr! Es fehlt., ihnen der. weibliche Dämon, fohlt
wir einmal so nah, so ganz nah vor uns glaubten,— Du weiss* ihnen jene Klippe, an der. der Mann scheitert und an die er
noch? Dafür lebo ich weiter, und turne alle Tago, damit ich sich wieder rettet; — wer dran scheitorn k a n n , muss ziem-,
gesund bleibe und erhalte mich so vergnügt, als es eben lieh dünne ^ Schiffswändo haben. Dafür erschreckend viel
möglich-ist. Ich ahne aber, dass ich jetzt doch.an einem Rechnung und.. Spekulation — und zwar nicht blos bei der'.'
wetterwendischen Punkt meines Schicksals angelangt bin; — Demimonde. Man möchte so gern glauben, dass jemand
ich fühlte es schon lange, und dass"ich Dich, wieder gefun-, ganz: mit einem teilen könne, des ganzon Vertrauens, würdig.
; den habe, bestärkt mich götterfest in diesem Glauben.- - Ich sei; und findet es'so schwer, so hässlich immer zu über-
legen: halt, es ist Gefahr drin; hüte dein Herz, es könnte
kann" meine- Umgebung hier wirklich nicht mehr verdauen-'
missbraucht werden! •',.:•• '•'••' -.
Man" hat" nirgends soviel Gelegenheit, sich zu bilden, Mori-
schen, Dingo, Ansichten,' Kunstschatze, Methoden und tau- - " N i c h t als- wollte ich damit ganz Berlin zur Asche,
senderlei andres zugleicherzeit kennen zu lernen, aber was.hilft werfen. Ich ahne, dass viele tausende hier sind, dio schwer
es mir, wenn ich doch blos wie ein pergamentener Schreib- unter dieser gleichen regulären Dressur seufzen, Märtyrer des
zettel, zwischendurchlaufe und notiere < notiere und immer Bluts," die man überall'stehen klsst, weil-sie sich nicht ver-
wieder notiere? Ist das "lebendige Künstlerschaft, quellen- kaufen können, die verkümmern, weil Sie einsam sind, die
' frische, heilige Forschung? Wie Liebe und Zahnweh mischen zugrunde gehen,- weil sich ein Tempo in ihnen regt, neben
sich immer dio Gefühle' in mir, wenn ich diese Mus een' schaue dem alle Omnibusse und elektrischen Strasscnbahnen wie -
mit ihren in catalogum registrierten Götterbildern, diese die Kütschchen in einem Flohzirkus herumgaloppieren!
Monumente und Bauten von Meistern, zwischen Reklame- Karl! Ich habe, oft darüber nachgedacht, was könnten
wähde und Öde, blutrünstige Ziegelmauern gepfercht. Keine sich Menschen, sein, wenn immer dio Rechten- einander
Weit« des Blicks, keine unverdorbene Stimmung, kein voll" kennten und wüssten! Wie manchmal ist' mirs irgendwo
cndetes, gliedorganzes EondoH von Schöpfungen. Üeberall schon bsgegnet," dass junge Knufleute, Postbeamte oder dgl..
eine- sinn- und gedankenlose Aneinanderreihung von Perlen, .eines schönen' Tags ihre Arbeit im Stiche Hessen und von
Nussschalen, Nippeskringelcheri und alten oder neuen Pfen- irgend, einer Hoffnung gelockt mit wenigen Silberstückon im
nigen.-.So etwa wie die „Freundschaftskette" Deiner Schwe- •Beutel auf' ein Abenteurerleben hinauszogen; — das meist
. ster — Du weisst noch, an die wir damals den Manschetten-, freilich: ein bahales oder auch ein sehr klägliches Endo
knöpf und das MiluseSchwünzehen anbammelten! Von dem nahm,. weil . . r . na was brauch' ich .viel vom Weil zu
Soldatischen, der Kommando- und Polizoiatmosphärc garnicht reden! Und wenn man weiss, wie viele Mädchen es ganz
zu reden, die jede Aeusscrung der Lebensbegierde hübsch bestimmt giebt, die gleiches Sehnen und gleiche Entschlossen-
ordnet, zerlegt, tranchiert, portionsweise einlöffelt, oder in heit in sich tragen — —! aber die "haben dank unsrer
gefahrlosen Verdünnungen auf Fläschchcn zieht und etikettiert. • Klosetmoral erst recht oin erbärmliches Loos, wenn die un-
Dann dios ganze Pack der Genicköchc und literarischen bezwinglicho Romantik sie über die Stränge hauen lässt. —
Geistfabrikahten, die mit ihren ewigen Diarrhöen herum- Es Hegt geradezu ein Keim zum Wahnsinnigwerden in der
" laufen, wie ein wandelnd gewordener nasser Sommer, dabei Idee: hier sind hundorto weiblicher Wesen, die alle nach
Männern schmachten, Männern von denen sie schöpfen
einander heruntermachen oder verhimmeln — — ich sago
könnten, weil sie echton Uebcrfluss in der Seele tragen, dort
dir, man hat sich eine ziemlich andere Vorstellung; gemacht
ebensovielö junge Männer von gleicher Sehnsucht vorzehrt
von der „geistigen-Elite" der Nation! Doch hab' ich mir
iDer Eigene. 73

'•'— und zwischen beiden keine Brücke! Schliesslich vergeuden Du wie ..ein Brunnenforecher durch Dein Wesen wanderst
dann beide ihre Liebeskräfte im Gassenverkehr, oder an . und aufjubelst, wenn Dir irgendwo ein. noch unbekannter
bankerotte, marklosc Seelen, die ihre Partnerschaft nie zu Quell aus dem Boden sickert? Oder wenn ein alter Quell
würdigen wissen! — kräftiger zu fiiessen beginnt, oder wenn sich zweie, droie zu
Ich habe mich auch verändert gegen früher, ich bin viel einem Gewässer vereinigt haben? —
ruhiger, gelassener geworden — vielleicht kennst Du mich — Karl, wir profitieren ja von allem, auch vom Mise-
garnicht mehr. Ein Bekannter nannte mich kürzlich scher- rabelsten irgendwie, und es wäre kein Schicksal für uns
zenderweise „den Freund der Kinder und alten Jungfern"; verloren, wenn — wir nicht inzwischen alterten! wenn wir
— Du siehst, wie_ harmlos man mich nimmt! Ich hätte auch nicht unsre Jugend, unsre Lebensweile dran verbrauchten!
wahrlich mehr erreichen können hier, wenn ich noch so das Warten hätf ich ja gelernt; wenn ich nur wüsste, endlich
Gebot in mir fühlte wie früher, hervorzutreten, wenn ich kommt's doch und — ich bin dann noch so empfänglich
nicht viel zu gleichmütig und skeptisch in die Welt gucken dafür, noch so antwortsfähig wie .heute, und vor mir liegt
gelernt hätte. Ich vermöchte heute kaum jemanden zu be- die Ewigkeit Aber die Natur ist knauserig und rechnet
geistern, weil mir selber das Unbezwingliche fehlt, das was mit ihren Minuten. Jede, bedeutet ein Schicksal, ein höchstes,
zieht und treibt und nicht loslässt. Du siehst, ich habe und die Surrogate, die wir dafür hinnehmen, werden uns nie
eine elementare Kur nötig, — weisst Du mir nicht eine fürs Echtere umgetauscht. — Kannst mirs nachdenken?
Anstalt zu empfehlen? Bedingung: keine Fabrikesse.auf zehn Der Augenblick ist eine Unendlichkeit in seiner Tiefe, wir
Meilen, und auch keine hygieinischen Apparate, dafür grosser aber tauchen nur. ganz seicht in ihn ein, — meerabgrund-
Keichtum an jenen komfortabeln Einrichtungen, die unser weit einmal in seltenem Zufall! Karl, handeln wir, setzen
Herrgott am dritten Schöpfungstage extra zum Zweck von wir alles dran, ins Volle, Tiefrollende zu gelangen, eh zuviel
Sonnen*, Luft- und Fichtennadelbädern erfunden hat. Jugend den Berg hinunter ist! Später resigniert, man auch
' Ja, Herzensmensch, lieber Karl! wir müssten einen Ort zu leicht, — ich fühle oft jetzt schon die bedrohlichsten
erfinden, wo wir Selbstherren sind,— Kameraden von Fels Anwandlungen von Zufriedenheit in mir und von Stumpfsinn
und Baum und zugleich Genossen kecker., tiefinnerlicher gegenüber meiner Verwesung. . ..-,•;•.'
Menschenwesen, einen Ort, an dem nicht immer die Polizei — Aber Teufel! — Ich habe Dir nun soviel geschrieben
wie ein Damoklesschwert auf die Fröhlichen niederhängt, und immer blos von mir! Bitte vergilt es nun mit noch
eine Empfängnis- und Geburtsstätte riesiger "Willensgüter viel mehr Nachrichten und Bekenntnissen von Dir — Du
und Gedankenmächte, kurz so was wie wir schon seit einem ahnst nicht, wie ich bis dahin die Stunden zähle. Ich weiss
Jahrzehnte davon geträumt haben.— besinne Dich', kann ja garniehts mehr, garnichts, was Du thust und was aus
man das nicht zuwege bringen? — Qder hast Du es amonde Dir geworden ist. Meine Geige lebt auch noch; ist mein
schon?? . ,\. . .._ :. : Juwel, dio mir über viel trübe Stunden hinüberhalf und noch
" Mein lieber Karl! eins freut mich, was mir'bezeugt, helfen wird. — Ich juble heut, %und glaube doch noch gar-
dass ich noch nicht ganz Pergament geworden bin: ich nicht an mein Glück; frage mich schon, in wieviel Trauer-
wachse noch, fühle noch Stufen in mir, die ich überklettert, tagen ich sie wieder büssen werde diese Freude. . - '
habe, oder über die ich. oben klettere. Mich immer wieder Ich brauche Dir keinen Gruss zu schreiben; nimm jedes
in mir überwinden —•> verachten, und mich immer wieder Wort als einen Herzensgruss der Freundschaft, die Dich
von neuen-Seiten in mir liebgewinnen — es ist der beste hoffentlich noch wie einst verbindet mit Deinem alten
Genuss, den ich'bei meinem Umhersegeln in der "Welt schöpfe, Richard."
der einzige tiefere Genuss, den es für einen Menschen unseres (Schluss in nächster Nummer.)
Schlags überhaupt geben kann! Geht'es Dir auch so, dass Karl Merz.

eX® Vom Paft.1 (&zo


Mit dem Haupt, dem hörnerleeren hoffte die oft betrogene "Welt der Kunstfreunde, endlich
Nickt den Text der preise Pan. , ein Pantheon zu besitzen, in dem in Wahrheit .alles
— Langsam kommt die Zeit heran,
göttlich" sei, d.~ h. in dem nichts zur Geltung kommen
" Da die Götter sich beschweren!**)
dürfe, als K u n s t ; die Kunst, in ihren mannigfach-
Als Ende vorigen Jahres unter Aufwand sehr sten Ausdrucksweisen nach Technik und Individualität,
beträchtlicher Summen der Pan gegründet wurde,' da immer aber nur in hervorragenden und kennzeichnenden
Leistungen. Heute erklingt eine Stimme nach der andern,
: *) Siehe die Anmerkung am Schlüsse dieses Aufsatzes!
die, sei es schadenfroh spottet, sei es grollend mifsmutig.
**) Ein im Zusammenhang mit der Kunstzeitschrift Pan öfters
genMinter Bicrbaum'scher Vers lautet: sich zurückzieht, oder aus irgend einer Ferne ihr scharfes
Mit dem Haupt, dem hörnerschweren, Wort des Tadels herüberschleudert. Natürlich, wie es
. Nickt den Takt der grosse Pan: ja nicht anders gehen durfte: der Geldsack, dem man
„Langsam kommt die Zeit heran,
Da die Götter wiederkehren". erst hofierte, ist übermächtig geworden und der alte
74 Öer Eigene.
Pan hat so etwa die Mienen eines begabten, strebsamen Gründung und Leitung einer solchen Publikation, die
und nach oben wohlgesehenen Akademieprofessors an- ja in ihrer Idee zweifellos vom höchsten Werte und
genommen. Erst sprang er noch etwas toll, da gab es ein seit langem und immer wieder gefühltes Bedürfnis
Rippenstösse, nun wird er immer. salonfähiger und ist —: die deutsche Kunst der Gegenwart in technisch
sterblicher; g a n z unsterblich ist er überhaupt nie gewesen. vollendetster Wiedergabe, ohne Rücksicht auf Personen
Um was es dabei schade ist: — natürlich um die oder Richtungen, noch endlich auf den Geldbeutel!
aufgewandten Banknoten! denn es hätte sich was recht „Alle schaffensstarken Kunstrichtungen der Gegenwait
Bedeutendes und Bleibendes mit ihnen ins Dasein rufen sollen vertreten sein", hiefs es im Prospekte.
lassen; 'wird aber leider für ein Weilchen mit herum Auf was wir immer wieder hinauskommen werden
sein, dafs man wieder eine ähnliche Summe für künst- ist, dafs ein gewähltes Konsortium von Fachverständigen
lerische Zwecke flüssig macht! in Sachen des Geschmackes nichts taugt; das Für und
Der zweite Jahrgang wurde in etwas erzwungener Wider, das hier auftaucht, mufs sich unbedingt im
Weise so geplant, dafs jedes- seiner vier Hefte einer Kopfe eines einzigen, unbefangenen Kenners ausfechten!
besondern Zentrale des, deutschen Kunstlebens gewidmet Ist ein solcher von den erforderlichen Qualitäten nicht
sein sollte, vorläufig:, Berlin, Hamburg, Dresden und zu finden, so nützen alle grofsen Mittel und nützen alle
München. Hat schon diese Anordnung viel Schulmeister- Finessen der Reproduktion nichts: das Mittelgute wird
liches an sich, so verspricht das erschienene erste der die Oberhand gewinnen, weil es im Kreise der Richter
vier Hefte für seine Nachfolger doppelt was an Staub auf den wenigsten Widersland stufst. Aufserdem liegt
und Monotonie! Es enthält Gediegenes, gewifs; aber die Gefahr der Protektion und namentlich des Einflusses
die blofse Gediegenheit macht weder ein Kunstwerk der Geldmacht drei bis zehnmal so nahe, als bei der
aus, noch vollends haucht sie ihm ein blutfrisches, Leitung nur eines einzigen, unabhängig gesinnten Mannes.
nervöses Leben ein. Sehr vieles aber ist nicht einmal Selbst eine gewifse Geschmacksvorliebe dieses einen
gediegen. Die Bilder stehen im Durchschnitt über dem Leiters ist nicht halb so schädlich als diese Schäden es
literarischen Teil "und standen es von Anfang an, aber sind. Steht ihm ein Kreis ratender Freunde zur Seite,
auch .vor ihnen fragt man sich ein manchesmal: wie' um so besser! Aber man kann ihm den nicht zudiktieren.
kommt das gerade zum Pan? Oder wollte der Pan nur Das führt nun gleich auf eine weitere Erwägung:
beachtenswerte, redliche Sachen, sowie einige.durch ihre ich glaube, dafs es von vornherein ein unrichtiger Weg
Flotlheit interessante- Studien bringen, wollte er nicht ist, wenn man sich eines schönen Tags bei einer schönen
eine Kunstwarte e r s t e n Ranges sein, in der blos zum Idee ertappt und nun Geld sammelt im Gedanken: die
Worte gelangt, was wirklich Keime einer eminenten Männer sie durchzuführen werden sich schon finden!
Kronenbildung in sich schliesst? Ein Hauptfehler des Umgekehrt: hier sind die vorhandenen menschlichen
Pan, wie er. sich jetzt präsentiert, ist seine Neigung, Fähigkeiten das durchaus Primäre, in ihrer Richtung
statt K u n s t K ü n s t g e s c h i c h t e , K u n s t p h i l o s o p h i e , hat der Reichtum seine Gleise zu legen, sonst führen .
K u n s t b e t r a c h t u n g e n zu bieten; im künstlerischen Teil sie ins Nebulose. Ein Einfall, an sich noch so gut und
aber — zumal in der Dichtung — das Markante, die noch so Bedürfnis ist für die Allgemeinheit nichts, ohne
sich aufbäumende Keckheit und Jugendlichkeit gegen- die Kraft, die ihn trägt und die ihn zu gestalten ver-
über braven Leistungen von nicht zu beanstandender. steht. Erste Frage demnach: mit welchen tüchtigen
Durchschnittsgüte zu vernachlässigen. Otto Julius Bier- Kräften ist zu rechnen? Diese Frage leitet darauf hinaus,
baum, der anfänglich in der Redaktion safs, hatte darin dem Werk ein ganz i n d i v i d u e l l e s (individuell dabei
noch den besseren Merks, nur verirrte er sich wieder ja nicht e n g genommen!) Gepräge zu verleihen; denn
allzugern ins Burleske, in Bierbaumeleien und Purzel- jede Idee, von der Person abgelöst,, erhält stante pede
baumereien. ,. . eine demokratisierende Tendenz, die, wenn irgendwo,
— — Nun freilich: tadeln ist bequem und ich will so in Sachen der- Kunst vom Üebel ist. W a s . man will,
auch gerne zugeben, dafs ich insofern vielleicht übers ist doch allgemein: der Kunst emporhelfen. Man ver-
Ziel hinausschiefse, als der. Pan in der von ihm reprä- steife sich also nicht darauf, gerade einen P a n zu,
sentierten Gesamtleistung immerhin ein stattliches Stück gründen, um ihm nach der Gründung erst seine Leiter
Geistesarbeit und eine grofse Summe von Geschmack, zu wählen, sondern, man knüpfe dort an, w o s i c h
ja einigemal auch genialer Anschauung (von den oft K r ä f t e r e g e n , die weitherzigsten, gestaltungsdurstigsten
brillanten Darbietungen der Reproduktion ganz abge- und feinstempfindsamen Kräfte. Ihnen vertraue man an
sehen) zweifellos in die Welt gegeben hat. Aber d a s zu schaffen was • sie eben als ihr bestes in solcher Art
Aufserordentliche ist er sicher nicht geworden, das er zu schaffen vermögen. Oder wenn man selber als Kraft
zu werden versprach und — aufgrund der Mittel mit in Rechnung kommt, so gehe man ja keine er-,
wenigstens — auch hätte werden können! künstelten, vom Geld oder von Majoritäten bestimmten
Einem Einzelnen die Schuld aufzubürden dürfte Assoziationen ein, sondern man gliedere-sich Leute £h,
schwer fallen; ich kenne auch die Leiter zu wenig. die einem zur persönlichen Hilfe und Ergänzung werden,
Aber es verlohnt sich vielleicht, eine kleine Betrachtung ohne dafs man seinen Geschmack dem ihrigen preiszu-
anzustellen über die wesentlichsten Vorbedingungen für geben braucht. W a s ein solches Bündnis zuwege bringt,
Der Eigene. 75

vird doch immer etwas Ganzes, etwas Neues und Be- künstlerischer Pan-Versuche! Heute sinds schier nur
stimmtes sein, während künstliche Korporationen fast Namen von öfters und oft gehörtem Silbenfall, denen
immer an vager Mittelmäfsigkeit kranken. In der wir im Pan begegnen; Entdeckungen hat er noch herz-
Pan-Manier verderbt man blos auf lang hinaus den lich wenige gemacht — zumal nicht in seinem literarischen
Gusto an ähnlichen Versuchen! Teil. Und wenn nur der Name jedesmal für ein Mindest-
. Und dann noch eins, ein Wichtiges: wie es scheint, niveau von etwas achtbarer Höhe garantierte! Aber von
ha"t die Pan-Redaktion ruhig die Künstler an sich heran- Schriftstellern, die schon so Tüchtiges wie die beiden
kommen lassen und ihnen von der feilgebotenen Ware Hart, wie Flaischlen, Holz, Hartleben u. a. hinter sich
" abgenommen, was sie für tauglich hielt. Das war ein haben, hätte man sich gerade hier wohl ein bischen
grundsätzlicher Fehler. Der Künstler ist durchaus nicht mehr Ueberraschung mit Bedeutendem versprechen
immer befähigt, die Gütr seiner Leistungen treffend dürfen! — Am fraglosesten ist der Pan wohl in den
abzuwägen, oder zu bemessen was für eine derartige Vignette bestanden; da haben wir so einige Kerls von
Sammlung taugt. Äüfserdem sind unzählige gerade der ganzem Schlag: die Sattler, die Thoma, die Eckmann,
tüchtigsten und eigenartigsten Kräfte entweder mit dem Fidus, L. v. Hofmann, Leistikow und andere, deren
Pan nicht bekannt, oder sie riskieren aus irgend einem Zierleisten wirklich erbauen. — Der alte Fontane (mit
Grund, keine Zusendung. Was steckt nicht alles in zwei Gedichten) und sein Porträt (von Liebermann) thun
Deutschlands Ecken und Winkeln von echter, grofser redlich wohl. Menzel ist in einem Aufsatze von
Hildnerseele, von keckem Wurf und frischem Blüten- H. v. Tschudi treffend nach den Grenzen seines künst-
•tiiebe! Die gilt es aufzufinden, — nicht zuerst die lerischen Könnens bewertet — ins Ueberschwengliche
Koryphäen des Tags, nicht die schon Gemachten und der Menzelapotheosen hinein ein erfreulich besonnener
Bekannten, das überlasse man Journalen, die genötigt Klang. Dehmel in seinen Poesien ist und bleibt, bei
sind mit Namen zu glänzen! R e i s e n u n d s u c h e n aller nichtzu leugnenden Kraft, ein Stimmungen-Klauber.
wäre die Aufgabe eines Pan-Redakteurs, den Malern Von Malern oder Zeichnern sind Skarbina, Hofmann,
in ihre Ateliers wandern, ihre Mappen durchblättern, Menzel, Sattler, Zorn, Cornelia Paczka und einige andere
sich von den Dichtern im ganz ungestörten Beisammen- wertvoll vertreten. Doch ich will mich heute nicht
sein lesen lassen, was ihre geheimen Fächer bergen, weiter mit Einzelheiten des Inhalts befassen. — —
— kurz lüsterne, leckrichte Auswahl halten und die Um nun zur Moral zu kommen: Ohne die ganz
eroberte Beute zuhaus einer nochmaligen energischen aufsergewöhnlich befähigte Oberleitung eines Einzelnen
Sichtung unterwerfen. Ist dann von' ebenbürtigem glaube ich, -dafs alles Odium, der grofsen Kunstaus-
Material genügend viel gewonnen, um ein Heft — nicht stellungen auch den Pan treffen. mufs. und dafs das
nur zu füllen, sondern abermals mit prickelndstem Ge- Interesse der Künstlerwelt sich besser Sonderpublikationen
schmack architektonisch aufzubauen, — gut, so läfst von einheitlichem Geschmack zuwendet, die aus dem
mans erscheinen. Eine ganz genaue Zeit und auch Kreis einer innerlich verbundenen und in sich ver-
einen ganz genauen Umfang festzusetzen halte ich für wurzelten Eliteschar stammen. Die Elfer etwa, wenn
recht überflüssige Beschränkung. Beides hat viele Mit- sie nicht so per Zufall zusammengewürfelt wären, oder
schuld an der Mittelmäfsigkeit unserer Journale.- Ein der Simplizissimus, wenn er seinem ästhetischen Gehalt
Schalk giebt mehr als er hat, — oder giebt auch, bevor nach fragloser dastände, könnten uns einen Fingerzeig
er genug an Genügendem, hat! ' " v geben. '
. . . Dies so in meinem Kopf die Grundlinien Hans Volker.

A n m e r k u n g . Ich gebe, zugleich dem Wunsche des Autors blicklich nicht viel an schöpferischer Potenz beherbergt, — wiewohl
. folgend, diesen Aufsatz ä n d e r u n g s l o s wieder, trotzdem (durch die sich selbst dort wie ich glaube tiefere Leistungen hätten auf-
• lange Verzögerung im Erscheinen des Eigenen) bereits fünf Monate treiben lassen!
seit seiner Niederschrift verflossen sind und sich die Dinge insofern Etwas Akademisches, etwas. Unaktuelles (auch im Ewigkeits-
etwas verschoben haben, als inzwischen zwei weitere Hefte des.„Pan" sinne!), etwas vom schönen Bilderbuch ist der Pan aber auch seither
- herausgekommen sind, vor denen Volker selbst sein ohnedies (und auch im plastischen Teil) nicht los geworden: das bringt eben
polemisch gefasstes Urteil noch mehr b e d i n g e n möchte. — Er die scholastische Art seines Zustandekommens mit sich! —
schrieb mir in dieser Angelegenheit u. a.: Mein Aufsatz ist so in einem FIuss niedergeschrieben und ich
.Ich weiss, dass die letzten Hefte — Heft 2 auch im literarischen halte ihn in seinem wesentlichen Ideengang und seinen Schlussfolge-
Teil — besser sind* und dass ich vielleicht der k ü n s t l e r i s c h e n rungen so durchaus aufrecht, dass es mir leid wäre, ihn nochmal*
Redaktion in einem Punkt sowieso Unrecht gethan habe : s i e nemlich umorgeln zu müssen. Vielleicht gebeq Sie ihm eine erklärende Notiz
scheint etlichemal, auf die Suche gegangen zu s e i n , und hat neuer- bei, das wird, denke ich, genügen." •
dings (im Mttnchener Heft) sogar Brillantes für uns entdeckt: Ich glaube Volkers Wunsch mit Zitierung dieser Briefstelle selbst
— Bei Heft 1 mag ja noch der fatale Umstand eingerechnet am besten erfüllt zu haben.
werden, dass es gerade B e r l i n gewidmet war und dass Berlin augen- Vor Herausgeber.
'.'•; 76 Der E i g e n e .

CDX® Bahnfahrt. @X9


± II.
(es Abends Schatten schleichen auf den See W i r fuhren wieder auf den See hinaus
Und folgen lauschend unserm kleinen K&hn, Und wieder sah der JVIond so bleich und gross,
Die Triefen blicken stumm und rätselvoll — Und wieder spielt* Im Rohr der Abendwind.
Die Sterne aber sinnen In die flacht. . .
Leicht glitt der Nachen auf den Wassef" hin,'
. Dort durch den Uferwald kommt still der Mond, Sie sass am Steuer und loh fuhr den Kahn,
Im Kiefernhaar blinkt bleich sein mattes Gold — Du lagst zu ihren Füssen w i e ein K'nd.
Und aus dem Schilfe steigert Nebel auf —
Sie sang und sprach von Ihrer K'hderzelt,
Die Sterne aber sinnen in die Nacht. . .
Du lausehtest still und thatst mit Worten schön
Und Deine Stimme klang so weich und lind.
Die Wasser glänzen und die Tiefe bebt,
DU siehst mich gross und bang und fragend an • An meiner'Seite aber sass der Tod
Und meine pulse pochen sehnsuchtstoll — Und zeigte stumm mir mein verblutend Herz
,. Die Sterne aber sinnen in die Nacht. . . Und meine Ruder jagten pfeilgeschwind. —

Die Wellen schmeicheln leise um das Boot, W'r stiegen aus und ihr gingt dann allein
Die fluten träumen und die Ruder ruhn, - . .,. Und als mein Herz verblutet w a r im Wald,
Der Wind nur zieht uns schweigend atromhlnab - Sang in den Blättern noch, der Abendwind. —
' Adolf Brand.
Die Sterne aber sinnen In die Nacht. —
.T-

Zwanglose Randglosseti a u s dem philosophischen


Liegesessel.
H. rettete Ego sofort wieder in einen neuen Mischmasch
•"•- ., "Während Schopenhauer und Spir die Vielheit und von Definition < und praktischer Zuspitzung; diese ver-
Verschiedenheit der Dinge, d. h. die Technik der Er- wirrende Unsicherheit zieht sich durch den ganzen Mei-
scheinung als eine abnorme Aeufserung der Allsubstanz ster hin und nimmt bei den nachbetenden Trabanten
zu denunzieren lieben, um die letztere gegen ihre Pro- unheimliche Dimensionen an! Stirner und seine Leute be- .
zesse auszuspielen, und entweder aus. dem dualistischen gnügen.sich nicht damit, dem Satze: „Alles ist Egoismus"
Zwiespalte ins Nirwana weisen, oder die uniforme Lösung die einfache Deutung einer philosophischen Binsenwahr-
als die einzig wahre Lebensäufserung der "Weltein- heit zu geben, etwa nach dem. Analogon: „Alles ist
heit proklamieren, macht es der Antipode Stirner notwendig', —. wie ja auch Hegel einmal sagt: „Alles ist
gerade umgekehrt: er entnimmt dem Vielen und Ver- vernünftig* —! Nein, die simple Definition wird zum
schiedenen seinen immanenten Zusammenhalt und plura- Ausgang einer dialektischen Taschensjftelerei und lautet
lisiert genau so auf psychologischem Gebiete, wie es der plötzlich in den übertölpelten Köpfen: Alles ist im unbe-
Materialismus im physiologischen Revier thut. dingten Rechte, das Ego schlechtweg Selbstzweck! Statt
aber diese liberale Entfesselung „Aller gegen Alle" un-
15. zweideutig festzuhalten, kommt noch eine weitere Über-
"••'-. Stirners geniales Verdienst bleibt, das Ego aus dem raschung hinzu:* der Stirnerianismus schränkt sofort'
pantheistischen Allnebel herausgeholl zu haben, — ohne die neutrale Rolle wieder ein, indem er propagandistisch
freilich die wahre Souveränität des Ego erkannt zu auftritt und hinzusetzt: werdet Egoisten!— d. h. wer-
haben. Er rückt vielmehr dieses auf die Bildfläche ge- det nur solche Egoisten, wie sie das alleinseligmachende
r? ——r-r
'tfttL-r; Sv±r^r^£'-i'< -;

Der Eigene. 77

Lehrbuch Dr. Kaspar Schmidts lehrt! — Wir sagen Nietzsches Ausspruch setzen muss: „Sobald jemand mit
auch: Jeder hat Recht — aber eben nur bedingt: be- mir übereinstimmt, fühle ich mich gleich im Unrecht!"
dingt von der eigenen besseren Qualität, d. h. Identität, IS.
die ihren Ausdruck in den sozialen Radien findet, be- Selbst Böcklins Land- und Meergeburten haben es
dingt durch die aus dem einheitlichen Zusammenhang den im Phantasiehandwerk nachpfuschenden Böcklinianern
sich ergebende Wertskala; auf dieser monistischen Wert- nicht so boshaft angethan, als es der Uebermensch jen-"
leiter ist aber nicht der primitive Egoismus der Ueber- seits von Gut und Böse den Zarathustraknappen anthat!
legene, sondern der ideale Egoismus! Also einerseits Was Nietzsche mit seinem Jenseits der Wertunterschei-
liebt Stirner als blofser Theoretiker die Wertdifferenz dung sagen wollte oder konnte, war nur ein Jenseits be-
auf —• den V e r g l e i c h , (denn der Vergleich setzt im- dingter Natur! Jenseits von Gut und Böse im unbeding-
mer das. Gleiche im Verschiedenen voraus!) — und giebl ten Sinn ist Unsinn! Es werden immer wieder Momente
Jedem ein vergleichungsloses Ichrecht, ein willkürliches auftreten, die sich auch für den reifsten Geist als wei-
Ausleberecht; und andrerseits schiebt er sofort den Rie- teres Entwicklungsmilieu darstellen, als „Gut und Böse" 1.
gel wieder vor: differenziert', aber zu Gunsten der Ueber die Differenzierung ü b e r h a u p t kommt auch der
Primitivwerte! — Diese Verworrenheit setzt sich auch in überüberste Mensch nicht hinaus! W i r können nur immer
Nietzsche fort. Zwar neigt Nietzsche zur Bevor- jenseits rückständiger Ordnungen kommen: jenseits dessen
zugung der idealen" Egotreffer, — setzt über den paro- kommen, was vor uns liegt, hiefse die polare Spannung
distischen Spafs und die Spiegelfechterei Stirners den in ihrem ganzen technischen Prinzip aufheben und den
hochaufragenden Übermenschen, aber in der Hauptsache Indifferentismus predigen. Man sieht, wie Nietzsche
beireit auch er sich nicht von den philosophischen Schwä- trotz seines ausgeprägten Unterscheidungstriebs ins La- •
chen Stirners,' also namentlich nicht von dessen Einheits- ger derer gerät, die thatsächlich alle Wertunterschiedc
losigkeit! Mit Recht wirft die Dühringschule Nietzsche • aufheben. Nietzsche stellt seinen Uebermenschen als
den Mangel an umspannenden Begriffen vor: namentlich Mehrwert über die Herdenwerte, nicht etwa als ein zu-
die Preisgabe d e r . monistischen Idee; jener gröfsten fälliges Stellungsprodukt aus mechanischen Häufungen,
Errungenschaft, der Giordano Bruno und andere Pioniere sondern als dynamischen-Faktor —: und im selben Atem
ihr Herzblut geopfert haben.*) leugnet er die Seinseinheit, und vervielheitlicht den Ge-
schichtsprozess ganz im pluralistischen Fahrwasser! Er
. " .."•. • '•":•. -. . 1 6 . -. giebt dem Uebermenschentum alle Attribute des Unbe-
Nietzsches Uebermensch ist trotz aller Verleugnung dingten, macht es zu zusammenhanglosem Selbstzweck,
nichts anderes als das unter dem alten Königsberger — ohne zu merken, dafs er damit nur den ab-
Titel über Bord geworfene und in neuem Kursformat soluten Widerspruch verherrlicht! Immer wieder wird
wieder aufgefischte -„Ding an sich". Jenseits aller Dif- der Uebermensch, nach vorwärts gesehen, neue Unter- -
. ferenzierung, im reinsten Phäakennimbus strahlt eben das Scheidungen aus sich heraus nehmen und neueSleigerungs-
alte »An sich"der Dinge! Nietzsche liefs freilich den Ein- staffeln gewahr werden: das Ego der Menschheit wird
heitsbegriff fallen, um nicht blos einen, sondern viele also in Jedem als ein immer wieder bedingtes und im
Ueberrhenschen in Sicherheit zu bringen, womit er statt Gesamtprozess seinen Selbstzweck feststellendes Ego sein.
des einen .Dinges an sich" eben viele „Dinger an sich" Aber in dieser Bedingtheit wechselt allerdings die Qua-
erhält, sich darin mit Stirner berührt und denselben Plu- lität in aufwärtssteigenden Vertiefungen, so dafs der Begriff
ralismus vertritt, den er an den Materialisten als ato- des Idealen als des Ueberlegenen, also das vornehme
mistische Erklärungstölpelei so heftig verspottet. Nietzsche Uebermenschentum in sozialem Umfange in den Vorder- )
setzt neben deren m a t e r i e l l e Absolutheilen die p s y - grund tritt.
chischen! r ' ' 19.
\ " W ', ' • Stirner und Nietzsche sind keine zusammenfassen-
Die Aufhebung der Wertdifferenzierung ist ein be- den Gröfsen, es sind E r r e g e r . Aber geistvolle Er-
liebtes Kunststück aller Stirnerianer und Nietzscheaner reger erzeugen auch geistschwere Ge"genstöfse! Nietzsches
geworden. Phrasen wie: „Altes ist Recht, alles ist anhaltendes Unwerten hat etwas Athletisches an sich:
Wahrheit," oder „Nichts ist Wahrheit",' die dem Bour- nur wer auf die stärkste Frage das Gegenwort findet;
geois recht graulich ins Gesicht springen, bilden jetzt das hat sich selbst im flüssigen Besitz! Die Natur produziert
Orgelrepertoir der „Vorurteilslosesten" und „ Ganzeman- keine Negation ohne eine darin latent liegende Position:
zipierten u . Es giebt nichts hochkomischeres, als die sie entläfst kein Moment aus dem grandiosen Zusammen-
Stirner-Nietzsche-Schule, zu der man immer zugleich klang, der, von der obersten Spekulationsinstanz aus ge-
sehen, eben das ins Unendliche gerückte Vollkommenheits-
ideal ist. —" Nietzsches fieberhaftes Umwerten .hat aber
•) So manches dialektische SoJrcestöclc Hegels scheint auf Stimer
auch seine Tragik darin, dafs er krampfhaft jene Diffe-
nicht cindruckslos geblieben zu sein, wenigstens entnahm er Hegeln eben
das, was denselben am wenigsten solid erscheinen läfst, neiiilich dessen renzierungslosigkeit anstrebt, welche eben nur als eine
akrobatische Kunstgriffe in methodischer Beziehung, worin es Stimer stets durch Gleichnisformen wirkende Darstellung, nie
zu einem bewundernswerten Debüt brachte. als reines „An sich" für uns in Betracht kommt.
78 Der Eigene.-

20. freilich nur deshalb, weil sie (ohne es zu wissen) nur


Das Unbedingte als direkte Versinnlichung im Sinne eine materialistische I n k o n s e q u e n z , nemlich den
Nietzsche's genommen, ist nichts anderes, als die von Glauben an ein einheitliches .Wesen* — die Materie —
vielen Anarchisten nachgebetete Willkür mit dem Motto: bekämpfen! Im Grunde haben sich die Anarchisten
Apres nous le deluge! Nietzsches Sehnsucht nach dem vom Koloi it Stirners und Bakunins und die Materialisten
Unbedingten kennzeichnet ihn als eine trotz aller Ab- folgerichtigen Schlags nichts vorzuwerfen. Ebenso lächer-
leugnung und Fehlmündung metaphysische Natur. Hätte lich ist die anarchistische Phrase von der „Gewaltlosig-
er 'das Unbedingte in seiner paradoxen Darstellung ge- keif'J Der -Haupttrumpf aller jener pluralistischen
sucht und als normgebende Enlwicklungsperspeklive Anarchisten aus dem Stirner-Nietzschetum ist die Auf-
festgehalten, statt aus ihm eine Vielheit von Substanzen hebung der Differenzierung, d. h. die Ordnungslosigkeit
zu fabrizieren, die weiter nichts als gute Nachbarn der schlechtweg und der Kampf Aller gegen Alle (statt
Atomisten sind, so wäre ihm auch der soziale Gedanke Kampf Aller in Allen!) also damit die A u f h e b u n g
als ein innerweltlicher und inner-ichlicher aufgegangen der Gewalllosigkeit! Wo die Dinge nicht durch sich
und Zarathustra hätte thatsächlich statt blofser Geistes- selbst, sondern durch'unbedingte Aufsenkonstellationen
gymnastiker die Kommenden angekündigt. verändert werden, da wird nicht überzeugt, sondern
vergewaltigt. Der Pluralismus in anarchistischer Praxis
'.'..• ' 21.' ist die folgerichtige Vergewaltigung!!
Es wird uns als erklecklicher Fortschritt vorgetutet,
was Stirner, Feuerbach, Heinzen und andere Jung- und 23.
Gegenhegelianer „ über_ Hegel hinaus" entdeckten. Ich Der anarchistische Gedanke wird sich von der ver-
finde aber in all diesen so gepriesenen Rettern der materialisierten Sozialdemokratie nur, dann unzweideutig
simplen Denkkraft und Sprachdeutlichkeit nicht allzuviel trennen, wenn er über die fragmentarischen Ansätze in
mehr, als entschiedene Rückgänge in wesentlichen Po. Stirner-Nietzsche hinausgreift, diesen letzten Autoritäts-
sitionen: das'mächtige Umspannungsbedürfnis Hegels dusel überwindet und das platte Spezialistentum ' den
macht in diesen Nachkommenden einem Spezialistentum Sozialdemokraten überläfst. Einzig die monistische Basis
Platz, dessen oft bis zur banalen Binsenrichtigkeit ge- wird dem Individualleben die vornehme und sichere
lotstes Detailtreiben die nachfolgende Verseichtung des Richtung in Blüte und Frucht geben! Der einheitsvollc
Spekulativen einleitete. Man sehe sich nur den von He- Individualismus deckt sich aber mit-der W i e d e r e r -
gel so ungleich tiefsinniger gefassten und in diesem Sinn w e c k u n g d e r S y m b o l f r a g e . Die symbolische Welt-
nicht bestrittenen Satz Feuerbachs an: „Nicht Gott macht anschauung ist eben jene Weltlehre, welche die Genesis
den Menschen, der Mensch macht Gott." — Die in einen der Dinge in der Beleuchtung des in unendlicher Ent-
Doppelvorgang gerückte Bedeutung dieses Satzes bei hüllungsskala Zusammenhängenden betrachtet und alle -
.Hegel vereinfacht Feuerbach zu einem pluralistischen Relativität der Dinge in immer sich ablösenden Neu-
Aneinander von Gottesvorstellungen, deren symbolische ordnungen verstehen lernt. Der Weltprozefs ist eine
Bindung ihm völlig verloren geht. Die Gleichnisform permanente Steigerung der Gleichnisse, ist trotz aller
ist eben nichts anderes, als das in die Erscheinung in Unterbrechungen und gerade mit allen Unterbrechungen
immer intimeren Darstellungen tretende U n b e d i n g t e , , . die unzerstückelbare Repräsentation des Unbedingten
ist d e s s e n S e l b s t e n t h ü l l u n g ! Diesen Ganzbegriff, den und Vollkommenen. Wenn diese Lehre Mystik genannt
Hegel als den metaphysischen Resonanzboden konsequent werden soll, so bin ich Mystiker! Und ich greife den
festhielt, diese Totalität, aus der heraus das Bauen von Namen Mystiker gerne auf, erstens weil ich Perspektiven
oben herab sich ergiebt, hat die nachhegelische Gene- liebe und weil ich mich fernerhin mit d i e s e r Mystik
ration leichten. Herzens über Bord geworfen und damit in^ bester Gesellschaft weifs. Es giebt auch eigentlich
der' materialistischen „Naturwissenschaft-' einerseits und nur- zwei grofse Richtungen, "die Goethe schon treffend
einem rationalistischen Freidenkertum andrerseits die Ein- auseinanderlegte: R a t i o n a l i s t e n (bezw. Formalisten)
leitung geschrieben. und M y s t i k e r . Rembrandt der Farbenmystiker und
Dürer, der Mystiker des Stifts, wie er in seinen Vignetten
'•'•'. • 22.
und seinem Ornamentalsirich auftritt, Beethoven und
Es ist freilich eine lächerliche Anmafsung der Goethe, Emmerson und Dante, Schelling und Schopen-
Materialisten gewesen, sich als die Träger der monistischen hauer u. s. w. auf dem e i n e n Pol, — Namen wie
Weltanschauung auszuspielen, indem die „Materie" als Lessing, Nikolai, der trockene Denker und Pädagog
Lückenbüfser für den alten Einheiisgedanken der Philo- Herbart, der grofse Hypothesenfeind Virchow, der Musik-
mathematiker Brahms, der Typus heutiger Comtoir-
sophen den .Stoffgläubigen plausibel gemacht wurde.
demokraten Eugen Richter, ferner Du Bois-Reymond.
Man getraute sich nicht, mit der handgreiflichen Auf-
der Maler Liebermann u. s. w. auf dem andern. Man
fassung des Atoms Ernst zu machen und schuf einen
fasse nur aber ja nicht das Wort „Mystik" in einem
neuen Köhlerglauben, den Glauben an die Materie. Seit
spezialisierten Sinne, als blos okkultistische Fachkurve!
Nietzsche haben nun auch viele Anarchisten den Mut
Mystik im souveränen Sinne ist, eben nichts anderes;
bekommen, gegen die Atomisten Front zu machen;
b e r Eigene. 79
als das Herausarbeiten der grofsen. natur- und gattungs- giebt jene mystische Anknüpfung, jene Ego-Mystik.
sozialen Symbole! wie sie sich auch aus Nietzsche heraus (folgerichtig ge-
fafst) andeuten läfst. Der Individualismus auf einheitlich
24-
evolutionistischer Grundlage setzt seine Weiterrechnung
Wir werden nie ins darstellungslose „An sich" der
nicht in das blofse pantheistische Verschwimmen im All,
Dinge gelangen und ob noch so viele Daseinsdimensionen
sondern auf personelle Metamorphosen. Da aber diese
sich'an unser Erdenleben anschliessen mögen. Die Wert-
Punktierungen den dichtenden Denker mehr, als den
skala Von Plus zu Plus führt, da wir — paradox —
„exakten" Denker engagieren, so sei an dieser Schwelle
das Unbedingte ins Unendliche setzen müssen und es in
mit dem Angedeuteten abgeschlossen. —
jedem Momente als Entwicklungsgrad gewahr werden Karl Herman.
können, in unbegrenzte Fernlinien und diese Aussicht (Weitere. Abtriudtt». it\ s?nr>

e X ® Ein Ziel! © X ?
Heut ist mein Genius wider mich verschworen, In ihren Armen selbst hat michs ergriffen
Der einst sein "Wollen
Wollen über mich gespannt: Und aus dem Schlafe schreckt' michs wüst empor.
Er zeigt mich
nich recht im grauen Nichts verloren Das tolle Boot, entronnen Klipp' und Riffen,
Des blödena Wirbels, den man Welt genannt! Ich sah, wie sichs im Wellenschaum verlor' . . .
Dumpf irrtt ihr Strom, — nur ich hineingegangen — Ausbreitet' ich die Arme angstzerrissen
Mit diesemi qualenwütigen Verlangen:. Und schmerzlich stöhnt' und weint' ich in die Kissen.
Ein Ziel! Ein Ziel! Ein Ziel! Ein Ziel! .
Zerflattern heisst der Fluch an dem ich kranke,
Ein schwanker Zweig, von Winden müdgehetzt!
Und glaub' ich noch, dass an die letzte Ranke
Sich schimmernd eines Herbstes Segen setzt? —
Auf, — treib' ins Gold, du meine spate Blüte!
. . . Dann — Jugend, Hoffnung, dass euch Gott behüte! —
Ein Ziel! . . . Ein Ziel!
Hana Volker.

<?X§) I*i Laune. @Xs>


(Ländlich.)
Die farbigen Umschlagtüchlein Dort, in der Hand ein Büchlein,
Sind herzig und bequem. Trotten an mir vorbei
— Ach wenn mir. nur ein Besüchlein In farbigen Umschlagtüchlein
Von solch einem Mädel kam'! Immer zwei und zwei.
. . . Ach, wenn ich nur so ein Büchlein,
M i t s a m t dem Mädel, h ä t t ' ! —
Die farbigen Umschlagtüchlein
Sind doch gar zu nett!
Kar! Merz.

^<D D a s Lied des Todes, (§^-


Hörst du nicht die Töne sehnsuchtseliger Geigen? Komm in meine Nachte, sie sind wie blühende Haine,
Kennst du wohl das Lied, das da lockt zu ewigem Schweigen? die verschwiegen schlafen; schöner findest du keine;
Süsse Spiele sinds: Geigen, die ich befehle. komm du her, ich lege um dich die ewigen Flügel.
In der heiligen Stundo, wenn die Glocken zwölfmal schlagen, Gieb mir deine Hand, ich will dich sicher leiten,
steh ich auf der Wache, wo meine Cyprcs.sen ragen, will über deine Seele meine Fittiche breiten,
und erwarte manche lebensmüde Seele. führe dich zu meiner Ruhe träumendem Hügel.
mmm
" .. , . . • ' . • • 0 ' - • . •

ÖO Öer Eigene.

Sicher geht dein Fuss durch meine Märehenhallcn, Und ich führe dich, zu meinem Heiligtumo,
wenn die müden Lider dir über die Augen fallen, schmücke dein schlafendes Haar mit der weissen Königsblume,
und geschlossnen Blicks schaust du verborgene Tiefen: deine Gewände sollen sein wio sehiinmerndos Linnen.
Tiefen, dio im Leben du nimmer konntest sehen; Folge mir nach, ich will dich still und sicher machen,
fühlst in deinen Händen stille Kräfte erstehen: wirst den Schmerz vergessen, und im Traume wirst du wa chen,
Kräfte, die im Leibe dir fest verschlossen schliefen. sehnst aus meinen Nächten dich nimmermehr von hinnen.
Komm, oh komm doch her, meine "Worte sind süsse Ruhe,
meine Vorheissungen nahn auf weichem, wohligem Schuhe,
wollen dir die Frucht der grossen Erkenntnis roiehön.
Und du pilgerst hin durch meiner Nächte Schatten,
die noch für jeden "Wandrer ewigen Frieden hatten,,
siehst so fern, so fern des Lebens Mühsal weichen...
Franz Eoers.
(„Hohe Lieder.")

B ü c h e r u n d JVLensehert.
~ . B ü c h e r ! . . . . Es liegt eine ziemliche Zahl vor mir, und Gott tat, die ich in Gedich'chen wie im .Kinderspiel* so entzückt bewun-
sei Dank, ich kann bezeugen, dass auch aus ihnen allen M e n s c h e n dere. An krassen Effektstudien wie (um ebenfalls kleinere Gedichte
sprechen, Menschen mit deren Innerem und Innerstem bekannt zu wer- zu nennen) dem „Abend" oder auch dem „Gesicht" u. a. sonst, .(in
den schon.der Mühe verlohnt! — denen gewöhnlich mehr versucht ist, als wozu die Kraft reichte),
t~ Ich muss mich aber gleich von vornherein den Verfassern gegen- kann doch niemand im Ernst seine Freude haben! — Interessant ist
ü b e r entschuldigen, dass ich mich nur so k u r r ü b e r die meisten von ihnen die Dichterin immer (wie auch in ihren Erzählungen) in der P s y -
werde äussern können, — wo ich doch so manches und so mancherlei c h o l o g i e d e s W e i b e s . —' Ihrer Sinnlichkeit, die, sie offen und
noch über sie aef dem Herzen hätte! Aber der leidige Raummangel heiss zur- Schau trägt, wohnt nicht der geringste Zug "des Lüsternen'
macht dem Journal-Kritiker die Kürze, zu einer ganz besonderen, ja oder „Pikanten" inne, sie behandelt geschlechtliche Motive mit eben-
zur eklatantesten aller Tugenden, nnd da ich überdies ungerecht ge- soviel Reinheit als ungenierter Frische. Ein paarmal freilich pas-
nug bin, den Raum, den ich habe, nicht in gleiche Teile zu teilen, sieren ihr Geschmacklosigkeiten, die Tendenz verraten: wo sie, um
sondern einzelnen meiner Dichter eine grössere Breite einzuräumen, bleibt im Punkte der Sexualität, bezhw. ästhetischer Philisterbedenken recht
für die übrigen leider recht wenig da. — Ein andermal hoffentlich!... unbefangen zu scheinen, sich mit Worten oder Bildern hereindrängt, die
L y r i k e r sind's für heute, und nur Lyriker, die ich mir zur man als überflüssig und darum eben nicht mehr unbefangen empfindet.
Besprechung ausgewählt habe. In d e r totalen Verschiedenheit ihrer — Ihr Märchen von „der verstofsenen Seele" ist eine recht hübsche
Naturen, — die wie die Springhülsen auseinanderplatzen würden, Persiflage auf die Kinderfurcht der Dccadenee-Gattin und hat mir als.
wollte man sie unter einen Hut spannen, — immerhin ein recht interes- Stimme eines Weibes besondere Freude gemacht.
santes und reiches Konsortium!
.' r '•• *
\ / Die blutwärmste, die unmittelbarste unter ihnen allen ist vielleicht Weniger ein Schwärm- und Feuergeist, als ein ruhiger Betrachter
M a r i a J a n i t s c h e k . Die blut w ä r m s t e , wenn auch nicht gerade die und Nachbildner tritt uns in B r u n o W i l l e entgegen. Seine neue
b l u t r e i c h s t e . Jedenfalls ist sie »ine Weiblichkeit, in der Grösse und lyrische Sammlung „Einsiedelkunst" ist, während ich diesschreibe, noch|
noch ein Stück ganz unverfälschter Natur nicht erschienen, ich kenne einiges daraus,
Maria Janitschek i steckt! Wer die finden will, der lese Ge- Bruno Wille i das mich mit grosser Hoffnung für sie er-
„im Sommerwind.' „ E i n s i e d l e r u. G e n o s s e . '
'k "| dichte von ihr, wie „Du Lose!", „Hurrah' füllt. Hier aber will ich mich an sein
Heil!", „Mädchenfrage," „Vorfrühling", „Der Gast", „Glückseligkeit", erstes Büchlein E i n s i e d l e r u n d G e n o s s e " halten. — Wille
„Liebeszauber", „Fang sie!", „Bestimmung", und vor allem das un-. hat ,eincn*Fehfcr begangen: er hat seiher Sammlung den Untertitel ge
säglich liebliche „Kinderspiel": geben: „Soziale Gedichte". „ Natürlich ist die literarische Kritik mit
j' ' ' pflichtgemässcr Promptheit auf das Wort hereingefallen und hat.
„sozialistische Gedichte" draus gemacht! Wenigstens fand ich Wille
Sie küssen sich hungrig, sie küssen sich satt,
die Vöglein lausehen sacht; .nun schon in mehreren literaturgeschichtlichen Essays in die Reihe
es rührt sich in den Büschen kein Blatt; der „sozialistischen Dichter", Schulter an Schulter mit H o n e k e l l ,
nacktfüfsig kommt die Nacht. _ . M a c k a y und andern Programmpoeten (ein Ausdruck mit dem ich
natürlich Hcnckell und Mackay nicht e r s c h ö p f e n will!) verwiesen.
Die jüngsten Sterne gucken < Und da er lange Zeit sozialistischer Agitator war, schien ja auch nichts
neugierig auf die zwei, näher zu liegen. So oft ich aber „Eins. u. Gen." schon zur Hand
ihre goldnen Wimpern zucken . . . . nahm: von Tendenz, von politischer Färbung hab' ich auch nie das
zögernd ziehen sie vorbei. mindeste drin bemerkt! Es ist doch, ein anderes, heisse Sehnsucht
, Leider sind nicht a l l e Poesiecn der Verfasserin bei der wannen nach Erlösung, nach Natur, nach Sonne und Glück, im Gddichte aus-
Unmittelbarkeit jener Gedichte in Sprache und Anschauung geblieben. prägen, oder ein proletarisches Manifest in schwungvolle Reime fassen!
Wie viele Poeten freilich giebts, die heute n i c h t daran k r a n k e n ? . . . Sollte man nicht gerade anerkennen, und doppelt darauf hindeuten: hier
auch Maria Janitschek thuts: s i e ' p r o b i e r t und k o s t ü m i e r t , ein Agitator, der seine Dichtung_vor jener Klippe b e w a h r t hat!? Und'
mir etlichemal zuviel! Das wird dann der Tod der köstlichen Naive" wenn niätTnun gar von der ganz gleichen Seite her, die einst so viel

•KP
Der Eigertc 81
f.ärm von der „Pflicht" des modernen Lyrikers schlug, „soziale" und von Einzelheiten w ' r ^ m e v o n dichterischer Wirkung sein, selbst dann
Grofcstadt-Motivc zu behandeln, d e n Lyriker gerade, der diese Pro- nicht, wenn diese Einzelheiten gut und charakteristisch beobachtet
bleme mit am allerbesten bewältigte, darum als „sozialistischen Dichter' sind. Auch Wille ist es nicht j e d e s m a l gelungen, seinen Gegen-
beiseite geschoben sieht, so geht das schon stark ins Komische hin- stand zum Bild zu verdichten oder zur Dichtung zu verbildlichen; der
über! — Ich darf es wohl, sagen, ohne deshalb voreingenommen zu Stellen sind mehrere,-wo ers doch nicht recht über die blutle
scheinen: über die Mlfsachtang- des Lyrikers Wille hab' ich mich oft S c h i l d e r u n g hinausbringt, oder wo sich in eine Malerei von
rechtempört! Er ist unbedingt eines der stärksten Talente, — eines der grossen Zügen einzelne Kleinheiten hineindrängen, die blos mit dem
s e l b s t ä n d i g s t e n vor allem, unter der gesamten lyrischen Gene- Auge gesehen sind, anstatt traumhaft mit der Seele. 'So stören mich
,ration von heute : und niemand weifs von ihm! Ich ärgere mich schon im letzten Vers der .Sonnenblume" die .breiten graugrünen
namentlich, weil es ein Licht auf das Kunstverständnis unsrer lite- Blätter" ein wenig, im .lebenslänglichen Galgen", wo am Schluss der
rarischen Kreise im allgemeinen wirft, und auf ihre Stumpthcit, wo Morgenstern so wunderbar in den Himmel gepflanzt ist, sind mir
einmal Rcnommage und Reklame mangeln! — Zur „Popularität" ist dieser Stelle ebenfalls zuviele Aufzählungen angereiht, und noch weit
Wille ja* nur sehr bedingt geeignet;, d. h. eigentlich nur durch seine mehr scheint mir in acr Schilderung des glutigen Monds vorher durch
Stoffe. Es fehlt ihm dafür die Einfachheit des Volksliedes, fehlt eine geistvoll-groteske Einzelbcobachtung das Gesamtbild zerrissen
ihm aber auch andererseits die Rhetorik, und fehlt ihm der glatte und verzerrt. Eine ähnlich störende Dehnung bewirken die Einzel- : .
Fluss der Strophen. Man "muss in ihn eindringen. Aber umsomehr bildcr.in der .leidenden Stadt" und selbst die stimmungsechte Minia-
sollte man auf die Achtung von literarischen Kennern für ihn hoffen ture .Arme Leute" hat ihrer zuviel. —
dürfen. Die aber finden mit ihrer schwachen Brust nichts heraus, als Am meisten charakteristisch vielleicht ist, wenn ich von dieser
dafs seine Sprache ringe und keuche — und werfen, wenn's hoch Gefahr malerischer Dctailschilderung rede, eine Betrachtung des
kommt, dem „volksfreundlich<"n Herzen"; das aus den Gedichten .Herbstabends" aus der ersten Hälfte der Sammlung. Dies Gedicht,
spricht,"eine Kufshand zu '—^V • -.' '. . -; -,'" , -•' aus vier Strophen bestehend, ist 'nichts anderes als ein Oelgcmälde in
Worte übertragen, ein Naturstück, von ausserordentlicher Stimmung
•V f. Da jede Kunstgattung Charaktcrclemcntc aller übrigen in sich und Anschaulichkeit in den Einzelheiten. Man nehme nur die zweite'
.'• birgt, so läfst es sich auch in der Lyrik unterscheiden etwa zwischen Strophe: '.-. '•••.. . . '" . " . . • •
einer-malerischen, einer plastischen, einer rhetorischen, einer musika- ' . '• Gedämpfte Glockenlaute beben , " -. ,._ i # _„. ." . •'
lischen,, femer einer epischen und einer dramatischen Bchandlungs- Weich summend über Stoppelfeld;". - ; .
- weise, '-Wille in seiner Lyrik ist fast durchaus M a l e r . Melodikcr r
Aus Wiesenniederungen heben - : .' . ' ' ,
ist er seifen', höchstens noch in einigen Gedichten des „Einsiedlers", Sich dunkle Massen, in die Welt. - V ;'; -
der Epiker gelingt ihm schlecht, ebenso der Rhetor und auch die " . Oder (aus Strophe 3): . ' . - ' : . '. .
ausgesprochene Gedanklichkeit fällt ihm. nnter den Tisch. Dagegen Vom Schäferhund umtummelt schwimmt -
hat er bedeutende plastische und dramatische-Pulse. Als lyrischer Mit Blöken dorfwärts eine Herde. _" ,' ;,
M a l e r aber'ist er, ich möchte fast sagen unerreicht!-Welch enorme In diesem Gedicht —_ von der .qualmigmatten-Rotglut" der,.,
Realistik in seinen Bildern und in welche Stimmungstiefe führen sie letzten Strophe abgesehen — ist alles auf die Höhe des Bildes g e ^ , '
dabei hinein! Man höre:..,'.-, . -- hoben, es stört hier ntchf einmal ein allzu detailliertes Ausmalen; und
" An meinem Lager hält die Nacht , <loch : e s fehlt etwas! Man-hat dennoch vom Ganzen den Ein--
. . Schweigend-ihre Lcichenwacht. druck einer gewissen Nüchternheit, "den Eindruck der blofsen Auf-
. • ' . , ' . - ' • ' Nur draufsen über Iläuserdächer streift zählung oder Schilderung, kurz den'Eindruck einer A r m u t , von der
- '-. •-" Ein ruheloser Luftgeist, — man nicht sogleich weiss, wo sie herstammt. — Wollen wir sehen! —
.--- " ... Wie Trauergewandung - Ich schrieb vorhin den Wert einet Dichtung (allgemeiner e i n e s .
.".."'.'. Uebcr Sargesdcckel schleift. ". " . Kunstwerkes) dem symbolischen l^eluüTzu, den es schafft oder cnt-~
. . ...' sc¥le7ert7 _ Jc mehr stummen Glcichniswertes also in einer Schöpfung
. '.. Liegt da nicht gleich eine' riesenhafte Malerei drin, in dieser, zum Ausdruck* kommt (im Verhältnis natürlich mit der C h a r a k -
kurzen Skizzierung — und was für eine Ruhe überdies in der seltsamen t e r i s t i k , ohne die die erste Vorbedingung des Gleichnisses: das zu
Unruhe des nächtlich bewegten Luftgeistes! Solche Einleitungen, die Vergleichende fehlt!) — oder also mit andern Worten: ja mehr S e e U
uns mit ein paar Worten eine voll gepackte Szenerie geben, haben die in einer künstlerischen Naturnachahrnung ausgesprochen ist, desto ___
meisten Gedichte der zweiten Hälfte. - •"'_ ' ." . ."' höher steht sie in ihrer Bedeutung. Da sich nun mit dem Reichtum,
• - . - ' • ' . • • "
einer lebendigen Form auch ihr Gleichniswcrt steigert, kommt das _
•••'.'- Am deutlichsten1 aber zeigt sich dies malerische Können-ge-. künstlerische Objekt als solches sehr inbetracht; am meisten vermag
rade: bei der Bewältigung von g r o s s s t a d t i s c h e n Motiven,' die ich für uns natürlich die Menschengestalt und das menschliche Leben aus-
kaum einmal in gleich anschaulichen Bildern wiedergegeben fand. zusprechen.—.Ferner: in je weitere Perspektiven des Werdens, des
Man- lese nur einen Vers, wie den ersten des Gedichtes „Strafsc*. Vergangenen und Zukünftigen uns eine Darstellung leitet, desto mehr
oder die treffenden, stimmungsreicheri Bilder aus „Vorstadtlerche", Seelcngehalt konzentriert sie- auf sich. Darum kann die Wiedergabe
„Die Wolkenstadt", Auf Leben und Tod* (erste Strophe), „Geschieden" eines blossen Z u s t a n d e s (Schilderung) weniger auf uns wirken, als."
letzte Strophe), »Aufruhr* , .Die- kommende Sonne" d. a. m. Die die Wiedergabe einer H a n d l u n g , die ' eine Reihe von Zuständen
letzte Strophe von .Geschieden* ist von besonders charakteristischer vor uns wechseln lässt, resp. eines. Zustandes, der Handlung in sich -.
- Stimmung; ich. füge sie bei: .'• •;• ..-.' - ;••'••''' -. '-:' •'..'•• schliesst, der die Vorstellung vieler- Zustände gleichzeitig in uns-
:
wachmft. - *.*..-. ' ':' - '••.''_
• - - -:."--'."' W e l c h garstiges G e s u m m , ..• "'•:-.. Es folgt- daraus: das.beste Stilleben wird nie das beste Historien- '
V ' '-:•'..•.:; Bösartig dumpfes R o l l e n ' . •bild erreichen, ebenso in der Dichtung die landschaftliche Schilderung
.*'.- - • Ttint drunten v o n d e r g r a u e n G a s s e ! . nicht die gleich treffliche Darstellung einer menschlichen Begebenheit. .
•-". , . Höhnst d u , steinerne Stadt? Denn es lassen sich in den ersteren beiden ganz offenbar weniger
..'..••;., — Wie ich Dich hasse, seelische Gleichungen ausprägen, weniger Zustände zeigen oder an-
• ' Grausame-Gasse, deuten als in der letzteren. Während aber die g e m a l t e Landschaft
Brandende Menschcnmassc! mit ihrer direkten • Sinnfälligkeit immerhin noch, einen- ziemlichen
--.'.' ' „ • - : •- * .- ' *' • Reichtum an seelischer Stimmung, an Idee oder symbolischem Gefühl
— Einen Gegenstand dichterisch behandeln heisst: ihn nach seiner auszulösen imstande ist, stellt ihre poetische Schilderung zuvörderst,
-Weltbedeutung, ihn als Symbol oder Gleichnis erfassen; mit andern den Anspruch an die Phantasie, sich das-geschilderte Bild nach der'
.Worten: uns seine Seele geben. Eine blofsc, schildernde Aufzälüung Reihe seiner Einzelheiten sinnlich vorzustellen und es festzuhalten, um
•••

82 Der Eigene.
d a n n erst dieser Vorstellung wieder die ihr inncliegenden Wclt- nachblickt, — oder auch am Abend, wie in dem Gedicht „Die
getühle zu entnehmen. Da nun diese doppelte Anforderung zu schwer Sonnenblume"
ist, können wir von einer landschaftlichen Schilderung nur vollen Dort hinter vergilbtem Kartoffelkraut
Genufs habeni wenn die der Natur latent inncliegenden Gleichnis M o - Und blondem Stoppelhaar
mente schon irgendwie darinnen ausgesprochen sind, d. h. wenn ent- Erglänzt der Himmel so goldig zart,
weder die Natur selber symbolisch verlebendigt wird, oder aber ihre /Wie Gesang so wunderklar. —
Schilderung nur als Kulisse fUr einen menschlichen Scclcnzustnnd, Das Motiv aber, das am häufigsten bei Wille wiederkehrt und für
eine, menschliche . Handlung dient. In Willes „Herbstabend'' wäre das er immer neue Gleichnisformen findet, ist der tiefgreifende Gegen-
jede der vier Strophen es durchaus wert, einem Gedichte eingereiht satz von seliger freier Sonnennatur und menschlichem Elend; —jenem
zusein, seinen landschaftlichen Hintergrund zu bilden, — aber für sich Geknechtetsein * in dumpfen Mauern, in öden ITäusersärgen und qual-
allein ein Gedicht: dazu enthalten sie zu w e n i g - v i e l ! Dafiir fehlt vollem, ausdörrendem Arbcitsfrohn, das sich einem selbst als Prole-
ihnen der intensive Gipfelpunkt, und überlastet sie eine Kette von tarier in die Hast der, Grofsstadt hineingeworfenen fiihlsamen Be-
gleichwertigen Einzelbildern, die die Phantasie nur mit Muhe zu. obachter .wahrhaftig wie ein Alp aufs Herz legen muss! „Die Wölkcn-
sammenhält '-.'. _ '• stadt", „Geschieden", „Liebchen Gold", „Aufruhr', „Die kommende
Indessen es geschähe Wille sehr Unrecht, wollte ich ihn schlecht- Sonne", „Versammlung" und eben wieder jene „Vogelscheuche" sind
weg mit dem Objekte dieser Kritik identifizieren'. Wiegesagt: nur packende Zeugnisse dafür.
die Gefahr möchte ich andeuten, die für sein Malerauge vorhanden — Nehmt mich mit! • - ..*'••'
ist, gelegentlich die Grenzen zwischen Poesie und Malerei zu ver- \' .-., .. Reisst mich aus! • :
gessen —:• und sie vergessen sich namentlich dann leicht, wenn man Fort aus steinerner Wüste, , '
sich zu lange einsiedlerisch auf Naturbeobachtung konzentriert, anstatt Aus dumpfigen Kerkermauern ^—!
sie nur zur beweglichen.Folie seiner That und Stimmung zu wählen. fleht sogar der Baum im „Aufruhr", die durch die Höhe wirbelnden
Sonst im Gegenteil — ich finde die eben von mir geforderte Ver- Lüf'e an. —
. deutlichung des Xaturgleichnisses gerade in Wille'sehen Gedichten Reinen Humor „enthält — aufser dem sehr bitteren Humor der
meisterhaft vollbracht — man lese nur das lebensvolle, sinntiefe ..Vogelscheuche* — nur ein einziges von allen Gedichten: das
Gedicht „Naturverschwisterung" oder auch:, „Reue", „Berg", „Strom „liliputanische FrUhli'ngsfest", das man schon aus diesem Grunde sehr
der Wahrheit", „Der Tote", „Der Träumer", „Ich bleibe", — über- gerne dazwischen, findet. — Die Liebe zum Weib findet sich im Ganzen
haupt schier die ganze Poesieenkette des „Einsiedlers". Im zweiten nur mit einer geringen Zahl von Versen bedacht, aber sie sind so
Teil („Der Genosse") aber, die in diesem und jedem Betreff gross- eigenartig, wie alle andre Poesie Wille's — auch hier nirgends ein
artige „Wolkenstadt", das fast noch bedeutendere „Gefallen", den abgeleierter Trott, oder ein Wort der Phrase! Von klassischem
.Aufruhr", „Sonnentod", „Im Feuernest des Herdes" (wieder mit einer Wert dUnkt mich die Stelle^
Stelle von packender Malerei), die „Versammlung* und noch eine
Reihe anderer Gedichte. — Als ein kleines aber kennzeichnendes O warum •
Beispiel für die Beseelung, die Wille jedem Gegenstande angedeihen Kann Liebe nicht leben
lässt, den er in den Kreis seiner Dichtung zieht, mag noch die fol- Wie auf dbr Flur ein Vogelpaar? -.
gende Stelle aus seiner derb-realistischen „Vogelscheuche* zitiert sein ; vDie treue Flur
— ein halbverhungerter Vagabund sucht, vom Gutshof mit Hunden Giebt Halme zum Nest und Körnchen.
fortgehetzt, den T o d : Doch zwei Menschenherzen
In steinerner Siadt
• • - • ' ' . ' .- i '
Brauchen Stube und Kleider und Brot;
' Am Weg ein greiser Pappelbaüm . Und die Stadt ist so grausam hart . . . . -
Mit niedrigem Geäst, Weinendes Lieb, ,
Der hilft dem Strolch zu sich herauf #
Geh von deinem armen Schatz,
Und hält die Schlinge fest: Der dich nicht kleiden und speisen kann;
„Hinein.den Hals du Menschenkind! Weinendes Lieb, fahr wohl! —
Ich will dich treulich henken.
,', Spring- ab I Nun mag der tolle Wind •*' : V '
An einem fehlts manchem Gedicht der zweiten Periode noch sehr:
Die zuckende Leiche schwenken*. —
an innerer Geschlossenheit, und auch an Melodie. Melodie, nicht im
Dem wievielten Dichter es wohl eingefallen wäre, auch diese
Leierkasten »inne natürlich, überhaupt hier nicht im Sinne des Gesang-
stumme Mithilfe des Baums noch zu beseelen und eine Handlung des
lichen oder auch nur des Graziösen, sondern inr Sinne diesmal von
grotesken Mitleids aus iflr hcrauszugestalten ? ?• —
'..•-• i ' •
etwas Unsagbarem, im Sinne jenes Schmelzes, der aus dem harmo-
nischen Traumarbeiten der Seele dhneweiters entspiingt, dagegen dem
Der Kreis Wille'schcr. M o t i v e ist ein durchaus begrenzter —
E r d a c h t e n m a n g e l t ; Wille hat ihn oft genug, um ihn andere"
und er würde ihn wohl nicht mit vielem. Glück erweitern. Aber er male, wo er fehlt, vermissen zu lassen! Ebenso sehr-aber mangelts
hat in ihren Rahmen, zweifellos eine ganz erstaunliche Fülle von öfters an der einheitlichen Rundung fles Baues; einzelne Teile wirken
Tiefe und Kraft gegössen, und' ist dabei namentlich nie einen Schritt gedehnt, ja verschleppt, auch ist nicht j e d e s m a l ein vollwertiger
von seiner Art gewichen! —'. Was ihm vielleicht am.ergreifendsten Schlufs gefunden, häufig sodann vermindert der Mangel an e p i s c h e m
gelingt, das sind trübe, regnerische Hcrbstszeneriecn, schwere, wühlende Können die S p a n n u n g im Bilderwechsel, der r.un kaleidoskopisch
oder versonnene Stimmungen. So im Gedichte „Einst": erscheint, oder läfst sie in Manier umschlagen. — Wo aber dafür '
Wie liegt die Welt in Regenfloren d r a m a t i s c h e Griffe einsetzen, wird ein um so vollerer Akkord
So leichenhaft verloren:. erreicht. Dieser ist nie gerade sehr reich an Tönen, aber echt und
« "~ Der Himmel grau und greise; elementar. Das verhilft den Gedichten „Gefallen", „Die Vogelscheuche",
Die Erde runzlig greise „Ich will!" und noch vielen andern mit'zu ihrer Wirkung und hebt
Und beide weinen leise. sie über die b 1 o s in der Malerei oder Stimmung bedeutsamen hinaus,
Oder in dem besonders fein gewobenen Lied „Reue*: — d»nn sie geben Handlungen, geben eine innere Steigerung, einen
Dürres Schilf Ich höre Dich weinen sich entwickelnden Wechsel der Zustände, also' erhöhten Reichtum.'
Zittert und flüstert : . Und schluchzen — wie einst. Nur eine so intensive Gleichnissteigerung wie bei der „Wolkenstadt"
Indessen finden wir "auch lichtvollere Bilder, oft von seltener oder auch dem wohlgelungenen „Im Angesicht des Berges" (die zwar
Glut und Andacht, besonders wo er den glänzenden Wolken im Blauen ebenfalls nicht ganz ohne dramatische Vorwärtsbewegung sind!) kann
i-,ii
Der Eigene. 83

wieder ejamit konkurrieren. Da indes „Gefallen" diese grofse- Ich bin ein Schmetterling der Nacht;
Symbolik a u c h besitzt und m i t ihr, sowie m i t der glücklichen Die Blumen, die mir blühen, •..'•''.»"\%
Geschlossenheit, m i t den malerischen und Form-Reizen jener beiden • . Am Himmel dort erglühen
Gedichte noch ein Plus an Handlung verbindet, nehme ich doch keinen In ewig gleicher, stiller Pracht. ' • . ",
Anstand, es über sie zu stellen, und es damit überhaupt fürs. wert- Ihr Tagesfalter hebt die Brust *- .
,. vollste Stück der Sammlung zu erklären. In taumelndem Vergnügen,
'; i.v > / . Z u g l e i c h übrigens sind die eben genannten" Pocsieen die zur Und schlürft in vollen Zügen
: R e z i t a t i o n geeignetsten und man wird mit Freude finden, '• wie sehr Aus jeder Blume leichte L u s t •—
man mit Wille's Lyrik gerade beim künstlerischen V o r t r a g die Nicht neid' ich euch, was hier euch lacht;
' '• Hörer packen kann! • . . .'
Kann ich die scl'gcn Auen ." '•/[
Auch nur von ferne schauen, '
v
• • • ' : • • " • , . . , . • • . • * - • : - - _ " , . • • • . _ • ' .

•::;. ' - E i n s wäre sehr zu wünschen: dafs die Ausstattung des Büchleins,
Ich bin ein Schmetterling der Nacht.
;•.;-"-: ( ° e ' dem aus echt proletarischem Gefühl seinerzeit nur auf die Billig-
keit gesehen wurde, -und das denn auch aus echt proletarischem Ge- Wer diese Strophen liest, hat sicher schon den Dichter liebge-
~; ; : .fühl liegen blieb!) ' bald eine geschmackvollere werden könnte. Be- wonnen! Es ist G e o r g L a n g in Sachsenhausen; sein' Büchlein
*-...;','•;.- sonders wäre u. a. ein kleinerer Druck zu' empfehlen. .— Vielleicht ( ,Alpenluft", (bei Jügcl in Frankfurt verlegt) bildet ein recht freund-

',.-.' v_ dafs wir später einmal die neue Sammlung mit der alten vereint in liches Geschenkchen, das auch sonst noch mit mancher Perle durch-
'.'•'.- . J v einer dreiteiligen A u s w a h l d e s B e s t e n begrüfsen dürfen: ich bin- stickt ist. . •• .".."•''• - - .-.' •
-;'•_-'. ..'immer für S t r e n g e in. der Sichtung von Poesieen und glaube auch, - * ' " - ' - • ' 4/
- 'dafs" eine .solche dem literarischen Urteil gegenüber nur Vorteilhaft Und nun S c h l a f , — J o h a n n e s S c h l a f mit seinem wunder-V
'-.';". wirken kann! — ••'•'. - '-•• - •" baren „Frühling"! Ich las das Buch zum erstenmal an einem strahlen-
den Septembertag, jmd an so einem mufs mans auch lesen! — ein

i£ G u s t a v R e n n e r ist ein Dichter, in dessen Pocsieen sich die


Spuren' von einem langen, bitteren Kampf ums Leben und ums Glück

. Jon. Schlaf:
.Frühling.
| Maientag wäre ja natürlich noch besser
gewählt. Ich staune immer wieder -über
des Lebens finden; ein Dichter von sympathischem Trotz des Charakters, G diese unglaubliche Sensibilität, die es über
von leidenschaftlichem Temperament und sich vermag, Ich und 'doch Nichtich, Ich und Du, Ich und die Welt
Guatae Renner: umher glcichcrzcit zu sein. Was sieht er nicht alles, dieser weicher
„Gedichte." von - kühnem-, kraftvollem Schwung der"
6— Gedanken. Seine Bilder sind eigenartig schwärmerische Poefenblick von seinem Lager aus,- „zwischen Schaum-
neu, und verraten eine lebhafte und farbenreiche Phantasie. Die kraut und Vergifsmcinnicht, . . am Graben, wo die Kätzchen schaukeln".
p o e t i s c h e D u r c h b i l d u n g und B e s e e l u n g .seiner Materie frei- E r wühlt sich förmlich hinein in den Uebcrreichtura der Natur, in
lich läfst, zumal ini letzten Teil seiner Gedichte „Aus Zeit und Streit", ihre Wohligkeit, in die Schwingungen der zarten Phantasieen, Träume,
zu wünschen übrig. Beredt ist er" immer, doch gewöhnlich von Philosophieen, die sie in seiner nachgiebigen Seele auslöst. Keinen
- etwas zu nackter Bcredtsamkeit! — Was mich, aufser einigen Bildchen hab' ich gefunden, der das" zerfliefsende Aufgehen im All, das Leben
der ersten Abteilung, am meisten fesselt, sind die „Gedanken und des einen im andern und in Allem so tief, oft so merkwürdig bannend,
Stimmungen; Bruchstücke zu einem Drama": ideenmächtige Strophen ans Dämonische streifend, in sich empfände, wie Joh. Schlaf. - • Er-
voll feinsinniger uri3 dann wieder keck-aufgewühlter Bilder und von ist aber auch keine Kraft, die sich abzuschlicfsen weifs, und damit
einer pulsenden, ^pochenden Kraft vorwärtsbewegt, die mich überhaupt keine, die heroisch zwingt und überwältigt! er wäre sonst auch im
immer wieder meine Freude am persönlich so stillen Renner haben Drama nicht jener sorgsam beobachtende „Naturalist" geworden, der
läfst! — . . . . allen Lebenstönen lauscht und sich von ihnen bilden läfst, o h n e s e l b e r
• • ' • ; • - • ' . ' * - • ' ' • * - ' • - - • ' - . - • '
was dran zu bilden! Ganz was Verwandtes hier: Hingabe, Erlauschen,
'/~':, An so was wie Katzen.Sammetpfotcn dagegen erinnert mich scharfes, oft nur zu scharfes Schauen,' und Ausfühlen, -und Beschreiben
R i c h a r d S c h a u k a i . Er gehört zu den müden Seelen vom firi de mit der Wärme seiner Natur — ohne aber eine Komposition, ohne
siecle, ohne jedes Rot der Gesundheit, — dafür die Wangen voll irgend eine machtvolle Gestaltung seines Stoffes zu versuchen! — Eines
Schminke und Puder und mit einem schmachtenden, weltschmerzlichen idcr feinsten Einzelbildchen ist sicherlich „Glück" (S. 88) .— gerade
Teint überhaucht. So schleicht er sich in seiner bescheidenen Kürze und Rundung, und mit dem Hintergrund
Richard Schaukai: aus der artigen Causier-Eckc in den Mond- der „dunkeln Stimmen der Not": deren Kontrast zu den eigenen gltick-
„Verse." hcllen „Stunden der Erfüllung" ihm eine so eigenartige Lebendigkeit
schein hinaus, u n d wandelt dort unter
samtenen Nachtviolcn hin, mit zerrissenem, unbefriedigtem Herzen, verleiht, — dazu noch mit der Perspektive in die blaufern erdäm-
schielt aber auch manchmal mit wollüstigem Grauen. in die Tiefe mernden „Welten der Vcrhcifsung". Ich kehre immer wieder mit
•- seiner Wunden nieder, und, -wer weifs, freut sich gar heimlich über hohem Genufs zu dieser Perle zurück Und darin ein Miniaturstückchen,
- sie.. — Aber ein Dichter ist er dabei — da ist nichts dran zu mäkeln! das einst neben diesem im „Pan" stand, das ich aber im „Frühlings"-
- Er trifft in seiner geistvollen Sclbstironic und seiner schlaffen Sehn- Buch leider nicht mitonfhaltcn finde: die Beobachtung einer keimenden
«'sucht bisweilen ergreifende, selten gehörte Töne, — und sicherlich Hyazinthenzwiebel und ihres allmählichen Wachstums bis zum Tag'
- w a r er -auch der Berufensten einer, die uns den Franzosen V e r l a i n e der Blüte, zum Tag, da es ihm „in bunter junger Herrlichkeit vom
übersetzen durften; — dessen „Promenade sentimentale", dann auch, Glas her entgegenjubeln wird" —: es gemahnte mich dies frühlings-
„Nachtigall" und „Fcmme et chatte" bei Schaukai, sind geradezu wohlige Glas-Idyll ganz überraschend an einen schlichten Göthc'schen
Meisterstücke der lyrischen TJebertragung mit ganz überraschenden Reim, der überhaupt auf Joh. Schlaf pafst, wie auf keinen zweiten:
Stellen. Zwei Kongeniale haben sich hier offenbar zusammenge- „Wer mit s e i n e r M u t t e r , d e r Natur es h ä l t ,
funden ! F i n d t i m S t c . n g e l g l a s w o h ' l e i n e W e l t." —
. . - • • ' • . . E r n s t iMantiel.
Auch bei bescheidener Instrumentation aus bescheidenem Sänger- . . - - " . * ....
Die nächsten beiden Nummern des Eigenen werden Auslassungen
\J 6

(2
Georg l-»"fli
„Hlpenluft."
I mund klingt es manchmal so wunderbar
\ M
I
d ; ti f Elegie, dafs wir ge-
" ' h
| bannt lauschen müssen, wie aufs Schluchzen
des gleichen Autors bringen über E v e r s und F i d u s , K ü c h e t f -
m e i s t c r , B i e r b a u m , N i e t z s c h e contra S t i r n e Y , t g i d y ,
von Nachtigallen-Chören: E. H. S c h m i t t , A n t o n L o s c r t u. a. m.
v : . ' . \ : ' : :'•'•-.•;•.:"- : :,-''^1:-:, -'•'/• ••--••;-?
i^jö*-: •;- .>">' ;»':-' •:' ; -' • . ; •'. i^T...- •-•.•:"-.-

84\ ;:.;••'; '"••'> ••''•••'-'.. „ Ö s r E i g e n e . .:,-•'••-:','

; : Z w a n g l o s e ^ a n d z e i l e n a u s d e m philosophischen
v^ : Liegesessel.*)
v::'\.\ "»-; *.. - .. ._',' . ". •'*.... (Fortsetzung' von S. 79 dieser Nummer).

resultate! Und.auch diese Verkörperung ist nicht in einem;.


,:. vEiheJ der genialsten Thaten Fr. Th. Vischers ist, blos etwa rhetorischen Sinn gemeint! Jene absichtlichen ,
wie selbst,der ihm in so Vielem abgeneigte'Th. Zieglef oder fach'mäfsigen Bevorzugungen lehrhafter Motive haben ' -.
anerkennt, seine Abhandlung über das Symbol! Es" ist an sich mit dem, was ich unter symbolischer Funktion .1*
seltsam, däss derselbe Vischer im Tagebuch des „Auch. eines Bildes verstehe, nichts "zu thunl Man begebe7 sich .
Einer",.in nächste Nähe des rationalistischen Freidenker-' also__nicht auf.die bewufste Zinne der Allegorie, um d a s : - .
tums kommt"und gleich diesem verkennt, .dass nicht in. Wesen des Sinnbilds zu suchen. ' Das Sinnbild ist eben ••''..-
der abstrakten Entbildlichung die Aufklärung zu bestehen die Unisetzung des. blos Stofflichen und stofflich W i r - y > ;
hat.-sondern vielmehr, in der immer reiferen Hervorbildung kenden in- einen -einheitlichen. Proportionswert. . Dieser ;
der Gleichnisse, im Symbolprozefs selberr Wir werden monistische. Verhältniswert, also der Ausdruck gegen- V
eben nie ganz jenseits aller Darstellungsmilieus gelangen! ständlicher Einheit, ist eben im besonderen das k ü n s t -
:
"~-,v^'y-- ^•r-~--'v-""' 26. ":•.•'•,;_•*"•"'•; •- V ..•;:' . l e r i s c h e Bild.. Die Tendenzkunst im Sinne- Kaut-.' y-,
-.'.Ä-- bach'scher Allegorien, rhetorischer Einkleidungen und.;_;--
Das erfolglose, aili den Sport beschränkte Auftreten;
des. offiziellen Freidenkertums liegt in seinem abstra- Gedankenillustrationen, wie sie auch Schiller, Hamerling y .
hirenden- Kampf gegen das Symbol, gegen" die An- und andre. Namen liebten, oder jene naturalistischen •-/
:schäuungl D i e ^ Herren Büchner, Specht; Rüdt.- und Posen k la-lbsen, Zola und Courbet: ,,le naturalisme. ;.-
Andere verkennen den Bildwert; „das Bild, daran wir~ zu c'est möi' .— verrücken die Innentenderiz künstlerischer - ;
Bildnern werden!" Friedrich Schilter hat einen'wunder- Unschuld, ins Polemische! Die Symbolik zielt eben schon
baren Griff gethan, als er, von Göthes Nähe gesteigert,' - im "simpelsten Unschuldsmotiv durch seine • künstlerische-
seine „ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts" ;-Wirkung ins Umfassende, Zusammengreifende: ist ab- -,
schrieb .und Prof. Forster trifft genau'die Mittfr',; wenn- sichtslose Absicht. Kulturmoment in sichtbarer und greif-
er"'ausruft: i.Die Kunst hat einen sozialen'Beruf!";"-^; barer Gestalt! Wenn wir trotz der erstlinigen Betonung -
Die Sinnlichkeit ist das arme Aschenbrödel und die hof- der Wie-frage das „Was", also das Motiv und das Genre V
färtigeh Schuldoktrineh spielen sich als die Paragrafen- nicht s o ' gleichgiltig* behandeln, wie gewisse „Bios- '•>'•
damen ; auf, alsl die des Königssohnes allein würdigen künstler", sondern allerdings den reinen, naiven D r a - - ' *
Bräute! Und'.'doch: der wahre Helios- erkennt seinen, mätiker über den dito Lyriker oder Epiker stellen, •im/:.;';
gesuchten* Schatz! Die soziale Sinnlichkeit als erwei- grösseren Stoffregister bei gleichbleibender Beherrschung
terter Impuls ist eben das plastische Agitationsmittel, das auch die grösseren Personalien erkennen, so thun wir v
aHein" auf der ganzen Linie den Gegner mit sich selbst es,- weil wir eben'den Selbstzweck"der Kunst wie des
in Konflikt zu bringen und ihn ..gewaltlos" zu über- Ichs-nicht im unbedingten, sondern im menschheitlich' ~.
winden vermag! Was der kategorische Imperativ und und kosmisch bedingten. Sinne definieren. ;":'• '-'•'-•'.:"'•:. :%•
die stoischen Prinzipien "des mathematischen Begriff- • . , ; • ; ... • ' ./•• " •;.. 2 8 . . • ; ; • - , '::•:•".;•.-• •;:•"

arsenals nicht zu leisten vermögen, das leistefdas Milieu „ Das-pluralistisch; gefärbte Freidenkertüm aus Mole-, ;';v
r
der.individualisierenden Anschauung! Die Vernunft- schott und Vogts Nachlass . mit seiner utilitarischen '•;
erweckung im Bilde, in der Sinnlichkeit selbst, das Pointe gegen das" Sinnbild hat in jüngstem Datum* W e g e " /
logisch werdende Gefühl als „Takt" ist eben/die natür- einer ernstlichen Wandlung angetreten;. Eine Vertiefung- y"'••
liche Bahn für eine an alle gegebenen Etappen an- aus dem „Rationellen" ins Plastische macht sich .fühlbar,; . *
knüpfende Aufklärung,, ein Freifühlertum, das in Wir- seit in die Redaktion der Aufklärung, der dichterisch •
kung und W e r t hoch über dem von Berlin oder Gotha begabte und umfassendere Bruno Wille getreten ist», •
aus sanktionierten Freidenkertum steht! ^ , . Zwar herrscht noch in Willes .Philosophie der Befreiung .:•
? 2 7 durch' das reine Mittel" zu sehr die linierte Denkart vor,
Jjz&\. '• •'.7.w".'• y" *-'•: \' ' •.'•-•-; >• ••-•;;:'.""-.. ".-'-
.-•.;.Wenn ich- vom sozialen Beruf der Kunst sprach, — aber der persönlich flüssige Geist dieses bedeutenden- .
bitte ,ich aber um Gotteswillen darunter nicht eine ten- Stimmungsmenschen garantiert mehr und mehr für eine"
denziöse Richtung derselben zu verstehen. Die Sozialität im edelsten Sinn populäre Wendung des freien Stcebens'
des.Bildes und Tones ist eine durchaus immanente: weil im Lager der Freidenker. . . . '.;• ::
eben nur die Verkörperung logischer Welt-und Gattungs- • :
'-:-;.; • ••"•/•• ; -v- ; 2 9 . '.'•'..

Küchenmeister, der Verfasser des „Kampfs um die


:~;,\.*). Da der erste Teil der „Randzeilcn" (durch Irrtum schlich sich Persönlichkeit", hat bedeutende objektive Züge, aber
dort in der TJebcrschrift .. „Rand g l o s s c n" ein) schon ausgedruckt auch er drängt sich mit seiner Person zwischen die
:
war,- als. sich • eine nochmalige Erweiterung dieser Nummer nötig
machte, ist die Serie jetzt.in zwei Stücke zerschlagen; indesseh. ist
ruhige Grösse seiner Arbeit, und "polemisiert.. So weit' /
vielleicht dem Leser' eine Unterbrechung gerade "bei diesen, philoso- ganz recht! Aber er weiss es.,nicht und bestätigt damit"
phischen Abhandlungen nicht unwillkommen. . ' . « ; • ö . ifl. * ; das, was er-ausschliessen möchte: das relative Recht -_\
t>er E i g e n e . 85

des Gegners, der moralisierenden Pathetikl Er verfällt gehen. Keine Spur jener Salon-Pose, die mit Gewittern
.in einen ähnlichen Zwiespalt wie Stirner: aus der neu- vor dem Spiegel spielt und die Prometheusfackel im
tralen in die belehrende Rolle. Doch hat er eine sehr Zigarettenformat schwingt! . Leider verausgabte sich
viel weitherzigere Anlage als Slirner und beherrscht Dulk vielzusehr in der sozialdemokratischen Bewegung,
ausserdem eine überraschende Originallülle von geistigen den bekannten Undank einsteckend, den man ihm als
. Vergleichspunkten. .Geisteskapilalisten* nicht schuldig blieb. Hatte er doch
.<-•>-'' ' • ' " ' . ' • ,': 3o. ' . . keine Eile, dieses letzte „Vorurteil", das der Ueber-
John Henry Mackay, der stirnersche Leibpoet, ist legenheit und Begabung" abzulegen und war doch sein
. . . e i n e atheistische Hyazinthe: feingeschliffene Sentiments. Sozialismus letzterhand kein Steckenpferd für .Genossen",
durchbrochen von nicht absorbierten Doktrinthesen, kenn- sondern ein in die Peripherieen des Menschlichen, der
zeichnen sein Schaffen. Er hat mit genialen Anläufen „Gesellschaftslehre" hinausführender. Dulks monistischer
.viel Stimmung für Stirner gemacht.*) vermag aber seine Grundakkord hielt ihn ab, die verworrenen Zelte der
.dogmatischen Sätze nicht in Fleisch und Blut umzusetzen Bakuninisten und anderer. Pluralisten zu betreten; er
ohne fatale Reste und quält seine sensible, vornehm- hatte aber auch nicht blos als Sozialist die obligat roten
/> poröse Haut mit der Doklrinpeilsche. Er ist, ohne es Querköpfe der organisierten Parteidiktatur gegen sich, er
.-;•:.'-.zu wollen, Pathetiker: freilich nach unten; er bringt dem war auch als Freidenker in der Eigenschaft einer künst-
"Lehrbuche, über dessen Engen er nicht hinauskommt, lerisch vertieften Natur den ebenso obligaten Ligahäupt-
das Opfer des besseren Blutes. lingen nicht pur genug. Er konnte sich die heilige
Verwunderung, dieses poetische Fluidumf nicht abge-
• ' ' / . ' : • ' • " • ~ \ r
\ • "wöhnen, trotz des Achselzuckens der Radikalsten, ä la
: 3 1
- ' • • ' • • - :
' "

.... Ich habe neulich ein Buch gelesen: von einem ver- O. Köhler, Conla und Anderer. Statt mit der Brille der
; .' gessenen oder ungekannten Manne. Das Buch heisst Selbstverständlichkeit zwischen Himmel und Erde herum-
v
Y»Die Sozialisten' und der Mann heisst Peter Hille. John zukonslatieren, berauschte er sich immer wieder an dem
"..Mackay'ist, soviel ich höre,'berühmt; „Die Sozialisten' Geheimnis der Dinge; er hatte noch Reste einer sinu-
Xsind ein in, den Graben gedrängtes Werk. Es liegt im ierenden Vorsicht in sich, die er von den Bergen der
. . Regen, unter Disteln und Nesseln. Aber es kann eine Einsamkeit mitgebracht halte, indes die waschächteslen
,;.: .gute Legitimation sein, ungekannt zu bleiben und nicht Freidenker jeden spekulativen Impuls auf den Index
:z' 'gelobt zu werden! Hilles Buch überragt mir die be- setzten. — Und doch hatte selbst dieser seltene Mensch
• :?~ rühmten .Anarchisten" um Hauptes. Länge. Mag noch ein königsberger Etwas in sich, was ihn dem la-
Mackays Form glänzender und durchsichtiger sein, in tenten "Wesen der Sinnlichkeit, dem Entlegenen und
dem barocken;Gehege Hilles liegen mächtige Einfälle, Möglichen in der Darstellung nicht voll genug zuführte!
L; ..geniale Naturlaute'einer schweren Natur, die nie unter Der kategorische Imperativ ging auch bei ihm nicht
' den Goldschnitt geraten wird. genug in dem auf, was ich Takt nenne. Er trennte
: 32
b-'£;.:'-V"-\ - "•:
immer noch mit gewissen Härten die Sinnlichkeit und
die Erkenntnis: die erkennende Sinnlichkeit als sozialer
'•; Zu den selbst von den Jungen und Jüngsten nur zu
Trieb, als logischer Impuls gingen in seinem Denken
;7v5«Bhr ungekannten Mächten gehört auch Albert Dulk,
noch nicht rund auf!
; der Feuerkopf des .Orla". Er war „Auch Einer" —
von denen nemlich. die den selfman mit auf die Welt Karl Hcrman.
bringen, Glauben halten und anständig an sich zu Grunde (Fortsetzung folgt.) ..

'>.',•'• 'x '•> rriE) X7+i\ n r u v . (5¥5<»S»-T=XV


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Zweieinigkeit. Felsenthore Einlass in die Stille heimlicher Ahnungen


O Leben, Leben, ich lasse dich nicht, du segnest gewähren: ich-soll mit all diesem Zauber nur ein Wahn
mich denn! '• — — — — — — — sein, an dem du keinen Anteil hast, Natur? Nein! Ich
bin nicht allein, nicht abgetrennt vom allmächtigen Um-
Wäre dasjenige, was der Alltag zum Ueberdrufs wie-
kreis, — dieser umfassende Ewigkeitsgeist ist es selbst,
derholt, Alles? Und meine Sehnsucht und ihre Schöpfungen
der in mir über seine Nähen und Engen hinauslauscht und
nur Mifsgeburt? Und die Mittelmäfsigen, sind sie die
zu seinen kühnsten Erfüllungen schreitet. Ich 'höre den
Beabsichtigten, über die hinaus es nur eine Verirrung
Schritt der Zeit in mir und unterirdische Ströme rauschen,
giebt? Ich, der ich deine Firmamente emporhebe, wie
näher und näher mit den vollen Akkorden einer andern
der Atlas den Himmel, dafs deine Sonne stolzer prangt,
Wirklichkeit.
deine Bäume beredt werden in ihren Hainen und deine
Wo brächte ich auch diese Magie her, dieses über-
*) In das Verdienst, Dr. Kaspar Schmidt ausgegraben zu haben, legene Bewufstsein, wenn nicht aus dir und deinen
"teilen sich Ed. v. Hartmann und John II. Mackay. heiligsten Tiefen? Du kannst nicht wagen, mich zu
86 Der Eigene.

verleugnen, mich, durch den du erst dein selber, deiner Stumm zeugend steht in ew'gem Himmelslichl
einsamen Herrlichkeit teilhaftig wirst! Das Denkmal an den Firmamenten:
Was mich so grofs und unüberwindlich macht, ist — Ich g l a u b e an ein S t e r b e n n i c h t !
nicht meine Anmafsung, das bist du in mir, das grofse Und w a s ich w a r , es w i r d nicht mit mir e n d e n ! !
Du!. Ja, ich, der ich vor tausendfachem Spott der *
Kleingläubigen die. Sterne verrückte und die Himmel
wölbte und Musik in die Wälder gofs und Quellen aus Bekenntnisse.
dem Steine schlug, der im brennenden Dornbusch Es ist schlimmer, mit der Wahrheit zu kokettieren,
Flammcnworte las und Manna in die Wüste sandte, als in der Lüge aufrichtig zu sein.
— ich, der ich die Natur kröne über den Zweifeln, die
in ihrem 'gefälschten Namen und mit ihrer Schande Während das Wissen nur Rückständiges einkassiert,
marktschreien gehn, ich sollte, — das wunderthätige nimmt der Glaube vorweg-.
Ich in ihr, — eiri Fremdling vor ihrem Angesichte sein;
sie sollte von ihrer obersten Instanz aus sagen können.: *
ich kenne dich nicht — und im letzten Stockwerk ihres Das höhere Glück hat den Vortritt! Retten wir
Seins sollte mir wie in den übrigen dasselbe Kopf- uns in seine Stockwerke, ehe wir in der Zuversicht auf
schütteln entgegentreten, wie- einem, der für seine unsere Niedrigkeit sterben: denn das Leben der Zurück-
Narrheit die Bestätigung sucht? Nein! Du läfst dich bleibenden ist schlimmeres Sterben als der Tod derer,
nicht lumpen, Natur! Du mufst sie mir bezeugen, die die an einem Blick vom Berge Nebo zu Grunde gehen.
heilige Zweieinigkeit: d u , i n m i r , ich in dir!! Wir" sterben an jeder grösseren Aussicht, — die Vor-
anschreiter sind immer Todgeweihte. Aber was fällt,
ist eine verbrauchte Hülle; unsere Unsterblichkeit geht
Mllmaeht. mit: durch alle neuen Jahreszeiten hindurch, immer
Wolkenfirnen — Stirnen an Stirnen, vorwärts! — . ~
Auf- und Niedersturm lachender Bilder,
Und ein schönheitsrauscherfüllter Sünde.
Aether — und Blitze mit göttlichem Zürnen:
Nicht die Schuld an sich — aber die Beruhigung
'•;?:•; '.- Volllichtwogen, Wolkenbäche. * -s
.-;,' ''•-• Die zum Meerstrom tanzend schwellen — dabei und die Angewöhnung, die sich mählig zum Vor-
Meer zu Meer, —- zu Ahnungshellen satze ausschleicht" werden des Menschen unversöhnlicher
Des unfafslich fernsten Ew'gen — Feind, seine Sünde!
. *
Welten endlos ausgegossen —:
Das bist du nur. Zweierlei.
Du — erschlossen, — Man braucht nicht von Andern sich belästigen zu
Alles wagender Menschensohn! lassen, aber man darf nicht von sich selber unbeläsligt
Du im Glauben — unbekümmert, bleiben wollen.
- Was das Wenn und Folglich wimmert! — *
•''.- Ueber den. Blinden und den Tauben
Du im thronenden Allmachtsglauben
Parabel.
Alles wagender Menschensohn! Ein Rabe ahmte den Flug eines Adlers nach. Ver-
gebens! „Es ist doch eine gemeine "und unstatthafte
Eigenschaft", sagte er zu seinen Kollegen.
R priori.
" E s giebt nichts absolut Nachträgliches: die Natur
kann es zu nichts bringen, was ihr nicht schon irgend
wie ureigen ist! Es giebt keine Erfindungen, nur
Grösse.
Entdeckungen!, Im Unglück offenbart sich die mittelmäfsige Seele:
wer im Glück grofs bleibt, beweist, dafs er grofs ist!
Denkmal.
Es war kein Meer, es war kein Erdenfirn,
Kehrseite-
W o nicht mein Herz sein Hoheitsrecht genossen.
Im Flügelschlag mit sonnenheller Stirn, D a f s erst im Unglück viele Menschen noblere Züge
Im Feuerritt auf finstern Wolkenrossen. offenbaren, ja sich am ehesten finden, ist freilich auch
wieder ein Argument für — —! I c h aber suche Jene,
Zeigt mir die Sterne, die ich nicht gekannt.
die das Glück schön macht, an Leib und Seele!! —
Zeigt mir die Räume, die ich nicht durchschritten.
Zeigt mir Gedanken oder festes Land, V
W o ich nicht iauchzte, wo ich nicht gelitten! Heinrich Vormann.
Der Eigene. 87

Eine
Literarische Vierer^Ausstellung
sind wir heule in der Lage zu eröffnen. jeder in seiner Weise dichterisch zu behandeln. — da
Von dem Grundsatze ausgehend, dafs alle schaffens- doch offenbar nur die Gemeinsamkeit des Motivs ein
rtarken 'Kunstrichtungen der Gegenwart das Anrecht gerechtes Urteil ermöglicht. Die vier Herren haben sich
haben,- vorurteilslos vom Publikum verglichen zu werden, denn auch mit liebenswürdigster Zuvorkommenheit be-
haben wir zunächst an die vier prägnantesten Vertreter der teiligt, und heute sind wir imstande sämtliche vier
herrschenden lyrischen Hauptströmungen das Ersuchen poetischen Miniaturen dem Publikum als eine Ausstellung
trestellt, das gleiche Motiv: für sich vor Augen zu führen.
„Hbend a m Seeufer"
Bertho Krusemarcki Henri Kuntze:
Unter den düstern Heideföhren Abgeschab'ne Listerhosen,
Lauscht der See, der silbermüde ; Glänzend wie von Speck und Wichse;
V ^ V
Unter den düstern Heideföhren Neben in besoffner Posen
".• . Stirbt die kranke Sonnenblate . . . Eine Blech-Konservenbüchse. — —
In dem blau-verträumten, matten, Bäuchlings lieg' ich auf dem Rumpfe,
.> - Sflss-violensamtnen Lichte — Lorgnettiere durch die Matten,
Schwimmen honiggelb die Schatten Wie auf faulem Wassersumpfe
Schwülverzückter Nachtgesichte. Die Libellen sich begatten . . .
Heisser Lilien Perlenbünder Binsen, hoch wie Billardstangen,
Zucken auf, wie glühe Träume; Steh'n verhungert mir zur Seite.
Scharfe, schneeige Schwebe-Ränder Drunter schnarchen meine Rangen ;
Irren um die gezackten Säume. — Fusskäs duftet durch die Weite .
Aus des Seetangs dunkler Mähne
V
Flimmern weissliche Nixenglicder,
— Gurgelnd kreisen sie wie Schwäne Egon Sijmboüzetti:
In den Lilapurpur nieder. Tot liegt die Flut, das seltne, dunkle Rätsel,
Ihre Stirn in Taumelchören In ihres Seins Mysterien vertieft,
Kränzen glitzer-grüne Libellen . . . Die Dein entschlafnes, blasses Antlitz tragen.
Unter den düstern Heideföhren, Doch drüber, hochergossen, eine Frage:
Draus die blutigen Tropfen quellen . . Unausgeschlürft wie goldner Werdetrank,
Wie Antwortsglocken, die, von Amethyst, .
Schrill durch des Zephyrs bunte Strahlen klingen. -
Kurt Müller-Lehmann:
Ein Sammetglanz im Flügel der Libellen ;
Es schweigt der See; o heilig tiefe Stille
Smaragdner Seelen Auferstehungspsalm,
Im Buchenhain, wo kaum der Vogel zirpt!
Aus denen kichernd junge Stimmen kosen!
Es schweigt der See, um den die ernste Fülle
— Dort liegst du, Weltenball, am Rand der Nacht.
Der Abendglut in trunkner Minne wirbt. —
Im Aether-FlausgewBlk der Tiefe brütend, . . .
Die Wellen rauschen; . . . kühn ist dein Beginnen:
Ein kosmisch Ei . . .
Stoss ab vom Lande, das dir Elend bot! —
Doch ach! — was lässt den bangen Puls g e r i n n e n ? Bedeutung? — Ja, ein Wunder! — —
Was hält dich fest im trüben Land der Not? Oh! ahntest Du, was schwellend mir und Dir
O Heimat d u ! — aus tausend süssen Kehlen Aus jenem seltsam grünbereiften Spiegel
Klingt mir aufs neu dein altes Losungswort; — Entgegenstarrt: — —
Und, — wie am Strande sich die Wogen quälen,
. . . Das Rätsel ist's, das dunkle!
So klammr' ich hier, . . . und steure ewig fort! —
Und ich und Du — Allseeleneins in ihm!
— Es schweigt der See — er schweigt' wie glückberaubt;
Ruh aus, mein Haupt!

2$u freundlicher Jjeachtung. ~&s


Wir bitten alle, die sich vom Qeiste unsrer Veröffentlichungen angezogen oder innerlich berührt
fühlen, mit uns in Verbindung zu treten,,— auch wenn sie nicht JJbonnenten des „€igenen" Werden
können und wollen. Jtdr.: jfd. ßrand's Verlag, CharMttnburg, £erlinerstr. 44,
•.^'••'.•;yj-v"'!'.'"'":'••'•• •' ' • '' "'•••'''

»*.i'-
88 * Der Eigene.

auch ohne die jYfittef zum 3'el dastehen, den Vorschlag machen:
i$:^Oj-:r Vermerke. behalte zwar jeder seine Sonderheit bei, aber findet euch auch
;^;:>< i ';; J)a wir in einer Zeitschrift nicht die dauernd wieder auf einem fleck zusammen, wo ihr eine Jflacht darstellt
yy\:,^richtige £ühne für die geistigen €ntladungen unseres und wo ihr euch als Bundesgenossen gegenseitig kennen und
stützen lernt! ';..
;• '.-.! J(reises erblicken können und der €igene den jfweck,
•^'•\ den er für uns haben konnte, erfüllt hat, so werden Wir wenden uns also an Jeden, der sich für '
• wir ihn mit dem €nde des 2. Quartals in einem neuen solche Tjinge interessiert mit der frage:
v^<•;... literarisch -künstlerischen Verlags unternehmen auf- 1) würden Sie einer Organisation beitreten, die den eben er-
•\".'.'".,: _'.;'. gehen lassen, das Tjandin fjand mit wichtigen orga- wähnten Zusammenhalt schaffen und allen ausserparteilichen Sozial-
nisatorischen Versuchen gehen soll, über die wir uns reformern, allem praktischen 'Jfnknüpfungswillen Gelegenheit zur'
: | ^ ' Ä : iri> allernächster Zeit eingehender auszusprechen ge- ausspräche gewähren soll? • • • ' ' , '•"•'..'''.
,|'<£'••;.&; denken. Wir bitten unsere Xeser, uns seinerzeit auf 2) Was halten Sie im besonderen von einem Zusammen- '•'•
i[ %j$t*:- den neuen Boden hinüberzufolgen, —für heute müssen schlussderfreilähdischen, bodenreformerischen und Cjenossenschafis-
'v ;.vV: ; vir uns leider noch auf diese allgemeinsten Jfndeu- ftich/ungen? •':.-.' "''
V^f Jungen beschränkt halten. " 3) Würden Sie einer Zeitschrift, die den literarischen Sam-'
:. '-^ 'J.:': Vom €igenen werden also jetzt noch die ßummern 11 und 12 melpunkt der betr. fteformrichtungen abgeben und namentlich in
;- >S% ; » " ! Ausgabe gelangen. —. We/7<?r einlau/ende jfbonnementsgelder Anknüpfung an aktuelle Ztagesfragen ihre Kritik hervorkehren
j>- '.'^.v werden wir den €inzahlern für eine Broschürenserie gutbringen, soll, die aber auch ein besonderes gewicht auf die Besprechung
• .-%•'''' />» </«" -S/cA u/r^er bisheriger )Qvis zunächst wieder an die Oeffent- praktischer Vorschläge bezw. bereits angestellter Versuche und
lichkeif wenden wird. — ','•"'. ., \ .- •
ihrer Ergebnisse legen würde, als Abonnent sicher sein, oder ihry-
:.!••- „•>*:•? '.:.-, Jndessen haben wir uns heute noch in einer sonst nützlich werden können? "•'•"•'.' '.'.•'• •?•''''
andern .Angelegenheit an unsere Xeser zu wenden: •&•) Würden Sie ev. einer zur Verausgabe dieser Zeitschrift .
wir möchten den ausserhalb der politischen fartei- sich bildenden €rwerbs-$enössenschaft mit JfJitte/n beitreten? -
grenzen wirkenden soziafreformatorischen prüften, Wir bitten um recht zahlreiche Äusserungen unterder Adresse!,
— die mit der Zeit in eine arge und ärgerliche Zer- \ jtdolf Brand''s Verlag ;.
splitterung hineingeraten sind, während sie sich doch • , - Charlottenbürg.
so oft und vielseitig zu befruchten, und in die ijände * ', .- '- — : :—• ' . ' .t *•

zu arbeiten Gelegenheit hätten, — einen Sammel- Für unseren ',. .";'.• ;


'•
boden schaffen, der ihnen freien Austausch der be-
danken und geeignetenfalls auch- eine Verbindung der •r-., ,^<D P r e s s >* F o ti d s.. (^-'', ;
Personen und Tjilfsmiltel ermöglichen würde. gingen weiter an Beitritten ein:, ,',-r . ;* - - / '••, . ., '"-
« ^ Besonders— aber nicht ausschliesslich I— denken wir dabei
KBItl. „Für den Nachfolger des Eigenen ' . . .. M. -O,— V . -

G. St. „Das Schcrflcin des armen Bräutigams" . I L 0,65


an die Jnteressenten der sog. Bodenreform, an die freiländer
(und S seltene Briefmarken).
Tjertzka'scher und Oppenheimer'scher Richtung, an die Vertreter
' A. B . . >.'.-... . . . . . . M. :<,— . '.-\.
genossenschafts - reformatorischer. und verwandter Systeme
Herzlichen Dank! — Weitere Zuwendungen sind nach wie vor •
(Konsum- und Produktivgenossenschaften;. Wohnungsgenossen-r • • . • \ *t

schaffen, Bau- und Sparvereine etc. etc.) und mächten ihnen, die willkommen! . : - . . ; : .
so vielfach, ohne ein grosses, oder ohne ein.erreichbares 3iel, oder

Für ein in jedem Sinne ,


(Junge J^eute ^c^c^^^c^ta^^cQ^^caacfr^cjbc^c^cgoc^^
N
zukunflvolles
•y*
Dr. Franz Oppenheimer: künstlertsch-
; " ; >v die sich dem V e r t r i e b e i n e r bei der
*•> > £ • -literarischen, k ü n s t l e r i s c h e n u n d akade- Die literarisches Unternehmen
. ..:'",;._, mischen J u g e n d '

] IS: hervorragend absatzfähigen Siedlnngsgenossenschaft wird ein feinfühliger und geschäftskundiger

' Auszno aus seinem grossen Werlce (Helenen Titels.


Broschüre (Sonderabdnick aus der Zeitschrift „Neuland").
: ^ r ; > y widmen wollen, werden g e b e t e n m i t dem Preis 30 pfg.
''^-;»;;,':«• . V e r l a g e d i e s e r Zeitschrift i n V e r b i n d u n g gesucht, der Kapital, Sinn für geschmackvolle
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Charlottenburg. liche Verbindungen irr den Kreisen der Kunst-
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