Professional Documents
Culture Documents
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
Das Fundament 5/2007
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
immer deutlicher spürbar. Computer siologe kann zwar eine Vielzahl von
scheinen immer menschenähnlicher Funktionsprinzipien und Informa-
zu werden. Wie geht es weiter? Gibt tionsverarbeitungsprozessen der
es irgendwann keinen Unterschied Sinnesorgane und des Gehirns be-
mehr zwischen natürlicher und schreiben (zum Beispiel Richtungs-
künstlicher Intelligenz? Sind also der hören, Konturensehen). Diese sind
Computer oder komplex vernetzte entscheidende Vorverarbeitungen für
Computersysteme irgendwann dem bewusstes Wahrnehmen und Erken-
menschlichen Gehirn überlegen und nen. Jedoch von einer Kenntnis der
intelligenter als der Mensch? Wird eigentlichen kognitiven Funktion
der Computer damit auch wert- des Gehirns sind wir unendlich weit
voller, weil er nicht krank werden entfernt, nahezu ebensoweit wie zu
kann? In diesem Zusammenhang Zeiten Descartes, der die Problematik
spielen auch die nicht unbegründe- als Leib-Seele-Problem (psychophy-
ten Ängste vor einem computeraus- sischer Parallelismus) beschrieben
gelösten Krieg, vor dem ungeheuren hat: „Ich denke, also bin ich.“
Machtkomplex der weltweiten
Computer-Netze und vor der die
Arbeitsplätze bedrohenden Robotik
eine nicht zu unterschätzende Rolle. Gefühle messbar?
Analogien zwischen Informations-
verarbeitung unseres Gehirns und
unserer Sinne und der zugehörigen
Das Gehirn Bewußtseinsinhalte sind einerseits
Wir wissen recht wenig darüber, zwar quantitativ bis zu einem gewis-
wie das menschliche Gehirn funk- sen Grade möglich. Der qualitative
tioniert. Grundsätzlich ist zunächst Aspekt unserer Sinnesempfin
zur künstlichen Intelligenz zu sagen, dungen, Gedanken und Gefühle
dass für eine Abgrenzung gegen- bleibt unseren Messungen jedoch
über der „natürlichen“ Intelligenz verschlossen. Derzeit weiß auch der
eben diese genaue Kenntnis der größte Forscher nicht, auf welche -
kognitiven Funktion des Gehirns naturwissenschaftlich wahrschein-
vorausgesetzt werden muss. Der lich gar nicht interpretierbar, Weise
Biokybernetiker oder der Neurophy- die Erregung einer Zellgruppe im
Das Fundament 5/2007
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
Computer Wafer
Das Fundament 5/2007
10
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
Das Gehirn
arbeitet ganzheitlich Künstliche Intelligenz
Die sich stets gegenseitig be Gehen wir zu Maschinen über,
einflussenden logischen Informa- welche „künstliche Intelligenz“
tions-Verarbeitung, emotionale besitzen sollen, so zeigt sich, dass
Befindlichkeit und Erinnerungs- diese entscheidend darauf beruhen,
Assoziation sind auf das engste mit- dass die zu verarbeitende, sachbezo
einander verknüpft. Dies ist beim gene Informationsmenge, also das
Rechner deutlich anders, der für Wissen über einen bestimmten
Speichern und Rechnen weitgehend Problembereich, eklatant größer
getrennte Funktionsteile besitzt, die ist, als dies früher möglich war.
einzeln austauschbar sind. Dies wird durch die heute verfüg-
baren, preiswerteren und größeren
11
Das Fundament 5/2007
Laufroboter,
Bionik-Ausstellung 2006,
Karlsruhe
12
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
13
Das Fundament 5/2007
ausgehend ist es nur noch ein kleiner auch erkannt, aber ebenso deutlich
Schritt zur Kreativität. die Tatsache, dass es Computerwerke
sind. Es ist bisher nicht möglich,
neuartige Stilarten mit Computern
aus sich selbst heraus ohne Analyse
von Künstlern zu schaffen.
Erfindung Deshalb müssen wir uns fragen:
Ähnlich, wie wir bei Wahrnehmun- Wie steht es denn mit der mensch
gen aufgrund unserer Informations lichen Kreativität, wie verhalten
verarbeitung quasi „zuordnen sich Information und Kreativität
müssen“ („Zuordnungszwang“), zueinander? Was ist ihr Ursprung?
so stehen wir auch unter einem Woher kommt nun diese Fähigkeit
Drang, Objektklassen zu ergänzen zum begrifflichen Zählen und da-
(„Ergänzungszwang“). Derartige mit zum Bilden von Objektklassen
Objektklassen werden also auch bei (Begriffen) in unserer menschlichen
der Findung (Erfindung) gebildet. Informationsverarbeitung als Basis
Allerdings ist dann zuerst der Typ unserer Kreativität? Es ist eine
vorhanden und Klassenmitglieder Fähigkeit, die wir interessanterweise
folgen später nach (zum Beispiel beim Tier überhaupt nicht finden,
Rad). Dabei wird zum Beispiel abgesehen von antrainierten Reflex-
eine Wahrnehmung (zum Beispiel handlungen.
rollender Stein, oder Baumstamm)
als Typ (Begriff: Rad) etabliert und
in seiner Objektfülle (Räder, Rollen,
Flaschenzüge, Übersetzungen usw.
der verschiedensten Art) ergänzt: das
ist Kreativität. Mit Computern ist
dies bisher nicht möglich gewesen,
ohne entsprechende Informationen
vorher eingegeben zu haben. Es ist
zwar möglich, mit dem Computer
artistische Stile durch entsprechende
Eingaben zu erfassen und dann neue
„Werke“ zu produzieren. Der Stil
(zum Beispiel „typisch“ Bach) wird
ortsetzung auf S. 31
14
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
ortsetzung von S. 14
31
Das Fundament 5/2007
32
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
33
Das Fundament 5/2007
34
Information und Kreativität: Computer gegen Mensch?
35
Das Fundament 5/2007
36