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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 9.2.2006 22. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Brendten-Feier vorverlegt
Das Bundesverteidigungsministe-
rium hält an der Unterstützung des
Kriegsverbrechertreffens der Ge-
birgstruppe der Wehrmacht fest. „Es gibt
keine neuen Erkenntnisse, die die Position
des BMVg in Frage stellen können.“ Mit
diesen Worten eines Sprechers des Streit-
kräfteführungsstabes hat sich der neue
Bundesminister der Verteidigung, Franz
Josef Jung (CDU), der Haltung seines
Vorgängers Peter Struck zum alljährlichen
Treffen der Gebirgstruppe angeschlossen.
In einer Erklärung von Überlebenden
des antifaschistischen Widerstandes und
der NS-Verfolgung, die diese an den Mi-
nister richteten und die dieser nun zurück- Naziaufmarsch auch in Lüneburg am 28. Januar 2006. Kapitän Blaubär und
weisen ließ, wird ausgeführt: „In Nürn- Hein Blöd zeigten deutlich, was sie davon hielten. Bericht S. 5
berg hat das höchste Gericht, das jemals
in der Geschichte tagte, das Nürnberger
Kriegsverbrechertribunal, für alle Zeiten
die Naziorganisationen und ihre Wieder-
Ein guter Tag für Stuttgart!
belebung, die Ehrung von Kriegsverbre-
Neonaziaufmarsch erfolgreich gestoppt
chern und Würdigung von Verbrechen ge- Als großen Erfolg für die demo- schismus widerspreche jeder christlichen
gen die Menschlichkeit verboten. Wäh- kratischen und antifaschisti- Überzeugung. Leni Breymaier, stellver-
rend die Tätigkeit des Nürnberger Tribu- schen Kräfte in Stuttgart, be- tretende Vorsitzende des DGB Baden
nals gewürdigt wurde, werden mit Hilfe wertete die VVN-Bund der Antifaschis- Württemberg bekräftigte die Haltung der
von Regierungs- und höchsten Komman- ten die erfolgreichen Gegenaktionen Gewerkschaften, Faschismus und Neofa-
dostellen in Mittenwald Kriegsverbrecher gegen den Aufmarsch von Neofaschis- schismus entschieden zurückzuweisen.
geehrt. Darunter ist sogar einer, der in ten am Samstag, den 28. Januar. Die Schaffung von sozialer Gerechtigkeit
Nürnberg im Folgeprozess gegen Generä- trage entscheidend dazu bei, den Parolen
le der Südfront verurteilt wurde und der Ca. 2000 Menschen aus Stuttgart und an- der Nazis den Boden zu entziehen.
lange Jahre Ehrenpräsident des Kamera- deren Städten Baden-Württembergs hat- Auf der anschließenden Demonstration
denkreises der Gebirgstruppe war: Gene- ten um 12.30 Uhr an der Kundgebung und zum Schlossplatz legten die Demonstran-
ral Hubert Lanz.“ Demonstration „Weiße Rose gegen brau- ten weiße Rosen an der Gedenktafel für
Ungeachtet auch der Tatsache, dass erst ne Gewalt“ teilgenommen. Zu Beginn rief den von den Nazis ermordeten ehemali-
im Sommer 2005 eine SS-Formation von die Journalistin und Autorin Beate Klars- gen württembergischen Staatsminister
Gebirgspolizisten, die an der Deportation feld aus Paris die Menschen in Deutsch- Eugen Bolz nieder. Am Schlossplatz wur-
und Ermordung der Athener Juden teil- land zu Zivilcourage gegen die faschisti- de dann die Kundgebung des Bündnisses
nahmen, nach Enthüllungen aus dem Ka- schen Ideologen auf, die heute noch ordnungsgemäß beendet. Dennoch zogen
meradenkreis ausgeschlossen werden Auschwitz leugnen und den Rassismus fast alle Demonstranten weiter, um ihren
musste, behauptet die Bundeswehrfüh- der Nazis rechtfertigen. Sie freue sich, Protest auch unmittelbar am Kundge-
rung, es gäbe keine „neuen Erkenntnisse“, dass dank des Engagements vieler Antifa- bungsort der Neofaschisten zum Aus-
und der Kameradenkreis ließ bekannt ge- schistinnen nirgendwo in Deutschland druck zu bringen und sich ihnen in den
ben, er habe keine gerichtlich Verurteilten Nazis unbehindert und ohne Protest auf- Weg zu stellen. Tatsächlich konnte der
in seinen Reihen. Zudem werde man das marschieren können. Werner Pfennig, der Aufmarsch von ca. 200 Neofaschisten
Treffen diesmal nicht zu Pfingsten, son- Vorsitzende der VVN-Bund der Antifa- schon wenige hundert Meter nach Beginn
dern bereits am 27./28. Mai in Mittenwald schisten bezeichnete es als nicht zu über- gegen 14.30 Uhr durch die Blockade der
durchführen. Im Aufruf der Antifaschisten bietenden Skandal, dass ausgerechnet das Bürgerinnen und Bürger gestoppt werden.
steht allerdings nicht, dass die Opfer des Bundesverfassungsgericht, das über die Angesichts der großen Zahl der Gegende-
Faschismus und jüngere Antifaschisten klaren antifaschistischen Bestimmungen monstranten verzichtete auch die Stuttgar-
nur zu Pfingsten demonstrieren können. des Grundgesetzes zu wachen hätte, den ter Polizei, die zunächst noch begonnen
Ulrich Sander, vvn-bdanrw@freenet.de ■ Nazis ihre Aufmärsche und damit die Ver- hatte, Gegendemonstranten in der Tübin-
breitung ihrer menschenverachtenden ger Straße einzukesseln, auf eine gewalt-
Ideologie erlaube. Harald Hellstern, der same Räumung des Demowegs der Nazis.
Aus dem Inhalt: Vorsitzende der katholischen Verbände in Die friedliche und gewaltfreie Blockade
Petition an den Landtag NRW . . 6 der Diözese Rottenburg Stuttgart, rief be- der großen Zahl von Nazigegnern, hat den
Warten auf den Zug – Gedenken sonders auch Christen und Kirchenge- faschistischen Aufmarsch erfolgreich ge-
an Deportationen . . . . . . . . . . . . . 7 meinden auf, verstärkt über Ideologie und stoppt.
Politik der Neofaschisten aufzuklären. Fa- VVN-BdA-Stuttgart ■
: meldungen, aktionen
den Nazis hochgeehrten „Mutter Ost-
preußens“ Agnes Miegel vor. Im glei-
chen Jahr bewirbt der Buchdienst der
neofaschistischen Zeitschrift „Nation
Deutsches Haus bei „Politische Kaffeetassen“ in und Europa“ eine CD mit dem Titel
Magdeburg Meerbusch „Verlorene Heimat“ auf der Frau Lim-
Magdeburg. Aktivisten der extremen Meerbusch/Borna. Der Meerbuscher mer von Massow deutsche Dichter rezi-
Rechten aus Hessen haben ein Mehrfa- Architekt Dr. Ludwig Limmer hatte im tiert. Eine „historische Einführung“ über
milienhaus mit 7 ha Land in der Nähe vergangenen Jahr für den Verein „Ge- die „Gebiete, die Deutschland und Öster-
von Magdeburg erworben. Dort sollen dächtnisstätte“ ein 10 500 qm umfassen- reich nach zwei Weltkriegen abtreten
künftig „junge deutsche Familien“ mit des Gelände in der Nähe von Borna ge- mußten“, gibt dort Walter Marinovic.
„mindestens zwei Kindern günstig woh- kauft. Der emeritierte Wiener Professor ist gern
nen und Land für den eigenen Bedarf“ Was ursprünglich als „Begegnungs- gesehener Redner bei verschiedenen
erhalten, wenn sie bereit sind, „unter An- stätte für Rußlanddeutsche“ angepriesen Kreisen der extremen Rechten und auch
leitung Gemüse, Kartoffeln und Obst wurde, entpuppt sich nun als Versuch, bei der neofaschistischen NPD. Schon
selbst anzubauen“. Die „Parteienregie- eine „Gedächtnisstätte“ für die deut- im März 2001 waren die beiden für einen
rungen“ der vergangenen Jahre hätten schen „Opfer des Zweiten Weltkrieges Vortrag unter dem Motto „Es war ein
die „Not in Deutschland“ verursacht, als durch Bomben, Verschleppung, Vertrei- Land.... Verlorene Heimat im deutschen
deren Folge Deutsche immer weniger bung und in Gefangenenlagern“ zu er- Gedicht“ im einschlägig rechten „Neuen
Kinder bekommen würden. „Damit das richten. Limmer selbst gehört dem Ver- Klub“ im „Haus der Heimat“ in Wien an-
deutsche Volk überleben kann, müßten ein seit über einem Jahr an. Mitgegrün- gekündigt worden.
alle Familien mindestens vier Kinder be- det wurde dieser von der – mittlerweile – Aber die Verbindungen der Frau Lim-
kommen“, heißt es in dem Aufruf, der in wegen Volksverhetzung verurteilten Ur- mer von Massow reichen noch weiter.
der aktuellen Ausgabe der „Stimme des sula Haverbeck-Wetzel, die für das ein- 1998/1999 bildete ihr „Institut für
Gewissens“ des „Collegium Humanum“ schlägige rechte „Collegium Humanum“ Sprachgestaltung“ in Zusammenarbeit
in Vlotho abgedruckt wurde. und den geschichtsrevisionistischen mit der Außenstelle Ratibor des „Insti-
Die Akteure suchen nun weitere Un- „Verein zur Rehabilitierung der wegen tuts für Auslandbeziehungen“ (IfA)
terstützer und Adressen von Familien mit Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ sechs junge Frauen aus der deutschspra-
Kindern, „deren Väter arbeitslos sind aktiv ist. chigen Minderheit in Polen zu „Rund-
und denen man helfen sollte“. Als Kon- Im Hause Limmer, einer gutbetuchten funksprecherinnen“ aus. Zum Lehrinhalt
taktadresse werden S. & G. Godenau in Meerbuscher Familie, seien in der Ver- gehörte auch die Rezitation von Texten
Gilserberg und als Büroadresse Christa gangenheit „politische Gesprächsrun- deutscher Dichter. Diese Initiative förde-
Gernß aus Kassel angegeben. Siegfried den“ durchgeführt worden, „bei denen re „ganz dezidiert deutsche Schlesier bei
Godenau und Christa Gernß gehörten in u.a. Funktionäre der rechtsextremen der Erhaltung ihrer Sprache und Kultur“
den 90er Jahren dem Vorstand des Ver- „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ und trage „damit zum Fortleben dieser
eins „Ostpreußenhilfe“ an. Der unter- (JLO) aufgetreten“ seien, weiß die Frak- alten deutschen Provinz“ bei, stellten da-
stützte bislang – wie auch diverse andere tion der „Die Linke.PDS“ im sächsi- mals übereinstimmend Dr. Antje Kleine-
extrem rechte Vereinigungen – Rußland- schen Landtag (8.12.05) zu berichten. wefers von der Adalbertus-Stiftung in
deutsche im Gebiet des ehemaligen Von Veranstaltungen unter dem Namen Krefeld und Erika Kip vom „Westdeut-
Nordostpreußens. Nun sollen künftig „Politische Kaffeetassen“ im Hause schen Rundfunk“ fest, so die „Kulturpo-
„junge deutsche Familien mit Kindern“ Limmer spricht die „TAZ“ in NRW. litische Korrespondenz“ (25.7.99) der
im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen. Über ein Treffen von Mitgliedern der Fa- „Stiftung Ostdeutscher Kulturrat“.
An die Gründung eines Vereins werde milie Limmer, darunter Gisela Limmer Im Eva-Kleinewefers-Haus in Nette-
gedacht, und „wenn alles klappt, sollen von Massow, im Hause des Solinger tal-Leutherheide, dem langjährigen Ta-
weitere Objekte folgen“. Godenau ge- Bauunternehmers Günter Kissel im Au- gungshaus der von dem 2001 verstorbe-
hörte in der Vergangenheit der revanchis- gust 2003, an dem neben Ursula Haver- nen Unternehmer und Alt-Nazi Paul
tischen „Gemeinschaft Deutscher Osten beck-Wetzel auch der vorbestrafte Neo- Kleinewefers inspirierten Krefelder Stif-
e.V“ (GDO) an, die sich als „staatstra- nazi Horst Mahler und der ehemalige tung, trat Gisela Limmer von Massow im
gender Zusammenschluß volks- und NS-Jagdflieger Hajo Herrmann, gern ge- November 2004 auf einer Veranstaltung
reichs-treuer Deutscher“ bezeichnet und sehener Referent bei der neofaschisti- unter dem Titel „Dichter beten – Lesung
die 1992 die „Ostpreußenhilfe“ aus der schen NPD und heute Anwalt des Verein mit Orgelmusik“ auf. Auch in der Ju-
Taufe hob. Zu Beginn mit dabei: der „Gedächtnisstätte“, teilgenommen hat- gendbildungsarbeit ist Frau Limmer von
1982 wegen Bildung einer terroristi- ten, schrieb die antifaschistische NRW- Massow in der Region nicht unbekannt.
schen Vereinigung zu 13 Jahren verur- Zeitung „LOTTA“ (15/2004). So fand 1994 im „Zeughaus“ der Stadt
teilte Neonazi Manfred Roeder. 1992 Gute Verbindungen unterhält die Fa- Neuss erstmalig ein von ihr ins Leben
wurde ein Text von Godenau über einen milie Limmer aber auch zu „Vertriebe- gerufener Jugendwettbewerb für gespro-
Besuch im „von den Russen besetzten nen“-Verbänden. chene Versdichtung statt, an dem 120
und verwalteten Teil Ostpreußens“ in der Im November 1999 zählten Gisela Kinder, Jugendliche und junge Erwach-
Zeitschrift „Die Bauernschaft“ des Alt- Limmer von Massow und Dr. L. Limmer sene aus zahlreichen Schulen teilnah-
Nazis Thies Christophersen abgedruckt. zu den Unterzeichnern eines Aufrufes men. Auch hier standen Texte von Dich-
Auch Büroleiterin Christa Gernß ist in der „Sudetendeutschen Landsmann- tern aus der „verlorenen Heimat“, aus
rechten Kreisen nicht unbekannt. 1997 schaft“ Düsseldorf gegen die sogenann- Pommern, Ostpreußen und Schlesien, im
gehörte sie dem Gründungsvorstand der ten „Benesch-Dekrete“, der in der BDV- Vordergrund. hma ■
Partei „Ab jetzt – Bündnis Für Deutsch- Zeitung „Deutsche Umschau“ ganzseitig
land“ an, die von Anhängern der revan- als Anzeige veröffentlicht wurde. Im „Wollt Ihr keine Demo hier –
chistischen Kleinpartei „Bund für Ge- Juni 2002 trug die aus Pommern stam-
samtdeutschland“ und dem Siegburger mende Sprachpädagogin Gisela Limmer setzt die Nazis vor die Tür!“
Helmut Fleck, zuvor beim extrem rech- von Massow auf dem „Deutschlandtref- und: „Auch wenn Sie’s nicht vermuten –
ten „Aufbruch 94“, gegründet wurde. fen“ der Landsmannschaft Ostpreußen wir sind die Guten!“ – das waren zwei
hma ■ „Gedichte und Balladen“ der schon von Beispiele von vielen Sprechchören, die

2 : antifaschistische nachrichten 3/2006


Straßenschild für Widerstandskämpfer er sofort wieder politisch tätig. Auf Grundlage des KPD-Ver-
bots von 1957 wurde er wegen seines Kampfes gegen die
Hannover-Linden. In gemeinsamer Aktion und ohne städ- Wiederbewaffnung verurteilt und saß bis 1959 ein. Der west-
tische Erlaubnis brachten VVN/BdA, Geschichtswerkstatt deutsche Staat verweigerte ihm die Anerkennung als Opfer
und DGB-Jugend an einem bisher unbenannten Weg das Stra- des Faschismus, weil er wieder Staatsfeind sei.
ßenschild „August-Baumgarte-Weg – unbeugsamer antifa- Die Anbringung des Straßenschildes wurde zur Feierstunde
schistischer Widerstandskämpfer“ an. August Baumgarte von 80 Menschen, darunter Kurt Baumgarte, Bruder von Au-
(1904 - 1980) engagierte sich in sozialdemokratischen Ju- gust, und selbst fast 12 Jahre von den Nazis und später vom
gendorganisationen sowie in der Gewerkschaft und ging we- Adenauer-Staat inhaftiert. H-D Charly Braun gab einen leben-
gen inkonsequentem Antifaschismus der Sozialdemokraten digen Überblick über das Leben und Kämpfen von August
zur KPD. Als Leiter des Antifaschistischen Kampfbundes Baumgarte. Die DGB-Jugend trug ein Gedicht von Erich
Niedersachsen wurde er bereits 1932 inhaftiert und verbrach- Fried vor. Der DGB-Chor und die Inge-Scharna-Familie um-
te die Zeit des Faschismus nahezu ununterbrochen in Zucht- rahmten die Feier musikalisch. Jetzt werden eine Reihe von
häusern und Lagern wie Moringen, Börgermoor, Mauthausen. Organisationen für das Schild den offiziellen Segen der Stadt
Auch dort war er im Widerstand tätig. Nach der Befreiung war Hannover beantragen. cb, Fotos: Reiner Simon ■

am 28.1. durch den Butzbacher Stadtteil ten“ detailliert geschildert und aus ver- tiert. Darauf verständigten sich in einem
Hoch-Weisel hallten. Eine Demonstrati- schiedenen Blickwinkeln in die größeren ersten Treffen rund zwei Dutzend Vertre-
on von etwa 350 Antifaschistinnen und historischen und politischen Zusammen- ter antifaschistischer Organisationen,
Antifaschisten zog durch den kleinen hänge eingeordnet. Zwei Zwischenkund- Gewerkschafter und Einzelpersonen.
Ort, in dem seit etwa einem Jahr eine der gebungen fanden in jeweils nur 25 Me- Auch der Ehrenfelder Bezirksbürger-
aktivsten Nazi-Kameradschaften Hes- tern Abstand zum „Nationalen Zentrum“ meister nahm daran teil. Die Versamm-
sens, die „Freien Nationalisten Rhein- der Butzbacher Nazis statt. lung beschloss, das Bündnis „Köln stellt
Main“ ihr Zentrum in der Langgase 16 Die Demonstration verlief ohne jegli- sich quer“ neu zu formieren und mög-
aufgeschlagen haben. Gegen sie ermittelt chen Zwischenfall, sieht man von dem lichst viele Menschen in Ehrenfeld und
derzeit die Staatsanwaltschaft wegen des Versuch zweier jugendlicher Hoch-Wei- Porz gegen den Naziaufmarsch zu mobi-
Verdachts der Bildung einer kriminellen seler ab, den Zug mit dem Hitlergruß zu lisieren, der unter der Losung „Multikul-
Vereinigung. provozieren, was ihnen aber nicht ge- tur abschaffen! Moscheebau stoppen!“
An der Demonstration beteiligten sich lang. Ihre Personalien wurden von der stattfinden soll. Unterstützt wird die Ak-
Landrat Rolf Gnadl (SPD), mehrere Polizei festgestellt. Es herrschte eine au- tion vor allem von Kameradschaften aus
Kreistagsabgeordnete der Grünen, der ßerordentlich gute Stimmung - entschie- NRW, aber auch aus Holland und Berlin,
Vorsitzende der DGB-Region Wetterau, den, kämpferisch, fröhlich. sowie der NPD Köln. Das geht aus An-
Arno Enzmann, eine vielköpfige Delega- Die Kundgebung endete mit der An- kündigungen auf der Website des Akti-
tion der Butzbacher SPD, Menschen aus kündigung, Aktionen dieser und anderer onsbüros Westdeutschland hervor.
einer großen Zahl unterschiedlicher anti- Art solange fortzusetzen, bis das „Natio- Außer den Protestaktionen soll am 20.
faschistischer Initiativen in Hessen (da- nale Zentrum“ in Butzbach Hoch-Weisel Februar in Ehrenfeld eine Informations-
runter auch die Anti-Nazi-Koordination ein für alle Mal dicht gemacht ist – wo- veranstaltung zum Thema Neonazismus
Frankfurt), eine ganze Zahl Butzbacher rauf sich jede/r ganz sicher verlassen stattfinden, ebenfalls in Porz am 2.3..
Bürgerinnen und Bürger und auch einige kann! Auch dort werden Protestaktionen ge-
Familien aus Hoch-Weisel. Eine Vertre- Pressemitteilung Anti-Nazi- plant. Ein Aufruf ist in Vorbereitung, mit
terin der IG Metall Frankfurt verlas unter Koordination Frankfurt, 28.1.06 ■ dem in der Öffentlichkeit zur Teilnahme
anderem ein Grußwort des Vorsitzenden an den Veranstaltungen und zu Spenden
des DGB Mittelhessen, Ernst Richter. Neonazis stoppen! zur Deckung der Kosten geworben wer-
Vermißt wurde Bürgermeister Oswin den soll. Auf ihrer Sitzung am 30.1. ver-
Veith (CDU), der sich noch vorgestern in Köln. Mit einer Kundgebung auf dem abschiedete die Bezirksvertretung Eh-
der „Wetterauer Zeitung“ einen friedli- Neptunplatz und einer Mahnwache in renfeld eine Protestresolution gegen den
chen Verlauf der heutigen Demonstration der Bartholomäus-Schink-Straße wird Naziaufmarsch. Infos unter: www.koeln-
gewünscht hatte. am 4. März in Köln-Ehrenfeld gegen stelltsichquer.de.vu
In einer Reihe von Redebeiträgen wur- eine neuerliche Provokation der neona- Bündnis Köln stellt sich quer
de das Treiben der „Freien Nationalis- zistischen „Kameradschaften“ protes- email: koelnstelltsichquer@yahoo.de ■

: antifaschistische nachrichten 3/2006 3


Polizeiliche Hexenjagd auf Antragsteller, die VVN-Bund der Antifa- jekt eingespannt wurde, zeugt entweder
Nazigegner schisten, „sicherlich nicht im Verdacht von Unwissenheit oder es wurde nicht
steht, nationalsozialistische Ziele zu ver- verstanden, dass Homophobie und Frau-
Stuttgart. Erneut erwies sich am treten oder zu propagieren“. Der Einsatz enfeindlichkeit nur eine andere Art von
Samstag, 21. Januar, dass Zivilcourage von Polizei und Staatsanwaltschaft er- Diskriminierung sind. Auf eine Emailan-
gegen Rechts im Rems-Murr-Kreis uner- weist sich vor dem Hintergrund dieses frage gestand auch einer der Verantwort-
wünscht ist. Mit Großeinsätzen in Urteils als offener Bruch mit dem lichen ein, dass Ferris MC Sexismus ver-
Schorndorf und Backnang gingen Polizei Rechtsstaatsprinzip. tritt, es wurde aber darauf verwiesen,
und Staatsanwaltschaft unter Berufung Während das Verwaltungsgericht dass Sexismus und Homophobie in die-
auf § 86 (Verbreiten faschistischer Pro- Stuttgart vollen Rechtsschutz für die An- ser Szene überall zu finden sei. Das viele
paganda) und § 86 a (Verwendung fa- liegen der Antifaschisten hergestellt hat, andere Hip-Hopper nicht besser sind, ist
schistischer Symbole) nicht etwa gegen führen Polizei und Staatsanwaltschaft, aber kein Grund Sexismus bei Ferris MC
Neonazis, sondern gegen Nazigegner diejenigen, die diesen Schutz genießen, zu tolerieren. T. Lenk (gekürzt) ■
vor, die dort vor der neofaschistischen in Handschellen ab. Die VVN-Bund der
Gefahr warnen wollten. Zahlreiche junge Antifaschisten wird sich von diesem NPD tritt an
Leute wurden von Greiftrupps regelrecht rechtswidrigen Verhalten von Behörden,
verfolgt, gestellt, verhaftet und in Polizei und Staatsanwaltschaft Rheinland-Pfalz. Die NPD hat die nö-
Handschellen abgeführt, allein auch in Zukunft nicht davon tigen Unterstützerunterschriften zur
deshalb, weil sie Abzeichen abhalten lassen, aktiv ge- Landtagswahl in Rheinland Pfalz am 26.
mit Anti- Nazi-Symbolen gen Rassismus, Fa- März beim Landeswahlleiter eingereicht.
trugen oder entspre- schismus und Gewalt Sie wird also auf dem Stimmzettel ste-
chende Flugblätter ver- zu bleiben. Der vom hen. Sie kandididert allerdings nur mit
teilen wollten. Der In- früheren Bundes- Landesliste und stellt keine Direktkandi-
fostand der Vereini- kanzler ausgerufe- daten auf. In der NPD-Presseerklärung
gung der Verfolgten ne „Aufstand der heißt es dazu: „Die zwölf Personen um-
des Naziregimes – Anständigen“ muss fassende Landesliste der NPD wird vom
Bund der Antifaschis- im Rems-Murr- 49-jährigen Fraktionsgeschäftsführer Pe-
ten (VVN-BdA), die Kreis ohne Unterstüt- ter Marx angeführt. Auf Platz 2 folgt der
1947 von überlebenden zung der Behörden Jurastudent Safet Babic, gefolgt von dem
Naziopfern gegründet wur- stattfinden. Auch recht- Selbständigen Rene Rodriguez-Teufer.
Verbreitung faschistischer
de, wurde in Backnang von Propaganda? Absurd. liche Schritte ein- Der Angestellte Sascha Wagner rangiert
einem riesigen Polizeiaufge- schließlich Strafanzei- auf Listenplatz 4, gefolgt von dem Arbei-
bot eingekesselt, die Mate- gen gegen die Verant- ter Christian Hehl. Der Soldat Sven Lo-
rialien durchwühlt und schließlich wie- wortlichen dieses Rechtsbruches behal- beck wurde auf Platz 6 gewählt.“ Mit der
derum wegen durchgestrichener oder ten wir uns vor. Fortsetzung der Schulhof-CD-Aktion so-
zerstörter Hakenkreuze beschlagnahmt. Dieter Lachenmayer ■ wie gezielten Erstwähleranschreiben
Dabei hatte das Verwaltungsgericht wolle man vor allem die Jugend mobili-
Stuttgart am Vortag das Anliegen der Na- Aufmucken ohne falsche sieren, heißt es weiter.
zigegner ausdrücklich für rechtlich ein- In Rheinland-Pfalz hat die DVU auf
wandfrei erklärt und den Behörden un- Töne! einen eigenen Wahlantritt zugunsten der
tersagt, dagegen vorzugehen. Das Ord- Bei einigen Initiativen und Projekten ge- NPD verzichtet. Dafür tritt die DVU am
nungsamt Backnang hatte nämlich ver- gen Rechts wird versucht eine Art von 26. März in Sachsen-Anhalt zur Land-
sucht, die Erlaubnis für einen entspre- anti-extremistischem Nationalstolz (gu- tagswahl an, unterstützt von der NPD.
chenden Infostand der VVN-Bund der ter Patriotismus vs. böser Nationalismus) Aus Antifa-Info der VVN-BdA
Antifaschisten mit dem Verbot des Ver- zu konstruieren. So zum Beispiel im Rheinland-Pfalz ■
teilens von Materialien, „mit Kennzei- „Andi – Comic für Demokratie und ge-
chen verfassungswidriger Organisatio- gen Extremismus“, ein Produkt des Ver- SS-Denkmal soll nach
nen, z.B. einem zerbrochenen Haken- fassungsschutz Nordrhein-Westfalen. In
kreuz“ zu verbinden. In einem von der diesem wird erklärt, dass der National- Thüringen
VVN – Bund der Antifaschisten ange- stolz gut ist, aber Rechtsextremismus Ehemalige Angehörige der Waffen-SS
strengten Eilverfahren wies das Verwal- böse. Eine Hinterfragung von Kollektiv- wollen offenbar in Thüringen ein Denk-
tungsgericht Stuttgart diese und andere identitäten an sich gibt es nicht. mal errichten. Das SS-Denkmal steht bis-
schikanöse Auflagen für den Infostand Doch auch unabhängige Projekte ge- her in Rheinland-Pfalz und soll nach An-
der Nazigegner in klaren Worten zurück. gen Rechts haben seltsame „Schönheits- gaben des Informationsdienstes „Blick
„Danach ist … die Wahrscheinlichkeit fehler“. So auch die „Aufmucken gegen Nach Rechts“ jetzt auf dem Privatgelände
einer Störung der öffentlichen Sicherheit Rechts“-CD (bisherige Stückzahl: des Thüringer NPD-Vorstandsmitglieds
durch Verwendung eines nicht näher spe- 50.000), die als Gegenstück zu den bei- Torsten Heise in Fretterode aufgestellt
zifizierten ‚zerbrochenen Hakenkreuzes‘ den rechten Schulhof-CDs von der NPD werden. In Marienfels (Rh.-Pfalz) war
derzeit nicht hinreichend dargetan oder bzw. unabhängigen Kameradschaften das Denkmal wiederholt Anlaufpunkt
ersichtlich.“ Das Gericht weist darauf gedacht ist. Auf dieser Aufmucken-CD von Neonazitreffen. Hunderte von De-
hin, dass der entsprechende Paragraf findet sich auch ein Stück des bekannten monstrationsteilnehmern sowie Minister-
(86a) ausdrücklich nicht zur Anwendung Rappers Ferris MC: „Größer als Gott präsident Kurt Beck hatten deshalb den
kommt, „wenn das Propagandamaterial (HipHop ist...)“. Ferris MC ist bekannt völligen Abriss des SS-Denkmals in Ma-
oder die Handlung u.a. der staatsbürger- bzw. berüchtigt für seine – im Hip Hop rienfels gefordert, die Kommune hatte
lichen Aufklärung, der Abwehr verfas- nicht gerade seltenen – frauenfeindlichen den Pachtvertrag nicht mehr verlängert.
sungswidriger Bestrebungen, der Be- und homophoben Texte. Da wundert es Die Thüringer Landesregierung empfahl
richterstattung über Vorgänge des Zeit- dann nicht, dass in dem Stück auf der den Behörden vor Ort, sie sollten sämtli-
geschehens oder der Geschichte oder „Aufmucken“-CD von „Bikiniweiba“ che rechtlichen Mittel gegen ein solches
ähnlichen Zwecken dient“. Das Gericht und „Hurensohn“ die Rede ist. Dass je- Denkmal ausschöpfen.
weist zudem deutlich darauf hin, dass der mand wie Ferris MC mit in dieses Pro- Quelle: MDR Radio 1 Thüringen ■
: antifaschistische nachrichten 3/2006
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Am 28. Januar 2006 konnten knapp
120 Neonazis am Stadtrand von Lü-
neburg einen Aufmarsch durchfüh-
Antifaschistische Proteste
ren. Die zwei Kilometer lange Route um-
rundete eine Kleingartenkolonie und wur-
trotz Polizeistaatsaufmarsch
de in einer für Christian Worch rekordver-
dächtigen Zeit absolviert. Keine Stunde Bahnhof noch zu leichten Auseinander- tifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen
brauchten sie für ihren Weg. Möglich setzungen. Sechs Nazis wurden mit einem den Tag als Erfolg. Neben einer großen
wurde dieser Kleinstaufmarsch nur durch Bus dorthin gebracht und in den Zug ge- Bündnisdemo, ließen sich viele Men-
die tatkräftige Unterstützung durch die schen auch nicht von dem
Polizei. Weit mehr als 2500 eingesetzte Polizeistaatsaufmarsch ab-
Beamte riegelten das Gebiet, wo die schrecken und versuchten
Nazis laufen sollten, hermetisch ab. sich kreativ und vielfältig
Der Tag in Lüneburg begann mit ei- dem Naziaufmarsch entge-
ner Kundgebung und anschließender genzustellen.
Demonstration des Lüneburger Netz- Die Antifaschistische
werk gegen Rechts. An der Auftakt- Aktion Lüneburg / Uelzen
kundgebung nahmen ca. 1000 Men- bedankt sich bei allen
schen teil. Es sprachen dort ein Vertre- Menschen sehr herzlich,
ter des DGB, zwei Landtagsabgeord- die sich an den unter-
nete von SPD und Grünen, der Super- schiedlichen Aktionen be-
intendent der evangelischen Kirche teiligt haben und sich in
und jemand von Avanti – Projekt un- die Infrastruktur (Ermitt-
dogmatische Linke. Als dann die De- lungsausschuss, Infotele-
monstration beginnen sollte, schlossen fon, Demoleitung, Infoca-
sich noch weitere 1000 Menschen an. fe Anna & Arthur) einge-
Mit 2000 TeilnehmerInnen war die bracht haben. Ein beson-
Demonstration ein großer Erfolg. Ein Er- setzt. Polizisten drängten dabei mehrere derer Dank gilt allen Gruppen, Parteien,
folg vor allem für die Antifaschistische Hundert Antifaschisten ab, um den Nazis Kirchen, Gewerkschaften und Einzelper-
Aktion Lüneburg / Uelzen, da Zweidrittel einen freien Abgang zu ermöglichen. Bei sonen, die zur Demonstration gegen den
der DemonstrationsteilnehmerInnen die einem Schlagstockeinsatz fiel eine Einheit Naziaufmarsch aufgerufen haben und so-
autonome Antifa stellte, die der Mobili- der Bundespolizei aus Brandenburg als mit ein gemeinsames Zeichen gegen die
sierung der örtlichen Antifa Gruppe folg- besonders brutal auf. Nazis gesetzt haben.
ten. Auch wenn der Naziaufmarsch nicht Antifaschistische Aktion Lüneburg/
Die Demonstration verlief problemlos verhindert werden konnte, wertet die An- Uelzen, aa.lg-ue@gmx.net ■
und endete wieder im Clamartpark, wo
noch ein Vertreter der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA)
sprach.
Das Ende der Nazi-Legende
Im Anschluss an die Demonstration be- Dortmund. Der Neonazi-Wahn
gaben sich viele noch in den Stadtteil, wo „Dortmund ist unsere Stadt“ ging
die Nazis laufen wollten. Einigen gelang jetzt voll in die braune Hose.
es auch die Sperren der Polizei zu über- Kleiner Bericht über die Vorkommnisse
winden und konnten direkt bei den Nazis beim Beenden des Nazi-Aufbegehrens
ihren Protest artikulieren. gegen den Paragrafen 130 des StGB
Im gesamten Gebiet rund um die Nazis (Volksverhetzung) neben einer Überle-
blockierten AntifaschistInnen die Straßen gung, warum Fascho das Dortmunder
und versuchten zu den Nazis vorzudrin- Südbad als Ausgangspunkt bevorzugt: Demonstration der Neonazis
gen. An einigen Stellen wurde auch ver- Endpunkt erreicht
sucht Barrikaden zu errichten. Die Dah- fröhlichem Getrotte durch die Landgra-
lenburger Landstraße wurde ebenfalls Es ermangelt nicht einer gewissen Sym- fenstraße an der Einmündung dieser
kurzfristig blockiert. Trotz des riesigen bolträchtigkeit, wenn mensch das Desas- Straße in die „Hainallee“ (also die, die
Polizeiaufgebots gelang es der Polizei ter des Dortmunder Nazi-Auflaufs im Mal den Namen ihres Vorbildes trug) das
nicht, die Situation unter Kontrolle zu Kontext geschichtlicher Zusammenhän- Ende ihres Aufzuges erreicht, wussten es
bringen. Zu viele Gruppen waren unter- ge betrachtet. allerdings noch nicht und sahen den von
wegs, als dass die Polizei einen reibungs- Nicht von ungefähr dürfte den Fa- Team Grün verordneten Stop als einen
losen Einsatz durchführen konnte. Mehr- schistInnen der Standard-Ausgangspunkt kurzfristigen Zwangshalt an.
mals ging die Polizei mit Schlagstöcken ihrer Auftritte am Südbad bisher hoch- Nach einer halben Stunde aber, wäh-
gegen die AntifaschistInnen vor. willkommen gewesen sein: bis zur Be- rend sie von den ca. 50 eingesickerten
Insgesamt wurden 421 Platzverweise freiung vom Hitlerregime durch die Antifas keine Freundlichkeiten zu hören
von der Polizei ausgesprochen. Vier Per- Amerikaner am 12. April 1945 trugen die bekamen, kapierten sie, dass ihre bisheri-
sonen wurden kurzfristig in Gewahrsam von ihnen für ihre Route mitgewählten ge Verarschung der DortmunderInnen,
genommen. Ferner kam es zur Festnahme Wege die Namen „Göringstraße“ und besonders des jetzigen Polizeipräsidenten
von drei Personen. Laut Angaben der Po- „Adolf-Hitler-Allee“, heute „Am Knap- bzw der NRW-Verwaltungsgerichte end-
lizei wurden acht Strafanzeigen gefertigt, penberg“ und „Hainallee“. Das Gebiet ist lich mal auf sie zurückschlug und begehr-
unter anderem wegen Widerstandes gegen also seit mehr als 70 Jahren Nazi-Auf- ten vergebens kurzfristig auf: sie würden,
Vollstreckungsbeamte und Verstößen ge- marschgelände . . so verkündeten sie über ihren Lautspre-
gen das Versammlungsgesetz. Diese Tradition fand nun ihr abruptes cherwagen, so lange warten, bis ihnen der
Nachdem der Naziaufmarsch nach nur Ende: Um 14.25 Uhr hatten die ca 150 Weg wieder freigegeben würde.
zwei Stunden beendet wurde, kam es am Möchtegern-Herrenmenschen nach noch Fortsetzung Seite 6

: antifaschistische nachrichten 3/2006 5


Fortsetzung von Seite 5
Sie drohten gar mit neuerlichen „De- Politiker zum Handeln gegen
mos“, jede Woche eine! Aber die Polizei
reagierte zu ihrer Enttäuschung nicht
mehr wie früher: es könne ihnen die vor-
Neonazis aufgefordert
gesehene Route leider, leider nicht frei- Düsseldorf. Die Vereinigung der Ver- vom 3. September 2005 durch den zu-
gegeben werden, da sie durch zu viele folgten des Naziregimes/Bund der Anti- ständigen Generalstaatsanwalt aufklären
Gegner blockiert sei. Pech aber auch! Ir- faschisten NRW hat jetzt in einer Petiti- zu lassen, bei dem dieselben Kreise, die
gendwie scheint der Bogen nun endgül- on an den Landtag die Politik zum Han- jetzt wieder Naziparolen brüllend durch
tig überspannt (s. auch Stuttgart). deln gegen die Nazis im Lande aufgeru- Dortmund zogen, unmissverständlich zu
Die Fehleinschätzung der Gegeben- fen. VVN-BdA-Sprecher Ulrich Sander Krieg, weltweitem NS-Regime und Ju-
heiten kam Braun dann doch nach eini- (Dortmund) erinnerte an die Reden der denmord aufriefen.
ger Zeit, um ca. 15.20 Uhr, zu Bewusst- Politiker von Landtagsparteien am Sander forderte die Grünen- und SPD-
sein, und sie gaben kleinlaut und ent- Samstag anlässlich der Nazidemonstrati- Politiker, darunter solche, die jahrelang
nervt auf, d.h. die Veranstaltung wurde on durch Dortmund, die Handlungsbe- in Düsseldorf regierten und hinsichtlich
von Giemsch für beendet erklärt, Trans- darf der Politik gegen rechts betonten, NS-Umtriebe in NRW weitgehend untä-
parente und Fahnen eingeholt und abge- nachdem die Justiz versagt habe. tig blieben, auf: Unterstützen Sie unsere
wartet, was passieren würde. Anstalten Sander: „ Wir fordern die Landesre- Petition. Setzen Sie sich für die Bestra-
nach Hause zu gehen machte keine/r, gierung auf, die sog. ,freien Kamerad- fung des Redners vom 3. September und
vielmehr drängte sich unter dem weiter- schaften‘ aufzulösen und zu verbieten für die Suspendierung seiner bürgerli-
hin bestehenden Schutz der Staatsmacht und jede Nachfolgetätigkeit zu bestrafen. chen Ehrenrechte entsprechend dem
alles eng um den Lautsprecherwagen. Wir fordern den Generalstaatsanwalt in Grundgesetz ein. Ferner ist es notwen-
NPD-Cremer führte da zwar noch das Hamm auf, die Ermittlungen gegen den dig, das Prinzip des höchsten NRW-Ge-
große Wort, aber helfen tat es nicht. Redner vom 3.9.2005 wieder aufzuneh- richts, des Oberverwaltungsgerichts von
Schließlich erbarmte sich gegen 15.35 men und ihn anzuklagen.“ Das steht in Münster, durchzusetzen: „Eine rechtsex-
Uhr der Polizei-Einsatzleiter des klägli- Briefen an den Landtag und an den Jus- tremistische Ideologie lässt sich auch
chen Häufchens und gewährte ihm tizminister. (Siehe Wortlaut der Erklä- nicht mit den Mitteln des Demonstrati-
Schutz auf dem Rückzug zum S-Bahn- rung unten stehend.) onsrechts legitimieren“. (OVG NRW, Az
hof. Niederlage auf der ganzen Linie. Der Petitionsausschuss des Landtages 5 B B 585/01)
Dortmund ist wohl doch nicht ihre hat die Petition angenommen und der Ulrich Sander, Landessprecher der
Stadt. VVN-BdA Hagen (gekürzt) ■ Justizminister hat bestätigt, den Vorfall VVN-BdA NRW ■

Im Wortlaut:
gefordert“ seien „unter engen gesetzli- mit ihren Ur-
Petition an den Landtag chen Voraussetzungen möglich.“ teilen gegen
von Nordrhein-Westfalen Wir richten an Sie die folgende Petiti- die Neonazis
on: Verbieten Sie die nordrhein-westfä- gewandt.
Unsere Vereinigung, die VVN- lischen „freien“ nazistischen Kamerad- Ihre Recht-
BdA/Bund der Antifaschisten, die in schaften, denn es liegen verbotsfähige sprechung
Düsseldorf 1946 von den überlebenden Strukturen im Sinne des Vereinsgesetzes sollte endlich
Opfern des Faschismus und von Wider- und des Grundgesetzes vor. Außerdem in NRW vol-
standskämpferinnen und -kämpfern ge- wird gegen das Verbot von Nachfolgeor- le Gültigkeit
gründet wurde, stellt immer wieder und ganisationen laufend verstoßen. erhalten.
nun erst recht im Zusammenhang mit Wir möchten daran erinnern: Diese 2. Nach-
neuen Naziaufmärschen in NRW die Kameradschaften üben Gewalt, Mord dem die
Frage, warum völkerrechtlich geächtete und Terror gegen Ausländer und Antifa- SPD-Land-
und verbotene Organisationen und ihre schisten aus, und am Ostermontag 2005 tagsfraktion
Nachfolger überhaupt das Demonstrati- kam es in Dortmund erneut zu einer von NRW ein gesetzliches Verbot von
onsrecht in Anspruch nehmen dürfen. Mordtat eines Täters aus den Reihen der Versammlungen und Aufzügen von
Denn nicht nur die Bestimmungen von Kameradschaften. Dennoch unterblieb Rechtsextremen an Gedenkstätten in
1945/46 sowie das Grundgesetz Artikel bisher ein Vorgehen – oder wenigstens Nordrhein-Westfalen initiiert hat, bitten
139, sondern auch die Organisationsver- ein Demonstrationsverbot – gegen diese wir darum, im ganzen Land das Verbot
bote gegen Neonazis aus den 90er Jah- Organisationen seitens der Behörden. von NS-Aufmärschenzu verfügen. In
ren sind einzuhalten und gegen die Wir bitten Sie, in Ihrer Parlamentsar- Berlin wurde am 8. Mai per Gesetz wie
„freien Kameradschaften“ u.ä. anzu- beit mit uns auch für folgendes einzutre- auch per Bürgerprotest verhindert, dass
wenden, meinen wir. Deshalb schrieben ten: Neonazis in die Nähe von Holocaust-
wir wiederholt an die verantwortliche 1. Durchsetzung des Prinzips „Eine denkmal und Brandenburger Tor kamen.
Landesregierung. rechtsextremistische Ideologie lässt sich Wir meinen: Es geht nicht nur darum,
Ministerpräsident und Innenminister auch nicht mit den Mitteln des Demons- den Nazis und der NPD das Branden-
der neuen Regierung in Düsseldorf lie- trationsrechts legitimieren“, (Beschluss burger Tor zu verschließen, es geht auch
ßen uns nun u.a. wissen: des höchsten Gerichts von Nordrhein- darum, ihnen überall Tür und Tor zu
„Für Ihre Ermutigungen im demokra- Westfalen, OVG NRW, Az 5 B B versperren, an jedem Ort, auch in NRW.
tischen Bestreben, die Lehren aus der 585/01). Damit wird zur Wiederherstel- 3. Beendigung der Verfolgung von
Zeit des Nationalsozialismus zu beher- lung des Verfassungsprinzips des Arti- Antifaschisten und Demokraten, denen
zigen und den Rechtsextremismus zu kels 139 GG beigetragen, das die „Störung“ von Naziaufmärschen vorge-
bekämpfen, danke ich Ihnen.“ Weiter 1945/46 geschaffenen Bestimmungen worfen wird, während doch solche Pro-
hieß es: zur Zerschlagung von NS-Organisatio- teste nach den Aufrufen zum „Aufstand
„Vereinsverbotsverfahren gegen poli- nen auch für das Heute verbindlich re- der Anständigen“ dringend geboten wa-
tische Gruppierungen, wie von Ihnen gelt. Höchste NRW-Richter haben sich ren.

6 : antifaschistische nachrichten 3/2006


Jede/r hat die grausamen Bilder
der Millionen von deportierten Ju-
den im Nationalsozialismus, die
Warten auf den Zug...
wie Vieh in Eisenbahnwaggons ge- Gedenkveranstaltung im Kölner Hauptbahnhof
pfercht wurden, vor Augen. Dies ge-
schah auf dem Schienennetz der Deut- erinnert an Opfer des Holocaust
schen Reichsbahn. Aufgrund dessen gab
es nun zuletzt im Nachbarland Frank- Belgien hielten sehr aufrüttelnde Rede- Insgesamt war es eine sehr gelungene
reich eine Ausstellung in Bahnhöfen zu beiträge. Es wurde darauf hingewiesen, Veranstaltung und es bleibt zu hoffen,
diesem Thema, die sich insbesondere dass jetzt, da immer weniger Holocaust- dass die Bahn endlich die längst überfäl-
dem Schicksal von 11.000 deportierten Überlebende noch am Leben seien, die ligen Schritte einleitet.
jüdischen Kindern widmete. jungen Menschen, zu denen die Zeitzeu- Wer die beiden Denkmale im Haupt-
Nun wäre es eine Selbstverständlich- gen sprächen, selber zu Zeugen würden. bahnhof Köln besichtigen möchte:
keit, dass die Deutsche Bahn, die ja
schließlich aus der Reichsbahn hervorge-
gangen ist, ähnliche Initiativen starten
würde. Doch genau dies geschieht nicht.
Das Unternehmen weigert sich seit Jah-
ren beharrlich, auf ihren Bahnhöfen in ir-
gendeiner Form, sei es durch eine Aus-
stellung oder Mahnmale, der Deportier-
ten zu gedenken. Selbst ein Vermitt-
lungsgespräch mit Überlebenden des
Nazi-Terrors lehnte man ab. Als Gründe
für dieses Verhalten wurden finanzielle
Argumente ebenso vorgeschoben wie
eine angebliche „Gefährdung der Rei-
senden“, die von solchen Aktionen in
Bahnhöfen ausginge.
Um diesem Missstand Abhilfe zu
schaffen, existiert nun in Köln die Initia-
tive „Die Bahn erinnern“, deren Initiato-
ren u.a. der Jugendclub Courage, der
Verein EL-DE-Haus, die Projektgruppe
Messelager, ROM e.V. sowie die Verant-
wortlichen der „Stolpersteine“ sind.
Unter den deportierten Kindern befan-
den sich auch Kölnerinnen und Kölner,
so dass ein lokaler Bezug gegeben ist
und man dies zum Anlass nahm, hier ak- Die Gedenkstätte, die innerhalb des Hauptbahnhofes eingeweiht wurde.
tiv zu werden. Auf den Koffern, die als Symbol für die Zugtransporte stehen, finden sich die
So wurde am Samstag, dem 28. Januar Namen der deportierten Kinder.
2006, im Kölner Hauptbahnhof nicht nur Auf dem Transparent die Forderung der Initiative…
der Opfer des Dritten Reiches gedacht, Foto: arbeiterfotografie
sondern es wurden zugleich zwei eigene
Gedenkstätten innerhalb und außerhalb Zum Schluss wurden von der Initiative Das eine befindet sich innerhalb des
des Bahnhofsgebäudes eingeweiht. Die- noch einmal in aller Deutlichkeit die For- Gebäudes rechts vom Infoschalter der
se sollen der Bahn vorübergehend als derungen nach Gedenkstätten in den Bahn an der Seite Domplatte, das andere
Leihgabe zur Verfügung gestellt werden, Bahnhöfen klar gemacht. Ein Bahnhof außerhalb des Gebäudes rechts vom
dürfen jedoch von dieser nicht entfernt sei ein öffentlicher Raum, in dem dies Haupteingang.
werden. stattfinden müsse. Benjamin Wernigk ■
In einer sehr bewegenden Veranstal-
tung am Nachmittag kamen Zeitzeugen
und auch Initiatoren des Projektes zu 11000 Kinder nicht vergessen
Wort. Es wurden nochmals die Ziele und Auch in Weimar fand auf dem Baudertplatz eine Gedenkveranstaltung statt. Die
der Sinn der Aktion erläutert. So sagte Stadt Weimar hat angekündigt, noch dieses Jahr die Ausstellung über die 11000 Kin-
Maria Baumeister von der Initiative „Die der im Stadtmuseum Weimars unter Einbeziehung des Bahnhofes zu zeigen, um sich
Bahn erinnern“ in ihrer Rede: in einem klaren Bekenntnis mit diesem dunklen Kapitel der Geschichte auseinan-
„In der heutigen Zeit der Hochge- derzusetzen.
schwindigkeit wäre es gut innezuhalten, Zudem werden im März 2006 Schüler und Jugendliche des „Weimarer Aktions-
damit das Trauma der Deportation und komitees 11000 Kinder“ mit dem Projekt „Spurensuche 11000 Kinder“ beginnen,
das Verbrechen der Ermordung bei uns um in Thüringen nach Spuren der deutschstämmigen Kinder zu suchen. Begleiter
ankommt und erinnert wird.“ und Partner werden dabei verschiedene Gedenkstätten und zivilgesellschaftliche
Tarmar Dreifuss, die als kleines Mäd- Geschichtsgruppen sein. Hierzu sollen auch die Stationen der Vernichtung in Nohra,
chen die Deportation überlebte, zeigte Topf & Söhne, Hadamar, Potsdam, Dessau, Auschwitz sowie die israelischen Ge-
sich sehr erfreut über die zahlreichen An- denkstätten Yad Vashem und Haus der Ghettokämpfer besucht werden.
wesenden. Schätzungsweise 200 Leute, Ergebnisse dieser Suche sollen im Rahmen der Ausstellung und zu einem Schul-
darunter auch viele junge, wohnten der projekt im September präsentiert werden.
Veranstaltung bei. Auch Marcel Informationen über die Kampagne „11000 Kinder“ unter www.german-foreign-policy.com ■
Nejschatten und Simon Gronowski aus

: antifaschistische nachrichten 3/2006 7


Zum Gedenktag der Befreiung
von Auschwitz fand auch am 61.
Jahrestag eine Veranstaltung in
Desertieren ist Verrat
Köln statt. In diesem Jahr standen die De-
serteure im Mittelpunkt der Veranstal-
tung. In der vollbesetzten Antoniterkirche
am Krieg
wurden Biographien von Kölner Deser- gen ihn zu verhängende Strafe konnte hatte man ihn nicht unterrichtet. Hier ver-
teuren – Hubert Brass, Anton Igel und Ja- deshalb nur die Todesstrafe sein.“ Um brachte der Deserteur acht Monate. Nach
kob Zorn – durch Schauspielerinnen und sein Leben zu retten, stellt Hubert Brass Kriegsende hoffte Baumann auf Rehabi-
Schauspieler des Kölner Schauspielhau- ein Gnadengesuch an den zuständigen litation, doch er musste schockiert erfah-
ses verlesen. Das kulturelle Rahmenpro- Generaloberst Fromm: Doch General- ren, dass die Richter und Henker der Na-
gramm wurde von dem Chor „Die Lie- oberst Fromm, Chef der Heeresrüstung zis in der jungen BRD wieder in Amt und
derlinge“ gestaltet. Während die Biogra- und Befehlshaber des Ersatzheeres, ord- Würden saßen. Viel zu spät wurden die
nete an: Urteile, die die Militärgerichte im Nazire-
„Das Urteil gimefällten, für Unrecht erkannt. Das Er-
ist zu vollstre- lebte war für Baumann nicht zu verkraf-
cken. Aufgrund ten: Er verfiel dem Alkohol. Erst viele
der mir erteilten Jahre später fand Baumann die Kraft, den
Ermächtigung Kampf für die Rehabilitierung der Opfer
lehne ich einen der NS-Militärjustiz aufzunehmen. Heute
Gnadenerweis ist er Vorsitzender ihrer Organisation und
ab. Berlin, den engagiert sich aktiv in der Friedensbewe-
10. Juni 1944.“ gung. Als Friedensaktivist verurteilte
Die Auswer- Baumann den Krieg der BRD gegen Ju-
tung der Begna- goslawien als völkerrechtswidrig: „Im
digungspraxis Krieg sollten sich die Bundeswehrsolda-
zeigt, dass ein ten die Deserteure der Wehrmacht zum
Jugendlicher, Vorbild nehmen! Zu desertieren heißt den
der nicht dem Krieg verraten! Was gibt es Besseres, als
Ludwig Baumann nationalsozia- den Verrat am Krieg...“
listischen Ideal Nach dem Gedenkgang sprach Bürger-
phien verlesen wurden, spielte man auf entsprach und von dem sich die Vorge- meisterin Scho Antwerpes am Mahnmal
einer Leinwand eindrucksvolle Bilder der setzten keinen Wert im Kampfeinsatz Klingelpütz: Sie betonte den Mut der De-
Menschen ein, die von den Naziverbre- versprachen, zur Abschreckung seiner serteure: Nur wenige hätten den Mut ge-
chern umgebracht worden sind. Das Kameraden exekutiert wur-
Schicksal von Hubert Brass einem jungen de, ein Soldat mit militäri-
Mann aus Köln, der sich dem Krieg wi- schen Fähigkeiten zu einer
dersetzte, wird im Folgenden dokumen- Sondereinheit versetzt und
tiert: ein qualifizierter Facharbei-
Im Todesurteil des Feld-Kriegsgerichts ter in ein Konzentrationsla-
vom 12. Mai 1944 heißt es über Hubert ger überstellt wurde, dem
Brass: Am 29.9.1939 wurde er zur Wehr- kriegswichtige Rüstungsbe-
macht eingezogen. Bereits im Oktober triebe angegliedert waren.
1939 beging er eine unerlaubte Entfer- Dahinter stand die Idee von
nung [von der Truppe] und wurde des- der konsequenten Verwer-
halb kriegsgerichtlich zu 2 Jahren Ge- tung von „Menschenmateri-
fängnis verurteilt. Kaum hatte er einen al“.
Teil der Strafe abgesessen, wurde er noch Am 18. September 1944
mehrere Male wegen Diebstahls und weil wird Hubert Brass in der Bürgermeisterin Scho-Antwerpes
er immer wieder nicht zum Dienst er- Militärstrafanstalt Germers-
schienen war, zu Gefängnis und sog. heim in der Pfalz hingerichtet. Er war ei- habt, durch das Verlassen der Truppe den
Frontbewährung verurteilt. Nach mehre- ner von mindestens 300.000 deutschen rassistischen und verbrecherischen Krieg
ren Verwundungen und Lazarettaufent- Deserteuren, Wehrkraftzersetzern und zu zersetzen. 21.000 Deserteure wurden
halten sollte seine Kompanie im Februar Kriegsdienstverweigerern. 30.000 von ih- von den Nazis ermordet, viele von ihnen
1944 an die Ostfront. Doch vom Urlaub nen verurteilten deutsche Kriegsgerichte am Klingelpütz mit der Guillotine. Der
vor dem Abmarsch, den er wie alle erhal- zum Tode. Über 22.000 von ihnen wur- übergroße Teil der deutschen Männer war
ten hatte, um sich von seinen Eltern und den hingerichtet. Mehrere zigtausend ka- nicht so mutig, sie hofften bis zum
seiner Braut in Köln zu verabschieden, men ins Zuchthaus. Schluss auf den Sieg der Wehrmacht und
kam Hubert Brass nicht zurück. Schon ei- Nachdem die Biographien vorgestellt folgten den sinnlosen Befehlen eines Ver-
nige Tage später wurde er festgenommen. worden waren, schilderte der Wehr- brecherregimes.
Das Feldkriegsgericht verurteilte ihn zu- machtsdeserteur Ludwig Baumann ein- Zu lange herrschte im Nachkriegs-
nächst zu 15 Jahren Zuchthaus. Doch der drucksvoll seine Erlebnisse im Krieg und deutschland das Bild der „sauberen“
übergeordnete General kassierte das Ur- während der Naziherrschaft: Baumann Wehrmacht. Viel zu spät, erst im Mai
teil als zu milde. Jetzt befand das Gericht war als Soldat in Frankreich, desertierte 2002 wurden die Urteile der Nazis gegen
über Hubert Brass: „Seit Jahren hat er und wurde vom Militärgericht zum Tode Deserteure aufgehoben. Noch heute gibt
sich nur in Gefängnissen und Straflager- verurteilt, nach einem Gnadengesuch es Stimmen, die Deserteure als Feiglinge
abteilungen aufgehalten. Er ist völlig wurde die Todesstrafe in eine 12-jährige und Vaterlandverräter verunglimpfen,
wehrfeindlich eingestellt. Für die Volks- Zuchthausstrafe umgewandelt. Baumann auch deshalb ist es wichtig, dieser Gruppe
gemeinschaft wie für die Wehrmacht be- berichtete von der fürchterlichen Zeit in zu gedenken und ihr Handeln als mutigen
deutet er nur eine dauernde Last. Die ge- der Todeszelle, von seiner Begnadigung Widerstand zu begreifen. MW ■

8 : antifaschistische nachrichten 3/2006


Die Mörder sind noch unter uns
Massaker von SS-Männern in Italien und Griechenland blieben ungestraft.
Konferenz in Berlin forderte Strafverfolgung der Täter und Entschädigung für die Opfer
Wenn einer ein fünfjähriges Kind dass seine Generation versagt habe. Sie eines SS-Massakers in der Ortschaft Dis-
an den Beinen packt und es so hätten sich damals, nach der Befreiung, tomo verurteilt wurde. 218 Menschen
lange mit dem Kopf gegen eine geschworen, nie wieder Krieg und Fa- waren in dem Ort am 10. Juni 1944 er-
Mauer schlägt, bis der Schädel zertrüm- schismus zuzulassen. Seither sei kein mordet worden. Die deutsche Justiz
mert ist, dann ist das im Sinne der Straf- Tag vergangen, an dem es nicht irgend- machte die Opfer zu Tätern und stellte
gesetze der Bundesrepublik Mord, weil wo auf der Welt Krieg gegeben habe. den Mördern einen Persilschein aus, in-
die Tat damit das Mordmerkmal Grau- Und die Gefahr des Faschismus, der bru- dem sie behauptete, dass Mordeinsätze
samkeit erfüllt. Wenn dieser Mord aller- talsten Form des Kapitalismus, sei nach dieser Art sozusagen der Notwehr gegen
dings am 12. August 1944 in dem italie- wie vor nicht gebannt. angreifende Partisanen dienten.
nischen Dorf Sant’Anna di Stazzema In einem spannenden Exkurs in deut- Rechtsanwältin Gabriele Heinecke
stattfand, dann finden deutsche Juristen sche und internationale Rechtsprechung soll nach Auskunft der Staatsanwalt-
immer wieder Kniffe, um nicht gegen die gegen Naziverbrecher schilderte Prof. schaft im Februar 2006 Akteneinsicht
Mörder – deutsche SS-Angehörige – Norman Paech, wie es deutschen Rich- zum Fall Sant’Anna di Stazzema bekom-
vorgehen zu müssen. Im vorgegebenen tern gelang, faktisch den Geist der Nürn- men. Beinahe 62 Jahre nach dem Massa-
Fall meinten Stuttgarter Staatsanwälte berger Prozesse in sein Gegenteil zu keh- ker.
unter anderem, es sei zwar objektiv ren. Besonders aktiv wurden Justiz und entnomen aus:
Grausamkeit vorhanden gewesen. Zu Politik, als die BRD im Jahr 2000 von ei- junge Welt vom 28. Januar 2006 ■
prüfen wäre allerdings noch, ob es auch nem griechischen Gericht rechtskräftig http://www.jungewelt.de/2006/01-
subjektiv Mord war, ob der Täter sich zur Entschädigungszahlung an die Opfer 28/023.php
also auch bewusst war, dass er grausam
handelt.
Am 12. August 1944 erschossen, er- Die Antifaschistische Initiative gegen das Vergessen und die VVN-BdA Kreis-
schlugen und verbrannten Angehörige vereinigung Stuttgart bitten um Unterstützung durch Unterschrift unter den
der 16. SS-Panzergrenadierdivision 560 folgenden Offenen Brief an die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Damit schließen
Menschen in Sant’Anna di Stazzema. Sie sich der bundesweiten Kampagne zur Unterstützung der Überlebenden
Knapp 61 Jahre später, am 22. Juni 2005, des Massakers der SS in Sant’Anna die Stazzema an.
verurteilte das Militärgericht La Spezia
zehn ehemalige SS-Angehörige wegen
ihrer Beteiligung an den Morden zu le-
benslänglicher Haft. Dennoch leben die-
Gegen das on und sie verweigert den überlebenden
Opfern des Massakers von Sant’Anna di
Stazzema die Einsicht in die Ermitt-
se Männer seit dem Ende des Zweiten
Weltkrieges unbehelligt in der BRD. Vergessen lungsakten.
Am 12. August wurden in dem italie-
Trotz des Urteils haben sie nichts zu be- nischen Dorf Sant’Anna di Stazzema
fürchten: Deutschland wird sie nicht aus- An die Staatsanwaltschaft Stuttgart, 560 Menschen von Angehörigen der 16.
liefern, unter anderem mit der Begrün- Oberstaatsanwalt Häußler, Neckarstraße Waffen- SS-Panzergrenadierdivision er-
dung, dass in Italien in Abwesenheit der 145, 70190 Stuttgart, schossen, erschlagen, verbrannt. Der
Angeklagten verhandelt wurde. Deshalb zehnjährige Enrico Pieri verliert Vater,
versucht die Hamburger Rechtsanwältin Offener Brief Mutter, Geschwister, insgesamt 25 Fa-
Gabriele Heinecke im Namen überleben- Der 60. Jahrestag der Befreiung liegt milienangehörige. Seine kleine Schwes-
der Opfer, den Mördern in Deutschland hinter uns. Vielerorts ter Luciana war
den Prozess zu machen. nützten Politikerinnen 5 Jahre alt, als
Von den Schwierigkeiten, auf die sie und Politiker die Ge- sie vor seinen
dabei stößt, berichtete sie am Donnerstag denkfeierlichkeiten, um Augen an den
Abend den etwa 50 Besucherinnen und die historische Verant- Füßen gepackt
Besuchern einer Feierstunde zum Ge- wortung, die Deutsch- und solange mit
denktag für die Opfer des Faschismus im land aufgrund seiner dem Kopf ge-
Audimax der Berliner Humboldt-Uni- Geschichte zukommt, gen die Wand
versität. Auf der Konferenz „Erinnern zu betonen. Historische geschlagen
und nicht vergessen – Strafverfolgung Verantwortung bedeu- wurden, bis der
der Täter – Entschädigung für die Opfer“ tet auch, den Interessen Schädel zer-
sprachen außerdem Karl Stenzel, Vorsit- der nationalsozialisti- trümmert war.
zender des Internationalen Sachsenhau- schen Opfer gerecht zu Er selbst ver-
sen-Komitees, Prof. Norman Paech, Mit- werden und die Täte- kroch sich in ei-
glied des Bundestages für die Linkspar- rinnen und Täter zur ner Mauerni-
tei.PDS und Martin Klingner, Rechtsan- Verantwortung zu zie- sche und konnte
walt der Opfer von Distomo in der BRD. hen. sich so vor den
Sie berichteten von zahllosen weiteren Die Stuttgarter Gewehrsalven
Beispielen, die beweisen, dass in Staatsanwaltschaft wird der SS retten.
Deutschland weder die Naziverbrecher dieser Verantwortung Heute ist En-
hinreichend bestraft noch ihre Opfer aus- nicht gerecht! Sie ver- rico Pieri Vor-
reichend entschädigt worden sind. zögert die Anklageer- sitzender des
Betretenes Schweigen herrschte, als hebung gegen Angehö- Vereins der Op-
der 91-jährige Karl Stenzel, Überleben- rige der 16. Waffen-SS- Gedenktafel in Sant’Anna fer von Sant’
der des KZ Sachsenhausen, bekannte, Panzergrenadierdivisi- Anna.

: antifaschistische nachrichten 3/2006 9


Fortsetzung von Seite 9 wird ihm unter anderem mit der Begrün- All das würde es ohne das Engage-
Seit sechs Jahrzehnten warten die dung verweigert, dem Gesuch stünden ment vieler Stuttgarterinnen und Stutt-
Überlebenden auf eine Verurteilung der höherrangige schutzwürdige Interessen garter nicht geben. Auch die Ahndung
Täter. Sie ermittelten sie durch einen der Beschuldigten entgegen. und Verurteilung der Täterinnen und Tä-
einfachen Abgleich der militärischen Einer der in La Spezia Verurteilten – ter verlangt nach Engagement und öf-
Stammrollen mit gültigen deutschen Te- auch Beschuldigter im Stuttgarter Er- fentlichem Druck. Das beweisen zahlrei-
lefonbüchern. Die deutsche Justiz war mittlungsverfahren – gab inzwischen öf- che Beispiele aus der bundesdeutschen
ihnen dabei keine Hilfe. fentlich zu, dass er auf eine Gruppe von Justizgeschichte und aktuell das Verhal-
Stattdessen verurteilte das Militärge- 20 bis 25 Frauen und Kinder geschossen ten der Stuttgarter Staatsanwaltschaft.
richt La Spezia zehn ehemalige SS-An- hat, „bis der Patronengurt leer war“. Um die Bereitschaft zu Massenmord
gehörige am 22. Juni 2005 wegen ihrer Trotzdem ist die Stuttgarter Staatsan- und Massaker an der Zivilbevölkerung
Beteiligung an den Morden in Sant’An- waltschaft der Meinung, dass zurzeit für einzudämmen, müssen sie strafrechtlich
na zu lebenslänglicher Haft. Dennoch eine Anklage kein hinreichender Tatver- verfolgt und bestraft werden. Diese
leben diese Männer immer noch unange- dacht vorliegt. Überzeugung liegt sowohl der UN-Char-
fochten in der Bundesrepublik Deutsch- Erst kürzlich wurde auf dem heutigen ta für Menschenrechte als auch der Er-
land. Und sie haben auch nach dem Ur- US-Flughafen und dem ehemaligen KZ richtung des Internationalen Gerichtsho-
teil von La Spezia nichts zu befürchten, in Leinfelden-Echterdingen ein Massen- fes in Den Haag zu Grunde.
da sie nicht nach Italien ausgeliefert grab entdeckt. Die Vergangenheit ver- Wir fordern die Stuttgarter Staatsan-
werden. geht nicht! In mehreren Stuttgarter waltschaft auf,
Enrico Pieri hatte Glück. Er überlebte Stadtteilen erinnern Stolpersteine an die ● die Anklage gegen die Angehörigen
und er weiß, welche SS-Einheit seine Opfer der Nazidiktatur. Auf dem ehema- der 16. SS-Panzergrenadierdivision zu
Familie auf dem Gewissen hat. Jetzt will ligen Gelände des Güterbahnhofs am erheben;
er wissen, warum die deutsche Staatsan- Nordbahnhof, dem Ort, von dem die ● den Überlebenden des Massakers in
waltschaft keine Anklage erhebt und be- württembergischen Juden deportiert Sant’Anna di Stazzema in Italien Ak-
antragte im Juni 2005 Akteneinsicht. Sie wurden, ist eine Gedenkstätte geplant. teneinsicht zu gewähren.

Nazigroßaufmarsch in zigroßaufmarsch statt. Und am 13. Feb-


Mannheim am 8. April 2006 ruar wird es eine Demonstration gegen
geplant das offizielle Gedenken am Heidefried-
hof geben. Im Aufruf dazu heißt es: „Der
Mannheim. Das „Aktionsbüro Rhein- Naziaufmarsch anlässlich des 13. Febru-
Neckar“ plant am 8. April eine Großde- ar zog im letzten Jahr ca. 6500 Teilneh-
monstration in Mannheim. Die Neonazis merInnen an. Auch für den diesjährigen
rechnen selbst mit über 1000 Teilneh- Aufmarsch sind mehrere tausend zu er-
mern. warten. ...
Anlass für die Demonstration ist das Im letzten Jahr gelang es, die Großauf-
Verfahren gegen den Holocaust-Leugner märsche in Berlin, Wunsiedel und Halbe
Ernst Zündel am Mannheimer Landge- mit unterschiedlichen Mitteln zu verhin-
richt. Auch anderen bekannten Holo- dern. Nun bleibt nur noch Dresden. An
caust-Leugnern wie Germar Rudolf oder die erfolgreichen Beispiele wollen wir
David Irving wird zurzeit der Prozess ge- anknüpfen, allerdings unterscheidet sich
macht. Diese lange überfällige Aburtei- die Ausgangsituation: Im Gegensatz zu
lung von Geschichtsverdrehern haben Ernst Zündel Wunsiedel ist in Dresden davon auszuge-
die lokalen Nazistrukturen zum Anlass hen, dass die Stadt keinerlei Anstrengun-
genommen für eine bundesweite De- Leugnung der Shoah kann nicht hinge- gen unternimmt, diesen Aufmarsch zu
monstration nach Mannheim zu mobili- nommen werden. AntifaschistInnen und verbieten, noch dass sie irgendwelche
sieren. Unter den Rednern der Demons- die BürgerInnen der Rhein-Neckar Regi- Gegenaktivitäten unterstützen wird. ...
tration befinden sich bundesweit bekann- on werden dieser nationalsozialistischen Dementsprechend liegt es an uns, sich
te Nazis wie Christian Worch und Jürgen Geschichtsverdrehung angemessen ent- dem Naziaufmarsch am 11.2. in Dresden
Rieger. gegentreten!“ in den Weg zu stellen. Die Verhinderung
Organisiert wird die Demonstration Pressemitteilung des Ak Antifa vom von Naziaufmärschen in Leipzig, Göttin-
vom „Aktionsbüro Rhein Neckar“ einem 20.01.2005 gen oder Potsdam haben gezeigt, dass
Bündnis lokaler Nazikameradschaften wir dazu in der Lage sind.“
mit guten Verbindungen zur NPD. Das 11.2.: Bundesweiten Nazi-
„Aktionsbüro“ wird von den bekannten 11. Februar 2006 | 10 Uhr | Altmarkt-
Nazikadern Mario Matthes, Matthias großaufmarsch in Dresden galerie, Dr. Külz Ring, Ecke Seestraße
Hermann, Christian Hehl und Rene Rod- stoppen! | Demo gegen das Dresdner Gedenk-
riguez Teufer angeführt. Unter dem Dresden. Auch dieses Jahr wird es aus spektakel und den Nazigroßauf-
Deckmantel der „Meinungsfreiheit“ soll Anlass der Bombardierung Dresdens am marsch
dabei das Demonstrationsrecht miss- 13. Februar 1945, einen Großaufmarsch
braucht werden, um selbst den Holocaust mit 3-5000 Nazis geben und die üblichen 13. Februar 2006 | 9.30 Uhr | Endhal-
zu leugnen und so den von Nazideutsch- geschichtsrevisionistischen Gedenkver- testelle Linie 3, „Wilder Mann“ |
land begangenen Zivilisationsbruch zu anstaltungen. Demo und Kundgebung gegen das
relativieren. Am 11. Februar findet eine Antifa-De- offizielle Gedenken zum 13. Februar
Eine Sprecherin des AK Antifa Mann- monstration unter dem Motto „Deutsche auf dem Heidefriedhof
heim: „Diese Demonstration ist ein TäterInnen sind keine Opfer – Gegen je- news & facts:
Schlag ins Gesicht für alle Opfer des NS- den Geschichtsrevisionismus“ gegen das http://venceremos.antifa.net
Regimes und ihrer Nachkommen. Die Dresdener Gedenkspektakel und den Na- Infonummer: 0163/4373840 ■

10 : antifaschistische nachrichten 3/2006


: ausländer- und asylpolitik
gehörige mussten vor wenigen Monaten
aus Togo fliehen. Es ist bekannt, dass die
togoische Regierung Oppositionelle im
Alassane Moussbaou Exil und deren Aktivitäten genauestens
überwacht. Sollte Herrn Moussbaou in

abgeschoben Togo etwas zustoßen, trägt dafür die Ver-


antwortung in erster Linie der Innen-
minster Mecklenburg-Vorpommerns
Alassane Moussbaou in einer wiederholten Telefonaten und Beschwer- Gottfried Timm (SPD). Unermüdlich
Nacht und Nebel abgeschoben den wurde ihr bestätigt, dass Herr wurde versucht, Minister Timm über die
● Geheimhaltung wurde Moussbaou mit einer Air France Maschi- Gefahren einer Abschiebung nach Togo
schriftlich angewiesen ● Linkspar- ne von Berlin nach Paris abgeschoben aufzuklären.
tei/PDS spricht von „politischem wurde. Der Weiterflug nach Lome fand Doch dieser stellt sich taub und be-
Skandal“ ● Wir fordern Sicherheit für noch am Nachmittag statt. Nach Aus- treibt weiter die Unterstützung der Dik-
Adzrakou Komi Anani kunft eines Beamten der JVA Bützow tatur in Togo mittels der Abschiebung
gab es eine schriftliche Anweisung, dass der oppositionellen Diktaturflüchtlinge.
Die „Internationale Kampagne gegen die weder Herr Moussbaou selbst noch seine Es ist bekannt, dass in den nächsten Mo-
Diktatur in Togo und anderen afrikani- Anwältin über die Abschiebung vorher naten mehrere Hundert Flüchtlinge nach
schen Ländern“ und die „Karawane für informiert werden soll. Togo abgeschoben werden sollen. Wie
die Rechte der Flüchtlinge und Migran- Aufruhr über die nächtliche Geheim- wir inzwischen wissen, ist u.a. ein Sam-
tInnen“ protestieren gegen den Abschie- operation herrscht auch bei der Fraktion melcharter in der 17. Kalenderwoche
beskandal und fordern sofortigen Ab- der Linkspartei/PDS. Diese hatte sich in vom Flughafen Hamburg aus geplant.
schiebestopp nach Togo Wir fordern die Freilassung und eine
sowie die umgehende Garantie für die Sicherheit Herrn Adzra-
Freilassung von Herrn kou Komi Anani, der den Hungerstreik in
Adzrakou Komi Anani! der JV Bützow fortsetzt.
Wir sind in großer Darüberhinaus fordern wir die sichere
Sorge um die Sicherheit Rückkehr Herrn Moussbaous nach
und das Leben Alassane Deutschland sowie den Stop aller Ab-
Moussbaous. Der to- schiebungen in die Diktatur Togo.
goische Oppostionelle Internationale Kampagne gegen die
befand sich seit dem 2. Diktatur in Togo und anderen afrikani-
Dezember 2005 im Ab- schen Ländern Hamburg, 31.01.2006
schiebegefängis Bützow Kontakt: „Karawane für die Rechte
und trat am 19. Januar der Flüchtlinge und MigrantInnen“
2006 in einen unbefriste- mail: free2move@nadir.org ;
ten Hungerstreik. Bereits www.thecaravan.org
3 Tage zuvor hatte der
togoische Regimegegner Adzrakou den letzten Wochen für die Gefangenen EUMC Jahresbericht 2005:
Komi Anani unmittelbar nach seiner eingesetzt und einen Abschiebestop ge-
Festnahme den unbefristeten Hunger- fordert. Vom Innenminister, Gottfried Noch sehr viel Arbeit…
streik begonnen. Damit protestierten die Timm (SPD), hatten sie erbeten, dass sie Die Europäische Stelle zur Beobachtung
beiden gegen ihre Inhaftierung, die dro- über jeden Schritt im Fall der beiden to- von Rassismus und Fremdenfeindlich-
hende Abschiebung und die Zusammen- goischen Diktaturflüchtlinge informiert keit (EUMC) legte dem Europäischen
arbeit deutscher Behörden mit dem dik- werden. Parlament (EP) im November den Jah-
tatorischen Regime in Togo. Aufgrund der Brisanz des Falles und resbericht 2005 mit dem Titel „Rassis-
Nachdem beide gesundheitlich sehr der großen Öffentlichkeit gehen wir da- mus und Fremdenfeindlichkeit in den
angeschlagen waren, was durch die Ver- von aus, dass der Innenminister über die EU-Mitgliedstaaten – Trends, Entwick-
hängung von Einzelhaft noch verschärft nächtliche Abschiebung informiert war. lungen und bewährte Praktiken“ vor. Der
worden war, wurden sie in der letzten Der Landtagsabgeordnete Gerd Walther Jahresbericht 2005 umfasst Informatio-
Woche auf die Krankenstation des Ge- spricht in einer aktuellen Pressemittei- nen, Entwicklungen und Maßnahmen im
fängnisses verlegt. Dort drang in der lung von einem „politischen Skandal“. Zusammenhang mit rassistisch, frem-
nacht vom 31.1. um 3.00 Uhr morgens Auch der Petitionsausschuss des denfeindlich, antisemitisch und antiisla-
die Polizei ein und riss Herrn Moussbaou Landtages, der mit einer Petition Herrn misch motivierten Vorfällen des Jahres
aus dem Bett. Als Herr Anani uns telefo- Moussbaous befasst ist, und am 22. Feb- 2004 in den 25 EU-Mitgliedstaaten. Da-
nisch informieren konnte, war Herr ruar eine Expertenanhörung zur politi- bei wurden fünf Themenbereiche abge-
Moussbaou bereits in einer Air France schen Lage in Togo anberaumt hat, hatte deckt: Rechtsvorschriften, Beschäfti-
Maschine in Begleitung von drei BGS- vom Innenminister die Aussetzung der gung, Wohnungswesen, Bildung sowie
Beamten von Berlin nach Paris unter- Abschiebung gefordert. Dazu erklärt rassistisch motivierte Gewalt- und Straf-
wegs. Gerd Walther „es ist eine Nichtachtung taten. Die EUMC stellt fest, dass „Mi-
Die Anwältin Herr Moussbaous, Da- des ersten Ausschusses des Landtags, granten und Minderheiten überall in der
niela Nötzel, hatte die Zusage des Lan- heimlich still und leise, das geltende EU in den unattraktivsten Beschäfti-
desamts, dass sie über weitere Abschie- Recht verletzend, über Nacht Tatsachen gungsbereichen überrepräsentiert“ sind.
betermine (nachdem am 10. Januar die zu schaffen.“. In einigen Mitgliedstaaten trete eine star-
Abschiebung vom Hamburger Flughafen Alassane Moussbaou floh 2001 vor ke Segregation im Wohnungsbereich zu
aus gescheitert war) informiert werden politischer Verfolgung aus seinem Hei- Tage. Auch die schulischen Leistungen
würde. Als sie am Vormittag versuchte, matland. In der BRD engagierte er sich von Migrantinnen und Migranten blie-
etwas über den Verbleib ihres Mandanten in Exilorganisationen und zog damit er- ben oft hinter denen der Mehrheitsbevöl-
herauszufinden, stieß sie zunächst auf neut das Augenmerk des diktatorischen kerung zurück.
eine Mauer des Schweigens. Erst nach Regimes auf sich. Mehrere Familienan- weiter Seite 12

: antifaschistische nachrichten 3/2006 11


Weiterhin weist die EUMC darauf hin, Die Linke im Römer (Frankfurt) gels Profitinteresse als Restöffentlichkeit
dass auf Grund von Datenlücken und und Demonstrationsgelände übrig gelas-
fehlender Datenerhebungsbereitschaft fordert in einem Antrag vom 24.1.06: „Die sen haben.
Stadtverordnetenversammlung möge be-
einiger Mitgliedstaaten, ernsthafte Fälle schließen: Presseerklärung Pro Asyl, 20.1.06 ■
von Diskriminierung weiterhin unbe-
merkt bleiben. „In den meisten Mitglied- 1. Die Stadtverordneten fordern die Frak-
tionen des Hessischen Landtags und die Asylstatistik 2005: Auch
staaten fehlen die notwendigen Daten, Hessische Landesregierung auf, sich für
mit denen sich die Auswirkungen von so- das Recht auf Meinungs- und Versamm-
Schäuble feiert den Miss-
zial- und wirtschaftspolitischen Maßnah- lungsfreiheit auf öffentlich zugänglichen stand als historische Errun-
men auf die dort lebenden ethnischen Plätzen und Gebäuden einzusetzen. Allen
Bestrebungen, diese grundgesetzlich ge- genschaft
Gemeinschaften beobachten ließen“,
schützten Rechte (Art. 5 und 8, GG) mit
stellt die Direktorin der EUMC, Beate dem Verweis auf das Hausrecht de facto Berlin. Die Asylstatistik von 2005 weist
Winkler, heraus. „Eine bessere Datener- auszuhebeln, wird eine Absage erteilt. die niedrigsten Antragstellerzahlen seit
hebung ist daher für die EU ein vorrangi- 1983 auf. „Wie sein Amtsvorgänger stellt
2. Der Magistrat der Stadt Frankfurt wird
ges Anliegen.“ aufgefordert, Fraport, die sich mehrheitlich Bundesinnenminister Dr. Wolfgang
„Der Bericht führt uns deutlich vor im öffentlichen Besitz befindet (Hessen und Schäuble die Misere des Asylrechts in
Augen, dass noch sehr viel Arbeit vor die Stadt Frankfurt zusammen 52%), zur Deutschland als historische Errungen-
uns liegt“, erklärt Anastasia Crickley, Rücknahme der Hausverbote gegen Ab- schaft dar.“ kritisiert die bundesweite Ar-
Vorsitzende des Verwaltungsrates der schiebegegner zu bewegen. beitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO
EUMC. „Die Fälle von Ungleichbehand- 3. Das Verhalten von Fraport, als unlieb- ASYL anlässlich der Veröffentlichung
lung, die aufgezeigt werden, reichen von sam erachtete Proteste mittels Hausverbote der Asylbewerberstatistik für das Jahr
einem mangelhaften Wohnungsangebot im Terminal des Flughafens zu unterbinden. 2005. 28.914 Personen haben in
für Migranten, über die Segregation be- 4. Der Magistrat führt Gespräche mit Ver- Deutschland im letzten Jahr noch Asyl
stimmter Gruppen in Sonderschulen, bis tretern des Landes Hessen (das 31,7% der beantragen können. Angesichts der Tat-
hin zu Arbeitsagenturen, die sich auf An- Fraport-Aktien hält), um das Unternehmen sache, dass politische und ethnische Ver-
zu einer Kurskorrektur bewegen.
weisung von Arbeitgebern bereit zeigten, folgung, Kriege und andere Fluchtgrün-
keine Stellenbewerber ausländischer de im letzten Jahr nicht abgenommen ha-
Herkunft zu vermitteln.“ mit Hausverbot belegten Demonstrantin ben, bedeutet dies: Deutschland war und
Es gibt jedoch auch Positives zu ver- bei einer späteren Aktion erkennen las- ist nicht willens, seinen Beitrag zur Auf-
melden. Die Antidiskriminierungsrichtli- sen, dass er die Behauptung der Flugha- nahme von Flüchtlingen zu leisten. Gan-
nien scheinen auf fruchtbaren Boden zu fenbetreiberfirma, die Abwicklung des ze 411 Personen haben noch den Status
fallen: „Die Antidiskriminierungsrichtli- Flughafenverkehrs könne gestört wer- der Asylberechtigten erhalten (bei
nien der EU haben einige positive Initia- den, genügen lassen will, um ein Haus- 48.102 Entscheidungen insgesamt). Pro
tiven und Maßnahmen bewirkt.“, meint verbot zur Verhinderung künftiger Ver- Arbeitstag des dem Bundesinnenminister
Winkler – schade, dass die deutsche Re- letzungen des Hausrechts zu begründen. nachgeordneten Bundesamtes für Migra-
gierung es noch nicht einrichten konnte, Mit der Entscheidung des BGH wird tion und Flüchtlinge sind dies weniger
diese umzusetzen. wie in den Vorinstanzen das Hausrecht als zwei Personen. Es wäre für Schäuble
aus: Forum Migration 2-06 des des Betreibers über das Grundrecht auf mühelos möglich, das Häuflein derer, die
DGB-Bildungswerks ■ Meinungs- und Versammlungsfreiheit das Asylgrundrecht erfolgreich in An-
Der Bericht kann auf Deutsch herun- gestellt. Eine Auseinandersetzung mit spruch nehmen konnten, persönlich zu
tergeladen werden unter der Frage, wie weit die faktische Ein- begrüßen.
www.migration-online.de/eumc-2005 schränkung der Versammlungsfreiheit Kaum besser sieht es bei der Zuerken-
Weitere Informationen und den Be- gehen darf, wenn – nicht nur an Flughä- nung des Flüchtlingsstatus nach der Gen-
richt in den unterschiedlichsten Spra- fen – immer mehr öffentlicher zu priva- fer Flüchtlingskonvention aus (§ 60 Ab-
chen gibt es unter www.eumc.eu.int tem Raum umdefiniert wird, fand nicht satz 1 Aufenthaltsgesetz). 2.053 Perso-
einmal ansatzweise statt. nen (4,3 Prozent) erhielten den entspre-
Hausverbot auf dem Flug- Bürger- und Menschenrechtsorganisa- chenden Status. Dass diese Zahl im Ver-
tionen haben den Prozess beobachtet, da- gleich zum Vorjahr angestiegen ist, ist
hafen rechtmäßig? runter das Komitee für Grundrechte und auf die mit dem Zuwanderungsgesetz
Frankfurt. Der 5. Zivilsenat des Bun- Demokratie, die Internationale Liga für eingeführte Regelung zurückzuführen,
desgerichtshofs hat das Hausverbot der Menschenrechte, das Aktionsbündnis dass auch Familienangehörige von Kon-
Flughafenbetreiberfirma FRAPORT ge- Rhein-Main gegen Abschiebungen und ventionsflüchtlingen diesen Status erhal-
gen eine Abschiebungsgegnerin für PRO ASYL. Die Organisationen begrü- ten. Rechnet man diesen Effekt heraus,
rechtmäßig erklärt. In seiner Entschei- ßen die Absicht der unterlegenen Kläge- stellt sich die Quote noch negativer dar.
dung vertritt er die Auffassung, dass die rin, nun vor das Bundesverfassungsge- Unter den zehn Hauptherkunftslän-
FRAPORT keine Demonstrationen „oder richt zu ziehen, damit die Versamm- dern findet sich kein einziger afrikani-
ähnliche Aktionen“ dulden müsse, wenn lungsfreiheit nicht als Grundrecht dritter scher Staat. Flucht und Migration insbe-
diese konkret geeignet seien, eine Stö- Klasse nur noch an Orten ausgeübt wer- sondere aus dem subsaharischen Afrika
rung des Flughafenbetriebes herbeizu- den kann, die Privatunternehmer man- bleibt Sache der südeuropäischen Staa-
führen (Az.: V ZR 134/05). ten. Diese haben im vergangenen Jahr
Nach dem Verlauf der mündlichen die militärische Abschottung der
Verhandlung eher überraschend hat sich EU-Südgrenze vorangetrieben und
der Senat zur Abwägung zwischen den unter Bruch des Völkerrechtes
Grundrechten auf Versammlungs- und Massenabschiebungen von
Meinungsfreiheit auf der einen und dem Flüchtlingen durchgeführt, de-
Eigentumsrecht der Flughafenbetreiberin nen ein Prüfungsverfahren ver-
auf der anderen Seite in der heute ver- wehrt blieb.
breiteten Zusammenfassung der Urteils- Quelle: Presseerklärung
gründe kaum geäußert. Vielmehr hat er PRO ASYL / Nds. FlüRat
unter Bezugnahme auf das Verhalten der 10.1.06 ■

12 : antifaschistische nachrichten 3/2006


Aufruf zur Demonstration
gegen das Berufsverbot Demo gegen Berufsverbote
Seit Mitte Dezember 2003 ist bekannt,
dass gegen den Realschullehrer Michael
am 25.3.2006 in Karlsruhe
Csaszkóczy, der in der Antifaschisti- strument nicht mehr in dieser Form an- gewiesen“ werden muss, kommt bei den
schen Initiative Heidelberg (AIHD) aktiv gewendet, ohne dass jedoch die gesetzli- auf dem „Radikalenerlass“ basierenden
ist, ein Berufsverbotsverfahren läuft. In chen Grundlagen der Bundesländer ge- Verfahren ausschließlich die Zugehörig-
einem Brief des Oberschulamtes Karls- strichen wurden; so sind sie auch im keit zu einer politisch unliebsamen
ruhe wurde ihm mitgeteilt, dass Erkennt- „Landesbeamtengesetz Baden-Württem- Gruppe zum Tragen. Damit werden die
nisse des Verfassungsschutzes Zweifel berg“ weiterhin verankert – und zwar in politische Meinung und das daraus resul-
an seiner Bereitschaft aufkommen lie- einer Form, die weitgehend aus dem NS- tierende persönliche Engagement an sich
ßen, jederzeit für die „freiheitliche, de- Gesetz „zur Wiederherstellung des Be- kriminalisiert, was die inoffizielle (Wie-
mokratische Grundordnung“ einzutreten. rufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 der-) Einführung des „Gesinnungsver-
Die für den 1. Februar 2004 vorgesehene übernommen wurde. Darin wurde be- brechens“, wie es aus dem Nationalso-
Übernehme in den Schuldienst wurde schlossen, dass Beamte auch dann ent- zialismus bekannt ist, bedeutet.
ausgesetzt, und bei einem „vertieften lassen werden können, „wenn die nach Eine weitere Besonderheit der Berufs-
Einstellungsgespräch“ am 21. April 2004 vorliegendem Recht hierfür erforderli- verbote ist ihr vollständiges Losgelöst-
wurde deutlich, dass die Entscheidung chen Voraussetzungen nicht vorliegen.“ sein von den staatlichen Strafverfol-
des Oberschulamts im Grunde bereits Des Weiteren regelte es, dass „Beamte, gungsbehörden, indem an Stelle eines
gefallen ist, wobei in erster Linie die von die nach ihrer bisherigen politischen Be- Gerichts das Oberschulamt das Urteil
Michael nicht dementierte Zugehörigkeit tätigung nicht die Gewähr dafür bieten, fällt. Grundlegende Informationen zu den
zur AIHD ausschlaggebend war. Nach- dass sie jederzeit rückhaltlos für den na- einzelnen Fällen kommen vom Innenmi-
tionalen Staat eintreten, […] aus dem nisterium und dem diesem zuarbeitenden
Dienst entlassen werden [können].“ Landesamt für Verfassungsschutz, das
Die hier allzu offensichtlich erkenn- dadurch den Status einer Ermittlungsbe-
baren Kontinuitäten zum aktuellen hörde erhält. De facto bedeutet das die
Berufsverbotsverfahren verwundern Abkehr von der generellen Unschulds-
kaum, wenn man bedenkt, dass es von vermutung, da hier eine Umkehr der Be-
Zöglingen des früheren NS-Marine- weislast stattfindet: Die staatlichen Be-
richters Filbinger (heute CDU) initi- hörden müssen dem Betroffenen kein
iert wurde. Der ehemalige badenwürt- konkretes Vergehen nachweisen, sondern
tembergische Ministerpräsident wird es liegt an ihm selbst, seine Verfassungs-
von seiner Partei „wegen seiner be- treue unter Beweis zu stellen.
sonderen Verdienste“ trotz seiner Ver- Genau aus diesen Gründen ist Solida-
gangenheit als Ehrenvorsitzender ge- rität an dieser Stelle mehr denn je ge-
halten. Und so muss mit umso größe- fragt, nämlich genau deshalb, weil der
rer Entschiedenheit gegen dieses Ver- staatliche Repressionsapparat einen Ein-
fahren vorgegangen werden, mit dem zelnen stellvertretend für alle anderen
ein Antifaschist von eben jenem herausgreift und ihn konkret in seiner
schwarz-braunen Milieu überzogen Existenzgrundlage bedroht.
wird. Deshalb rufen wir zur Demonstration
Die Praxis der Berufsverbote unter- gegen das Berufsverbot gegen Michael
scheidet sich grundlegend von ande- Csaszkóczy am 25. März 2006 in Karls-
ren staatlichen Repressionsmaßnah- ruhe auf! Gegen Polizei- und Überwa-
men gegenüber systemkritischen Ak- chungsstaat! Geheimdienste abschaffen!
tivistInnen. Während bei anderen For- Weg mit dem Berufsverbot gegen Mi-
men politischer Verfolgung in der chael Csaszkóczy!
dem ihm zunächst nur das Land Baden- Bundesrepublik den Betroffenen ein Antifschistische Initiative Heidelberg
Württemberg die Einstellung als Lehrer konkreter Verstoß gegen Gesetze „nach- (AIHD) im Januar 2006 ■
verweigerte und das Berufsverbot somit
offiziell machte, zog im Jahr 2005 auch Mehrere tausend
Hessen nach, wo Michael schon eine Menschen protes-
schriftliche Einstellungszusage für die tierten am Wochen-
Übernahme in das Beamtenverhältnis auf ende 3./4. Februar
Probe vom staatlichen Schulamt erhalten gegen die NATO-Ta-
hatte. Die Argumentation lehnte sich gung in München.
hierbei an die des baden-württembergi- Die Polizei war mit
schen Kultusministeriums an, und auch einem Großaufge-
der Verfassungsschutz, der Michael bot vertreten. Bei
zwölf Jahre lang überwachte, argumen- der Demonstration
tierte in seinem Jahresbericht 2004 nach am Samstag mit ca.
dem selben Muster. 3000 Teilnehmern
Der Ursprung der Berufsverbote liegt geriet der Zug im-
im 1972 eingeführten „Radikalenerlass“, mer wieder ins Sto-
mit dessen Hilfe politisch aktive Men- cken, weil Demons-
schen aus dem öffentlichen Dienst fern- tranten festgenom-
gehalten und Gleichgesinnte einge- men wurden, die Plakate trugen, auf denen Rumsfeld als Kriegsverbrecher
schüchtert werden sollten. Ab Mitte der bezeichnet wurde. Zuvor waren bereits venezianische Masken als Vermum-
80er Jahre wurde dieses Repressionsin- mung und Seitentransparente verboten worden. Quelle: ND 6.2.06

: antifaschistische nachrichten 3/2006 13


: neuerscheinungen, ankündigungen
als „Verneinung aller mensch-
lichen Würde“ verteufelt.
Schon Steiner baute rational
Na also, geht doch? Steiner entwickelte in sei- und empirisch begründeter
Waldorfschulen als Alterna- nem 89 000 Seiten umfassen- Kritik vor mit dem Vorwurf,
tive zum selektionsorientier- den Gesamtwerk eine wirre seine Gegner seien „karmamä-
ten dreigliedrigen Schulsys- Mixtur aus „Versatzstücken ßig nicht in der Lage, (ihren)
tem aller Bundesländer? von Buddhismus und Hinduis- gesunden Menschenverstand
Anthroposophie als Weltbild mus, Christentum und deut- soweit abzulösen von der Kör-
und Gesellschaftsvorstel- schem Idealismus“. perlichkeit und den Sinnen,
lung, die bestehende Wider- Seine Anthroposophie ist um eben eine sinnenfreie
sprüche und Konflikte auf- eine religiöse Weltanschauung, Wahrheit, eine sinnenfreie Er-
löst und eine friedliche Ent- in deren Mittelpunkt die kenntnis zu begreifen“.
wicklung der Menschheit ge- menschliche Seele als göttli- Trotz dieser vernebelnden
währleistet? – cher Funke steht, der von den Verweisung ihrer Auffassung nicht europäischer Abstam-
Eine Rezension zu Peter Gefahren seiner körperlichen von Wissenschaftlichkeit in mung und nicht weißer Haut-
Bierls Buch „Wurzelrassen, Hülle befreit und weiter entwi- das Reich der „offenbaren Ge- farbe sind, … als minderwer-
Erzengel und Volksgeister. ckelt werden muss. Die Seele heimnisse des Weltgesche- tig angesehen“.
ist ein „Schlachtfeld zwischen hens“ ist der Anspruch der An- Bei anderen Rassen sahen
Immerhin 187 nach Gut und Böse“. In ihr manifes- throposophen hoch gesteckt. Steiner und seine Jünger „ab-
dem Prinzip sozialer tiert sich der „Kampf zwischen Erst sie könnten, so wird be- norme Geister der Form“ am
Gerechtigkeit arbeiten- Erzengel Michael und bösen, hauptet, „der Wissenschaft den Werk, die sich am Drüsensys-
de Schulen bieten in Deutsch- ahrimanischen Mächten“. Weg weisen, indem sie die tem, an den Nerven oder an
land Kindern die Möglichkeit, Das menschliche Karma Kluft zwischen Glauben und der Atmung der Menschen zu
im Ganztagsbetrieb in alterna- muss aus seiner „Unordnung“ Wissen … schließe“. Was da- schaffen machten. Diese Ras-
tivem, betont musisch-kreati- befreit werden, wenn nötig von zu halten ist, zeigt sich am sen – malaische „Venusrasse“,
vem Unterricht, ohne Leis- über mehrere Leben, also auf Beispiel eines in den 1950er mongolische „Merkurrasse“
tungsstress und Sitzenbleiben dem Wege der Wiedergeburt. Jahren führenden Anthroposo- und so weiter – seien zum
in zwölf Jahren das Abitur zu Das höchste Ziel ist schließlich phen, der noch 1959 behaupte- „Hinsterben in einer Art Ver-
erreichen. Gibt es also doch ei- der Zustand der Erleuchtung. te, die Planeten seien „Lichtof- knöcherung“ verurteilt. Zur
nen realen Ausweg aus dem Auf dieser Stufe ist dann sogar fenbarungen der außerirdi- „Fundierung“ dieser Erkennt-
unsäglichen Desaster unseres der Status des Erzengels zu er- schen Weltkörper“. Da musste nisse wurden und werden die
dreigliedrigen staatlichen langen! die wenig später gelungene fragwürdigen, inzwischen
Schulwesens? Ziel: Zerstörung der Erde Landung realer Menschen auf längst widerlegten Disziplinen
Die Frage muss wohl doch dem Mond natürlich heftige der Temperamentlehre, der
eher mit nein beantwortet wer- Dieser kämpferischen Vorstel- Verwirrung und vorübergehen- Phrenologie und der Physio-
den. Bei den genannten 187 lung vom innermenschlichen de Sprachlosigkeit auslösen. gnomik herangezogen.
Schulen handelt es sich um Leben entsprechen die anthro- Steiners Rassenlehre Es entstand ein Theorienge-
Waldorf-Schulen, also um ei- posophischen Tugenden füge, das sich in bester Har-
nen Schultyp, der sich zwar „Überwindung, Entsagung, Nach wie vor aber wird an der monie zu den Rassetheorien
vielfach eines guten Rufs er- Läuterungen, um Instinkte, „wissenschaftlichen“ Auffas- der Nationalsozialisten ver-
freut. Jedoch gibt ein genaue- Triebe und Leidenschaft zu sung Steiners und seiner Ge- hielt. Folgerichtig sehen die
rer Einblick in dessen pädago- veredeln“. Der Kampf zwi- folgschaft von der Entwick- Anthroposophen bis heute im
gische Grundsätze, Unter- schen Gut und Böse ist aber lung der Welt und der Hitler-Faschismus das „Werk
richtsinhalte, Betriebsabläufe nicht auf das Individuum be- Menschheit festgehalten. Sie finsterer Mächte …, die sich
und Managementpraktiken An- schränkt, sondern geht nach basiert auf der Lehre der Wur- der Deutschen bedienten, oder
lass zu heftigen Bedenken. Ei- Steiner so weit, dass die Erde zelrassen. Fünf solcher Wur- als Folge negativer westlicher
nen solchen Einblick bietet der als Materie zerstört werden zelrassen konnte Steiner bis Einflüsse, denen die Deut-
Journalist Peter Bierl in sei- muss. O-Ton Steiner: Wir müs- ins 20ste Jahrhundert ausma- schen erlegen“ waren.
nem Buch „Wurzelrassen, Erz- sen lernen, „dass es notwendig chen. Die zurzeit vorherr- Relativierung und
engel und Volksgeister“, das ist, die Erde zu zerstören, sonst schende Wurzelrasse ist die Kontinuität
jetzt in zweiter, erweiterter wird der Geist nicht frei“. der Arier, die, das wusste Stei-
Auflage erschienen ist. Wissenschaftlicher Anspruch ner genau, ab 3573 von der Wenn auch später die krasses-
Denkschule Anthroposophie Wurzelrasse der Westasiaten ten Aussagen abgemildert
Das gesamte Gedankengebäu- abgelöst wird. wurden und statt von Wurzel-
Peter Bierl geht zunächst auf de Steiners und seiner Anthro- Die Lehre von den Wurzel- rassen jetzt von Kulturepochen
die weltanschauliche Grundla- pophen erhebt auf der einen rassen umfasst einen unüber- die Rede ist, sind die zu Grun-
ge der Waldorf-Pädagogik ein: Seite den Anspruch größter Se- sehbaren Wust von abstrusen de liegenden Auffassungen un-
die Anthroposophie, die ge- riosität als Ergebnis tiefgründi- bis massiv rassistischen Vor- ter den Anthroposophen unge-
meinhin als seriöse und acht- ger „geisteswissenschaftlicher stellungen, die desungeachtet brochen vertreten. Noch in
bare Denkschule angesehen Forschung“. Andererseits wer- allesamt mit dem Anspruch den 1950er Jahren konnte
wird, gegründet von Rudolf den aber Aufklärung und Ver- der Wissenschaftlichkeit da- Wolfgang Moldenhauer unan-
Steiner (1861 - 1925) um die standesorientierung als „Aus- herkommen. In aller Ausführ- gefochten über „Naturvölker“
Wende zum vorigen Jahrhun- druck der niederen Menschen- lichkeit sangen die Anthropo- fabulieren, „deren Glieder
dert. natur“ abgelehnt. Und immer sophen in der ersten Hälfte des zwar physische Menschen-
Peter Bierl zeigt detailliert wieder finden sich in den 20sten Jahrhunderts das Hohe- form zeigen, aber in einer den
auf, dass diese Denkschule äu- Schriften Steiners und seiner lied der nordisch-germani- Tiergattungen bis zu einem ge-
ßerst fragwürdige Auffassun- Epigonen massive Absagen an schen Unterrrasse, die seit wissen Grade vergleichbaren
gen bis hin zu offen rassisti- zeitgemäße naturwissenschaft- 1413 vorherrsche. Ihr gegen- Gruppenseelenhaftigkeit le-
schen Thesen vertritt. liche Erkenntnisse. Sie wurden über wurden „Menschen, die ben“.

14 : antifaschistische nachrichten 3/2006


: ostritt
Zwar haben sich auf Grund häufiger berührt von den Erkenntnissen der allge-
werdender Vorwürfe in jüngerer Zeit füh- meinen und der Schulpädagogik wie
rende Anthroposophen vorsichtig von den auch von denen der Kinder- und Ent- rzwungene Wege“ heißt die Aus-
verwegensten Aussagen Steiners distan-
ziert. Trotzdem war auch dies im entspre-
chenden Sammelband der Anthroposo-
wicklungspsychologie. Der Unterrichts-
stil sei überwiegend frontal, also eher in-
doktrinär als aktivierend. Natürliche Neu-
E stellung, die die Stiftung „Zen-
trum gegen Vertreibungen“ vom
10. August bis zum 29. Oktober im Ber-
phischen Gesellschaft noch verbunden gierde der Schüler und ihr Bedürfnis, liner Kronprinzenpalais zeigen wird. Auf
mit der Forderung, Steiners „Gesamt- Dinge auszuprobieren und selber zu ma- 600 Quadratmetern in zentraler Lage
übersicht über die Leibeseigentümlich- chen, „werden als Einwirken luziferi- (Unter den Linden) sollen „Beispiele (...)
keiten“ nicht vorschnell abzuwehren, da scher Kräfte erklärt“. Kritisches Denken unterschiedlicher europäischer Vertrei-
sich „über lange Zeiträume betrachtet gilt als „Gift für die Seele“. bungsschicksale im 20. Jahrhundert“
möglicherweise herausstellen (könne), Dieser rigide undemokratische Grund- dargestellt werden. „Mehr als 30 Völker
dass dieser Interpretation ein realer Ge- tenor ist gepaart mit dem Vorherrschen oder Volksgruppen haben im verflosse-
halt eignet“. lust- und lebensfeindlicher Praktiken und nen Jahrhundert in Europa ihre Heimat
Und so konnte fortan mit gedämpft ras- Verbote. Das gilt für Sport, in dem eine verloren“, teilt die Stiftung mit. 13 Bei-
sistischen Untertönen weiter ideologisiert „Affenhaftmachung unserer Kultur“ ge- spiele hat sie ausgewählt, darunter dieje-
werden – etwa im Zentralorgan der An- sehen wird, ebenso wie für den Umgang nigen Vorgänge, die auch die Ausstellung
throposphen, Goetheanum, wo noch 1987 mit PCs oder mit Comics, für Techno- „Flucht, Vertreibung, Integration“ im
„schwarze Afrikaner … als kindliche, Musik und für Sexualität. Immer besteht Bonner Haus der Geschichte beschreibt
triebgesteuerte Wesen“ bezeichnet wur- die Alternative in „vergeistigten“ Inhal- (Völkermord an den Armeniern, Bevöl-
den. Folgerichtig erhält denn auch die Ära ten, in einer bigotten Harmonieorientiert- kerungsaustausch zwischen Griechen-
der Kolonialisierung ihre positive Deu- heit, die die realen Machtstrukturen so- land und der Türkei, Umsiedlung der
tung, da sie dem „schlafenden Riesen wohl der Schule selbst als auch der Ge- Deutschen – vgl. AN 1/06). Die Stiftung
Afrika ... Impulse der europäischen Be- sellschaft ausblendet. Peter Bierl sieht im stellt die „Vertreibung der Juden Europas
wusstseinsseele“ gebracht und ihr damit Ergebnis Schüler, „die sich über die reale ab 1933“ unmittelbar neben die „Um-
geholfen hätte, „ihr Stammesbewusstsein und unbegriffene Atomisierung des Indi- siedlung der West-Karelier“.
zugunsten einer ,freien Volksgemein- viduums in einer nach Kategorien von Die einzelnen Vorgänge sollen, so will
schaft‘ zu überwinden und auf Grund der Waren und Konkurrenz funktionierenden es die Stiftung „Zentrum gegen Vertrei-
„Führung durch den Weißen“ eine „neue, Gesellschaft hinwegträumen“. bungen“, nicht gegeneinander abgewo-
bisher unbekannte völkische Seelenver- Warnung gen werden. Man werde „keine Gewich-
fassung“ (1971, 1972) entstehen zu las- tung der Leiden jedes einzelnen Betrof-
sen. In der Einleitung zum Buch spricht Peter fenen vornehmen, sondern (...) Ralph
Schulwirklichkeit Bierl von der „sanften Fassade“ von an- Giordanos Postulat ,Die Humanitas ist
throposophischer Weltsicht und Waldorf- unteilbar‘ als Grundlage“ nehmen, heißt
Nun ist, wie Peter Bierl ausdrücklich be- Erziehung, hinter der sich „gezielte Ver- es in einer Pressemitteilung. Deutlicher
tont, nicht alles, was Anthroposophie blödung, repressive Toleranz sowie ras- wird Ausstellungskurator Wilfried Ro-
heute und noch immer ausmacht, eins zu sistische, antisemitische, frauenfeindliche gasch, der seit 2004 an der Ausstellung
eins als Lehrinhalt in den Waldorf-Schu- und antidemokratische Ansichten“ ver- arbeitet und sich ansonsten als Experte
len anzutreffen. Immerhin aber sind die bergen. Die meisten dieser Vorwürfe für deutschen und europäischen Adel
Kernaussagen Steiners und damit die an- kann er auf den folgenden 261 Seiten de- profiliert hat. „Also, aus der Perspektive
throposophische Weltanschauung unver- tailliert und überzeugend belegen. Genug des Opfers“, verkündete Rogasch am 31.
rückbare Grundlagen der Programmatik auf jeden Fall, um mit Nachdruck auf die Januar im Deutschlandfunk, „aus der
dieser Schulen. Das betrifft die den Kin- ideologischen Gefahren der Anthroposo- Perspektive des Opfers ist es vollkom-
dern gegenüber zentrale Stellung des phie hinzuweisen. men gleichgültig, sage ich jetzt mal et-
Lehrers als spritueller Führer, als Oswald Pannes ■ was provokant, ob eine ostpreußische
„Schicksals- und Daseinsmacht im Leben Frau 1944/45 vergewaltigt und dann er-
des Kindes (Steiner)“, die auf jeder Ebe- Peter Bierl: Wurzelrassen, Erzengel und Volks- mordet wurde oder ob eine jüdische Frau
geister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners
ne des Unterrichts das anthroposophische und die Waldorfpädagogik. Völlig überarbei- von Deutschen in das KZ nach Ausch-
Menschenbild vermittelt. Diese schuli- tete und aktualisierte Neuauflage, 272 Seiten, witz gebracht wurde und dann ermordet
sche Vermittlung, so Bierl, ist völlig un- broschiert, EUR 17.00, ISBN 3-89458-242-1 wurde. Das ist meine Überzeugung, aus
der Opferperspektive ist das vollkommen
gleichgültig.“
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. Wie die Stiftung „Zentrum gegen Ver-
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de treibungen“ versichert, werden „die ak-
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach tuellsten Ergebnisse der internationalen
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, historischen Forschung zum Thema
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, Zwangsmigration und Genozid aufge-
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart,
Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln. nommen. Der Wissenschaftliche Beirat
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. hat sich in mehreren Sitzungen mit der
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sind Grundkonzeption der Ausstellung aus-
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. ein-andergesetzt.“ Dem Gremium gehört
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- unter anderem Hermann Schäfer an.
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung Schäfer leitete bislang das Bonner Haus
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. der Geschichte und verantwortet die dor-
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie
Buntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemein-
tige Ausstellung über „Vertreibungen“.
schaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., Seit dem 1. Februar leitet er als Ministe-
Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke (MdB); Jochen Koeniger (Ar- rialdirektor die Abteilung Kultur und
beitsgruppe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vor-
standes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nachrichten);
Medien beim Staatsminister für Kultur
Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter und Medien im Bundeskanzleramt.
hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk. jk ■

: antifaschistische nachrichten 3/2006 15


: aus der faschistischen presse
JF von der Leipziger Buch-
messe ausgeschlossen
Der Fragebogen lächerlich? Schwärmen – obwohl überhaupt noch Junge Freiheit Nr. 6/06 vom 3.2.2006
Junge Freiheit Nr. 3/06 vom 13. Januar nicht feststeht, was mit dem Platz ge- Der Direktor der Leipziger Buchmesse
2006 schehen soll, ist für das Blatt klar: „Die hat dem Blatt mitgeteilt, seine Teilnahme
Der vom baden-württembergischen In- Wiedererrichtung des historischen Zen- als Aussteller „gefährdet die ordnungs-
nenminister vorgelegte Fragebogen für trums Berlins ist aber nicht nur eine Sa- gemäße Durchführung der Buchmesse“.
Menschen mit muslimischem Hinter- che der Berliner, sondern eine nationale Dazu Chefredakteur Dieter Stein: „Die-
grund, die die deutsche Staatsbürger- Angelegenheit ... Ein wiedererstandenes ses Jahr könnte das Motto der Messe be-
schaft erreichen wollen, ist für das Blatt Berliner Stadtschloss nach historischem trüblicherweise ,Leipzig zensiert‘ heißen
untauglich und trauert preußischen Tu- Vorbild wird eine Aufbruchstimmung er- – wenn sich die Messeleitung nicht noch
genden nach: „Als verstaubt empfundene zeugen, wie sie dieses Land dringend be- einmal eines Besseren besinnt.“ uld ■
Kategorien wie Dienst und Opferbereit- nötigt.“ Aufbruch wohin? Dem Blatt ist
schaft – die Frage von Loyalität auch im entgangen, dass die alten Preußenpläne Aus dem „freiheitlichen
Ernstfall – spielen dabei keine Rolle zur Eroberung Europas im heutigen
mehr, alles Emotionale scheint getilgt ... Europa wirklich nur noch Tagträume Magazin“Aula
Ein schwacher Staat zeigt sich durch die sind. uld ■ Österreich. In der Januar-Ausgabe der
hohle Pose einer Gesinnungsprüfung „Aula“ schreibt Fred Duswalds zur Verfol-
nicht standhaft, nicht einmal intolerant, Junge Freiheit beim NRW- gung Homosexueller im NS-Regime. Be-
was die hilflosere Gangart wäre. Er bla- zeichnenderweise verwendet er Formulie-
miert sich bis zur Lächerlichkeit.“ Innenministerium rungen wie „57.000 homosexuelle Täter“
Chefredakteur Dieter Stein verlangt Junge Freiheit 5/06 vom 27. Januar 2006 (Aula 1/2006, S. 12), wenn die Rede von
von der Landesregierung die Schließung Seit 1995 wird das Blatt im NRW-Ver- den homosexuellen Opfern der NS-Verfol-
der Internet-Seite www.nrwgegen- fassungsschutzbericht beobachtet. Dage- gungen ist. Die Tatsache, dass die Homo-
rechts.de, die reihenweise linksextremis- gen hatte das Blatt geklagt und in erster sexuellen unter „allen Häftlingen [...] die
tische Initiativen empfehle. uld ■ und zweiter Instanz verloren, im Mai höchste Todesrate [hatten]“, erklärt sich
2005 hob das Bundesverfassungsgericht Duswald u. a. damit, dass „sie wegen ihrer
Internetseite geschlossen die Urteile auf und verwies das Verfahren gegen die Schöpfungsordnung gerichteten
mit Auflagen an das Verwaltungsgericht Sexualität auch in Freiheit die am meisten
Junge Freiheit Nr. 4/06 vom 20. Januar Düsseldorf zurück. Das Blatt wird ver- gefährdete Gruppe bilden und ihre durch-
2006 treten durch den ehemaligen General- schnittliche Lebenserwartung von Haus
Das Blatt meldet erfreut, die Internetseite bundesanwalt Alexander von Stahl. Der aus nur halb so hoch ist wie bei Heterose-
„NRW gegen Rechts“ sei stillgelegt: sollte nun mit dem Innenministerium xuellen“. Auch seien im KZ nicht alle er-
„Erst nach intensiven Protesten, vor al- NRW über einen Vergleich sprechen: mordet worden, vielmehr hätten viele
lem aus dem Umfeld der NRW-CDU, „Wie schon im vergangenen Jahr ... hat Selbstmord begangen, was ebenfalls den
aber auch verschiedener Freidemokraten, die Junge Freiheit dem Innenministerium Opfern selbst zuzuschreiben sei: „Auch
sowie nicht zuletzt von Lesern dieser auch jetzt wieder angeboten, die Klage bei frei lebenden Schwulen ist die Selbst-
Zeitung, scheint sich Innenminister Ingo zurückzunehmen, wenn das Innenminis- mordrate dreimal so hoch wie bei Män-
Wolf (FDP) dazu durchgerungen zu ha- terium NRW einräumt, dass in der Ver- nern allgemein. ,Der Sünde Sold ist der
ben, die Seite endlich vom Netz zu neh- gangenheit die Berichterstattung über die Tod‘, schrieb der Apostel Paulus an die
men.“ Aber ganz zufrieden ist das Blatt Junge Freiheit nicht den späteren Vorga- Römer (6, 23).“
noch nicht. Die Seite führt jetzt weiter zu ben des Bundesverfassungsgerichts ent- Der im November 2005 verstorbene
einer Linksammlung des WDR – und spricht und dass man sich in Zukunft an Franz Schönhuber ist mit seinem letzten
von da gelangt man ebenfalls wieder zu diese Vorgaben halten werde. Die Vertre- Interview vertreten. Angesichts der aktu-
den antifaschistischen Initiativen im ter des Landes NRW zeigten sich auch ellen Versuche der FPÖ-Spitze, die euro-
Land. Auch das soll künftig unterbunden diesmal nicht bereit, für die Vergangen- päischen rechtsextremen Parteien zu eini-
werden, fordert das Blatt. heit irgendeine Erklärung abzugeben.“ gen, warnte er davor, hierbei die NPD zu
Der beschlossene Abriss des Palastes der Das Blatt strebt weitere Verhandlungen vergessen. Auch wenn die auf Legalität
Republik in Berlin bringt das Blatt zum an. uld ■ getrimmten Rechtsextremen aus „Angst
vor der Weltmeinung“ (ebenda, S. 15)
nicht bei der NPD anstreifen wollen, müs-
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
se „bei einer Eurorechten [...] Deutsch-
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise: land dabei sein – und außer der NPD gibt
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich es in Deutschland nichts mehr“. Als „eu-
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro
ropäischer Einigungsapostel“ bot Schön-
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro
huber sich für das Ausloten einer mögli-
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
chen Zusammenarbeit an. Gleichzeitig
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). warnte er vor Filip Dewinter und seinem
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten
Vlaams Belang: „Dewinter ist ein schlau-
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung) er Bursche, eine Ersatzausgabe von Hai-
der. In Antwerpen wird viel mit Gold ge-
Name: Adresse: handelt, zu den Juden gibt es über den ge-
meinsamen Feind Islam Berührungspunk-
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts te. Dewinter war auch in Israel. Das ist
sehr gefährlich.“ Gefragt, ob er denkt,
Unterschrift „dass bei der Umbenennung von Vlaams
Blok auf Vlaams Belang jüdischer Ein-
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de
Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507
fluss im Spiel war“, bejahte der ehemali-
ge SS-Recke dies. www.doew.at ■

16 : antifaschistische nachrichten 3/2006

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