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2003
1) Die Elemente
1.1 Entstehung der Elemente
Kernfusion in den Sternen (siehe Vorlesung allgem. Chemie)
1 4
- 41 H → 2 He + 2 e+ (Positronen)
4 12 16 20
- 2 He → 6 C , 8 O , 10 Ne (Heliumbrennen)
- Kernverschmelzung bis Fe, Co, Ni
- Neutronenanlagerung, β-Zerfall: schwere Kerne
Temperatur: 107 bis 108 K
Erdatmosphäre:
Atmosphäre Hydrosphäre Biosphäre Litosphäre
(Luft) (Meer) (Tier- und (Mineralien)
Pflanzenwelt)
N2, O2, Edelgase, H2O, Salze C, H, O, N, S Si, Al, Ca, Fe, O
CO2, H2O
119
Anorganische Chemie I 28.04.2003
Erdkruste 10- 40 km
I Elemente
mineralische Bezeichnung
„Steine“ Oxide SnO2 Zinnstein
(hart)
„Glanz“ Sulfide PbS Bleiglanz
„Blende“ Sulfide ZnS Zinkblende
(glänzend)
„Spate““ Sulfate, Carbonate, CaCO3 Kalkspat
Silikate, Fluoride CaF2 Flussspat
„Kies“ Arsenide NiAs Rolnickelkies
B: B(OH)3 Borsäure
Al2O3 (Korund), SiO2 (Quarz), SnO2 (Zinnstein), As2O3 (Arsenolith)
IV Halogenide
120
Anorganische Chemie I 28.04.2003
VIII Silikate
1.2 Edelgase
Luft: N2(78%), O2(20,9%), Ar (0,93%), CO2 (0,03%), Ne (1,6·10-3%)
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Anorganische Chemie I 28.04.2003
Luftverflüssigung
He Ne N2 Ar O2 Kr Xe
-269 -246 -196 -86 -183 -153 -108°C
++ -- ++ --
-- --
-- --
1.3 Wasserstoff
Isotope
Eigenschaften 1 2 3
Protium 1 H (H) Deuterium 1 H (D) Tritium 1 H (T)
Atommasse: 1,0078 2,0141 3,0160
Häufigkeit: 99,8% 0,0145% 10-13%
H-H H2 2H
74,2pm (= 0,742Ǻ) ∆H: 436 kJ/mol
Bindungsenergie H2 = -436 kJ/mol
KRT= 10-34
K3000K = 8
K6000K = 100
122
Anorganische Chemie I 05.05.2003
technische Darstellung:
Steam-Reforming:
CH4 + H2O (bei 700-800°C und etwa 40bar/ Katalysator) → 3 H2 + CO
∆H0= +206kJ/mol
Kohle Vergasung:
C + H2O (bei 800-1000°C) → CO + H2 ∆H0= +131kJ/mol
∆G = 0 bei 700°C
bei Temperaturen oberhalb von 700°C liegt das Gleichgewicht auf der rechten Seite
Konvertierung:
Wassergas-Gleichgewicht: CO + H2O (g) CO2 + H2 ∆H0= -41kJ/mol
Elektrolyse
NaCl + H2O → Na+ + OH- + ½ H2 + ½ Cl2
Verwendung:
- Synthese von NH3, CH3OH, HCN, Raffinerie
- Raketentreibstoff
- Brennstoff (Brennstoffzelle)
- Schweissen
- Reduktion von Metallen
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Anorganische Chemie I 05.05.2003
Isotope H2 D2
Schmelzpunkt 14,0 18,7
Siedepunkt 20,4 23,7
∆HDiss 436 kJ/mol 444 kJ/mol
Elementmodifikation (Allotropie)
H hat einen Kernspin
in H2 sind die Spins parallel (ortho-H2) oder antiparallel (para-H2)
1.4 Halogene
Halogen = Salzbildner
∆H Diss 2e − ∆H Hydr
X2 (g) → 2 X- (g) → 2 X- (aq)
→ 2 X· (g)
(Standard-Reduktionspotential)
∆H − ∆H + 2E •
X2 (g) → 2 X· (g) Bind
Diss
→ 2 EX
∆HDiss(F2) = 154,9 kJ/mol
∆HDiss(H2) = 435,5 kJ/mol
X-X
Vorkommen:
F: CaF2, Na3AlF6
Cl, Br: Meerwasser, Salzstöcke
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Anorganische Chemie I 05.05.2003
→ Annäherung an Metallgitter
Astatin At → metallischer Charakter
At → At+
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Anorganische Chemie I 08.05.2003
elektrochemisch:
CaF2 + H2SO4 → CaSO4 + 2 HF
HF + KF → [HF2]- + K+
[F-H-F]-
KF · HF Smp.: 217°C
KF · 2 HF Smp.: 72°C
KF · 3HF Smp.: 66°C
HF → H+ + F-
Elektrolyse:
Kathode: H+ + e- → ½ H2
Anode: F- → ½ F2 + e-
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Anorganische Chemie I 08.05.2003
Membran-Verfahren (Teflon)
Quecksilberverfahren
Hg als Kathode
- hohe Überspannung von H2
- Amalgam (Na/Hg-Legierung)
1)
2 Na+ + 2e- → 2 Na → Na/Hg
2 Cl- → Cl2 + 2e-
2)
2 Na → 2 Na+ + 2e-
2 H+ + 2e- → H2
2 H2O → 2H+ + 2 OH-
Shell-Deacon-Prozess:
4 HCl + O2 → 2 H2O + 2 Cl2 (in Anwesenheit eines Katalysator) ∆H = -114 kJ/mol
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1. Die Alkalimetalle
Elektronenkonfiguration:
Li [He] s1; Na [Ne] s1; K [Ar] s1
Gruppeneigenschaften:
Die Alkalimetalle geben leicht ihr s1-Elektron unter Bildung von einfach positive geladenen
Ionen ab. Dies erklärt ihre besondere Reaktionsfähigkeit. Sie stellen die stärksten
Reduktionsmittel dar. Die Alkalimetalle reagieren alle heftig mit Wasser unter Bildung von
H2, wobei die Reaktionsfähigkeit von oben nach unten in der ersten Hauptgruppe zunimmt.
2 H2O + 2 Na → 2 NaOH + H2
1.1 Lithium
I. Verbindungen und Vorkommen: findet sich vor allem in Silikat-Verbindungen wie
LiAl[Si2O6], elementares Lithium lässt sich nur über Schmelzflusselektrolyse gewinnen
II. chemische und physikalische Eigenschaften: Li, Na und K sind leichter als Wasser, wobei
Li das leichteste aller festen Elemente ist. Lithium besitzt eine ungewöhnlich hohen negativen
Wert des Standardpotential und ist somit das mit Abstand unedelste Element. Der Grund
dafür liegt in der extrem großen Hydratationsenergie des Li+-Ions.
IV. Verwendung: Lithium eignet sich als Legierungszusatz zum Härten von Blei, Aluminium
und Magnesium. Außerdem wird 6Li2H als Kernsprengstoff verwendet.
1.2 Natrium
I. Verbindungen: Natrium ist das häufigste Alkalimetall in der Erdkruste. Es findet sich als
Steinsalz (NaCl) in großen unterirdischen Lagerstätten. Außerdem findet man NaNO3
(Chilesalpeter) in großen Mengen (hatte früher Bedeutung in der Sprenstoffherstellung, heute
vor allem für die Düngemittel-Industrie).
III. Darstellung: Ebenso wie Lithium wird Natrium per Schmelzflusselektrolyse (in der so
genannten Downs-Zelle) aus NaCl mit einem Zusatz von CaCl2 bei 600°C gewonnen. (siehe
Abbildung)
128
Kathodenreaktion: 2 Na+ + 2e- → 2 Na
Anodenreaktion: 2 Cl- → Cl2 + 2e-
1.3 Kalium
Verhält sich in allen Eigenschaften analog zu Na ist aber reaktionsfähiger. Die technische
Darstellung KOH erfolgt analog zur Herstellung von NaOH, genauso Verhält es sich mit
technischen Darstellung des Elements.
129
2. Erdalkalimetalle:
Elektronenkonfiguration: …s2
2.1 Magnesium
I. Verbindungen: MgCl2
III. Darstellung:
technische Darstellung (per Schmelzflusselektrolyse):
Elektrolyse:700 − 800°C
MgCl2
→ Mg + Cl2 ∆H0= +642kJ/mol
2.2 Calcium
I. Verbindungen: CaCl, CaSO4
III. Darstellung: Calcium kann durch Schmelzflusselektrolyse von CaCl2 im Gemisch mit
CaF2 und KCl gewonnen werden (Bei 772°C).
→ Calciumhydrid
Calciumhydrid wird durch Überleiten von Wasserstoff über kompaktes Calsium bei 400°C
gewonnen.
130
→ Calciumcarbonat (CaCO3 – Kalkstein)
Calciumcarbonat kristallisiert in drei verschiedenen Modifikationen aus: Calcit
(trigonalrhomboedrisch), Aragonit (orthorhombisch), Vaterit (hexagonale Form.)
CaCO3 → CaO + CO2
Wasserhärte: Die Wasserhärte ist ein Maß für die Menge an Calciumverbindungen in
Gewässern. Man spricht von harten und weichem Wasser (da das Wasser bei
unterschiedlichem Gehalt von Calcium bei der Benutzung von Seife verschiedene
„Eindrücke“ hinterlässt). So gibt Calciumhaltiges Wasser das Gefühl von hartem Wasser.
Der Grund dafür ist das Seifen Alkalisalze organischer Verbindungen sind. Wäscht man sich
nun mit calciumhaltigen Wasser die Hände so entsteht schwerlösliche Kalkseifen.
In Deutschland wird die Wasserhärte in verschiedene Grade eingeteilt, wobei die Menge von
CaO in 100cm³ angegeben wird.
→ Calciumcarbid (CaC2)
Herstellung durch ein von Friedrich Wöhler entwickeltes Verfahren aus CaO:
→ CaSO4·2H2O (Gips)
Erscheinungsformen: Marienglas (mit ½ H2O) und als Alabaster
131
3. Aluminium
technische Darstellung:
Aluminium wird aus Al2O3
durch Schmelzflusselektrolyse
hergestellt.
Ausgangstoff ist Bauxit,
welches zum großen Teil aus
AlO(OH) hergestellt wird. Es
kann jedoch Verunreinigungen
von Fe2O3 enthalten, welches
vor der
Schmelzflusselektrolyse
entfernt werden muss. Da
Bauxit amphoteren Charakter
besitzt löst es sich sowohl in
Säuren als auch in Basen.
Fe2O3 löst sich nur in sauren
Lösungen. Somit wird Bauxit unter Bildung seines Komplexsalzes (Na[Al(OH)4]) in basische
Lösung gebracht. Fe2O3 kann als Feststoff abfiltriert werden. Durch impfen mit Al(OH)3-
Kristallen fällt aus der Lösung Al(OH)3, welches abfiltriert wird und bei hohen Temperaturen
zu Al2O3 entwässert wird. Das beschriebene Verfahren wird als Bayer-Verfahren oder nasser
Aufschluss bezeichnet.
Schmelzflusselektrolyse:
Kathode: 2 Al3+ + 6 e- → 2 Al
Anode: 3 O2- → 1½ O2 + 6e-
132
aluminothermische Verfahren: Beim aluminothermischen Verfahren nutzt man die extrem
hohe Bindungenergie des Al2O3 aus. Mit dieser Methode lassen sich aus den Metalloxiden
durch Reduktion die elementaren Metalle gewinnen, wobei das Aluminium in Korund
umgesetzt wird.
Beispiel: 2Al + Fe2O3 → Al2O3 + 2 Fe
Ein besonders aluminothermisches Verfahren ist das Thermit-Schweisse. Dabei wird Fe3O4
und Aluminium zu Korund und Eisen umgesetzt: 3 Fe3O4 + 8Al → 4 Al2O3 + 9 Fe
Löseverhalten:
Aluminium: Aluminium lässt sich in verdünnten Säuren unter Wasserstoffbildung lösen,
jedoch nicht in oxidierenden Säuren (wegen der Passivierung).
Al + 3 H3O+ → Al3+ + 1,5H2 + 3 H2O
Die Schutzschicht (Al(OH)3) lässt sich jedoch in stark sauren oder alkalischen Lösungen
lösen (siehe unten).
Aluminiumhydroxid (Al(OH)3): Lässt sich in Säuren und in Laugen Lösen, da es amphoteren
Charakter besitzt.
Al(OH)3 + 3 H3O+ → [Al(H2O)6]3+
Al(OH)3 + OH- → [Al(OH)4]-
Aluminiumchlorid (AlCl3):
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4. Silicium
Elektronenkonfiguration: [Ne] 3s² 3p²
Kristallstruktur: Diamant
technische Darstellung:
→ großtechnisch:
1800°C
SiO2 + 2C
→ Si + 2 CO ∆H0= +690 kJ/mol
Si + 3HCl → HSiCl3 + H2
Das Silicochloroform wird destilliert und
anschließend durch H2 reduziert:
HSiCl3 + H2 → Si + 3 HCl
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Strukturen:
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5. Zinn und Blei
Elektronenkonfiguration:
Sn: [Kr] 3d10 5s2 5p2
Pb: [Xe] 4f14 5d10 6s2 6p2
5.1 Zinn
I. Verbindungen und Vorkommen: SnO2 (Zinnstein)
Löseverhalten: Bei Raumtemperatur ist Zinn gegenüber Wasser beständig. Es löst sich jedoch
in Säuren und in Basen:
Sn + 2HCl → SnCl2 + H2
Zinnverbindungen:
1. Zinn(II)-Verbindungen:
→Zinnchlorid: Darstellung: lösen von Sn-Spänen in HCl
Sn + 2HCl → SnCl2 + H2
bei 40,5Grad leicht in Wasser löslich
Eigenschaften: Reduktionsvermögen beruht auf Neigung des Sn(II) in Sn(IV) überzugehen
Sn(II) → Sn(IV) E0 = +0,154
durch Luftsauerstoff wird SnCl2 in SnCl4 oxidiert: SnCl2 + ½ O2 + 2 HCl→ SnCl4 + H2O
SnCl4 + Sn → 2 SnCl2
III. Darstellung: Zinn kann durch Reduktion von Zinnstein mit Kohle gewonnen werden.
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5.2 Blei
I. Verbindungen und Vorkommen: Pb (Bleiglanz)
II. chemische und physikalische Eigenschaften: Blei ist ein bläulich graues, weiches und gut
dehnbares Schwermetall. Es kristallisiert in einer typischen Metallstruktur aus und zwar in der
kubisch dichtesten Packung.
Löseverhalten: Aufgrund der Passivierung löst sich Blei nicht in H2SO4, HCl und HF. Es löst
sich jedoch in heißen Laugen und HNO3. Es löst sich außerdem in CO2 haltigen gewässern:
Außerdem lässt sich Blei auch in Gegenwart von Luftsauerstoff in Wasser lösen:
Pb + ½ O2 + H2O → Pb(OH)2
Die stabilere OOxidationsstufe des Pb ist II. Die IV-Oxidationsstufe wird nur selten erreicht
und bildet Verbindungen mit oxidierenden Eigenschaften
III. Darstellung: Blei wird vorallem aus Bleiglanz (PbS) per Röstreduktionsverfahren
gewonnen.
PbS + 1 ½ O2 → PbO + SO2 (Röstarbeit)
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6. Kupfer, Silber und Gold
Elektronenkonfiguration: (n-1)d10 ns1
Oxidationsstufe: +1 (+2, +3) selten: +4, +5
stabilste Oxidationsstufe: für Cu: +2; für Ag: +1; für Au: +3
Gruppeneigenschaften:
Da die d10-Konfiguration die Kernladung nicht so wirksam abschirmt wie die
Edelgaskonfiguration, sind die 1. Ionisierungsenergien wesentlich höher als bei den
Alkalimetallen. Dies und die hohe Sublimierungsenergie führen zum edlen charakter der
Gruppe. Dabei nimmt dieser von Cu nach Au zu.
Zusammen mit Halogeniden bilden die Edelmetalle „kovalentere“ Bindungen als
Alkalimetalle und sind somit schwerer löslich. In der Natur lassen sich alle Metalle in
elementarer Form finden.
Die Metalle der Kupfergruppe kristallisieren in einer kubisch-flächenzentrierter Struktur aus.
6.1 Kupfer
I. Verbindungen und Vorkommen: elementar und in Form von Oxiden Cu2O
II. chemische und physikalische Eigenschaften: Kupfer ist ein hellrotes, dehnbares Metall mit
der höchsten Wärmeleitfähigkeit und der besten elektrischen Leitfähigkeit.
Löseverhalten von Kupfer: Kupfer lässt sich in Salpetersäure und in konz. Schwefelsäure
lösen.
Beständigkeit von Kupfer (I)-Verbindungen (d10): Cu+ ist isoelektronisch zu Ni und ist
diamagnetisch. Kupfer(I)-salze sind nur im Ionenverband beständig. In Lösung
Disproportionieren sie zu Cu2+ und Cu. Dies liegt an der höheren Hydratationsenergie von
Cu2+-Ionen.
Kupferiodid: ZnS-Struktur; Darstellung: Versetzten einer CuSO4-Lösung mit KI. CuI2 ist
unbeständig und zerfällt in CuI und ½ I2; von Bedeutung für die quant. Bestimmung von Cu
CuCN: Darstellung: CuSO4 + KCN → Bildung von Dicyan, NS von CuCN (Cu2+ + 2CN- →
Cu(CN)2 + ½ (CN)2; Auflösen con CuCN in CN--haltiger Lösung: CuCN + CN- →
[Cu(CN)2]- + CN-→[Cu(CN)3]2- + CN- → [Cu(CN)4]3-; die Cyanid-Komplexe des Cu sind so
beständi, dass beim Einleiten von H2S kein CuS ausfällt.
III. Darstellung: Ausgangsmaterial zur Herstellung von Rohkupfer ist Kupferkies (CuFeS2).
Die Eisenverunreinigungen werden durch Rösten in Eisenoxid überführt und durch Zugabe
von SiO2 zu Eisensilikat verschlackt.
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FeS + 3/2 O2 + SiO2 → FeSiO3 + SO2
Die Schlacke wird abgetrennt und es bleibt Kupfersufid (Cu2S) übrig, welches zunächst
geröstet wird und anschließen mit Kupfersulfid zu elementarem Kupfer reduziert wird:
Reinigung des Rohkupfer: Die Reinigung des Rohkupfers erfolgt in einer schwefelsauren
CuSO4-Lösung mit einer Rohkupferanode und einer Reinstkupferkathode. An der Anode geht
Cu in Lösung und scheidet sich an der Kathode als reines Kupfer ab:
Unedle Metalle wie Zink gehen an der Anode ebenso in Lösung, scheiden sich aufgrund ihres
negativeren Standardpotentials nicht an der Kathode ab.
6.2 Silber
I. Verbindungen und Vorkommen: vor allem elementar
Löseverhalten: Silber lässt sich nur in oxidierenden Säuren wie Salpetersäure oder
konzentrierter Schwefelsäure lösen.
III. Darstellung: Die Gewinnung von Silber und Gold erfolgt aus ihren Erzen durch
Cyanidlaugerei. Dabei werden die Metalle in elementarer Form oder aus Verbindungen in
Cyanidlösung als Cyanokomplex herausgelöst.
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Aus der so erhalten Cyanidlauge lässt sich das Element durch Zugabe von Zink ausfällen:
2 [Ag(CN)2]- + Zn → [Zn(CN)4]- + 2 Ag
Um Silber in reiner Form zu erhalten wird das Rohsilber analog zum Kupfer per Elektrolyse
abgeschieden.
6.3 Gold
I. Verbindungen und Vorkommen: meist elementar
Löseverhalten: Gold lässt sich nur in starken Oxidationsmitteln lösen wie Chlorwasser oder
Königswasser. Außerdem lässt es sich durch Komplexbildung mit KCN in Lösung bringen.
AuCl: Darstellung: erhitzen von AuCl3 bei 150 Grad Celsius, in H2O unlöslich, Bildet
polymere Zick-Zack-Ketten aus, Durch erwärmen kann man die Elemente zurück erhalten.
In Wasser Disprportionierung in Au und AuCl3
AuCl3: Darstellung: durch Überleiten von Cl2 über fein gepulvertes Gold bei 180 Grad;
AuCl3: rote Nadeln; bildet Dimere (Au2Cl6). löslich in H2O (verhält sich wie Säuren); bei
Zugabe von AgNO3 → Ag[AuCl3(OH)] schwerlöslich
III. Darstellung:
Gold wird analog zum Silber über die Cyanidlaugerei gewonnen.
Wie auch Kupfer und Silber erfolgt die Reinigung des Roheisens über Elektrolyse.
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7. Zink, Cadmium und Quecksilber
Elektronenkonfiguration: (n-1)d10 ns2
Oxidationsstufe: +2 für Quecksilber: +1
7.1 Zink:
I. Verbindungen und Vorkommen:
Zink kommt nicht elementar in der Natur vor, wichtige Verbindugen sind: ZnS (Zinkblende:
kubisch/ Wurzit: hexagonal), ZnCO3 (Zinkspat)
In sauren Lösungen kann sich diese Schicht nicht ausbilden, sodass sich Zink in Säuren Lösen
lässt:
Zn(OH)2 + 2 H+ → Zn2+ + 2 H2O
Aufgrund der Ausbildung der Hydroxidschicht und deren amphoteres Verhalten lässt sich also
Zink sowohl in Säuren als auch in Laugen unter H2-Bildung lösen.
III. Darstellung:
Die Zinkdarstellung erfolgt thermisch oder elektrolytisch, wobei die Erze zuerst durch Rösten
in ZnO überführt werden.
beim thermischen Verfahren wird ZnO durch Kohle bei 1100-1300°C reduziert:
ZnO + C → Zn + CO ∆H0= +238kJ/mol
141
7.2 Cadmium
I. Verbindungen und Vorkommen:
Löseverhalten: Da Cadmium basischeren Charakter als Zink besitzt löst es sich nur in Säuren.
Dabei stellt man fest das es sich nichtoxidierenden Säuren schwerer lösen lässt als in
oxidierenden.
III. Darstellung:
Cadmium tritt extrem häufig zusammen mit Zink auf. Es fällt deshalb als Nebenprodukt bei
der Zinkdarstellung an. Da Cadmium leichter zu reduzieren ist und bei niedrigeren
Temperaturen verdampft wird es beim trockene Verfahren direkt aus dem Ofen. Das
Cadmium wird per Kondensation aus dem Dampf gewonnen.
Beim nassen Verfahren fällt Cadmium bei der Ausfällung mit Zinkstaub an (Zn + Cd2+ →
Zn2+ + Cd). Anschließend oxidiert des so gewonnen Cadmiumschwamm (Cd + ½ O2 → CdO)
und löst ihn in verdünnter H2SO4 (CdO + H2SO4 → CdSO4 + H2O). Durch Elektrolyse an
einer Bleianode und einer Aluminiumkathode wird das Element gewonnen.
7.3 Quecksilber
I. Verbindungen und Vorkommen:
Zur Erzeugung von Hg(I) bräuchte man daher ein Oxidationsmittel mit einem Potential
zwischen +0,79V und 0,85V liegt. Da jedoch die gebräuchlichen Oxidationsmittel alle
größere Potential hat dürften keine Hg(I)-Verbindungen entstehen. Bei einem Überschuss an
Hg wird jedoch das Hg2+ vom Hg reduziert und es entsteht das dimere Hg22+. Damit ist auch
klar das Stoffe die die Konzentration von Hg2+ herabsetzten zu einer Disprotortionierung des
Hg22+ führen. Es gibt daher nur wenige Hg22+-Verbindungen. Typische Reaktionen die zur
Disproportionierung führen sind:
142
Eine der bedeutendsten Hg(I)-Verbindungen ist das Hg2Cl2 (oder auch Kalomel). Dieses lässt
sich durch die Reaktion von HgCl2 mit SnCl2 herstellen:
2 HgCl2 + SnCl2 → Hg2Cl2 + SnCl4
Die Anwesenheit von Hg2Cl2 lässt sich durch Zugabe von NH3 zeigen:
Hg2Cl2-Dampf ist diamagnetisch und lässt sich so von HgCl unterscheiden. Hg2Cl2 ist schwer
löslich in Wasser.
III. Darstellung
Quecksilber wird durch Rösten von Zinnober gewonnen:
HgS + O2 → Hg + SO2
Das Quecksilber entweicht gasförmig und wird kondensiert. Eine Feinreinigung kann durch
Waschen mit verdünnter Salpetersäure und anschließender Vakuumdestillation erfolgen.
143
8. Arsen, Antimon und Bismut
Elektronenkonfiguration: s2 p3
Oxidationszahlen: +3, +5
Darstellung:
Arsen: Die technische Darstellung von Arsen erfolgt durch Erhitzen von Arsenkies unter
Luftausschluss bei 700-800°C:
Antimon: Gesteine mit hohen Antimon Gehalt werden mit Eisen in einem Tiegel umgesetzt:
Bismut: Bismut wird aus oxidischen Erzen gewonnen. Dabei wird das Bismutoxid mit Kohle
reduziert:
Arsen: Die thermodynamisch beständige Form des Arsens ist das graue bzw. metallische
Arsen. Es kristallisiert in rhomboedrischen Kristallen, ist spröde und leitet den elektrischen
Strom. Ab einer Temperatur von 616 Grad Celsius sublimiert Arsen. Der Dampf enthält As4-
Moleküle, welches durch abschrecken in das metastabile gelbe Arsen überführt werden kann
(besteht aus As4-Molekülen). Ab 20 Grad wird es wieder in das stabile graue Arsen
umgewandelt. Kondensiert man den As4-Dampf so entsteht amorphes As.
Antimon: Graues Antimon zeigt analoge Eigenschaften zum Arsen. Verdampft man Antimon
und kondensiert man den Dampf anschließend so erhält man schwarzes Antimon, welches in
einer rhombischen Schichtstruktur auskristallisiert.
Arsenverbindungen
As2O3: Entsteht bei der Verbrennung von Arsen an der Luft oder beim rösten von
arsenhaltigen Erzen:
144
2 As + 1 ½ O2 → As2O3 ∆H0= -657kJ/mol
2 FeAsS + 5 O2 → 2 SO2 + Fe2O3 + As2O3
Es gibt zwei Modifikationen des As2O3. Als stabileres kubisches Arsenolith (in Form von
As4O6), welches sich ab 180Grad in monoklines As2O3 umwandelt.
In dest. Wasser löst sich As2O3 nur mäßig und bildet die Arsenige Säure (H3AsO3).
Säure-Basen-Verhalten von As2O3, As(OH)3: As2O3 stellt das Anhydris der Arsenigen Säure
dar H3AsO3 = As(OH)3
H3AsO3: in freiem Zustand nicht bekannt
As2O3 + 3H2= → 2 H3AsO3
H3AsO3: pKS = 9,23 für H3AsO3 → H2AsO3- + H+
pKB = 14 für As(OH)3 → As(OH)2 + OH-
Arsensäure: Arsensäure (H3AsO4) erhält man durch das oxidieren von As oder As2O3 mit
konz. HNO3. Sie stellt eine dreibasige mittelstarke Säure dar.
Antimonverbindungen:
Sb2O3: Anhydrid der Antimonigen Säure (H3SbO3/Sb(OH)3)
Darstellung von Sb2O3 (2Sb + 1 ½ O2 → Sb2O3); oder durch Hydrolyse von SbCl3 in
siedender Sodalösung:
2SbCl3 + 3H2O → Sb2O3 + 6HCl
6HCl + 3Na2CO3 → 6NaCl + 3 CO2 + 3H2O
zwei Modifikationen kubische und orthorhombische Form bei 606Grad Umwandlungspunkt
wässrige Bi(III)Lösungen:
[Bi(OH2)6]3+ → [Bi(OH2)5OH]2+ …bis [Bi(OH2)2(OH)4]- bei pH größer 11
145
Kristallstrukturen
AB-Strukturen:
Cäsiumchlorid-Typ (CsCl)
Radienquotient 0,732-1
(rM+/rX-)
Koordinationszahl 8
Kation
Koordinationszahl 8
Anion
Beispiele CsCl, CsBr, CsI,
TlCl, NH4Cl
Natrium-Typ (NaCl)
Radienquotient 0,414-0,732
(rM+/rX-)
Koordinationszahl 6
Kation
Koordinationszahl 6
Anion
Beispiele Halogenide von Li+,
Na+, K+, Rb+, Ba2+,
Ni2+; AgF, AgCl,
AgBr, NH4I Natriumchlorid-Typ (KZ = 6): Jedes Na+-Ion
ist von 6 Cl--Ionen umgeben, die ein
Oktaeder ergeben. Genauso ist jedes Cl--Ion
von 6 Na+-Ionen umgeben.
Zinkblende-Typ (ZnS)
Radienquotient 0,225-0,414
(rM+/rX-)
Koordinationszahl 4
Kation
Koordinationszahl 4
Anion
Beispiele BeS, ZnS, CdS,
CuCl, CuBr, CuI,
AgI
Zinkblende-Typ (KZ = 4): Die Zn-Atome
sind von 4 S-Atomen und die S-Atome von 4
Zn-Atomen in Form eines Tetraeders
umgeben.
146
AB2-Strukturen:
Fluorit-Typ (CaF2)
Radienquotient 0,732-1
(rM+/rX-)
Koordinationszahl 8
Kation
Koordinationszahl 4
Anion
Beispiele CaF2, SrF2, BaF2,
CdF2, SrCl2, BaCl2,
ThO2,
Fluorit-Typ (KZ = 8 : 4): Die Ca2+- Ionen
sind würfelförmig von 8 F--Ionen umgeben,
die F–-Ionen sind von 4 Ca2+-Ionen
tetraedrisch koordiniert. Der Antifluorit-Typ
ist der gegengesetzte Fall (Kationen und
Anionen sind „vertauscht“)
Rutil-Typ (TiO2)
Radienquotient 0,414-0,732
(rM+/rX-)
Koordinationszahl 6
Kation
Koordinationszahl 3
Anion
Beispiele TiO2, SnO2, MnO2,
MgF2, NiF2, FeF2,
ZnF2
Rutil-Typ (KZ = 6 : 3): Jedes Ti4+-Ion ist von
6 O2—Ionen in Form eines verzerrten
Oktaeders umgeben, jedes O2—-Ion von 3
Ti4+-Ionen in Form eines nahezu
gleichseitigen Dreiecks.
β-Cristobalit-Typ
Radienquotient 0,225-0,414
(rM+/rX-)
Koordinationszahl 4
Kation
Koordinationszahl 2
Anion
Beispiele CsCl, CsBr, CsI,
TlCl, NH4Cl
Cristobali-Typ (KZ = 4 : 2): Die Si-Atome
sind tetraedrisch von 4 Sauerstoffatomen
umgeben, die Sauerstoffatome sind von 2 Si-
Atomen linear koordiniert.
147
β-Tridymit-Typ folgt
Radienquotient
(rM+/rX-)
Koordinationszahl
Kation
Koordinationszahl
Anion
Beispiele
A2B2- Struktur
Korund-Typ
148
1. Titan
Elektronenkonfiguration: [Ar]3d24s2
Oxidationsstufen: (+2, +3); meist +4
1.1 Vorkommen: Titan ist ein Element welches weit verbreitet vorkommt. Es tritt zwar
jeweils nur in geringen Mengen auf ist aber aufgrund seines ähnlichen Ionenradius zu Al3+
und Fe3+ in vielen Mineralien enthalten, z.B. Rutil (TiO2), Titanit (CaTiO[SiO4]) und
Perowskit (CaTiO3).
technisch wird Titan durch Reduktion von Titantetrachlorid mit Magnesium oder Natrium
dargestellt:
TiO2 + 2 Cl2 + 2 C → TiCl4 + 2 CO ∆H0= -80Kj/mol
Um hochreines Titan zu gewinnen wendet man ein von van Arkel und de BOER entwickeltes
Verfahren (Transportverfahren) an. Dabei wird das Rohtitan zunächst in einem evakuierten
Gefäß zusammen mit wenig Iod auf 500°C erhitzt. Dabei entsteht Titantetraiodid welches bei
den vorliegenden Temperaturen verdampft. An einem 1200°C heißen Wolframdraht wird das
entstandene TiI4 thermisch zersetzt wobei sich das Titan in Form eines Stabes um den Draht
abscheidet. Dabei wird Iod frei welches wiederum mit dem Rohitan zu TiI4 reagieren kann.
Die Ultrareinigung von Titan kann durch Elektromigration erfolgen. Dabei wird der
entstandene Titanstab im Hochvakuum (kleiner 10-8mbar) zwischen zwei massiven
Kupferelektroden auf eine Temperatur gebracht welche etwa 50°C unter dem Schmelzpunkt
liegt. Die elektropositiveren Verunreinigungen wandern zur Kathode und die
elektronegativeren zur Anode. Das Mittelstück erhält eine Reinheit von mehr als 99,99%.
149
2. Chrom
Elektronenkonfiguration: [Ar]3d54s1
Oxidationsstufen: stabilste +3,
2.1 technische Darstellung: Die technische Darstellung auf chemischen Wege aus Chrom-
(III)-oxid (Cr2O3) erfolgen oder auf elektrochemische Wege aus Cr(III)- und Chrom(VI)-
Salzlösungen erfolgen.
elektrochemischer Weg: Dazu wird Ferrochrom in Schwefelsäure gelöst. Dabei bildet sich
Cr3+ und Fe2+. Das Eisen wird durch Zugabe von Ammoniumsulfat als (NH4)2Fe(SO4)2·6H2O
ausgefällt. Anschließend wird Chromalaun (NH4Cr(SO4)2·12H2O) ausgefällt und wieder
gelöst. Das Chrom wird aus der Lösung gewonnen.
150
In Lösungen mit pH-Werten größer 6 liegt das gelbe tetraedrisch gebaute Chromat-Ion CrO42-
vor. Im pH-Wertbereich 2-6 liegt es allerdings im Gleichgewicht mit dem orangeroten
Dichromat Cr2O72- und HCrO4-. Unterhalb pH = 1 überwiegt die Chromsäure H2CrO4.
H2CrO4 + H2O HCrO4- + H3O+ K = 4,1
- 2- +
HCrO4 + H2O CrO4 + H3O K = 10-5,9
Cr2O72- + H2O 2HCrO4- K = 10-2,2
Bei Zugabe von Ba2+, Ag+ oder Pb2+-Ionen fallen die entsprechenden schwerlöslichen
Chromate aus. Aus stark sauren Lösungen lassen sich Alkalimetallionen der Form Cr3O102-
und Cr4O132- auskristallisieren, welches analog zum Dichromat über Tetraederecken
(Sauerstoff) verbunden sind. Die Dichromsäure H2Cr2O7 ist ebenso wie die Chromsäure nur
in wässrigen Lösungen bekannt ist jedoch stärker sauer als die Chromsäure
Chrom(VI)-oxid CrO3:
CrO3 ist das Endprodukt der Kondensation von Chromatlösungen. Es entsteht als roter
Niederschlag aus einer Dichromattlösung bei Zugabe von Schwefelsäure. CrO3 ist ein saures
Oxid mit vorwiegend kovalenten Bindungen. Es bildet polymere wobei die Cr-O-Abstände
die Länge einer Einfachbindung aufweisen und die endständigen O Atome die Bindungslänge
einer Doppelbindung zeigen:
O O O
Cr O Cr O Cr O
O O O
Oberhalb des Schmelzpunkts gibt CrO3 Sauerstoff ab zerfällt:
Cr8O21 → Cr2O5 → Cr5O12 → CrO2 → Cr2O3
CrO3 ist ein starkes Oxidationsmittel welches mit organischen Stoffen explosiv reagiert. Es ist
kanzerogen.
Peroxochromat
Versetzt man eine saure Dichromatlösung mit H2O2 so bildet sich vorrübergehend das
tiefblaue Chromm(VI)-peroxid.
HCrO4- + H2O2 + H3O+ → CrO(O2)2 + 3H2O
151
Dieses zersetzt sich leicht unter Bildung von Cr3+:
2HCrO4- + 3 H2O2 + 8H3O+ → 2 Cr3+ + 3 O2 + 16 H2O.
Durch Ausschütteln mit Ether kann CrO5 stabilisiert werden. Beim Einwirken von H2O2 (im
neutralen bis alkalischen) aus NH4+, K+- oder Tl+-Dichromat bildet sich explosives
Peroxochromat-Ion [CrO(O2)2OH]-.
152
3. Mangan
Elektronenkonfiguration: [Ar]3d54s2
Oxidationsstufen: wichtigsten +2, +3, +4, +7
3.1 Darstellung: Mangan wird als Ferromangan (mit 30-80%Mangan) , Silicomangan (30-
80% Mangan) und als Manganmetall technisch erzeugt. Reines Mangan wird über die
Reduktion der Oxide mit Kohle erzeugt. Die beste Möglichkeit ist der elektrochemische Weg,
wobei Mangansulfat-Lösung elektrolysiert wird.
Weiterhin lässt sich Mangan über die silicothermische oder aluminothermische Weise
darstellen:
3 MnO + 2 Al → 3Mn + Al2O3
2 MnO + Si → 2Mn + SiO2
Das schon oben erwähnte Silicomangan beziehungsweise Ferromangan wird durch Reduktion
des Metalloxid-Gemischs durch Koks im Hochofen gewonnen.
Mangan(II)-Komplexe:
Die meisten Manganverbindungen stellen high-spin Komplexe dar mit 5 ungepaarten
Elektronen. Es gibt keine Kristallfeldstabilisierung, woraus gefolgert werden kann, dass es
eine vielfälltige Komplexgeometrie gibt.
tetraedrischer Bau: [MnX4]2-: X= Cl, Br, I
[MnX2L2] (L= NR3, PR3, AsR3; oktaedrisch bzw. tetraedrischer Bau)
[Mn(H2O)6]: oktaedrischer Bau
[Mn(EDTA)(H2O)]2+: überkappt-trigonal-prismatischer Bau
[Mn(NO3)4]2-: dodecaedrischer Bau
153
Durch Eintragen von MnO2 und Natriumoxid in eine Natriumnitrid Schmelze wird MnO2 zu
blauem Hypomanganat MnO43- oxidiert:
2 MnO2 + 3 Na2O + O → 2Na3MnO4
Außerdem kann es durch Reduktion von Manganat(VI) oder (VII) mit Na2SO3 in Natronlauge
gewonnen werden. Das entstehende Hypemanganat ist paramagnetisch
Man erhält Kaliummanganat (grün). Das tiefgrüne Manganat(VI) ist ebenso wie Manganat(V)
paramagnetisch.
3.3 Darstellung einiger wichtiger manganhaltiger Verbindungen:
→ Kaliumpermanganat:
Zunächst wird Kaliummanganat aus Braunstein gewonnen:
MnO2 + ½ O2 + 2 KOH → K2MnO4 +H2O
Dieses wird per Elektrolyse in 15% KOH-Lösung an einer Nickelanode zu KMnO4
umgesetzt. An der Kathode wird Wasser in Wasserstoff und Hydroxid-Ionen zersetzt, wobei
das entstehende KOH wieder zum Aufschluss von Braunstein eingesetzt wird.
154
4. Eisen
Elektronenkonfiguration: [Ar]3d64s2
Oxidationszahlen: +6, +3, +2, 0, -2
4.1 Darstellung:
→ im Labor:
Im Labor kann man Eisen durch ein aluminothermisches Verfahren aus Dieisentrioxid
gewinnen: Fe2O3 + 2Al → Al2O3 + 2Fe
→ technische Darstellung:
Roheisen wird durch Reduktion von oxidischen Eisenerzen mit Koks gewonnen. Dabei
bezeichnet man Eisen mit einem Kohlenstoffgehalt von über 1,7% als Roheisen und Stahl ist
Eisen mit einem Kohlenstoffgehalt unter 1,7%. Im Jahre 2000 betrug die Weltproduktion von
Eisen 567.000.000 Tonnen (wobei 98% über den Hochofenprozeß gewonnen wurden).
Ein Hochofen wird von oben abwechselnd mit einer Schicht aus Koks und einer Schicht aus
Eisenerz beschickt. Je nach Zusammensetzung der Erze werden Beimengungen zugegeben
um die Verunreinigungen zu verschlacken. Von unten wird 1000-1300°C heiße Luft in den
Ofen eingeblasen. An der Einblasstelle verbrennt der Koks zunächst zu Kohlenstoffdioxid
dabei werden Temperaturen von bis zu 2300°C erreicht. Bei diesen Temperaturen reagiert der
Kohlenstoffdioxid sofort mit dem Koks gemäß des Bouduard-Gleichgewicht.
Verbrennen des Koks: C + O2 → CO2 ∆H0=-394 kJ/mol
Bouduard-Gleichgewicht: CO2 + C 2CO ∆H0= +173kJ/mol
Das Gas kühlt sich dadurch ab, sodass die Temperatur im unteren Teil des Hochofens nur
noch bei 1600°C liegt. Die oxidischen Eisenerze werden vom entstehenden CO nun
stufenweise reduziert. Im unteren Teil des Ofens liegt das Eisenerz schon zum großen Teil als
Wüstit vor FeO.
Das entstandene CO2 wandelt sich in der darüber liegenden Koksschicht wieder (gemäß des
Bouduardgleichgewichts) in CO um. Dieser Vorgang wird als direkte Reduktion bezeichnet.
In den darüber liegenden Schichten ist (bei 900-1000°C) die Temperatur nicht mehr
ausreichend groß um das Bouduardgleichgewicht zu bedienen, sodass hier nur noch eine
Reduktion der Eisenerze unter Bildung von CO2 erfolgt:
3 Fe2O3 + CO → 2Fe3O4 + CO2 ∆H0= -47 kJ/mol
Fe3O4 + CO → 3FeO + CO2 ∆H0= +37kJ/mol
Ganz oben im Hochofen erfolgt keine weitere Reduktion. Das entweichende Gas besteht aus
55% Stichstoff, 30% Kohlenstoffmonoxid und 15% Kohlenstoffdioxid.
Im flüssigen Eisen lassen sich maximal 4,3% Kohlenstoff lösen, sodass der Schmelzpunkt auf
1150°C abgesenkt wird (statt 1539°C).
155
Das flüssige Eisen wird unten aus dem Hochofen genommen und wird durch die leichtere
Schlacke vor Oxidation geschützt.
Welches Verfahren zur Aufbereitung des Roheisen gewählt wird hängt vom späteren
Einsatzgebiet des Metalls ab.
Reines Eisen mit einem Kohlenstoffgehalt unter 0,4% erhält man nach dem
Windfrischverfahren.
156
Winfrischverfahren:
In einem Tiegel wird das Roheisen bei 1300°C geschmolzen und anschließend durch hunderte
Bodenlöcher oder mit einem verstellbaren Rohr mit Sauerstoff oder Luft (7-10bar) versetzt.
Dabei werden die Verunreinigungen (C, P, Si, Mn, S) oxidiert, wobei man die Oxidschlacke
und reines flüssiges Eisen erhält. Das Verfahren beruht darauf, dass die Verunreinigungen vor
dem Eisen oxidiert werden.
Je nach Verunreinigung müssen spezielle Tiegel verwendet werden. Bei phosphorhaltigen
Roheisen ein basischer Tiegel (Calcium- oder Magnesiumoxid) und das Roheisen muss mit
einem Kalkzuschlag versetzt werden, um zu verhindern, dass der Phosphor durch das Eisen
zurückreduziert wird (es bildet sich Calciumphosphat).
Roheisen ohne Phosphor kann in sauren Tiegeln (Quarz-Ton-Material) verblasen werden.
Der Konvertor wird direkt mit dem flüssigen Eisen befüllt. Der Tiegel wird etwa zu 1/7
befüllt. Durch die Verbrennung der Verunreinigungen entsteht Wärme welche die Abkühlung
durch das Einblasen des Sauersstoffs entsteht mehr als kompensiert.
Reaktionen:
Si + O2 → SiO2
P + 1 ¼ O2 → ½ P2O5
C + O2 → CO2
Mn + ½ O2 → Mn
Fe + ¾ O2 →1/2 Fe2O3
S + O2 → SO2
Der Vorgang ist nach einer viertel Stunde abgeschlossen. Danach wird die Schlacke
abgegossen und dem reinen Eisen wird kohlenstoffhaltiges Ferromangan zur Rückkohlung
zugefügt. Dabei dient das Mangan zur Desoxidationsmittel für das entstandene FeO (macht
den Stahl brüchig):
FeO + Mn → MnO + Fe
Die entstandene Schlacke (Thomas-Schlacke) kann direkt auf den Markt als Düngemittel
gebracht werden. Sie enthält eine Reihe von Phosphatsilikaten (Ca5(PO4)2[SiO4])
Herdfrischverfahren
Ein weiteres Verfahren zur Herstellung von Stahl ist das Herdfrischverfahren (Siemens-
Martin-Verfahren). Bei diesem Verfahren wird der Kohlenstoff langsam oxidiert, so dass man
bei dem gewünschten Kohlenstoffgehalt den Vorgang beenden kann.
Dabei wird sauerstoffhaltiges Flammengas über das 1500°C heiße Roheisen geleitet, wobei
man oxidische Eisenerze oder Schrott zugibt. Dieser wird zu elementarem Eisen reduziert.
Man verwendet für den Vorgang einen basischen Trog. Hinzu wird immer Kalk gegeben um
Phosphorverunreinigungen abzuscheiden.
157
Eigenschaften des Eisens: An trockener Luft, sowie in kohlendioxidfreien Wasser und in
Laugen verändert sich kompaktes Eisen nicht (Passivierung).
Anfeuchter, kohlendioxidhaltiger Luft oder in lufthaltigem Wasser entsteht das Eisen(III)-
oxid-hydrat (FeO(OH)=Fe2O3·H2O). Diese Oxidschicht ist porös und passiviert das
darunterliegende Eisen nicht (es beginnt zu Rosten).
In nicht oxidierenden Säuren wie HCl oder verdünnter H2SO4 löst es sich gemäß seines
Standardreduktionspotentials unter Wasserstoffentwicklung.
Fe + 2HCl → FeCl2 + H2
Beim Erhitzen vereinigt es sich leicht mit Chlor und anderen Nichtmetallen (S, O, P, C, Si,
B).
→ Oxidiert man Eisen mit Sauerstoff unter vermindertem Partialdruck oder mit Wasserdampf
oberhalb von 560°C so erhält man ebenfalls FeO:
Fe + ½ O2 → FeO
FeO ist nur oberhalb von 560°C stabil. Unterhalb disproportioniert es zu Fe und Fe3O4:
4 FeO → Fe + Fe3O4
Trieisentetraoxid entsteht bei der Oxidation von Eisen mit Wasserdampf unterhalb von
560°C:
3Fe + 4H2O → Fe3O4 + 2H2
In der Natur findet man die Verbindung als Magneteisenstein (Magnetit). Man kann es aus α-
Fe2O3 herstellen indem man Fe2O3 kräftig glüht.
Trieisentetraoxid zeichnet sich durch seine große Beständigkeit gegenüber von Säuren, Basen
und Chlor aus.
1
− O 2 ; Vakuum;200°C
6 300°C
3/2 Fe3O4 ← γ − F2 O 3 →α − Fe 2 O 3
158
Die Löslichkeit in Säuren sowie die Härte von α-Fe2O3 hängt von der Vorbehandlung des
Fe2O3 ab. So löst sich schwach geglühtes Eisen schon bei Raumtemperatur in verdünnten
Säure, wohingegen sich stark geglühtes Eisen erst in heißen konzentrierten Säuren löst.
FeO (Natriumchloridstruktur): O kubisch dichteste Packung mit vollständig besetzten
Oktaederlücken.
γ-Fe2O3: Erstetzt man in einem FeO-Gitter die Fe(II)-Ionen durch ladungsäquivalente Fe3+-
Ionen und verteilt jeweils 21 1/3 Fe3+-Ionen auf alle in Spinellen besetzten 8 tetraeder Lücken
und einem Teil der 16 Oktaederlücken, so erhält man die Struktur des γ-Fe2O3.
Die Struktur des α-Fe2O3 leitet sich von der Korund-Struktur ab (hexagonal dichteste
Kugelpackung von O2- mit Verteilung der Fe3+-Ionen auf 2/3 der Oktaederlücken.
H 4+
O
(H2O)4 Fe Fe (OH2)4
O
-H2O
H
[Fe(OH2)6]3+ H+ + [Fe(OH2)5OH]2+
4+
O
(OH2)5 Fe Fe (OH )
2 5
Aquokomplex (gelblich braun)
pH 2-3
Fe O Fe O Fe
O
Fe
Eisen(III)-Hydroxid ist deutlich weniger sauer als Al(III)-Hydroxid und kann sich daher nicht
in konz. Laugen lösen.
Das Ion [Fe(OH2)6]3+ (pKs = 3,05) ist nur bei pH-Werten < 0 stabil; bei pH = 0-2 geht es in
das gelbbraune (Fe(OH)(H2O5)]2+ über
159
Eisenkomplexe:
Cyanoferrate:
Unter den komplexen Verbindungen des Eisens gehören die Cyanokomplexe zu den
beständigsten. Sie besitzen die allgemeine Formel M4[FeII(CN)6] oder M3[FeIII(CN)6]. Beide
entstehen in cyanidhaltigen Lösungen:
Fe2+ + 6CN- → [Fe(CN)6]4-
Fe3+ + 6CN- → [Fe(CN)6]3-
Die Struktur des FeFe(CN)6-Gruppierung leitet sich von einem einfachen Ionengitter ab. Die
Ecken sind dabei mit Fe-Ionen besetzt und die Kanten mit CN- -Ionen, sodass jedes Fe-Ion
von 6 CN-Ionen oktaedrisch umgeben sind. Jedes CN-Ion ist somit digonal von 2 Fe Ionen
umgeben. Dabei ist das Kohlenstoffende des CN- -Ion an das Fe2+ und das Stickstoffende
gegen das Fe3+-Ion gerichtet.
Thiocyanate:
Gibt man Fe3+-Ionen in eine Thiocyanid-haltige Lösung so erhält man intensiv rotes
Fe(SCN)3:
Eine solche Lösung lässt sich durch Zugabe von Fluiorid-Ionen Entfärben, wobei sich [FeF6]3-
bidet.
160
5. Cobalt und Nickel
Elektronenkonfigurationen:
Co: [Ar]3d74s2
Ni: [Ar]3d84s2
Oxidationsstufen:
Co: +3, +2, 0, -1
Ni: +3, +2, 0
Nickel
technische Darstellung:
Nickel wird aus sulfidischen Erzen gewonnen (kanadischer Magnetkies). Die Bestandteile
des Erzgemischs sind NiS, Cu2S, FeS und Fe2O3. Durch Schmelzen mit Koks und
kieselsäurehaltigen Zuschlägen verschlackt man zunächst Eisenoxid nach der Reduktion zu
FeO zu Eisensilicat. Anschließend wird im Konverter FeS durch Einblasen von Luft und
Zugabe von SiO2 verschlackt. Der zurückbleibende Feinstein besteht aus 80% Nickel und
Kupfer und 20% Schwefel.
Durch Röstreduktion kann aus dem Feinstein das Monelmetall gewonnen werde (eine
Legierung aus 70% Nickel und 30% Kupfer).
Reines Nickel lässt sich nach dem Mond-Verfahren gewinnen (Carbonylverfahren). Dazu
wird zunächst feinverteiltes Nickel durch Röstreduktion von Feinstein gewonnen mit
anschließendem Reduktionsschritt des NiO zu Nickel mit Hilfe von H2 (Bei 700-800°C).
Das feinverteilte Nickel wird anschließend bei niedrigen Temperaturen mit CO zu
Carbonylnickel umgesetzt. Dieses lässt sich bei höheren Temperaturen zersetzten.
Nickel kann ebenso über Elektrolyse von Monelmetall sowie Feinstein erfolgen:
Ni3S2 → 3 Ni2+ + ¼ S8 + 6e-
Ni(II)-Komplexe:
Besonders häufig sind paramagnetische Ni(II)-Komplexe. Diese sind oktaedrisch aufgebaute
high-spin-Komplexe (2 ungepaarte Elektronen). Die Koordinationszahl des Nickels beträgt 6.
Es existieren aber auch quadratisch pyramidale; bei mehrzähnigen Liganden auch trigonal-
bipyramidale Ni(II)-highspin-Komplexe (2 ungepaarte Elektronen). Nur mit seehr starken
Donatoren bildet Ni auch low-spin-Komplexe indenen die KZ ausschließlich 5 (quardratisch-
pyramidal; trigonal-bipyramidal) sowie 4 (quardratisch planar) beträgt, aber nicht 6.
Cobalt
technische Darstellung:
Zunächst wird ein Nickel-Cobalt-Kupfer-Erz durch reduzierendes Schmelzen in Rohstein
überführt. Die Legierung aus Fe, Co, Ni und Cu wird mit verd. Schwefelsäure versetzt um
Eisen, Cobalt und Nickel heraus zulösen. Nach Ausfällung des Eisens wird Cobalt durch
Oxidation mit Hypochlorit als Cobalt(III)-oxid-Hydrat gefällt.
2Co2+ + OCl- + 4OH- + (n-2)H2O → Co2O3·nH2O + Cl-
Das Oxid wird zu Co3O4 calciniert und anschließend mit Kohle oder aluminothermisch zu
Cobalt reduziert.
161
CoF3, da die Oxidationskraft des Cobalt(III) so groß ist, dass es die anderen Halogenide zu
den Elementen oxidiert.
Komplexe des Ni(II), Co(II) und Co(III):
Cobalt(III) :
Co3+ bildet meist oktaedrische low-spin Komplexe (kein ungepaartes Elektronenpaar), da nur
so eine hohe Liggandenfeldstabilisierungsenergie erreicht wird. High-spin Komplexe
entstehen nur mit sehr schwachen Liganden wie Fluorid; [CoF6]3-; [CoF3(H2O)6].
Cobalt(II):
Es existieren nur wenige Co(II)-Komplexe welche substitutionsstabiler sind: Sie besitzen eine
Vielzahl von möglichen Geometriestrukturen und Edelgaskonfigurationen. Besonders häufig
sind oktaaedrische high-spin-Komplexe (drei ungepaarte Elektronen)Nur mit den Stärksten
Donatoren und mit mehrzähnigen Liganden entstehen auch low-spin_Komplexe (ein
ungepaartes Elektron), diese sind jedoch verzerrt oktaedrisch, quadratisch-pyramidal oder
quardratisch planar.
Weniger polarisierbare Liganden wie Fluor, Sauerstoff oder Stickstoff bilden mit Co2+
oktaedrische Komplexe, polarisierbare Liganden wie Br, I oder Cl bilden einen tetraedrischen
Komplex. Demnach ist der Ligandenaustausch von rosanem [Co(H2O)6]2+ zu [CoCl4]2- mit
dem verändern des Geometrie verbunden.
162
Magnetismus
1) Diamagnetismus
Diamagnetisch sind alle Stoffe, deren Atome, Ionen oder Moleküle abgeschlossene Schalen
oder Unterschalen haben. Sie besitzen daher kein resultierendes magnetisches Moment, da
sich die Spinmomente und die Bahnmomente der Elektronen kompensieren.
In einem magnetischen Feld wird ein diamagnetischer Stoff aus dem Magnetfeld gedrückt.
2) Paramagnetismus
Atome, Ionen oder Moleküle, in denen ungepaarte Elektronen vorhanden sind, besitzen ein
permanentes magnetisches Moment und werden als paramagnetisch bezeichnet. Da die
Ausrichtung der magnetischen Momente statistisch verteilt sind ergibt sich für den Stoff ohne
äußeres Magnetfeld kein resultierendes Magnetfeld in der Substanz. Im magnetischen Feld
richten sich die Momente in Feldrichtung aus und es ergibt sich ein dem äußeren Feld
gleichgerichtetes magnetisches Feld.
Dem Paramagnetismus wirkt die Braun’sche Molekularbewegung entgegen. Ein
paramagnetischer Stoff wird in ein magnetisches Feld gezogen.
3) Ferromagnetismus
Unterhalb einer bestimmten Temperatur (Curie Temperatur TC) innerhalb eines kleinen
Bereichs, der so genannten Domäne (Weissscher Bereich) kann eine Kopplung der Spins
benachbarter Atome auftreten. Die Suszeptibilität ist um 107 bis 1010 mal größer als der
Paramagnetismus und kann sogar makroskopisch nachgewiesen werden.
4) Antiferromagnetismus
Unterhalb der Néel-Temperatur erfolgt eine spontane antiparallele Kopplung gleich großer
Momente in einem Weissschen Bereich. Das heißt Schichten mit parallel ausgerichteten
Dipolen aber mit jeweils entgegen gesetzten Richtungen kompensieren sich.
Ein Beispiel hierfür ist das Nickeloxid (NiO).
Die magnetische Struktur solcher Substanzen kann mit Hilfe von Neutronenbeugung
bestimmt werden.
163
5) Ferrimagnetismus
Innerhalb eines Weissschen Bereichs erfolgt unterhalb einer bestimmten Temperatur eine
antiparallele Kopplung verschieden großer Spinmomente. Man kann hier von einem „Kleinen
Ferromagnetismus“ sprechen.
Diese Form des Magnetismus tritt zum Beispiel bei Spinellen auf (z.B.: Fe3O4) (außer bei
Co3O4). Dabei heben sich die magnetischen Momente Fe3+ oktaeder Plätze und der Fe3+
teraeder Plätze auf und das resultierende magnetische Moment wird durch die Fe2+
verursacht.
Man kann also beim Ferrimagnetismus von einem nicht ganz kompensierten
Antiferromagnetismus sprechen.
164
1. Die Ligandenfeldtheorie
Die Ligandenfeldtheorie berücksichtigt die Wechselwirkungen von Liganden eines
Komplexes mit den d-Elektronen des Zentralatoms. Sie ist eine reine Vorstellung die nur auf
elektrostatische Anziehungs- und Abstoßungseffekte basiert. Sie ist aber trotzdem in der Lage
eine Reihe von Eigenschaften von Komplexen, wie magnetisches Verhalten,
Absorptionsspektren, bevorzugtes Auftreten bestimmter Oxidationszahlen und
Koordinationen bei einigen Übergangsmetallen vorauszusagen.
165
Betrachtet man sich nun einen Übergangsmetall-Komplex mit 6 oktaedrisch angeordneten
Liganden, so erhöht sich die Energie der d-Orbitale. Jedoch sind die 5 d-Orbitale aufgrund
von unterschieden bei der elektrostatischen Abstoßung nicht alle gleichwertig. Die Liganden
nähern sich bei den dz² -und dx²-y²-Orbitalen stärker an, so dass diese energetisch ungünstiger
werden und die Elektronen sich bevorzugt in den Orbitalen aufhalten werden, welche nicht
direkt auf die Raumachsen deuten (dxy-, dxz- und dyz-Orbitale). Im oktaedrischen Ligandenfeld
sind die Orbitale nicht mehr energetisch gleichwertig, es gibt daher eine Aufspaltung 2
Gruppen. Das höhere Energieniveau der dz²- und dx²-y² wird als eg-Orbitale bezeichnet. Die
energetisch günstigeren dxy-, dxz- und dyz-Orbitale werden als t2g-Orbitale bezeichnet. Die
Energiedifferenz beträgt 10Dq. Bezogen auf die mittlere Energie der d-Orbitale ist t2g um 4Dq
erniedrigt und eg um 6 Dq erhöht.
166
Nach der Hundschen-Regel werden energiegleiche Orbitale erst einfach besetzt. Demnach
gibt es für 1,2,3,8,9 und 10 d-Elektronen nur eine eindeutige Anordnung der Elektronen in
den Orbitalen. Bei 4,5,6 und 7 d-Elektronen gibt es jeweils die highspin- und die lowspin-
Variante. Welche Variante in einem Komplex vorliegt ist abhängig von der Aufspaltung der
Energieniveaus. Ist die Aufspaltung der Energieniveaus sehr groß, so bildet sich ein low-spin
Komplex umgekehrt bildet sich ein highspin Komplex (der Grund dafür ist das sowohl für die
Besetzung der energetisch höher liegenden Orbitale als auch für die doppelt Besetzung eines
Orbitals Energie aufgewendet werden muss).
Die Aufspaltung ist dabei abhängig vom jeweiligen Liganden und der Ladung des
Zentralatoms.
Bei schwachen Liganden ist das Ligandenfeld gering und es entsteht ein high-spin-Komplex.
So bildet Fe3+ mit 6 F- und 6 H2O highspin-Komplexe.
I- < Cl- < F- < OH- < H2O < NH3 < en < CN- ≈ CO
Cyanid-Ionen erzeugen ein starkes Ligandenfeld, welches für eine große Aufspaltung der d-
Niveaus sorgt. Daher bildet CN- low-spin-Komplexe. Ein weiterer Faktor der die Aufspaltung
der d-Niveaus beeinflusst ist die Ladung des Metallions. Bei höherer Ladung ist die
Aufspaltung größer, es bildet sich also eher ein low-spin-Komplex.
167
1.2 Tetradrische Komplexe
Auch im tetraedrischen Feld erfolgt eine Aufspaltung der d-Orbitale. Der Grund dafür ist,
dass im tetraedrischen Ligandenfeld sich die Liganden stärker an die dxy, dxz- und dyz-Orbitale
annähern und somit diese Orbitale energetisch ungünstiger werden.
Bei tetraedrischen Komplexen beträgt die Aufspaltung allerdings nur 4/9 der 10Dq aus dem
Oktaederfeld. Aus diesem Grund sind für tetraedrische Komplexe nur highspin-Komplexe
bekannt.
Farbigkeit:
Betrachtet man einen Komplex (bezüglich seiner Farbigkeit) so sieht man die komplimentäre
der Farbe die zu erwarten wäre wenn das Atom durch Energieabgabe Licht emittiert.
168
Carbonyle
Die Übergangsmetalle sind in der Lage mit ungeladenen Molekülen Komplexe zu bilden.
Einer der bekanntesten Liganden ist das CO. Es ist in der Lage aufgrund von unbesetzten
Orbitale π-Rückbindungen mit dem Metallkation einzugehen. Dabei ist das CO ein π-
Akzeptorligand.
Um eine π-Rückbindung ausbilden zu können werden im Liganden verschiebbare
Mehrfachbindungen gebraucht. Dadurch ist der Ligand in der Lage die Elektronendichte am
Zentralatom, durch Aufnahme von π-Elektronen, zu verringern.
Da CO eine große Ligandenfeldaufspaltung bewirkt, sind alle Carbonyle low-spin Komplexe.
Die meisten Carbonyle besitzen Strukturen welche sich aus der 18 Elektronenregel ableiten
lassen. Eine Ausnahme stellt V(CO)6 dar. Es besitzt lediglich 17 Elektronen.
Nur Übergangsmetalle mit gerader Anzahl an Valenzelektronen können die 18-
Elektronenregel befolgen. Alle anderen sind instabil. Man kann jedoch durch herstellen von
zweikernigen Carbonyle die 18-Elektronenregel erfüllen.
O
CO C CO
CO Co Co CO
CO C CO
O
Abb.: Dicobalt(0)-octacarbonyl
169
1. Bor
1.1 Vorkommen:
Wegen seiner Reaktionsfähigkeit kommt Bor nicht elementar vor. Natürliche
Borverbindungen sind die Borate Die wichtigsten Mineralien sind:
- Kernit Na2B4O7 · 4H2O
- Borax Na2B4O7 · 10H2O
- Borocalcit CaB4O7 · 4 H2O
- Colemanit Ca2B6O11 · 5H2O
1.2 Darstellung:
Kristallines hochreines Bor lässt sich durch Reduktion aus seinen Halogeniden mit
Wasserstoff bei 1000-1400°C gewinnen:
2 BCl3 + 3 H2 → 2 B + 6 HCl ∆H = + 262kJ/mol
Außerdem lässt es sich durch thermische Zersetzung von BI3 an Wolframdrähten gewinnen.
Welche Modifikation des Bors vorliegt hängt von der Reaktionstemperatur ab.
Amorphes Bor lässt sich durch Reduktion von B2O3 mit Natrium oder Magnesium gewinnen:
B2O3 + 3 Mg → 2B + 3MgO ∆H = -533kJ/mol
Technisch wird Bor heutzutage meist per Schmelzflusselektrolyse aus einem Gemisch von
KBF4, KCl und B2O3 bei 800°C hergestellt.
Bor wird benötigt als Desoxidationsmittel und zum vergüten von Stahl (Erhöhung der
Härtbarkeit).
α-rhomboedrisches Bor besitzt die einfachste Struktur. Die B12-Ikosaeder sind in einer
annähernd kubisch-dichtesten-Packung angeordnet. 6 B-Atome besitzen die
Koordinationszahl 7. Sie sind über eine Dreizentrenbindung an zwei B-Atome zweier
Nachbar-Ikosaeder innerhalb einer Schicht gebunden. Die anderen 6B-Atome haben die
Koordinationszahl 6. Sie sind durch zweizentren-Bindungen an je drei Ikosaeder der darüber
und darunter liegenden Ikosaederschicht gebunden.
170
Abb.: B12-Ikosaeder
Abb.: a) Die Struktureinheit sind B12-Iokosaeder. Sie haben die Anordnung einer kubisch-dichten Packung.
b) 6 B-Atome eines Ikosaeder sind durch eine geschlossene 3 Zentren-BBB-Bindung gebunden
α-tetragonales Bor enthält B12-Ikosaeder und einzelne Boratome. Die B12-Ikosaeder sind in
einer kexagonal-dichten Packung angeordnet. ¼ der vorhandenen Teetraederlücken sind mit
B-Atomen besetzt. Die einzelnen B-Atome sind tetraedrisch koordiniert, sie verbinden 4
Ikosaeder. Die B-Atome der Ikosaeder besitzen die KZ von 6. Jedes Ikosaeder ist mit 10
weitern Ikosaedern durch B-B-Einfachbindungen verbunden. Die Verbindung zum 11. und
12. Ikosaeder erfolgt über das EINFACHE Boratom.
171
Außerdem gibt es noch eine β-tetragonale Modifikation mit 190 Boratomen pro
Elementarzelle.
Bormodifikationen sind sehr hart und halbleitend. Die thermodynamisch stabile ist das β-
rhomboedrische Bor. Es ist mit einer Mohs-Härt von 9,3 nach dem Diamanten das zweit
härteste Element.
II. Mehrzentrenbindungen
In Verbindungen, in denen keine freien Elektronenpaare für die Ausbildung von π-Bindungen
zur Verfügung stehen, kann das Bor durch Ausbildung von Mehrzentrenbindungen stabilisiert
werden.
Am Beispiel des BH3 lässt sich zeigen, dass BH3 als Monomer nicht beständig ist, es reagiert
sofort mit einem weiteren BH-Molekül zum Diboran (B2H6). Mehrzentrenbindungen treten
auch bei anderen Boranen, den Modifaktionen und den Metallboriden auf.
172
III. Anlagerung von Donormolekülen
Die Elektronenlücke des Bors kann durch Elektronenpaare eines Donormoleküls geschlossen
werden. Dabei erfolgt beim B-Atom eine Änderung der Hybridisierung von sp² zu sp³.
Beispiele: BF4-, BH4-, BF3OR2
Mit stärker werdender π-Bindung nimmt die Akzeptorstärke ab: BH3 > BBr3 > BCl3 > BF3.
Die Bindungslängen im BF4- entsprechen Einfachbindungen. Im Gegensatz zu den BX3-
Verbindungen ist BX4- hydrolyseunempfindlich.
Aufgrund der Eigenschaft Mehrzentrenbindungen ausbilden zu können, kann Bor neben den
Koordinationszahlen 3 und 4 auch noch Koordinationszahlen zwischen 5 und 9 erreichen.
Diese Eigenschaft besitzt kein anderes Element. Bor bildet äußerst selten Doppelbindungen
aus, Einfachbindungen des Bors (B-B) treten bei den Halogeniden auf.
Bortrifluorid BF3 ist einfarbloses, stechend riechendes Gas. Es entsteht durch Erhitzen von
B2O3 und CaF2 mit konzentrierter Schwefelsäure:
CaF2 + H2SO4 → CaSO4 + 2HF
B2O3 + 6HF → 2BF3 + 3H2O
Eigenschaften: Bortrifluorid wird als Druckgas oder als Diethylether-Addukt BF3 · OEt2
gehandelt. BF3 wirkt als starke Lewissäure und vereinigt sich mit Donatoren D wie Wasser,
Alkoholen, Ethern und Ammoniak leicht zu Addukten:
D + BF3 D→BF3
Mit Wasser hydrolysiert es gemäß: BF3 + 3 H2O → B(OH)3 + 3 HF. Zusammen mit
Flusssäure bildet sich aus Borsäure eine starke Säure, welche nur in wässriger Lösung
bekannt ist: B(OH)3 + 4HF → HBF4 + 3H2O
Bortrichlorid BCl3 ist einfarbloses an der Luft rauchendes Gas, welches mit Wasser zu
B(OH)3 hydrolysiert. Bortrichlorid wird durch die reduktive Chlorierung von B2O3 gewonnen:
B2O3 + 3C + 3Cl2 → 2BCl3 + 3 CO (bei 550°C)
Diboran B2H6 entsteht durch Hydridolyse bei der Umsetzung von BCl3 mit etherischer
LiAlH4-Lösung sowie beim Eintropfen von BF3·OEt2 in eine Lösung von NaBH4 in Diglym:
4BCl3 + 3LiAlH4 → 2(BH3)2 + 3LiAlCl4
4BF3 + 3NaBH4 → 2(BH3)2 + 3NaBF4
technisch wird Diboran durch die Hydridolyse von Bortrifluorid mit Natriumhydrid
gewonnen:
2BF3 + 6 NaH → (BH3)2 + 6NaF
Im Labor gewinnt man es durch Protolyse von Boranaten mit nichtoxidierenden Säuren:
2BH4- + 2H+ → (BH3)2 + H2
2BH4- + I2 → (BH3)2 + 2I- + H2
173
Bindungsverhältnisse:
Beständigkeit: Bei Normalbedingungen ist Diboran bis zu einer Temperatur von 50°C
metastabil und zersetzt sich oberhalb im wesentlichen zu: H2, B4H10, B5H9, B5H11, B10H14,
sowie höhermolekularen, festen, gelben Boranen.
Gasförmiges Diboran bildet bei höheren Drücken B4H10, welches sich in Anwesenheit von
B2H6 zu B5H11 umwandelt.
174
Durch Einwirken von starken Lewisbasen entstehen Addukte des Borans:
B2H6 + 2D → 2D-BH3 D = CO, NH3, PH3, PF3 etc.
Enthält Diboran Spuren von höheren Boranen, so ist es schon bei Raumtemperatur
selbstentzündlich.
Bornitrit: Die technische Darstellung des Bornitrits erfolt in einer Ca3(PO4)2-Matrix durch
umsetzen von B2O3 mit NH3 bei 800-1200°C:
B2O3 + 2NH3 → 2BN + 3H2O
reines Bornitrit: B2O3 + 3C + N2 → 2BN + 3CO (bei 1800-1900°C)
Im Labor kann BN durch Schmelzen von Borax (Na2B4O7) mit Ammoniumchlorid dargestellt
werden.
175
2. Kohlenstoff
2.1 Vorkommen:
Kohlenstoff kommt in der Natur elementar als Diamant und als Graphit vor. Außerdem lässt
es sich in Form von Carbonaten in großen Mengen finden.
Der Diamant
Im Diamanten sind alle Kohlenstoffatome tetraedrisch von 4 weiteren Kohlenstoffatomen
umgeben (Kohlenstoff ist in diesem Falls sp3 hybridisiert). Aufgrund der hohen C-C-
Bindungsenergie (348kJ/mol) ist der Diamant sehr hart und chemisch inert. Da alle
Elektronen der sp3-Hybridorbitale lokalisiert sind, ist der Diamant farblos und elektrisch nicht
leitend.
Der Diamant ist metastabil und wandelt sich bei Temperaturen über 1500°C in Graphit um. In
Gegenwart von Luftsauerstoff verbrennt er bei 800°C zu CO2.
Graphit kristallisiert in einer Schichtstruktur. Die C-Atome sind dabei anders als im
Diamanten sp2 hybridisiert und bilden mit ihren Nachbarn σ-Bindungen aus. Das vierte
Elektron befindet sich in einem zur Ebene senkrechtstehenden p-Orbital. Diese p-Orbitale
sind in der Lage delokalisierte (p-p)-π-Bindungen auszubilden, welche sich über die gesamte
Ebene erstrecken. Daher beträgt der Abstand der C-C-Atome nur noch 142pm statt 154pm im
Diamanten. Die gut beweglichen π-Elektronen sind für den metallischen Glanz, die schwarze
Färbung sowie der guten elektrischen Leitfähigkeit (innerhalb einer Schicht) des Graphit
verantwortlich. Zwischen den Schichten ist die Leitfähigkeit sehr viel geringer und die
einzelnen Schichten werden lediglich durch van der Waals-Kräfte zusammengehalten
(Abstand der Schichte 355pm). Dies erklärt die leichte Verschiebbarkeit der einzelnen
Schichten. Man setzt Graphit daher als Schmiermittel und als Elektrodenmaterial. Graphit ist
chemisch reaktionsfähiger als Diamant und verbrennt schon an Luft bei 700°C zu CO2.
176
Bei hohen Drücken ist der Diamant thermodynamisch stabiler als Graphit.
Kohlenwasserstoffe:
Kohlenwasserstoffe bilden zahlreiche kettenförmige und ringförmige Verbindungen, wobei
die Alkane die einfachsten Vertreter sind. Sie bilden kettenförmige Verbindungen der
allgemeinen Form CnH2n+2. Die Alkane bilden eine homologe Reihe. Der einfachste Vertreter
ist das Methan (CH4), darauf folgt das Ethan (C2H6) und das Propan (C2H8). Ab dem Butan
gibt es eine Reihe von Strukturisomeren. In allen Alkanen ist das zentrale Kohlenstoffatom
tetraedrisch verbunden mit je zwei Wasserstoffatomen und zwei Kohlenstoffatome. Alle
Kohlenstoffatome sind in Alkanen sp³ hybridisiert. Kohlenwasserstoffe welche eine C-C-
Doppelbindungen aufweisen werden als Alkene bezeichnet. Die Kohlenstoffatome die an
einer Doppelbindung beteiligt sind, sind sp² hybridisiert und bilden eine trigonal planare
Geometrie. Die Verbindungen dreifach gebundener Kohlenstoffatome werden als Alkine
bezeichnet. Hierbei sind die Kohlenstoffatome sp hybridisiert und bilden eine lineare
Geometrie.
2.3.1 Calciumcarbid
Calciumcarbid CaC2 ist von großtechnischer Bedeutung es wird durch die Umsetzung von
Calciumoxid mit Koks im elektrischen Ofen erzeugt:
CaO + 3C → CaC2 + CO ∆H= + 465kJ/mol
Calciumcarbid kristallisiert in einer verzerrten Natriumchloridstruktur. Der größte Teil des
Calciumcarbids wird zu Herstellung von Acetylen verwendet:
CaC2 + H2O → CaO + C2H2
2.3.2 Calciumcyanid
177
Verbindungen sind die Atome durch eine σ-Bindung und durch 2 π-Bindungen. CO entsteht
bei der unvollständigen Verbrennung von Kohlenstoff:
C + ½ O2 → CO ∆H = -111kJ/mol
Technisch wird CO fällt es bei der Wassergasreaktion an und ist Bestandteil des Leuchtgases.
Im Labor kann man es durch Eintropfen von Ameisensäure in warme konz. H2SO4 darstellen:
H 2SO 4
HCOOH → H2O + CO
An der Luft verbrennt CO mit einer charakteristisch blauen Flamme zu CO2. CO wird häufig
als Reduktionsmittel verwendet (beispielsweise bei der Eisendarstellung). Zusammen mit
Übergangsmetallen bildet CO sehr stabile Carbonylkomplexe.
Die Komplexbildung mit Übergangsmetallen ist auch der Grund für die giftige Eigenschaft
des CO. Es komplexiert das Eisen des Hämoglobins und verhindert somit die O2-Aufnahme.
Bedeutend ist CO für die Darstellung von Methanol und Ethanol von Bedeutung. Dabei
reagiert CO zusammen mit H2 und es entstehen Alkanole oder gesättigte und ungesättigte
Kohlenwasserstoffe:
nCO + (2n+1) H2 → CnH2n+2 + nH2O
nCO + 2nH2 → CnH2n + nH2O
Diese Form der Umsetzung wird als Fischer-Tropf-Synthese bezeichnet.
Setzt man Kohlenstoff mit Wasser bei 800-1000°C um, so erhält man das Synthesegas:
H2O + C H2 + CO
Hieran lässt sich das Wassergasgleichgewicht anschließen.
Kohlenstoffdioxid
CO2 ist ein farbloses, geruchloses Gas, das nicht brennt und die Verbrennung nicht unterhält.
Es ist anderthalbmal dichter als Luft und sammelt sich somit am Boden geschlossener Räume.
In Wasser lässt es sich gut lösen (0,9l CO2 in 1l Wasser).
CO2 entsteht beim vollständigen Verbrennen von Kohlenstoff:
C + O2 → CO2 ∆H = -394kJ/mol
Es fällt außerdem beim Kalkbrennen an:
∆T
CaCO3 → CO2 + CaO
CO2 ist sehr beständig und lässt sich erst bei sehr hohen Temperaturen dissoziieren (bei
1200°C zu 0,03%; bei 2600°C zu 52%).
CO2 CO + ½ O2 ∆H = +283kJ/mol
Diese Reaktion wird als Boudouard-Gleichgewicht bezeichnet.
CO2 kann nur schwer durch sehr starke Reduktionsmittel zu CO reduziert werden (zB. durch
H2, C, Na oder Mg).
Auch durch H2 wird CO2 nur bei sehr hohen Temperaturen zu reduzieren. Beim
Wassergasgleichgewicht liegt das Gleichgewicht erst bei Temperaturen von über 1000°C auf
der rechten Seite:
CO2 + H2 CO + H2O ∆H = +41 kJ/mol
Von technischer Bedeutung ist diese Reaktion bei der technischen Erzeugung von
Wasserstoff.
Setzt man CH4 und H2O miteinander um, so erhält man CO und H2:
CH4 + H2O CO + 3H2
Das Gasgemisch wird als Spaltgas bezeichnet.
178
3. Stickstoff
3.1 Vorkommen:
Stickstoff ist mit 78,1% (O2: 20,95%; CO2: 0,03%; Edelgase: 0,935%) Hauptbestandteil der
Luft. Außerdem ist es im Chilesalpeter enthalten NaNO3.
3.2 Darstellung:
Stickstoff wird ebenso wie Sauerstoff durch fraktionierte Destillation von Luft nach dem
Linde-Verfahren gewonnen.
Die angesaugte Luft wird im Verdichter bei 200bar kompromiert und dann im Kühler
vorgekühlt und mittels Drosselventils wieder entspannt und dabei abgekühlt. Mit dieser
abgekühlten Luft wird im Gegenstrom-Wärmetauscher die nachkommende verdichtete Luft
vorgekühlt. Die Temperatur sinkt immer mehr, bis schließlich bei der Entspannung flüssige
Luft entsteht. Bei Druckerniedrigung um 1bar sinkt die Temperatur um etwa ¼ °C.
Die Abkühlung beim Linde-Verfahren beruht auf dem Joule-Thomson-Effekt. Demnach kühlt
sich ein Gas beim wieder Ausdehnen ab. Bei der Ausdehnung muss Arbeit geleistet werden
um die Anziehungskräfte zwischen den Gasteilchen zu überwinden. Die Energie dazu wird
der inneren Energie des Gases entnommen, die kinetische Energie und damit die Temperatur
nehmen ab.
Im Labor kann man Stickstoff aus der Luft gewinnen. Dazu wird der Luftsauerstoff mittels
Kupfer gebunden und man erhält im wesentlichen Stickstoff:
2Cu + O2 + 4N2 → 4N2 + 2CuO
Außerdem lässt sich N2 durch Oxidation aus NH3 gewinnen. Dazu versetzt man NH3-Lösung
mit salpetriger Säure:
NH3 + HNO2 → N2 + 2H2O
179
3.3 wichtige Stickstoffverbindungen
Ammoniak NH3:
Ammoniak ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das sich leicht verflüssigen lässt. NH3
ist pyramidal gebaut, die Bindungswinkel betragen 107°. Flüssiges Ammoniak ist ein gutes
Lösungsmittel für viele Salze. es bildet außerdem im flüssigen Zustand Wasserstoffbrücken
aus. Wie Wasser findet in flüssigem Ammoniak die Autoprotolyse statt:
2NH3 NH4+ + NH2-
Alkalimetalle und Erdalkalimetalle lassen sich in flüssigem NH3 unter Bildung von
solvatisierten Elektronen lösen:
Me + NH3 Me+am. + e-am.
Diese Lösungen sind sehr gute elektrische Leiter. Sie sind blau gefärbt und paramagnetisch.
Solvatisierte Elektronen sind sehr starke Reduktionsmittel. Sie reduzieren viele
Schwermetallkationen zum elementaren Zustand und die meisten Nichtmetalle zu Anionen.
Die Lösungen sind metastabil und zersetzen sich beim Erwärmen oder bei Zusatz von
Katalysatoren:
NH3 lässt sich gut in Wasser lösen und stellt wegen seines freien Elektronenpaars eine
Lewisbase dar. Wässrige NH3-Lösungen reagieren schwach basisch:
NH3 + H2O NH4+ + OH- pKB= 4,75
Das Gleichgewicht liegt weit auf der linken Seite. Zusammen mit OH--Ionen reagieren
Ammoniumsalze zu NH3 und Wasser:
NH4Cl + OH- → NH3 + H2O + Cl-
Mit Protonendonatoren reagiert NH3 quantitativ zu den entsprechenden Ammoniumsalzen:
NH3 + HCl → NH4Cl
Großtechnisch wird Ammoniak mit dem Haber-Bosch-Verfahren aus den Elementen erzeugt:
3/2 H2 + ½ N2 NH3 ∆H=-46kJ/mol
Aus Amiden der Erdalkalimetalle erhält man bei weiterem Erhitzen Imide:
Ca(NH2) → CaNH + NH3
Hydrazin N2H4:
N2H4 ist eine farblose Flüssigkeit, die an der Luft raucht. Im N2H4-Molekül ist eine N-N-
Einfachbindung vorhanden, die Bindungswinkel entsprechen etwa einer sp³-Hybridisierung.
Die NH2-Gruppen sind um die N-N-Achse des Moleküls um ca. 100° verdrillt. Dadurch ist
die Abstoßung der freien Elektronenpaare am geringsten. Im Gleichgewicht besteht N2H4 zu
gleichen Teilen aus zwei spiegelbildlichen Isomeren, die sich mit hoher Frequenz ineinander
umwandeln.
180
Beim Erhitzen zerfällt Hydrazin explosionsartig:
3N2H4 → 4NH3 + N2
In Wasser ist es unbegrenzt löslich und kann gefahrlos gehandhabt werden. Wässrige
Lösungen besitzen reduzierende und basische Eigesnchaften. Cu(II)-Salze werden zu Cu2O,
Ag- und Hg-Salze zu den Metallen reduziert. Dabei entsteht N2.
N2H4 + O2 → N2 + 2H2O ∆H =-623kJ/mol
Es gibt zwei Reihen von Hydraziniumsalzen. N2H5+-Salze sind in Wasser beständig. N2H62+-
Salze wie N2H6Cl2 und N2H6SO4 hydrolysieren, da KB2 sehr klein ist:
N2H62+ + H2O N2H5+ + H3O+
Hydrazin wird durch die Raschig-Synthese erzeugt. Dabei wird NH3 mit NaOCl oxidiert,
wobei als Zwischenprodukt Chloramin NH2Cl auftritt:
NH3 + NaOCl → NaOH + NH2Cl
NH2Cl + NH3 + NaOH → N2H4 + NaCl + H2O
Da schon Spuren von Schwermetallen die Konkurrenzreaktion katalysieren wird EDTA zur
Komplexierung zugesetzt:
2NH2Cl + N2H4 → 2NH4Cl + N2
Heutzutage wird Hydrazin über den Bayer-Prozeß gewonnen. Dabei wird NH3 in
Anwesenheit von Aceton mit Natriumhypochlorid zu Hydrazin oxidiert:
2 NH3 + NaOCl + CH3COCH3 → (CH3)2C=N-N=C(CH3)2 + NaCl + 3H2O
(CH3)2C=N-N=C(CH3)2 + 2H2O → CH3COCH3 + N2H4
Derrivate des Hydrazins sind als Polymerisationsinitiatoren, als Herbizide und Pharmaka von
Bedeutung.
Stickstoffwasserstoffsäure HN3
Wasserfreies HN3 ist eine farblose explosive Flüssigkeit:
2 HN3 + H2O → 3N2 + H2 ∆H = -538kJ/mol
Wässrige Lösungen bis zu einem Massenanteil von 20% HN3 sind gefahrlos zu handhaben,
sie reagieren schwach sauer.
HN3 + H2O H3O+ + N3- pKs= 4,9
Die Salze der Stickstoffwasserstoffsäure heißen Azide. Das N3--Ion ist ein
Pseudohalogenidion. Schwermetallazide wie AgN3 und Pb(N3)2 sind schwerlösliche und
explodieren beim Erwärmen. Pb(N3)2 wird als Initialzünder verwendet. Die Alkalimetall- und
Erdalaklimetallazide lassen sich bei höheren Temperaturen kontrolliert zersetzten.
2NaN3 → 2Na + 3N2 bei 300°C
181
HN3 ist ein starkes Oxidationsmittel. Metalle (Zn, Fe, Mn, Cu) lösen sich unter
Stickstoffentwicklung.
Me + 3HN3 → Me(N3)2 + N2 + NH3
Das Azidion ist linear und symmetrisch gebaut. Im Gegensatz dazu enthält das HN3-Molekül
zwei unterschiedliche N-N-Bindungen.
NaN3 stellt man durch Überleiten von N2O über NaNH2 her.
NaNH2 + N2O → NaN3 + H2O bei 190°C
Distickstoffmonoxid N2O
N2O ist ein farbloses, reaktionsträges Gas. Es ist metastabil zerfällt aber erst bei Temperaturen
oberhalb von 600°C in die Elemente. Es wird als Anästetikum verwendet, unterhält aber die
Atmung nicht. Da es eingeatmet zu Halluzinationen und Lachlust hervorruft wird es als
Lachgas bezeichnet.
N2O wird durch thermische Zersetzung von Ammoniumnitrat gewonnen:
NH4NO3 → N2O + 2 H2O (bei 200°C) ∆H =-124kJ/mol
Oberhalb von 300°C kann explosionsartiger Zerfall von NH4NO3 erfolgen. Das N2O Molekül
ist linear gebaut, isoelektrisch mit CO2, N3- und NO2+ und kann durch die folgende
Grenzstruktur beschrieben werden:
Stickstoffmonoxid NO
NO ist ein farbloses, giftiges Gas, das aus N2 und O2 in endothermer Reaktion entsteht:
½ N2 + ½ O2 NO ∆H = +90kJ/mol
Bei Raumtemperatur liegt das Gleichgewicht vollständig auf der linken Seite.
NO ist ein Zwischenprodukt bei der Salpetersäureherstellung.
4 NH3 + 5O2 → 4 NO + 6H2O (bei 800-950°C; Pt) ∆H = -960kJ/mol
Ein NH3-Luft-Gemisch wird über einen Platinnetz-Katalysator geleitet. Die Kontaktzeit am
Katalysator beträgt nur etwa 1/1000 s. Dadurch wird NO sofort aus der heißen Reaktionszone
entfernt und auf Temperaturen abgeschreckt, bei denen das metastabile NO nicht mehr in die
Elemente zerfällt.
Im Labor wird NO durch Reduktion von Salpetersäure mit Kupfer hergestellt:
8 H3O+ + 2 NO3- + 3 Cu → 3 Cu2+ + 2 NO + 12 H2O
Da NO 11 Valenzelektronen besitzt und daher das π*-Orbital nur einfach besetzt ist, ist das
Molekül paramagnetisch.
Wie auch CO kann NO Komplexe mit Übergangsmetallen bilden. Ein Beispiel dafür ist die
Ringprobe:
NO + [Fe(H2O)6]2+ → [Fe(H2O)5NO]2+ + H2O
Für das Radikal sollte man eine Dimerisierung erwarten. Dies ist allerdings erst im
kondensierten Zustand der Fall.
Mit Sauerstoff reagiert NO spontan zu NO2:
2 NO + O2 2 NO2 ∆H = -114kJ/mol
182
Distickstofftrioxid N2O3
N2O3 entsteht als blaue Flüssigkeit beim Abkühlen einer Mischung aus gleichen Stoffmengen
der beiden Radikalmolekülen NO2 und NO.
NO + NO2 N2O3 ∆H = -40kJ/mol
Bereits oberhalb -10°C zerfällt N2O3 in Umkehrung der Bildungsgleichung, bei 25°C enthält
der Dampf nur noch 10% undissoziiertes N2O3. N2O3 ist das Anhydrid der salpetrigen Säure.
Mit Laugen reagiert N2O3 daher zu Nitriten:
N2O3 + 2 OH- → 2 NO2- + H2O
Das N2O3-Molekül ist planar gebaut und enthält eine schwache N-N-Bindung, es kann als
Nitrosylnitrit beschrieben werden.
Bei 27°C sind 20%, bei 100°C 90% N2O4 dissoziiert. Bei -11°C erhält man farblose Kristalle
von N2O4.
NO2 ist ein Zwischenprodukt bei der Salpetersäureherstellung. Im Labor erhält man es durch
thermische Zersetzung von Schwermetallnitraten im Sauerstoffstrom.
Pb(NO3)2→ PbO + 2 NO2 + 1/2 O2 bei 250-600°C
Oberhalb von 150°C beginnt NO2 sich in NO und O2 zu zersetzen, bei 600°C ist der Zerfall
vollständig.
NO2 → 2NO + O2
NO2 und N2O4 sind starke Oxidationsmittel. NO2 ist das gemischte Anhydrid der
Salpetersäure und der salpetrigen Säure. Mit Lauge reagiert NO2 bzw. N2O4 nach:
N2O4 + 2 OH- → NO3- + NO2- + H2O
NO2 ist gewinkelt und kann mit den folgenden mesomeren Grenzstrukturen beschrieben
werden:
N2O4 besteht in der Gasphase und auch im festen Zustand aus planaren Molekülen mit einer
schwachen N-N-Bindung.
183
Distickstoffpentaoxid N2O5
N2O5 ist das Anhydrid der Salpetersäure und kann aus dieser durch Entwässern mit P4O10
erhalten werden.
2 HNO3 → N2O5 + H2O
N2O5 bildet farblose Kristalle, die bei 32°C sublimieren, mit Wasser zu HNO3 reagieren und
sich bereits bei Raumtemperatur zu NO2 und O2 zersetzen. Festes N2O5 besitzt ionogene
Struktur [NO2+][NO3-] und ist also ein Nitrylnitrat. Im gasförmigen Zustand liegt die folgende
Struktur vor.
Salpetersäure HNO3
HNO3 wird großtechnisch durch Einleiten von N2O4 in Wasser hergestellt, wobei zur
Oxidation noch Sauerstoff erforderlich ist.
N2O4 + H2O + ½ O2 → 2 HNO3 (bei 20-35°C; 3-10bar)
Im einzelnen laufen folgende Reaktionen ab: Aus N2O4 entsteht mit Wasser durch
Disproportionierung Salpetersäure und Salpetrige Säure.
N2O4 + H2O → HNO3 + HNO2
Letztlich wird Salpetersäure durch mehrere großtechnische Reaktionen aus dem Stickstoff der
Luft hergestellt:
Haber − Bosch − Verfahren / + H
N2
2
→ NH3
Ostwald − Verfahren / + O 2 +O2 + O ,H 2O
→ NO → NO2 2 → HNO3
Wasserfreie HNO3 ist eine farblose Flüssigkeit. Beim Sieden erfolgt eine teilweise
Zersetzung, die schon durch Lichteinwirkung bei Raumtemperatur einsetzt.
4 HNO3 → 4NO2 + 2 H2O + O2
HNO3 wird daher in braunen Flaschen aufbewahrt. HNO3 ist ein starkes Oxidationsmittel.
NO + 6 H2O NO3- + 4 H3O+ + 3e- E0= +0,96V
Die konzentrierter Säure löst Kupfer, Quecksilber und Silber, nicht aber Gold und Platin.
3 Cu + 2 NO3- + 8 H3O+ → 3 Cu2+ + 2 NO + 12 H2O
Einige unedle Metalle (Cr, Al, Fe) werden von konz. HNO3 nicht gelöst, da sich auf ihnen
eine dichte Oxidhaut bildet, die das Metall vor weiterer Säureeinwirkung schützt
(Passivierung). Diese Metalle lösen sich nur in verdünnter HNO3.
Die Mischung von konz. HNO3 und konz HCl im Volumenverhältnis von 1:3 heißt
Königswasser. Es löst fast alle Metalle, auch Gold und Platin, da aktives Chlor entsteht und
mit dem Metallionen Chlorokomplexe gebildet werden, die das Redoxpotential beeinflussen.
HNO3 + 3 HCl → NOCl + 2 Cl + 2 H2O
184
Wie beim HNO3-Molekül ist das N-Atom sp² hybridisiert, die völlige Delokalisierung des π-
Elektronenpaares führt zu einer Stabilisierung des NO3--Ions, daher ist das NO3--Ion stabiler
als das HNO3-Molekül.
Nitrate sind in Wasser leicht löslich. Alkalimetallnitrat zersetzen sich beim Erhitzen in Nitrite,
während aus Schwermetallnitraten NO2 und Metalloxide entstehen.
KNO3 → KNO2 + ½ O2
Hg(NO3)2 → HgO + 2 NO2 + ½ O2
fungiert sie gegenüber MnO4-, PbO2 und H2O2, als Oxidationsmittel gegenüber I- und Fe2+.
NO2- + 2 H3O+ + e- NO + 3 H2O E = +0,996V
185
4. Phosphor
4.1 Vorkommen:
Da Phosphor sehr reaktionsfähig ist, kommt er in der Natur nur in Verbindungen vor. Die
wichtigsten Mineralien sind die Phosphate. Häufig ist Apatit Ca5(PO4)3(OH, F, Cl).
4.2 Darstellung:
Phosphor wird aus Calciumphosphat durch Reduktion mit Koks bei 1400°C im
Lichtbogenofen hergestellt, wobei der Phosphor als Dampf entweicht und als weißer
Phosphor gewonnen wird. Quarzsand wird als Schlackenbildner zugesetzt.
Modifikationen
Weißer Phosphor: Weißer Phosphor entsteht bei der Kondensation von Phosphordampf. Er
ist wachsweich, weiß bis gelblich, schmilzt bei 44°C und löst sich in CS2, nicht in H2O. Er ist
sehr reaktionsfähig und sehr giftig. Er verbrennt zu P4O10 in feinverteilter Form entzündet er
sich an der Luft von selbst. Er wird daher unter Wasser aufbewahrt. Im Dunklen leuchtet
weißer Phosphor. Er bildet P4 Tetraeder.
Roter Phosphor: Erhitz man weißen Phosphor unter Luftabschluß auf 180-400°C, so wandelt
er sich in den polymeren, amorphen roten Phosphor um. Iod beschleunigt die Umwandlung
katalytisch. Er besteht aus einem unregelmäßigen, dreidimensionalen Netzwerk, dessen
Ordnungszustand von der Temperatur und Temperzeit abhängig. Roter Phosphor ist ungiftig
und luftstabil und entzündet sich erst oberhalb von 300°C.
Violetter Phosphor (Hittorfscher Phosphor) entsteht beim Erhitzen von rotem Phosphor auf
550°C, er kristallisiert in einer komplizierten Schichtstruktur.
186
4.4 Phosphorverbindungen
Phosphan PH3
Das PH3-Molekül ist pyramidal gebaut. PH3 kann in wässriger Lösung aus
Phosphoniumsalzen gewonnen werden.
PH4+ + H2O → PH3 + H3O+
Phosphan ist ein farbloses, knoblauchartig riechendes , sehr giftiges Gas. Mit
Hydrogenhalogeniden bilden sich Phosphoniumsalze, die in wässriger Lösung hydrolytisch
zersetzt werden.
Phosphortrichlorid PCl3
Die technische Darstellung von PCl3 erfolgt durch direkt Umsetzung von trockenem Chlorgas
mit gasförmigem weißem Phosphor in einem Brenner:
¼ P4 + 1½Cl2 → PCl3
187
Der Phosphor entzündet sich dabei von selbst und verbrennt mit fahler Flamme, während in
die gekühlte Vorlage ein Gemisch von Phosphortrichlorid PCl3 und etwas
Phosphorpentachlorid PCl5 destilliert. Um letzteres zu entfernen, fügt man zum Destillat
etwas weißen Phosphor hinzu und destilliert erneut (6 PCl5 + P4 → 10 PCl3). Die technische
Gewinnung erfolgt auch durch Einleiten von Chlor in eine P4-haltige PCl3-Lösung. Hierbei
wird P4 kontinuierlich zugegeben, gebildetes PCl3 kontinuierlich abdestilliert.
Eigenschaften:
Phosphortrichlorid ist eine farblose, stechend riechende, bei 75°C siedende und bei -93,6°C
erstarrende Flüssigkeit. Von Wasser wird PCl3 sehr leicht unter Bildung von Phosphonsäure
und Salzsäure zersetzt und raucht daher an feuchter Luft stark:
PCl3 + 3 HOH → P(OH)3 + 3 HCl
Phosphorpentachlorid PCl5
Die technische Darstellung von PCl5 erfolgt in mit Blei ausgekleideten Türmen, in welchen
man PCl3 (von oben) und Cl2 (von unten) einander entgegenführt:
PCl3 + Cl2 PCl5
PCl5 sammelt sich am Boden an und wird dort ausgetragen.
Eigenschaften:
PCl5 stellt im reinen Zustand eine weiße, gewöhnlich aber wegen teilweiser Spaltung in PCl3
und Cl2 grünlich weiße Masse dar. Beim Erhitzen unter Normaldruck sublimiert PCl5 bei
159°C, ohne zu schmelzen.
PCl5 ist im gasförmigen Zustand trigonal-bipyramidal gebaut. Im festen Zustand liegt es in
ionischer Form vor [PCl4]+[PCl6]- .
Wegen der leichten Abspaltbarkeit von Chlor wird Phosphorpentachlorid vielfach als
Chlorierungsmittel benutzt. An der Luft zieht Phosphorpentachlorid Wasser an und geht in
Phosphorylchlorid bzw. Phosphorsäure sowie Chlorwassertoff über und raucht daher an
feuchter Luft:
− 2 HCl −3HCl
PCl5 + H2O
→ POCl3 + 3 H2O
→ PO(OH)3
PCl5 stellt eine Lewissäure dar und bidet z.B. mit Chloriddonatoren Chlorokomplexe PCl6-.
Außerdem wirkt PCl5 als Lewisbase und verbindet sich mit vielen lewissauren
Chloridakzeptoren zu Phosphonium-Salzen gemäß:
PCl5 + MCln → [PCl4]+[MCln+1]-
Phosphor(III)-oxid P4O6
P4O6 entsteht bei der Oxidation von Phosphor
mit der stöchiometrischen Menge Sauerstoff
als sublimierbare, wachsartige, giftige Masse:
P4 + 3 O2 → P4O6 ∆H = -
1641kJ/mol
188
Nur mit kaltem Wasser erfolgt Reaktion zu Phosphonsäure, dessen Anhydrid P4O6 ist:
Phosphor(V)-oxid P4O10
P4O10 entsteht bei der Verbrennung von Phosphor in überschüssigem Sauerstoff als weißes,
geruchloses Pulver, das bei 358°C sublimiert.
P4 + 5 O2 → P4O10 ∆H = -2986kJ/mol
Die Struktur leitet sich ebenfalls vom P4-Tetraeder ab. Jedes P-Atom ist tetraedrisch von
Sauerstoff umgeben. Das P-Atom ist sp³ hybridisiert, es bildet vier tetraedrische σ-Bindungen
und eine π-Bindung:
P4O10 ist eine der wirksamsten wasserentziehenden Substanzen und dient als Trockenmittel
und zur Darstellung von Säureanhydriden. An der Luft zerfließt P4O10 zu einem sirupösen
Gemisch von Phosphorsäuren. Im Gegensatz zu N2O5 ist P4O10 kein Oxidationsmittel.
Durch Erhitzen im abgeschlossenen System auf 450°C wandelt sich das aus P4O10-Molekülen
aufgebaute Phosphor(V)-oxid nacheinander in zwei polymere Formen mit einer
Schichtstruktur und einer Raumnetzstruktur um:
H2PHO3
Die Darstellung erfolgt durch Umsetzen von PCl3 mit Wasser:
PCl3 + 3 H2O → H3PO3 + 3 HCl bzw. P2O3 + 3 H2O → 2 H3PO3
Eigenschaften:
Die reine Phosphonsäure bildet farblose, in Wasser sehr leicht lösliche Kristalle vom
Schmelzpunkt 73,8°C. Als zweibasige Säure dissoziiert sie in zwei Stufen und bildet zwei
189
Reihen von Salzen: primäre Phosphonate MH[PHO3] (Hydrogenphosphonate) und sekundäre
Phosphonate M2[PHO3] (Phosphonate). Von diesen sind die Alkaliphosphonate in Wasser
leicht, die anderen schwer löslich. Die primären Phosphonate gehen beim Erwärmen unter
vermindertem Druck in Diphosphonate über: 2 HPHO3- → HO2P-O-P-PO2H2- + H2O
Charakteristisch für die Phosphonsäure ist ihr starkes Reduktionsvermögen, da sie das
Bestreben hat, in die höhere Oxidationsstufe der Phosphorsäure überzugehen:
H3PO3 + H2O H3PO4 + 2 H+ + 2e-
H3PO4
Als Ausgangsmaterial dient Apatit Ca5(PO4)3(F, OH, Cl). Ihre Überführung in Phosphorsäure
erfolgt durch nassen Aufschluss mit Schwefelsäure und durch trockenen Aufschluss mit Koks
und Quarz im elektrischen Ofen auf dem Wege über weißen Phosphor.
Eigenschaften:
Phosphorsäure ist eine dreibasige mittelstarke Säure und bildet dementsprechend drei Reihen
von Salzen: primäre Phosphate (Dihydrogenphophate) MH2PO4, sekundäre Phosphate
(Hydrogenphosphate) M2HPO4 und tertiäre Phosphate (Phosphate) M3PO4. Die Dissoziation
der Säure erfolgt in drei Stufen
H3PO4 H2PO4- + H+ HPO42- + H+ PO43- + H+
Im geschmolzenen Zustand leitet die wasserfreie Phosphorsäure gut den elektrischen Strom,
was auf die Bildung von Phosphatacidium-Ionen (P(OH)4+) hinweist.
2 H3PO4 H4PO4+ + H2PO4-
Anders als die homologe Salpetersäure ist Phosphorsäure kein Oxidationsmittel, da die
Affinität des Phosphors zu Sauerstoff wesentlich größer ist als die des Stickstoffs.
Phosphorsäure ist daher ein gutes Reduktionsmittel.
Die primären Phosphate lassen sich alle gut in Wasser lösen. Bei den sekundären und tertiären
Phosphate lassen sich nur die Alkalisalze gut lösen.
190
5. Sauerstoff
5.1 Vorkommen:
Sauerstoff ist zu ca. 20% in der Luft enthalten und außerdem in einer Reihe von Metalloxiden.
5.2 Darstellung:
Sauerstoff wird großtechnisch durch fraktionierte Destillation von verflüssigter Luft (nach
dem Linde-Verfahren) hergestellt.
Die angesaugte Luft wird im Verdichter bei 200bar komprimiert und dann im Kühler
vorgekühlt und mittels Drosselventils wieder entspannt und dabei abgekühlt. Mit dieser
abgekühlten Luft wird im Gegenstrom-Wärmetauscher die nachkommende verdichtete Luft
vorgekühlt. Die Temperatur sinkt immer mehr, bis schließlich bei der Entspannung flüssige
Luft entsteht. Bei Druckerniedrigung um 1bar sinkt die Temperatur um etwa ¼ °C.
Die Abkühlung beim Linde-Verfahren beruht auf dem Joule-Thomson-Effekt. Demnach kühlt
sich ein Gas beim wieder Ausdehnen ab. Bei der Ausdehnung muss Arbeit geleistet werden
um die Anziehungskräfte zwischen den Gasteilchen zu überwinden. Die Energie dazu wird
der inneren Energie des Gases entnommen, die kinetische Energie und damit die Temperatur
nehmen ab.
Chemisch kann man Sauerstoff durch Erhitzen von BaO an Luft isolieren
500°C
2 BaO + O2 2 BaO2
700°C
Im Labor lässt sich Sauerstoff durch katalytische Zersetzung von H2O2 darstellen:
2 H2O2 → 2 H2O + O2
191
beschreibt das Molekül unzureichend, da Sauerstoff paramagnetisch ist und zwei ungepaarte
Elektronen besitzt. Mit der MO-Theorie ist sowohl die Bindungsordnung als auch der
Paramagnetismus zu verstehen.
O O
Das O2- Molekül ist ziemlich stabil und es dissoziiert erst bei hohen Temperaturen. Bei
3000°C beträgt der Dissoziationsgrad 6%.
O2 → 2 O ∆H = 498kJ/mol
Die Umsetzung mit Sauerstoff erfolgt meist erst bei hohen Temperaturen. Mit vielen Stoffen
erfolgen langsame Oxidationen, z.B. das Rosten und das Anlaufen von Metallen. In reinem
Sauerstoff laufen Oxidationen viel schneller ab. Ein glimmender Holzspan brennt in
Sauerstoff mit heller Flamme, Schwefel verbrennt mit intensiv blauem Licht zu SO2.
S + O2 → SO2
Noch stärker laufen Oxidation in flüssigem Sauerstoff.
Singulettsauerstoff
Mit Triplettsauerstoff bezeichnet man den normalen Sauerstoff, bei dem sich im
antibbindenden π*-MO zwei Elektronen mit parallelem Spin befinden. Der
Singulettsauerstoff ist energetisch angeregter Sauerstoff bei dem die Spinrichtung kurzzeitig
antiparallel sind. Somit ist Singulettsauerstoff nicht mehr paramagnetisch, sondern
diamagnetisch:
Ozon O3
Sauerstoff kommt in einer weiteren Modifikation vor, dem Ozon. Ozon ist ein charakteristisch
riechendes, blassblaues Gas, das sich bei -111°C verflüssigen lässt und bei -193°C in den
festen Zustand über geht. Die kondensierte Phasen sind schwarzblau und diamagnetisch.
Ozon besteht aus gewinkelten O3-Molekülen (Bindungswinkel 117°C), die beiden O-O-
Abstände sind gleich lang (128pm), es ist daher eine delokalisierte π-Bindung vorhanden.
(+)
(+)
O O
O O O O
(-) (-)
192
Ozon ist eine endotherme Verbindung: 3/2 O2 → O3 ∆H = 143kJ/mol
Darstellung
½ O2 O
O + O2 O3
1½ O2 O3
Um die einzelnen O-Atome zu gewinnen muss Energie zugeführt werden. Dies kann in Form
von Wärme, Lichtenergie oder elektrischen Strom erfolgen. Es ist jedoch zweckmäßig die
Gase nicht zu hoch zu temperieren, da somit die Zersetzung des Ozons bevorzugt abläuft.
Man erhält aufgrund der Abbaureaktion O3 + O → 2 O2 auch nach dem Siemensschen
Oszillator nur ein Gemisch mit 10% O3. Durch fraktionierte Destillation lässt sich aber reines
O3 gewinnen.
Beim Einwirken von Fluor auf Wasser entsteht elementarer Sauerstoff, welcher mit O2 zu
Ozon reagieren kann:
F2 + H2O → 2 HF + O
Wasserstoffperoxid
H2O2 ist eine sipuröse, fast farblose Flüssigkeit. In den Handel kommt sie als 30%ige Lösung.
Wasserstoffperoxid besitzt die Strukturformel:
aber es liegt in verdrillter Ketten von 4 Atomen vor. Die O-O-Bindung ist schwach, die
Bindungsenergie ist klein. H2O2 ist daher eine metastabile Verbindung, die sich bei höherer
Temperatur – eventuell auch explosionsartig- zersetzt.
193
Die Zersetzung wird durch Spuren von Schwermetallkationen wie Cu2+ oder Pt und alkalisch
reagierenden Stoffen katalysiert. Stabilisierend wirkt Phosphorsäure. H2O2 ist eine sehr
schwache Säure (Ks= 10-12). Gegenüber vielen Verbindungen wirkt H2O2 sowohl in saurer
als auch in alkalischer Lösung oxidierend.
H2O2 + 2 H3O+ + 2e- 4 H2O E = +1,78V
H2O2 oxidiert SO2 zu SO42-, NO2- zu NO3-, Fe(II) zu Fe(III), Cr(III) zu Chromat. Gegenüber
starken Oxidationsmitteln wirkt es reduzierend.
Dies ist gegenüber MnO4-, Cl2, Ce(IV), PbO2 und O3 der Fall. Die Reaktion
2 MnO4- + 6 H3O+ + 5 H2O2 → 2 Mn2+ + 14 H2O + 5 O2
wird titrimetrisch zur Bestimmung von H2O2 benutzt.
H2O2 bildet ein tiefblaues Chromperoxid CrO5 und ein gelbes Peroxotitanylion [TiO2]2+, die
zum H2O2-Nachweis geeignet sind.
Darstellung:
H2O2 lässt sich durch elektrolytische Oxidation von H2SO4-SO42--Lösung zu Peroxodisulfat
und daraus per Hydrolyse zu H2O2 synthetisieren:
Heute wird es zum größten Teil nach dem Anthrachinon-Verfahren hergestellt. Dabei wird
Anthrachinon zu Anthrahydrochinon hydriert. Durch Oxidation mit Luftsauerstoff entsteht
H2O2 und Anthrachinon, das wieder hydriert werden kann.
194
O22-:
Peroxide enthalten den Sauerstoff mit der Oxidationsstufe -1. Ionische Peroxide enthalten das
Anion O22- und reagieren unter Kühlung in Wasser zu alkalischen H2O2 Lösungen:
Na2O2 + 2 H2O → H2O2 + NaOH
Ohne Kühlung zersetzt sich wegen der Temperaturerhöhung und der katalytischen Wirkung
des OH- das gebildete H2O2 sofort unter O2-Entwicklung.
Na2O2 + H2O → 2 NaOH + ½ O2
O2-:
Hyperoxid entstehen beim Verbrennen von Rb, Cs und K in Sauerstoff. Sie besitzen
Sauerstoffatome mit der formalen Oxidationsstufe -½. Sie kristallisieren in einer
tetragonalverzerrten NaCl-Struktur. Hyperoxide sind paramagnetisch und sind starke
Oxidationsmittel. Mit Wasser reagieren sie heftigst unter Disproportionierung:
2 O2- + 2 H2O → O2 + H2O2 + 2OH-
Dioxygenylverbindungen
Sie enthalten das Kation O2+ mit der Oxidationsstufe +½. Das O2+-Kation ist paramagnetisch.
Die Entferung eines Elektrons aus einem der π*-Orbitale erfordert eine hohe
Ionisierungsenergie.
O2 → O2+ + e- ∆H = 1168kJ/mol
195
196
6. Schwefel
6.1 Vorkommen:
Verbindungen des Schwefels, vor allem die Schwermetallsulfide besitzen größte Bedeutung
als Erzlagerstätten. Einige Mineralien sind: FeS2 (Zinkblende), ZnS, PbS(Bleiglanz)
6.2 Darstellung
Ein kleiner Teil des Weltverbrauchs an Schwefel wird durch elementaren Schwefel gedeckt.
Meist wird Schwefel aus H2S-haltigem Gas nach dem Claus-Prozeß gewonnen. Zuerst wird
dazu in einer Brennerkammer H2S zu SO2 oxidiert:
H2S + 3/2 O2 → SO2 + H2O ∆H = -581kJ/mol
Die Sauerstoffzufuhr muss so geregelt werden, dass sich ein Verhältnis H2S/SO2 = 2 einstellt.
Dieses Gemisch reagiert in hintereinander geschalteten Reaktoren katalytisch zu Schwefel.
2 H2S + SO2 → 3 S + 2 H2O bei 200 bis 300°C
Diese Reaktion findet auch in der Brennerkammer statt, so dass dort bereits 60% des H2S in
Schwefel umgewandelt werden.
Schwefel wird vor allem in großen Mengen zur Herstellung von Schwefelsäure gebraucht.
Der Schwefel besitzt eine ausgeprägte Tendenz, Ringe oder Ketten auszubilden. Dabei ist die
S8-Konfiguration am stabilsten. Die S-Atome sind durch Einfachbindungen verbunden. Bei
Normalbedingungen ist der rhombische α-Schwefel thermodynamisch stabil. Dabei liegen 16
S8-Moleküle in einer Elementarzelle. Die Kristalle sind hellgelb und spröde. Sie lassen sich
nicht in Wasser lösen, aber sehr gut in CS2.
Erhitzt man den α-Scwefel auf 95,6°C, so erfolgt eine reversible Umwandlung in den
monoklinen β-Schwefel, der ebenfalls aus S8-Molekülen besteht. Bei Raumtemperatur
wandelt sich der β-Schwefel langsam wieder in den rhombischen α-Schwefel ab. Der
Dampfdruck des Schwefels ist bei 100°C so groß, dass der Schwefel sublimiert. Der β-
Schwefel schmilzt bei 119,6°C. Die Schmelze besteht aus S8-Ringen (γ-Schwefel), und bei
sofortigem Abkühlen erstarrt sie wieder bei 119,6°C. Nach längerem Stehen erstarrt die
Schmelze bei 114,5°C (natürlicher Schmelzpunkt). Die Schmelzpunkterniedrigung ist auf die
Bildung von etwa 5% an Fremdmolekülen in der Schmelze zurückzuführen (2,8% S7; 0,5%
S6; 1,5% > S8). In der Nähe des Schmelzpunktes ist der Schwefel hellgelb und dünnflüssig.
Mit steigender Temperatur wächst der Anteil an niedermolekularen Schwefelringen Sn (π-
Schwefel; n = 6-26; hauptsächlich 6, 7, 9, 12) sowie hochmolekularen Schwefelketten Sx (µ-
Schwefel; x = 103-106). Bei 159°C nimmt die Viskosität sprunghaft zu, die Schmelze wird
dunkelrot, das Gleichgewicht verschiebt sich drastisch in Richtung µ-Schwefel. Durch
Abschrecken dieser Schmelze erhält man plastischen Schwefel, der hochmolekulare
Schwefelketten enthält. Er ist instabil und wandelt sich nach kurzer Zeit in kristallinen
197
Schwefel um. Bei 187°C erreicht die Viskosität ein Maximum, bei höheren Temperaturen
nimmt die Molekülgröße infolge thermischer Crackung ab und beim Siedepunkt ist die
Schmelze dunkel-rotbraun und wieder dünnflüssig. In der Gasphase existiert ein
temperaturabhängiges Gleichgewicht von Molekülen Sn mit n = 1-8. S-Atome überwiegen
erst bei 2200°C. S8, S7, S6, S5 sind ringförmig gebaut. S4 ist kettenförmig und von roter
Farbe. S3 ist blau und wie O3 gewinkelt gebaut. S2 ist blauviolett, paramagnetisch und enthält
eine Doppelbindung (die Elektronenkonfiguration ist analog der von O2).
Die Reaktion
4 S2 (g) → S8 (g) ∆H = -412kJ/mol
ist exotherm, während die Berechnung für die analoge hypothetische Reaktion von O2-
Molekülen zu einem O8-Molekül eine Reaktionsenthalpie ∆H = +888kJ/mol ergibt.
198
Beispiele:
Cu + S → CuS
H2 + S → H2S
Gegen Wasser und nichtoxidierende Säuren wie HC list S8 inert, von oxidierenden Säuren
und Alkalien wird er angegriffen.
Synthetisch lassen sich Schwefelmodifikationen mit den Ringmolekülen Sn mit n = 6, 7, 9, 10,
11, 12, 13, 15, 18, 20 herstellen. Nach thermischer Stabilität und Reaktionsfähigkeit können 4
Gruppen unterschieden werden.
S8 S12S18S20 S6S9S10S11S13S15 S7
thermische Stabilität ←
Reaktionsfähigkeit →
Gasförmiger Schwefel
Der Dampf über flüssigem Schwefel, der bei 44,6°C 1,013bar erreicht, besteht zu mindestens
90% aus S8, S7 sowie S3 und nur untergeordnet aus den kleinen Molekülen S5, S4, S3 und S2.
Letztere zeichnen sich durch charakteristische Farben aus:
Mit steigender Temperatur bilden sich S2-5 aus S>5 in temperatur- und druckabhängigen
Gleichgewichten in zunehmendem Maße. Bei 700°C und 1mbar besteht der Schwefeldampf
überwiegend aus S2-Molekülen. Oberhalb 1800°C beginnen auch die S2-Moleküle in S-
Atome zu dissoziieren, die dann oberhalb von 2200°C bei Drücken < 10-5mbar dominieren.
6.4 Schwefelverbindungen
Schwefelwasserstoff H2S
H2S kann aus den Elementen dargestellt werden:
H2 + S → H2S (bei 600°C) ∆H = -20kJ/mol
Im Labor stellt man H2S durch folgende Reaktion dar (aus Al2S3 oder aus FeS):
FeS + 2HCl → H2S + FeCl2
H2S ist ein farbloses, sehr giftiges, und unangenehm riechendes Gas. H2S zerfällt bei hoher
Temperatur in die Elemente. Bei 1000°C sind 25% zerfallen. An der Luft verbrennt H2S mit
blauer Flamme.
H2S + 1,5 O2 → H2O + SO2
In 1l Wasser lösen sich bei 20°C 2,6l H2S. H2S wirkt reduzierend, z.B. aus Cl2 und konz.
H2SO4.
H2S + Cl2 → 2 HCl + S
H2S + H2SO4 → SO2 + S + 2 H2O
199
Die Säurestärke nimmt innerhalb der Gruppe der Chalkogene von H2O zu H2Te zu. S2- ist
eine starke Anionenbase. Dies zeigt sich bei der Fällung der Sulfide in sauren Lösungen
(geringe Konzentration an S2--Ionen ).
Sulfide sind die Salze des Schwefelwasserstoff. Dabei gibt es zwei Reihen von Salzen und
zwar die Hydrogensulfide und die Sulfide.
Die Sulfide stark elektropositiver Metalle sind ionisch. (Beispiele: Na2S, K2S, Al2S3)
Die Schwerlöslichkeit der Metallsulfide benutzt man in der analytischen Chemie zur
Trennung von Metallen. Bei pH = 0 beträgt in einer gesättigten H2S-Lösung die
Konzentration c(S2-) = 10-21mol/l. Schwerlösliche Sulfide fallen daher mit H2S schon aus
saurer Lösung aus (Schwefelwasserstoffgruppe):
Weniger schwerlösliche Sulfide fallen erst in ammoniakalischer Lösung aus, in der die S2--
Konzentration wesentlich größer ist (Ammoniumsulfidgruppe):
NiS CoS FeS MnS ZnS
schwarz schwarz schwarz fleischfarben weiß
Als Reagenz eignet sich Thioacetamid, das mit Wasser zu H2S reagiert.
200
Schwefeldioxid SO2
SO2 ist ein farbloses, stechend riechendes, korrodierendes Gas. Es löst sich gut in Wasser, die
Lösung reagiert schwach sauer und wirkt reduzierend. Es wird als Desinfektionsmittel
(Ausschwefeln von Weinfässern) verwendet. Das SO2-Molekül ist gewinkelt (119°), der
Bindungsgrad beträgt 2.
Die beiden σ-Bindungen werden sp²-Hybridorbitalen des S-Atoms gebildet. Nach der VB-
Theorie stehen für die beiden π-Bindungen ein p- und ein d-Elektron zur Verfügung, die zwei
der drei für π-Bindungen geeigneten pd²-Hybridorbitale besetzen.
Technisch wird SO2 durch Verbrennen von Schwefel hergestellt:
S + O2 → SO2 ∆H = -297kJ/mol
Schwefeltrioxid SO3
SO3 kommt in mehreren Modifikationen vor. Monomer existiert es nur im Gaszustand in
Gleichgewicht mit S3O9-Molekülen.
Das SO3-Molekül ist trigonal planar gebaut und enthält drei gleichstarke S-O-
Doppelbindungen.
Die Atomorbitale pz, dxy und dyz bilden nach der VB-Theorie pd²-Hybridorbitale, die für π-
Bindungen geeignet sind.
Kühlt man gasförmiges SO3 auf -80°C ab, entsteht kristallines, eisartiges γ-SO3, das bei 17°C
schmilzt und bei 44°C siedet. γ-SO3 ist aus S3O9-Molekülen aufgebaut. Es sind gewellte
Ringe, in denen die S-Atome verzerrt tetraedrisch von Sauerstoff umgeben sind.
O O
S
O O
O S O
S
O O
O
201
Unterhalb der Raumtemperatur wandelt sich γ-SO3 in stabilere, asbestartige Modifikation (β-
SO3, α-SO3) um, die weiße, seidigglänzende Nadeln bilden. β-SO3 besteht aus
kettenförmigen Molekülen und ist eigentlich eine Polyschwefelsäure.
Die genaue Struktur von α-SO3 ist nicht bekannt, aber wohl ähnlich der β-SO3-Struktur.
SO3 ist eine sehr reaktive Verbindung, ein starkes Oxidationsmittel und das Anhydrid der
Schwefelsäure.
Darstellung SO3 siehe Schwefelsäure.
Schwefelsäure H2SO4
Schwefelsäure wird heutzutage ausschließlich durch das Kontaktverfahren gewonnen. Dazu
wird zunächst Schwefeldioxid durch Verbrennen von Schwefel oder durch Rösten von
sulfidischen Erzen gewonnen und weiter oxidiert (mit Luftsauerstoff):
1/8 S8 + O2 → SO2 ∆H = -297,03kJ/mol
SO2 + ½ O2 SO3 ∆H = -98,98kJ/mol
SO3 löst sich schneller in H2SO4 als in Wasser. Dabei bildet sich Dischwefelsäure. Diese wird
dann mit Wasser zu H2SO4 umgesetzt.
SO3 + H2SO4 → H2S2O7
H2S2O7 + H2O → 2 H2SO4
Reine Schwefelsäure ist eine farblose, ölige Flüssigkeit. Die konzentrierte Säure des Handels
ist 98%ig, sie siedet azeotrop bei 338°C. Schwefelsäure mit einem Überschuß an SO3 heißt
rauchende Schwefelsäure.
Konzentrierte Schwefelsäure wirkt wasserentziehend und wird deshalb als Trocknungsmittel
verwendet (Gaswaschflaschen, Exsikatoren). Auf viele organische Stoffe wirkt konz. H2SO4
verkohlend. Beim Vermischen mit Wasser tritt eine hohe Lösungsenthalpie auf. Konz. H2SO4
wirkt oxidierend, heiße Säure löst Kupfer, Silber und Quecksilber:
2 H2SO4 + Cu → CuSO4 + SO2 + 2 H2O
202
Bei 25°C beträgt das Löslichkeitsprodukt 2,7·10-4mol²/l²
In wässriger Lösung ist H2SO4 eine starke, zweibasige Säure und ist praktisch vollständig in
H3O+ und HSO4- protolysiert.
H2SO4 + H2O H3O+ + HSO4- pKs = -3,0
- + 2-
HSO4 + H2O H3O + SO4 pKs = +1,96
Von H2SO4 leiten sich Hydrogensulfate mit dem Anion HSO4- und Sulfate mit dem Anion
SO42- ab. Schwerlöslich sind BaSO4, SrSO4 und PbSO4. Die wasserfreie Dischwefelsäure
bildet auch eine durchsichtige, kristalline Masse. Disulfate entstehen beim Erhitzen von
Hydrogensulfaten.
H2SO4, HSO4-, SO42- und H2S2O7 können mit den folgenden Strukturformeln beschrieben
werden.
Das Gleichgewicht liegt weit auf der linken Seite. Die zweibasige Säure dissoziiert in zwei
Stufen:
H2SO3 + H2O H3O+ + HSO3- K1 = 1,54·10-2
HSO3- + H2O H3O+ + SO32- K2 = 1,02·10-7
Es gibt zwei Reihen von Salzen. Man erhält die Salze durch Einleiten von SO2 in wässrige
Lösungen von Alkalien:
2 KOH + SO2 → K2SO3 + H2O
Na2CO3 + SO2 → Na2SO3 + CO2
Das Sulfit-Ion besitzt eine pyramidale Gestalt, wobei der Schwefel an der Spitze der
Pyramide steht.
Die wichtigste Eigenschaft der schweflige Säure und ihrer Salze ist ihre reduzierende
Eigenschaft. Sie beruht auf dem Bestreben der schwefligen Säure, in die höhere
Oxidationsstufe der Schwefelsäure überzugehen:
SO2 + O → SO3 bzw. SO32-→ SO3 + 2e-
203
Diese Eigenschaft ist in alkalischer Lösung ausgeprägter als in saurer:
SO32- + 2 OH- SO42- + H2O + 2e- E = -0,936V
SO2 + 2 H2O SO42- + 4 H+ + 2e- E = +0,158V
204
7. Halogene
Fluor Chlor Brom Iod
F Cl Br I
Ordnungszahl Z 9 17 35 53
Elektronenkonfiguration [He]2s22p5 [Ne]3s23p5 [Ar]3d104s24p5 [Kr]4d105s25p5
EN 4,1 2,8 2,7 2,2
Elektronenaffinität in -3,4 -3,6 -3,4 -3,1
eV
Ionisierungsenergie in 17,5 13,0 11,8 10,4
eV
Nichtmetallcharakter → nimmt ab
Reaktionsfähigkeit → nimmt ab
Affinität zu → nimmt ab
elektropositiveren
Elementen
Affinität zu → nimmt zu
elektronegativeren
Elementen
7.1 Darstellung
Fluor. Wegen seines hohen Standardpotentials kann Fluor aus seinen Verbindungen nicht
durch chemische Oxidationsmittel freigesetzt werden. F2 wird daher durch anodische
Oxidationsmittel von F--Ionen in wasserfreien Elektrolyten hergestellt. In Gegenwart von
Wasser erfolgt Entladung von OH-Ionen zu O2. Da wasserfreies HF ein schlechter Leiter ist,
verwendet man zu Elektrolyse wasserfreie Schmelzen der Zusammensetzung KF·xHF. Die
Schmelzpunkte sinken mit wachsendem HF-Gehalt: KF·HF 217°C, KF·3HF 66°C. Im
technisch verwendeten Mitteltemperaturverfahren elektrolysiert man Schmelzen mit x = 2-2,2
bei Temperaturen von 70 bis 130°C. Für die Herstellung im Laboratorium benutzt man
Hochtemperaturzellen mit KF·HF-Schmelzen, die Temperaturen von 250°C erfordern. Da
KHF2 praktisch nicht hygroskopisch ist, enthält das damit erzeugte F2 nur sehr wenig O2 bzw.
OF2. Die Elektrolysezellen bestehen aus Stahl oder Monel. Die verwendeten Metalle
überziehen sich bei Betriebsbedingungen mit einer vor weiterem Fluorangriff schützende
Fluoridschicht (Passivierung).
Die Darstellung von Fluor auf chemischen Wege gelingt mit dem Trick, ein instabiles Fluorid
herzustellen, das sich unter Entwicklung von elementarem Fluor zersetzen lässt. Aus K2MnF6
wird mit SbF5 das instabile Fluorid MnF4 freigesetzt, das spontan in MnF3 und F2 zerfällt.
K2Mn6 + 2 SbF5 → 2 KSbF6 + MnF3 + ½ F2
F2 wird gebraucht um Kampfstoffe wie ClF3 und für Atombomben benötigtes UF6
herzustellen.
Chlor. Technisch wird Chlor fast ausschließlich durch Elektrolyse wässriger NaCl-Lösungen
hergestellt.
2 Na+ + 2 Cl- + 2 H2O → 2 Na+ + 2OH- + H2 + Cl2
205
Das Verfahren wurde bei 430°C mit Luftsauerstoff und CuCl2 als Katalysator durchgeführt
wurde.
Im Labor lässt es sich durch die Reaktion von MnO2 oder KMnO4 mit HCl hergestellt:
4 HCl + MnO2 → Cl2 + MnCl2 + 2 H2O
16 HCl + 2 KMnO4 → 5 Cl2 + 2 MnCl2 + 2 KCl + 8 H2O
Chlor wird in großen Mengen in der organischen Chemie gebraucht. Außerdem wird es
benötigt um Brom herzustellen.
Brom. Bei der Aufarbeitung von Kalisalzen entstehen Br--haltige Lösungen. In die schwach
sauren Lösungen wird Cl2 eingeleitet und das entstandene Br2 mit einem Luftstrom
ausgetrieben:
2 Br- + Cl2 → Br2 + 2 Cl-
Im Labor kann Br2 durch Oxidation von KBr mit konz. H2SO4 hergestellt werden.
2 HBr + H2SO4 → Br2 + SO2 + 2 H2O
Iod. Die Hauptmenge des Iods wird aus iodhaltigen Lösungen gewonnen, die bei der
Kristallisation von Chilesalpeter zurückbleibt. Zunächst wird ein Teil der Iodsäure HIO3 mit
SO2 reduziert.
HIO3 + 3 SO2 + 3 H2O → HI + 3 H2SO4
HIO3 + 5 HI → 3 I2 + 3 H2O
Gesamtreaktion: 2 HIO3 + 5 SO2 + 4 H2O → 5 H2SO4 + I2
Außerdem wird Iod aus Salzsolen gewonnen, die oft bei der Erdöl- und Erdgasförderung
anfallen.
Aus Iodiden (z.B. in der Asche der Meeresalgen) kann I2 durch Oxidation (z.B. mit MnO2
oder H2SO4) hergestellt werden. Technisch ist die Gewinnung aus Algen oder Tang heute
ohne Bedeutung. Iod und Iodverbindungen werden für Katalysatoren, pharmazeutische
Zwecke, Futtermittelzusätze und Farbstoffe verwendet.
physikalische Eigenschaften
Aufgrund der Valenzelektronenkonfiguration s2p5 bestehen die elementaren Halogene in allen
Aggregatzuständen aus zweiatomigen Molekülen. Zwischen den Molekülen sind schwache
van der Waals-Kräfte wirksam, die Schmelz- und Siedetemperaturen sind daher z.T. sehr
niedrig. Innerhalb der Gruppe steigen die als Folge der zunehmenden van der Waals-Kräfte
regelmäßig an.
Fluor ist bei Raumtemperatur ein gelbliches Gas. Es ist stark ätzend und extrem giftig. Es
kann noch in sehr kleinen Konzentrationen am Geruch erkannt werden, der dem Geruch eines
Gemisches aus O3 und Cl2 ähnelt.
Chlor ist bei Raumtemperatur ein gelbgrünes, giftiges, die Schleimhäute angreifendes Gas. Es
ist 2,5mal so schwer wie Luft und durch Kompression leicht zu verflüssigen. Die kritische
Temperatur beträgt 144°C, der Dampfdruck bei 20°C 6,7bar.
Brom ist bei Raumtemperatur eine dunkelbraune Flüssigkeit, die schon bei -7°C
dunkelbraunrot kristallisiert. Bromdampf reizt die Schleimhäute, flüssiges Brom erzeugt auf
206
der Haut schmerzhafte Wunden. In Wasser ist Brom weniger gut löslich als Chlor. Es ist aber
mit unpolaren Lösungsmitteln (z.B. CCl4, CS2) gut mischbar.
Iod bildet bei Raumtemperatur grauschwarze, metallisch glänzende, halbleitende Kristalle. Es
schmilzt bei 114°C zu einer braunen Flüssigkeit und siedet bei 185°C unter Bildung eines
violetten Dampfes. Alle Phasen bestehen aus I2-Molekülen. Schon bei Raumtemperatur ist Iod
flüchtig, beim Schmelzen beträgt der Dampfdruck 0,13bar. Man kann daher Iod sublimieren
und durch Sublimation reinigen.
I2 kristallisiert wie Br2 und Cl2 in einer Schichtstruktur mit ausgeprägter Spaltbarkeit der
Kristalle parallel zu den Schichten. Zwischen den Schichten sind die Moleküle durch van der
Waals-Kräfte aneinander gebunden. Die Abstände betragen 435-450pm (van der Waals-
Abstand 430pm). Innerhalb der Schichten sind die Abstände zwischen den I2-Molekülen
kürzer, so dass auch schwache kovalente Teilbindungen auftreten. Es liegen
Mehrzentrenbindungen vom σ-Typ vor, die sich über die ganze Schicht erstrecken. Die damit
verbundene Elektronendelokalisierung erklärt Farbe, Glanz und elektrische Leitfähigkeit des
Iods (parallel zu den Schichten). Bei Normaldruck ist Iod ein Halbleiter mit einem gefüllten
Valenzband und einem leeren Leitungsband. Bei etwa 170kbar wird Iod ein metallischer
Leiter, die Packung der Moleküle ist so dicht geworden, dass Valenzband und Leitungsband
überlappen. Bei 210kbar erfolgt eine Strukturänderung, alle Iodabstände werden gleich groß,
es entsteht ein aus Atomen aufgebauter metallischer Kristall.
Iod löst sich in unpolaren Lösungsmitteln (CCl4, CHCl3) mit violetter Farbe. Die Lösungen
enthalten wie der Dampf I2-Moleküle. In anderen Lösungsmitteln, wie H2O, Ether, löst sich
Iod mit brauner Farbe, in aromatischen Kohlenwasserstoffen mit roter Farbe. Die
Farbänderung ist auf die Bildung von Charge-Transfer-Komplexen zurückzuführen. Sie
kommen durch den teilweisen Übergang eines Elektronenpaares des Lösungsmittelmoleküls
auf ein I2-Molekül zustande. Der Grundzustand der Charge-Transfer-Komplexe kann mit
mesomeren Grenzstrukturen beschrieben werden, wobei die Grenzstruktur I überwiegt.
I2 --- D ↔ I2-D+
I II
207
I2-Komplexe liegen in nahen Ultraviolett. Durch die Bildung der Charge-Transfer-Komplexe
wird die I-I-Bindung geschwächt und damit auch die Energie der Elektronenanregung, die im
ungestörten I2-Molekül die violette Farbe verursacht, beeinflusst. Eine Farbänderung in
Abhängigkeit von den Donoreigenschaften ist die Folge.
Chemische Eigenschaften
Fluor ist das reaktionsfähigste Element. Es reagiert direkt mit allen Elementen außer He, Ne,
Ar, N2. In Verbindungen mit Fluor erreichen die Elemente hohe und höchste
Oxidationszahlen: IF7, SF6, XeF6, ClF5, BiF5, AgF2, AuF5, UF6.
Nickel, Kupfer, Stahl sowie Legierungen Monel (Cu-Ni) und Elektron (Al-Mg) werden von
Fluor nur oberflächlich angegriffen. Es bildet sich eine dichte, fest haftende Fluoridschicht,
die den weiteren Angriff von Fluor verhindert (Passivierung). Cu kann bis 500°C, Ni und
Monel bis 800°C für Arbeiten mit Fluor verwendet werden. Fluor ist in Stahlflaschen mit
Drücken bis 30bar im Handel. In Quarz- und Glasgefäßen kann nur gearbeitet werden, wenn
weder H2O noch F zugegen ist, da sonst ein ständiger Angriff erfolgen würde.
2 F2 + 2 H2O → 4 HF + O2
SiO2 + 4 HF → SiF4 + 2 H2O
Wie mit H2O reagiert F2 auch mit Wasserstoffverbindungen unter Bildung von HF.
Chlor gehört zu den reaktionsfähigsten Elementen, es reagiert außer mit den Edelgasen, O2,
N2 und C mit allen Elementen, meist schon bei niedrigen Temperaturen. Mit vielen Metallen
reagiert es beim Erwärmen oder bei großer Metalloberfläche unter Feuererscheinung, z.B. mit
Alkalimetallen, Erdalkalimetallen, Cu, Fe, As, Sb, Bi. Die Reaktion mit W zu WCl6 und
dessen thermische Zersetzung dient zur Reinigung des Metalls.
W + 3 Cl2 WCl6 (Siedepunkt 346°C)
Cl2 löst sich gut in Wasser, dabei bildet sich in einer Disproportionierungsreaktion HCl und
Hypochlorige Säure HOCl.
Cl2 + H2O HCl + HOCl
HOCl wirkt stark oxidierend, daher wird feuchtes Chlor zum oxidativen Bleichen (Papier),
sowie zum Desinfizieren (Trinkwasser, Abwässer) verwendet.
Brom reagiert analog zum Chlor, die Reaktionsfähigkeit ist jedoch geringer.
Iod ist weniger reaktiv, verbindet sich aber immer noch mit einigen Elementen, z.B. P, S, Al,
Fe, Hg. Charakteristisch für Iod und als Nachweisreaktion für kleine Iodmengen geeignet ist
die intensive Blaufärbung mit wässrigen Stärkelösungen. Bei dieser Iodstärkereaktion erfolgt
ein Einschluß von Iod (Einschlußverbindung).
Fluor und Chlor sind starke Oxidationsmittel. Fluor ist – abgesehen von KrF2 – das stärkste
Oxidationsmittel überhaupt. Innerhalb der Gruppe nimmt das Oxidationsvermögen mit
zunehmender Ordnungszahl ab. Fluor kann deshalb alle anderen Halogene aus ihren
Verbindungen verdrängen.
F2 + 2 Cl- → 2 F- + Cl2
F2 + 2 Br- → 2 F- + Br2
208
Chlor kann Brom und Iod, Brom nur Iod freisetzen.
Cl2 + 2 Br- → 2 Cl- + Br2
Br2 + 2 I- → 2 Br- + I2
Das Oxidationsvermögen eines Halogens ist um so größer, je mehr Energie bei der Reaktion
X2(g) + 2e- → 2 X-(aq) freigesetzt wird. Die Gesamtenergie ist durch die Energiebeträge der
folgenden Teilschritte bestimmt.
½ X2 (g) → ½ D (Dissoziationsenergie) → X (g) → E (Elektronenaffinität) → X (g) → ∆H
(Hydratationsenthalpie) → X (aq)
Obwohl die Elektronenaffinität von Chlor größer als die von Fluor ist, ist Fluor das wesentlich
stärkere Oxidationsmittel. Dies liegt an der kleinen Dissoziationsenergie von F2 und der
großen Hydrationsenergie der kleinen F--Ionen. Die viel größere Dissoziationsenergie von Cl2
entspricht im Vergleich mit Br2 und I2 der Erwartung. F2 hat eine kürzere Bindungslänge,
daher ist eine starke Abstoßung nichtbindender Elektronenpaare wirksam.
7.3.1 Interhalogenverbindungen
Von Verbindungen der Halogene untereinander sind die Zypen XY, XY3, XY5 und XY7
bekannt, in denen das elektropositivere Halogen X in der Oxidationsstufe +1, +3, +5 oder +7
vorliegt.
Die Interhalogenverbindungen sind typische kovalente Verbindungen. Sie lassen sich aus den
Elementen synthetisieren uns sind sehr reaktionsfähig. Von den VERBINDUNGEN DER
Zusammensetzung XY sind alle Kombinationen bekannt.
Die Interhalogenverbindungen XY sind wie die Halogene sehr reaktive Substanzen. Sie sind
Oxidationsmittel und Halogenüberträger. Die Reaktionsfähigkeit und die
Disproportionierungsenergie ist um so größer je weiter die Halogene im PSE voneinander
entfernt sind.
209
Beispiele: ClF ist disproportionierungsstabil, es wird als Fluorierungsmittel benutzt. BrF
disproportioniert nach 3 BrF → Br2 + BrF3. IF ist nur bei tiefen Temperaturen beständig,
oberhalb von -14°C zerfällt es nach 5 IF → 2 I2 + IF5.
Die Zerfallsneigung der Interhalogenverbindungen XY wächst in der Reihe ClF < ICl < BrF
< IBr < BrCl.
Mit Wasser findet die Reaktion XY + H2O → Hy + HOX statt, X ist das elektropositivere
Atom.
Mit Ausnahme von ICl3 sind alle anderen Interhalogenverbindungen Fluoride
Die Halogenide XY3 sind T-förmig gebaut, die Pentahalogenide XY5 haben die Geometrie
einer quadratischen Pyramide, IF7 bildet eine pentagonale Bipyramide.
Nur Br, Cl und I sind Zentralatome und hauptsächlich F als Substituent geeignet. Eine
Erklärung liefert die VB-Theorie. Die Promotionsenergie des s- und p-Elektronen in die d-
Orbitale nimmt von Cl zu I ab. Daher ist verständlich, dass die thermodynamische Stabilität
der Verbindungen XY3 und XY5 von Cl zu I zunimmt und nur I ein Heptafluorid bildet. Von
allen Elemente besitzt Fluor die größte Fähigkeit zur Stabilisierung hoher positiver
Oxidationsstufen. Chlor kann nur noch mit Iod zu Iodtrichlorid reagieren.
210
7.3.2 Halogenide
Hydrogenfluorid HF, Hydrogenchlorid HCl, Hydrogenbromid HBr und Hydrogeniodid HI
sind farblose, stechend riechende Gase.
In den Hydrogenhalogeniden liegen polare Einfachbindungen vor. Die Polarität der Bindung
wächst entsprechend der zunehmender Elektronennegativitätsdifferenz von HI nach HF.
Zwischen HX-Molekülen wirken nur schwache van der Waals-Kräfte, daher sind alle
Verbindungen flüchtig. Erwartungsgemäß nehmen die Schmelzpunkte, Siedepunkte und die
Verdampfungsenthalpien von HI zu HCl ab, HF zeigt aber anomal hohe Werte. Die Ursache
sind zusätzliche Bindungskräfte, die durch Wasserstoffbrücken zustande kommen. Im festen
Hydrogenfluorid sind die HF-Moleküle über unsymmetrische Wasserstoffbrücken F-H---F- zu
Zick-Zack-Ketten verknüpft. Ähnliche Brückenbindungendürften im flüssigen HF vorliegen.
Es ist eine farblose, bewegliche, hygroskopische Flüssigkeit. Im Dampf sind gewellte (HF)6-
Ringe im Gleichgewicht mit HF-Molekülen, erst oberhalb von 90°C ist Hydrogenfluorid
monomolekular.
Alle Hydrogenhalogenide lösen sich gut in Wasser. Bei 0°C lösen sich in 1l Wasser 507l
HCl-Gas und 712l HBr-Gas. Da sie dabei Protonen abgeben, fungieren sie als Säuren.
HX + H2O H3O+ + X-
Die Säurestärke nimmt von HF nach HI zu. Die Ursache dafür ist die von HF nach HI
abnehmende Bindungsenergie.
Alle Hydrogenhalogenide bilden sich in direkter Reaktion aus den Elementen.
H2 + X2 2 HX
Die Reaktionen von F2 und Cl2 verlaufen explosionsartig. Br2 reagiert auch in Gegenwart von
Pt-Katalysatoren erst bei 200°C. HI zersetzt sich bereits bei mäßig hohen Temperaturen zum
Teil in die Elemente (19% bei 300°C). Die Bildungsreaktionen der Hydrogenhalogenide
verlaufen nach einem Radikalkettenmechanismus, bei I2 allerdings erst bei Temperaturen
oberhalb 500°C.
Hydrogenfluorid HF. Die übliche technische Darstellung von HF ist die Umsetzung von CaF2
mit konz. H2SO4 bei 270°C.
CaF2 + H2SO4 → 2 HF + CaSO4
Mit den im Flussspat als Nebenprodukt vorhandenen Silicaten entsteht SiF4, das mit HF zu
Hexafluorokieselsäure umgesetzt wird.
2 CaF2 + SiO2 + 2 H2SO4 → SiF4 + 2 CaSO4 + 2H2O
211
SiF4 + 2 HF → H2SiF6
Hydrogenchlorid HCl. Bei der technischen Darstellung von HCl aus den Elementen benutzt
man einen nach dem Prinzip des Daniellschen Hahns arbeitenden Quarzbrenner.
Beim Chlorid-Schwefelsäure-Verfahren wird NaCl mit konz. H2SO4 umgesetzt.
NaCl + H2SO4 → NaHSO4 + HCl bei 20°C
NaCl + NaHSO4 → Na2SO4 + HCl bei 80°C
Das meiste HCl entsteht als Zwangsanfall bei der technisch wichtigen Chlorierung
organischer Verbindungen.
Technisch nicht verwendbares HCl wird durch Elektrolyse in Cl2 und H2 umgesetzt.
Wässrige Lösungen von HCl heißen Salzsäure. In konzentrierter Salzsäure ist ein
Massenanteil von ca. 38% HCl-Gas gelöst. Salzsäure ist eine starke, nichtoxidierende Säure,
sie löst daher nur unedle Metalle wie Zn, Al, Fe, nicht aber Cu, Hg, Ag, Au, Pt und Ta.
Zn + 2 HCl → H2 + ZnCl2
Hydrogenbromid HBr. Hydrogeniodid HI. HBr und HI können nicht aus ihren Salzen mit
konz. H2SO4 hergestellt werden, da teilweise Oxidation zu Br2 und I2 erfolgt. Sie werden
durch Hydrolyse von PBr3 bzw. PI3 hergestellt.
PBr3 + 3H2O → 3HBr + H3PO3
PI3 + 3H2O → 3HI + H3PO3
Dazu kann roter Phosphor und das Halogen direkt in Gegenwart von Wasser umgesetzt
werden, intermediär bildet sich das Phosphortrihalogenid.
Hydrogeniodid ist eine sehr starke Säure, sie ist oxidationsempfindlich. Bei Einwirken von
Luftsauerstoff wird Iod frei.
4HI + O2 → 2I2 + 2H2O
Die Halogenide der Alkalimetalle und der Erdalkalimetalle sind typische Salze, die
überwiegend in Ionengittern kristallisieren. Typisch für Fluor ist die Existenz von
Hydrogenfluoriden, so z.B. der Alkalimetallhydrogenfluoride Me+HF2-. Me+H2F3- und
Me+H3F4-.
Mit Nichtmetallen bilden die Halogenide flüchtige, kovalente Halogenide, die in
Molekülgittern kristallisieren.
Beispiele:
BF3, SiF4, SF4, PF5, CF4 Gase bei 25°C
SCl2, PCl2, CCl4, SiBr4 Flüssigkeiten bei 25°C
212
7.3.3 Sauerstoffsäuren der Halogene
Beim gleichen Halogen steigt die Stabiltät der Sauerstoffsäure mit wachsender
Oxidationszahl. In reiner Form lassen sich nur HClO4, HIO3, H5IO6, H7I3O14 und (HIO4)n
isolieren. Die anderen Oxosäuren existieren nur in wässrigen Lösungen. BrO- und IO2- treten
nur als instabile Reaktionszwischenprodukte auf.
Die Nomenklatur der Sauerstoffsäuren des Chlors und ihrer Salze, sowie die
Bindungsverhältnisse nach VB-Theorie stehen in der Tabelle 4.10..
Durch Anregung von Elektronen aus dem Grundzustand in die leeren d-Orbitale stehen den
Chloratomen maximal sieben ungepaarte Elektronen für Bindungen zur Verfügung. Die d-
Orbitale des Chlors überlappen mit p-Orbitalen des Sauerstoffs unter Ausbildung von (p-d)-π-
Bindungen. Ergeben die rein kovalenten Grenzstrukturen zu hohe (p-d)-π-Bindungsanteile, so
kann dies durch ionogene Grenzstrukturen entsprechenden Gewichts berücksichtigt werden.
213
Mit zunehmender Zahl der π-Bindungen wächst die Anzahl mesomerer Grenzstrukturen, die
Anionen werden dadurch stabilisiert, die negative Ladung an den O-Atomen wird gerringer,
und die Protonen werden weniger stark angezogen. Die Säurestärke wächst daher mit
zunehmender Oxidationszahl. Dies ist auch die Ursache für den Anstieg der Säurestärke in
der Reihe H4SiO4, H3PO4, H2SO4, HClO4.
Mit zunehmender Koordinationszahl nimmt mit Anzahl freier, reaktiver Elektronenpaare am
Cl-Atom ab, die Stabilität erhöht sich. Dies erklärt die typischen
Disproportionierungsreaktionen, bei denen aus sauerstoffärmeren Ionen Cl- und
sauerstoffreichere Anionen entstehen.
3 ClO- → ClO3- + 2 Cl-
In saurer Lösung sind alle Chlorsauerstoffsäuren starke Oxidationsmittel. Ein besonders
starkes Oxidationsvermögen besitztt HClO. Mit wachsendem pH-Wert nimmt das
Oxidationvermögen stark ab. Die Potentiale zeigen auch, dass z.B. die Disprportionierung von
Cl2 in Cl- und ClO- nur in alkalischen Lösungen möglich ist. In sauren Lösungen ist die
Komproportionierung von HClO und Cl- zu Cl2 energetisch begünstigt.
Hypochlorige Säure HOCl in einer Disproportionierungsreaktion beim Einleiten von Cl2 in
Wasser.
Cl2 + H2O HCl + HOCl
Das Gleichgewicht der Reaktion liegt aber ganz auf der linken Seite (Chlorwasser). Eine
Verschiebung des Gleichgewichts nach rechts erreicht man durch Abfangen von HCl mit
einer HgO-Suspension als unlösliches HgO·HgCl. Es entsteht 20%ige HOCL, die sich aber
schon bei 0°C langsam zersetzt.
2 HOCl → 2HCl + O2
HOCl ist eine schwache Säure und ein starkes Oxidationsmittel (Desinfektion von Wasser).
Sie ist im wasserfreien Zustand nicht bekannt, beim Entwässern entsteht ihr Anhydrid Cl2O.
In Lösungen ist Cl2O im Gleichgewicht mit HOCl so dass nebeneinander Cl2, HOCl und Cl2O
vorliegen.
2 HOCl Cl2O + H2O
Die Salze der Hypochlorigen Säure, die Hypochlorite, erhält man durch Einleiten von Chlor
in kalte alkalische Lösungen.
Cl2 + 2 NaOH → NaCl + NaOCl + H2O
Brom und Iod reagieren analog zu Hypobromiten bzw. zu Hypoioditen. Technisch kann man
die Darstellung von NaOCl an die Chloralkalieelektrolyse anschließen, indem man das
214
anodisch entwickelte Chlor in die kathodisch gebildete Natronlauge einleitet. Chlorkalk erhält
man aus Cl2 und Ca(OH)2.
Cl2 + Ca(OH)2 → CaCl(OCl) + H2O
Hypochlorite sind schwächere Oxidationsmittel als HOCl, sie werden als Bleich- und
Desinfektionsmittel verwendet. Wässrige Lösungen reagieren basisch, da ClO- eine
Anionenbase ist.
Chlorige Säure HClO2 ist bedeutungslos, da sie sich schnell zersetzt.
5 HClO2 → 4 ClO2 + HCl + 2 H2O
Beständiger sind ihre Salze, die Chlorite. Sie werden technisch durch Einleiten von ClO2 in
NaOH-H2O2-Lösungen hergestellt.
2ClO2 + H2O2 + 2 NaOH → 2 NaClO2 + O2 + 2 H2O
Verwendet werden sie als Bleichmittel für Textilien, da das beim Ansäuern freiwerdende
ClO2 faserschonend bleicht.
Chlorsäure HClO3 erhält man aus ihren Salzen, den Chloraten.
Ba(ClO3)2 + H2SO4 → 2 HClO3 + BaSO4
Lösungen mit mehr als 40% HClO3 zersetzen sich. HClO3 ist eine starke Säure (pKs = -2,7)
und ein starkes Oxidationsmittel.
Chlorate entstehen durch Disproportionierung von Hypochloriten in erwärmten Lösungen.
3ClO- → ClO3- + 2Cl-
Wahrscheinlich wird dabei das Anion ClO- durch die freie Säure HClO oxidiert.
2HClO + ClO- → ClO3- + 2HCl
Da Cl2 in NaOH zu ClO- und Cl- disproportioniert, erhält man ClO3- durch Einleiten von Cl2
in heiße Laugen.
3 Cl2 + 6 OH- → 5Cl- + ClO3- + 3H2O
Technisch elektrolysiert man heiße NaCl-Lösung ohne Trennung des Kathoden- und
Anodenraums.
Chlorate sind kräftige Oxidationsmittel. Gemische von Chloraten mit oxidierbaren
Substanzen (Phosphor, Schwefel, organische Substanzen) sind explosiv.
Perchlorsäure HClO4 ist die beständigste und die einzige in reiner Form herstellbare
Chlorsauerstoffsäure. HClO4 ist eine farblose Flüssigkeit, die bei 120°C siedet und bei -101°C
erstarrt. Beim Erwärmen zersetzt sie sich, manchmal explosionsartig. Mit brennbaren
Substanzen erfolgt Explosion. In wässriger Lösung ist HClO4 stabil, sie ist eine der stärksten
Säuren. Trotz des hohen Redoxpotentials wirkt sie aus kinetischen weit weniger oxidierend
als HClO3. Von HClO3 wird z.B. HCl zu Cl2 und S zu H2SO4 oxidiert, aber nicht von HClO4.
HClO4 kann aus Perchloraten dargestellt werden.
KClO4 + H2SO4 → HClO4 + KHSO4
215
KClO4 → KCl + 2 O2
Die Perchlorate sind die beständigsten Salze von Oxosäuren des Chlors. Schwerlöslich sind
die Perchlorate von K, Rb, Cs. NH4ClO4 wird als Raketentreibstoff verwendet.
Iodsäure HIO3 kristallisiert in farblosen Kristallen. Sie ist ein starkes Oxidationsmittel, durch
Entwässern erhält man aus ihr I2O5. HIO3 kann durch Oxidation von I2 mit HNO3, Cl2 oder
H2O2 hergestellt werden.
I2 + 6 H2O + 5 Cl2 → 2 HIO3 + 10 HCl
HCl muss aus dem Gleichgewicht entfernt werden, da es HIO3 reduziert.
216
Mit Ausnahme von I2O5 sind die Halogenoxide endotherme Verbindungen, die beim
Erwärmen teilweise explosionsartig zerfallen. Sie sind sehr reaktionsfähig und starke
Oxidationsmittel. Die Strukturen sind zum Teil noch ungeklärt. Technische Bedeutung hat
ClO2.
Dichloroxid Cl2O ist ein gelbrotes Gas, das beim Erwärmen explosionsartig in Cl2 und O2
zerfällt. Es entsteht durch Reaktion von Cl2 mit HgO.
2 Cl2 + 2 HgO → Cl2O + HgO·HgCl2
In analoger Reaktion entsteht Br2O. Cl2O ist da Anhydrid von HOCl, es bildet sich in
Alkalilaugen Hypochlorit. Cl2O und Br2O sind gewinkelte Moleküle mit schwachen
Einfachbindungen.
Chlordioxid ClO2 ist ein gelbes, sehr explosives Gas. Mit CO2 verdünnt, wird es als
Oxidationsmittel zum Bleichen und als Desinfektionsmittel verwendet. Es wird durch
Reduktion von NaClO3 mit SO2 oder Salzsäure hergestellt.
2 NaClO3 + SO2 + H2SO4 → 2 ClO2 + 2 NaHSO4
Im Labor entsteht es aus KClO3 und konz. H2SO4 durch Disproportionierung der Chlorsäure.
KClO3 + H2SO4 → HClO3 + KHSO4
3 HClO3 → 2 ClO2 + HClO4 + H2O
Wahrscheinlich ist das ungepaarte Elektron über das ganze Molekül delokalisiert. Bei tiefen
Temperaturen existiert im festen Zustand Dimere mit kompensierten Spinmomenten.
BrO2-Dimere entstehen bei elektrischen Entladung aus Br2/O2-Gemischen. Die Struktur ist die
eines Bromperborats, Br – O – BrO3.
217
8. Edelgase
Heliu Neon Argon Krypto Xenon Radon
m He Ne Ar n Xe Rn
Kr
Ordnungszahl Z 2 10 18 36 54 86
Elektronenkonfigurati 1s2 [He]2s22p [Ne]3s23p [Ar]3d [Kr]4d 5 [Xe]4f145d106s26p6
10
6 6 10 2
on 4s 4p s25p6
6
8.1 Darstellung
Edelgase sind Bestandteile der Luft. Ihr Volumenanteil in der Luft beträgt 0,935%. Im
einzelnen ist die Zusammensetzung der Luft in der Tabelle aufgelistet:
N2 78,09% Ne 1,6·10-3%
O2 20,95% He 5·10-4%
Ar 0,93% Kr 1·10-4%
CO2 0,03% Xe 9·10-6%
218
8.2 Halogenverbindungen
Xenonfluoride lassen sich durch direkte Reaktion der Elemente gewinnen. Das Fluor muss
jedoch durch Erhitzen, Licht oder elektrischer Entladung aktiviert werden. Xenon reagiert mit
Fluor nach den folgenden Gleichgewichtsreaktionen schrittweise und exotherm:
Xe + F2 XeF2
XeF2 + F2 XeF4
XeF4 + F2 XeF6
Xe(II)-fluorid XeF2 und Xenon(IV)-fluorid XeF4 sind in allen Phasen monomer. Xenon(VI)-
fluorid XeF6 ist nur in der Gasphase monomer, im festen Zustand sind quadratisch-pyramidale
XeF5+-Ionen durch F--Ionen zu tetrameren oder hexameren Ringen verbunden. Die
Xenonfluoride sind bei Raumtemperatur beständig, zersetzen sich aber beim Erhitzen in die
Elemente. Sie sind flüchtig und sublimieren bereits bei Raumtemperatur. Sie sind starke
Oxidations- und Fluorierungsmittel. Bei Redoxreaktionen entsteht Xe. Mit der Oxidation
einer Verbindung ist vielfach eine Fluorierung verbunden.
Beispiele:
XeF2 + H2 → Xe + 2HF bei 300°C
XeF4 + 4I- → Xe + 2I2 + 4F-
XeF4 + SF4 → Xe + 2 SF6
XeF6 + 6HCl → Xe + 3 Cl2 + 6HF
Xenon(VI)-oxid XeO3 entsteht bei der Hydrolyse von XeF6 und XeF4.
XeF6 + 3H2O → XeO3 + 6HF
3 XeF4 + 6H2O → Xe + 2 XeO3 + 12HF
219
Die farblosen Kristalle bestehen aus einem Molekülgitter mit isolierten XeO3-Einheiten, sie
sind hochexplosiv.
XeO3 → Xe + 1,5 O2 ∆H = -402kJ/mol
Betsändig sind wäßrige Lösungen von XeO3, in denen es überwiegend molekular gelöst ist.
Außerdem entsteht etwas Xenonsäure H2XeO4, deren Anhydrid XeO3 ist.
XeO3 + H2O H2XeO4
H2XeO4 + H2O H3O+ + HXeO4-
Die Lösungen ragieren schwach sauer und wirken stark oxidierend. Bei Zusatz von Lauge
bildet sich Xenat(VI).
H2XeO4- + 4 Na+ + 2 OH- → HXeO4- + H2O
Auf diese Weise können thermisch ziemlich stabile Perxenate(VIII) Na4XeO6·nH2O und
Ba2XeO6·1,5H2O erhalten werden. Perxenate(VIII) sind sehr starke Oxidationsmittel.
220