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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 26.2.2004 20. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Proteste gegen Münchner


Sicherheitskonferenz
waren erfolgreich
Die Proteste gegen die sogenannte ,Si-
cherheitskonferenz‘ in München waren
– trotz massiver Polizeirepressionen –
mit bis zu 10.000 Teilnehmer/innen
sehr erfolgreich, so Tobias Pflüger von
der Informationsstelle Militarisierung.
Er verurteilte in seiner Rede am Sams-
tag die massiven und unbegründeten
Polizeiübergriffe auf Demonstrant/inn
/en. „Mit diesen Repressionen soll die
berechtigte inhaltliche Kritik an der so-
genannten ,Sicherheitskonferenz‘ ver-
drängt werden.‘“
Typische Beispiele für die Polizei-
übergriffe waren brutalst durchgeführte
Festnahmen von Demonstrationsteil- Steinbach und der BdV wollen
nehmer/innen, die nur die Demonstra-
tion verlassen wollten!
Ein Verlassen der Demonstration sei
Kritik zum Schweigen bringen
nicht erlaubt. ,Hier ist der bayrische Po- Am 27.2. wird vor dem Land- Nachdem wir die Vorwürfe gegen Ga-
lizeiwillkürstaat aufgeblitzt‘, so Pflü- gericht Hamburg im Ziviljustiz- briele Lesser kennen gelernt haben, kön-
ger. gebäude, Raum 833 ein Präze- nen wir uns des Eindrucks nicht erweh-
Auch Tobias Pflüger wurde am Frei- denzfall verhandelt: Der Bund der Ver- ren, dass das eigentliche Anliegen Erika
tag direkt nach seiner zweiten Rede triebenen (BdV) und seine Präsidentin Steinbachs und des Bundes der Vertriebe-
brutal verhaftet. Dabei wurde ihm der Erika Steinbach haben die in War- nen darin besteht, an Gabriele Lesser ein
Hals verdreht und verletzt. Wenige Me- schau lebende Korrespondentin Ga- Exempel zu statuieren: nicht nur ihr soll
ter vom Kundgebungsort entfernt wur- briele Lesser verklagt, weil sie in ihren der Mund verboten werden, sondern al-
de ihm dann mitgeteilt, dass lediglich in der BRD veröffentlichten Artikeln len potentiellen Kritikern, die einen Zu-
seine Personalien aufgenommen wer- und Kommentaren das vom BdV und sammenhang zwischen dem Holocaust-
den sollten. Der Einsatzleiter der Poli- anderen betriebene „Zentrum gegen Mahnmal in Berlin und dem ebenfalls in
zei sagte, Pflüger habe in seiner Rede Vertreibungen“ scharf kritisiert hat. Berlin geplanten „Zentrum gegen Vertrei-
etwas Strafbares gesagt. Was das gewe- Wir dokumentieren einen offenen bungen“ sehen wollen, und die der Mei-
sen sein soll, könne ihm allerdings Brief, der von der polnischen katholi- nung sind, dass der Bund der Vertriebe-
nicht mitgeteilt werden, so der örtliche schen Zeitschrift Tygodnik Powszech- nen zunächst seine eigene Rolle in den
Polizeileiter. Zwischenzeitlich war von ny initiiert wurde: deutsch-polnischen Beziehungen kritisch
einem Redeverbot die Rede. Nach 20 Solidarität mit Gabriele Lesser überprüfen sollte.
Minuten wurde Pflüger wieder freige- Wenn also Erika Steinbach darauf be-
lassen. Die deutsch-polnische Diskussion um das steht, Gabriele Lesser vor Gericht zu
Pflüger wird eine Strafanzeige gegen „Zentrum gegen Vertreibungen“ währt bringen, soll sie den Mut haben, auch uns
die Polizei stellen: „Es handelt sich hier schon ein paar Jahre. In diesem Mei- zu verklagen. Denn auch wir stehen den
um einen brutalen Willkürakt zur Ein- nungsstreit fehlte es nicht an kritischen BdV-Aktivitäten, die die deutsch-polni-
schüchterung. Ich werde die inhaltliche Stimmen und scharfen, zum Teil unge- schen Beziehungen in zunehmendem
Kritik an der ,Sicherheitskonferenz‘ rechten Formulierungen. Bislang verfiel Maße schädigen, sehr kritisch gegenüber.
weiter vorbringen.“ aber keiner der Wortführer auf die Idee, Wladyslaw Bartoszewski, Vorsitzender des Inter-
www.imi-online.de ■ zur Durchsetzung seiner Argumente einen nationalen Auschwitz-Rates und eh. Auschwitz-
Gerichtsprozess anzustrengen. Häftling, Außenminister a.D. der Republik Polen •
Marek Beylin, Leiter des Ressorts Meinung der
Daher hat uns die Nachricht erstaunt Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ • Pater Adam
und empört, dass der Bund der Vertriebe- Boniecki, Chefredakteur der katholischen Wo-
Aus dem Inhalt: nen (BdV) und seine Vorsitzende Erika chenzeitung „Tygodnik Powszechny“ • Wlodzi-
Revanchismus im Kontext Steinbach die in Warschau lebende Kor- mierz Borodziej, Historiker, Professor an der Uni-
versität Warschau • Marcin Bosacki, Leiter des
der EU-Osterweiterung . . . . . . 7 respondentin Gabriele Lesser gerichtlich Ressorts Ausland der „Gazeta Wyborcza“ • Piotr
veranstaltung verhindert: belangen wollen. Die Journalistin, die der Buras, Publizist, wiss. Mitarbeiter am Institut für
Kein „Leben mit dem Massen- Idee eines „Zentrums gegen Vertreibun- Politische Studien der Polnischen Akademie der
gen“ kritisch gegenübersteht, hatte in der Wissenschaften • Krzysztof Burnetko, Leiter des
grab“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Ressorts Politik der katholischen Wochenzeitung
Le Pen „Opfer des Systems“?. .12 deutschen Presse auch den polnischen „Tygodnik Powszechny“ • Marek A. Cichocki,
Standpunkt dargestellt und vertreten. wiss. Direktor des Zentrums für Internationale Be-
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: meldungen, aktionen
überregional agierende „Hilfsorganisa-
tion für nationale politische Gefangene
und deren Angehörige“ (HNG). Unter
Werbekampagne für „DZ“ Berliner Telefonnummer des SPDlers den Autoren des Blattes, in dem u.a. über
Hamburg. Mit einer doppelseitigen An- mit dem Aufruf zum Protest. Aber „blei- Aktivitäten der Neofaschisten im Raum
zeige werben „Die Deutschen Konserva- ben sie sachlich“, „auf keinen Fall Berlin-Brandenburg, über „Tugend“, die
tiven“ für ihre „Konservative Deutsche schimpfen“ und bloß nicht „abwimmeln Wikinger, „deutsche Monatsnamen“ und
Zeitung“ (DZ) in der „Jungen Freiheit“ lassen“, heißt es. Wiederholt wird in dem die „Mutter“ als „Trägerin des deutschen
(JF). „Darum darf die Türkei auf gar kei- Brief auch zur Unterstützung ehemaliger Lebens“ berichtet wird, befindet sich
nen Fall in die EU“, übertitelt dort Chef- lettischer Waffen-SSler und Wehr- auch der als „nationaler Liedermacher“
redakteur Ivan Denes, in der Vergangen- machts-Soldaten aufgerufen. hma ■ bezeichnete Frank Rennicke. hma ■
heit auch „JF“-Autor, seinen Leitartikel.
Mit von der Autoren-Partie sind diesmal Festival bei Linz „Deutsche Konservative“
Andreas Mölzer, Chefredakteur des ös-
terreichischen „Junge Freiheit“-Ablegers Duisburg. Der Buch- und Musikverlag kandidieren in Wandsbek
„Zur Zeit“, FPÖ-Klubdirektor Dr. An- des Werner Symanek, dessen Anzeigen Hamburg. Wie schon bei den letzten
dreas Skorianz, Prof. Adelgunde Mer- man auch in der Wochenzeitung „Junge Bürgerschaftswahlen kandidieren die
tensacker von der „Christlichen Mitte“, Freiheit“ findet, plant vom 23. bis 25. „Deutschen Konservativen“ (DK, die
Heinrich Lummer und Parteifreundin März ein Musikfestival „auf einem einstige „Konservative Aktion“ Gerhard
Ursula Besser (CDU), Anti-Antifa-Ex- Schloß in der Nähe von Linz (Öster- Löwenthals) auch diesmal nur in einem
perte Prof. Hans-Helmuth Knütter, Prof. reich)“. Bislang haben die Bands „Von Bezirk, in Wandsbek. Der Grund ist, dass
Klaus Becker und natürlich der bereits Thronstahl“, „The Days of the Trumpet man ab und an zu Wahlen antreten muss,
wegen „Volksverhetzung“ verurteilte Jo- Call“, „Sagittarius“ und „Rose Rovine E um den vorteilhaften Parteienstatus nicht
achim Siegerist von den „Deutschen Amanti“ zugesagt. Auch eine Beteili- zu verlieren. Ansonsten wollen die Reak-
Konservativen“. Die gegenwärtige poli- gung der Gruppe „Belborn“ wird erwar- tionäre diesmal die CDU unterstützen,
tische Zielrichtung der Gruppierung tet. Um die Anhänger schwarz-brauner um Rot-Grün zu verhindern. Letztes Mal
wird in dem Blatt, das sich diesmal auch Musik nach Linz zu karren, ist die Ein- war noch die Schill-Partei ihr Favorit,
wieder an die ehemaligen Leser des richtung von zwei Buslinien geplant. jetzt ist man auf deren Namensgeber
„Deutschland Magazins“ richtet, schnell Eine führt von Hamburg über Bremen, nicht mehr gut zu sprechen. Joachim Sie-
klar: Die Türkei darf „auf gar keinen Fall Ruhrgebiet, Köln, Frankfurt, Nürnberg gerist, Vorsitzender der DK äußert sich
in die EU“, Stoiber und Koch stehen in nach Österreich. Eine andere von Berlin auf der hauseigenen Internetseite wie
der Gunst der „DZ“-Leser ganz oben in über Leipzig und Dresden nach Linz. folgt: „Schill ist auf Dauer für keinen ein
der Riege der möglichen nächsten Am Sonntag soll ein Bus Tagesgäste von Partner. ... Der Mann hat einfach keine
CDU/CSU-Kanzlerkandidaten, Ignaz Linz zum Festivalgelände fahren. hma ■ Manieren und ist unberechenbar, oben-
Bubis hat „Raubgold“ der Nazis ge- drein faul wie die Sünde.“ F■
schmuggelt, das Berliner Stadtschloss „MJZ“ aus Wolgast
muß bald wiederaufgebaut werden, im Rechtstrend in der Bundes-
Radio soll eine Quote für deutsche Mu- Wolgast. Geworben wurde für die
sik eingerichtet werden, die FPÖ muss „Mitteldeutsche Jugend Zeitung“, „Zeit- wehr
die Landtagswahlen in Kärnten wieder schrift für junge nationale Sozialisten Eine neue, noch nicht veröffentlichte
gewinnen, studentische Verbindungen aus Mitteldeutschland“, unlängst auch in Studie bestätigt: Offiziersstudenten ste-
sind nicht „Ewig-Gestrig“, Berlin „fi- der Berliner Zeitung „Junge Freiheit“. hen deutlich weiter rechts als ihre zivilen
nanziert“ radikale Islamisten und Martin Herausgegeben wird das Blättchen in ei- Kommilitonen, Tendenz zunehmend.
Hohmann wurde ein Opfer der „politi- ner Auflage von 1500 Exemplaren von Zu diesem Ergebnis kommen Arwed
cal correctness“. Themen, über die man einer AG „Nationaler Medienverbund“ Bonnemann und Ulrike Hofmann-Broll
eigentlich auch in anderen rechten Blät- mit Postfach in Wolgast, das sich als (ab 1999: Christine Posner) vom Zen-
tern liest. Ob die „DZ“ damit also ein „Projekt“ der neofaschistischen „freien trum für Hochschulforschung und Quali-
„Gegengewicht“ zur „linken „Medien- Kameradschaften aus Mitteldeutsch- tätssicherung (ZHQ) der Bundeswehr-
Mafia“ darstellt, so Siegerist, darf be- land“ entpuppt. Auch das „Nationale und universität Hamburg in drei Untersu-
zweifelt werden. Bis zur Jahresmitte will soziale Aktionsbündnis Mitteldeutsch- chungen je drei Offiziersstudenten-Jahr-
man jedenfalls ein monatliches Erschei- land“, das Anti-Globalisierungs-Aufkle- gänge in Hamburg und München seit
nen der „DZ“ erreicht haben. ber vertreibt, bedient sich dieses Postfa- 1995. Vorbild und Vergleichsmaßstab
Vom Siegerist-Verein besonders ins ches. waren die Studien der Konstanzer Ar-
Visier genommen wird diesmal der In der Zeitung (Titelblatt: „Gegen beitsgruppe Hochschulforschung, die
„SPD-General“ Müntefering. Der habe Links-Faschismus und Intoleranz! Den seit 1983 die politischen Einstellungen
sich in einem Brief an CSU-Chef Ed- nationalen Selbst-Schutz organisieren!“) von Studenten untersucht. Mit der Befra-
mund Stoiber u.a. darüber empört, dass finden sich u.a. Werbung oder Anzeigen gung von 2002 verfügen die Hamburger
Siegerist bei einem Treffen alter Waffen- der „Freien Aktivisten Hoyerswerda“, Forscher nun über Daten aus einem gan-
SSler im Baltikum Blumen an einem des „Märkischen Heimatschutz“ (MHS) zen Jahrzehnt, von 1991 bis 2001.
Denkmal niedergelegt hatte. „Wer solche aus Eberswalde, des „Kulturkreis Hans Aufgefordert, sich selbst unter sechs
Unterstützer hat, sollte dringend über Mallon“ aus Ueckermünde, des „Jungen politischen Grundkategorien zu platzie-
sich nachdenken“, heißt es in dem Brief Nationalen Spektrums“ (JNS) aus Weiß- ren, stimmten ein Fünftel der Studenten
an Stoiber. „Wer bedingungslos den wasser, der „Gemeinschaft Deutscher einer Typisierung als „national-konser-
rechten Rand bedient und abdeckt, kann Frauen“ aus Berlin, des „Kampfbund vativ“ zu, rechts von „christlich-konser-
sich nicht auf taktische Gründe berufen. Deutscher Sozialisten“ (KDS) aus Wol- vativ“; 11,5 Prozent beschrieben sich als
Er stabilisiert die rechte Flanke und ist gast und des TTV-Versandes aus Zarren- besonders überzeugte National-Konser-
nicht in der Mitte. Der ist faktisch rechts, tin. Geworben wird auch für neofaschis- vative. Während sich 1995 noch 58 Pro-
nicht nur taktisch“. Als Reaktion auf tische Zeitungen wie „Volk in Bewe- zent als „liberal“ verorteten, waren es
Münteferings Brief veröffentlicht Siege- gung“, „Der Fahnenträger“ und die „Un- 2002 nurmehr 44 Prozent. Demnach ist
rist in seinem neuesten Rundbrief die abhängigen Nachrichten“ sowie für die zwar immer noch eine „starke Mitte“

2 : antifaschistische nachrichten 4-2004


von rund 50 Prozent auszumachen, aber te Le Pen zu einem erneuten verbalen ziehungen, Warschau • Marek Edelman, letzter
im Vergleich zu den zivilen Studenten Schlag aus. Dieses Mal wandte er sich noch lebender Kommandant des Warschauer
eben auch eine überproportional große heftig gegen die antirassistischen Organi- Ghetto-Aufstands im Frühjahr 1943 • Pater Ma-
rek Gancarczyk, Chefredakteur der katholi-
Gruppen von „rechts-konservativ“ und sationen, die seine Verfolger seien. So schen Wochenzeitung „Gosc Niedzielny“, Kat-
„national-konservativ“ Denkender (19 führte der rechtsextreme Politiker wört- towitz • Konstanty Gebert, Publizist, Gründer
bzw. 13 Prozent; 1995: 10 bzw. 6 Pro- lich aus: „Es gibt in Frankreich eine Partei der jüdischen Monatszeitschrift „Midrasz“ •
Bronislaw Geremek, Außenminister a.D. der
zent). Bei der letzten Gruppe, schrieben der Collabos (Anm.: negativer Begriff für Republik Polen • Jaroslaw Gowin, Chefredak-
die Forscher, fänden sich nationalistische Kollaborateure), die mit den Antifranzo- teur der Monatszeitschrift „Znak“, Rektor der
und fremdenfeindliche Positionen, die sen zusammen arbeitet.“ (Anm.: Der Be- Europäischen Jozef-Tischner-Hochschule Kra-
zum Teil als extrem zu bezeichnen sind. griff der anti-France, als Bild einer groß kau • Jerzy Haszczynski, Leiter des Ressorts
Ausland der Tageszeitung „Rzeczpospolita“ •
Die Studien finden sich unter angelegten Verschwörung gegen die fran- Jozefa Hennelowa, stellv. Chefredakteurin der
www.unibw-hamburg.de/ZHQ, nach Die zösische Nation, gehört seit langem zum katholischen Wochenzeitung „Tygodnik Pows-
Zeit, 20.11.2003. kun ■ rechtsextremen Standardrepertoire.) zechny“ • Jerzy Holzer, Historiker, Direktor des
Und weiter im Originalton: „Unter ih- Instituts für Politische Studien der Polnischen
Akademie der Wissenschaften • Jerzy Kranz,
Strafantrag gegen Le Pen nen sind die Miliz (sic!) der Licra, die Botschafter a.D. der Republik Polen in Berlin,
Frei-Zuhälter (Anm.: franc-maquereaux, stellv. Außenminister a.D. der Republik Polen •
Paris. Am 13. Februar musste Le Pen sich eine bösartige Abwandlung von franc-ma- Zdzislaw Krasnodebski, Publizist, Professor an
vor einem Pariser Strafgericht verantwor- çons für Freimaurer; diese weltanschauli- der Kardinal-Wyszynski-Universität Warschau
und an der Universität Bremen • Marcin Krol,
ten. Die Licra (Internationale Liga gegen che Vereinigung einer republikanisch-lai- Chefredakteur der Monatszeitschrift „Res Pu-
den Rassismus und den Antisemitismus), zistischen Elite gehört, neben den Juden, blica Nowa“, Professor an der Universität War-
die eine eher bürgerlich-liberale Antiras- zu den klassischen Figuren der rechtsex- schau • Adam Krzeminski, Publizist des Nach-
sismusorganisation bildet, und die tradi- tremen Vorstellung von der Weltver- richtenmagazins „Polityka“ • Maciej Lukasie-
wicz, Chefredakteur der „Rzeczpospolita“,
tionsreiche Liga für Menschenrechte schwörung), von der Liga für Menschen- Warschau • Tadeusz Mazowiecki, erster nicht-
(LDH) – deren Gründung 1898 eine di- rechte und von SOS Racisme, die mich kommunistischer Ministerpräsident Polens nach
rekte Reaktion auf die antisemitische Mo- zur Räson zu bringen trachten.“ 1989; ehemaliger Chefredakteur der Monats-
zeitschrift „Wiez“ • Adam Michnik, Chefredak-
bilisierung während der Dreyfus-Affäre Noch steht nicht fest, ob auch diese teur der „Gazeta Wyborcza“, Warschau • Zbig-
darstellte hatten Klage gegen den rechts- Ausfälle spätere rechtliche Folgen für niew Nosowski, Chefredakteur der Monatszeit-
extremen Politiker erhoben. Gegenstand Jean-Marie Le Pen haben werden. schrift „Wiez“, Warschau • Rafal Pankowski,
des Strafverfahrens war ein Interview von BhS, Paris ■ Chefredakteur der Monatszeitschrift „Nigdy
Wiecej“ [Nie wieder], Warschau • Piotr Pazins-
Jean-Marie Le Pen, das am 19. April 2003 ki, Chefredakteur der jüdischen Monatszeit-
zum Auftakt des damaligen FN-Parteitags Am 13. März: Demonstration schrift „Midrasz“, Warschau • Wojciech Pieci-
in Nizza in der Pariser Abendzeitung Le ak, Redakteur der katholischen Wochenzeitung
Monde erschien. Darin führte Le Pen u.a. für den Bau der Synagoge „Tygodnik Powszechny“ • Janusz Reiter, Präsi-
dent des Zentrums für Internationale Beziehun-
aus: „An dem Tag, an dem wir in Frank- Bochum. Mehr als 50 VertrererInnen gen, Warschau • Slawomir Sierakowski, Chef-
reich nicht 5 Millionen, sondern 25 Milli- unterschiedlicher Gruppen und Organisa- redakteur der Zeitschrift „Krytyka Polityczna“,
onen Moslems haben werden“ (Anm.: die tionen haben sich im Haus der katholi- Warschau • Adam Szostkiewicz, Redakteur des
für die aktuelle Situation angegebene schen Jugend getroffen und gemeinsam Nachrichtenmagazins „Polityka“ • Bella
Szwarcman-Czarnota, Redakteurin der jüdi-
Zahl ist falsch, nach neuesten Berechnun- überlegt, wie der Hetzkampagne der Na- schen Monatszeitschrift „Midrasz“ • Roza
gen leben heute circa 3,7 Millionen Mos- zis gegen den Bau der Synagoge begegnet Thun, Präsidentin der Polnischen Schuman-
lems in Frankreich) „dann werden sie es werden soll. Konkret vereinbart wurde, Stiftung • Wojciech Wieczorek, eh. Chefredak-
teur der Monatszeitschrift „Wiez“, erster nicht-
sein, die bestimmen. Und die Franzosen dass am 13. März eine Demonstration für kommunistischer Botschafter der Republik Po-
werden sich verstohlen die Mauern ent- den Bau der Synagoge stattfinden wird. len in Ost-Berlin (1990) • Stefan Wilkanowicz,
lang drücken, sie werden vom Bürgersteig Das Friedensplenum wird für das entstan- stellv. Vorsitzender des Internationalen Au-
herunter ausweichen und dabei die Augen dene Bündnis eine Kundgebung anmel- schwitz-Rates, eh. Chefredakteur der Monats-
zeitschrift „Znak“ • Anna Wolff-Poweska, Di-
hinabsenken. Wenn sie es nicht tun wer- den. Für den Fall, dass es eine gerichtliche rektorin des West-Instituts, Posen • Jacek Woz-
den, dann wird man zu ihnen sagen: ,Was Entscheidung gibt, die die Verbotsverfü- niakowski, eh. Präsident des Verlags „Znak“,
guckst Du mich so an?‘ Und dann können gung des Polizeipräsidenten in Bezug auf Professor an der Katholischen Universität Lu-
Sie nur noch abhauen, sonst werden Sie die Nazi-Demo aufhebt, wird der Nazi- blin • Danuta Zagrodzka, Publizistin der „Gaze-
ta Wyborcza“ • Juliusz Zychowicz, Übersetzer,
Prügel einstecken.“ aufmarsch mit Mitteln des zivilen Unge- seit den 60er Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter
In dem, durch Licra und LDH ange- horsam unterbunden. Mehre Arbeitsgrup- der Aktion Sühnezeichen in Polen
strengten Strafverfahren forderte die pen wurden eingerichtet. Am 2. März Übersetzung aus dem Polnischen, Quelle:
Staatsanwaltschaft am Freitag zwei Mo- wird es ein weiteres Treffen im großen www.hagalil.com/aktuell/index.htm
nate Haft auf Bewährung, 8.000 Euro Kreis geben.
Geldstrafe und ein Jahr Aberkennung der Vor dem Treffen haben Nazis versucht Bei den Unterzeichnern handelt es sich
bürgerlichen Ehrenrechte (inklusive des die Versammlung zu stören. Sie erhielten um die Chefredakteure der wichtigsten
passiven Wahlrechts und seiner Wahl- zunächst Platzverweise durch die Anwe- Zeitungen Polens und viele Polen, die
mandate) gegen Le Pen. Das Urteil wird senden und anschließend auch von der sich z.T. seit den 60er Jahren für die
am 2. April bekannt gegeben, also nach Polizei. www.bo-alternativ.de ■ deutsch-polnische Versöhnung einsetz-
den Regionalparlamentswahlen. ten. Ein Hintergrundartikel zum The-
Am darauf folgenden Abend (Samstag, CDU sammelt am rechten ma aus: Tygodnik Powszechny,
14. Februar) weilte Le Pen in Strasbourg, 8/2004, ist ein deutscher Übersetzung
wo er allerdings durch eine größere Rand unter: www.hagalil.com/ar-
Gegendemonstration von zwei Menschen Stuttgart. Die Kommunalwahl in Ba- chiv/2004/02/lesser.htm zu finden.
empfangen wurde. Aufgerufen dazu hat- den-Württemberg am 13. Juni treibt die Auch der Artikel, gegen den sich die
ten Sozialisten, KP, Grüne, LCR, Attac, CDU offenbar dazu, verstärkt am rechten Klage richtet findet sich bei hagalil:
die Antifavereinigung Ras-le-Front Rand zu sammeln. Gabriele Lesser: Angst, Hass und ver-
(Schnauze voll vom Front) und eine Leh- Schon in den Haushaltsberatungen hat zweifelte Gegenwehr in Polen: Mit
rer- sowie eine Studentengewerkschaft. sie für die Ablehnung des REP-Antrags dem „Zentrum gegen Vertreibungen“
Vor 1.500 Menschen, die zu seiner für die Unterstützung des Vertriebenen- fing alles an.
Saalveranstaltung gekommen waren, hol- zentrums in Berlin gesorgt, um dann mit
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: antifaschistische nachrichten 4-2004 3
einem eigenen Antrag und der Unterstüt- bringung von kranken Flüchtlingen in so-
zung aller anderen Parteien außer der genannten Interimswohnungen. Sie kriti-
PDS eben dieses durchzusetzen. Mit der sieren, dass akut oder schwer Kranke aus
gleichen Taktik geht die CDU nun mit den Unterkünften in Hotels oder in Woh-
dem REP-Antrag um, der verlangte, nungen untergebracht werden. Das ge-
Hausbesitzern die Beseitigung von Graf- schieht sowieso nur in extremsten Fällen,
fitis an ihrem Eigentum aus der Stadtkas- und die genannte Gemeinderatsdrucksa-
se zu ersetzen. Auch dieser REP-Antrag che legt dar, dass das Versorgungskonzept
wurde abgelehnt. bereits eine Minimallösung darstellt. Mit
Die CDU stellt nun wenige Wochen einer einzigen Stelle sollen Menschen mit
später den Antrag „Effektive Bekämpfung Mehrfachbehinderungen, Kranke mit
von Graffiti-Vandalismus“ und verlangt Aids, Krebs oder Niereninsuffizienz, psy-
u.a. zu prüfen, ob Hamburger Regelungen chischen Erkrankungen, Suchterkrankun-
auf Stuttgart übertragen werden können. gen betreut werden. Bisher haben vier
Die Gelegenheit, auf die Berliner Regie- freie Träger jeweils eine halbe Stelle be-
rung zu schimpfen, lässt sie natürlich zahlt bekommen, d.h. es stand die doppel-
auch nicht aus: Die rot-grüne Bundestags- te Betreuungskapazität zur Verfügung.
mehrheit hat am 15.1.2004 eine Gesetzes- Jetzt bekommen AG Dritte Welt, Arbei-
verschärfung für dieses Delikt abgelehnt. terwohlfahrt, Evangelische Gesellschaft
ulk ■ und Caritas jeweils nur noch 0,25 Stellen. Neonazi Reitz
Gleichzeitig wurde die Rückkehrberatung „kooperationsbereit“?
REP hetzen wieder gegen für Flüchtlingenendgültig eingestellt.
Das abscheuliche Konzept der REP Köln. Axel Reitz, 21jähriger „Kamerad-
Flüchtlinge ist, sich als sozial darzustellen, indem sie schaftsführer“ der Kölner „Kamerad-
Stuttgart. Im Vorwahlkampf verstärkt Arme gegen Flüchtlinge ausspielen. schaft Walter Spangenberg“, selbster-
sich auch wieder die Hetze der REP ge- ulk ■ nannter „Gauleiter Rheinland“ des
gen Flüchtlinge. Am 30. Januar stellten „Kampfbund Deutscher Sozialisten“,
die REP im Stadtrat eine Anfrage zur und nach eigenem Bekunden Mitglied
Wohnraumversorgung von Flüchtlingen der illegalen NSDAP/AO, wurde am
und zur Fachberatung zur Verbesserung 6.2.04 in Pulheim verhaftet.
der Lebenssituation von kranken und be- Reitz und seine „Kameraden“ hatten
hinderten Flüchtlingen. Sie wollen die wochenlang eine 18-jährige Aussteigerin
Kürzungen, die im Stadthaushalt der Kameradschaft drangsaliert. Neben
2004/2005 im Bereich Flüchtlingsbe- beleidigenden SMS-Nachrichten und an-
treuung vorgenommen wurden, noch derweitigen Bedrohungen klebten Reitz
weiter vorantreiben. und Gefolge Droh-Plakate mit Namen
Sie schreiben: „Ziel der Politik und der und Handy-Nummer der ehemaligen Ka-
Verwaltung muss sein, die Asylbewerber meradin an deren Wohnort und Schule,
und Flüchtlinge – sofern es die politische wurden dabei im Januar allerdings von
und rechtliche Lage erlaubt – in ihre Hei- der Polizei erwischt. Bei der folgenden
matländer zurückzuführen… Allein schon „Fly In“ dichtmachen! Durchsuchung wurden eindeutige CDs
wegen der hohen Sozialleistungen, die und Disketten und weiteres rechtsextre-
dieser Personenkreis beansprucht, haben Marl. Bereits seit einigen Jahren treibt mistisches Material gefunden.
staatliche Stellen die Aufgabe, einer Ver- der Naziladen „Fly In“ sein Unwesen an Nachdem die Bedrohungen allerdings
stetigung und Verfestigung des Aufent- wechselnden Standorten in Marl. Unbe- trotzdem fortgesetzt wurden, erließ die
haltsverhältnisses dieses Personenkreises helligt von den Behörden und geduldet Polizei Haftbefehl gegen Reitz, der erst
im öffentlichen Interesse entgegenzuwir- von der Stadtverwaltung vertreibt dieser im März 2003 wegen des Führens von
ken.“ Tatsache ist, dass die Flüchtlinge Laden faschistische und rechtsextreme Kennzeichen verfassungsfeindlicher Or-
jahrelang in Angst vor Abschiebung leben Propaganda der übelsten Sorte, wie z.B. ganisationen und Volksverhetzung zu ei-
und 20 % weniger bekommen als deut- Reichsflaggen, Ian Stuart-Aufnäher und ner Haftstrafe von zehn Monaten auf drei
sche Sozialhilfeempfänger, dass sie auf CDs der rechtsextremen Bands „08/15“, Jahre Bewährung verurteilt worden war.
engstem Raum ohne Privatsphäre einge- „Oidoxie“, „Kraftschlag“ oder der mitt- Die Aussicht auf einen längeren Gefäng-
pfercht werden (pro Person nur 4,5 m² lerweile verbotenen Band „Landser“. nisaufenthalt ließ Reitz dann schnell
Wohnfläche), dass die Kinder keine Dies stellt nur einen Bruchteil des fa- vom rechten Pfad abkommen: Nachdem
Schulpflicht und damit auch kein Recht schistischen Angebots des Ladens dar. er dem Staatsschutz „Kooperationsbe-
auf Bildung haben, dass das ihnen zuste- Der „Fly In“ ist der Versuch der rechten reitschaft“ signalisiert hatte, wurde er
hende Geld nicht ausbezahlt wird, son- Szene auch in Marl Fuß zu fassen. Über unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt.
dern dass sie mit Chipkarten einkaufen den Verkauf rechtsradikaler Propagan- Seinen „Kameraden“ dürfte das aller-
müssen (damit kontrolliert werden kann, daartikel soll diese menschenverachten- dings weniger gefallen.
was sie einkaufen) oder immer noch auf de Ideologie in die Köpfe junger Leute Vielleicht hängen ja bald Plakate mit
Fresspakete angewiesen sind. Gesund- getragen werden, während sich gleich- Axels Konterfei in Pulheim. HL ■
heitsversorgung erhalten sie nur in Akut- zeitig die etablierte Neonaziszene über
fällen. den Verkauf dieser Artikel finanziert. Kein NPD-Aufmarsch am
Die REP schreiben: „Die ,Fachbera- „Wir dürfen diesem Treiben nicht län-
tung‘ zur Verbesserung der Lebenssitua- ger zusehen!“ fordert die Antifajugend 3. April !
tion von kranken und behinderten Flücht- Marl: „ Weg mit „Fly In“!“ Frankfurt. Die NPD hat für den 3.
lingen gemäß GRDrs 868/2003 wider- Demonstration 28.2., 12 Uhr am Bus- April 2003 eine Demonstration durch
spricht dem Grundsatz, wonach nur akute und S-Bahnhof Marl Frankfurt angemeldet. Das bestätigt das
Krankenfälle zu behandeln sind.“ Die Infos unter: antifajugend.marl Ordnungsamt der Stadt. Der Demonstra-
REP verlangen Auskunft über die Unter- www.aj-marl.de.vu,aj.marl@gmx.net ■ tionszug soll vom Hauptbahnhof zum
: antifaschistische nachrichten 4-2004
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Römerberg marschieren und dort soll
eine Kundgebung mit den beiden Red-
nern (NPD-Bundesvorsitzender Udo
NPD darf vorerst doch marschieren
Voigt und der wegen verschiedener Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hob am 19.2. das Demonstrationsverbot des Polizei-
Straftaten einschlägig vorbestrafte Thor- präsidiums Bochum auf. Eine NPD-Demonstration gegen den Neubau der Bochumer Syn-
sten Heise) zu dem Thema „Volksge- agoge stört die öffentliche Ordnung nicht, finden die Richter des Verwaltungsgerichts Gel-
meinschaft statt Klassenkampf“ durch- senkirchen. „Und wenn, dann nur geringfügig“, sagt der Vorsitzende Richter Hans-Justus
geführt werden (siehe Homepage Charlier. „Da ist die Versammlungsfreiheit ein höheres Gut.“ Vorerst hat die NPD damit die
http://www.freier-widerstand.net/termi- Erlaubnis bekommen, am 13. und am 20. März durch die Bochumer Innenstadt zu ziehen.
ne/20040212073100.shtml). „Stoppt den Synagogenbau – 4 Millionen fürs Volk“ wird dann auf ihren Fahnen stehen.
Eine legitime Forderung, findet Hans-Justus Charlier. „Die NPD ist eine zugelassene Partei,
„Es liegt auf der Hand,“ so die Anti-
deshalb darf sie auch ihre Vorschläge zur Steuerpolitik öffentlich machen.“ Denn nur darum
Nazikoordination Frankfurt, „dass die ginge es bei dieser Demonstration. „Die Partei hat sich in ihrem Demonstrationsantrag deut-
Faschisten, wie auch schon in der Ver- lich von jeglicher Form des Antisemitismus distanziert“, sagt der Richter. „Sie möchten, dass
gangenheit, die wachsende Unzufrieden- das Geld in Kindergärten und Schulen gesteckt wird und wir haben keinen Anlass, diese
heit der Bevölkerung mit der Großen Motivation in Zweifel zu ziehen.“ Eben das hat der Bochumer Polizeipräsident Thomas Wen-
Koalition des Sozialabbaus nutzen wol- ner in seinem Verbot getan. Er sieht in der Demonstration eine Verletzung der Menschen-
len, um auf sich aufmerksam zu machen: würde, insbesondere die der jüdischen Mitbürger. „Dass 60 Jahre nach dem Holocaust ge-
am 3. April soll diese Unzufriedenheit in gen Synagogen demonstriert wird, muss in Deutschland ein Tabu sein“, sagt auch Dieter
drei bundesweiten Demonstrationen des Fleskes, Vorsitzender der Bochumer SPD-Fraktion. Das Urteil des Verwaltungsgerichts findet
DGB und vieler anderer Initiativen ge- er „beschämend, aber nicht überraschend.“
gen den Sozialabbau im Rahmen eines „Die Stadt Bochum wird weiterhin alles tun, damit diese Demonstration nicht stattfindet“,
europaweiten Aktionstags zum Ausdruck sagt Fleskes. Damit spricht er nicht nur für die SPD-Fraktion. Vor drei Wochen hatte sich der
kommen. Wir gehen davon aus, dass die Stadtrat einstimmig gegen die Demonstration ausgesprochen. „Wir sind uns einig, dass die
NPD versuchen wird, sich erneut im Demonstration eine unerträgliche Provokation mit antisemitischer Intention ist“, sagt Fleskes.
Die NPD weist das natürlich von sich. „Beweise für eine rechtsradikale und antisemitische
Rahmen einer Querfront-Strategie des
Planung der Veranstaltung hat der Polizeipräsident nicht geliefert“, sagt Verwaltungsrichter
sogenannten „nationalen Antikapita- Charlier. „Das Verbot ist somit unangemessen repressiv.“
lismus“ als nationalistische und rassisti- Im Polizeipräsidium wird zur Zeit „auf Hochtouren“ an einer Beschwerde gearbeitet. „Wir
sche Interessenvertreterin der vom Sozi- werden auf jeden Fall vors Oberverwaltungsgericht ziehen“, sagt Michael Bloch, Sprecher
alabbau Gebeutelten darzustellen. der Bochumer Polizei. Die Stadtverwaltung versucht unterdessen, das ebenfalls abgewiegel-
Ebenso wie der DGB Region Rhein- te Verbot für NPD-Informationsstände zum gleichen Thema für eine Wiederaufnahme beim
Main fordern wir die Verantwortlichen Oberverwaltungsgericht Münster vorzubereiten. „Das Verwaltungsgericht hat uns informell
der Stadt Frankfurt auf, alle Rechtsmittel geraten, straßenrechtliche Gründe anzuführen“, sagt Dieter Fleskes. Ein Armutszeugnis für
auszuschöpfen, um den geplanten Nazi- die deutsche Justiz, wie er findet. „Es muss doch möglich sein, antisemitische Propaganda
Aufmarsch zu verhindern. Wir begrüßen aus politischen Gründen verbieten zu lassen.“
den Aufruf des DGB und sind sicher, Es ist möglich: Vor zwei Jahren verbot das Verfassungsgericht eine NPD-Demo in Ham-
dass es am 3. April im gemeinsamen Zu- burg, die am Holocaust-Gedenktag stattfinden sollte. Begründung: eine unerträgliche Provo-
sammenwirken gelingen wird, den de- kation der Öffentlichkeit. Wenn das Verbot weiter scheitert, will die Stadt eine Gegende-
monstration veranstalten. Auch attac, die Antifa und Bochumer Friedensgruppen haben Pro-
magogischen Plan der Nazis zu Fall zu
test angekündigt.
bringen. aus: taz Ruhr Nr. 7289 vom 20.2.2004, Miriam Bunjes ■
Und wir fordern von den Ordnungsbe-
hörden, diese Demonstration nicht ein
weiteres Mal, wie am 1. Mai 2003, nach tistik kommt noch eine erhebliche An- de von mehr als 180 Personen unter-
Fechenheim „wegzutolerieren“ - was zahl von Fällen hinzu, die von den schrieben.
auch sowieso nicht geht, da in Fechen- Bundesländern nicht im jeweiligen Mo- „Uns ist es gelungen, erfolgreich auf
heim für den Zeitraum der von der NPD nat, sondern später gemeldet werden. Im die rechtsextreme neofaschistische Aus-
angemeldeten Demonstration ein „Trau- Jahr 2002 gab es so viele Nachmeldun- richtung der Burschenschaft Normannia
ermarsch“ zum Gedenken der Betroffe- gen, dass sich die Gesamtzahl gegenüber Jena hinzuweisen. Die Reaktionen von
nen des Sozialabbaus im Bereich S- den Monatsmeldungen mehr als verdop- BürgerInnen Jenas zum Anliegen waren
Bahnhof Mainkur- Alt-Fechenheim beim pelte. Der Verfassungsschutzbericht zog durchweg positiv.“ So Claus Plettmann
Ordnungsamt angemeldet worden ist.“ eine Bilanz von 10.902 rechtsextrem mo- vom Antifa-Plenum Jena.
PM Anti-Nazi-Koordination ■ tivierte Straftaten für 2002, wovon 772 Ludwig Elm, Vorsitzender des Bundes
Gewaltdelikte waren. Damit lagen die der AntifaschistInnen Thüringens, erläu-
Rechte Gewalt ebbt nicht ab Zahlen höher als 2001, als 10.054 Straf- terte in seiner Rede die geschichtlichen
und 709 Gewalttaten gemeldet worden Ursprünge und wies im Besonderen auf
Wie die FR vom 6.2. meldete, fand auch waren. Die ständige Kürzung der Mittel die Beteiligung der Burschenschaften im
im Jahr 2003 wieder eine Zunahme für die Projekte gegen Rechts lässt be- Dritten Reich hin. Mit dem Zitat: „Was
rechtsextremer Straftaten statt. 2002 hat- fürchten, dass die Zahlen noch drastisch wir seit Jahren ersehnt und erstrebt und
ten sich die Monatszahlen auf 4958 weiter steigen werden. u.b. ■ wofür wir im Geiste der Burschenschaft
Straftaten, davon 365 Gewalttaten, sum- von 1817 jahraus, jahrein an uns gearbei-
miert. Für das gesamte Jahr 2003 errech- Stiftungsfest der Jenaer tet haben, ist Tatsache geworden.“ beleg-
nen sich aus den Ministeriumsangaben te er die bereits damals existierende fa-
für die einzelnen Monate 6965 einschlä- Burschenschaft Normannia schistische Ausrichtung.
gige Delikte, davon 546 Gewalttaten. Jena. Rund 150 Menschen beteiligten Mit einer Demonstration durch das
Das entspricht einer Zunahme um gut 40 sich am Sonnabend dem 21.2.2004, an Stadtzentrum Jenas wurde auf die statt-
Prozent bei allen rechtsextremen Strafta- den antifaschistischen Protesten gegen findende Veranstaltung der Burschen-
ten, worunter vor allem Hakenkreuz- das Stiftungsfest der Burschenschaft schaft Normannia sowie die Beteiligung
Schmierereien und andere Propaganda- Normannia Jena. Eine Petition, welche von Peter Dehoust und Alfred Mechters-
delikte gehören. Die Zahl der Gewaltta- sich an alle Jenaer Gaststätten richtet und heimer an derselbigen hingewiesen.
ten liegt danach um fast 50 Prozent über auffordert, neofaschistischen Organisa- Peter Dehoust ist Leiter des neurech-
dem Wert des Vorjahres. In der Jahressta- tionen keinen Raum mehr zu geben, wur- ten Nation Europa Verlages, laut einer

: antifaschistische nachrichten 4-2004 5


der wichtigsten neofaschisti- sungsstaates, und in seinen Publikatio-
schen Monatszeitschriften. nen finden Sie Anhaltspunkte für rassis-
Daneben ist er Mitherausge- tische, für fremdenfeindliche, für antise-
ber der Zeitschrift „Nation mitisch motivierte Ressentiments (...).“
und Europa“. „Ideologisch Die Burschenschaft Normannia Jena
steht die Zeitschrift von Be- wurde nach dem von heftigen Protesten
ginn an für die europäische begleiteten Besuch Peter Dehousts bei
Vernetzung im Geiste der der Burschenschaft Jenensia 1999 ge-
Waffen-SS.“ (Handbuch des gründet und übernahm von Beginn an
Deutschen Rechtsextre- die äußerst rechte Ecke in der Jenaer
mismus, 1996). Burschenlandschaft. Sie berufen sich auf
Alfred Mechtersheimer die germanische Blut- und Bodenideolo-
gründete im Sommer 2002 gie. Die Beobachtung der Normannia
die Deutsche Aufbau Organi- durch den Verfassungsschutz Thüringen
sation (DAO) und rief damit spricht für sich.
eine neue Sammelbewegung Seit zwei Jahren verfügt die Norman-
für Rechtsextremisten und nia Jena über ein Haus in der Schleiden-
Rechtskonservative ins Le- straße 2. Der Trägerverein zählt neben
ben. Das Landesamt für Ver- Wilhelm Tell (REP) auch Peter Dehoust
fassungsschutz Bayern äußer- zu den Gründungsmitgliedern.
te sich wie folgt zu A. Mech- PM Antifa-Plenum Jena,
tersheimer: c/o JG-Stadtmitte, Johannisstraße 14,
Veröffentlichung des hessischen DGB- „Er steht nicht auf dem Boden der frei- 07743 Jena
Bildungswerks („Die NPD und ihr natio- heitlich-demokratischen Grundordnung. Tel.: 03641-444367,
nalrevolutionäres Umfeld“, 1999) eine Er ist ein Gegner des liberalen Verfas- Fax: 03641-443706 ■

Senden (Bayern). Am 21. März


2004 soll auf Einladung des
NPD-Kreisverbands Neu-Ulm
Horst-Mahler-Auftritt
der Volksverhetzer und Holo-
caustleugner Horst Mahler in städtischen
verhindern!
Räumen der Stadt Senden (Bayern, ca. dentums zur Knechtung des deutschen kommt im Aufstand des Deutschen Vol-
10 km südlich von Ulm) auftreten. Der Volkes. Die jüdische Verstellungskunst kes zu sich“ nachsprachen.
Gemeinderat der Stadt Senden hat per sei begründet in talmudischer Heuchelei. Antifaschistinnen und Antifaschisten,
Beschluss festgelegt, der NPD für diese Juden seien die „Auserwählten Satans“, Demokratinnen und Demokraten aus
Veranstaltung städtische Räumlichkei- sie hätten das Selbstverständnis eines Ulm, der Region und der ganzen
ten, den sog. Heining-Saal, zur Verfü- Henkervolkes. Es fände zur Zeit eine jü- Bundesrepublik haben in den letzten
gung zu stellen. disch-türkische Landnahme dieser Monaten, angeregt durch die Antifa-
Derzeit steht Horst Mahler als Ange- Fremdvölker in Deutschland statt. schistische AKtion Ulm/Neu-Ulm, auf
klagter vor dem Berliner Landgericht. Hätte denn das Deutsche Reich, was vielfältige Weise gegen die Sendener
Ihm wird vorgeworfen, im Rahmen eines er, Mahler selbstverständlich in Abrede Neonazi-Umtriebe und das unsägliche,
Pamphletes namens „Aufruf zum Auf- stelle, tatsächlich versucht, die Juden Eu- beschämende Verhalten der Verantwort-
stand der Anständigen“ zu Gewalt und ropas physisch zu vernichten, so hätte lichen der Stadt Senden protestiert. Es
Willkürmaßnahmen gegen Minderheiten doch dieses Deutsche Reich dann quasi hat nichts genützt. Alle politisch aktiven
aufgerufen zu haben. In diesem Papier in höherem Auftrag gehandelt. Ihm stün- Gruppen und Einzelpersonen, die das ho-
wird u.a. ein Arbeitsverbot und die Aus- de dann hierfür – auch wieder lediglich locaustleugnende Treiben nicht hinneh-
weisung aus Deutschland für „Fremdvöl- theoretisch – eine angemessene Vergü- men wollen, sind aufgerufen, im Vorfeld
kische“ gefordert. Zudem sei, so die Be- tung für diese Bemühung und Sachwal- des 21. März öffentlich wirksame Akti-
hauptung von Mahler und den Mitange- tung gegen das Judentum zu. Die Völker vitäten gegen die Verantwortlichen der
klagten Oberlercher und Meenen, Hass der Welt könnten sich keine andere Lö- Stadt Senden einzuleiten. Zum Beispiel
auf Juden völlig normal und als Zeichen sung der „Judenfrage“ vorstellen als die könnten tägliche Kundgebungen in Sen-
geistiger „Volksgesundheit“ zu werten. physische Vernichtung der Angehörigen den geplant werden.
Bereits im Vorfeld des Verfahrens hat- des jüdischen Volkes... (Mahler-Zitate Für den Fall, dass der Horst Mahler-
te Mahler dem Gericht mit der Verhän- Ende, Quelle: http://www.hagalil.com ) Auftritt nicht im Vorfeld verhindert wer-
gung der Todesstrafe durch das „Deut- Am 9. November 2003 gründete Horst den kann, behält sich die Antifaschisti-
sche Reich“ gedroht. Dieser Verurteilung Mahler mit Frank Rennicke und vielen sche Aktion Ulm/Neu-Ulm eine bundes-
könnten die Richter nur entgehen, indem international tätigen Holocaust-Leug- weite antifaschistische Mobilisierung
sie als Zeichen „tätiger Reue“ das Ver- nern den sog. „Verein zur Rehabilitie- nach Senden vor.
fahren gegen die Angeklagten einstellen. rung der wegen Bestreitens des Holo- Kontaktmöglichkeiten der Stadtverwal-
Seit dem ersten Verhandlungstag am 6. causts Verfolgten (VRBHV)“. Bereits tung Senden: Kurt Baiker, Bürgermeister,
Februar 2004 leugnet Mahler hämisch am 30. Juli 2003 versammelten sich Tel. 07307 - 945 110, Telefax 07307 - 945
den Völkermord an den Juden in Europa. Mahler und Vereins-Aktivisten auf der 101, email: bm@stadt-senden.de
Folgende Aussagen Mahlers aus dem Wartburg (die Polizei verhinderte den ur- AG Medien der Antifaschistischen Ak-
Prozess seien hier zitiert: Das Judentum sprünglich geplanten Auftritt im ehema- tion Ulm/Neu-Ulm
habe über Deutschland ein „talmudi- ligen Vernichtungslager in Auschwitz), Postfach 4246, 89032 Ulm
sches Terrorregime“ errichtet. Der Hass wo die Mahler-Anhänger die von ihm afa-ulm@antifa.net
gegen Juden sei ganz natürlich. Die Au- vorgesagten Sätze „Den Holocaust gab demnächst wieder online:
schwitzlüge sei eine Erfindung des Ju- es nicht“ und „Das Deutsche Reich http://www.ulm.antifa.net ■

6 : antifaschistische nachrichten 4-2004


Die Projekte des deutschen
Revanchismus, die im Rahmen
der EU-Osterweiterung Bedeu-
Revanchismus im Kontext
tung haben, möchte ich in zwei Teilen
darstellen: Zunächst die deutsche
der EU-Osterweiterung
„Volksgruppen“-Politik, dann die Vortrag von Jörg Kronauer auf der Konferenz am 24.1.04
„Vertreibungs“-Thematik. Voranstel-
len möchte ich ein paar Bemerkungen gemessen an der Auflage – 80% der bul- Deutschland ein Drittel der Auslandsin-
zum ökonomischen Hintergrund der garischen Tagespresse. Als die mazedo- vestitionen und hält ein Drittel der Ex-
Osterweiterung: Nur so wird deutlich, nische Monopolkommission kürzlich ein porte, für Bulgarien ist Deutschland
über welche gigantische wirtschaftli- Verfahren gegen den deutschen WAZ- wichtigster Handelspartner, für Rumä-
che Macht Deutschland gegenüber Konzern wegen Bildung eines unzuläs- nien (rechnet man Umwegfinanzierun-
den Staaten verfügt, die von der re- sigen Monopols eröffnete, erfuhr die gen hinzu) größter Auslandsinvestor und
vanchistischen Politik am meisten be- mazedonische Öffentlichkeit aus ihrer zweitgrößter Handelspartner.
troffen sind. Presse nichts davon: 90% der mazedoni-
1. Ökonomischer Hintergrund schen Tagespresse werden von der WAZ 2. „Volksgruppen“-Politik
kontrolliert.
Mit dem Sturz des Realsozialismus öff- Die ungeheure ökonomische Macht Der deutsche Revanchismus hat sich nie
nete sich Osteuropa für westliches Kapi- Deutschlands in Osteuropa zeigt nicht auf platte Territorial- oder Entschädi-
tal. Vor allem zwei Ziele, über die zwi- nur die Lage auf dem Pressemarkt, son- gungsforderungen beschränkt. Schon die
schen den alten westlichen und den neu- dern auch etwa ein Blick auf den Volks- Weimarer Republik kannte raffiniertere
en östlichen Eliten im Großen und Gan- wagen-Konzern, der in Osteuropa über Techniken, mit denen der deutsche Ein-
zen Einigkeit bestand, bestimmten die immensen Einfluss verfügt. Die VW- fluss auf Gebiete wiedererlangt werden
Umbrüche seit 1989. Das erste große Tochtergesellschaft Audi Hungaria ist sollte, die im Versailler Vertrag abgetre-
Ziel war die „Privatisierung“ der osteu- das größte ungarische Exportunterneh- ten worden waren. Diese Techniken
ropäischen Staatsbetriebe. Für den Wes- men. Skoda, ein Vorzeigebetrieb der wiederum beruhten teilweise auf Expan-
ten ging es hierbei vor allem um Investi- tschechischen Industrie, der allein für sionsplänen aus der Zeit des Kaiser-
tionsmöglichkeiten und Expansion. 10% des gesamten tschechischen reichs. Eine zentrale Rolle dabei spielten
Zweites Ziel war die Umkehrung der Außenhandels sorgt, befindet sich voll- (und spielen immer noch) so genannte
Handelsströme. Spielte sich bis zu den ständig im Besitz von VW; das VW- „Volksgruppen“.
Umbrüchen 1989/91 ein großer Teil des Werk in Bratislava bestimmt den slowa- „Volksgruppen“-Politik basiert auf
osteuropäischen Außenhandels innerhalb kischen Außenhandel zu fast einem der Annahme, die Menschheit unterteile
Osteuropas oder zwischen Osteuropa Viertel. Die Macht über die genannten sich in verschiedene „Völker“, deren
und einigen ausgewählten Trikont-Staa- Außenhandelsanteile liegt letztlich in Angehörige sich durch untereinander
ten ab, so arbeiteten die westlichen und der Konzernzentrale in Wolfsburg. gleiche, von anderen „Völkern“ aber
die neuen östlichen Eliten nun daran, die Deutschland ist der Hauptprofiteur verschiedene biologische Abstammung
Ost-Ost- bzw. Ost-Süd-Schiene des der wirtschaftlichen Ostexpansion. Ein auszeichneten. Die einzelnen „Völker“
Außenhandels durch eine Ost-West- Drittel des gesamten polnischen Außen- („Blutsgemeinschaften“), so behauptet
Schiene zu ersetzen („los von Moskau“). handels entfällt allein auf Deutschland, es die völkische Ideologie, schaffen an-
Die Umkehrung der Handelsströme in ebenso 35% des tschechischen Außen- geblich auf der Basis ihrer „Blutsver-
Osteuropa ist dem Westen durchweg ge- handels (die EU insgesamt hält etwa wandtschaft“ eine gemeinsame Kultur,
lungen. Gingen beispielsweise im Jahr zwei Drittel); für die Slowakei ist die ihrem „Volkscharakter“ entspricht.
1990 nur 38% der tschechischen Exporte Deutschland wichtigster Handelspartner Sie sind an ein bestimmtes Territorium
in das Gebiet der heutigen EU, so waren (etwa 25%) und größter Auslandsinves- gebunden, haben dort ihre „Heimat“. Im
es im Jahr 1999 fast doppelt so viel tor (etwa 30%). In Ungarn stellt völkischen „Idealfall“ lebt ein „Volk“
(69%). In Ungarn erhöhte sich die Rate
von 42% im Jahr 1990 auf 76% im Jahr
1999, in Polen von 53% auf 70% und in
Rumänien von 34% auf 65%. Der bul-
garische Export in die Staaten der heuti-
gen EU stieg gar von 5% im Jahr 1990
auf 52% im Jahr 1999 an.
Auch die Privatisierung verlief für
den Westen überaus erfolgreich.
Drastische Beispiele hierfür bietet der
osteuropäische Medienmarkt, der wegen
der meinungsbildenden Funktion der
Medien nicht nur ökonomisch von ho-
her Bedeutung ist.
85% des osteuropäischen Medien-
marktes werden inzwischen durch aus-
ländisches Kapital kontrolliert, drei
Viertel davon von deutschen Konzer-
nen. Dabei teilen sich deutsche Unter-
nehmen mehr als die Hälfte des osteuro-
päischen Pressemarktes, in Ungarn ver-
fügen deutsche Konzerne gar über 75%
der Presse. Allein die Westdeutsche All-
gemeine Zeitung (WAZ) kontrolliert
70% der kroatischen Zeitungen und –

: antifaschistische nachrichten 4-2004 7


geschlossen in einem Staat, kann also niern“ und „Basken“. Die spa-
sein Leben in seiner „Heimat“ gemäß nischen „Volksgruppen“ sind
seinen Eigenheiten frei gestalten. bekannter („Basken“, „Katala-
Die gegenwärtige Lage entspricht nen“, „Galizier“), die briti-
dem völkischen „Idealfall“ überhaupt schen nur zum Teil („Schot-
nicht. Zahlreiche europäische „Völker“ ten“, „Waliser“, „Cornwali-
leben nicht geschlossen in einem Staat, ser“). Weithin unbekannt sind
sondern sind über verschiedene Staaten viele „Volksgruppen“ in Ost-
verteilt. Teile des „deutschen Volkes“ europa, allein Rumänien be-
etwa, „deutsche Volksgruppen“, gibt es herbergt nach avancierter völ-
– so die völkische Ideologie – in fast al- kischer Theorie 21 unter-
len deutschen Nachbarstaaten. Dies be- schiedliche „Volksgruppen“.
trifft Dänemark („Nordschleswig“) und Aus vielen von ihnen sind ei-
Polen („Schlesien“, „Pommern“, „Ost- gene „Volksgruppen“-Organi-
preußen“), die Tschechische Republik sationen hervorgegangen, die
(„Sudetenland“) und Frankreich („El- die deutsche „Volksgruppen“-
sass-Lothringen“) ebenso wie Ostbel- Politik aktiv unterstützen.
gien. Österreich gilt sowieso als Organisiert sind zahlreiche
„deutsch“, ebenso Luxemburg und Teile europäische „Volksgruppen“-
der Schweiz. Verbände in der Föderalisti-
Damit einzelne „Volksgruppen“ nicht schen Union Europäischer
vom „Staatsvolk“ des Staates, in dem sie Volksgruppen (FUEV). Die
leben, „assimiliert“ werden, sollen sie – FUEV, 1954 unter Beteiligung
so verlangen es Völkische – besondere ehemaliger NS-Funkionäre
„Volksgruppenrechte“ erhalten. „Volks- gegründet, setzt sich für weit
gruppenrechte“ unterscheiden sich aller- reichende „Volksgruppenrech-
dings von Minderheitenrechten, dem te“ ein; sie kann für ihre Tätig-
international gebräuchlichen Begriff. Sie keit auf Gelder von staatlichen
stehen „Volksgruppen“ zu, denen eine deutschen Stellen zurückgrei-
historische Bindung an ihre „Heimat“ fen. Die FUEV begann schon
zugeschrieben wird, während Minder- früh, in der Bundesrepublik
heiten (oft als „ethnische Minderheiten“ die alte deutsche „Volksgrup-
präzisiert) nach völkischem Verständnis pen“-Politik wieder aufzuneh-
nicht unbedingt in ihrer „Heimat“ leben. men; dies war bis 1989 in le-
Die türkische Community in Köln etwa galer Form freilich nur in Westeuropa ten im deutsch dominierten Europa ver-
gilt als Minderheit, aber nichtals „Volks- möglich. schwinden, „Völker“ und „Volksgrup-
gruppe“, da sie keine historische Bin- In Westeuropa jedoch arbeitete die pen“ hingegen erhielten das Recht auf
dung an das Rheinland hat. Ihr stehen Bonner Regierung recht bald wieder an Sezession.
also nach völkischem Verständnis keine einer Politik auf „Volksgruppen“-Basis. Vielfach hat die deutsche Außenpoli-
„Volksgruppenrechte“ zu, ganz im In den 1960er Jahren etwa geriet Bonner tik seitdem dieses Prinzip bekräftigt. Die
Gegensatz zu der „autochthonen“ Personal in den Verdacht, die völkischen Teilung der Tschechoslowakei – im
deutschsprachigen Minderheit in Ostbel- Autonomiebestrebungen in Norditalien Land selbst eher skeptisch betrachtet –
gien, die „Volksgruppenrechte“ für sich zu unterstützen; mehreren Bundestags- wurde von der Hanns-Seidel-Stiftung
einfordern kann. abgeordneten wurde von der italieni- unterstützt, der albanische Separatismus
Die Folgen weit reichender „Volks- schen Regierung vorgeworfen, in das im Kosovo wurde in Deutschland gehät-
gruppenrechte“ sind bedeutend. Zu- Umfeld des „Südtirol“-Terrorismus ver- schelt. Kontinuierlich arbeitet das Aus-
nächst schwächen sie den Staat, in dem wickelt zu sein. Auch die Bemühungen wärtige Amt an Planungen für eine
die jeweilige „Volksgruppe“ lebt: Er der 70.000 deutschsprachigen Einwoh- „Neuordnung“ des Balkan nach völki-
verliert seinen Einfluss auf alle Belange, nerinnen und Einwohner Ostbelgiens schen Kriterien. Im Sommer 2002 wur-
die die „Volksgruppe“ in eigener Regie um kollektive Sonderrechte sind von de auf der Grundlage eines deutschen
regeln darf. Oft führt die Verleihung von staatlichem Bonner Personal unterstützt Strategiepapiers in Berlin eine weitge-
Sonderrechten an „Volksgruppen“ zu ei- worden. Über den ehemaligen Ministeri- hende „Regionalisierung“ des Balkan
ner Dynamik, die auf eine immer weiter alrat im deutschen Bundesinnenministe- gefordert; sie soll durch die rechtlich ab-
reichende Autonomie abzielt: Völkische rium Uwe Stiemke etwa darf gesagt gesicherte Förderung und Organisierung
Kollektive suchen die erkämpften Privi- werden, er sei „Mitwisser einer Konspi- der „Volksgruppen“ vorangetrieben wer-
legien zu erweitern. Dabei ist im Falle ration“ gewesen, „die (...) gegen Bel- den. Werde diese Politik nicht durchge-
„deutscher Volksgruppen“ immer die gien“ gerichtet war. setzt, dann sei – so hieß es – die „Auf-
Möglichkeit im Spiel, die eigenen Ungehemmt konnte die deutsche rechterhaltung staatlicher Grenzen als
Sonderrechte zur engeren Anbindung an „Volksgruppen“-Politik sich allerdings Stabilitätsgrundsatz“ hinfällig.
das „Mutterland“ zu nutzen. Die völki- erst nach 1989 ausbreiten. Welche Di- Selbstverständlich kommt die deut-
sche Subversionspolitik der 1930er Jah- mensionen sie annahm, das offenbarte sche „Volksgruppen“-Politik auch direkt
re – etwa in der Tschechoslowakei oder ein Paukenschlag im Jahr 1991: Die An- „deutschen Volksgruppen“ zu Gute. Im
in Belgien – gibt einen Eindruck davon. erkennung der Unabhängigkeit Slowe- deutsch-polnischen „Nachbarschaftsver-
„Volksgruppen“, die „Volksgruppen- niens und Kroatiens durch den vorpre- trag“ aus dem Jahr 1991 etwa sind eine
rechte“ für sich beanspruchen können, schenden deutschen Außenminister Gen- Reihe von „Volksgruppen“-Rechten ver-
gibt es nicht nur in den Nachbarstaaten scher. Genschers Vorgehen hatte ver- traglich festgelegt, sie umfassen ein
Deutschlands. Frankreich etwa wird schiedene Gründe; deutlich wurde mit Fünftel des gesamten Vertragstexts. Ber-
nach völkischer Weltsicht nicht nur von der Maßnahme jedoch ein Prinzip: lin befürwortet eine Festschreibung der-
Franzosen und Französinnen bewohnt, „Vielvölkerstaaten“, „Völkergefäng- artiger „Volksgruppenrechte“ in EU-Do-
sondern auch von „Bretonen“, „Okzita- nisse“ – das war schlagartig klar – soll- kumenten, selbst der Verfassungsent-

8 : antifaschistische nachrichten 4-2004


die Autonomiebestre- einbar mit den „Kopenhagener Krite-
bungen der „ungari- rien“ der EU. Denen aber müssen die
schen Volksgruppe“ ein- Mitgliedsstaaten entsprechen, sonst
greifen. droht ihnen ein Verfahren vor dem Euro-
Zunehmende Unruhe päischen Gerichtshof. Als inkompatibel
unter den „Auslandsun- mit EU-Recht gilt insbesondere das
garn“ ist ohnehin nicht tschechische „Straffreiheitsgesetz“ vom
mehr auszuschließen. 8. Mai 1946, mit dem Handlungen ge-
Budapest gehört – wie gen die deutsche Okkupation amnestiert
Berlin – zu den Verlie- wurden, soweit sie geltenden Gesetzen
rern des Ersten Welt- widersprachen. Von einer Annullierung
kriegs, Budapest ver- dieses Gesetzes wären etwa auch dieje-
sucht – ebenfalls wie nigen betroffen, die mit dem Attentat auf
Berlin – mit Hilfe völki- Heydrich den höchsten NS-Repräsentan-
scher Außenpolitik sei- ten im damaligen Protektorat angegrif-
nen Einfluss auf die ab- fen hatten.
getretenen Territorien Die derzeit wohl öffentlichkeitswirk-
wiederzugewinnen. Die samste revanchistische Offensive ist das
ungarische Regierung Zentrum gegen Vertreibungen. Der
treibt diese Politik scharf „Bund der Vertriebenen“ (BdV) arbeitet
voran. seit fünf Jahren daran. Im Frühjahr 1999
So will sie allen „Aus- hatte er beschlossen, ein solches Zen-
landsungarn“ die ungari- trum zu errichten – in Berlin, eventuell
sche Staatsbürgerschaft nahe beim Holocaust-Mahnmal und auf
verleihen – genau das jeden Fall mit staatlicher Unterstützung.
also, was die deutsche Die Umsiedlung der Deutschen („Ver-
Regierung in Polen und treibung“) sollte dokumentiert werden,
der Tschechischen Repu- mit Wechselausstellungen wollte man
blik vormacht. In der ganz Europa einbeziehen – etwa durch
osterweiterten EU wird die Erinnerung an den Genozid an Ar-
die deutsch-ungarische menierinnen und Armeniern durch das
Achse den „Volksgrup- Osmanische Reich oder durch Hinweise
pen“ Europas noch zahl- auf ethnisch motivierte Verfolgung im
wurf war hierfür im Gespräch. Eine reiche Privilegien verschaffen. früheren Jugoslawien. Gekrönt werden
wichtige Rolle bei der Koordination eu- 3. „Vertreibung“ sollte das Zentrum mit einer „Requiem-
ropaweiter „Volksgruppen“-Aktivitäten Rotunde“ zur Erinnerung an die Opfer
kommt der in Flensburg angesiedelten Auch auf revanchistische Themen im der „Vertreibung“.
FUEV zu, in der „deutsche Volksgrup- engeren Sinn – die „Vertreibungs“-The- Zunächst liefen die Planungen rund.
pen“ aus rund 20 europäischen Staaten matik – wird sich die EU-Osterweite- Der BdV-Vorsitzenden Erika Steinbach
organisiert sind. Im Jahr 1991 haben sie rung eher früher als später auswirken. gelang es rasch, CDU und CSU für ihr
sich auf Initiative des deutschen Das betrifft zunächst wohl die Entschä- Vorhaben zu gewinnen; SPD-Innenmi-
Bundesinnenministeriums zur „Arbeits- digungsansprüche der deutschen Umge- nister Schily sprach sich ebenso für das
gemeinschaft deutscher Minderheiten in siedelten. Die „Vertriebenen“-Verbände Zentrum aus wie mehrere sozialdemo-
der FUEV“ zusammengeschlossen, al- haben angekündigt, ihre Forderungen kratische Länderministerpräsidenten. Im
lein aufgrund ihrer Anzahl verfügen sie gerichtlich zu verfolgen – bis vor euro- September 2000 wurde die „Stiftung
in der FUEV über hohen Einfluss. päische Gerichte, die ab Mai auch für Zentrum gegen Vertreibungen“ aus der
In der FUEV organisiert sind auch Polen und die Tschechische Republik Taufe gehoben, unter dem gemeinsamen
„ungarische Volksgruppen“ aus der Slo- das letzte Wort haben. Vorsitz von Erika Steinbach (CDU) und
wakei und Rumänien. Der FUEV gehört Während die „Sudetendeutschen“ auf Peter Glotz (SPD) verschaffte sie sich
etwa die „Strana Madarskej Koalicie“ an unauffällige Privatklagen setzen, haben das Wohlwollen der SPD-Bundestags-
(SMK, Partei der Ungarischen Koali- die „Ostpreußen“, die „Schlesier“ und fraktion und finanzielle Unterstützung
tion), die an der derzeitigen slowaki- die „Pommern“ mit der „Preußischen von inzwischen 400 Kommunen (darun-
schen Regierung beteiligt ist und im Treuhand“ eine Organisation geschaf- ter mehrere Großstädte). Und das trotz
Parlament die zweitgrößte Regierungs- fen, die ihre Ansprüche geschlossen ver- oder vielleicht auch gerade wegen der
fraktion stellt. FUEV-Mitglied ist auch folgen will: Notfalls auch mit Sammel- politischen Stoßrichtung des Projekts.
die „Uniunea Democrata Maghiara din klagen in den USA, nach dem Vorbild Politisches Ziel des „Zentrums gegen
Romania“ (UDMR, Demokratischer der Jewish Claims Conference. Vertreibungen“ war und ist es, die Um-
Verband der Ungarn in Rumänien), die Ob die rechtlichen Grundlagen der siedlung der Deutschen zum „Unrecht“
momentan die rumänische Regierung Umsiedlungen (Benes-Dekrete, Bierut- zu erklären. Dies ist nichts anderes als
parlamentarisch stützt. In der ungarisch- Dekrete, Avnoj-Dekrete) den Rechtsnor- ein Angriff auf das Potsdamer Abkom-
sprachigen Minderheit in Rumänien ha- men der EU entsprechen, ist noch nicht men, das die Grundlage der europäi-
ben sich die Autonomiebestrebungen in abschließend geklärt. Beschlossen wur- schen Nachkriegsordnung bildet. Denn
den vergangenen Monaten verschärft, de bisher nur, dass sie dem EU-Beitritt im Potsdamer Abkommen wurde die
Ende 2003 wurde dort sogar lauthals etwa der Tschechischen Republik nicht Umsiedlung der Deutschen völkerrecht-
über den bewaffneten „Volksgruppen“- im Wege stehen. Der Fortbestand von lich verbindlich angeordnet, bevor sie
Kampf schwadroniert. Bei einer Zuspit- „Vertreibungs- und Entrechtungsdekre- dann nach nationalen Ausführungsbe-
zung der Lage wäre die von Deutsch- ten“, das hat der CDU-Bundestagsabge- stimmungen („Benes-Dekrete“, „AV-
land stark beeinflusste FUEV jedenfalls ordnete Friedrich Merz der Schlesischen NOJ-Dekrete“) umgesetzt wurde. Würde
unmittelbar in die Auseinandersetzungen Landsmannschaft im Juli bestätigt, sei die Umsiedlung zum „Unrecht“ erklärt,
involviert und könnte entscheidend in seiner Rechtsauffassung nach nicht ver- dann wären wichtige Bestimmungen des

: antifaschistische nachrichten 4-2004 9


Potsdamer Abkommens Unrecht, Euro- für ihr Vorhaben. Die Fronten sind -
pa müsste völlig neu „geordnet“ werden. trotz der weitgehenden Übereinstim-
Den handelnden Personen ist der An- mung der beiden Konzepte - verhärtet:
griff auf das Potsdamer Abkommen Steinbach und der BdV beharren auf
durchaus bewusst. „Es ist auch keines- dem Standort Berlin, Meckel und sein
wegs nur ein Thema, das wir mit Tsche- Gefolge profilieren ihren „europäi-
chen und Polen diskutieren müssen“, be- schen“ Ansatz gegenüber dem „nationa-
merkte Peter Glotz beim Berliner Fest- len“ der Vertriebenen. Inzwischen sind
akt zum „Tag der Heimat“ 2001: „Es „dezentrale“ Ansätze für das Zentrum
lohnt auch die Diskussion mit Amerika- im Gespräch (vgl. Antifaschistische
nern, Engländern und Franzosen“ – mit Nachrichten 2/2004).
Garantiemächten des Potsdamer Ab- Dabei ist die wirklich wichtige Ent-
kommens also. scheidung längst gefallen. Am 6. Sep-
Nicht weniger deutlich äußerte sich tember hat sich das deutsche Staatsober-
ein anderer sozialdemokratischer Befür- haupt öffentlich zu „Vertriebenen“-Posi-
worter des Zentrums, Markus Meckel. tionen bekannt und die Umsiedlung der
„Wir müssen es zugeben“, erklärte er im Deutschen zum „Unrecht“ erklärt. „Die
Mai 2002 im Bundestag, „auch Demo- Konferenzteilnehmer von Teheran, Jalta
kraten wie Churchill, Roosevelt und Erika Steinbach und Peter Glotz bei der und Potsdam“, so Bundespräsident Rau
Truman akzeptierten Vertreibungen, in- Verleihung des Franz-Werfel-Preises beim Festakt zum diesjährigen Tag der
dem sie Zwangsumsiedlungen als einen Heimat, könnten sich nicht von der
Teil von Stabilitätspolitik betrachteten. zum „Unrecht“ erklären, auch ihm ist „Verantwortung“ für ihr Handeln „den
Heute lehnen wir dies ab, weil es Un- die Stoßrichtung gegen das Potsdamer Deutschen“ gegenüber freimachen; und
recht ist.“ Abkommen wichtig (s.o.). um jeden Zweifel zu zerstreuen, fügte er
Probleme mit dem BdV-Projekt hatte Meckels Vorstellungen von einem hinzu: „Hitlers verbrecherische Politik
vor allem eine kleine, politisch hochspe- „Europäischen Zentrum“, die vom entlastet niemanden, der furchtbares Un-
zialisierte Personengruppe: Außenpoliti- Bundestag schließlich am 4. Juli 2002 recht mit furchtbarem Unrecht beant-
kerinnen und Außenpolitiker, die in den verabschiedet wurden, unterscheiden wortet hat.“
Vorfeldorganisationen des Auswärtigen sich vor allem in einem Punkt von den Berlin hat seine Absichten offen er-
Amts die deutsche Polen-Politik vorbe- „Vertriebenen“-Plänen: Sie sind in der klärt. In Deutschland stört das kaum je-
reiten und begleiten. Die Schwierigkei- Standortfrage offen. Während der BdV manden. Ganz außergewöhnlich ist je-
ten waren eher taktischer Natur. Sie be- das Zentrum unbedingt in Berlin haben doch der Widerstand, der sich inzwi-
ruhten darauf, dass die deutschen „Ver- will, ist Meckel bereit, das Zentrum in schen in Polen zu entwickeln beginnt –
triebenen“-Verbände in Polen und Wroclaw anzusiedeln und damit den vor allem nach provozierenden Auftrit-
Tschechien nach wie vor sehr unbeliebt polnischen Eliten Einfluss auf die kon- ten der BdV-Vorsitzenden in Warszawa.
sind. Ein vom BdV gegründetes „Zen- krete Gestaltung zuzugestehen. Die – „Was sollen wir anderes erwarten, nach-
trum gegen Vertreibungen“, das wurde von Berlin definierte – politische Stoß- dem der deutsche Staat 50 Jahre lang
den deutschen Außenpolitikerinnen und richtung gegen das Potsdamer Abkom- Vertriebenenverbände gezüchtet hat?“,
Außenpolitikern in Gesprächen mit ih- men freilich steht für den Sozialdemo- hieß es im Herbst beim größten polni-
ren Kolleginnen und Kollegen aus Polen kraten nicht in Frage. schen Nachrichtenmagazin Wprost. „Ha-
rasch deutlich, riefe heftigen Unmut in Im Gegenteil – er weitet sie sogar aus. ben wir etwa behauptet, daß man in
der polnischen Bevölkerung hervor. Und Ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ in Ortsgruppen der Landsmannschaften nur
da es zu ihren Aufgaben gehört, die Wroclaw ruft nicht nur die deutsche Ver- Schach spielen oder Tanz- und Kochkur-
deutsche Polen-Politik möglichst ohne gangenheit des ehemaligen Breslau ins se organisieren würde? Das Konzept
größere Unruhen über die Bühne zu be- Gedächtnis. Es erinnert auch daran, dass von Erika Steinbach ist eine logische
kommen, sannen die deutschen Polen- in Wroclaw nach der Umsiedlung der Konsequenz der Politik aller deutschen
Fachleute auf Abhilfe. Deutschen Polinnen und Polen einzo- Kräfte – von links bis rechts.“
Den rettenden Einfall hatte Markus gen, die aus dem heute ukrainischen Der polnische Staatspräsident Kwas-
Meckel, einer der führenden SPD- Lviv kamen; die polnische Vergangen- niewski formuliert dies noch drasti-
Außenpolitiker, zu dessen Aufgabenge- heit der heutigen Westukraine käme ins scher. Am 15. September erschien in der
biet vor allem Polen gehört. Meckel trat Gespräch, polnischer Revanchismus be- polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita
im Frühjahr 2002 mit einem eigenen, käme Zündstoff. Kein Staat in Osteuro- ein Artikel des polnischen Staatspräsi-
angeblich alternativen Konzept an die pa ist frei von ähnlichen verborgenen denten. Der Text – wohl die bemerkens-
Öffentlichkeit. Er befürworte ein „Euro- Konflikten, Meckels konsequente „Eu- werteste Stellungnahme zum „Zentrum
päisches Zentrum gegen Vertreibungen“, ropäisierung“ des Zentrums könnte zu gegen Vertreibungen“ – warnt offen vor
erklärte der Sozialdemokrat und begann, einem wahren Flächenbrand beitragen. den Folgen der deutschen Revisionspoli-
sich verbal von den BdV-Plänen abzu- Selbst die BdV-Vorsitzende hält dies für tik. „Ich wäre heute sehr vorsichtig“, so
setzen, die er inzwischen als „national“ riskant. „Vor diesem Hintergrund müs- Kwasniewski über die im Potsdamer
bezeichnet. Inhaltlich unterscheiden sich sen wir sehr sorgfältig überlegen“, gab Abkommen angeordneten Umsiedlun-
Meckels Vorstellungen kaum von denen sie im Bundestag zu bedenken, „ob man gen, „mich auf eine Diskussion darüber
der „Vertriebenen“, die ja im Übrigen anderen Völkern einen Gefallen tut, einzulassen, ob diese Maßnahmen recht-
auch eine klare „europäische“ Kompo- wenn man sie in die Behandlung einer mäßig waren. Das bedeutet, die Büchse
nente enthalten; als der Bundestag im Frage einbindet.“ der Pandora zu öffnen. (...) Ich möchte
Mai 2002 über die beiden konkurrieren- In die möglicherweise entscheidende nicht übertreiben, aber es muss daran er-
den Konzepte debattierte, hielt ein Phase ist die Debatte im Juli 2003 getre- innert werden, womit die Schwierigkei-
CDU-Abgeordneter dies ausdrücklich ten - kurz nach den EU-Beitrittsreferen- ten auf unserem Kontinent begonnen ha-
fest („So viel Übereinstimmung gab es den in Polen und Tschechien, deren Ge- ben, die letztlich zum Ausbruch des
selten“). Der Kern ist in beiden Planun- lingen weder Meckel noch die „Vertrie- Zweiten Weltkrieges führten: mit der
gen gleich: Auch Meckel will die Um- benen“ aufs Spiel setzen wollten. Seit- Untergrabung des Versailler Vertrages.“
siedlung der Deutschen ausdrücklich dem trommeln alle Beteiligten lauthals Jörg Kronauer ■

10 : antifaschistische nachrichten 4-2004


Hamburg. AntifaschistInnen der
Bad-Wea-ther-Gruppe und Freun-
dInnen verhinderten am Abend
Kein „Leben mit dem
des 3.2.2004 eine Veranstaltung aus
dem Begleitprogramm der Ausstellung
„Verbrechen der Wehrmacht - Dimen-
Massengrab“
sionen des Vernichtungskrieges 1941 – Jens Michelsen von der KZ-Gedenk- unter Schock, wenn neben ihnen „Kame-
1944“. Die Veranstaltung wurde von stätte, der alle Einwände abwies, musste raden“ zerfetzt wurden, während sie von
der KZ Gedenkstätte Neuengamme or- nach etwa einer Stunde seine Versuche den „Partisanenerschießungen“ unberührt
ganisiert und trug den Titel „’Leben mit abbrechen, die Veranstaltung trotz der blieben. Die NS-Opfer hingegen hatten
dem Massengrab’ – werden Bundes- Proteste durchzuführen. meistens nur einen minimalen „Hand-
wehrsoldaten auf psychische Belastun- Bundeswehr und die KZ-Gedenkstätte lungsspielraum“, zunächst, weil sich nur
gen bei Auslandseinsätzen vorberei- Neuengamme wollten während dieser Be- wenige auf ihre Seite stellten und später
tet.“ An dieser Veranstaltung nahmen gleitveranstaltung zur Wehrmachtsaus- wegen des mitleidslosen Vernichtungs-
auch eine ganze Reihe von hochrangi- stellung gemeinsam erörtern, „inwieweit willens ihrer Mörder. Für sie gab es, be-
gen Bundeswehroffizieren teil. Soldaten auf die zunehmenden Auslands- sonders in den Lagern, keine Verknüp-
einsätze vorbereitet werden“ – unter be- fung von Ursache und Wirkung, auf die
Am Dienstag, den 3. Februar 2004 sollte sonderer Berücksichtigung des Umgangs sie ihr Handeln hätten einstellen können.
im Rahmen der Wehrmachtsausstellung mit „posttraumatischen Syndromen nach Die deutsche Volksgemeinschaft aber war
im Hamburger Metropoliskino eine Ver- Kriegeinsätzen.“ (Ankündigung) Die Ge- bis zur Kapitulation handlungsfähig und
anstaltung zum Thema „Werden Bundes- denkstätte Neuengamme bietet sich hier- bildete danach ein heimeliges Schweige-
wehrsoldaten auf psychische Belastungen bei der Bundeswehr mit dem Argument und Therapiekollektiv.
bei Auslandseinsätzen vorbereitet?“ statt- an, als KZ-Gedenkstätte verfüge man Und so funktioniert es auch heute: „Die
finden. Veranstalter war die KZ-Gedenk- schließlich über Expertenwissen auf dem wirksamste Hilfe sind verständlicher-
stätte Neuengamme. Leiter der Veranstal- Gebiet posttraumatischer Belastungsstö- weise die Kameraden. Mit ihnen spricht
tung war der Gedenkstättenmitarbeiter rungen und sei daher idealer Partner der man sich aus, tauscht Erfahrungen, sucht
Jens Michelsen. Die Mehrheit der Besu- Bundeswehr. Trost. Verständnisvolle Vorgesetzte schil-
cher bestand aus Bundeswehrsoldaten in Mit diesem Angebot übertrifft die Ge- derten, wie sie sich besonders verstörter
Uniform und Zivil. Hauptreferent sollte denkstätte Neuengamme noch die ge- junger Soldaten annehmen.“ (Das Ost-
Oberst Hans-Jürgen Folkerts sein, Chef- schichtsrevisionistischen Praktiken der preußenblatt über den Film von Heike
Ausbilder der Bundeswehr für Auslands- Gedenkstätten in Sachsen, aus deren Stif- Mundzeck). Oder man findet Hilfe bei der
einsätze und Interview-Partner der neofa- tung jüngst die Opferverbände ausgetre- „Erlebnisgeneration“, beim Großvater,
schistischen Zeitung „Junge Freiheit“. ten sind. Noch nie zuvor ging eine Ge- der von der Wehrmacht erzählt.
Vor seinem Beitrag sollte der Film „Le- denkstättenleitung so weit, das Trauma Nun ist es keineswegs so, dass der Ge-
ben mit dem Massengrab“ der „Doku- der Opfer des Nationalsozialismus mit denkstätte Neuengamme – etwa aus poli-
mentarfilmerin“ Heike Mundzeck gezeigt dem „Schock“ (Ostpreußenblatt) von frei- tischer Naivität – mit dieser Veranstaltung
werden. Heike Mundzeck wurde vor zwei willig angetretenen Bundeswehrsoldaten ein dummer Fehler unterlaufen ist. Die
Jahren von der Deutschen Gesellschaft zu vergleichen, den diese bei einem An- Zusammenarbeit mit der Bundeswehr bei
für Humanes Sterben (DGHS) für ihre griffskrieg gegen Jugoslawien oder beim der Aufarbeitung der psychischen Folgen
NDR-Dokumentation „In Würde sterben“ Auslandseinsatz im Kosovo oder in Af- vergangener Auslandeinsätze ist Teil des
mit der „Lebensuhr 2002“ ausgezeichnet. ghanistan erleben können. Dieser poli- allgemeinen „Wandels der Gedenkstät-
Über ihren Film „Leben mit dem Massen- tisch gewollte Vergleich besagt, dass die ten“ und der „Erinnerungskultur im Um-
grab“ schrieb die rechtsradikale Zeitung schmerzliche Vergangenheit der Überle- bruch“. In Neuengamme wurde schon vor
„Das Ostpreußenblatt“ am 19. August benden des Holocaust und des Vernich- einigen Jahren eine Trennung in einen
2000: „Wenn junge Männer aus einem tungskrieges für Mitarbeiter einer KZ-Ge- „Gedenkbereich“ und einen „Dokumenta-
Wohlfahrtsstaat wie Deutschland ... in ein denkstätte nicht (mehr) das zentrale Trau- tionsbereich“ eingeführt. In einer von
Gebiet entsandt werden, in dem zwei Völ- ma ist. Dieser Umgang mit der Vergan- Jens Michelsen verfassten „Machbar-
ker mit dem Ziel der Selbstbehauptung genheit lässt sich als Ausdruck der Leug- keitsstudie zur Umgestaltung“ geht es nun
und Selbstbestimmung miteinander nung von Traumatisierungen verstehen, um „die Vermittlung der Geschichte in
kämpfen, dann erleben sie in der Regel ei- die anderen während des Holocaust und Bezug zu aktuellen Fragestellungen“, um
nen Schock. ... des deutschen Vernichtungskrieges in „Menschenrechtsverletzungen in Vergan-
In einem einfühlsamen und fairen Film Serbien und im „Osten“ angetan worden genheit und Zukunft“. Ziel der Gedenk-
schilderte die ARD unter dem Titel „Le- sind. Gezeichnet von Hunger, Sklavenar- stätte sei „die Entwicklung demokrati-
ben mit dem Massengrab – Deutsche Sol- beit und Folter zu sein und dabei (über schen Denkens und Handelns“ und die
daten im Kosovo“, was die jungen Solda- Monate und Jahre) das Bewusstsein vom „Herausbildung einer gemeinsamen euro-
ten erlebten und wie sie es verarbeiten.... nahen Ende in Gestalt der bereits Ermor- päischen Identität“. Diese Instrumentali-
Nach Rückkehr in ihre Heimat können die deten und der allmächtigen Peiniger vor sierung der Opfer des Nationalsozia-
Soldaten im Rahmen der inneren Führung Augen zu haben, das ist etwas anderes als lismus für die neue deutsche Großmacht-
an Seminaren teilnehmen, in denen die Erinnerungen, die den einen oder an- politik im Namen der Menschenrechte
„Psychos“, um im Jargon der Soldaten zu deren Täter heimsuchen mögen, der seine stellt eine neue Stufe deutscher Schamlo-
sprechen, sich bemühen, ihre posttrauma- „Aufgabe“ erledigte und es ist etwas an- sigkeit dar. Ein neuer Typus ambitionier-
tischen Eindrücke zu verarbeiten. Ein jun- deres als der „Schock“, den ein Bundes- ter Gedenkstättenmitarbeiter... sieht die
ger Soldat berichtete, daß er mehrmals aus wehrsoldat erlebt, wenn ihn die Realität Gedenkstätten längst als Serviceunterneh-
dem Kosovo seinen Großvater angerufen eines Krieges einholt, an dem er sich be- men des deutschen Gedächtnisses und der
habe, um ihm zu erzählen, was ihm auf der teiligen will. deutschen Außenpolitik. Wir werden uns
Seele lag. Dazu der Soldat: „Mein Großva- Schon die deutschen Landser waren in auch weiterhin das Recht herausnehmen
ter war nämlich auch Soldat, und zwar im ihrem Reizschutz kaum verletzbar, weil gegen Geschichtsrevisionismus zu protes-
Zweiten Weltkrieg.“ Bei der Rückkehr sie sich bei den Gewalttaten, in denen sie tieren und zu agieren. bad weather
nach Deutschland führte sein erster Weg sich verwirklichten, als pflichttreue Antifaschistische Gruppe Hamburg,
zum Großvater.“ Staatsbürger sehen konnten. Sie standen Hamburg, 4.2. 2004, leicht gekürzt ■

: antifaschistische nachrichten 4-2004 11


„Wird der 21. März zum 21. Frankreich vor den Regionalparlamentswahlen:
April?“ Diese Frage wird der-
zeit gern von Journalisten und Droht eine neue Serie rechtsxtremer Erfolge?
Politikern gestellt. Nicht, dass dem
französischen Kalender revolutionäre
Umwälzungen bevor stünden. Aber
Le Pen als „Opfer des
am Tag des diesjährigen Frühlingsbe-
ginns werden frankreichweit alle Re-
gional- und ein Teil der Bezirksparla-
Systems“?
mente neu gewählt im ersten Durch- dung des öfteren auch von konservativen men nach drohen jetzt innerparteilich des-
gang, am 28. März findet dann ein Politikern hergestellt worden , etwa in Ge- wegen einige Köpfe zu rollen...
zweiter Wahlgang statt. stalt der Drohung, falls die Gesetzesvorla- Am Montag (16. Februar) war der
ge nicht in Bälde verabschiedet werde, Stichtag für die Anmeldung der Listen, die
Der 21. April wiederum verweist auf die dann werde Le Pen von der Verzögerung zu den Regionalparlamentswahlen antre-
Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren. Da- profitieren. ten wollen, abgelaufen. Jetzt lag es am Re-
mals waren der bürgerliche Amtsinhaber Colombani unterstrich: „Alle haben ge- gionalpräfekten – der den Zentralstaats in
Jacques Chirac und der rechtsextreme Po- sehen, wie der extremen Rechten (2002) Marseille juristisch vertritt –, Christian
litiker Jean-Marie Le Pen als bestplatzierte das Ausweiden des Themas ,Innere Si- Frémont, die Rechtmäßigkeit der Listen
Kandidaten aus dem ersten Wahlgang her- cherheit‘ genutzt hat. Sie wird erneut an zu überprüfen.
vorgegangen. Für viele Franzosen und Legitimität gewinnen, weil jetzt die Frage Am übernächsten Tag (Mittwoch, 18.
Französinnen war es ein Schock. Nach der ,kulturellen Identität‘ in den Mittel- 02.) hat der Regionalpräfekt, nach Prü-
zwei Wochen und zahlreichen Demonstra- punkt der innenpolitischen Debatte ge- fung der Kandidaten-Unterlagen, die Kan-
tionen konnte sich dann aber in der Stich- rückt wird.“ Dem Editorialisten zufolge didatur von Jean-Marie Le Pen wegen der
wahl Präsident Chirac mit über 82 Prozent herrscht dabei ein politisches Kalkül: Blei- genannten Rechtsmängel abgelehnt.
der Stimmen klar durchsetzen. be die extreme Rechte als einzige starke Gleichzeitig betonte er (um nämlich zu
Sollte sich das Szenario jetzt in einigen Alternative übrig, dann könne das die verhindern, dass der FN-Chef sich jetzt
französischen Regionen wiederholen? Konservativen über die Wahlen retten, wie zum Märtyrer aufschwingt), es liege allein
Daran glauben derzeit einige Beobachter. bereits vor zwei Jahren Chirac, dem im an Le Pen, seine rechtliche Situation zu
Noch weiter verbreitet ist jedoch die An- Vorfeld niemand eine erfolgreiche „korrigieren“, wozu er bis zum 27. Febru-
nahme, dass die extreme Rechte zumin- Wiederwahl zugetraut hätte. „Dieses poli- ar Zeit habe. So könnte der rechtsextreme
dest hohe Wahlergebnisse in einigen Re- tische Kalkül“, so fährt der Leitartikel fort, Politiker noch seinen Hauptwohnsitz ver-
gionen und im Landesdurchschnitt erzie- „wirft eine schwerwiegende historische legen oder aber eine Handelsgesellschaft
len werde. Auch wenn ihr „Frontmann“ Verantwortung auf.“ mit Sitz in Nizza auf seinen Namen an-
Jean-Marie Le Pen jetzt nicht persönlich Auch manche islamistischen Reaktio- melden lassen. Im letzten Falle würde dies
kandidieren kann. Aber der Reihe nach. nen in Reaktion auf dieses Gesetz, so seine Kandidatur erlauben, falls Le Pen
Bereits im Spätherbst 2003 hatte die möchte man hinzufügen, haben zu dieser rückwirkend zum 1. Januar für das lau-
Parteien- und Wahlforscherin Nonna Mey- kulturellen „Ethnisierung“ der innenpoliti- fende Jahr Gewerbesteuer vor Ort abführt.
er öffentlich erklärt, sie rechne damit, dass schen Debatte mit beigetragen. Aber man Der rechtsextreme Politiker stellte sich
der Front National „leicht 17 Prozent im hätte vielleicht damit rechnen müssen. stur und reichte eine Klage gegen seine
landesweiten Durchschnitt“ erreichen ■ Le Pen kann nicht kandidieren Ablehnung vor dem Verwaltungsgericht
könne; dies entspräche dem Stimmenan- ein, die am Freitag (20. Februar) ebenfalls
teil von Le Pen 2002. Denn das Klima da- Nicht sicher ist jedoch, ob die extreme abgelehnt wurde. Dem FN-Parteichef
für sei angesichts mehrerer Faktoren gün- Rechte zugleich auch in der Lage sein blieb noch ein letzter Rechtsweg: Er ging
stig. Dazu zählt die Abnutzung der regie- wird, eine französische Region zu regie- vor den Conseil d’Etat (Staatsrat), das
renden Konservativen angesichts einer ren. Diesen Anspruch erhob sie vorab be- oberste Verwaltungsgericht in Paris. Der
weithin als antisozial betrachteten Politik, sonders im südostfranzösischen Paca Conseil d’Etat entschied am Samstag, und
und gleichzeitig das Ausbleiben einer (Provence Alpes Côte d’Azur). Dort sein Urteil fiel ebenfalls negativ für Le
halbwegs glaubwürdigen Alternative auf wollte der alternde Parteigründer Jean- Pen aus. Daraufhin zog Le Pen nochmals
der Linken. Dazu gehören ferner die Äng- Marie Le Pen persönlich antreten, als Di- vor das örtliche Verwaltungsgericht in
ste, die durch die EU-Osterweiterung und rektkandidat im stockreaktionären Nizza Marseille, das seine letzte zulässige Klage
die deswegen befürchtete Konkurrenz auf sowie als Spitzenkandidat für die Regio- am Sonntag in letzter Instanz abschmetter-
dem Arbeitsmarkt ausgelöst werden. nalpräsidentschaft in Marseille. te. Damit bleiben Le Pen keinerlei Rechts-
■ Politische Debatte um die Daraus wird allerdings nichts, da der mittel oder Rechtswege mehr offen.
„kulturelle Identität“ FN-Chef – gerichtlich bestätigt – nicht die Wer kandidiert an Le Pens statt?
rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, um in
Die klarste Parallele zur Konstellation der Südostfrankreich zu kandidieren. Denn In Südostfrankreich war daraufhin zu-
Präsidentschaftswahl von 2002 zog der dazu müsste er steuerlich in Nizza gemel- nächst, als Nachfolger für Le Pen auf dem
Chefredakteur der Pariser Abendzeitung det sein. Normalerweise wäre das kein Listenplatz 1 in der Region, der (pensio-
Le Monde, Jean-Marie Colombani. In ei- Problem, da es ausreichen würde, die nierte) General Louis Martin im Gespräch.
nem Leitartikel vom 9. Januar dieses Jah- kommunalen Steuern – die in Frankreich Louis Martin hat nicht nur in den französi-
res warnte er davor, die Debatte rund um auf Wohn- und Geschäftsraum erhoben schen Kolonialkriegen gedient, sondern
das Gesetz zum Kopftuchverbot an öffent- werden – für das Wahllokal auf seinen Na- war der direkte militärische Vorgesetzte
lichen Schulen – das vorige Woche in er- men abzuführen. Doch die örtlichen Par- von Jean-Marie Le Pen im Algerienkrieg.
ster Lesung verabschiedet wurde –, öffne teifreunde haben anscheinend geschlampt Damals war Le Pen freiwillig dienender
eine „wahrhafte Büchse der Pandora“. Der – und das Wahllokal nur auf den Namen Offizier, der in den ersten Jahresmonaten
liberale Journalist sieht die Eile, mit der der Partei eintragen lassen, und nicht auf 1957 eigenhändig gefangene Angehörige
die Konservativen gesetzgeberisch aktiv denjenigen Le Pens, dessen Name aller- der algerischen Unabhängigkeitsbewe-
wurden, im Zusammenhang mit den an- dings auf dem Mietvertrag steht. (Le Pen gung folterte. Das ist inzwischen gericht-
stehenden Regional- und Bezirksparla- ist formell seit dem 31. Juli 1997 Mieter lich nachgewiesen: Das Urteil im letzten
mentswahlen. Tatsächlich ist diese Verbin- des Appartements in Nizza.) Dem Verneh- diesbezüglichen Prozess (Le Pen hatte

12 : antifaschistische nachrichten 4-2004


Verleumdungsklage gegen „Le Monde“ oder ungünstig beeinflus- Auch der MNR!
eingereicht und scheiterte damit) fiel am sen wird, bleibt abzuwar- Auch der MNR (Mouvement national républicain), die zur Unansehn-
26. 6. 2003; dabei ging es um einen Fall ten. Le Pen wird mit der lichkeit zusammengeschrumpelte FN-Abspaltung unter Führung von
von Folterungen mit Todesfolge. Ansicht zitiert: „Diese neue Bruno Mégret, versucht Staub aufzuwirbeln. Die Kleinpartei hat es
Die Nachricht von der Kandidatur des al- Verfolgung wird dem FN auch besonders nötig, Aufmerksamkeit mit anderen Mitteln als mit ihrem
ten Generals ist aber allem Anschein nach zwei bis drei Prozent zu- politischen Programm auf sich zu ziehen.
Am 26. Januar hatte ein Gericht in Marseille Mégret wegen illegaler
mittlerweile schon wieder überholt. Am sätzlich Prozentpunkte ein- Parteienfinanzierung (zu diesem Zweck hatte der MNR in seinem Um-
vorigen Donnerstag gab Le Pen bekannt, bringen.“ Der sozialistische feld gegründete Scheinfirmen benutzt) verurteilt. Mégret erhielt ein Jahr
sein Nachfolger auf dem Listenplatz 1 wer- Regionalpräsident Michel Haft auf Bewährung, ein Jahr Entzug des passiven Wahlrechts und
de ein Führungsmitglied des FN aus der Vauzelle in Marseille ist 10.000 Euro Geldstrafe. Die Partei, die ohnehin nahezu bankrott ist,
Region sein, der seit 18 Jahren im Regio- gegenteiliger Auffassung muss 30.000 Euro berappen.
nalparlament von Marseille sitzt. Diese Be- und vertritt die Ansicht, der Dieses Urteil hindert Mégret zwar nicht daran, zu den Regionalwah-
schreibung träfe sowohl auf den Marseiller FN in Südostfrankreich len zu kandidieren, da er Bewährung eingelegt hat und damit einen
Rechtsanwalt Ronald Perdomo als auch auf werde 2 bis 3 Prozent ver- Aufschub erhält. Doch am 6. Februar erklärte der MNR-Chef in Mar-
seille – wo er ursprünglich zu kandidieren vorhatte –, er fliehe jetzt aus
den Vorsitzenden der FN-Fraktion im Re- lieren, da Le Pen „seine Im- der Region, weil die Verfolgung dort ihm unerträglich werde. Haupt-
gionalparlament, Guy Macary, zu. kompetenz und seinen zweck der Operation war es, seinen Nachfolger als Spitzenkandidat in
■ Welche Auswirkungen hat die Mangel an Voraussicht“ un- Südostfrankreich zu präsentieren. Der heißt nämlich Alain Vauzelle und
neue „Le Pen-Affäre“? ter Beweis gestellt habe. trägt damit denselben Familiennamen wie der jetzige sozialdemokrati-
Allerdings ist er auch der sche Regionalpräsident in Marseille – Michel Vauzelle. Dazu erklärte
Am vorletzten Freitag (13. Februar) hat Le Auffassung (so zitiert ihn Mégret in den Medien ganz offen, seine Partei habe den jetzigen Spit-
Pen bereits auf Radio France angekündigt: jedenfalls das Journal du zenkandidaten deswegen nominiert, weil man sich so erhoffe, dass we-
„Wenn man versucht, mich im Morgen- dimanche, JDD), dass Le nigstens ein bisschen vom MNR gesprochen werde – um nämlich die
WählerInnen auf die Verwechslungsgefahr hinzuweisen. Das hat auch
grauen am Waldrand zu meucheln, dann Pen in Wirklichkeit „das ein paar Stunden lang funktioniert; „immerhin“ einen Tag lang war in
wird man meine Schreie bis ans andere einfache Problem des steu- den Medien vom MNR die Rede, da führende Politiker der Region das
Ende des Planeten hören“. Wenige Tage erlichen Wohnsitzes seit „ekelhafte Manöver“ (Michel Vauzelle) verurteilten. Dass die Mégret-
davor hatte er in einem Interview mit der langem gelöst“ hätte, wenn Splitterpartei solche Operationen nötig hat, lässt schon tief blicken...
Pariser Abendzeitung Le Monde angekün- er nur wolle. Mégret seinerseits wich in die ostfranzösische Region Champagne-
digt, seine Nichtzulassung zur Wahl würde Auch der konservative Ardennes aus. Dort mögen ihn die WählerInnen zwar auch nicht be-
„einen Skandal mit nationaler Tragweite“ Spitzenkandidat in Marseil- sonders (2,99 % bei der Präsidentenwahl 2002, gegenüber 2,34 % im
nationalen Durchschnitt). Aber immerhin hat er dort ein paar Freunde
darstellen. Und die Sonntagszeitung JDD le, Renaud Muselier, ver- bei den Dorfbürgermeistern: Immerhin 70 von ihnen leisteten ihre Unter-
zitiert ihn am 15. Februar mit den Worten: tritt einen ähnlichen Stand- stützungs-Unterschrift vor der Präsidentschaftswahl, wo jeder Kandidat
„Wenn ich daran gehindert werde, in Paca punkt: Er könne nicht an die Autogramme von 500 Mandatsträgern benötigt. Weit kam Mégret
zu kandidieren, dann werde ich nirgendwo „einen solchen Anfänger- aber auch dort nicht.
antreten, aber überall (= in allen Regio- fehler“ seitens von Le Pen Am Mittwoch, 18.2. lehnte der Präfekt seine Kandidatenunterlagen
nen) Wahlkampf machen“. glauben. In Wirklichkeit, so ab. Denn, ähnlich wie Le Pen in Nizza, fehlt ihm eine „steuerliche
Viele glauben, dass Le Pen die „Verhin- meinen verschiedene Politi- Niederlassungsbestätigung“ zum 1. Januar. Mégret protestierte mit
derung“ seiner Kandidatur inszeniert habe, ker (laut dem JDD), habe dem Argument, er habe doch einen Mietvertrag in Châlon-en-Cham-
pagne seit dem 30. Dezember 2003 (wahrscheinlich rückdatiert). Er
mit dem Ziel, dass möglichst viel über ihn der Chef des Front National kann jetzt die Gerichte anrufen. Seine Chancen dabei dürften gering
geredet wird. Die Umfragewerte für seine ohnehin „noch andere steu- sein. BhS, Paris ■
Kandidatur in der Region Paca standen oh- erliche Wohnsitze“ in der
nehin nicht sonderlich gut: Während dem Region, als jenen im Wahl-
FN landesweit Werte oberhalb von 15 Pro- kampflokal von Nizza. Es handele sich le- administrativen Gründen vom Urnengang
zent prognostiziert werden, wäre Le Pen diglich um eine Inszenierung, mit dem ausgeschlossen. Da Le Pen bereits mehr-
demnach in Südostfrankreich auf 22 Pro- Ziel, dass man möglichst viel von und fach in der südostfranzösischen Paca-Re-
zent im ersten Wahlgang und 20 Prozent in über Le Pen rede. gion kandidiert hat, beispielsweise bei den
der Stichwahl gekommen. Konservative Die Pariser Abendzeitung Le Monde ti- Parlamentswahlen 1993 (in Nizza) und bei
und Sozialdemokraten hätten demnach, in telt am 17. Februar: „Welches Spiel treibt den Regionalparlamentswahlen 1998,
einer Stichwahl mit drei Listen, jeweils 40 Le Pen?“ Und eine daneben stehende Ka- wäre es vielleicht nicht für alle WählerIn-
Prozent erhalten. rikatur zeigt Jean-Marie Le Pen, der eine nen einsichtig, warum er dieses Mal der
Nun kann man davon ausgehen, dass Le Wahlurne schüttelt, nebst einer Sprechbla- Wahl fernbleiben sollte. Tatsächlich hatte
Pen in den Vorwahlumfragen normaler- se mit den Worten: „Dieses Mal ist es für die Kandidatur 1998 der Mietvertrag,
weise „unterbewertet“ ist, da manche sei- wirklich wahr: Ich bin Opfer eines Kom- den Le Pen seit 1997 benutzt, genügt – der
ner Anhänger ohnehin allen „Journalisten“ plotts!“ Daneben steht ein altes Mütter- Präfekt hatte sich damals nicht so viele
– die BefragerInnen eingeschlossen – chen, das nur fragt: „Schon wieder?“ Fragen gestellt.
misstrauen und sich nicht offen zu ihrem Tatsächlich: Einmal mehr versucht der Aber vielleicht geht diese Rechnung
Votum bekennen. Dennoch schien Jean- rechtsextreme Politiker sich als Opfer des auch doch nicht auf, weil die Kampagne
Marie Le Pen von einem persönlichen Systems, Opfer einer Verschwörung gegen gar zu abgeschmackt wirkt. Laut einer
Wahltriumph weit entfernt. Die eigentli- seine Person, in Pose zu werfen. Bereits Umfrage des CSA-Institus unter 706 Per-
che Gefahr bestand und besteht daher auch 2002 hatte auch das zu seinem Erfolgsre- sonen für die Tageszeitung „Le Parisien“
nicht in einer Wahl des Parteiführers Le zept gehört – damals hatte er Schwierig- (vom 19.2.) halten immerhin 72 Prozent
Pen zum Präsidenten einer Region, denn keiten dabei gehabt, die 500 Unterschrif- die Abweisung der Kandidatur Le Pens für
das ist so gut wie ausgeschlossen – wohl ten von Mandatsträgern zusammen zu be- normal, sofern er nicht die rechtlichen
aber darin, dass der FN landesweit seinen kommen, die für eine Präsidentschaftskan- Voraussetzungen erfülle. Dagegen halten
Stimmenanteil noch ausbauen kann und didatur erforderlich sind. Das hatte ihm 21 Prozent der Befragten sie für „unnor-
noch mehr in die Pose des „Herausforde- auch erlaubt, im März/April 2002 wochen mal (und) eine politische Entscheidung
rers des Establishments“ hineinwachsen lang im Mittelpunkt der öffentlichen Auf- gegen ihn“.
wird können. merksamkeit zu stehen, kurz vor dem Am Samstag nachmittag, 21. Februar
Ob die vorab verbreitete Aufregung um Wahltermin am 21. April... organisierte der FN in Marseille eine
Le Pens Kandidaturchancen das Ab- Dennoch wird es möglicherweise poli- „Unterstützungs-Demo des kleinen Volkes
schneiden der Rechtsextremen günstig tisch riskant, wird Le Pen jetzt aus formal- für Le Pen“.

: antifaschistische nachrichten 4-2004 13


■ Das Klima ist günstig für die größte, zentrale Unternehmerverband. ausgeschoben worden.) Jetzt hat die Raffa-
extreme Rechte Vorgesehen war, dass sie dabei von Jean- rin-Regierung, in der zweiten Februarwo-
Das Klima erscheint günstig für den Front Michel Dubois, der sich beim FN um die che, dieser Forderung aber doch noch
National, dessen Umfragewerte tatsäch- mittelständischen Unternehmer kümmert, nachgegeben.
lich steigen und bereits die 15-Prozent- und den ultra-wirtschaftsliberalen Profes- Zugleich betreibt Marine Le Pen auch
Marke überschritten haben. Nachdem die sor an der Universität Paris-9, Jean-Ri- einen betont sozialdemagogisch aufgezo-
„Kopftuch“-Debatte seit Anfang Dezem- chard Sulzer begleitet würde. Letzterer hat genen Wahlkampf der vor allem auf die
ber fast alle sonstigen innenpolitischen sich in den letzten Monaten immer offener Frage der „wirtschaftlichen Globalisie-
Diskussionen überlagert hatte, kommt nun dem FN angenähert und könnte als Binde- rung“ zugeschnitten ist. Diese bildet, zu-
auch ein zweites Thema dem Front Natio- glied in Teile der bürgerlichen Rechten sammen mit der Immigration, angeblich
nal entgegen, ohne dass er sich selbst an- hinein funktionieren. eine Bedrohung von außen, gegen welche
strengen müsste, es in die Köpfe zu häm- Seitens des Medef rechtfertigte man die Nation vereint zusammenhalten müsse
mern. sich gegenüber der Tageszeitung Libéra- im Bündnis von nationaler Arbeit und na-
Ganz Frankreich hat in den letzten zwei tion (11. Februar) damit, dass man alle tionalem Kapital.
Wochen den Atem angehalten, um zu ver- Kandidaten empfangen wolle, die auf die So verteilen die FN-Wahlkämpfer im
folgen, wie der frühere Premierminister Wahlprüfsteine des Medef geantwortet Großraum Paris seit Ende Januar / Anfang
Alain Juppé von einem Gericht in Nanter- und dabei ihren Wunsch nach einem Tref- Februar ein professionnell gemachtes,
re wegen der Organisierung eines Korrup- fen bekundet hätten. So habe man auch vierseitiges Faltblatt. Das Titelblatt ist un-
tionssystems verurteilt wurde – woraufhin den Sozialdemokraten Jean-Paul Huchon ter das Motto der „Sozialen Unsicherheit“
seine konservativen Parteifreund ein Rühr- und den Christdemokraten André Santini gestellt. Man sieht darauf einen offensicht-
stück rund um das „Justizopfer“ inszenier- empfangen. lich nackten Mann, dessen Blöße lediglich
ten und die Richter offen herausforderten. Am Montag dann sagte der Medef der in einen Karton gekleidet ist auf dem
Sogar Tränen flossen. Premierminister Region Ile-de-France aber doch noch ab – „Made in China“ zu lesen ist. Liest man
Jean-Pierre Raffarin hatte öffentlich ge- wie Le Monde schreibt, aufgrund des den Inhalt des Faltblatt, dann wird einem
wünscht, im Berufungsverfahren in eini- Drucks des nationalen Arbeitgeberver- oder einer „die französische Industrie“ als
gen Monaten vor einem Versailler Gericht bands auf seine regionale Sektion. Der solche, pauschal, als Opfer von Desindus-
möge „das Urteil anders ausfallen“, was überregionale MEDEF betonte, der Ver- trialisierung, Produktionsverlagerung und
eine offene Einmischung der Exekutive in band habe nur „Kandidaten mit Aussicht Globalisierung vorgestellt eben als hande-
die Angelegenheit der Judikative darstellt. auf Regierungsfähigkeit“ zu empfangen, le es sich um eine äußere Verschwörung
Justizminister Dominique Perben soll, wie aber es gebe „keinen Dialog mit Links- und nicht um einen aus materiellen Inter-
über die Presse ruchbar geworden ist, sei- oder Rechtsextremen“. Wahrscheinlich ist, essen resultierenden Prozess, an dem fran-
nerseits bereits die Möglichkeiten zu ei- dass vor allem der mittelständische Flügel zösische Kapitelinhaber eifrig teilnehmen.
nem Freispruch im Berufungsverfahren innerhalb des regionalen Medef ein Inter- Doch bei der extremen Rechten kommt al-
eruiert haben. esse an dem Treffen hatte. Ihm gehört auch les letzten Endes immer wieder auf eine
Und die Spatzen pfeifen von den Dä- der FN-Mittelstandspolitiker Dubois an, „Verschwörung gegen die (eigene) Na-
chern, dass der bisher als kalter Technokrat der in den Neunziger Jahren – als Vertreter tion“ heraus.
verschmähte Juppé derzeit nur deswegen eines mittleren Betriebes in einer nörd- In ihrem Programm – das in Form eines
von seinen UMP-Parteifreunden umhät- lichen Pariser Trabantenstadt – als Ge- Scheckhefts unter die WählerInnen verteilt
schelt wird, weil es gilt, seinen früheren wählter in der Industrie- und Handelskam- werden soll – hat Marine Le Pen es jetzt
Vorgesetzen im Pariser Rathaus zu schüt- mer der Region saß. sogar geschafft, die soziale Demagogie
zen: einen gewissen Jacques Chirac. In Tatsächlich ist das vorwiegend auf mit den zahlreichen Angeboten an Kapital
dessen Interesse hatte damals der Filz aus Mittelständler sowie eine für Anti-Steuer- und Mittelständlern zu vereinigen, jeden-
privaten Unternehmen, die aus dem fetten Parolen empfängliche Klientel zugeschnit- falls auf der Ebene der Rhetorik. Dort
Kuchen der Pariser Steuergelder genährt tene Wahlprogramm von Marine Le Pen heißt es: „Die (wirtschaftlichen) Energien
wurden, neogaullistischer Partei – die da- angetan, in solchen Kreisen Sympathien freisetzen“ – eine typische Floskel von
bei die nötigen illegalen Spenden einsam- zu erwecken. Teilweise wurde in solchen Unternehmervertretern – „um die soziale
melte, um die Chirac’schen Ambitionen Kreisen die Drohung damit, für den FN zu Unsicherheit zu bekämpfen“. (Zitiert nach
auf das höchste Staatsamt mit einer Wahl- votieren, auch zum Erpressungsinstrument „Le Parisien“ vom 18. Februar)
kampfmaschinerie auszustatten und gegenüber der konservativen Rechten. De facto ist das Wahlprogramm jedoch
„Chirac-Clan“ funktioniert. Denn bei dieser klafft ein wachsender eher arm an realen sozialen Versprechun-
Deswegen braucht die rechtsextreme Widerspruch zwischen ihrer eher kleinbür- gen. Für Arbeitslose etwa enthält es die
Partei gar nicht mehr extra laut „Korrup- gerlichen Basis und der nackten Politik zu- Drohung mit verstärkten Kontrollen und
tion“ zu rufen. Dabei ist es ein altes strate- gunsten des Großkapitals, die sie faktisch dem Kappen aller Unterstützung für er-
gisches Ziel der extremen Rechten, die po- betreibt. An dieser Kluft versucht die ex- werbslose Personen, die „zumutbare Ar-
litische Debatte auf eine solche Schlamm- treme Rechte anzusetzen. beitsplätze ablehnen“. Dennoch bilden
schlacht zu reduzieren. Beispielsweise berichtete die grünen- diese Personen eine, auf der Ebene von
■ Marine Le Pen auf Charme- nahe Wochenzeitung „Charlie Hebdo“ im Demagogie, umworbene Klientel. Immer
Tournee im Raum Paris Dezember 2003, ein wichtiger Fachver- wieder seit Anfang der Neunziger gelang
band der Hotel- und Gaststättenbetreiber es dem FN auch, nicht unerhebliche Stim-
Die Tochter des alternden Parteigründers – drohe damit, seine Klientel im März zu- menanteile unter Arbeitern und Arbeitslo-
er wurde im Juni vorigen Jahres bereits 75 gunsten der extremen Rechten stimmen zu sen einzustreichen. Jedenfalls unter jenem
– , die ehemalige Anwältin Marine Le Pen, lassen, falls nicht „endlich“ die Mehrwert- Anteil von ihnen, der überhaupt noch wäh-
macht unterdessen ihren ersten „eigenen“ steuer für Restaurantbetriebe und das len geht. Wie Libération vom 4. Februar
Wahlkampf in der Ile-de-France, der Haupt- Gaststättengewerbe von 20,6 auf 5,5 Pro- berichtet, planen mehrere Arbeitlosen-
stadtregion, also in und rund um Paris. zent abgesenkt werde. (Das hatte 2002 zu Selbstorganisationen deswegen eine aktive
Am vorigen Freitag, dem 13. Februar den Wahlversprechen der konservativen Einmischung in den Wahlkampf – mit dem
sollte die Wahlkämpferin etwa vom Ar- Regierungsmannschaft Raffarin gehört. Ziel, dem Einfluss des FN entgegenzutre-
beitgeberverband Medef der Region Ile- Doch seine Verwirklichung war mit dem ten, dessen wachsenden Einfluss sie kon-
de-France offiziell empfangen werden; der Verweis auf Widerstände bei der EU- statieren könnten.
Medef ist landesweit der mit Abstand Kommission in Brüssel immer wieder hin- Bernhard Schmid, Paris ■

14 : antifaschistische nachrichten 4-2004


: ausländer- und asylpolitik
nem Dienstvorgesetzten zu verlangen.
Handelt er stattdessen, dann trifft ihn eine
Verantwortung.
Menschenrechtsorganisatio- übernommen. Es wird zu klären sein, ob Die Anklagebank in diesem Prozess ist,
nen ziehen Resümee die gefährliche hogtie-Fesselung in Ge- so das Ergebnis der ersten beiden Ver-
wahrsamen der Polizei des Bundes eine handlungstage, nicht breit genug, um den-
Frankfurt. Menschenrechtsor- übliche und von den Vorgesetzten geför- jenigen Platz zu bieten, die durch Handeln
ganisationen, die den Prozess ge- derte oder hingenommene Methode ge- oder unterlassenes Handeln zum Tod von
gen drei BGS-Beamte wegen des wesen ist. Ageeb beigetragen haben. Eines jedoch
Vorwurfs der fahrlässigen Tötung bei der ● Probleme mit dem bisherigen Verlauf darf in diesem Prozess nicht die Oberhand
Abschiebung des sudanesischen Staatsan- des Prozesses dürfte auch die Chefetage behalten: Das bürokratische Prinzip der
gehörigen Aamir Ageeb regelmäßig beob- der Lufthansa haben. Deren letzter Ser- organisierten Verantwortungslosigkeit,
achten, ziehen ein Fazit der ersten beiden vice für den Passagier Ageeb bestand dar- das Kurt Tucholsky beschrieben hat:
Verhandlungstage. Nach der Vernehmung in, ihm vor dem Start ein Getränk zu ser- „Akte auf Akte, Paragraph auf Paragraph,
der ersten neun Zeugen ergibt sich folgen- vieren, das ihm dann per Strohhalm durch die Verantwortung ist in viele Teile zer-
des Bild: die Gesichtsöffnung des Integralhelms teilt, am Ende ist es keiner gewesen.“
● Nach der Vernehmung der BGS-Be- verabreicht wurde. Ihr – inzwischen pen- gez. Bernd Mesovic (PRO ASYL),
amten, die mit der Vorbereitung der Ab- sionierter – Flugkapitän hat offenbar die Frank Uhe (IPPNW), Hagen Kopp (Ak-
schiebung Ageebs beschäftigt waren, mit dem Schließen der Flugzeugtüren auf tionsbündnis gegen Abschiebungen
stellt sich der Bundesgrenzschutz bis zum ihn übergehende Bordgewalt ohne klare Rhein-Main), Helga Dieter (Komitee für
Tattag als völlig desolat und desorgani- Delegation in der Weise wahrgenommen, Grundrechte und Demokratie) ■
siert dar. Kenntnisse über das Vorgehen dass er sich im Wesentlichen auf die
bei problematischen Abschiebungen wur- BGS-Begleitbeamten verließ und dabei in „Bundesdeutsche Flüchtlings-
den offenbar hauptsächlich per „learning Kauf nahm, dass Fesselungsmittel zum
by doing“ weitergegeben. Sammelsurien Einsatz kamen, die aus Flugsicherheits- politik und ihre tödlichen
unterschiedlicher Verfügungen erreichten gründen nicht zulässig sein dürften. Folgen“
nicht ihre Adressaten, die für die Abschie- ● Der ehemalige Lufthansakapitän be- NEU ERSCHIENEN: 11. aktualisierte
bung eingeteilten Begleitbeamten. Die richtete im Rahmen seiner Zeugenaussage Auflage der Dokumentation „Bundes-
BGS-Zeugen wollen das Verbot der Ver- über von ihm durchgeführte „Regierungs- deutsche Flüchtlingspolitik und ihre
wendung von Plastikfesseln in Verkehrs- charterflüge“ nach Lagos (Nigeria), bei tödlichen Folgen“ - 1993 bis 2003 -
flugzeugen, das sich in einer Verfügung denen es zu Problemen und Auseinander- Die Zahl der Flüchtlinge, die in der
vom 18.4.1997 findet, nicht gekannt ha- setzungen gekommen sei. Während er Bundesrepublik Asyl beantragten, war
ben. Gehandelt wurde trotz der von den deutlich sein Mitgefühl für die dabei ein- 2003 mit 50.564 die niedrigste seit 1984.
Zeugen dargestellten unklaren Weisungs- gesetzten BGS-Bediensteten äußerte, er- Zugleich ist die Anerkennungsquote für
lage. wähnte er eher beiläufig seine Beobach- politisches Asyl von 1,6 Prozent die nie-
● Die als Zeugen aussagenden BGS- tung, dass nach der Landung nigeriani- drigste denn je. Das „Kleine Asyl“ (Ab-
Beamten verfügen lediglich über eine be- sche Beamte den Abgeschobenen zum schiebeschutz aus politischen oder huma-
schränkte Aussagegenehmigung ihres Teil zwischen die Beine getreten hätten nitären Gründen) erhielten nur noch 1,7
obersten Dienstherrn. Äußern dürfen sie und damit deren Widerstand beendet hät- Prozent der AntragstellerInnen. Diese „er-
sich nur zu Sachverhalten bis zum Ende ten. Es entstand der Eindruck, er halte freuliche Entwicklung“ (Bundesinnenmi-
des Tattages, dem 28. Mai 1999. Damit dies für eine wirksame Methode des Um- nister Schily am 16.1.04) ist das Ergebnis
stellt sich die Frage, was hier eigentlich gangs mit Deportees. Es stellt sich die der immer restriktiver umgesetzten Asyl-
vertuscht werden soll. Selbstverständlich Frage: Braucht die Lufthansa solche Ka- gesetze zum einen und der geschlossenen
würden sich die Versäumnisse des BGS pitäne? Braucht sie nicht vielmehr einen Grenzen des Landes zum anderen.
vor dem Tod von Aamir Ageeb im Lichte Menschenrechtsbeauftragten und eine Die vorliegende Dokumentation belegt
der Maßnahmen, die danach veranlasst Menschenrechtsausbildung ihrer Bedien- die Auswirkungen dieser rigorosen Asyl-
wurden, sehr viel deutlicher darstellen. Ist steten in ihren Schulungszentren? Müs- verweigerungspolitik. Diese Zahlen sind
der Bundesgrenzschutzbereich ‚Rückfüh- sten nicht in flight reports regelmäßig nicht sinkend, sondern bleiben mit
rung’ inzwischen so organisiert, dass Ab- Vorkommnisse dieser Art abgefragt und Schwankungen konstant (Ausnahme: 55
schiebungen mit tödlichem Ausgang ausgewertet werden? Kann die Lufthansa Selbstverletzungen und Suizidversuche
wirksam ausgeschlossen werden? Diese Abschiebungsflüge in Zielstaaten verant- im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick
Frage wird außerhalb des Prozesses ge- worten, wo Misshandlungen unmittelbar allein in den ersten vier Monaten des Jah-
stellt werden müssen. Der Prozessverlauf nach der Landung stattfinden? res 2003).
zeigt allerdings, dass die Menge des in der ● Die Strategie der Verteidiger der drei Die Dokumentation beschreibt in circa
BGS-Hierarchie irgendwo existierenden Angeklagten ist deutlich: Herausgearbei- 3400 Einzelgeschehnissen die Folgen der
Papiers hierfür keine Garantie ist. tet werden soll, dass es vor dem Hinter- Ausgrenzungs- und Abschottungspolitik
● Aamir Ageeb wurde vor seiner Ab- grund des Organisationschaos und der un- auf die Flüchtlinge. Menschen, die ge-
schiebung in einer Gewahrsamszelle des klaren Weisungslage im Bundesgrenz- hofft hatten, in diesem Land Schutz und
Bundesgrenzschutzes über längere Zeit schutz keine individuelle Schuld der An- Sicherheit zu finden, und letztlich an die-
hinweg auf schmerzhafte und ersti- geklagten gibt. Bei jeder polizeilichen sem System zugrunde gingen oder zu
ckungsgefährliche Weise gefesselt und in Zwangsmaßnahme gilt jedoch, dass das Schaden kamen.
der sogenannten hogtie-Stellung fixiert. Menschenwürdegebot des Grundgesetzes So z.B. Hüseyin Dikec, der sich am 31.
Es ist nicht erkennbar, dass diese Fesse- die oberste Maxime ist. Zumindest dies Juli 2003 vor den Augen seiner Frau und
lungsweise gemessen am Verhältnismä- findet sich in einer Verfügung des Grenz- seiner fünf Kinder in der Ausländerbehör-
ßigkeitsgebot bei der Anwendung un- schutzamtes Frankfurt am Main vom de des Kreises Gütersloh mit Grillanzün-
mittelbaren Zwanges zulässig gewesen 1.12.1995. Darin heißt es: „Ein würdelo- der übergoss und anzündete. Auch die ab-
sein könnte. Im Prozess hat bislang kein ses ‚Verschnüren‘ ist unter Hinweis auf gelehnten Asylbewerber David Kapad-
BGS-Beamter, der mit Ageeb während Art. 1 Abs. 1 GG zu unterlassen.“ nadze und Lewon A., beide Familienväter
des Aufenthaltes in der Gewahrsamszelle Bei unklarer Weisungslage hat der Be- und seit vier bzw. zehn Jahren in der BRD
Kontakt hatte, hierfür die Verantwortung amte eine Klärung der Sachlage von sei- lebend, töteten sich durch Selbstverbren-

: antifaschistische nachrichten 4-2004 15


nung. David Mamedov erhängte sich am suchten, sich umzubringen; davon be- FAZIT:
16. Januar 2003, weil seine Anerkennung fanden sich 329 Menschen in Abschiebe- Durch staatliche Maßnahmen der BRD
als Asylberechtigter nach einer Klage des haft, kamen 302 Flüchtlinge ums Leben -
Bundesbeauftragten wieder aufgehoben ● 5 Flüchtlinge starben während der Ab- ● durch rassistische Übergriffe starben 78
worden war und ihm, seiner Frau und sei- schiebung und Flüchtlinge.
nen zwei kleinen Kindern die Abschie- ● 234 Flüchtlinge wurden durch Zwangs- * die Angaben für 2002 und 2003 werden sich
bung nach Georgien drohte. maßnahmen oder Misshandlungen wäh- noch erhöhen, weil die offiziellen Zahlen des
rend der Abschiebung verletzt, Bundesinnenministeriums noch nicht vollständig
vorliegen
Die Dokumentation umfasst den Zeitraum ● 21 Flüchtlinge kamen nach der Ab-
vom 1.1.1993 bis 31.12.2003. schiebung in ihrem Herkunftsland zu Die Dokumentation ist auf Papier (DIN
● 145 Flüchtlinge starben auf dem Wege Tode und mindestens A4 - 268 Seiten, Ringbindung) und dem-
in die Bundesrepublik Deutschland oder ● 361 Flüchtlinge wurden im Herkunfts- nächst auf CD-Rom erhältlich zum Preis
an den Grenzen, davon allein 113 an den land von Polizei oder Militär misshandelt von 10,00 EUR (bei Versand: plus 1,60
deutschen Ost-Grenzen*, und gefoltert, EUR für Porto & Verpackung); im Netz
● 398 Flüchtlinge erlitten beim Grenz- ● 57 Flüchtlinge verschwanden nach der (zur Zeit noch die 10. Auflage) unter der
übertritt Verletzungen, davon 236 an den Abschiebung spurlos, Adresse: www.berlinet.de/ari/titel.htm
deutschen Ost-Grenzen*, ● 10 Flüchtlinge starben bei abschiebe-
● 121 Flüchtlinge töteten sich angesichts unabhängigen Polizeimaßnahmen; 309 Bestelladresse:
ihrer drohenden Abschiebung oder star- wurden durch Polizei oder Bewachungs- ANTIRASSISTISCHE INITIATIVE E.V.,
ben bei dem Versuch, vor der Abschie- personal verletzt, ANTIRASSISTISCHES TELEFON,
bung zu fliehen; davon 47 Menschen in ● 66 Menschen starben bei Bränden oder ZAG REDAKTION
Abschiebehaft, Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, Yorckstr.59 10965 Berlin
● 493 Flüchtlinge haben sich aus Angst 636 Flüchtlinge wurden z.T. erheblich Fon 030 - 785 72 81 -
vor der Abschiebung oder aus Protest ge- verletzt, Fax 030 - 786 99 84
gen die drohende Abschiebung (Risiko- ● 12 Menschen starben durch rassistische ari-berlin@gmx.de -
Hungerstreiks) selbst verletzt oder ver- Angriffe auf der Straße. www.berlinet.de/ari

Das Bündnis gegen Abschie-


bungen Mannheim leistet seit
Ausländerbehörde Ludwigshafen
Jahren Widerstand gegen die
Verfolgung der Flüchtlinge und solida- stellt Strafanzeige
risiert sich mit ihnen im Kampf gegen
Diskriminierung, gegen Abschiebun- cherheit in der Türkei schwer gefoltert Tatsachen völlig auf den Kopf gestellt und
gen und für ein Bleiberecht. Wir gehen worden. Er ist in hohem Grade traumati- der Vorfall so dargestellt, als wenn der
auch als sog. Beistand mit Flüchtlingen siert und seit Monaten in stationärer Be- Sachbearbeiter angegriffen worden wäre.
zu Behörden, vor allem zur Ausländer- handlung. Mittlerweile sind zwei Strafbefehle in
behörde. Dabei können wir uns immer Doch unbeeindruckt hiervon wollte die Höhe von zusammen 2100 Euro wegen
wieder selbst ein Bild vom rüden und für ihre harte Haltung bekannte Auslän- angeblicher Körperverletzung und Ver-
menschenverachtenden Umgang der derbehörde ihn, seine Ehefrau, seine sui- leumdung des Sachbearbeiters gegen den
Sachbearbeiter/Innen mit Flüchtlingen zidgefährdete Tochter und seinen Sohn, Unterstützer ergangen. Gegen ihn wurde
machen. dem in der Türkei ein Verfahren wegen außerdem – neun Monate nach diesem
Desertion droht, unbedingt abschieben. Vorfall – ein auf ein Jahr befristetes Haus-
Wir wissen, dass regelmäßig Flüchtlinge Um die Festnahme reibungslos vorneh- verbot mit sofortiger Wirksamkeit erlas-
in den Büros der Ausländerbehörde fest- men zu können, war in der Behörde vor- sen.
genommen, dann in Abschiebehaft ge- her vereinbart worden, den Unterstützer Gegen die vom Amtsgericht Ludwigs-
steckt und abgeschoben werden. Nicht des Flüchtlings auf jeden Fall aus dem hafen verhängten Strafbefehle und gegen
selten werden sie auch sofort nach der Raum zu entfernen. das Hausverbot wurde vom Anwalt
Festnahme abgeschoben, ohne vorher in Für den 27. März war in der Ausländer- Widerspruch eingelegt.
Abschiebehaft kommen. behörde die Festnahme vorgesehen, ob- Es wird höchstwahrscheinlich in die-
Um Flüchtlinge möglichst wider- wohl kein Haftbefehl vorlag! sem Jahr zum Prozess gegen unser Grup-
standslos festnehmen zu können, werden Als der Flüchtling zusammen mit dem penmitglied kommen.
allerhand Täuschungen und Tricks ange- Dolmetscher und dem Unterstützer das Für uns kann nur die positive Resonanz
wendet. Wenn aber ein Flüchtling von ei- Büro der Ausländerbehörde betrat, wur- der Flüchtlinge, mit denen wir zusammen
nem „Beistand“ begleitet wird, wird er den die beiden anderen nacheinander von gegen die unmenschliche Asylpolitik und
(noch) nicht festgenommen, weil die auf Sachbearbeiter Th. ultimativ aufgefordert, insbesondere gegen die Abschiebepolitik
Täuschung basierende Festnahme offen- sofort den Raum zu verlassen. Als der kämpfen, Maßstab und Orientierung sein.
sichtlich sogar gegen das herrschende Unterstützer sich weigerte dies zu tun und Das Kalkül von Oberbürgermeisterin und
Recht verstößt. sich auf sein Beistandsrecht berief, eska- Stadtverwaltung ist, uns durch Kriminali-
Zum unmittelbaren Anlass der Krimi- lierte die Situation, weil der Sachbearbei- sierung davon abzuhalten, weiterhin mit
nalisierung ter ihn mit Gewalt hinauszuwerfen ver- den Flüchtlingen solidarisch zu sein.
suchte. Dabei griff er auch den Flüchtling Dies darf nicht gelingen! Daher brau-
Vor fast einem Jahr, am 27. März 2003, an. Die beabsichtigte Festnahme war nun chen wir jetzt auch die Solidarität von
begleiteten ein Dolmetscher und ein Mit- nicht mehr möglich, da der Flüchtling möglichst vielen, die die herrschende
glied unserer Gruppe als Unterstützer ei- völlig geschockt aus dem Raum lief. „Asyl“politik ablehnen und es richtig fin-
nen kurdischen Flüchtling wegen der Ver- Mit Rückendeckung der Behördenche- den, wenn Flüchtlinge hier bleiben kön-
längerung seiner Duldung zur Ludwigs- fin und der Oberbürgermeisterin wird nen und ein Bleiberecht erhalten!
hafener Ausländerbehörde. jetzt versucht, den Unterstützer und unse-
Nach Ansicht eines Zentrums für Fol- re Solidarität mit den Flüchtlingen zu kri- Bündnis gegen Abschiebungen Mann-
teropfer ist der Mann mit ziemlicher Si- minalisieren. Entsprechend werden die heim c/o JuZ Mannheim ■

16 : antifaschistische nachrichten 4-2004


Hamburg. In den letzten Jahren
hat das Auschwitz-Komitee an-
lässlich des Holocaust-Gedenkta-
„... wir leben trotzdem“:
ges eindrucksvolle Veranstaltungen auf Veranstaltung des Auschwitz-Komitees zum Gedenken an die Befreiung des
die Beine gestellt, die jeweils großen Zu- Vernichtungslagers Auschwitz - Buchankündigung
spruch fanden. Erinnert sei nur an die
Vorführung des Films „Ist die Erinne- monstrieren wollten’, erinnert sie sich.
rung wasserlöslich?“, die von den Zu- >Ich lief zu einem Polizisten, packte ihn
sammenkünften von Holocaust-Überle- am Revers und schrie ihn an: ,Wissen Sie
benden anlässlich von Erholungskuren in eigentlich, was Sie da tun? Wissen Sie,
Evian handelt. Anschließend konnte mit wer diese Leute sind?’ Der ging gar nicht
der Hauptperson sowie dem Regisseur darauf ein, sondern drohte mir, mich
des Films, ihrem Sohn, gesprochen wer- festnehmen zu lassen. ,Damit machen
den. Ähnlich eindrucksvoll der Vortrag Sie mir keine Angst’, antwortete ich. ,Ich
Romani Roses im vorigen Jahr, der von war in Auschwitz, und das war schlim-
der Verfolgung der Sinti und Roma mer.’“
Zeugnis ablegte. In diesem Jahr nun wie- In einer der Wortmeldungen im An-
der ein neuer Höhepunkt in dieser Reihe schluss an die Lesung wurde das Motto
von Veranstaltungen: Am 25.1. las Mar- der Veranstaltung aufgenommen, indem
lies Engel im Gemeindehaus der St. Pe- davon geredet wurde, dass Esther heute
ter-Kirchengemeinde in Groß-Borstel noch Lebensfreude verbreite: durch ihre
aus den autobiografischen Aufzeichnun- Musik, ihre Freude am Zusammensein
gen Esther Bejaranos. mit gleichgesinnten Menschen, usw. Elsa
Der Gemeindesaal war überfüllt, und Werner (Auschwitz-Komitee) dankte
das konnte nicht verwundern. Esther Be- Esther dafür, dass sie seinerzeit den An-
jarano ist in Hamburg und weit über die stoß für die Gründung des Auschwitz-
Stadt hinaus keine Unbekannte. Als Vor- Komitees gegeben habe und durch ihre
sitzende des Auschwitz-Komitees äußert Tätigkeit viel zu dem Ansehen beigetra-
sie sich immer wieder öffentlich, wenn gen habe, das das Komitee genieße. sie vor den in unmittelbarer Nähe aufge-
es um den Kampf gegen Neonazis und Wichtig war aber auch eine Formulie- stellten Wasserwerfern. -
gegen das Vergessen geht. Erinnert sei rung in einem Satz, den Gisela Wiese „Wir leben trotzdem“ – auch unter
nur an den Protest gegen die Politik der (Pax Christi) an Esther richtete. Sie Wasserwerfern im Hamburg des Jahres
Auflösung von IG Farben (LB 2/04, sprach davon, dass das Erinnern Kraft 2004. lz ■
S.14) oder gegen die brutale Auflösung koste. Wer Esther kennt, weiß, dass es ihr
der Anti-Nazidemo vom 31.1. durch die nicht immer leicht fällt, mit Geschehnis- Wer Esthers Biografie vorbestellen
Polizei. Esther wird, um nur einige weni- sen nicht nur der Vergangenheit, sondern möchte, wende sich an den Pahl - Ru-
ge Beispiele zu nennen, vom japanischen auch der Gegenwart fertig zu werden. genstein Verlag, Breite Straße 47, 53
oder vom finnischen Fernsehen für Por- Das dürfte allen nachvollziehbar sein, 111 Bonn, Tel.: 0228/632 306, Fax:
trätsendungen befragt, bei denen ihre die sich z.B. vor Augen führen, wie sich 0228/634 968, Email: prv@che-
Person beispielhaft für den antifaschisti- die Geschehnisse im Eimsbüttel von chandler.com.
schen Kampf von Holocaust-Überleben- 1978 und die im Winterhude von 2004 Das Buch von Esther Bejarano/ Birgit
den in den Mittelpunkt gestellt wird. miteinander verbinden: 1978 wie 2004 Gärtner hat den Titel: „ ... wir leben
Derzeit bereitet Birgit Gärtner in Zu- muss Esther erleben, wie die Polizei die trotzdem“ Esther Bejarano. Vom
sammenarbeit mit Esther deren Biografie Nazis schützt und die Gegendemonstra- Mädchenorchester in Auschwitz zur
vor, die in diesem Jahr am 8. Mai - nicht tion mit Wasserwerfern sprengt, und wie Künstlerin für den Frieden. Es wird
nur dem Tag der Befreiung im Allgemei- Esther im Lautsprecherwagen sitzt: Der ca. 240 Seiten haben. Bei Vorbestel-
nen, sondern ganz speziell von Esthers Strom ist ihr abgedreht worden, und nur lung bis zum 30.4. 15 Euro + 0.80
Befreiung – unter dem Titel „Wir leben die dünne Scheibe des Wagens schützt Euro Porto, danach 19.90 Euro. ■
trotzdem“ erscheinen soll.
„Wir leben trotzdem“ - das ist der Titel WEISSBUCH der VVN – In Sachen Demokratie
eines der jiddischen Lieder, die Esther Wer wollte nicht immer schon mal wissen, wie es mit dem Fall Globke und dem Fall Oberländer war? Wa-
mit ihrer Gruppe „Coincidence“ im Pro- rum die CDU noch heute nicht die Wahrheit über die Wehrmacht akzeptieren will? Diese und weitere
gramm hat. „Wir leben trotzdem“ – das Wahrheiten über die frühe BRD und ihre Nachwirkungen können im „Weissbuch“ der VVN-BdA aus dem
könnte auch die Devise sein, die über Es- Jahr 1960 nachgelesen werden. Nach 44 Jahren legt die Vereinigung der Verfolgten des Naziregi-
thers Leben steht, seit die Nazis sie, wie mes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten erneut das „WEISSBUCH der VVN - In Sachen De-
so viele andere Jüdinnen und Juden, zu- mokratie“ vor. Es ist versehen mit einer Einleitung von Ulrich Sander.
Über die Wiederverwendung der alten Kader in den ersten zehn Jahren der Bundesrepublik Deutschland
erst diskriminierten und dann verfolgten. wird oft gemunkelt. Genaues weiß man nicht. Doch jetzt liegt mit der Neuausgabe ein zeitgeschichtliches
Esther überlebte das Vernichtungslager Dokument von höchster Brisanz wieder vor, das Antworten gibt. Erschienen in einer Zeit, da den Behör-
Auschwitz als Mitglied des „Mädchenor- den die Beschäftigung von Nazis Pflicht war, da Antifaschisten Berufsverbot erhielten und sogar ein Ver-
chesters“ und auch die Zwangsarbeit im bot der VVN von Seiten der Bundesregierung – vergeblich – angestrebt wurde, gibt das WEISSBUCH
KZ Ravensbrück. von 1960 Einblicke in die Praxis der Restauration. Es beantwortet Fragen wie die nach dem Judenverfol-
Es dauerte lange, bis Esther die Kraft ger unter Hitler, Dr. Hans Globke, und seiner Wiederverwendung unter Adenauer. Oder die nach dem
fand, über ihre Geschichte öffentlich zu Ausmaß der Mitwirkung von Kriegsverbrechern aus der Wehrmacht, wie etwa Adolf Heusinger, beim Auf-
bau der Bundeswehr. Oder jene nach der Durchdringung der Behörden, Geheimdienste, Ministerien, ja
reden. Birgit Gärtner hat (ND vom 27.1.)
sogar Bundeskabinette mit alten Nazikadern. Nicht zuletzt die nach der Wiederverwendung von Gesta-
beschrieben, wie sich Esther im Jahr po-Kadern und Blutrichtern in Polizei und Nachkriegsjustiz. Vorgelegt werden Dokumente zu den Fällen
1978 politisierte: „Die NPD baute einen Globke, Oberländer, Heusinger und vieler anderer.
Infostand direkt vor ihrer Boutique in
Erstauflage 1960, zweite Auflage: 2004,ISBN 300 01 3000-4, hrsg. vom Bundesausschuss der
Eimsbüttel auf. ,Ich beobachtete, dass
VVN-BdA, Franz Mehring Platz 1, 10243 Berlin, Tel 030 - 29 78 41 71. VVN0109@aol.com,
die Faschisten von der Polizei vor Leu- 220 Seiten, 8,- Euro, begrenzte Stückzahl, d.h. schnell bestellen
ten geschützt wurden, die dagegen de-

: antifaschistische nachrichten 4-2004 17


: neuerscheinungen, ankündigungen

Asche auf immer noch irgendwo in den


Weiten des Ostens vermuten,
die ihre eigenen
Vorurteile durch
vereisten obwohl sie nur 40 Kilometer
hinter der Reichsgrenze lag,
eine skrupellose
Führung bestätigt
hatte ich schon einiges gele- sahen, darf nie in
Wegen sen.Dennoch erlebte ich den
Prozess wie einen Alptraum.
Vergessenheit gera-
ten und muss allen
Am 20. Dezember 1963 be- Quälend war jedes Mal eine Warnung sein.
gann der Frankfurter Au- auch die Rückkehr in den Die Suche nach
schwitz-Prozess, das Jahr- Alltag. Musste das Leben einem Verlag war
hundertverfahren gegen Ver- nicht still stehen angesichts schwierig und zei-
antwortliche dieser Todesfa- des Grauens, das eben noch traubend. Sie dauer-
brik, das unvorstellbare Tat- im Gerichtssaal auf mich ein- te sechs Jahre. Ich
sachen zu Tage förderte und gestürmt war? Aber draußen gewann dabei den
eine tiefe Zäsur in der Aus- nahm alles seinen gewohnten Eindruck, dass alle
einandersetzung mit den na- Gang. Geschäftig wie immer gern von der Not-
tionalsozialistischen Massen- eilten die Menschen hin und wendigkeit des Er-
morden an den europäischen her, und ihre unbeteiligten innerns reden, aber ungern in rechtswidrigen Krieges zu
Juden markierte. Gesichter wirkten auf mich diese Notwendigkeit investie- missbrauchen, wie beim An-
Mehr als vierzig Jahre spä- wie Masken aus einer ande- ren. griff auf Jugoslawien gesche-
ter ist in den deutschen Me- ren Welt. Schließlich griff der Papy- hen, so lange immer noch
dien jedoch nur wenig darü- In den Artikeln für das of- Rossa Verlag die Idee auf, versucht wird, aus antijüdi-
ber zu erfahren. Wer sich da fizielle Organ der Israeliti- und die Bundeszentrale für schen Affekten und Fremden-
informieren möchte, dem sei schen Kultusgemeinde Wien politische Bildung unterstütz- feindlichkeit politische Mün-
ein Buch empfohlen, das erfüllte ich meine Chronis- te das Projekt. Beiden schul- ze zu schlagen, so lange ist
kürzlich im PapyRossa Ver- tenpflicht nach bestem Wis- de ich Dank dafür. nichts im Lot.
lag erschienen ist: „Asche auf sen und Gewissen. Ein neu- Der Kampf gegen das Ver-
vereisten Wegen. Eine Chro- traler Beobachter war ich gessen war stets mühsam. Conrad Taler: Asche auf
nik des Grauens – Berichte nicht. Das lassen die Texte Mitte der siebziger Jahre, als vereisten Wegen. Eine
vom Auschwitz-Prozess“ von unschwer erkennen. Wenn die Wiederverwendung alter Chronik des Grauens – Be-
Conrad Taler, der für die mir jemand wegen meiner Nazis kein Thema mehr war, richte vom Auschwitz-Pro-
Zeitschrift der Wiener Israeli- Parteinahme für die Opfer wohl aber die Jagd auf Kom- zess, Broschur, 154 Seiten,
tischen Kultusgemeinde von mangelnde Objektivität vor- munisten und sogenannte Ra- EUR 12,90 [D]/SFR 23,50,
1963 bis 1965 über dieses wirft, dann ehrt mich das. dikale im öffentlichen Dienst, ISBN 3-89438-263-5
historische Ereignis berichte- „Die Gemeinde“ kam erst- zu jener Zeit also arbeitete Zu beziehen über den Buch-
te. Seine Aufzeichnungen, die mals 1948 heraus und entwi- ich als Redakteur und Kom- handel oder direkt beim:
von einer beklemmenden In- ckelte sich rasch zu einem mentator bei einer als liberal PapyRossa Verlag
tensität sind, sind nun erst- bedeutenden politischen geltenden deutschen Rund- Luxemburger Str. 202
mals in Buchform veröffent- Sprachrohr und wertvollen funkanstalt. Zum 30. Jahres- D-50937 Köln
licht worden. „Die Suche Informationsinstrument in tag der Befreiung des Ver- Tel.: ++49 (0) 221 448545
nach einem Verlag war kulturellen und organisatori- nichtungslagers Auschwitz Fax: ++49 (0) 221 444305
schwierig und zeitraubend. schen Belangen der Kultus- durch sowjetische Truppen www.papyrossa.de
Sie dauerte sechs Jahre. Ich gemeinde. Für jede Ausgabe bot ich dem zuständigen Kol- mail@papyrossa.de
gewann dabei den Eindruck, der monatlich erscheinenden legen für den 27. Januar ei-
dass alle gern von der Not- Zeitung fasste ich das Pro- nen kurzen Beitrag zur Veröf- Dokumentation
wendigkeit des Erinnerns re- zessgeschehen von vier Wo- fentlichung an. Der war da-
den, aber ungern in diese chen zusammen. Ich schrieb von wenig erbaut. Mit den über die Gestapo in
Notwendigkeit investieren“, also unter dem heilsamen „alten Geschichten“ müsse Thüringen
schreibt Conrad Taler in sei- Zwang zum Wesentlichen, doch endlich mal Schluss Anlässlich des „Tages des
ner persönlichen Vorbemer- ohne die Atmosphäre im Ge- sein, knurrte er unwirsch. Da- Gedenkens an die Opfer des
kung, die wir hier dokumen- richtssaal zu vernachlässigen. nach konnte ich ins Studio Nationalsozialismus“ am
tieren: Vor einigen Jahren ent- gehen, um den Beitrag zu 27.1.2004 hat die Landeszen-
CONRAD TALER: Persön- deckte ich - eher zufällig - in produzieren. trale für politische Bildung
liche Vorbemerkung meinem Archiv die Berichte Seit 1996 wird der Jahres- Thüringen ein neues Buch
von damals und begann zu le- tag der Befreiung des Ver- vorgestellt. Im Rahmen der
Fast vierzig Jahre ist es nun sen. Spontan kam mir der nichtungslagers Auschwitz LZT-Publikationsreihe
her, seit meine Berichte vom Gedanke, diese Chronik des offiziell als Tag des Geden- „Quellen zur Geschichte
Auschwitzprozess, die hier Grauens, die auch die Zei- kens an die Opfer des Natio- Thüringens“ ist der von Mar-
erstmals gesammelt erschei- tumstände während des Pro- nalsozialismus begangen. Ist lis Gräfe, Bernhard Post und
nen, in der Wiener jüdischen zesses widerspiegelt, jungen damit alles im Lot? Mitnich- Andreas Schneider herausge-
Zeitung „Die Gemeinde“ ver- Menschen zu erschließen, die ten. gebene, über 570 Seiten star-
öffentlicht worden sind. Als das Wort Auschwitz viel- Solange Leute von Rang ke Band „Die geheime
das Verfahren begann, war leicht schon gehört haben, nicht davor zurückschrecken, Staatspolizei im NS-Gau
ich Mitte dreißig. Über die ohne damit eine konkrete Auschwitz als „Moralkeule“ Thüringen 1933-1945“ er-
deutsche Todesfabrik im be- Vorstellung zu verbinden. zu diffamieren oder zur schienen. Der Band enthält
setzten Polen, die manche Wozu Menschen fähig waren, Rechtfertigung eines völker- breites Quellenmaterial, das

18 : antifaschistische nachrichten 4-2004


: ostritt
einen umfassenden Einblick in die am Beispiel Wuppertals und Umgebung
Strukturen und Tätigkeitsfelder der Ge- untersucht, der Wuppertaler Axel Haus-

I
stapo in Thüringen ermöglicht. Die Ge- weiler – Teilnehmer eines Überfalls von m Westen Polens, nordöstlich von
stapo war ein wichtiger Knoten im Netz Neofaschisten auf eine Gedenkveranstal- Gorzów Wielkopolski am Rande der
der Verfolgung und Ermordung Tausen- tung der VVN-BdA – befragt, die Stand- Puszcza Nadnotecka, liegt der Palac
der Menschen in fast ganz Europa. punkte von Neonazis und Antifaschisten Mierzecin. Das in den Jahren 1861 bis
Da gegen Kriegsende von der Gesta- zur Ausstellung „Vernichtungskrieg - 1863 unter dem Namen „Schloss Meh-
po viele Akten als Beweise ihrer Verbre- Verbrechen der Wehrmacht“ analysiert renthin“ errichtete prunkvolle Gebäude
chen vernichtet wurden, werden diese und verschiedene antifaschistische Pro- war über lange Jahre das Zentrum eines
vor allem mit Hilfe des erhalten geblie- jekte und ihre Aktivitäten gegen neofa- riesigen Landgutes, das der preußische
benen Schriftguts der Behörden, mit de- schistische Strukturen vorgestellt. Alles Adelsclan von Waldow auf Kosten klei-
nen sie zusammenarbeitete, dokumen- in allem eine gute 92minütige Dokumen- ner Bauernwirtschaften bis zu einem
tiert. Das Amtsdeutsch der Akten spie- tation, die in ihren Einzelteilen ebenso Umfang von rund 3.500 Hektar erweitert
gelt die Menschenverachtung des Regi- für die politische Bildungsarbeit geeig- hatte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wur-
mes wider. Um so erschütternder sind net ist wie als modellhaftes Gesamtpro-
demgegenüber die Berichte der überle- jekt.
benden Opfer der Gestapo, die nach Zu kaufen oder auszuleihen ist das
Kriegsende protokolliert wurden. Video beim Medienprojekt Wupper-
Um die Funktionsweise dieses Instru- tal e.V., Hofaue 55 in 42103 Wupper-
ments der Verfolgung und Unterdrü- tal , Tel. 0202 - 563 2647,
ckung zu verdeutlichen, wurden Ge- E-Mail: borderline@wuppertal.de ,
schäftsverteilungspläne und Organi- www.medienprojekt-wuppertal.de ■
gramme aufgenommen. Aufgenommen den die deutschen Großgrundbesitzer
wurden auch zahlreiche Gesetze und Er- Seminar zu Verbrechen der von der neuen Regierung in Warszawa
lasse, welche die Entstehung und den enteignet und umgesiedelt; der Palac
schnellen Machtzuwachs der Gestapo Wehrmacht Mierzecin wurde 1998 reprivatisiert und
dokumentieren. Im Jugendgästehaus in Dachau findet am wird jetzt als Hotel genutzt.
6. und 7. März ein Seminar der VVN- Eine Rückgabe der ehemaligen Guts-
Der Quellenband ist für Thüringer BdA Bayern zu den „Verbrechen der Ländereien an die Nachkommen des
Bürger kostenlos bei der LZT, Post- Wehrmacht in Süd- und Westeuropa“ deutschen Adels-Clans fordert jetzt Ale-
fach 102151, 99021 Erfurt zu bezie- statt. Neben einem Hauptreferat zu den xander von Waldow. Der emeritierte Ar-
hen. Der Versand erfolgt unfrei!! ■ „Verbrechen der Wehrmacht und ihre chitektur-Professor aus Eckernförde ver-
historisch-politische Aufarbeitung“ langt außerdem vom polnischen Staat
Video-Doku gegen Rechts (Prof. Kurt Pätzold, Berlin) referieren eine „Entschädigung“ für das Schloss.
Mitglieder der VVN-BdA und des AK „Die Vertriebenen sind Eigentümer an
Das Medienprojekt Wuppertal e.V. hat „Angreifbare Traditionspflege“ zu den ihrem Grund und Boden geblieben, le-
eine interessante Videodokumentation Verbrechen der Wehrmacht in Italien, diglich der Besitz wurde ihnen wider-
unter dem Titel „Am rechten Rand“ vor- Frankreich und Griechenland. Einen be- rechtlich entzogen“, heißt es in einer
gelegt. In der von einer Gruppe Wupper- sonderen Raum nimmt die Traditions- Stellungnahme der „Preußischen Treu-
taler SchülerInnen angeregten Doku- pflege der Bundeswehr am Beispiel der hand GmbH“, zu deren Gründern Wal-
mentation wird über die Übergriffe der „Gebirgsjäger“ (Ulli Sander, Dortmund) dow gehört. Mit Musterprozessen – Wal-
Polizei auf antifaschistische Gegende- ein. Die TeilnehmerInnengebühren be- dow könnte einen solchen anstrengen –
monstranten anlässlich eines Aufmar- tragen mit Übernachtung 35 Euro (ermä- will die Organisation mit Sitz in der Düs-
sches militanter Neofaschisten in Wup- ßigt 20 Euro), für Tagesgäste 15 bzw. 10 seldorfer BdV-Zentrale die Ansprüche
pertal berichtet, der Neonazi-Aussteiger Euro. Verbindliche Anmeldungen über der deutschen Umgesiedelten juristisch
Jörg Fischer zu seinen Erfahrungen mit die VVN-BdA, Frauenenlobstr. 24 in durchsetzen.
und in der rechten Szene interviewt, die 80337 München, Tel. 089-53 17 86, Fax „Entscheidend ist für die Preußische
Gefahren durch die Rechtsrock-Szene 089-53 89 464. ■ Treuhand der 1. Mai“, stellt die „Junge
Freiheit“ fest, die den Aufsichtsratschef
der Gesellschaft interviewt, den ehemali-
gen Polizeibeamten und Vorsitzenden
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über: der Schlesischen Landsmannschaft Rudi
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73.
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de
Pawelka aus Leverkusen. Nach dem EU-
Beitritt „untersteht auch Polen dem Ein-
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach fluss der Europäischen Kommission und
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, dem Europäischen Gerichtshof in Lu-
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, xemburg, die darüber wachen, dass EU-
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart, Recht auch eingehalten wird“, erklärt Pa-
Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln.
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. welka. „Eine starke Waffe in der juristi-
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sind schen Auseinandersetzung ist dabei das
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. Diskriminierungsverbot in der EU, denn
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- die Enteignung von Vertriebenen basiert
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung auf einer rassistischen Diskrimierung der
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. Deutschen.“
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie Zwar basieren Enteignung und Um-
Buntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemein-
schaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., siedlung nicht auf Rassismus, sondern
Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke; Jochen Koeniger (Arbeitsgrup- auf dem Potsdamer Abkommen; ob der
pe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vorstandes der Europäische Gerichtshof dies auch so
Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nachrichten); Kreisvereini-
gung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter hbv in ver.di sieht, wird sich jedoch zeigen müssen.
Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk. jk (nach JF 8/2004) ■

: antifaschistische nachrichten 4-2004 19


: aus der faschistischen presse
wurden“. Bisher herrschte in der Ge-
schichtswissenschaft die Meinung vor,
dass eine demokratisch gewählte spani-
Geschichtsrevisionismus „...so daß Deutschland schon einmal der sche Regierung durch einen Militärputsch
oder: sowjetischen Bedrohung militärisch ent- gestürzt werden sollte. Teile des Heeres,
Es war alles ganz anders! gegentreten könne, ohne in einen Zwei- die Luftwaffe und die Marine stellten sich
Fronten-Krieg hineinzuschliddern“. Der auf die Seite der legitimen Regierung und
Nation & Europa 2-2004 Einmarsch in die UdSSR 1941 war also bekämpften die Putschisten. Aber es war
Mit diesem Titel wäre das Februarheft lediglich eine notwendige präventive ja alles ganz anders.
von Nation & Europa im Wesentlichen Handlung gegen die sowjetische Bedro- Bisher galt auch als gesichert, dass Na-
korrekt zusammengefasst. Da im Februar hung aber „für Churchill kam nur eines in zideutschland Polen überfiel und den
aber das Rheinland und andere Teile des Betracht: den deutschen Friedenswillen größten Teil der dort lebenden jüdischen
Landes ganz im Zeichen des Mummen- zu nutzen um Zeit für den Kriegseintritt Menschen ermordete. Ein „MÜ“ weiß es
schanzes stehen, entschloss sich die Re- der Sowjets und der Amerikaner zu ge- besser: „Rund 3,3 Millionen Juden lebten
daktion zu einem dazu passenden Titel- winnen“. Bei Baumann wird aus der Pla- vor dem Zweiten Weltkrieg in Polen. Ihre
bild: Ein dicker Mann, der, gekleidet mit nung einer militärischen Agression „Frie- Nachkommen leben heute in aller Welt,
einem gestreiften Einreiher, auf dem Kopf denswillen“ und ein Überfall wird zum vor allem aber in Israel“. Die 3,3 Millio-
eine Melone und im Mund eine Zigarre, „Kriegseintritt“. Kein Wunder, dass er zu nen Menschen scheinen also aus irgend-
aussieht wie die früher übliche Karikatur folgendem Ergebnis kommt: „...daß welchen Gründen in die ganze Welt, vor
des Kapitalisten, posiert mit einer Ma- Churchill aus antideutschen Motiven den allem aber nach Israel ausgewandert zu
schinenpistole. Neben ihm steht ein als europäischen Regionalkonflikt zum Welt- sein Es war eben alles ganz anders.
Soldat verkleideter zweiter Narr, der krieg ausweiten und dafür Millionen Das gilt auch für die Literatur. Franz
leicht besorgt auf die MP blickt – offen- Menschen opfern wollte“. Da verwundert Schönhuber, ein Literaturkenner ersten
sichtlich kann der Dicke nicht damit um- es auch nicht, dass der letztlich auch für Ranges, schreibt: „...auch wenn sich unse-
gehen. Die Texte über und unter dem Foto den Massenmord an der jüdischen Bevöl- re Politiker inzwischen selbst an das Tra-
allerdings haben überhaupt nichts Karne- kerung verantwortlich ist: „...die NS-Ju- gen der Kippa gewöhnt haben. Oder han-
valistisches: „Britischer Historiker entlas- denverfolgung..., deren exzessive Steige- delt es sich um eine Neuauflage des Geß-
tet Deutschland: Das schmutzige Spiel rung einsetzte, als man deutscherseits zu ler-Hutes? Dann wäre ein deutscher Wil-
des Winston Churchill“. Es geht um Ge- ahnen begann, daß eine Ausgleichslösung helm Tell gefragt“. In Schillers Drama
schichtsrevisionismus oder, anders ausge- nicht mehr zu erreichen war“. Es war sitzt der Gessler-Hut mitnichten auf
drückt: Es war alles ganz anders! eben alles ganz anders. irgendeinem Kopf sondern auf einer Stan-
Werner Baumann klärt die Leser(in- Das gilt auch für den faschistischen Mi- ge im schweizerischen Ort Altdorf. Er ist
nen) gleich im ersten Beitrag darüber auf, litärputsch in Spanien 1936 und den dar- das Symbol der habsburgischen Herr-
„wie Churchill 1941 den Frieden verhin- auf folgenden Krieg zur Verteidigung der schaft und soll von den renitenten
derte“: „Hitler war (1940 - tri) zu weitrei- Republik, über den ein „PW“ schreibt: Schweizern als besonderes Zeichen ihrer
chenden Zugeständnissen bereit: zum so- „Hintergrund ist der Tod von 37 Besat- Unterdrückung gegrüßt werden. Wihelm
fortigen Rückzug der deutschen Truppen zungsmitgliedern des U-Bootes C-3, das Tell verweigert den gewünschten Kniefall
aus Frankreich, Belgien, Holland, Däne- während des Spanischen Bürgerkrieges und wird deshalb vom habsburgischen
mark und Norwegen, zur Wiedergutma- im Dezember 1936 vor der Küste Mala- Landvogt Gessler zur Strafe gezwungen,
chung der entstandenen Schäden, zur gas von einem Torpedo des (deutschen - einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu
Wiederherstellung eines souveränen pol- tri) U-34 getroffen worden war. Die Opfer schießen. Aus Rache erschießt er später
nischen Staates und zu umfassender gehörten den sozialistisch-kommunisti- den Vogt und leitet damit eine Revolution
gegenseitiger Abrüstung“. Die seinerzeiti- schen Verbänden an, die gegen die Regie- zur nationalen Unabhängigkeit ein. Bei
gen Ergebnisse der deutschen Überfälle rungstruppen des Generals Francisco Schönhuber scheint aber alles ganz anders
sollten also angeblich rückgängig ge- Franco kämpften. Franco war im Septem- gewesen zu sein. Oder will er andeuten,
macht werden, und das in einer Situation, ber 1936 zum Staatschef ernannt worden dass diejenigen die seiner Ansicht nach
in der die Nazi-Wehrmacht militärisch al- und hatte deutsche Militärhilfe (`Legion die Kippa als Gessler-Hut eingesetzt ha-
len anderen haushoch überlegen schien – Condor´) zur Niederschlagung der Roten ben, also die Juden, in einem Mordakt als
warum? Laut Baumann ging es um einen angefordert, da diese von der Sowjetunion Symbol und Auftakt der nationalen Be-
geplanten Angriff gegen die Sowjetunion: und ,internationalen Brigaden‘ unterstützt freiung (Gessler-Schuss) beseitigt gehö-
ren? tri ■
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise:
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro Spendenkampagne
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro 2000 Euro für die
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
Antifaschistischen
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). Nachrichten
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung)
Bisher sind 1383,- Euro
Name: Adresse: gespendet worden.
Vielen Dank!
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts
Spendenkonto: GNN-Verlag,
Unterschrift Postbank Köln, BLZ 370 100 50
Konto 10419507
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de
Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507

20 : antifaschistische nachrichten 4-2004

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