You are on page 1of 34

Einfluss von Wohnbauförderung und

Richtwertsystem auf die Mietenentwicklung

Studie des IFIP


Institut für Finanzwissenschaften und Infrastrukturpolitik der TU Wien

A.o. Univ Prof Dr Wolfgang Blaas


Univ Ass Dr Robert Wieser

Verfasst im Auftrag der AK Wien


INHALT

1 Zusammenfassung ....................................................................................................... 1

2 Entwicklungen im Mietrecht und im Mietwohnungs-bestand ................................ 3

2.1 Relevante Entwicklungen im Mietrecht ........................................................................ 3


2.2 Bedeutung und Struktur des Mietwohnungsbestandes im Jahr 2001 ............................ 4
3 Entwicklung der Markt- und Bestandsmieten in Österreich .................................. 8

3.1 Datenbasis...................................................................................................................... 8
3.1.1 Marktmieten.......................................................................................................... 8
3.1.2 Bestandsmieten ..................................................................................................... 9

3.2 Entwicklung der Markt- und Bestandsmieten in verschiedenen Teilmärkten............... 9


3.3 Wohnungspreise, Verbraucherpreise und Einkommen ............................................... 13
3.4 Wohnungsneubau, Förderung und Mieten................................................................... 15
3.5 Entwicklung der Mieten im regulierten Bereich.......................................................... 17
4 Ökonometrische Analyse der Mietenentwicklung in den Bundesländern ........... 19

4.1 Einleitung..................................................................................................................... 19
4.2 Entwicklung der realen Marktmieten 1986 bis 2000................................................... 19
4.3 Messung der Wirkungen der Einflussfaktoren ............................................................ 21
4.3.1 Bestimmungsfaktoren der Marktmieten ............................................................. 21
4.3.2 Schätzergebnisse ................................................................................................. 21

4.4 Schlussfolgerung.......................................................................................................... 25
5 Quellenverzeichnis ..................................................................................................... 26

6 Anhang I: Ein Modell der realen Mieten bei Neubezug......................................... 28

7 Anhang II: Ergänzende Tabellen ............................................................................. 31

Impressum
Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien
1041 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, Telefon: (01) 501 65 - 2621
Verlags- und Herstellungsort Wien
© 2004 bei AK-Wien

ISBN: 3-7063-0280-2

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme


Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich

Bei Verwendung von Textteilen wird um Quellenangabe und Zusendung eines Belegexemplars an
die AK Wien, Abteilung Konsumentenpolitik, ersucht.
Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1 Anteil und Eigentümerstruktur des österreichischen Mietwohnungssektors - 2001........................ 5
Tabelle 2 Bundesländeranteile am Mietensektor ................................................................................................. 6
Tabelle 3 Entwicklung der Netto-Marktmieten und Brutto-Bestandsmieten (Wohnungsaufwand) in
Österreich (€/m2 Nutzfläche) ............................................................................................................... 11
Tabelle 4 Entwicklung der Netto-Marktmieten und Brutto-Bestandsmieten (Wohnungsaufwand) in
Österreich (%-Veränderung geg. Vorjahr) ....................................................................................... 11
Tabelle 5 Ausstattungsstandards der österreichischen Hauptwohnsitze ......................................................... 12
Tabelle 6 Realeinkommen und reale Wohnungspreise in Österreich (durchschnittliche jährliche
Wachstumsraten in %) ........................................................................................................................ 14
Tabelle 7 Reale Marktmieten (Veränderungen in %) ....................................................................................... 20
Tabelle 8 Bestimmungsfaktoren der realen Marktmieten (Mieten bei Neubezug) in den Bundesländern
(1980 – 2000); Abhängige Variable = Logarithmus der realen Marktmiete (t- und z-Werte in
Klammern)............................................................................................................................................ 22
Tabelle 9: Kürzung der Neubauförderung und Entwicklung der Mieten - Szenarien .................................... 24

Verzeichnis der Abbildungen:


Abbildung 1 Marktmieten und Wohnungsaufwand - Österreich................................................................... 10
Abbildung 2 Wohnungspreise und Verbraucherpreisentwicklung in Österreich (1990 = 100) ................... 14
Abbildung 3 Förderungszusagen für Miet- und Eigentumswohnungen in Wien .......................................... 15
Abbildung 4 Fertigstellungen und reale Marktmieten in Wien ...................................................................... 16
Abbildung 5 Reale Marktmieten; Jahresdurchschnitte (zu Preisen von 1990) ............................................. 20
Abbildung 6 Reale Marktmieten; Jahresdurchschnitte (zu Preisen von 1990) ............................................. 20
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

1 Zusammenfassung1

Diese Arbeit dokumentiert die Ergebnisse des zweiten Teils der Studie „Bedeutung
staatlicher Intervention im Wohnungswesen – volkswirtschaftliche, wohn- und
sozialpolitische Wirkung von Wohnbauförderung, Wohnungsgemeinnützigkeit und
Mieterschutz“. Im ersten Teil der Studie (Vgl. Blaas/Wieser 2004) wurden die
Auswirkungen einer Kürzung der Wohnbauförderung mit Hilfe von
ökonometrischen Methoden und Input-Output-Analysen berechnet. Eine der
wesentlichen Erkenntnisse war, dass eine Kürzung der Wohnbauförderung in erster
Linie den Bau von Mietwohnungen negativ beeinflussen würde. Darüber hinaus
zeigt die Untersuchung eines Modellfalls (75m2 Mietwohnung; 97.500 Euro
Baukosten), dass der mit der Förderungskürzung verbundene Ersatz der
Förderdarlehen durch Kapitalmarktdarlehen, trotz derzeit relativ niedrigem
Zinsniveau, zu einer Verdoppelung der Netto-Mieten in den ersten 10 Jahren führen
würde.
Dieser zweite Teil der Studie befasst sich unter anderem mit der Frage, welche
Wirkungen die Wohnbauförderung und das Mietrecht (neben anderen wichtigen
Einflussfaktoren) auf die Entwicklung der Marktmieten in den Bundesländern in den
1980er und 1990er Jahren entfaltet haben. Da die Wohnbauförderung offensichtlich
wesentliche Impulse für den Wohnungsneubau gibt und damit die Angebotsseite des
Marktes ausweitet, ist zu erwarten, dass ceteris paribus mit der Förderung auch
dämpfende Effekte auf die Marktmieten verbunden sind.
Die Analysen und Modellberechnungen haben folgende Ergebnisse gebracht:
o Es gibt einen rechnerisch nachgewiesenen, eindeutigen Zusammenhang
zwischen der Anzahl der gefördert errichteten Wohnungen und der Höhe der am
Markt gebildeten Mieten. Je weniger geförderte Wohnungen errichtet werden,
umso stärker steigen die marktorientierten Mieten (freie Mieten, angemessene
Mieten, Richtwertmieten) und umgekehrt. Die Schätzungen ergaben, dass eine
Senkung der Neubauförderung um 10% kurzfristig einen Anstieg der realen
marktorientierten Mieten um rund 1% zur Folge hätte. Langfristig bewirkt ein
um 10% geringeres Förderniveau - bei sonst gleichen Bedingungen (ceteris
paribus) - einen Anstieg der realen marktorientierten Mieten um etwa 2% pro
Jahr.

o In zwei weiteren Szenarien wurde der Einfluss einer Kürzung der


Neubauförderung auf die Entwicklung der realen Marktmieten durchgerechnet.
Basis waren die Elastizitätsschätzungen aus dem ökonometrischen Teil der
Studie. In beiden Szenarien wird eine durchschnittliche allgemeine
Preissteigerung von 2% p.a. unterstellt. Im ersten Szenario wird unterstellt, dass
die Wohnbauförderung für den Neubau der Höhe nach auf derzeitigem Niveau
nominell aufrecht erhalten bleibt. Wegen der allgemeinen Preissteigerung sinkt
die Förderung nach 10 Jahren auf 82% des gegenwärtigen Niveaus in realer

1
Der Autor bedankt sich bei Eva Bauer, Wolfgang Blaas und Jörg Borrmann für wertvolle Informationen
und Diskussionen.

1
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Rechnung. Der damit verbundene Anstieg der realen Marktmieten beträgt in


diesen 10 Jahren durchschnittlich 1,4% p. a. Im zweiten Szenario wurde von
einer Kürzung der Förderung um 25% im ersten Jahr ausgegangen. Das
Förderniveau bleibt dann die nächsten 10 Jahre auf nominell 75% des
gegenwärtigen Niveaus. Dementsprechend sinkt es jährlich real bis zu einem
Niveau von 61,5% in 10 Jahren. Die geschätzten Folgen für die Entwicklung der
realen Marktmieten sind ein durchschnittlicher Anstieg von 4,5% pro Jahr.

o Der Einfluss des Marktes hat seit Mitte der 80er Jahre wieder zugenommen.
Durch Änderungen der Mietrechtsgesetzgebung unterliegen immer weniger
Wohnungen einer klaren Mietenregulierung. Derzeit könnten - zumindest
theoretisch - die Mieten bei Neuabschluss von Mietverträgen bei rund 70 % des
gesamten Wohnungsbestandes frei oder zur Richtwertmiete, d.h. de facto zur
Marktmiete vereinbart werden. Wenn man berücksichtigt, dass die
Gebietskörperschaften ihre Wohnungen zumeist unter der Marktmiete
vermieten, reduziert sich der Anteil marktnaher Mieten auf etwa 45%. Eine klare
Mietenregulierung gibt es nur für die Mietwohnungen der gemeinnützigen
Bauvereinigungen (das sind rund 30% aller Mietwohnungen) und für diejenigen
Wohnungen, die nach den Fördervorschriften der Länder derzeit noch einer
Kostenmiete unterliegen, und im Altbausegment für die Kategorie D Miet-
wohnungen (etwa 110.000 Wohnungen im Jahr 2001).

o Die Mietrechtsreform 1993 hat generell zu einer Erhöhung des Mietenniveaus


im Bestand geführt. Es wurden Mieterhöhungen im Bestand erleichtert
(Erhöhungen und Abschaffung der Rückzahlbarkeit des EVB, Mieterhöhungen
bei Mietrechtseintritten oder Mietrechtsabtretungen). Seit 1994 können auch für
schlechtere Kategorien (Kat B und Kat C) wesentlich höhere Mieten als bisher
bei Neuabschlüssen verlangt werden. Demgegenüber hat die Begrenzung der
Mieten bei Kategorie A Wohnungen (kleiner 130m²) durch die
Richtwertregelung de facto wegen der fehlenden Obergrenzen und wegen der
vielen unklaren Zuschlagsregelungen keine oder kaum Begrenzungen gegenüber
den freien Mieten gebracht. Die Modellberechnungen zeigen sogar, dass die
Reform (indirekt) zu einer weiteren Erhöhung der Marktmieten geführt hätte,
wenn nicht durch den geförderten Wohnungsneubau massiv gegengesteuert
worden wäre. Die Schätzergebnisse reichen von kurzfristig 3% bis langfristig
8% höheren realen Marktmieten allein in Folge der Reform. Das bedeutet, dass
die Marktmieten heute real um zumindest 3% niedriger liegen würden, hätte es
die beschriebenen Änderungen im Mietrecht nicht gegeben.

2
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

2 Entwicklungen im Mietrecht und im


Mietwohnungs-bestand
Die zentrale Fragestellung der Studie betrifft den Einfluss von Wohnbauförderung und
der Mietrechtsreform 1994 auf die Entwicklung der Mieten in den achtziger und
neunziger Jahren. Die Wohnbauförderung stand bereits im Mittelpunkt des ersten Teils
der Studie. Daher werden hier nur die für die Fragestellung relevanten Entwicklungen
im Bereich der Mietenregulierung und im Mietwohnungsbestand beschrieben.

2.1 Relevante Entwicklungen im Mietrecht


Das Mietrecht entfaltet vielfältige direkte und indirekte Wirkungen auf das allgemeine
Mietenniveau und die Qualität der Wohnungen. Am direktesten wirken die Vorschriften
im Rahmen der Mietzinsbildung. Indirekt haben auch die Bestimmungen zu
Kündigungsschutz, Zeitmietverträgen, Althauserhaltung und Wohnungsverbesserung
Einfluss auf die Höhe der Mieten. Die für den Beobachtungszeitraum wichtigsten
Änderungen in diesem Bereich waren die Mietrechtsreformen 1982, 1985 und 1993.
Das Mietrechtsgesetz 1982 wurde am 12. November 1981 beschlossen und ist mit 1.
Jänner 1982 in Kraft getreten. Wichtige Bestimmungen dieses Gesetzes betrafen den
Kündigungsschutz und Zeitmietverträge, die Mietzinsbildung, Bestimmungen, die auf
vermehrte Althaussanierung und Wohnungsverbesserung abzielten und Bestimmungen,
die Wohnungsleerstände verhindern sollten. Im Jahr 1985 gab es eine teilweise
Liberalisierung dadurch, dass man alle Kategorie A-Altbauwohnungen bei
Neuvermietung für die „angemessene“ Miete freigegeben hat. Die Mietrechtsreform
1993 schließlich brachte die Ablöse der Kategorieobergrenzen durch die
Richtwertregelungen (Richtwertgesetz), die „Zurückholung“ der Kategorie A-
Altbauwohnungen mit weniger als 130 m2 Nutzfläche in die Mietzinsbegrenzung und
die Aufhebung der Rückzahlbarkeit der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge für den
Fall, dass diese nicht zweckgewidmet verwendet wurden.
Was die unmittelbaren Wirkungen des Mietrechts betrifft, so kann man festhalten, dass
das MRG zwar grundsätzlich für die Miete von Wohnungen gilt, einige
Mietverhältnisse aber teilweise oder zur Gänze vom MRG ausgenommen sind (Vgl.
Rosifka, 2000a). Volle Anwendung, insbesondere auch der Regelungen zum Mietzins,
findet das MRG bis zur Mietrechtsnovelle 2001 nur
- in Mietwohnungen in Altbauten, die vor dem 1.7.1953 errichtet wurden und
mehr als 2 Wohnungen haben und kleiner als 130 m² sind. Durch die
Mietrechtsnovelle 2001 wurden weitere Ausnahmen insbesondere bzgl. der
Mietzinsregelungen für Mietwohnungen in Dachbodenausbauten geschaffen.
- in vermieteten Eigentumswohnungen in Altbauten, die vor dem 9.5.1945
errichtet wurden und mehr als 2 Wohnungen haben und kleiner als 130 m² sind
- in Wohnungen in gefördert errichteten Neubauten mit mehr als 2 Wohnungen
(z.B. auch in den nach dem 2. Weltkrieg gefördert errichteten
Gemeindewohnungen).

3
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Für diese Wohnungen sieht das MRG für Mietverträge, die nach dem 1. März 1994 neu
abgeschlossen wurden, je nach Wohnungsart bzw. Gebäude, vier verschiedene
Mietzinsmöglichkeiten vor: angemessener Mietzins, Kategorie-Mietzins (bei
Substandard-Wohnungen), Richtwert-Mietzins oder den Mietzins aufgrund
förderungsrechtlicher Bestimmungen.
Keine Anwendung finden die Mietzinsregelungen des MRG bei Mietverträgen
- bei Wohnungen in frei finanzierten Gebäuden, die aufgrund einer nach dem
30.6.1953 erteilten Baugenehmigung neu errichtet wurden (Neubauten, die ohne
Verwendung öffentlicher Wohnbaufördermittel errichtet wurden)2
- bei vermieteten Eigentumswohnungen in Gebäuden, die aufgrund einer nach
dem 8.5.1945 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, und
- bei vermieteten Wohnungen in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei
selbständigen Wohnungen (Ein- und Zweifamilienhäuser), wobei ein
nachträglicher Dachbodenausbau nicht mitgezählt wird, unabhängig vom
Errichtungsjahr des Hauses.
In diesen Wohnungen ergeben sich Mietzinsgrenzen allenfalls aus den allgemeinen
Bestimmungen des ABGB („Wucher“, „Verkürzung über die Hälfte“,
„Mietzinsbefreiung“ gem. § 1096 ABGB). Es gelten jedoch die Bestimmungen des
MRG zum Kündigungsschutz und die Vorschriften über die Befristungsmöglichkeiten
(§§ 29 – 36), sowie die Übergangsregelung nach § 45 MRG betreffend die Anhebung
von niedrigen Mieten (Mieten, die die 2/3-Grenze der Kategoriebeträge unterschritten;
früher Vorschriften über die Einhebung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen).

2.2 Bedeutung und Struktur des Mietwohnungsbestandes im


Jahr 2001
Tabelle 1 zeigt den Anteil der Hauptmietwohnungen an den Hauptwohnsitzen
insgesamt sowie die Eigentümerstrukturen nach Bundesländern. Datengrundlage ist die
Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) 2001 der Statistik Austria.
Rund 40% aller Hauptwohnsitze in Österreich sind Hauptmietwohnungen. Der Rest
entfällt grossteils auf Eigenheime und Eigentumswohnungen, die nicht vermietet sind.
1981 lag der Anteil der Hauptmietwohnungen an den Hauptwohnsitzen bei 42,5
Prozent, 1991 bei 38,7 Prozent. Der Grund für den Rückgang in den achtziger Jahren
liegt in der relativ schwachen Bauleistung in diesem Jahrzehnt. Der Eigenheimbau zeigt
sich generell stabiler. Wohnbauzyklen manifestieren sich vorwiegend im Geschossbau
(vgl. Blaas/Wieser 2004). Deshalb hat der Wohnbauboom der neunziger Jahre den
Anteil der Hauptmietwohnungen auch wieder steigen lassen, wenngleich auf ein
geringeres Niveau als noch 1981.
Der Anteil der Mietwohnungen liegt mit 76 Prozent in Wien am höchsten, mit 12
Prozent im Burgenland am niedrigsten. Auch Niederösterreich hat mit 23 Prozent einen
relativ geringen Anteil an Mietwohnungen. In allen anderen Bundesländern nimmt der
Mietensektor etwa 1/3 des gesamten Wohnungsmarktes ein. Man könnte also von drei

2
Hat der Vermieter Förderungsmittel erhalten, und hat er diese nach bestimmten gesetzlichen
Sonderregeln („Rückzahlungsbegünstigungsgesetz“) vorzeitig zurückgezahlt, so können auch diese
Wohnungen ohne Beschränkung der Miethöhe durch das MRG vermietet werden (vgl. Rosifka, 2000a, S.
61).

4
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

unterschiedlichen Typen regionaler Märkte sprechen: Von allen anderen Bundesländern


grenzen sich Wien als das Bundesland der Mieter sowie das Burgenland und
Niederösterreich als Länder der Eigenheime ab. Im Wesentlichen wird diese Struktur
durch den Grad der Urbanisierung der Länder mitbestimmt.

Tabelle 1 Anteil und Eigentümerstruktur des österreichischen Mietwohnungssektors - 2001


Hauptwohnsitze Hauptmietwohnungen
Hauptmiet-
Hauptmiet- Hauptmiet-
wohnungen von
davon Hauptmiet- wohnungen von wohnungen von
insgesamt Privaten und
wohnungen Gebietskörper- gemeinnützigen
sonst. Jur.
schaften Bauvereinigungen
Personen
Anteil Anteil Anteil Anteil
Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl
in % in % in % in %
Burgenland 105.622 12.649 12,0 1.409 11,1 6.124 48,4 5.116 40,4
Kärnten 222.279 74.902 33,7 11.209 15,0 27.028 36,1 36.665 49,0
Niederösterreich 618.072 142.057 23,0 29.099 20,5 51.507 36,3 61.451 43,3
Oberösterreich 537.928 179.178 33,3 11.007 6,1 80.800 45,1 87.371 48,8
Salzburg 204.495 67.894 33,2 4.907 7,2 22.548 33,2 40.439 59,6
Steiermark 464.619 147.814 31,8 25.912 17,5 39.351 26,6 82.551 55,8
Tirol 257.916 81.329 31,5 9.441 11,6 19.441 23,9 52.447 64,5
Vorarlberg 133.461 43.062 32,3 1.320 3,1 15.175 35,2 26.567 61,7
Wien 770.955 586.721 76,1 212.621 36,2 111.952 19,1 262.148 44,7

Österreich 3.315.347 1.335.606 40,3 306.925 23,0 373.926 28,0 654.755 49,0

Quelle: Statistik Austria; Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) 2001; eigene Berechnungen

Was die Eigentümerstruktur betrifft, so entfallen 23 Prozent der Hauptmietwohnungen


auf Gebietskörperschaften (Gemeindewohnungen), 28 Prozent auf gemeinnützige
Bauvereinigungen und 49 Prozent auf private und sonstige juristische Personen. Die
höchsten Anteile der Gebietskörperschaften findet man in Wien (36%) und in
Niederösterreich (21%). Die Gemeinnützigen dominieren im Burgenland (48%) und in
Oberösterreich (45%). Sie sind relativ am schwächsten in Wien vertreten (19%). Private
und sonstige juristische Personen halten die höchsten Anteile in den westlichen
Bundesländern Tirol (65%), Vorarlberg (62%) und Salzburg (60%).
Der Anteil der Bundesländer an der Gesamtzahl der Hauptmietwohnungen in Österreich
hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten merklich verschoben. Während der Wiener
Anteil von 47,6% auf 43,9% gesunken ist, haben alle anderen Bundesländer zulegen
können (Tabelle 2). Der Grund war ein „Mietwohnungsboom“ in den Bundesländern in
den 90er Jahren, der den Anteil der Eigenheime und Eigentumswohnungen an den
Hauptwohnsitzwohnungen stark zurückgedrängt hat.

5
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Tabelle 2 Bundesländeranteile am Mietensektor


Hauptwohnsitze insgesamt davon Hauptmiete (alle Eigentümer)
Anteil Anteil in Anteil Anteil Anteil Anteil
1981 1991 2001 1981 1991 2001
in % % in % in % in % in %
Burgenland 84.202 3,1 93.010 3,1 105.622 3,2 7.603 0,7 7.738 0,7 12.649 0,9
Kärnten 171.090 6,4 195.451 6,6 222.279 6,7 56.298 4,9 60.536 5,3 74.902 5,6
Niederösterreich 498.567 18,5 548.787 18,5 618.072 18,6 122.551 10,7 110.920 9,6 142.057 10,6
Oberösterreich 412.613 15,3 470.676 15,9 537.928 16,2 140.052 12,2 148.731 12,9 179.178 13,4
Salzburg 148.163 5,5 174.040 5,9 204.495 6,2 52.253 4,6 53.619 4,7 67.894 5,1
Steiermark 386.696 14,4 419.603 14,1 464.619 14,0 126.222 11,0 124.720 10,8 147.814 11,1
Tirol 181.584 6,7 215.603 7,3 257.916 7,8 67.202 5,9 68.164 5,9 81.329 6,1
Vorarlberg 92.360 3,4 111.472 3,8 133.461 4,0 28.170 2,5 31.521 2,7 43.062 3,2
Wien 717.608 26,6 738.962 24,9 770.955 23,3 544.459 47,6 543.802 47,3 586.721 43,9
Österreich 2.692.883 100,0 2.967.604 100,0 3.315.347 100,0 1.144.810 100,0 1.149.751 100,0 1.335.606 100,0

Quellen: Statistik Austria; Häuser- und Wohnungszählungen (HWZ) 1981 und 1991 bzw. Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) 2001; eigene
Berechnungen

Zum Potential der Mietzinsregulierung im Hauptmietwohnungsbestand


Für eine Abschätzung der gegenwärtigen, potentiellen Reichweite der Mieten-
regulierung bei Erst- und Wiedervermietung wird hier nach Wohnungen unterschieden,
für welche entweder
- angemessene Mieten nach § 16 Abs. 1 MRG,
- Miet-Richtwerte nach § 16 Abs. 2 MRG,
- Kategorie D-Obergrenzen nach § 16 Abs. 5 MRG,
- die Regelungen des WGG (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) gelten.
Ausgangspunkt ist der geschätzte derzeitige Bestand an Mietwohnungen. Unter
Einschluss der nicht als Hauptwohnsitz genutzten Hauptmietwohnungen lässt sich dafür
eine Zahl von österreichweit insgesamt ca. 1.450.000 Wohnungen schätzen. Darin
enthalten sind 450.000 Wohnungen (31%), die den Kostenbestimmungen des
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes unterliegen (Wohnungen der Gemeinnützigen
Bauvereinigungen und etwa 60.000 Wohnungen der ehemals gemeinnützigen
Bundesgesellschaften, welche 2004 zum Großteil verkauft wurden), ein maximales
Potential an 530.000 Wohnungen, die bei Neuvermietung dem Richtwert unterliegen
(37%) und etwa 470.000 Wohnungen (33%) die frei oder angemessen vermietet werden
würden.
Nach dem WGG gibt es eine „Angemessenheit“ für Wohnungen, für welche nach dem
Rückzahlungsbegünstigungsgesetz 1987 eine Rückzahlung der Förderdarlehen
erfolgte3. Von den 450.000 dem WGG unterliegenden Wohnungen könnten bei
Wiedervermietung theoretisch etwa 50.000 Wohnungen auch „angemessen“ vermietet
werden4.
Auch beim Potential an Richtwertmieten handelt es sich um eine theoretische
Obergrenze, die in der Realität nicht zutreffen wird, da darin auch die Wohnungen der
Gebietskörperschaften – vor allem der Gemeinde Wien - enthalten sind. Gemeinden,
insbesondere die Gemeinde Wien, verlangen derzeit bei Neuvermietungen deutlich
weniger als die Richtwertmiete. Es geht dabei um 90.000 vor 1945 errichtete und
weitere 130.000 nach 1945 gefördert errichtete Mietwohnungen. Für die gefördert nach

3
Angemessenheit nach § 13 Abs. 4 WGG.
4
Information von E. Bauer vom Verband der Gemeinnützigen Bauträger (GBV).

6
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

1945 errichteten Wohnungen gilt bis zum Auslaufen der Förderung eine Kostenmiete
und erst danach kann theoretisch die Richtwertregelung zum Tragen kommen. Zieht
man diese 220.000 Wohnungen der Gebietskörperschaften ab, so verbleibt ein Potential
von 310.000 Richtwert-Wohnungen. Darin enthalten sind etwa 50.000 Wohnungen, die
nach 1945 von Privaten und juristischen Personen gefördert errichtet wurden. Auch für
diese gilt zunächst die Kostenmiete und bei Auslaufen der Förderung die Richtwert-
Miete.
Im Potential an freien und angemessenen Mieten sind rund 110.000 Wohnungen der
Gebietskörperschaften enthalten, die nach 1945 ohne Förderung, d.h. freifinanziert
errichtet wurden. In der Praxis wird die Miete der überwiegenden Mehrzahl dieser
Wohnungen unter der freien Miete liegen.
Weiter unten (Abschnitt 3.5) wird argumentiert, dass die Richtwert-Mieten aufgrund der
mangelnden Transparenz bei den diversen Zuschlägen sich nicht wesentlich von den
Marktmieten unterscheiden können. Man kann sie daher zumindest als marktähnliche
Mieten, wenn nicht sogar als Marktmieten qualifizieren. Zusammenfassend könnte man
folgende Unterscheidung betreffend das Regulierungspotential im derzeitigen
Hauptmietwohnungsbestand bei Erst- und Wiedervermietung treffen:
a) Das theoretische Maximum an Markt- und marktähnlichen Mieten (freien,
angemessenen und Richtwertmieten) liegt bei rund 70%. Dies wäre etwa dann
der Fall, wenn alle Wohnungen der Gebietskörperschaften an Private verkauft
werden würden oder wenn die Gebietskörperschaften aus budgetären Gründen
die Mieten auf das gesetzlich zulässige Höchstmaß erhöhen würden. Die
restlichen 30% unterliegen der Regulierung des Wohnungsgemeinnützigkeits-
gesetzes.
b) Die de facto-Verteilung WGG/Kostenmiete/Markt- und marktnahe Miete, unter
der Voraussetzung, dass die Gebietskörperschaften unter den gesetzlichen
Grenzen vermieten und die Kostenmieten entsprechend der Fördervorschriften
teilweise noch aufrecht sind, ergibt:
- rund 44% freie/angemessene/Richtwertmiete
- rund 30% WGG-Kostenmiete
- rund 23% Gebietskörperschaften-Miete „freiwillige Regulierung“
- rund 3% Kostenmiete private Vermieter von geförderten Wohnungen

7
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

3 Entwicklung der Markt- und Bestandsmieten in


Österreich

Auf den folgenden Seiten wird die Entwicklung von Bestands- und Marktmieten auf
den unterschiedlichen österreichischen Teilmärkten deskriptiv nachvollzogen. Für die
Bestandsmieten wird der Wohnungsaufwand für Hauptmieter aus dem Mikrozensus der
Statistik Austria herangezogen. Die Daten für die Marktmieten entstammen dem
Immobilienpreisspiegel der Kammer der Immobilientreuhänder. Als regionale
Teilmärkte werden hier - soweit nicht anders beschrieben – die österreichischen
Bundesländer verstanden. In sachlicher Hinsicht wird zwischen Wohnungen
unterschiedlicher Ausstattung und unterschiedlichen Baujahrs sowie zwischen
regulierten und nicht regulierten Wohnungen differenziert. Der Entwicklung der Mieten
werden wichtige wohnwirtschaftlichen Referenzgröße gegenüber gestellt. Dies sind
einerseits die Entwicklung der Verbraucherpreise, andererseits die Entwicklung der
Einkommen der Haushalte. Die Gegenüberstellung der Wohnkostenentwicklung mit der
allgemeinen Teuerungsrate zeigt, wie sich die Preise am Mietwohnungssektor im
Vergleich zur allgemeinen Preisentwicklung in der Vergangenheit verhalten haben. Der
Vergleich der Wohnkostenteuerung mit der Einkommensentwicklung wiederum
ermöglicht Aussagen zur Entwicklung der durchschnittlichen Wohnkostenbelastung.

3.1 Datenbasis

3.1.1 Marktmieten
Die Netto-Marktmieten (Kaltmieten ohne Betriebskosten und Umsatzsteuer) bei
Neubezug werden in Österreich seit 1979 von der Kammer der Immobilientreuhänder
einmal jährlich mittels Umfrage unter den Mitgliedern in den Bundesländern erhoben.
Die Daten wurden bis 1988 im Mietenspiegel und seit 1989 im Immobilienpreisspiegel
veröffentlicht. Publiziert werden Daten für die Landeshauptstädte bzw. im Falle von
Niederösterreich für St. Pölten und Wiener Neustadt. Daten für das Burgenland
(Eisenstadt) liegen erst seit 1994 vor5.
Die Daten umfassen Wohnungen in mäßiger, guter und Spitzenlage unterschiedlicher
Kategorien in den Größen bis 40m2, bis 70m2 und über 70m2. Vor 1983 wurden die
Mieten für Altwohnungen, die vor 1949 errichtet wurden, erhoben. Seit 1983 umfasst
die Erhebung Wohnungen, für welche die Mietzinsobergrenzen gemäß § 16 Abs. 2

5
Wie repräsentativ der Immobilienpreisspiegel ist, konnte im Rahmen dieser Studie nicht nachvollzogen
werden. Eine Anfrage bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ergab lediglich, dass durch die
Erhebungen rund 80% „des Marktes“ abgedeckt sein sollen. Eine Auskunft über Rücklaufquoten bei den
Erhebungen konnte nicht erreicht werden. Es war auch nicht möglich, zu eruieren, ob die
Richtwertmieten zwischen 1993 und 1997 im Mietenspiegel enthalten waren oder nicht. Dies macht die
Interpretation der Analyseergebnisse einigermaßen schwierig. Insgesamt lässt die Transparenz im
Hinblick auf Art und Umstände bei den Erhebungen zu wünschen übrig. Es ist daher zu vermuten, dass
die Qualität der Daten nicht an jene des Mikrozensus der Statistik Austria heranreicht. Mangels
Alternativen musste für die Zwecke dieser Untersuchung jedoch auf die Daten des
Immobilienpreisspiegels zurückgegriffen werden.

8
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

MRG (Mietrechtsgesetz) nicht gelten. Es handelt sich also um den


Mietwohnungsbestand der freien Mieten bzw. der „angemessenen“ Mieten nach § 16
Abs. 1 MRG. Nicht enthalten waren darin die „Kategoriemieten“, die bis 1994 gegolten
haben. Die Frage, ob die Daten auch die seit 1994 geltenden „Richtwertmieten“
umfassen, konnte auch durch Rückfragen bei den für den Immobilienpreisspiegel
Verantwortlichen nicht geklärt werden. Für die folgende Untersuchung wird davon
ausgegangen, dass die „Richtwertmieten“ nicht enthalten waren.
Die Angaben des Immobilien-Preisspiegel mussten für die Untersuchung weiter
verdichtet werden. Der Immobilien-Preisspiegel gibt „Von/Bis-Preise“ an, die
wiederum jeweils das arithmetische Mittel der erhobenen Preisminima und –maxima
darstellen. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Mittelwerte der „Von/Bis-Preise“ von
Wohnungen der Kategorie A bis 70m2 über alle Lagen herangezogen. Der Österreich-
Durchschnitt ergibt sich als ungewichtetes Mittel der Angaben für die neun
Landeshauptstädte.
Der Immobilienpreisspiegel wurde im Jahre 2001 umgestellt. Ein Vergleich der Daten
zwischen 2000 und 2001 ist aufgrund neuer Erhebungsformen nicht möglich. Die
folgenden Untersuchungen beziehen sich daher primär auf den Zeitraum 1979 bis 2000.

3.1.2 Bestandsmieten
Zu den Marktmieten vergleichbare Zeitreihen für Bestands-Nettomieten sind in
Österreich nicht verfügbar. Die Statistik Austria erhebt im Rahmen des Mikrozensus
vierteljährlich den Wohnungsaufwand; darunter die Kosten entgeltlich als
Hauptwohnsitz benutzter Wohnungen und die Kosten entgeltlich von Hauptmietern
benutzter Wohnungen. Die Kosten entgeltlich als Hauptwohnsitz benutzter Wohnungen
umfassen neben dem Hauptmietzins auch Untermietzinse sowie Rückzahlungen bzw.
Annuitäten für Eigentumswohnungen. Für einen Vergleich mit den Marktmieten ist
daher der Wohnungsaufwand für Hauptmieter besser geeignet. Innerhalb dieser
Kategorie unterscheidet der Mikrozensus zwischen Wohnungsaufwand pro m2 nach
Wohnungskategorie und nach unterschiedlichen Bauperioden (vor 1919, 1919 – 1944,
1945 – 1960, 1961 – 1970, 1971 – 1980, 1981 – 1990, 1991 und später).
Generell enthalten die Zeitreihen zum Wohnungsaufwand auch die Betriebskosten, d.h.
es handelt sich um Brutto-Mieten. Da sich die folgenden Analysen vorwiegend auf
Veränderungsraten stützen, wird hier vereinfachend angenommen, dass sich die
Betriebskostenentwicklungen zwischen Markt- und Bestandswohnungen nicht
unterschieden haben.

3.2 Entwicklung der Markt- und Bestandsmieten in ver-


schiedenen Teilmärkten
Ein Vergleich der Entwicklungen bei Marktmieten und Wohnungsaufwand für Gesamt-
österreich zeigt dass,
o die Marktmieten (Mieten neu vermieteter freifinanzierter Wohnungen)
wesentlich volatiler sind als die Bestandsmieten (Wohnungsaufwand)
o die Bestandsmieten mit einer gewissen Verzögerung auf die Verände-
rungen bei den Marktmieten reagieren, und

9
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

o der Wohnungsaufwand für Hauptmieter in den 90er Jahren stärker


gestiegen ist, als der Wohnungsaufwand für alle entgeltlich genutzten
Wohnungen.

Abbildung 1 Marktmieten und Wohnungsaufwand - Österreich

7,00

6,00 Marktmieten-Ö

WAF-HM-Ö
5,00

4,00 WAF-HW-Ö

3,00

2,00

1,00

0,00
1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002

Quellen: Wohnungsaufwand: Statistik Austria, Mikrozensus; Marktmieten: Bundesinnung der Immobilien- und
Vermögenstreuhänder, Immobilien-Preisspiegel; eigene Berechnungen; Legende: Marktmieten = Nettomarktmieten von
Wohnungen der Kategorie A bis 70 m2; WAF-HM = Wohnungsaufwand für Hauptmieter, Kategorie A; WAF-HW =
Wohnungsaufwand am Hauptwohnsitz, Kategorie A

Die höhere Volatilität der Marktmieten resultiert daraus, dass der unreglementierte
Bereich auf Veränderungen bei Nachfrage und Angebot reagiert, während die
Bestandsmieten zunächst vom Markt abgekoppelt sind und sich aufgrund
unterschiedlicher Faktoren entwickeln:
- gesetzlich oder vertraglich vorgesehene Anpassungen an die Verbraucherpreise;
- Mieterhöhungen bei laufenden Mietverhältnissen durch Sanierungen (§18 MRG,
EVB bei gemeinnützigen , u.a.). Diese können beträchtlich sein.
- Kostendynamik nach Finanzierungs- und Förderungskonditionen im geförderten
und gemeinnützigen Wohnbau (Annuitätenstaffelung, degressive Zuschüsse,
Zinssatzveränderungen, Dynamik der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge);
- Betriebskostensteigerungen.
Die Entwicklungen bei den Marktmieten zeigen sich erst mit einer gewissen
Verzögerung auch im Bestand, wenn hohe Neuvermietungsmieten in den Bestand
einfließen. Die Anpassung ist jedoch graduell, da von Neuvermietungen jeweils nur ein
verhältnismäßig geringer Teil (jährlich max. 5% - 10%) des gesamten Mietwohnungs-
marktes betroffen ist.
Die Anpassung wirkt sich am stärksten im Wohnungsaufwand für Hauptmieter und
abgeschwächt auch im Wohnungsaufwand für alle entgeltlich genutzten Wohnungen
aus. Zu letzteren zählen neben den Mietwohnungen auch Eigentumswohnungen, bei

10
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

denen die günstigeren Finanzierungsbedingungen die Entwicklung beim Wohnungs-


aufwand in den neunziger Jahren gedämpft haben.
Die Tabellen 3 und 4 zeigen die Entwicklung der Netto-Marktmieten und der Brutto-
Bestandsmieten (inkl. Betriebskosten und Umsatzsteuer) in unterschiedlichen
Segmenten der österreichischen Mietwohnungsmärkte zwischen 1986 und 2002.
Generell ist anzumerken, dass die unregelmäßigen Wachstumsraten im
Wohnungsaufwand zum Teil auf die unregelmäßigen Anpassungen an das allgemeine
Verbraucherpreisniveau zurückzuführen sind. Nur bei Mietverhältnissen mit Richtwert-
mieten werden sie jährlich angepasst.

Tabelle 3 Entwicklung der Netto-Marktmieten und Brutto-Bestandsmieten (Wohnungsaufwand)


in Österreich (€/m2 Nutzfläche)
Wohnungsaufwand
Marktmieten (WAF) für alle WAF für WAF für WAF für WAF für WAF für WAF für
für Wohnungen entgeltlich genützten WAF für WAF für Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter
2
bis 70m Wohnungen Hauptmieter Hauptmieter (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.;
(Kategorie A) (Hauptwohnsitze) (alle Kategorien) (Kategorie A) vor 1919) 1919-1944) 1945-1960) 1961-1970) 1971-1980) 1981-1990)

1986 3,83 2,35 2,30 2,79 1,86 1,75 1,99 2,57 3,31 3,32
1987 4,00 2,42 2,38 2,86 1,93 1,91 2,07 2,65 3,34 3,44
1988 4,04 2,51 2,46 2,89 1,98 2,02 2,21 2,68 3,39 3,46
1989 4,08 2,61 2,57 2,96 2,11 2,07 2,33 2,78 3,53 3,38
1990 5,01 2,67 2,70 3,04 2,19 2,20 2,38 2,89 3,62 3,64
1991 5,31 2,89 2,87 3,20 2,35 2,37 2,58 3,06 3,74 3,89
1992 5,38 3,08 3,09 3,38 2,59 2,64 2,77 3,19 3,92 4,16
1993 5,89 3,16 3,32 3,57 2,86 2,84 2,89 3,39 4,17 4,36
1994 5,96 3,63 3,67 3,85 3,27 2,92 3,26 3,69 4,52 4,57
1995 6,18 3,83 3,92 4,05 3,45 3,16 3,50 3,91 4,85 4,75
1996 6,10 4,00 4,12 4,20 3,58 3,38 3,66 4,04 4,97 4,90
1997 6,10 4,13 4,24 4,32 3,65 3,54 3,68 4,23 5,05 5,08
1998 5,72 4,26 4,38 4,44 3,79 3,73 3,77 4,36 5,12 5,17
1999 5,52 4,33 4,52 4,51 3,95 3,88 3,88 4,38 5,15 5,26
2000 5,53 4,39 4,59 4,54 4,16 3,90 3,88 4,47 5,24 5,22
2001 6,18 4,48 4,72 4,61 4,12 4,03 3,99 4,56 5,29 5,25
2002 6,36 4,60 4,84 4,71 4,31 4,15 4,17 4,58 5,37 5,39
2003 - - - - - - - - - -

Veränderungen in %:
86-91 38,4 23,2 25,0 14,6 26,2 35,3 29,6 18,9 12,7 17,1
91-96 15,1 38,2 43,5 31,4 52,5 42,7 41,9 32,0 33,1 26,0
96-02 - 15,1 17,5 12,1 20,4 22,8 13,9 13,4 8,0 10,0
86-02 - 96,0 110,8 68,9 131,7 137,0 109,4 78,0 62,0 62,3

Quellen: Statistik Austria, Mikrozensus; Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Immobilien-Preisspiegel; eigene Berechnungen
Anmerkung: Die Marktmieten der Jahre 2000 und 2001 sind aufgrund von Änderungen in der Erhebung nicht vergleichbar

Tabelle 4 Entwicklung der Netto-Marktmieten und Brutto-Bestandsmieten (Wohnungsaufwand)


in Österreich (%-Veränderung geg. Vorjahr)
Wohnungsaufwand
Marktmieten (WAF) für alle WAF für WAF für WAF für WAF für WAF für WAF für
für Wohnungen entgeltlich genützten WAF für WAF für Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter Hauptmieter
2
bis 70m Wohnungen Hauptmieter Hauptmieter (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.; (alle Kat.;
(Kategorie A) (Hauptwohnsitze) (alle Kategorien) (Kategorie A) vor 1919) 1919-1944) 1945-1960) 1961-1970) 1971-1980) 1981-1990)

1987 4,3 3,1 3,8 2,4 3,9 9,1 4,0 2,8 0,9 3,5
1988 1,0 3,6 3,0 1,1 2,3 5,7 6,7 1,4 1,3 0,6
1989 1,0 4,1 4,4 2,3 7,0 2,5 5,3 3,8 4,3 -2,3
1990 22,8 2,3 5,4 2,9 3,4 6,3 2,2 3,7 2,5 7,7
1991 5,8 8,3 6,2 5,1 7,3 7,6 8,6 6,0 3,2 6,8
1992 1,4 6,5 7,6 5,8 10,2 11,3 7,3 4,3 5,1 7,1
1993 9,5 2,5 7,5 5,5 10,7 7,7 4,2 6,4 6,3 4,7
1994 1,2 15,1 10,5 7,9 14,2 2,8 13,0 8,7 8,4 4,8
1995 3,7 5,4 6,7 5,2 5,5 8,2 7,4 6,0 7,3 3,9
1996 -1,2 4,4 5,2 3,7 3,8 7,0 4,6 3,3 2,5 3,2
1997 0,0 3,3 2,8 2,9 2,0 4,7 0,5 4,7 1,6 3,7
1998 -6,3 3,2 3,4 2,8 3,8 5,4 2,4 3,1 1,4 1,8
1999 -3,5 1,7 3,1 1,6 4,2 4,0 2,9 0,5 0,6 1,7
2000 0,2 1,4 1,6 0,7 5,3 0,5 0,0 2,1 1,7 -0,8
2001 - 2,1 2,9 1,5 -1,0 3,3 2,8 2,0 1,0 0,6
2002 2,8 2,7 2,5 2,2 4,6 3,0 4,5 0,4 1,5 2,7
2003 - - - - - - - - - -

Quellen: Statistik Austria, Mikrozensus; Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Immobilien-Preisspiegel; eigene Berechnungen

11
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Zum Teil sind die unregelmäßigen Anstiege auch auf hohe Mietsteigerungen in Folge
von Sanierungsmassnahmen zurückzuführen, die etwa besonders den Altbau betreffen.
Damit lassen sich zum Teil Unstetigkeiten in der Entwicklung erklären. Ein weiterer
Faktor sind die Betriebskosten, die sich von Jahr zu Jahr unterschiedlich entwickeln
können.
Im Beobachtungszeitraum ist der Wohnungsaufwand für Hauptmieter in den
Wohnungen, die bei Neuvermietung dem Richtwert-Mietzins unterliegen (Baujahr vor
1919 und zwischen 1919 und 1945) am stärksten gestiegen. Drei Gründe dürften dafür
ausschlaggebend gewesen sein: Erstens wird bei vielen Wiedervermietungen von
Altbauwohnungen ein günstiger Altvertrag (z.B. Kategoriemiete) durch einen
wesentlich teureren Neuvertrag (Markt- oder Richtwertmiete) ersetzt. Diese
Neuverträge fließen dann in den Bestand ein. Dies dürfte auch der Hauptgrund gewesen
sein. Zweitens hat die Abschaffung der Rückzahlbarkeit der Errichtungs- und
Verbesserungsbeiträge (EVB) durch die Reform 1993 faktisch wie einer Erhöhung im
Niveau der Altbaumieten gewirkt.

Tabelle 5 Ausstattungsstandards der österreichischen Hauptwohnsitze


Wohnungen (Hauptwohnsitze) insgesamt Kategorie A Kategorie B
Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil
1981 1991 2001 1981 1991 2001 1981 1991 2001
in % in % in % in % in % in %
Burgenland 84.202 93.010 105.622 37.695 44,8 64.473 69,3 92.539 87,6 30.657 36,4 19.438 20,9 10.946 10,4
Kärnten 171.090 195.451 222.279 69.179 40,4 124.914 63,9 185.856 83,6 69.220 40,5 48.474 24,8 30.835 13,9
Niederösterreich 498.567 548.787 618.072 222.186 44,6 365.354 66,6 534.802 86,5 155.333 31,2 89.630 16,3 60.479 9,8
Oberösterreich 412.613 470.676 537.928 205.832 49,9 331.908 70,5 481.958 89,6 131.533 31,9 82.012 17,4 41.253 7,7
Salzburg 148.163 174.040 204.495 86.092 58,1 125.179 71,9 181.476 88,7 42.618 28,8 32.714 18,8 19.624 9,6
Steiermark 386.696 419.603 464.619 175.089 45,3 283.992 67,7 412.138 88,7 115.125 29,8 70.123 16,7 36.563 7,9
Tirol 181.584 215.603 257.916 91.592 50,4 137.783 63,9 213.962 83,0 61.283 33,7 55.497 25,7 38.239 14,8
Vorarlberg 92.360 111.472 133.461 57.479 62,2 82.019 73,6 117.753 88,2 20.049 21,7 18.924 17,0 13.294 10,0
Wien 717.608 738.962 770.955 248.927 34,7 479.158 64,8 656.181 85,1 256.958 35,8 75.194 10,2 44.872 5,8

Österreich 2.692.883 2.967.604 3.315.347 1.194.071 44,3 1.994.780 67,2 2.876.665 86,8 882.776 32,8 492.006 16,6 296.105 8,9

Wohnungen (Hauptwohnsitze) insgesamt Kategorie C Kategorie D


Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil
1981 1991 2001 1981 1991 2001 1981 1991 2001
in % in % in % in % in % in %
Burgenland 84.202 93.010 105.622 3.062 3,6 2.150 2,3 633 0,6 12.788 15,2 6.949 7,5 1.504 1,4
Kärnten 171.090 195.451 222.279 14.340 8,4 8.197 4,2 2.051 0,9 18.351 10,7 13.866 7,1 3.537 1,6
Niederösterreich 498.567 548.787 618.072 38.310 7,7 26.553 4,8 4.986 0,8 82.738 16,6 67.250 12,3 17.805 2,9
Oberösterreich 412.613 470.676 537.928 32.034 7,8 19.358 4,1 4.593 0,9 43.214 10,5 37.398 7,9 10.124 1,9
Salzburg 148.163 174.040 204.495 9.832 6,6 5.875 3,4 1.088 0,5 9.621 6,5 10.272 5,9 2.307 1,1
Steiermark 386.696 419.603 464.619 33.417 8,6 18.799 4,5 3.745 0,8 63.065 16,3 46.689 11,1 12.173 2,6
Tirol 181.584 215.603 257.916 16.927 9,3 9.739 4,5 2.784 1,1 11.782 6,5 12.584 5,8 2.931 1,1
Vorarlberg 92.360 111.472 133.461 10.148 11,0 4.764 4,3 1.012 0,8 4.684 5,1 5.765 5,2 1.402 1,1
Wien 717.608 738.962 770.955 77.431 10,8 47.998 6,5 11.869 1,5 134.292 18,7 136.612 18,5 58.033 7,5

Österreich 2.692.883 2.967.604 3.315.347 235.501 8,7 143.433 4,8 32.761 1,0 380.535 14,1 337.385 11,4 109.816 3,3

Kategorie A: Zentralheizung u.ä., Bad/Dusche, WC


Kategorie B: Bad/Dusche, WC
Kategorie C: WC und Wasserentnahme in der Wohnung
Kategorie D: Kein€ WC/Wasserentnahme in der Wohnung

Quelle: Statistik Austria; Häuser- und Wohnungszählungen (HWZ) 1981 und 1991 bzw. Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) 2001; eigene Berechnungen

Eine dritte Ursache war der „Wiedervermietungseffekt“ durch Neuvermietung von im


Standard angehobenen, vorher sehr billigen Substandardwohnungen6. Dieser Effekt

6
Eine Abschätzung dieses Effektes mit den Zahlen aus Tabelle 3 ist schwierig, da nicht bekannt ist,
welcher Anteil der Kategorie D-Wohnungen, die seit 1981 „verschwunden“ sind, entweder tatsächlich
vom Markt genommen oder in der Ausstattung angehoben wurde Ein hypothetisches Beispiel mag zur
Illustration dienen: Im Ausgangsjahr 0 setzt sich ein Bestand von 100 Wohnungen aus 25 Wohnungen der
Kategorie D und 75 Wohnungen der Kategorie A zusammen. Die Miete betrage für die D-Wohnungen 3
€/m2, für die A-Wohnungen 7 €/m2. Im Jahr 1 sinkt die Kategorie A-Miete von 7 € auf 6,5 €/m2. Es
werden 4 der 75 Kategorie A-Wohnungen (=5%) neu vermietet. Zugleich wird eine der Kategorie D-
Wohnungen auf Kategorie A aufgewertet und ebenfalls zu 6,5 €/m2 vermietet. Trotz des Mietenrückgangs
12
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

dürfte jedoch in letzter Zeit an Bedeutung verloren haben, da der Bestand an


Substandardwohnungen in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich zurückgegangen ist
(vgl. Tabelle 5). In Summe haben diese Effekte zu deutlichen Mieterhöhungen im
Altbaubestand geführt. Die Bruttomieten haben sich in diesen Segmenten seit 1986
mehr als verdoppelt.
Teilweise hat die Änderung beim EVB auch bei den Wohnungen gewirkt, die zwischen
1945 und 1960 errichtet wurden. Im Vergleich zu den Altbauwohnungen war die
Entwicklung im Wohnungsaufwand bei den jüngeren Wohnungen jedoch moderat. In
den neueren Wohnungen gelten größtenteils „Kostenmieten“ nach den Förderungs-
bestimmungen bzw. nach dem WGG, die auch bei Neuvermietungen weiter wirken.

3.3 Wohnungspreise, Verbraucherpreise und Einkommen


Der VPI-Wohnen ist Teil des VPI und umfasst die Kosten für Errichtung, Miete und
Instandhaltung von Wohnungen. Wie aus der Abbildung 2 ersichtlich, sind die
Wohnkosten vor und nach 1990 stärker gestiegen als der VPI. Der nominelle
Wohnungsaufwand für Hauptmieter (alle Ausstattungskategorien) ist in den 80er Jahren
etwas hinter der Entwicklung des VPI-Wohnen zurückgeblieben, hat aber gegen Mitte
der neunziger Jahre auch infolge der gestiegenen Marktmieten und der Änderungen
beim EVB stärker angezogen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der
Wohnungsaufwand durch Änderungen in der Qualität der Wohnungen beeinflusst wird,
während der VPI-Wohnen von der qualitativen Zusammensetzung des
Wohnungsbestandes im Basisjahr ausgeht. Die Verschiebungen zwischen den
Kategorien war in den letzten 20 Jahren beträchtlich (siehe Tabelle 3), sodass die
Steigerungen im Wohnungsaufwand auf den ständig steigenden Anteil qualitativ
hochwertiger Kategorie A-Wohnungen zurückzuführen sind.
Bei den Marktmieten sehen wir nach dem Preisschub zwischen 1989 und 1995 einen
kontinuierlichen Rückgang. Ein Rückgang der Marktmieten führt allerdings nicht
automatisch auch zu einem dämpfenden Effekt auf die Bestandsmieten. Solange die
Marktmieten über den Bestandsmieten liegen, steigt der Wohnungsaufwand im Bestand
durch jede Neuvermietung zu Markt- oder marktnahen Mieten (Richtwert-Mieten), auch
wenn diese tendenziell rückläufig sind. Der Effekt rückläufiger oder stagnierender
Marktmieten ist nur, dass die Bestandsmieten weniger stark steigen als in einer Periode
steigender Marktmieten, wie es in der ersten Hälfte der 90er Jahre der Fall war. In
Summe haben sich die Preise für das Wohnen in den 90er Jahren deutlich von den
allgemeinen Verbraucherpreisen abgesetzt. Erst gegen Ende der Periode sind die
Steigerungsraten annähernd auf gleichem Niveau.
Die Tabelle 6 illustriert die Entwicklung der realen Haushalts-Nettoeinkommen aus
dem Mikrozensus7 im Vergleich zum realen VPI-Index des Wohnens und den realen
Markt- und Bestandsmieten für Gesamtösterreich. Während der 15 Jahre des
Beobachtungszeitraumes sind die realen Haushalts-Nettoeinkommen in allen
Bundesländern mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 1,6% p. a. gestiegen.
Im Zeitverlauf sind Wachstumsraten jedoch rückläufig. Zum Teil dürften die Rück-
gänge mit der gestiegenen Zahl kleinerer Haushalte („Singlehaushalte“) zusammen-

steigt die Durchschnittsmiete im Bestand aufgrund der Qualitätsanhebung von 6 € auf 6,025 €/m2
(=0,4%).
7
Im Rahmen des Mikrozensus werden die Selbständigen nicht zum Einkommen befragt.

13
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

hängen. Weitere Gründe waren die Sparpakete der großen Koalition (1995 und 1996)
und die schwächere Wirtschaftsentwicklung.

Abbildung 2 Wohnungspreise und Verbraucherpreisentwicklung in Österreich (1990 = 100)

200,0
Wohnungsaufwand
Hauptmieter
180,0

VPI-Wohnen
160,0

140,0 Marktmieten VPI

120,0

100,0

80,0

60,0

40,0

20,0

0,0
1979 1982 1985 1988 1991 1994 1997 2000

Quellen: Wohnungsaufwand, VPI-Wohnen und VPI: Statistik Austria, Mikrozensus; Marktmieten: Bundesinnung der Immobilien-
und Vermögenstreuhänder, Immobilien-Preisspiegel; eigene Berechnungen

Tabelle 6 Realeinkommen und reale Wohnungspreise in Österreich (durchschnittliche jährliche


Wachstumsraten in %)
WAF für
Haushalts- WAF für
VPI- Markt- Hauptmieter
Netto- BIP Hauptmieter
Wohnen mieten (alle Kat.;
Einkommen (alle Kategorien)
vor 1919)

86-91 2,4 4,2 0,8 3,4 1,7 1,8


91-96 1,2 1,5 1,8 -0,1 3,7 4,7
96-00 0,6 2,5 1,0 -3,2 1,6 1,7
86-00 1,6 2,8 1,3 0,3 2,5 3,3

Quellen: Statistik Austria, Mikrozensus; Bundesinnung der Immobilien- und


Vermögenstreuhänder, Immobilien-Preisspiegel; eigene Berechnungen

Im Vergleich zu den realen Haushalts-Nettoeinkommen sind die realen Wohnungspreise


gemessen durch den VPI-Wohnen im Beobachtungszeitraum mit 1,3% p. a. weniger
stark gestiegen. Der VPI-Wohnen enthält jedoch neben den Mietaufwendungen und den
Betriebskosten der Mietwohnungen auch Aufwendungen für Eigentumswohnungen,
Eigenheime und Instandhaltungsaufwendungen (Baumaterial, Arbeiten und Repara-
turen). Betrachtet man nur die Bestandsmieten und Betriebskosten, dann erweist sich,

14
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

dass der Wohnungsaufwand pro m2 für Hauptmieter erheblich stärker gestiegen ist als
die Einkommen. Dies trifft insbesondere auf die privaten Altbaumietwohnungen zu.

3.4 Wohnungsneubau, Förderung und Mieten


Zu Beginn der 80er Jahre war die Marktsituation auf den österreichischen
Wohnungsmärkten durch die starke Bautätigkeit in den 70er Jahren und den
verhältnismäßig geringen Zuwachs bei den Haushalten eher entspannt. Im Altbestand
hat die Mietrechtsreform 1982 durch die Einführung des EVB (damals noch
rückzahlbar) und die Einführung von Kategorieobergrenzen (vorher Friedenskronenzins
mit Ablösen) zu einem ersten Kostenschub geführt. Nach § 16 Abs. 1 MRG 1982
angemessen zu vermieten waren damals Kategorie A - Altbauwohnungen über 90 m2
und Kategorie B - Altbauwohnungen über 130 m2. Mitte der 80er Jahre kam es zu
ersten Anspannungen auf den Märkten, da die Bautätigkeit im Vergleich zum
Wachstum der Haushalte relativ gering war. Durch eine weitere Reform des Mietrechts
wurden alle Kategorie A - Altbauwohnungen bei Neuvermietung aus den Kategorie-
obergrenzen genommen und nur mehr nach § 16 Abs. 1 angemessen zu vermieten.

Abbildung 3 Förderungszusagen für Miet- und Eigentumswohnungen in Wien


Eigentumswohnungen Mietwohnungen

9000

8000

7000

6000

5000

4000

3000

2000

1000

0
1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002

Quelle: Verband der Gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV).

Die Umstellungen in der Wohnbauförderung in den Jahren 1984 und 1988/89


(„Verländerung“) dürften (im Nachhinein gesehen) einen erheblichen Einfluss auf die
Entwicklung der Marktmieten gehabt haben. Sie hatten Verzögerungen bei den
Förderzusagen und den Baubewilligungen für Neubauten zur Folge. Zum Teil war auch
eine verstärkte Konzentration der Förderung auf den Bereich der Sanierungen dafür
verantwortlich. Da auch der freifinanzierte Bereich sich nur sehr schwach entwickelte
kam es zu einer verhältnismäßig schwachen Produktionsleistung gegen Ende der
neunziger Jahre.

15
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Zusätzliche unvorhergesehene Zuwanderung führte vor allem in Wien zu einer sehr


starken Anspannung des Marktes. Seit Mitte der 80er Jahre waren die
Förderungszusagen für Miet- und Eigentumswohnungen in Wien stagnierend oder
rückläufig. In den Jahren 1988 und 1989 waren weniger als 3.000 Zusagen für
Mietwohnungen zu verzeichnen. Der geförderte Eigentumswohnungsbau kam
vollständig zum erliegen. Erst ab 1990 sind die Förderzusagen dann kräftiger gestiegen.
Zwischen 1993 und 1996 gab es für den Geschoßbau insgesamt jährlich mehr als 8.000
Förderungszusicherungen.
Von der Förderungszusage bis zur Fertigstellung vergehen im Geschossbau
durchschnittlich 1,5 bis 2 Jahre. Die Wirkungen auf das Mietenniveau zeigen sich
entsprechend später. Es ist aber augenscheinlich, dass das höhere Angebot an Miet- und
Eigentumswohnungen den Nachfragedruck, der zu Beginn der neunziger Jahre
entstanden ist, gemildert hat. Durch die starke Neubautätigkeit bei gleichzeitig
abnehmendem Nachfragedruck wurden die realen Mieten im Jahr 2000 sogar bis auf
das Niveau von 1986 zurückgedrängt.

Abbildung 4 Fertigstellungen und reale Marktmieten in Wien

10000 8,00

Mietwohnungen
9000
7,00
Marktmieten (real)
8000
6,00
Marktmieten(real)
7000

5,00
6000

5000 4,00
Eigentumswohnungen
4000
3,00

3000
2,00
2000

1,00
1000

0 0,00
1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002

Quellen: Fertigstellungen und VPI: Statistik Austria; Marktmieten: Bundesinnung der Immobilien- und
Vermögenstreuhänder, Immobilienpreisspiegel; eigene Berechnungen

Seit etwa 2001 steigen die Marktmieten wieder, allerdings vorläufig nur leicht8. Gemäß
Immobilienpreisspiegel ist das durchschnittliche Niveau der Netto-Marktmieten in
Wien von 6,8 € auf 7,1 € pro m2 (2002) gestiegen, zuletzt aber wieder auf 6,9 € (2003)
gefallen. Eine Untersuchung der AK-Salzburg zeigt, dass im Land Salzburg die
Bruttomiete (inkl. Betriebskosten) je m2 von 8,07 € im Jahr 2000 auf 8,68 € im Februar
2004 gestiegen ist. In der Stadt Salzburg war die Steigerung von 9,67 € auf 10,49 € pro

8
Die Vergleichbarkeit der Marktmieten zwischen 2000 und 2001 ist nicht mehr gegeben (siehe dazu die
Erläuterungen in Punkt 3.1).

16
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

m2 noch stärker. Als Hauptursache werden die geringeren Zahlen an geförderten neu
errichteten Wohnungen angeführt.
Die Wirkungen der Wohnbauförderung sind in diesem relativ kurzen
Beobachtungszeitraum durchaus ambivalent zu sehen. Der geförderte Wohnbau hat sich
seit Anfang der 70er Jahre zwar stabiler entwickelt als der frei finanzierte (vgl.
Blaas/Wieser, 2004). Dieser Umstand kann aber auch auf die Dominanz der Förderung
(zwischen 1971 und 2002 wurden 73% der Wohnungen gefördert errichtet) generell
zurückzuführen sein. Ungewiss ist, in welcher Weise die Zurückholung der Kategorie A
– Altbauwohnungen (kleiner als 130 m2) in die Mietenregulierung durch das Richt-
wertgesetz 1993 auf das allgemeine Mietenniveau gewirkt hat. Die Veränderungen im
EVB haben jedenfalls mietenerhöhend gewirkt (siehe oben). Die ökonometrische
Analyse im letzten Kapitel versucht, die Einflüsse der Wohnbauförderung und des
Mietrechts neben anderen Faktoren auf die Entwicklung der realen Mieten zu
berechnen.

3.5 Entwicklung der Mieten im regulierten Bereich


Das im Jahr 1982 eingeführte System der Preisregulierung mittels Kategorieober-
grenzen wurde 1994 durch die Miet-Richtwerte weitgehend abgelöst. Die Richtwerte
(§ 16 Abs. 2 MRG) wurden erstmals am 1.4.1994 in unterschiedlicher Höhe nach
Bundesländern eingeführt. Die Anpassung an die allgemeine Preissteigerung erfolgt
seither jährlich zum 1. April durch Kundmachung des Bundesministers für Justiz. Die
Richtwerte werden durch Zu- und Abschläge ergänzt, mit denen Abweichungen in den
Merkmalen der betreffenden Wohnungen von der „Normwohnung“ berücksichtigt
werden können9.
Die Richtwertregelung ist für die Mietzinsbegrenzung nach bisherigen Erhebungen und
Analysen nicht geeignet. Laut einer Untersuchung der Arbeiterkammer Wien für das
Jahr 2002 machten die Netto-Richtwertmieten (ohne Mehrwertsteuer und
Betriebskosten) in Wien durchschnittlich 6,65 € pro Quadratmeter aus10. Damit lagen
die effektiven Mieten um 57 Prozent über dem Richtwert von 4,24 €/m2. Zum
Vergleich: in freier Miete bezahlte man in Wien im Jahr 2002 laut Immobilien-
preisspiegel durchschnittlich 7,1 € pro Quadratmeter. Damit lag die effektive Richtwert-
miete nur etwa 7 Prozent unter der freien Miete.
Die Austria Immobilienbörse (A!B) und das Institut für Stadt- und Regionalforschung
der TU Wien erheben seit Jahren Daten zu den Mieten in Wien. Die Stichproben setzen
sich aus Angebotspreisen (Inserate), Transaktionspreisen (echte Abschlüsse), aus
befristeten und unbefristeten Mieten, sowie aus neuen bzw. generalsanierten und alten
Wohnungen zusammen. Die A!B-Daten stammen überdurchschnittlich aus besseren
Lagen (1., 13., 18. und 19. Bezirk). Nach Auskunft der A!B haben sich die
Richtwertmieten (vor 1945 erbaut und kleiner als 130 m2) in den Stichproben wie folgt

9
Die „mietrechtliche Normwohnung“ entspricht einer Wohnung der Ausstattungskategorie A, die sich in
einem Gebäude mit ordnungsgemäßem Zustand und in durchschnittlicher Lage befindet. Zuschläge zu
den Richtwerten kann es geben etwa für das Vorhandensein einer Garage, eines Aufzugs oder einer
gemeinsamen Wärmeversorgung. Darüber hinaus sind Lagezuschläge und –abstriche und Abstriche für
geringere Ausstattungskategorien vorgesehen. Die Richtlinien für die Ermittlung des Richtwertzinses der
MA 25 in Wien sehen Abstriche von -25% bei Wohnungen der Kategorie B und Abstriche von -50% bei
Wohnungen der Kategorie C vor.
10
Erhoben wurden die Angebotspreise (Inserate) neu vermietbarer Wohnungen.

17
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

entwickelt: 8,31 € (2000), 8,77 € (2001), 8,32 € (2002) und 8,27 € (2003). Im Vergleich
dazu lagen die freien Mieten (nach 1945 erbaut oder größer als 130 m2) bei 10,57 €
(2000), 10,96 € (2001), 9,85 € (2002) und 9,55 € (2003). Die Unterschiede zwischen
den erhobenen Richtwertmieten und den freien Mieten dieser Stichprobe sind vor allem
durch Qualitätsunterschiede (bessere Ausstattung, Mietergärten, Terassen) bedingt.

Tabelle 7 Richtwerte für Wohnungsmieten (§ 16 Abs. 2 MRG)


Öster-
reich-
Burgen- Nieder- Ober- Steier- Vorarl- Durch-
Wien land Kärnten österreich österreich Salzburg mark Tirol berg schnitt

1994 3,66 3,34 4,28 3,76 3,97 5,06 5,05 4,47 5,62 4,36
1995 3,76 3,43 4,39 3,85 4,07 5,19 5,18 4,59 5,77 4,47
1996 3,83 3,50 4,47 3,92 4,14 5,28 5,28 4,67 5,88 4,55
1997 3,92 3,58 4,58 4,02 4,24 5,41 5,40 4,78 6,02 4,66
1998 3,98 3,63 4,64 4,08 4,30 5,49 5,48 4,85 6,10 4,73
1999 4,00 3,65 4,67 4,11 4,33 5,52 5,52 4,88 6,14 4,76
2000 4,06 3,70 4,74 4,16 4,39 5,60 5,59 4,95 6,23 4,82
2001 4,16 3,79 4,86 4,27 4,51 5,74 5,73 5,07 6,39 4,95
2002 4,24 3,87 4,95 4,35 4,59 5,85 5,84 5,17 6,51 5,04
2003 4,32 3,94 5,05 4,43 4,68 5,96 5,96 5,27 6,63 5,14
2004 4,37 3,99 5,11 4,48 4,73 6,03 6,03 5,33 6,71 5,20
Quelle: http://www.jusline.at
1
Die "mietrechtliche Normwohnung" entspricht einer Wohnung der Ausstattungskategorie A, die in einem Gebäude mit
ordnungsgemäßem Zustand und in durchschnittlicher Lage liegt.

Böhm (2003) kritisiert, dass für die Mieter nicht erkennbar ist, welche Zu- und
Abschläge zum Richtwert der Vermieter verlangt. Der Vermieter ist nicht verpflichtet,
dem Mieter die Zusammensetzung und Berechnung des Mietzinses bekannt zu geben.
Damit der Mieter erfährt, wofür Zuschläge verrechnet worden sind, müsste er ein
Schlichtungsstellenverfahren führen. Erschwert wird die Sachlage für die Mieter
dadurch, dass mangelnde Transparenz und unbestimmte Rechtsbegriffe Rechtsunsicher-
heit schaffen und eine konkretisierende Überprüfung durch die Judikatur weitgehend
unmöglich machen (Böhm, 2003, S. 37ff).
Es erscheint daher offensichtlich, dass die Richtwertmieten keine effektiven Mietober-
grenzen darstellen können. Die prohibitiv hohen Durchsetzungskosten auf Seiten der
Mieter im Falle einer Überprüfung der Zuschläge bewirkt vielmehr, dass der
Markteinfluss gegenüber der Mietenbegrenzung dominiert. Es ist daher auch nicht
verwunderlich, dass sich die Richtwertmieten von den Marktmieten kaum
unterscheiden. Anzunehmen ist, dass die verbleibende Differenz zwischen Markt- und
Richtwertmieten in erster Linie auf Qualitätsunterschiede in der Ausstattung der
Wohnungen oder Unterschiede in der Baualtersstruktur und nicht auf die Regulierung
zurückzuführen ist. Damit sind die Richtwertmieten zumindest als marktnahe Mieten,
wahrscheinlich aber sogar als Marktmieten zu qualifizieren.
Zur Eindämmung der Mieten scheint das Richtwertsystem in seiner gegenwärtigen
Ausgestaltung daher nicht geeignet. Es ist anzunehmen, dass die allgemeine
Mietenentwicklung in Österreich derzeit weniger durch das geltende Mietrecht
(Mietzinsregulierung) stabilisiert wird, als viel mehr von jenen Formen der staatlichen
Intervention, in denen der Staat direkt oder indirekt das Wohnungsangebot steuert
(Wohnbauförderung und Wohnungsgemeinnützigkeit).

18
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

4 Ökonometrische Analyse der Mietenentwicklung in


den Bundesländern

4.1 Einleitung
Wohnungsmärkte sind in höchstem Maße lokale Märkte. Dies ergibt sich daraus, dass
das Gut „Wohnung“ physisch nicht transferierbar ist. Jede empirische Untersuchung
über Zusammenhänge und Abläufe auf den Wohnungsmärkten muss daher versuchen,
möglichst lokal begrenzte Einflussfaktoren zu identifizieren. Diese Anforderung ist
jedoch aufgrund der zumeist unzureichenden Daten nicht leicht zu erfüllen. In diesem
abschließenden Kapitel wird der Versuch unternommen, die wichtigsten Bestimmungs-
faktoren für die Marktmieten in den Bundesländern in den 1980er und 1990er Jahren in
einem gemeinsamen empirischen Rahmen zu analysieren. Dabei werden zunächst die
Grundzüge der Mietenentwicklung auf Länderebene dargestellt. Nach einer kurzen
Besprechung der Gemeinsamkeiten und etwaigen Besonderheiten der regionalen
Märkte erfolgt die Präsentation der Schätzergebnisse.
Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage, ob die Wohnbauförderung und die
Veränderungen in der Mietenregulierung 1993 einen nachweisbaren Effekt auf die
Entwicklung der Marktmieten hatten. Von der Objektförderung wird angenommen, dass
sie über eine Hebelwirkung (Kompensation von Kapitalmarktunvollkommenheiten) den
Neubau anregt und so zu einer Entlastung auf den Wohnungsmärkten führt, die einen
dämpfenden Effekt auch im nicht geförderten Segment hat. Die Mietrechtsreform 1993
hat unter anderem zu einer Ablöse der Kategorieobergrenzen aus der Mietrechtsreform
1982 durch die Richtwertmieten geführt. Es wurde aber auch der Erhaltungs- und
Verbesserungsbeitrag (EVB) für nicht rückzahlbar erklärt, was in der Praxis wie eine
Erhöhung der Mieten wirkt. Andererseits wurden Altbauwohnungen der Kategorie A
mit einer Wohnfläche unter 130 m2 in eine (aus der Sicht der Mietzinsbegrenzung)
ineffektive Regulierung zurückgeholt, nachdem sie zwischen 1985 und 1993 frei bzw.
nach § 16 Abs. 1 MRG „angemessen“ vermietet werden konnten. Die Netto-Effekte
dieser Maßnahmen sollen geschätzt werden.

4.2 Entwicklung der realen Marktmieten 1986 bis 2000


In den 80er Jahren waren die realen Mieten in allen Bundesländern lange Zeit
annähernd konstant. Die Mieten stiegen dann in der ersten Hälfte der 90er Jahre
generell stark an. Diesem starken Anstieg folgte dann überall ein stetiger Rückgang bis
zum Jahr 2000. Eisenstadt bildet eine Ausnahme, da sich dort ein mehr oder weniger
kontinuierlicher Anstieg seit 1993 manifestiert.
Dieses Gesamtbild verdeckt jedoch Unterschiede in der Entwicklung von
Landeshauptstadt zu Landeshauptstadt. Gravierende Abweichungen ergeben sich in der
Dynamik der Veränderungen und nach dem Zeitraum, in dem das höchste Niveau
erreicht wurde. Relativ früh war dies nach einem starken Anstieg seit 1989 in Wien,
Salzburg (jeweils 1992) und in Bregenz (1993) der Fall. In den anderen
Landeshauptstädten wurden die Spitzenwerte nach längerfristigen Anstiegen erst in den
Jahren 1995 bis 1997 (Innsbruck) erreicht. Danach waren auch dort Rückgänge zu

19
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

verzeichnen. Eine Stabilisierung dürfte im Jahr 2000 in St. Pölten, Linz und Salzburg
eingetreten sein.

Abbildung 5 Reale Marktmieten; Jahresdurchschnitte (zu Preisen von 1990)


8,00

Bregenz
7,00

6,00

Salzburg

Österreich
5,00 Wien

4,00
Eisenstadt

3,00

2,00
1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000

Quellen: Marktmieten: Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Immobilien-Preisspiegel; VPI: Statistik Austria;
eigene Berechnungen

Abbildung 6 Reale Marktmieten; Jahresdurchschnitte (zu Preisen von 1990)


8,00

7,00

Innsbruck
6,00

Österreich
5,00
Graz

4,00
Linz

3,00 Klagenfurt
St. Pölten

2,00
1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000

Quellen: Marktmieten: Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Immobilien-Preisspiegel; VPI: Statistik Austria;
eigene Berechnungen

Tabelle 7 Reale Marktmieten (Veränderungen in %)


Burgen- Nieder- Ober- Steier- Vorarl- Öster-
1
Wien land Kärnten österreich österreich Salzburg mark Tirol berg reich

86-91 15,8 - 26,3 -9,3 18,3 18,7 14,5 8,9 62,1 19,9
91-96 -6,0 - 6,4 21,4 19,2 -8,9 12,9 16,3 -13,9 13,8
96-00 -8,1 21,7 -17,8 -16,7 -20,3 -12,0 -11,3 -14,5 -12,6 -10,8
86-00 0,0 - 10,4 -8,2 12,4 -4,9 14,7 8,3 22,1 21,7
Quelle: Bundeswirtschaftskammer, Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Mieten-/Immobilien-
preisspiegel; eigene Berechnungen
1
ungewichteter Mittelwert der Landeshauptstädte

20
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Zumindest nach den Daten des Immobilienpreisspiegels lagen die realen Marktmieten
im Jahr 2000 in Wien etwa auf dem Niveau von 1986. Rückgänge gegenüber 1986 gab
es in St. Pölten und Salzburg. Am stärksten gestiegen sind die realen Mieten in Bregenz.

4.3 Messung der Wirkungen der Einflussfaktoren

4.3.1 Bestimmungsfaktoren der Marktmieten


Zu den Faktoren, welche die Nachfrage nach Mietwohnungen beeinflussen, zählen
demographische Entwicklungen, Entwicklungen in der durchschnittlichen Haushalts-
größe und das Wachstum der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte. Ebenso
zählen dazu steuerliche und andere gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, welche
beispielsweise die Vorteilhaftigkeit von Mietwohnungen gegenüber anderen Wohn-
formen, insbesondere Eigentumswohnungen, beeinflussen. Ganz entscheidend ist dabei
die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch die privaten Haushalte. In Zeiten
hohen Wirtschaftswachstums wird normalerweise Wohnungseigentum stärker
nachgefragt als in Zeiten schwacher wirtschaftlicher Entwicklung. Bei schwachem
Wirtschaftswachstum steigt die Arbeitsplatzunsicherheit, und es werden eher
Mietwohnungen als Eigentumswohnungen nachgefragt, da erstens die Miete mehr
Flexibilität (insbesondere was die Mobilität betrifft) erlaubt und zweitens Ersparnisse
eher zurückgehalten werden und daher nicht in den Wohnungserwerb fließen. Auf der
Angebotsseite sind aus mittel- bis langfristiger Sicht die Verfügbarkeit und Kosten von
Grundstücken, die Baukosten und die Investitionen in Qualitätsverbesserungen des
verfügbaren Bestands an Wohnungen ausschlaggebend. Andere Faktoren haben
weitgehend landesspezifischen Charakter. Die Dauer von Planungs- und Bauphasen und
die Trägheit bestehender Flächenwidmungspläne spielen hier eine große Rolle ebenso
wie die wohnungspolitischen Schwerpunktsetzungen. Es ist daher zu vermuten, dass
spezifische Faktoren auf Landesebene zu beträchtlichen Unterschieden im Niveau und
der Entwicklung der Wohnungspreise führen können.
Es stehen nicht für alle aus der Theorie bekannten Faktoren ausreichend Daten zur
Verfügung. Für die folgenden Schätzungen lagen Zeitreihen für alle Bundesländer für
folgende Faktoren vor: Marktmieten (Quelle: Immobilienpreisspiegel), Anzahl der
Haushalte (Quelle: Statistik Austria), Netto-Haushaltseinkommen aus dem Mikrozensus
(Statistik Austria), Baukosten pro m2 (Quelle: Statistik Austria),
Wohnbauobjektförderung (= Summe aus Darlehen, Eigenmittelersatzdarlehen,
Annuitätenzuschüssen bzw. Anzahl der Förderungszusagen (Quelle: GBV)),
Wohnbeihilfen (Quelle: GBV), Fertigstellungen von Mietwohnungen,
Eigentumswohnungen und Eigenheimen (Quelle: GBV). Der Hypothekarzins (Quelle:
ÖNB) gilt österreichweit. Für die Mietrechtsänderungen 1993 wird in den
Schätzgleichungen eine Dummy-Variable eingesetzt.

4.3.2 Schätzergebnisse
Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse basieren auf einem Panel-ökonometrischen
Ansatz. Geschätzt wird der Einfluss der relevanten Faktoren auf die Entwicklung der
realen Marktmieten in den Bundesländern. Für die Marktmieten werden die Mieten von
Wohnungen der Kategorie A bis 70m2 als Indikator herangezogen. Unterstellt wird,
dass sich diese Wohnungen in ihrer objektiven Qualität im Beobachtungszeitraum nicht
21
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

verändert haben. Diese Annahme ist notwendig, um den gewählten methodischen


Ansatz zu rechtfertigen.

Tabelle 8 Bestimmungsfaktoren der realen Marktmieten (Mieten bei Neubezug) in den


Bundesländern (1980 – 2000); Abhängige Variable = Logarithmus der realen
Marktmiete (t- und z-Werte in Klammern)
NACHFRAGE KOSTEN ANGEBOT OBJEKTFÖRDERUNG WOHNBEIHILFE REGUL.
Dummy für
Haushalts- Fertig-
Variable

Anzahl der Baukosten Hypo- Ausgaben für Förderungs- Mietrechts-


Netto- stellungen Ausgaben für Wohnbeihilfe
Haushalte pro m2 zins Neubau zusagen änderung
einkommen gesamt
1993
Form log log log % log log log log Dummy

OLS Adj. R2 F-Test


(1) 0,32*** 0,11** -0,17*** 0,084 5,63
(2,49) (2,31) (-2,95)

(2) -0,16 0,11*** 1,19*** -0,00 -0,11** 0,426 23,44


(-1,05) (2,74) (8,83) (-0,80) (-2,39)

(3) -0,21 0,12*** 1,17*** 0,00 -0,13*** 0,08* 0,437 20,51


(-1,41) (3,07) (8,70) (0,34) (-2,80) (1,92)

(4) 0,04 0,10** 1,30*** 0,01 -0,19*** 0,04*** 0,04 0,559 28,37
(0,27) (1,98) (11,04) (1,32) (-3,44) (6,68) (1,21)

(5) (0,17) 0,14*** 1,25*** 0,01 -0,21*** 0,03*** 0,06* 0,605 34,02
(1,31) (3,49) (11,42) (1,23) (-5,67) (5,16) (1,64)

Fixed Effects R2 within F-Test


(6) 0,17 1,20*** -0,12*** 0,439 36,48
(1,23) (5,02) (-3,03)

(7) 0,22 1,75*** 0,27 0,02*** -0,12*** 0,476 25,02


(1,62) (4,89) (1,15) (3,06) (-3,16)

(8) 0,24* 1,61*** 0,25 0,02*** -0,14*** 0,03 0,478 20,90


(1,70) (3,97) (1,04) (3,10) (-3,21) (0,80)

(9) 0,27** 1,12*** 0,32 0,02*** -0,09** 0,03*** 0,05 0,574 22,73
(2,07) (2,67) (1,45) (2,92) (-2,11) (5,24) (1,54)

(10) (0,18) 1,60*** 0,35 0,01** -0,10** 0,02*** -0,00 0,527 21,65
(1,32) (4,08) (1,54) (2,42) (-2,52) (3,90) (-0,15)

Wald-
2
Random Effects R within Test
(11) 0,61*** 0,25*** -0,14*** 0,375 79,2
(6,82) (2,87) (-3,43)

(12) 0,37*** 0,17** 0,78*** 0,00 -0,12*** 0,399 95,0


(2,76) (2,37) (3,70) (0,75) (-3,04)

(13) 0,34** 0,18*** 0,65*** 0,01* -0,16*** 0,08** 0,428 104,8


(2,55) (2,60) (3,05) (1,69) (-3,75) (2,52)

(14) 0,29** 0,04 0,75*** 0,01 -0,08* 0,03*** 0,04 0,486 135,9
(2,32) (0,58) (3,69) (1,29) (-1,85) (5,78) (1,42)

(15) 0,33*** 0,06 0,76*** 0,00 -0,08** 0,03*** 0,02 0,470 129,6
(2,59) (0,77) (3,81) (0,66) (-2,06) (5,26) (0,49)

*, ** und *** bedeuten Signifikanz auf dem Niveau von 10%, 5% und 1%.

Die Panelanalyse hat insbesondere den Vorteil, dass nicht beobachtbare


länderspezifische Faktoren (z.B.: unterschiedliche Präferenzen) bzw. länderspezifische
Faktoren, für die hier keine Daten vorliegen (unterschiedliche Dauer von Planungs- und
Bauphasen, unterschiedliche Entwicklungen bei Baulandpreisen, Leerstehungsraten bei
Wohnungen), das Schätzergebnis nicht beeinflussen. Teilweise basieren die geschätzten
Gleichungen (4 und 5, 8 und 9, 11 und 12) auf einem einfachen modelltheoretischen
Ansatz (vgl. Anhang I). Die dargestellten Schätzergebnisse sind als durchschnittliche
Ergebnisse für die österreichischen Bundesländer aufzufassen. Die Koeffizienten der

22
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

OLS-Methode werden als langfristige Einflüsse, jene der „fixed effects“-Regressionen11


als kurzfristige interpretiert.

Zur Interpretation der Ergebnisse:


• Alle Schätzgleichungen sind signifikant (F-Test, Wald-Test).
• Kurzfristig (Gleichungen 6-10) wird die Veränderung der realen Marktmieten
durch das Wachstum der Haushalte (Netto-Migration) entscheidend geprägt,
langfristig (Gleichungen 1-5) durch die Entwicklung bei den Baukosten. Die
Objektförderung (repräsentiert durch die Wohnbauförderungsausgaben bzw. die
Förderungszusagen) liefert sowohl kurz- als auch langfristig einen wesentlichen
Erklärungsbeitrag. Die Wohnbeihilfe kann hier einerseits als
Nachfrageindikator, andererseits auch als Indikator für die Entwicklung der
Mieten im geförderten Wohnbau interpretiert werden (siehe Anhang I). Der
Erklärungsbeitrag ist signifikant, von der Größenordnung her aber eher gering.
• Der Zinssatz hat nur kurzfristig einen Einfluss, langfristig ist er von anderen
Effekten überlagert. Generell ist der Einfluss der Zinsen verglichen mit
internationalen Werten gering, was nicht zuletzt auf die öffentliche
Wohnbauförderung zurückgeht, deren Hauptzweck in der Vergangenheit eine
von Kapitalmarkteinflüssen unabhängige Verstetigung der Bautätigkeit war.
Dieses Ergebnis entspricht jenen in anderen Studien zu den österreichischen
Wohnungsmärkten.
• Die kurz- und langfristigen Wirkungen der Fertigstellungen (Summe aus
Eigenheim-, Miet- und Eigentumswohnungsbau) unterscheiden sich kaum. Sie
sind der Höhe nach in allen Gleichungen vergleichbar. Bei Konstanz aller
anderen Faktoren, sinkt das Niveau der realen Marktmieten um etwas mehr als
1% wenn die Fertigstellungen um 10% steigen. Bei einem durchschnittlichen
Niveau von 47.000 Fertigstellungen pro Jahr würden 4.700 zusätzliche
Wohnungen die Marktmieten um 1% verringern.
• Die geschätzten Einkommenseffekte schwanken relativ stark und sind teilweise
sogar unplausibel weil negativ. In jenen Fällen, in denen die Einkommenseffekte
signifikant sind, sind sie relativ gering. Dies könnte zum Teil auf die
Interpolation der Daten aus dem Mikrozensus für die geraden Jahre
zurückzuführen sein. Anzunehmen ist auch, dass eine Interaktion mit der
Wohnbauförderung vorliegt. Für den Fall, dass die Förderung eher prozyklisch
als antizyklisch erfolgt, ist die Einkommenselastizität höher (vgl. Deutsch,
1999). Die hier relativ geringen Koeffizienten weisen allerdings nicht darauf
hin. Die geschätzten geringen Elastizitäten dürften zum Teil eine Folge daraus
sein, dass die Förderung in den 90er Jahren massiv ausgeweitet wurde, während
die realen Einkommen kaum gewachsen sind.

11
Der „fixed effects“-Schätzer lässt zu, dass nicht beobachtbare bundesländerspezifischen Effekte mit
den erklärenden Variablen korrelieren. Beispielsweise könnten unterschiedliche nicht beobachtbare
länderspezifische Wohnpräferenzen mit der Struktur der Wohnbauförderungsausgaben korrelieren. Beim
„random effects“-Schätzer ist eine Korrelation annahmegemäß ausgeschlossen (vgl. Wooldridge, 2003).
Tests haben ergeben, dass „fixed effects“ tatsächlich vorliegen. Es ist aber üblich, auch die „random
effects“ zu dokumentieren. Dies ist hier auch insofern unproblematisch, als die Koeffizienten der
interessierenden Variablen (Wohnbauförderung, Mietrecht) bei beiden Methoden kaum voneinander
abweichen.

23
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

• Die Koeffizienten der Dummy-Variable für die Veränderungen in der


Mietenregulierung 1993 (Ablöse der Kategorieobergrenzen, Nicht-
Rückzahlbarkeit des EVB, Rückholung der Altbau-Kategorie A-Wohnungen mit
weniger als 130 m2 in die Regulierung) messen deren indirekte Wirkungen auf
die Marktmieten. Die Maßnahmen wirken zwar zunächst direkt nur im
regulierten Bestand. Es ist aber davon auszugehen, dass dadurch über
Rückkoppelungen auch Effekte im freien Mietwohnungsmarkt entstehen. Ein
Koeffizient von 0,06 (Gleichung 5) bedeutet, dass diese Maßnahmen das reale
Marktmietenniveau langfristig um 6% erhöht haben.

Zur Illustration der Schätzergebnisse dienen zwei mögliche Szenarien der Kürzung der
Neubauförderung und der damit verbundenen Wirkungen auf die realen Mieten. Der
betrachtete Zeitraum beträgt 10 Jahre. Für diese 10 Jahre wird eine durchschnittliche
allgemeine Preissteigerung von 2% p. a. unterstellt. Der Zusammenhang zwischen
Fördermitteln und Entwicklung der realen Mieten wird mit Hilfe der geschätzten
Elastizitäten (kurzfristig -1,0; langfristig -0,2) hergestellt. Konkret wird angenommen,
die Elastizität steige gleitend von -0,1 im ersten Jahr auf -0,15 in 10 Jahren.

Tabelle 9: Kürzung der Neubauförderung und Entwicklung der Mieten - Szenarien


Szenario 2: Kürzung des
Szenario 1: Aufrechterhaltung des
Förderungsniveaus im 1. Jahr um 25%,
Förderungsniveaus für den Neubau
danach nominell gleichbleibend, real
nominell; real rückläufig
rückläufig
Elastizität der Mieten in Förderniveau Förderniveau
Förderniveau Förderniveau
Bezug auf die WBF für den Anstieg der für den Anstieg der
Inflation pro VPI-Index, für den für den
Jahr (Schätzergebnis; geglättet Neubau auf realen Neubau auf realen Mieten
Jahr in % 2004=100 Neubau real Neubau real
von kurzfr. 0,1 bis mittelfr 100% nom. Mieten (in %) 75% nom. (in %)
(in %) (in %)
0,15) eingefroren eingefroren
2004 100,0 0,1 100 100,0 0,0 75 75,0 2,5
2005 2,0 102,0 0,105 100 98,0 0,2 75 73,5 2,8
2006 2,0 104,0 0,11 100 96,1 0,4 75 72,1 3,1
2007 2,0 106,1 0,115 100 94,2 0,7 75 70,7 3,4
2008 2,0 108,2 0,12 100 92,4 0,9 75 69,3 3,7
2009 2,0 110,4 0,125 100 90,6 1,2 75 67,9 4,0
2010 2,0 112,6 0,13 100 88,8 1,5 75 66,6 4,3
2011 2,0 114,9 0,135 100 87,1 1,7 75 65,3 4,7
2012 2,0 117,2 0,14 100 85,3 2,1 75 64,0 5,0
2013 2,0 119,5 0,145 100 83,7 2,4 75 62,8 5,4
2014 2,0 121,9 0,15 100 82,0 2,7 75 61,5 5,8
Arithmetisches Mittel der
jährlichen realen
1,4 Mietsteigerungen 4,5
Arithmetisches Mittel der
jährlichen nominellen
Mietsteigerungen
3,4 6,5

Szenario 1 unterstellt, dass die Neubauförderung nominell auf dem Niveau des Jahres
2004 eingefroren wird. Dies impliziert bei einer durchschnittlichen Preissteigerung von
2% p. a. einen Rückgang in realer Rechnung auf 82% des gegenwärtigen Niveaus in 10
Jahren. Entsprechend der ansteigenden Elastizität reagieren die realen Markmieten von
Jahr zu Jahr etwas stärker. Im letzten Jahr beträgt der Anstieg bereits 2,7%. Das
arithmetische Mittel der Mietpreissteigerungen in den zehn Jahren beträgt real 1,4% p.
a. und nominell 3,4% p. a.
Im Szenario 2 wird die Neubauförderung im ersten Jahr um 25% gekürzt und danach
auf dem Niveau von 75% der derzeitigen Höhe nominell aufrechterhalten. Real sinkt die
Förderung sukzessive auf 61,5% in zehn Jahren. Die damit zusammenhängende reale
Steigerung der Marktmieten beträgt durchschnittlich 4,5% p. a.
24
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

4.4 Schlussfolgerung
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wohnbauförderung in der
Vergangenheit sowohl kurz- als auch langfristig einen signifikant dämpfenden Einfluss
auf die Entwicklung der realen marktorientierten Mieten (freie Mieten, angemessene
Mieten, Richtwertmieten) hatte. Eine Senkung der Förderungszusagen für den Neubau
um 10% hätte, unter der Voraussetzung, dass sich alle anderen Einflussfaktoren nicht
verändern, eine kurzfristige Erhöhung der realen Marktmieten um etwa 1% zur Folge
gehabt. Langfristig wären die realen Mieten bei Aufrechterhaltung des gekürzten
Niveaus der Förderung ceteris paribus um ca. 2% gestiegen. Bei einer
durchschnittlichen jährlichen Inflation von 2% würde dies einer jährlichen nominellen
Erhöhung um rund 4% entsprechen.
Der Einfluss der Mietzinsregulierung auf die Entwicklung der Marktmieten ist weniger
leicht nachweisbar. Da die Marktmieten definitionsgemäß nicht der Mietzinsbegrenzung
des MRG unterliegen, kann ein Zusammenhang nur indirekt hergestellt werden.
Vorstellbar ist, dass Entwicklungen im Bestand von beiden Marktseiten (Vermieter und
Mieter) mit ins Kalkül einbezogen werden. Für die Wohnungsnachfrager besteht eine
Substitutionsbeziehung zwischen der bisherigen und einer neuen, nicht
mietzinsregulierten Wohnung. Ist die neue Wohnung zu teuer, wird der Mieter – unter
sonst gleichbleibenden Umständen (etwa betreffend die familiäre oder berufliche
Situation) - länger mit einem Umzug warten. Dies wirkt dämpfend auf die Marktmieten.
Umgekehrt können Mieterhöhungen im Bestand einen Umzug wahrscheinlicher
machen, wodurch es über eine steigende Nachfrage zu Preissteigerungen auch im
Segment der nicht mietzinsregulierten Neubauwohnungen kommen kann12.
Sowohl die deskriptivstatistischen Analysen als auch die inferenzstatistischen
Schätzungen legen nahe, dass die Mietrechtsreform 1993 ceteris paribus auch im
Bereich der Marktmieten preistreibend gewirkt hat. Ohne die relativ massive
Gegensteuerung durch den geförderten Wohnungsneubau hätte die Reform zu einer
weiteren Erhöhung der Marktmieten geführt. Hätte es den Wohnbauboom nicht
gegeben, lägen die Marktmieten heute real um etwa 5%

12
Der Einfluss der Miethöhe bei der Entscheidung, ob ein Umzug stattfinden soll oder nicht, zeigt sich
sehr deutlich im Wohnungsbestand der Gemeinnützigen Bauvereinigungen. Der zeitliche Verlauf der
Kostenmieten (die Mieten steigen aufgrund der Wohnbauförderungsbedingungen nach längerer Nutzung
teilweise sehr stark an) bedingt, dass es zu einer relativen Verteuerung alter Wohnungen gegenüber neuen
Wohnungen kommt, mit dem Resultat, dass die Mieter aus den alten Wohnungen in neue,
kostengünstigere umziehen wollen. Im Gegensatz zum freien Markt kann in diesem Segment aufgrund
der strikt vorgegebenen Mietenverläufe kein Ausgleich der Mieten zwischen Alt- und Neubestand
stattfinden.

25
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

5 Quellenverzeichnis
Amman, W. (2001), Wohnkosten und MRG-Preisregulierung, WBFÖ 3/2001.
Arnott, R. (1995), Time for Revisionism on Rent Control?, Journal of Economic Perspectives
9(1), Winter, S. 99 – 120.
Blaas, W. (1991), Zur Theorie des Wohnungsmarktes, in: Blaas/Rüsch/Brezina/Doubek (Hrsg.),
Mehr Markt oder mehr Staat im Wohnungswesen – Reformperspektiven für die
österreichische Wohnungspolitik, Böhlau-Verlag, Wien, S. 18-27.
Blaas, W., Wieser, R. (2004), Wohnwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Probleme durch
Kürzung der Wohnbauförderung, Studie des IFIP im Auftrag der AK Wien, Wien 2004.
BMSG (Bundesministerium f. Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz)
(2000), Österreichischer Familienbericht 1999.
Böhm, H. (2003), Das Richtwertzinssystem – Juristische Analyse und Bewertung, Studie
verfasst im Auftrag der AK Wien, Wien.
Brezina, B. (1991), Mietrecht, in: Blaas/Rüsch/Brezina/Doubek (Hrsg.), Mehr Markt oder mehr
Staat im Wohnungswesen – Reformperspektiven für die österreichische Wohnungspolitik,
Böhlau-Verlag, Wien, S. 144-223.
Brezina, B., Blaas, W. (1991), Charakteristika und Besonderheiten des Gutes Wohnung und des
Wohnungsmarktes, in: Blaas/Rüsch/Brezina/Doubek (Hrsg.), Mehr Markt oder mehr Staat
im Wohnungswesen – Reformperspektiven für die österreichische Wohnungspolitik,
Böhlau-Verlag, Wien, S. 11-17.
Christl, J. (1995), Die Preisentwicklung am österreichischen Immobilienmarkt, CA-Qarterly
III/95, S. 17-24.
Czasny K. und Moser, P. (2000), Einsatz und Gesamtwirkung der Wohnbaufördermittel, Peter
Lang – Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main u.a.
Czerny, M. (1987), Verteilungswirkungen der Wohnbauförderung in Österreich, in: Guger, A.
(Koordination), Umverteilung durch öffentliche Haushalte in Österreich, WIFO-Studie im
Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen, Wien.
Deutsch, E. (1994), Objektförderung versus Subjektförderung, in Korinek, K. Nowotny, E.
(Hrsg.), Handbuch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Wien, S. 219-239.
Deutsch, E. (1999), Wohnungsfinanzierung und intergenerationelle Vermögensbildung, Linde-
Verlag, Wien.
Deutsch, E., Schmid, K. und Spielauer, M. (1998), Kosten einer allgemeinen Wohnbeihilfe in
Wien, AK-Stadtpunkte, Wien.
Doubek, C. (1991), „Wohnbauförderung“, in: Blaas/Rüsch/Brezina/Doubek (Hrsg.), Mehr
Markt oder mehr Staat im Wohnungswesen – Reformperspektiven für die österreichische
Wohnungspolitik, Böhlau-Verlag, Wien., S. 117 - 143.
GBV (2002), Wirtschaftsfaktor Wohnbau, www.gbv.at.
Fritsch, M., Wein, T. und Ewers, H-J. (1999), Marktversagen und Wirtschaftspolitik, Verlag
Vahlen.
Kainrath, W. (1982), Das Mietrecht als Verhinderung von Slums, Österreichische Zeitschrift für
Politikwissenschaft 11(4), S. 455-464.
Köppl, F. (2001), Wohnungsdaten und Mietrechtsgesetze mangelhaft interpretiert: Eine Kritik
an der FGW-Studie „Wohnkosten und MRG-Preisregulierung“, WBFÖ 4/2001.

26
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Kühne-Büning, L. und Heuer, J.H.B. (1994), Grundlagen der Wohnungs- und


Immobilienwirtschaft, Hammonia-Verlag, Hamburg.
Rosner, P. (1982), Wie frei soll der Wohnungsmarkt sein?, Wirtschaftspolitische Blätter 1, S.
55ff.
Weidman, M. (1996), Preistrends am österreichischen Immobilienmarkt, CA-Quarterly III/96,
S. 28-32.
Fallis, G. und Smith, L. B. (1984), Uncontrolled Prices in a Controlled Market: The Case of
Rent Controls, American Economic Review 74, S. 193-200.
Pfaffermayr, M. und Egger, P. (2003), Estimating Long Run and Short Run Effects in Static
Panel Models, University of Innsbruck – Working Papers in Economics.
Rosen, H. S. (1985), Housing Subsidies – Effects on Housing Decisions, Efficiency, and
Equity, in: Auerbach, A. J., Feldstein, M. (Ed.), Handbook of Public Economics, North-
Holland, Amsterdam, New York, Volume I, S. 375-420.
Rosifka, W. (2000a), Wohnrecht für Mieter, AK-Wien, Wien.
Rosifka, W. (2000b), Wohnrecht für Mieter von Genossenschaftswohnungen, AK-Wien, Wien.
Smith, L. B., Rosen, K.T. und Fallis, G. (1988), Recent Developments in Economic Models of
Housing Markets, Journal of Economic Literature 26, März, S. 29-64.
Url, T. (2001), Der Einfluss öffentlicher Fördermittel auf die Finanzierungskosten von
Wohnbauinvestitionen, in: Czerny, M. (Koord.) (2001), S. 81-126.
Wooldridge, J. M. (2003), Introductory Econometrics, A Modern Approach, 2nd Edition,
Thompson, South Western, Australien u.a..

27
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

6 Anhang I: Ein Modell der realen Mieten bei


Neubezug

Die Schätzgleichungen für die realen Marktmieten in den Gleichungen 4 und 5, 9 und
10 sowie 11 und 12 in Tabelle 12 werden in reduzierter Form aus einem
Gleichgewichtsmodell des Wohnungsmarktes abgeleitet. Die Nachfrage Qd nach neuen
Wohnungen im Bundesland i zum Zeitpunkt t ist gegeben durch

(1) Qid,t = d (ri ,t , y i ,t − j , hhi ,t − j , wbfwbhi ,t − j ) ,

wobei r = reale Marktmiete bei Neubezug, y = Realeinkommen, hh = Anzahl der


Haushalte, und wbfwbh = Wohnbeihilfe.

Die reale Marktmiete bei Neubezug r wird gemessen durch die Mieten für Wohnungen
bis 70 m2 nach dem Immobilienpreisspiegel. Das reale Netto-Haushaltseinkommen y
wurde aus dem Netto-Haushaltseinkommen ermittelt, das im Mikrozensus alle zwei
Jahre erhoben wird. Die fehlenden Daten aus den geraden Jahren wurden durch
Interpolation ermittelt.
Die Auszahlung einer öffentlichen Wohnbeihilfe war in der Vergangenheit nur in
geförderten Wohnungen üblich. Erst seit wenigen Jahren wird die Wohnbeihilfe auch
im freifinanzierten Bereich gewährt (in Wien seit 2001). Wahrscheinlich ist, dass sich
sowohl die Anzahl der Bezieher als auch die Höhe der Wohnbeihilfe pro Person bzw.
Haushalt mit der Zeit erhöht hat. Insofern hat die Wohnbeihilfe sowohl mit der Menge
an Beziehern als auch mit der Höhe der Baukosten zu tun. Man kann daher die
steigende Wohnbeihilfe zum Teil auch als steigende Mieten im geförderten Wohnbau
interpretieren. Es wird daher angenommen, dass ein Ansteigen der Wohnbeihilfe auch
ein Indikator für steigende Kosten im geförderten Wohnbau ist, was c. p. die Nachfrage
nach freifinanzierten Wohnungen erhöht.
Das Angebot an Wohnungen Qs im Bundesland i zum Zeitpunkt t hängt ab vom Preis
(Miete), von Entscheidungen der Bauherren zum Zeitpunkt des Ansuchens um
Baubewilligung und den Baukosten in der Planungs- und Bauperiode:

(2) Qis,t = s (ri ,t , bewi ,t − j , ii ,t − j , ci ,t − j ) ,

wobei r = reale Marktmiete bei Neubezug, bew = Wohnungsbewilligungen, c =


Baukosten pro m2, und i = Hypothekarzins.

28
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Die Baukosten pro m2 werden gemessen durch die Baukosten über alle Wohnformen
(Eigenheime, Miet- und Eigentumswohnungen) und alle Bauträger in den einzelnen
Bundesländern13.

Das Gleichgewicht in jedem Bundesland (jeder Landeshauptstadt) ist gegeben durch

(3) Qid,t = Qis,t

Durch Substitution von (1) und (2) in Gleichung (3) erhält man die reduzierte Form der
Mietengleichung:

(4) ri ,t = f ( y i ,t − j , hhi ,t − j , bewi ,t − j , ci ,t − j , wbfwbhi ,t − j )

Vom theoretischen Standpunkt aus sollten die Koeffizienten des Haushaltseinkommens,


der Wohnbeihilfe und der Anzahl der Haushalte positiv sein. Höhere Baukosten sollten
zu höheren Mieten führen, während die Miethöhe mit der Anzahl der Baubewilligungen
negativ korreliert sein sollte.
Wichtig für die Fragestellung ist die Modellierung des Entscheidungsprozesses der
Bauherrn zum Zeitpunkt in dem zur Baubewilligung eingereicht wird bzw. in dem der
Bau beginnt. Die Annahmen sind, dass die Bauherrn ihre Erwartungen einerseits auf
Marktdaten (Einkommensdaten, Bevölkerungsdaten, Baukosten) beziehen, die zu
Planungs- bzw. Baubeginn vorhanden sind, andererseits aber auch auf Daten betreffend
die Mietenregulierung und die Wohnbauförderung (Höhe der Mittel, Änderungen in den
Förderbedingungen). Die Baubewilligungen im Bundesland i zum Zeitpunkt t-j sind
daher gegeben als:

(5) bewi ,t − j = p(ri ,t − j , y i ,t − j , hhi ,t − j , ci ,t − j , wbf i ,t − j , dr ) ,

wobei wbf = Ausgaben der Wohnbauförderung für Neubau (Darlehen +


Eigenmittelersatzdarlehen + Baukostenzuschüsse + Annuitätenzuschüsse), und dr =
Dummys für Änderungen in der Mietenregulierung 1993.
Von der Wohnbauförderung (Objektförderung) wird erwartet, dass sie die Zahl der
Baubewilligungen insgesamt erhöht und dadurch indirekt dämpfend auf die realen
Mieten bei Neubezug wirkt. Alternativ zu den Förderausgaben für den
Wohnungsneubau werden in den Schätzungen auch die Förderungszusagen (Anzahl der
zugesagten geförderten Wohnungen) als Indikatoren für die Förderintensität verwendet.
Die Änderungen in der Mietenregulierung 1993 haben einerseits zur Ablöse der
Kategorieobergrenzen und zur Nicht-Rückzahlbarkeit des Erhaltungs- und

13
Der zunehmend wichtige Faktor der Grundkosten konnte im empirischen Rahmen nicht berücksichtigt
werden, da dafür keine Zeitreihen und in den meisten Fällen auch keine Beobachtungen für einzelne Jahre
für die Bundesländer zur Verfügung stehen. Sie werden daher hier auch im theoretischen Modell
vernachlässigt.

29
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

Verbesserungsbeitrages geführt. Andererseits wurden aber Kategorie A-


Altbauwohnungen wieder in die Regulierung zurückgeführt, nachdem seit 1985 frei
bzw. „angemessen“ zu vermieten waren. Der Netto-Effekt dieser Maßnahmen ist a
priori unklar.

Basierend auf den getroffenen Annahmen ergibt sich die Veränderung der realen Mieten
bei Neubezug in jedem Jahr als

(6) ∆ri ,t = f (∆y i ,t − j , ∆hhi ,t − j , ∆ci ,t − j , , ii ,t − j ∆wbf i ,t − j , ∆wbfwbhi ,t − j , dr , ε i ,t )

ε i,t ist der Fehlerterm der Regression.

Alle Variablen, mit Ausnahme des Zinses und der Dummys, wurden in Logarithmen
transformiert. Die geschätzten Koeffizienten sind daher als Elastizitäten bzw. Semi-
Elastizitäten (Zinssatz) zu interpretieren. Der Koeffizient einer Dummy gibt eine
prozentuale Veränderung an. Gleichung (6) wird als gepooltes Zeitreihenmodell
(Paneldatenmodell) geschätzt. In der Praxis ist es üblich, die Koeffizienten des OLS-
Modells als langfristige und die Koeffizienten des „fixed effects“-Modells als
kurzfristige Einflüsse zu interpretieren14.

14
Vgl. zur Kritik bzw. zu den Voraussetzungen dieser Annahmen Pfaffermayr/Egger (2003).

30
EINFLUSS VON WOHNBAUFÖRDERUNG UND RICHTWERTSYSTEM AUF DIE MIETENTWICKLUNG

7 Anhang II: Ergänzende Tabellen

1 2 2
Reale Marktmieten für Wohnungen der Kategorie A (Landeshauptstädte) - €/m
Nutzfläche

Burgen- Nieder- Ober- Steier- Vorarl- Öster-


3
W ien land Kärnten österreich österreich Salzburg mark Tirol berg reich

1986 4,76 - 2,90 3,81 3,51 5,00 3,61 4,52 3,75 3,51
1987 5,12 - 2,86 3,73 3,59 5,32 3,66 4,39 4,29 3,66
1988 5,07 - 3,05 3,66 3,42 5,22 3,59 4,30 4,03 3,59
1989 4,99 - 3,22 3,57 3,25 5,09 3,50 4,20 3,76 3,51
1990 5,09 - 3,78 3,57 3,97 5,49 4,28 4,78 5,55 4,06
1991 5,51 - 3,66 3,46 4,15 5,93 4,14 4,93 6,07 4,21
1992 6,24 3,28 3,52 3,10 4,29 6,10 4,35 5,17 6,07 4,68
1993 6,13 3,17 3,73 3,31 4,45 6,01 4,40 5,42 7,28 4,88
1994 5,87 3,84 3,91 3,61 4,45 5,96 4,32 5,65 6,52 4,90
1995 5,72 3,76 3,87 4,06 5,01 5,61 4,79 5,94 5,72 4,94
1996 5,18 3,81 3,89 4,20 4,95 5,40 4,67 5,73 5,23 4,79
1997 5,13 4,44 4,02 3,93 4,50 5,50 4,65 6,07 4,86 4,79
1998 4,98 4,51 3,72 3,57 4,12 4,93 4,63 5,41 4,66 4,50
1999 4,86 4,41 3,41 3,48 3,89 4,64 4,43 5,14 4,63 4,32
2000 4,76 4,64 3,20 3,50 3,94 4,76 4,14 4,90 4,57 4,27

Veränderungen in %:
86-91 15,8 - 26,3 -9,3 18,3 18,7 14,5 8,9 62,1 19,9
91-96 -6,0 - 6,4 21,4 19,2 -8,9 12,9 16,3 -13,9 13,8
96-00 -8,1 21,7 -17,8 -16,7 -20,3 -12,0 -11,3 -14,5 -12,6 -10,8
86-00 0,0 - 10,4 -8,2 12,4 -4,9 14,7 8,3 22,1 21,7

Quelle: Bundeswirtschaftskammer, Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Mieten-


/Immobilienpreisspiegel; eigene Berechnungen
1
Zu Preisen von 1990; deflationiert mit dem VPI.
2
W ohnungen, für welche die Mietzinsobergrenzen gem § 16 Abs. 2 MRG nicht gelten; Durchschnitt aus den Mittelwerten
2
der Minima und Maxima für mäßige, gute und sehr gute Lagen von W ohnungen bis und über 70m
3
ungewichteter Mittelwert der Landeshauptstädte

Reale Marktmieten für Wohnungen der Kategorie A (Landeshauptstädte) -


Veränderung geg. Vorjahr in %

Burgen- Nieder- Ober- Steier- Vorarl- Öster-


Wien land Kärnten österreich österreich Salzburg mark Tirol berg reich

1987 7,5 - -1,4 -2,2 2,3 6,5 1,3 -3,0 14,5 4,4
1988 -1,0 - 6,7 -1,9 -4,6 -1,9 -1,9 -1,9 -6,0 -1,9
1989 -1,5 - 5,4 -2,5 -5,2 -2,5 -2,5 -2,5 -6,7 -2,4
1990 1,9 - 17,5 0,2 22,4 7,7 22,0 14,0 47,5 15,6
1991 8,3 - -3,2 -3,2 4,5 8,1 -3,2 2,9 9,5 3,7
1992 13,3 - -3,9 -10,4 3,4 2,7 5,1 5,0 0,0 11,3
1993 -1,9 -3,4 6,1 6,7 3,7 -1,5 1,1 4,8 19,8 4,2
1994 -4,2 21,4 4,7 9,2 -0,1 -0,8 -1,7 4,3 -10,5 0,5
1995 -2,5 -2,2 -0,9 12,4 12,7 -5,8 11,0 5,1 -12,2 0,8
1996 -9,5 1,4 0,5 3,4 -1,2 -3,6 -2,5 -3,5 -8,6 -3,2
1997 -0,9 16,6 3,3 -6,3 -9,0 1,7 -0,4 5,9 -7,0 0,1
1998 -3,0 1,6 -7,6 -9,2 -8,5 -10,3 -0,6 -10,9 -4,2 -6,0
1999 -2,4 -2,3 -8,3 -2,5 -5,7 -5,9 -4,3 -5,0 -0,7 -4,1
2000 -2,1 5,3 -6,2 0,5 1,5 2,5 -6,4 -4,7 -1,2 -1,2

Quelle: Bundeswirtschaftskammer, Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Mieten-


/Immobilienpreisspiegel; eigene Berechnungen

31

You might also like