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nachrichten g 3336 3.11.2005 21. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
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SL eine große Rolle spielt. Es bröckelt beim Front National, rin eine Leichtsinnigkeit des auf die extre-
Gab es damals oder irgendwann danach denn „der Chef“ Jean-Marie Le me Rechte spezialisierten Journalisten der
eine Auseinandersetzung über die eigene Pen rückt auch weiterhin inner- Tageszeitung, Olivier Pognon, oder aber
Rolle in der Geschichte, eine Selbstbefra- parteilichen Kritikern und Widersachern ein Augenzwinkern in Richtung des FN
gung, ein Bedauern über den eigenen Bei- heftig zu Leibe. Die Keule des „Chefs“ liegt. Jedenfalls scheint „Le Figaro“ (ob-
trag zu den schrecklichen Geschehnissen, traf in den vergangenen zwei Wochen er- wohl die Zeitung und ihre Wochenendbei-
die schließlich zur „Vertreibung“ führten? neut hochrangige und prominente Partei- lage „Figaro Magazine“ in den letzten 3
Später beantwortet diese Frage mit einem mitglieder, teils aus der „alten Garde“, die bis 4 Jahren auf die offen rassistischen
eindeutigen: „Nein, nichts davon.“ Statt- bereits seit den 70er Jahren – also der Exzesse, die in ihren Spalten mitunter zu
dessen immer nur die Selbstdarstellung Phase des mühsamen Aufbaus, während finden waren, größtenteils verzichtet hat)
als Opfer. Und Forderungen: nach Rück- derer der FN nur eine Splitterpartei dar- in jüngerer Zeit, diskret, um eine Reinte-
kehr der Volksgruppe (das Niederlas- stellte – mit dabei waren. Gleichzeitig hat gration des FN in die „Gesamtrechte“ be-
sungsrecht als normale Staatsbürger der Le Pen Anfang Oktober in gewissem Sin- müht zu sein. Noch bei der Feier zum
Tschechischen Republik reicht ihnen ne anerkannt, dass es seiner Partei an er- zehnjährigen Bestehen der Wochenend-
nicht!); nach Entschädigung in mehrstelli- fahrenen Kadern und Aktivisten zu man- beilage „Figaro Magazine“ 1988 hatte der
ger Milliardenhöhe; nach direkten Ver- geln beginnt: In seiner Abschlussrede zum damalige, inzwischen verstorbene, He-
handlungen zwischen der tschechischen so genannten „Volksfest“ der Partei, der rausgeber Robert Hersant darauf bestan-
Regierung und der SL-Führung, die sich „Fête BBR (Bleu-Blanc-Rouge)“ (nach den, dass Vertreter des FN ausdrücklich
als Exilregierung der „sudetendeutschen den Farben der Nationalfahne „Blau- unerwünscht seien. Dagegen konnten sich
Volksgruppe“ versteht und von der Bun- Weiß-Rot-Fest“ getauft), rief der Vorsit- Jean-Marie Le Pen und die „Nummer
desregierung geschlossene Verträge nicht zende des FN die ehemals von ihm nur als Zwei“ der rechtsextremen Partei, Bruno
anerkennt. „Verräter“ und „Meuterer“ titulierten An- Gollnisch, am 3. Oktober 2005 bei der
Auf den Titel seines Buches zurück- hänger von Bruno Mégret dazu auf, ihn Feier des „Figaro“ zur jüngst erfolgten
kommend, schloss Später mit der Feststel- im kommenden Wahlkampf für die Präsi- Blattreform – die Zeitung erscheint seit
lung, dass Friede zwischen Tschechen dentschaftswahlen 2007 aktiv zu unter- einigen Wochen in völlig neuem Layout –
und Deutschen auf der Ebene der norma- stützen. tummeln. (Quelle: „Le Canard enchaîné“
len Bevölkerung sehr wohl möglich sei Le Pens Abschlussrede beim „BBR-Fest“ vom 12. Oktober) Seit knapp zwei Jahren
und auch längst praktiziert werde. Die steht „Le Figaro“ jetzt im Eigentum des
große Mehrheit der ehemaligen Bewoh- Am 8. und 9. Oktober hatte, erstmals seit Rüstungsindustriellen Serge Dassault,
ner der tschechischen Grenzgebiete teile vier Jahren, wieder die „Fête BBR“ im dessen Sohn Olivier Dassault sich um die
nämlich die Forderungen der SL nicht. Pariser Raum stattgefunden. Noch in den Geschicke des Blattes kümmert; Serge
Durch die Aufrechterhaltung dieser For- 1990er Jahren hatte diese, damals regel- Dassault war 1995 mit indirekter Unter-
derungen durch die Landsmannschaft und mäßig von einigen tausend Menschen be- stützung durch den FN, ohne rechtsextre-
durch die Tatsache, dass dieser Verein suchte, Großveranstaltung alljährlich Mit- men Gegenkandidaten, zum Bürgermeis-
massive staatliche Unterstützung genießt, te September auf einem Rummelplatzge- ter der Trabantenstadt Corbeil-Essonnes
werde der Friede aber immer wieder in lände im südöstlich an Paris angrenzen- gewählt worden.
Frage gestellt. den Stadtwald Bois de Vincennes stattfin- Ohne auf alle Einzelheiten der Ab-
Die Veranstaltung schloss mit einer in- den können. Doch seitdem im März 2001 schlussrede Le Pens beim „BBR-Fest“
tensiven Diskussion, in der es u.a. um das eine neue „rot-grüne“ Stadtregierung Pa- (die erstmals, jedenfalls in längeren Aus-
absurde Selbstverständnis der SL-Füh- ris regiert, wurde dieses Gelände dem FN zügen, durch einen Fernsehkanal übertra-
rung als völkerrechtliches Subjekt, um die stets verweigert, da es leiderleider im Sep- gen wurde: den Kabelsender LCI) einzu-
Rolle des Sudetendeutschen Kontaktbü- tember immer von einem Zirkus belegt ist gehen, so sei doch folgende Passage un-
ros („Botschaft“) in Prag, um den ökono- und damit für den Faschistenrummel lei- terstrichen: Nachdem der FN-Chef die
mischen Einfluss deutscher Konzerne in derleider kein Platz frei blieb. Nunmehr Schaffung von „Präsidentschafts-Akti-
der Tschechischen Republik und um die wurde die „Fête BBR“ nach vierjähriger onskomitees 2007“ ankündigte, fordert er
Frage ging, ob es denn der richtige Unterbrechung wieder aufgenommen, „sieben Jahre nach dem erbärmlichen Mé-
Schluss aus dem Ganzen sei, sich um gute aber nicht auf Pariser Boden, sondern in gret-Abenteuer (Anm.: d.h. der Abspal-
zwischenstaatliche Beziehungen Sorgen einer Ausstellungshalle in der nördlich tung vom Jahreswechsel 1998/99) jene,
zu machen. von Paris gelegenen Trabantenstadt Le die begriffen haben, sich uns anschließen.
Aufschlussreich Späters Antwort auf Bourget. Sie werden aufgenommen werden wie das
die letzte Frage nach der Resonanz auf Daran nahmen in diesem Jahr, laut Wunderkind. Ihre Teilnahme am Wahl-
sein Buch: Während eine tschechische übereinstimmenden Schätzungen der kampf an unserer Seite wird ihnen erlau-
Ausgabe bereits geplant sei, tendiere die meisten Presseorgane, rund 3.000 Perso- ben, nach (!) 2007 wieder volle Mitglie-
Resonanz hier zu Lande „fast gegen nen teil. Die Teilnehmerzahl schien erheb- der des Front National zu werden.“
Null“. lich unter dem Durchschnitt der Jahre Anders ausgedrückt, Le Pen fordert
Ein Blick ins Internet zeigt, dass we- 1995 bis 1998 zu liegen. Dagegen gibt die diejenigen ehemaligen Kader und Partei-
nigstens die ASten etlicher Universitäten FN-eigene Wochenzeitung „National funktionäre, die bei der damaligen Spal-
Erich Später in dem halben Jahr seit Er- Hebdo“ (NH vom 13. Oktober) an, es hät- tung der ehemaligen „Nummer Zwei“
scheinen seines Buches zu Lesungen ein- ten sich 15.000 Personen beteiligt. Als Bruno Mégret folgten, dazu auf, erst ein-
geladen haben. einzig größere Publikation hat übrigens mal die Arbeit zu übernehmen – also die
Renate Hennecke ■ die konservative Tageszeitung „Le Figa- Beteiligung am Wahlkampf –, um aber
ro“ (vom 10. Oktober) die FN-Version erst hinterher (nach dem kommenden
von den angeblichen 15.000 Teilnehmern Wahljahr 2007) wieder aufgenommen zu
übernommen. Es bleibt zu prüfen, ob da- werden. Das taktische Interesse des FN-
Brand in Abschiebegefängnis Aufruf zum Protest gegen teten Zeitraum – tun, mussten sie sich
von der zuständigen Polizeistation einen
Amsterdam. Bei einem Gefängnisbrand Haftbefehl Reisepass geben lassen. Am Reiseziel
am 27.10. sind am Amsterdamer Flugha- Der Aktivist der Flüchtlingsorganisation selbst hatten sie sich ihre Ankunft mit
fen Schiphol elf Abschiebehäftlinge ums „The Voice Refugee Forum“ und Men- Uhrzeit bestätigen zu lassen. Lückenlos
Leben gekommen, 15 weitere Personen schenrechtler Cornelius Yufani soll jetzt überwacht, sollten die Kolonisierten kei-
wurden verletzt. Nach Aussagen der nach jahrelanger juristischer Auseinan- ne Möglichkeit haben, sich frei zu bewe-
Flüchtlinge hatten die Gefängnisaufseher dersetzung wegen Verletzung der Resi- gen.” Eines der damaligen Kolonien war
die Hilferufe der Gefangenen nicht ernst denzpflicht inhaftiert werden. Am Don- Kamerun, das Herkunftsland von Corne-
genommen und öffneten viel zu spät die nerstag, den 27.10.05 soll er beim Ge- lius Yufanyi.
Zellen, die mit keiner Zentralverriege- richtsvollzieher erscheinen. Cornelius Der niedersächsische Flüchtlingsrat
lung gesichert waren, die es ermöglicht, Yufanyi könnte die Inhaftierung durch unterstützt die Aufrufe von „The Voice“
schnell sämtliche Zellen zu öffnen. Feu- Zahlung der gegen ihn verhängten Geld- und dem „Göttinger Arbeitskreis zur Un-
erwehrleute brauchten 3 Stunden, um die strafe in Höhe von 323,20 Euro abwen- terstützung von Asylsuchenden“ zum
Flammen zu löschen. In dem Abschiebe- den. Dies hat er abgelehnt: „Ich werde Protest gegen die drohende Inhaftierung
gefängnis saßen 350 Menchen. Es ist von für mein Recht auf Bewegungsfreiheit von Cornelius Yufani und bittet um Be-
einem drei Meter hohen Zaun und Sta- nicht bezahlen und bin bereit dafür auch teiligung an der Protestkampagne. Da
cheldraht umgeben. Insgesamt wurden ins Gefängnis zu gehen“. Yufani ver- der Haftbefehl gegen Cornelius Yufanyi
von hier bereits 26000 Menschen abge- weist gemeinsam mit Flüchtlingsorgani- bereits am Donnerstag den 27.10.05 in
schoben. Menschenrechtsgruppen bekla- sationen auf die kolonialistische Traditi- Kraft tritt, wäre es gut, schnell zu protes-
gen immer wieder, dass auch Flüchtlinge on, in der die Residentpflicht steht: tieren. Die Faxadressen der zuständigen
betroffen sind, denen in ihrer Heimat „Schon während der Kolonialzeit haben Behörden sind:
Folter und Verfolgung droht. Europarefe- die Deutschen versucht, die Bewegungs- Amtsgericht Götttingen, Gerichtsvoll-
rent Karl Kopp von Pro Asyl sagte dazu freiheit der Kolonisierten zu kontrollie- zieher Frank Lohse, Berliner Str.
gegenüber der FR vom 28.10.: „Die ren und zu unterbinden. Damals wurden 8,37073 Göttingen, Fax: 0551-403-1300
Haftanstalten sprießen überall wie Pilze dafür in den Kolonien ein „Eingebore- AG Göttingen
aus dem Boden. Das ist ein eskalierender nenregister“ und eine Art Pass (eine Sowie: Staatsanwaltschaft Mühlhau-
Prozess.“ Abschiebegefängnisse seien Blechmarke) eingeführt. „Da jeder Pass sen, Strafvollstreckung, Brunnenstr. 125,
soziale Elendszonen und zumindest po- nur in einem Bezirk gültig und durch Fax: 03601-458-155
tenzielle Orte für Menschenrechtsverlet- entsprechende Nummernfolgen gekenn- Bitte schicken Sie/ schickt immer auch
zungen. Insbesondere die Niederlande zeichnet war, sollte jederzeit möglich eine Kopie des Faxes an The Voice Refu-
und Großbritannien hätten ihre Einrich- sein, festzustellen, ob Afrikaner ihren gee Forum/ AK Asyl Göttingen: Fax:
tungen an den Flughäfen ausgebaut. Bezirk oder Distrikt verlassen hatten. 0551-58898,
Quelle: FR 28.10.2005 ■ Wollten sie dies legal – für einen befris- Email: the_voice_goettingen@gmx.de ■
Vorsicht Antifaschismus!
drohung dahinter stünde. Sehr tempera- nicht mit der unterdrückten Bevölkerung
mentvoll wird sie von dem heute 84-Jäh- des zerschlagenen Jugoslawien solidari-
rigen in deutscher Sprache geschildert. siert hatten. Ein Gedenkkreuz für sie
Die Veranstaltung des Jugendclub Cou- Zeigt her eure Füßchen... wurde auf dem Friedhof des serbischen
rage Köln findet in Kooperation mit dem ...verpackt eure Schuh’ und seht couragierten Staatsdienern zu Ortes eingeweiht – in Anwesenheit von
NS-Dokumentationszentrum der Stadt Uta Leichsenring
(Polizeipräsidentin Eberswalde/
Brandenburg):
Regierungsvertretern. Ebenfalls ange-
Köln statt. Entwickelte ein bundesweit beachte-
tes Konzept zur Bekämpfung des
Rechtsradikalismus – suspendierte im
kündigt waren offizielle Vertreter der
Sommer 1996 acht Beamte der Poli-
zeiwache Bernau, die beschuldigt Konsulate Deutschlands und Österreichs.
Do. 24.11.2005, 19.30 Uhr, EL-DE-Haus, Ap- wurden, vietnamesische Zigaretten-
pellhofplatz 23 - 25, Köln, UKB: 5,- /3,- Euro mit dem »Theodor-Heuß-Preis für
Demokratie und Zivilcourage« – nach
Aussage des Brandenburger Innenmi-
nisteriums heute nicht mehr im Poli-
zeidienst.
den sind die österreichischen Donau-
Erardo Rautenberg
(Generalstaatsanwalt/ schwaben, und auch die Wiener Politik
Zeitzeichen Brandenburg):
Geriet 2002 in der Brandenburger V-
Mann-Affäre mit Landesinnenmini-
ster Schönbohm aneinander, weil die-
prescht in „Vertriebenen“-Fragen häufig
„Vorsicht Antifaschismus!
ser V-Leuten »szenetypische«
Straftaten durchgehen lassen wollte –
bekam daraufhin einen Maulkorb ver-
passt und durfte sich zu diesen Fragen
vor, wo Berlin sich noch zurückhält. Drei
nicht mehr äußern – setzte sich in ei-
nem Aufsatz kritisch mit nationalisti-
schen Äußerungen des damaligen
österreichische Parlamentarier – ein
Berlin. In einer Auflage von 30.000 CDU-Generalsekretärs Laurenz Mey-
er (»Ich bin stolz, ein Deutscher zu
sein«) und des ehemaligen Fraktions-
Konservativer, ein Sozialdemokrat, ein
Inhalt vorsitzenden Friedrich Merz (»Deut-
Exemplaren ist die neue Flugschrift Seite 2:
Zum Grundgesetz
Seite 3:
sche Leitkultur«) auseinander.
Uwe Picard
(Staatsanwalt/Bremen):
Grüner – reisten Mitte Oktober nach Un-
„Zeitzeichen“ erschienen, die Erstauslie- Zur antifa-Klausel
Seite 4:
Zu Repressionen
Veranlasste, dass zu den Wahlen in
Bremen 2004 NPD-Plakate mit der
Aufschrift »Gute Heimreise« ab-
garn, Kroatien und Serbien – „zu den
Seite 5: R. Geisheimer/attenzion
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten Vielen Dank allen Spenderinnen
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