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2007
Der Bürgermeister
- Planungsamt -
Beschlussvorschlag:
Der Planungs- und Umweltausschuss billigt die Stellungnahme der Stadt Voerde vom
18.04.2007 zum Genehmigungsantrag zur Errichtung und zum Betrieb eines Ersatzbrennstoff-
Heizkraftwerkes am Standort Solvay-Industriepark in Rheinberg.
Sachverhalt/Rechtslage/Begründung:
Die „Energie Anlage Rheinberg GmbH“ hat die Errichtung und den Betrieb eines Ersatzbrenn-
stoff-Heizkraftwerkes am Standort Solvay-Industriepark in Rheinberg mit einer jährlichen
Einsatzmenge von rund 400.000 Tonnen beantragt. Eingesetzt werden soll Ersatzbrennstoff
(Abfallschlüssel 191210 und 191212), der in seiner Zusammensetzung durch Kunststoff-,
Holz-. Papier-, Textil- und andere organische Bestandteile dominiert wird. Das beantragte
Vorhaben führt zu zusätzlichen Immissionen in Form von Luftschadstoffen auf Voerder Stadt-
gebiet und hier insbesondere im Ortsteil Mehrum, wo sich gemäß Ausbreitungsberechnung
der Schwerpunkt der Immissionen befindet. Einzelheiten sind in der beigefügten Kurzbe-
schreibung und in der Stellungnahme der Stadt Voerde ersichtlich.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat die Stadt Voerde aufgefordert, zum oben angegebenen
Genehmigungsantrag nach § 4 BImSchG bis zum 20.04.2007 Stellung zu nehmen. Die öffent-
liche Auslegung für dieses Vorhaben erfolgte in der Zeit vom 08.03.2007 bis zum 10.04.2007.
Unter Berücksichtigung der möglicherweise beeinträchtigten Belange der Stadt Voerde wur-
den die kritischen Punkte, die mit dem Vorhaben verbunden sein können, in die Stellungnah-
me aufgenommen. Eine fachliche Auseinandersetzung mit den Anregungen aus der Stellung-
nahme vom 18.04.2007 und ggfs. weiteren Anregungen findet dann auf dem Erörterungster-
min am 21.05.2007 in der Stadthalle Rheinberg statt.
Es ist vorgesehen, dass ein Vertreter des Antragsstellers in der Sitzung des Planungs- und
Umweltausschusses das Vorhaben vorstellt und für fachliche Fragen zur Verfügung steht.
Spitzer
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Stellungnahme Kämmerei:
Stellungnahme Beigeordneter:
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hiermit übersende ich Ihnen die Stellungnahme der Stadt Voerde zum oben angegebe-
nen beantragten Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk. Da diese Stellungnahme noch dem
Planungs- und Umweltausschusses der Stadt Voerde zur Beratung vorgelegt wird, be-
halte ich mir Ergänzungen, Erweiterungen und Änderungen der Stellungnahme vor.
Das oben genannte Vorhaben führt zu zusätzlichen Immissionen in Form von Luft-
schadstoffen auf Voerder Stadtgebiet und hier insbesondere im Ortsteil Mehrum. Die
Stadt Voerde befürchtet, dass durch die geplante Errichtung des Ersatzbrennstoff-
Heizkraftwerks die bereits vorhandenen erheblichen Belastungen der Luft und des Bo-
dens noch weiter erhöht werden. Das geplante Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk wird so-
mit für den Ortsteil Mehrum, dem Bereich mit der höchsten Immissionszusatzbelastung,
zu einer Verschlechterung der Wohn- und Lebensqualität führen. Weiterhin werden
nicht vorhersehbare negative Auswirkungen bei einem möglichen Eintritt eines Störfal-
les befürchtet. Zudem wird eine stark erhöhte Schadstoffbelastung beim Auftreten von
Inversionswetterlagen unterstellt. Zur Problematik von Inversionswetterlagen fehlen in
den Antragsunterlagen entsprechende Gutachten und Nachweise zur Einhaltung der
vorgeschriebenen Grenzwerte, was aus Sicht der Stadt Voerde vom Antragsteller nach-
zureichen ist.
Ausschlaggebend für die Höhe der zusätzlichen Schadstoffbelastung auf Voerder Stadt-
gebiet ist die vom Antragsteller gewählte Form der Rauchgasreinigung. Gewählt wurde
eine trockene Rauchgasreinigung mit dem NEUTREC-Verfahren, das laut Antragsunter-
lagen aus wirtschaftlicheren Gründen und im Interesse der Vermeidung erheblicher
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Abwasserströme geboten war. Nasse Verfahren haben jedoch erhebliche Vorteile bei
der Emissionsminderung; im Schnitt können die Emissionen gegenüber dem gewählten
trockenen Verfahren auf ca. 5 bis 20 Prozent reduziert werden. Zudem ist die nasse
Rauchgasreinigung das einzige Verfahren, das eine vollständige Quecksilber-Kontrolle
erlaubt. Da das Nassverfahren in der Umweltverträglichkeitsstudie als kostenintensiv
dargestellt wird und die Problematik des Abwasseranfalls nicht tiefgreifend betrachtet
wird, drängt sich der Eindruck auf, dass hier das kostengünstigste Verfahren gewählt
wurde. Vermeidbare Belastungen der Umweltmedien Luft und Boden sollen dabei un-
wiederbringlich hingenommen werden. Diese Abwägung gegen den Schutz der Um-
weltmedien zugunsten ökonomischer Kriterien wird von der Stadt Voerde nicht mitge-
tragen. Zum Schutz der Bevölkerung und im Sinne der langfristigen Sicherung lebens-
werter Umweltbedingungen ist das technisch effektivste Abgasreinigungsverfahren an-
zuwenden.
Die nachfolgenden Aussagen basieren auf dem gewählten Verfahren der trockenen
Rauchgasreinigung mit dem NEUTREC-Verfahren. Falls die Genehmigungsbehörde
den Einsatz eines Nassverfahrens in ihrer Genehmigung festschreibt, ist die Stellung-
nahme entsprechend anzupassen.
Gemäß den Antragsunterlagen wird der Grenzwert der 17. BImSchV für Emissionen bei
Cadmium, Thallium, Dioxinen und Furanen, Quecksilber, Gesamtstaub, Gesamtkohlen-
stoff, Chlorwasserstoff, Fluorwasserstoff, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Kohlen-
monoxid vollständig ausgeschöpft. Bei Antimon, Arsen, Blei, Chrom, Cobalt, Kupfer,
Mangan, Nickel, Vanadium, Zinn Benzo(a)pyren und Chrom bleibt die Antragstellung
unterhalb der Grenzwerte der 17. BImSchV. Da diese Substanzen teilweise kanzeroge-
ne Wirkung entfalten und sich durch Deposition auf dem Stadtgebiet der Stadt Voerde
anreichern, wird von der Stadt Voerde gefordert, dass die beantragten Emissionen im
Betriebsalltag auf keinen Fall, auch nicht im Einzelfall, überschritten werden. Die Über-
prüfung der Einhaltung der beantragten Emissionswerte ist hierzu kontinuierlich zu ü-
berwachen und fortlaufend sicher zu stellen.
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Gemäß den Antragsunterlagen liegt die höchste Immissionsbelastung durch das neu
geplante Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk auf Voerder Stadtgebiet und hier insbesondere
im Ortsteil Mehrum. Bei Unterstellung der Richtigkeit der Ausbreitungsberechnung des
Antragstellers ergeben sich dabei für den Ortsteil Mehrum die in der nachfolgenden Ta-
belle aufgeführten Zusatz- und Gesamtbelastungen:
Chrom, 0,00074 0,0017 44% 0,0002 370% 0,00074 100% Hohe Auslastung vom
Cr-VI !!
Grenzwert und deutliche
Überschreitung des Quali-
tätsstandards, sehr gering-
fügige Zusatzbelastung
Toxisch und karzinogen, Hauptaufnahme durch Nahrung, 20 % durch Inhalation, Anreicherung im Boden
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samtbelastung bewirkt, ist zur Beibehaltung der Lebensqualität für den Ortsteil Mehrum
bei diesen Stoffen jede Zusatzbelastung so weit wie irgend möglich zu vermeiden.
Eine sehr deutliche Erhöhung der derzeitigen Belastung wird bei den Luftschadstoffen
Thallium, Quecksilber, Antimon und Vanadium prognostiziert. Obwohl bei diesen
Schadstoffen die Gesamtbelastung nach dem Bau der beantragten Anlage noch unter-
halb von gesetzlichen Grenzwerten liegt, ist aus Sicht der Stadt Voerde keine weitere
zusätzliche Erhöhung hinzunehmen.
Gemäß den vorgelegten Unterlagen muss aufgrund der Technologie der Abgasreini-
gung von einem sehr hohen Anteil an Feinstaub ausgegangen werden. Trotzdem wurde
auch untersucht, wie sich ein erhöhter Grobstaubanteil (Korngrößenverteilung 45/45/-
/10, 10% Grobstaubanteil) bei einer Schornsteinhöhe von 85 m auswirken würde. Die-
ser Fall wird von den Autoren der Umweltverträglichkeitsprüfung als ungünstigster Fall
hinsichtlich der Schadstoffdeposition eingeschätzt. Die Verschlechterung der
Schadstoffdeposition für den Ortsteil Mehrum ist in der nachfolgenden Tabelle darge-
stellt:
Bei den Schwermetallen, die sich an Staubpartikel anlagern und sich in den obersten
Bodenschichten anreichern (Deposition) ist durch die beantragte Anlage bei einem er-
höhten Grobstaubanteil eine sehr deutliche Erhöhung der Schadstoffbelastung feststell-
bar. Da sich, wie angegeben, diese Erhöhung bei der Schadstoffdeposition durch die
Technik der Abgasreinigung vermeiden lässt, kann ein erhöhter Grobstaubanteil aus
Sicht der Stadt Voerde nicht mitgetragen werden. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu
sehen, dass sich die Anreicherung dieser Schadstoffe im Boden unaufhörlich fortsetzt
und sich die Situation somit immer weiter verschärfen wird.
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risiko liegt für die Stoffe Cadmium, Dioxine und Furane, Benzol, Arsen, Kobalt,
Chrom.VI, Benzo(a)pyren und Nickel bei 1 Krebsfall pro 375.000 Einwohnern und damit
über dem doppelten des Orientierungswertes des Länderausschusses für Immissions-
schutz von 1 Krebsfall pro 1.000.000 Einwohner. Da Orientierungswerte einer Abwä-
gung unterliegen und somit auch unterhalb von festgestellten Werten Gefährdungen
vorliegen können, ist in diesem Fall größte Sensibilität gefordert. Insofern fordert die
Stadt Voerde die Genehmigungsbehörde auf, vor einer eventuellen Genehmigung der
beantragten Anlage die Prüfung mit der Zielsetzung, durch den Einsatz einer effektive-
ren Technologie den Orientierungswert des LAI zu erreichen, durchführen zu lassen.
Auf jeden Fall ist jedoch die Durchführung einer Sonderfallprüfung unerlässlich.
Wilfried Limke
- Erster Beigeordneter -