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RWE Power

Baugrund und Fundament


Ein Ratgeber von RWE Power
2 Vorwort

Inhalt

3 Vorwort 15 Ursachen schädlicher 23 Wie können Setzungsschä-


4 Einführung Setzungen den vermieden werden?
15 Ursachen schädlicher Set- 23 Warum ist eine Baugrund­
6 Bodenarten und ihre zungen untersuchung so wichtig?
Eigenschaften 16 Natürliche Baugrundpro- 25 Welche Gründungsarten
6 Baugrund – was ist das? bleme sind bei problematischem
7 Baugrundeignung 16 Unterschiedlich feste Boden- Baugrund empfehlenswert?
verschiedener Böden arten 25 Fundamentplatte
10 Wichtige Normen 16 Unterschiedlich dicke set- 26 Bodenaustausch
Baugrund/Böden zungsempfindliche Boden- 27 Tiefgründungen:
10 DIN 18196 schicht Fundamentblöcke
10 DIN EN 1997­1, Eurocode 7 17 Lokal setzungsgefährdete 28 Tiefgründungen:
in Verbindung mit DIN 1054 -­ Böden Brunnenringe
Ergänzende Reglungen ­ 17 Flächige, aber unterschiedlich 28 Tiefgründungen:
11 DIN 18300 setzungsgefährdete Böden Stahlbetonpfähle
11 DIN 4020 18 Baugrundprobleme durch 29 Einheitliches Gründungs­
11 DIN EN ISO 14688 Eingriff von Außen niveau
11 DIN 4023 18 Verfüllungen/Auffüllungen 30 Anbauten/Nebengebäude
11 DIN EN 1998, Eurocode 8 19 Feste Körper im Boden 31 Terrassen
19 Hohlräume im Boden
12 Bauwerk und Baugrund be­­ 20 Fehler in der Gründungs- 32 Verschiedenes
einflussen sich gegenseitig konstruktion 32 Lichtschächte, Podeste
12 Lasteinleitung 20 Nicht frostfreie Fundamente 33 Eingangstreppen
in den Baugrund 20 Zu dichte Anordnung der 33 Grundleitungen
13 Setzung Fundamente
14 Setzungsdauer 21 Anbauten 3 4 Schlussbemerkung
14 Schädliche Setzungen 22 Zu schwache Überbrückung 35 Impressum
von tief gegründeten Einzel-
fundamenten
22 Zu schwache Kellerböden
Vorwort 3

Sehr geehrte Bauinteressenten!

Ihr Weg zum eigenen Heim wird heutzutage fachlich Nur zu oft wird nicht bedacht, dass der Baugrund
gut unterstützt. Durch vielfältige Informationen – das gesamte Gewicht eines Hauses, welches immer-
von der Finanzierung bis hin zum letzten Baupro- hin bei einem gemauerten Einfamilienhaus bei über
dukt – können nicht nur Fachleute, sondern auch Sie 200 Tonnen (ca. 2.000 kN) liegt, aufnehmen muss.
selbst eine gute Vorplanung gewährleisten. Zudem
geben detaillierte Produktinformationen und Verar- Treten schädliche Bauwerkssetzungen auf, lassen
beitungshinweise den handwerklich Begabten die sich die Ursachen dafür im nachhinein nur mit er­­heb­
Möglichkeit, eine Bauausführung guter Qualität in lichem Aufwand feststellen und beseitigen. In der
Eigenleistung durchzuführen. Regel wird ausschlaggebend sein, ob die vorgege-
bene Eigenart des Baugrundes genügend berück-
Die für die Erstellung Ihres Eigenheims erforderli­chen sichtigt worden ist. Ausnahmen bilden im rheini­schen
Informationen sind meistens kostenfrei zu er­­halten, Braunkohlenrevier unter bestimmten Voraussetzun­
zum Beispiel von Banken oder Bausparkassen, Ener- gen mögliche aktive bergbauliche Einwirkungen auf
gieversorgungsunternehmen, Bauma­­terial­fir­men ein Bauwerk. Das durch ungleiche Setzungen hervor-
oder auch Baumärkten. Das Infor­mationsangebot ist gerufene typische Schadensbild stellt sich in bei­den
überaus vielfältig und deckt deshalb die gän­gigs­ten Fällen gleich ein, lässt aber nicht ohne Weiteres
Fragen ab. Zu vermissen sind jedoch Infor­­mati­onen Rückschlüsse auf die Setzungsursache zu.
zur Gründung, wozu u. a. auch die Beschaffenheit
des Baugrundes gehört. Um die Informationen in dieser Hinsicht zu erwei-
tern und damit Schadensfälle vermeiden zu helfen,
Diese Informationslücke ist erklärlich, da der Bau- werden hier in Form eines kleinen Ratgebers Hin­
grund nicht gewerblich produziert wird, sondern weise von Sachverständigen zur fachgerechten Grün­­
von der Natur vorgegeben ist. Andererseits ist dies dung Ihres Eigenheims gegeben. Denn mit einem
be­­dauerlich, weil gerade Fehler bei der Gründung den Baugrundeigenschaften angepassten soliden
schwer­­wiegend und kaum rückgängig zu machen Fundament kann auch bei ungünstigem Baugrund
sind. Die Qualität Ihres Eigenheimes wird dadurch eine gut tragfähige Gründung geschaffen werden.
dauerhaft beeinträchtigt. Deshalb sind Informatio­
nen über die Bodenbeschaffenheit und eine daran
angepasste Gründung ein wichtiges Kriterium, wel- Mit freundlicher Empfehlung
ches bei der Planung und Konstruktion des Eigen-
heimes zwingend berücksichtigt werden sollte. Ihre RWE Power
4 Einführung

Einführung

Verständlicherweise fehlt den meisten Bauherren > Baugrund und Bauwerk bilden immer eine kon­
der Einblick in das Zusammenspiel von Bauwerk, struktive Einheit.
Gründung und anstehendem Baugrund. Unterlaufen
bei der Einschätzung dieser Zusammenhänge Fehler, Eine weitere Schwierigkeit bei der Gründungsplanung
können die Schäden hinterher kaum noch mit nach- liegt in der unterschiedlichen Beanspruchbarkeit der
haltigem Erfolg beseitigt werden. Risse in Wänden künstlichen Baustoffe des Bauwerkes und des Funda-
oder eine Schiefstellung des gesamten Gebäudes, mentes selbst sowie dem Baugrund. Beim Bau­­grund
die die Nutzung stören oder beeinträchtigen, bis hin handelt es sich ja um einen natürlich entstandenen
zu Schäden an der Konstruktion, die den Bestand Baustoff, der erheblich geringere Festigkeiten als das
ge­­fährden können, verleiden die Freude am Bauwerk. Bauwerk besitzt und sich einer verbes­sernden Beein-
flussung, bis auf wenige Ausnahmen, entzieht.
Dies ist zu vermeiden, wenn man allen Überlegun­gen
und Planungen folgende Einsichten voranstellt: Es bleibt selten eine andere Wahl, als die Gründung
> Alle Bauwerkslasten müssen über die Gründung und die aufgehende Konstruktion den Gegeben­hei­­
in den Baugrund eingeleitet werden (statisches ten, also dem angetroffenen Boden, anzupassen.
Gleichgewicht). Dafür muss man über den Boden etwas mehr wissen.
Es genügt nicht, ihn nur an der Geländeoberfläche
>B
 öden können bei sonst gleicher äußerer zu begutachten, sondern es müssen alle darunter
Er­­schei­nungsform wegen ihres natürlichen liegenden Bodenschichten so weit in die Untersu-
Ur­­sprungs und der geologischen Vergangenheit chung einbezogen werden, wie sie an der Aufnahme
stark voneinander abweichende Eigenschaf­ der Bauwerkslasten beteiligt sind. Die Einflusstiefen
ten besitzen. Sie sind unterschiedlich tragfähig, sind, je nach Wahl der Gründungskonstruktion,
was bei einer oberflächlichen Betrachtung be­­trächtlich.
nicht ohne Weiteres erkennbar ist.

Setzung

gering
gross

festerer Boden
weicherer Boden
Einführung 5

Erdgeschoss Erdgeschoss

Keller

Keller

falsch richtig

Besonderer Beachtung bedürfen auch die Baugruben­ In einem kurzen Abriss wird in diesem Ratgeber auf
­sohle und die Fundamentsohlen, die durch die Bau- die wesentliche Fehler vermeidenden Punkte hinge­
arbeiten und Witterungseinwirkungen beeinflusst wiesen. Diese Hinweise müssten genügen, Bauher­ren
werden, bevor betoniert wird. Die kurz nach dem und Berater so weit zu sensibilisieren, dass sie auf
Aushub planebenen und festen Sohlen können auf- eine qualitätsvolle Gründung achten – und sich der
gewühlt oder durch Regen vernässt und verschlammt Hilfe eines Baugrundgutachters bedienen –, um
und dadurch weich und uneben werden, wodurch es Schä­­den und Ärger zu vermeiden.
später zu unterschiedlichen Setzungen an Gebäuden
kommen kann. Als weitere von vielzähligen, nicht Zu erkennen ist jetzt schon:
vom Baugrund ab­­hän­gigen Mängeln sollen hier noch > Erkenntnisse über die Bodenverhältnisse bilden
zu große Aushub­höhen oder an falscher Stelle die Grundlage für eine Gründung guter Qualität.
ausge­hobene Fundamentgräben erwähnt werden. > Alle Einzelheiten im Zusammenhang mit der
Solche Fehlstellen werden verfüllt, dabei jedoch häufig Grün­dung müssen vorher sorgfältig überdacht
nicht ausreichend verdichtet. und ge­­plant werden.
> Hinterher, wenn das Bauwerk bereits errichtet
Hauptsächliche Ursachen von Gründungsschäden ist, besteht kaum noch eine Chance, den Zu­­stand
sind: mit angemessenem finanziellem Aufwand zu
> unzureichende Berücksichtigung des Baugrund­ än­­dern.
aufbaus und seiner Eigenschaften
> Konstruktions- und Planungsmängel
> Ausführungsmängel
6 Bodenarten und ihre Eigenschaften

Baugrund –
was ist das?

Als Baugrund wird der Bodenbereich bezeichnet,


der die Lasten des Hauses tragen muss. Es sind die
Boden­­schichten, die unterhalb der Fundamente des
Hauses anstehen.

Baugrund

Bei näherem Hinsehen besteht ein Boden aus:


> Bodenkörnern
> Hohlräumen (Poren)

In den Poren sind Luft und Wasser eingeschlossen.


Kornform, Korngröße, Korngrößenverteilung und
Kornfestigkeit bestimmen ebenso wie Wassergehalt
und Porendurchlässigkeit die Festigkeitseigenschaf­
ten des Bodens. Sie sind so vorgegeben und können
nur in engen Grenzen verändert, also verbessert
werden.

Daraus folgt in der Regel:

> Bodenaufbau und Bodeneigenschaften sind


durch Untersuchungen zu erkunden.
> Bodeneigenschaft kann nur im begrenzten
Umfang verbessert werden. weicher Boden
> Gründung dem festgestellten Baugrund
an­­passen und falls nötig so tief führen, bis
fester Boden
tragfähiger Baugrund erreicht ist oder ein
Bodenaustausch mit Kiespolster ausführen
(siehe Seite 28).
Bodenarten und ihre Eigenschaften 7

Baugrundeignung
verschiedener Böden

Böden kommen in zahlreichen Formen vor. Ent­spre- fähigkeit festzustellen sein. Das Wasser durchsickert
chend vielfältig sind deren Eigenschaften. Die Trag- die großen Poren. Die relativ großen Körner liegen
fähigkeit ist eine für jegliche Bebauung entschei­­dende stabil und verschieben sich nicht, wenn sie genügend
Eigen­schaft der Böden. Sie ist bei bindigen und dicht gelagert sind.
nichtbin­di­gen Böden von verschiedenen Einflus-
sgrößen ab­­hängig. Bei nichtbindigen Böden ist die Lagerungsdichte
für die Belastbarkeit von entscheidender Bedeu­
Wer hat es nicht schon selbst erlebt, dass nach einem tung.
längeren Regen auf einem sonst gut begehbaren,
lehmigen Feldweg der Fuß einsank und bei jedem Da für den Bauherrn von Interesse ist, ob und wie
Schritt wegglitt. Offenbar hatte die Belastbarkeit des sich die auf seinem Grundstück anstehenden Böden
bindigen Bodens durch die Wasserzufuhr abgenom- als Baugrund eignen, enthalten die hier aufgeführten
men. Tatsächlich füllen sich die feinen Poren schnell Beschreibungen der im rheinischen Braunkohlenre-
mit Wasser, umgeben die feinen Körner mit einem vier häufigsten Bodenarten auch eine Einschätzung
Wasserfilm, der die Kornreibung vermindert und die der jeweiligen Baugrundeignung.
Verschiebung der Körner gegeneinander erleichtert.
Insbesondere in den so genannten Fluss- oder
Bei bindigen Böden ist der Wassergehalt für die Bachauegebieten (in der hie­­sigen Region sind
Belastbarkeit bedeutsam. dies zum Beispiel die Erft-, Niers- oder Rur­­­nie­de­­
rung) stehen von Natur aus Böden an, die als
Ganz anders verhält sich ein mit Grobsand, Feinkies Baugrund nur be­­dingt oder gar nicht geeignet
oder Schotter abgedeckter Weg. Hier wird auch nach sind und eine sehr sorgfältige Gründungsplanung
einem heftigen Regen keine Veränderung der Trag- erfordern.
8 Bodenarten und ihre Eigenschaften

Die in den Überschriften in Klammern nachgestellten Großbuchstaben sind die Kurzbezeichnungen der
Bodenarten nach DIN 4022. Liegen Mischformen vor, wird die Reihenfolge ihrer Anteile in Kleinbuchstaben,
durch Beistriche (Kommata) abgetrennt, davorgesetzt (zum Beispiel tonig, sandiger Schluff = t, s, U).

Kies (G) und Sand (S)


Art Eigenschaften Vorkommen Baugrundeignung

• nichtbindiger bzw. grob­ • hohe mechanische Kornfestigkeit • häufig in tieferen Lagen ab gut bis sehr gut
körniger Boden 4 m und mehr
• gut belastbar
• Korndurchmesser Kies: • drücken sich unmittelbar nach • selten oberflächen­nah und
2,0 mm bis 63,0 mm Lastaufbringung zusammen deshalb auch selten direk­ter
Baugrund
• Korndurchmesser Sand: • lassen sich gut nachverdichten
0,06 mm bis 2,0 mm
• lassen sich gut entwässern
• Kornform: Kanten abge-
schliffen, eckig oder rund

Schluff (U)
Art Eigenschaften Vorkommen Baugrundeignung

• bindiger bzw. feinkörniger • winzige enge Poren, deshalb was- • sehr selten in reiner Form, gut bis mäßig
Boden serhaltend und feucht häufig in Mischformen
• Korndurchmesser: • lässt sich zusammenklumpen und
0,002 mm bis 0,06 mm formen
• Kornform: wie Sand, • weicht bei Wasserzutritt auf
nur feiner
• mittelmäßig belastbar, häufig
jedoch für ein Eigenheim noch
ausreichend
• kann sich nach Lastaufbringung
über eine längere Zeit zusammen-
drücken
• lässt sich schwer ent­wässern

mittelfeiner Schluff (U) [Löss]


Art Eigenschaften Vorkommen Baugrundeignung

• wie Schluff, nur • wie Schluff • in der Eiszeit vom Wind in der Regel gut
gleich­mäßige Körnung verfrachteter Boden, der
• zusätzlich: durch Kalk­an­teil ist der in großen Mulden, zum
• Korndurchmesser: Boden verkittet und relativ gut
Beispiel der Kölner Bucht,
0,01 bis 0,05 mm tragfähig
abgelagert wurde, zum Teil
• hoher Kalkgehalt große Mächtigkeiten
Bodenarten und ihre Eigenschaften 9

tonig, sandiger Schluff (t, s, U) [Lehm]


Art Eigenschaften Vorkommen Baugrundeignung

• bindiger feinkörniger • wie Schluff • am häufigsten ver­brei­­­­­­te­­­­ gut bis mäßig
Boden, vermischt mit grob- ter Boden im rheini­schen
körnigem Sand und feinsten Braunkohlenrevier
Schichtmineralien des Tons
• ober­flächennah, bis zu 5 m
• Korndurchmesser: und mehr anstehend
0 bis 2,0 mm
• des­­halb auch häufigster
Baugrund

tonig, sandiger, humoser Schluff (t, s, h, U)


Art Eigenschaften Vorkommen Baugrundeignung

• wie Lehm • dunkle Farbe*  äufiger Boden in 6 bis 7 m


h nicht geeignet
Tiefe in Flussniederungen, den
• Unterschied: merklicher • hoher Wassergehalt so genannten Auegebieten,
Anteil an hu­mo­sen Stoffen
(Pflanzenreste)
• lässt sich stark zusammendrücken als Bach- oder Flussab­lage-
• wenig oder gar nicht belastbar rungen anzutreffen
• verliert an Volumen
(Zersetzung humoser Anteile)

* Zwar nicht immer zutreffend, doch als Faustregel für den Nichtfachmann sollte gelten: Je dunkler ein Boden, umso mehr ist dessen Baugrund­eignung
in Frage zu stellen.

Ton (T)
Art Eigenschaften Vorkommen Baugrundeignung

• bindiger bzw. sehr • meist hellere Farbe • selten in reiner Form mäßig bis
fein­körniger Boden bedingt
• winzige enge Poren • in Oberflächennähe meist brauchbar
• Korndurchmesser: • stark wasserhaltend nur als Mischform (Lehm)
< 0,002 mm
• große Kapillarhöhe • in tieferen Lagen als Trenn-

• Kornform: plättchen- • wasserundurchlässig
schichten der gespannten
bis nadelförmig Grundwasserhorizonte
• stärker zusammendrückbar, jedoch
mit langsamem Ablauf
• lässt sich kaum ver­dichten
• sehr wasserempfindlich, weicht
auf, quillt auf

Torf (H)
Art Eigenschaften Vorkommen Baugrundeignung

• organische Masse • dunkle Farbe • häufig in Niederungen, den nicht geeignet


(Reduk­­tion von pflanzlichen so genannten Auegebieten,
Be­­­­­­­standteilen unter
• sehr hoher Wassergehalt als Fluss- oder Bachablage-
Luftabschluss) • verliert stark an Volumen (Zerset- rungen anzutreffen
zung der organi­schen Stoffe)
• lässt sich sehr stark • selten tiefer als 4 m
zusammen­drücken • Verbreitung in Linsen- oder
Bandform, wechselnd in
• nicht belastbar Lehm oder Auelehm einge-
schlossen
10 Bodenarten und ihre Eigenschaften

Wichtige DIN-Normen
Baugrund/Böden

Wie allgemein bekannt, sind Abmessungen, Werkstoff­ DIN EN 1997-1, Eurocode 7 in Verbindung mit
güten und die Berechnungsmethoden zur Vereinheitli­ DIN 1054 - Ergänzende Reglungen -
chung genormt. So sind auch die Baustoffe für den Unterscheidung von Böden nach Belastbarkeit
Eigenheimbau weitgehend solcher Normung unterworfen, (mechanisches Verhalten unter Baulast) und Unter-
um die Gütekontrolle zu erleichtern. Weniger – und meist teilung der Böden nach zwei Bodenarten:
nur den Fachleuten – bekannt ist, dass man auch den • nichtbindige Böden
„natürlichen Baustoff Boden“ in Normen geordnet und • bindige Böden
in seiner Eigenschaft be­­schrie­ben hat. Hervorzuheben
sind die nachstehenden Normen und Vorschriften: Diese Unterscheidung gibt die auf den ersten Blick
erkennbaren Erscheinungsformen dieser Bodenar­ten
DIN 18196 wieder. Die nichtbindigen Böden, zum Beispiel Kies/
Klassifizierung von Böden für bautechnische Zwecke Sand, zerfallen/zerrieseln beim Anfassen, während
(Verwendbarkeit als Baustoff) und Einteilung in drei die bindigen Böden, zum Beispiel lehmiger Bo­­­den,
Bodengruppen. Entscheidend ist der Anteil von zusammenklumpen und je nach Wassergehalt mit
Bo­den­körnern mit einem Durchmesser kleiner als der Hand geformt werden können.
0,06 Mil­­li­meter:
• grobkörnige Böden Weiterhin nennt die DIN ebenfalls organische
Durchmesser: < 0,06 Millimeter Böden wie Torf oder mineralische Böden mit
Kornanteil: < 5 % organischen Beimengungen, insbesondere
• gemischtkörnige Böden pflanz­­licher Herkunft, als besondere Bodenarten,
Durchmesser: < 0,06 Millimeter die nicht als Regelfälle zu betrachten sind, sondern
Kornanteil: 5–40 % einer besonderen Be­­trach­tung bedürfen. Im
• feinkörnige Böden Zusammenhang mit der vorgenannten DIN 18196
Durchmesser: < 0,06 Millimeter sind solche Böden als Baugrund nicht geeignet.
Kornanteil: > 40 %

Diese DIN enthält außerdem eine Einteilung in


• o rganogene Böden und
• organische Böden, die nicht als Baugrund
ge­eignet sind.
Bodenarten und ihre Eigenschaften 11

DIN 18300
Unterscheidung nach Boden und Felsklassen für
die Ausschreibung von Erdarbeiten in
• f ünf Bodenklassen und
• zwei Felsklassen.

Es wird hier nach Gewinn- und Verarbeitbarkeit, also


nach den Eigenschaften beim Lösen, Laden, Fördern
und Verdichten unterschieden.

DIN 4020
Geotechnische Untersuchung für bautechnische
Zwecke (Baugrunderkundung).

Legt umfassend fest, in welcher Form und welchem


Umfang solche Untersuchungen durchzuführen sind.

DIN EN ISO 14688


Benennen und Beschreiben von Boden und Fels.

Gibt Hinweise für die einheitliche Benennung der


Bodenarten nach Haupt- und Nebenanteilen.

DIN 4023
Baugrund- und Wasserbohrungen; zeichnerische
Darstellung der Ergebnisse.

Wichtig für das Verständnis der vorgelegten


Erkundungsergebnisse.

DIN EN 1998, Eurocode 8


Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben.

Gibt Konstruktionshinweise für Gebäude.


12 Bauwerk und baugrund beeinflussen sich gegenseitig

Bauwerk und Baugrund


beeinflussen sich gegenseitig

Die über die Gründung in den Boden eingeleiteten Lasten Lasteinleitung in den Baugrund
müssen vom Baugrund aufgenommen werden. Die dadurch Alle im Bauwerk entstehenden Lasten müssen zur
hervorgerufenen Bodenreaktionen haben ihrerseits wieder Erhaltung des statischen Gleichgewichts von den
Auswirkungen auf das Bauwerk. So ist eine gegenseitige Gründungskörpern in den Baugrund eingeleitet werden.
Beeinflussung von Bauwerk und Baugrund gegeben. Unmittelbar unter der Fundamentfläche tritt dadurch
die größte Beanspruchung, die Sohlpressung, auf.
Sie ist, grob vereinfacht, dreieckförmig verteilt mit
dem Größtwert in der Fundamentmitte. Da die Ver-
teilungsfläche mit der Tiefe zunimmt, muss die Last je
Flächeneinheit, die so genannte Spannung, ihrer
Größe nach abnehmen.

Die Lastausbreitung unter etwa 45 Grad lässt ab einer


bestimmten Tiefe die Spannungen so klein werden,
dass keine Auswirkungen auf den Baugrund mehr
erfolgen.
Lasteinleitung

Keller

Fundament
°
45

Spannung

Baugrund
Bauwerk und baugrund beeinflussen sich gegenseitig 13

überdeckende
Bodenschicht spätere
Gründungs- Gründungs-
sohle sohle
späterer Baugrund
Baugrund

Vor Baubeginn: Nach Bauwerkserstellung:


große Fläche, kleine Sohlpressung, große Tiefenwirkung kleine Fläche, große Sohlpressung, kleine Tiefenwirkung

Setzung Die Setzung ist im Wesentlichen eine Zusammen-


Die Lasteinleitung unter 45 Grad bewirkt, dass die drückung der vorhandenen Hohlräume, also eine
Spannungen sich über die Bauwerksgrundfläche Umlagerung des Korngerüstes.
hinaus im Boden ausbreiten.
Die Setzungsgröße wird von der vorhandenen Lage-
Beim Zusammendrücken wird ein Baustoff kürzer. rungsdichte oder dem Porenvolumen bestimmt. Es
Ebenso verhält sich auch der Boden. Wird er belastet, ist noch darauf hinzuweisen, dass bei gleichen Sohl­
presst ihn der entstehende Druck zusammen. Man pressungen schmale Fundamente kleinere Setzungs-
nennt das Setzung, weil diese Volumenverminderung maße zeigen als breite. Daraus folgt, dass Fun­da­men­te
an der Erdoberfläche eine Einsenkung bewirkt, die sich nicht für eine einheitliche Sohlpressung, sondern
so weit erstreckt, wie der Spannungseinfluss über die für eine gleiche Setzung bemessen werden sollten.
Bauwerksfläche hinausreicht. Eine Setzung tritt aber
nur auf, wenn der Boden in Höhe der Gründungssohle
höher belastet wird, als er vorher durch die entfernte
Bodenauflast beansprucht war.
14 Bauwerk und baugrund beeinflussen sich gegenseitig

Dauer der Setzung


Dauer der Setzung
1 Jahr 5 Jahre

> Bei nichtbindigen, mindestens mit­


teldicht gelagerten Böden schnelle
1 cm und geringe Setzung, mit Fertigstel­­
lung des Hauses beendet.
nicht bindig
> Bei bindigen Böden ist die An­­­fangs­­
2 cm
setzung sehr von deren Wasserge­
halt abhängig. Je wasserhaltiger,
umso größer die Setzung. Die
3 cm
bindig Set­­­­zungsdauer ist vom Entwei­
chen des Porenwassers abhängig,
ein Prozess, der lange andauert.
4 cm
Über die lange Setzungsdauer
ergeben sich damit auch größere
Setzungsbeträge als beim nicht­
bindigen Boden.

Setzungsdauer Lockere Auffüllungen sacken über viele Jahre nach,


Die Bauwerkssetzung ist bei nichtbindigen und bin- sodass es bei solchen Böden ebenfalls zu langanhal-
digen Bodenschichten sowohl in ihrem Gesamtmaß tenden Nachsetzungen kommt.
als auch in ihrem zeitlichen Ablauf unterschiedlich.
Schädliche Setzungen
Rollige Böden (Kies, Sand) verfügen über eine stabile Das Problem sind nicht die Setzungen an sich, sondern
Lagerung durch ihr gut belastbares Bodenkorngerüst, die unterschiedlichen Setzungen zwischen un­­mittelbar
bei dem sich die Einzelkörner berühren. Bei Belastung benachbarten Bauteilen oder unter dem Gebäude
stellt sich durch Verhakung der Körner miteinander und selbst.
Ausfüllung von Zwischenräumen durch kleinere Körner
schnell eine relativ geringe Setzung (Zusammen-
drückung) ein. Vorhandenes Porenwasser kann
über zusammenhängende weite Porenkanäle gut
abfließen.

Bei bindigen Böden, wie zum Beispiel feinkörnigem gleichförmige Setzung


Lehmboden, kann die Belastung vom Korngerüst nur
langsam übernommen werden, weil die einzelnen
unschädlich
Boden­­körner durch einen Wasserfilm voneinander
getrennt sind. Durch die engen Poren kann das Po­­
renwasser nur über einen langen Zeitraum verdrängt
werden. Nach einer Anfangssetzung muss man mit
deutli­chen Nachsetzungen rechnen, die noch einige
Jahre nach Fertigstellung des Bauwerkes an­­­halten
können. Bei bindigen Schichten aus Ton kann ein sol-
cher Vorgang Jahrzehnte dauern.
ungleichfö
rmige Setz
ung
Bei weichen humosen Aueböden (bindig) kommen
zu der stärkeren Anfangssetzung und den längeren schädlich
Nachsetzungen durch das verdrängte Porenwasser
auch noch langanhaltende Setzungen aus Verrottung
der humosen Bestandteile. Deshalb: Gründung so ausbilden, dass nur
gleichförmige und somit unschädliche Setzungen
auftreten.
Ursachen schädlicher Setzungen 15

Ursachen schädlicher
Setzungen

Steht man auf dem festen und Vertrauen erweckenden


eigenen Grund und Boden, überlegt man meist nicht,
unter welch vielfältigen geologischen Einflüssen der
darunter anstehende Baugrund im Laufe der Jahrtau-
sende aufgeschichtet oder aus dem Vorhandenen
abgetragen wurde.

So können die unterschiedlichsten Bodenschichten


entstanden sein, die waagerecht oder geneigt mit sehr
verschiedenen Eigenschaften übereinander liegen.
Ohne genauere Kenntnis des Bodenaufbaus und der
Beschaffenheit der beteiligten Schichten ist eine
Bebauung immer mit erheblichen Risiken behaftet.

Setzt man sich aber doch im Glauben, die Erdober-


fläche sei genügend tragfähig für die Gründung des
beabsichtigten Bauwerks, darüber hinweg, wird eine
Fehleinschätzung in den meisten Fällen zu unzurei-
chenden Gründungen, daraus folgenden Bauschäden
und erheblichen Sanierungskosten führen.

Aber nicht nur der natürliche Zustand des Baugrun­des


macht uns Probleme, sondern auch früher von
Menschenhand vorgenommene Eingriffe, wie Abgra­
bungen, Verfüllungen, Hohlräume und Fundament­
reste längst vergessener Bauten. Ausführungs- und
Konstruktionsmängel, wie im Folgenden noch ange-
sprochen, sind zusätzliche Schadensursachen.
16 Ursachen schädlicher Setzungen

Natürliche Baugrundprobleme

Unterschiedlich feste Bodenarten


Hauptsächlich bei einer Hanglage des Grundstückes
kann es vorkommen, dass die Gründung eines Hau­ses
in zwei unterschiedliche Bodenarten gelangt. Dies
ist möglich, weil der grobkörnige Kiessand meist dem S
Hang folgt beziehungsweise dieser als Basis die eigent- Hang

liche Erhöhung, den Hang, bildet. Überdeckt wird der


Kies­sand von einer feinkörnigen, annähernd gleich
dicken Lehmbodenschicht.
Schluff

Beide Bodenarten sind zwar, für sich betrachtet, als Kiessand


Baugrund geeignet, werden dennoch in Kombina­tion
miteinander unterschiedliche Setzungen bewirken.

Wird ein Haus mit einheitlichem Gründungsniveau Unterschiedlich dicke setzungsempfindliche


sozusagen in den Hang hineingebaut – das heißt Bodenschicht
hangseitig mit Keller und hangabwärts aus dem Eine unterschiedlich dicke oder geneigte weiche und
Boden herausstehend – erfolgt so zwangsläufig eine deshalb setzungsempfindliche Bodenschicht wird
Gründung in den sehr festen Kiessand und in den sich an der Stelle der größten Dicke unter einem Bau-
höherliegenden Lehmboden. werk stärker setzen als an anderer Stelle. Im güns-
tigsten Fall stellt sich dadurch das Bauwerk schief.
Da sich Kiessand unter der Baulast schneller und Ist es nicht steif genug konstruiert oder sind die
we­ni­ger setzt als zum Beispiel der Lehmboden, treten Setzungsunterschiede zu groß, kommt es zusätz­lich
unter­schiedliche Setzungen auch noch nach Bau­fertig- zu Rissen.
stellung auf. Dadurch können Risse entstehen.

fester Boden S1 S2

S1 größer S2 kleiner

weicher Boden

fester Boden
Ursachen schädlicher Setzungen 17

S S
gross
S
mittel
S
klein

S humoser Boden
Kies/Sand
Torflinse Torf
fester Boden

Lokal setzungsgefährdete Böden Flächige, aber unterschiedlich setzungsgefähr­


Örtlich eng begrenzte Bodeneinschlüsse aus setzungs- dete Böden
empfindlichem Boden in mäßiger Tiefe unter der Eine in Auegebieten ebenfalls typische Bodenforma­tion
Gründungssohle stellen eine ernste Gefahr für ein sind bänderhafte organische Böden in unterschied­lichen
Bauwerk dar. Typisch dafür sind kleine Fluss- oder Mächtigkeiten und mit unterschiedlichen Be­­stand­
Bachauen mit Linsen aus Auelehm, Torf oder Faul- teilen an Pflanzenresten (humose Durchsetzung). Diese
schlamm. Da oft nur Teile des Bauwerks betroffen Aueböden sind häufig von Schluff oder Kies-/Sandschich-
sind, stellen sich bereichsweise Setzungen und somit ten über- und unterlagert oder durch­zogen.
Schäden am Gebäude ein. Diese können teilweise so
beträchtlich sein, dass nach anfänglicher Rissbildung Solche Böden stellen ebenfalls eine ernste Gefahr
sogar der Bestand des Gebäudes gefährdet ist. für ein Gebäude dar, da eng begrenzte, erhebliche,
unter­schiedliche Setzungen in mehreren Gebäude-
richtun­gen auftreten können.

Die Setzungen dieser als Baugrund ungeeigneten


Böden liegen nicht nur im Wechsel fest und weich,
also im unterschiedlichen Verhalten unter Baulast
begründet. Es finden auch Setzungen aus einer
Volumenverminderung der humosen Bestandteile
statt, weil sich diese, wenn sie nicht vollkommen von
der Luft abgeschlossen sind, langanhaltend zersetzen
beziehungsweise verrotten.
18 Ursachen schädlicher Setzungen

Baugrundprobleme
durch Eingriff von auSSen

Verfüllungen/Auffüllungen
An der Geländeoberfläche, meist gar nicht wahrnehm­
bar, befinden sich manchmal im Untergrund Gräben,
Gruben, Bombentrichter u. ä., die in der Regel mit all
dem, was man nicht mehr brauchen konnte – ein-
schließlich Hausmüll und Bauschutt – aufgefüllt wor­den S
sind. Vielfach wurden sie, weil niemand an eine spätere
Nutzung dachte, ohne jede Verdichtung ein­fach ver-
kippt. verfüllter Boden

Dieser inhomogene Boden wird wegen der lockeren


gewachsener Boden
Lagerung und des Verrottungsprozesses der orga-
nischen Anteile eine langanhaltende beträchtliche
Setzung durch Kornumlagerung durchmachen. Hohl­
raumbildungen sind bei dem ungleichförmigen Füll-
material auch nicht auszuschließen.

Wird ein Neubau in einem verfüllten oder aufgefüll­ten


Bereich oder sogar über den Rand einer Verfüllung
erstellt, sind starke Setzungsschäden unausweichlich.

Verfüllte Bereiche bergen nicht nur für ein Haus Pro-


bleme. Zu bedenken ist auch, dass durch den Aushub
der Baugrube zwangsläufig auch wieder verfüllte S S
Bereiche kleinerer Ausmaße geschaffen werden.
Verfüllung
sackt nach gewachsener Boden
Dies trifft für den über die Hausfläche hinausreichen­
den Bereich der Baugrube, für den so genannten
Arbeitsraum, zu. Dieser muss später, wenn die Kel- Die Verfüllung des Arbeitsraumes der Baugrube lässt
leraußenwände abgedichtet sind, verfüllt werden. sich aus vielen Gründen meistens nicht so verdichten
wie der gewachsene Boden nebenan. Es werden
Genau in diesem Bereich liegen die an das Haus an­­ Nachsackungen auftreten. Liegen die vorgenannten
schließenden Außenanlagen, wie die Eingangstrep- Bauteile auf der Verfüllung auf oder werden darin
pe oder das Eingangspodest, die Lichtschächte oder gegründet, werden diese auch nachsacken und vom
S
ein Teil der Terrasse. Haus abreißen.

verfüllter Boden

gewachsener Boden
Ursachen schädlicher Setzungen 19

alte Fundamente

Feste Körper im Boden Hohlräume im Boden


Reste alter Fundamente, Brunnen- und anderer In gewissen Gebieten, in denen unter einer Deck-
Schächte und sogar Wurzelstümpfe großer Bäume schicht kalkhaltiger Löß- oder noch kalkhaltigerer
können, wenn sie unerkannt in geringer Tiefe unter Mergelboden ansteht, benutzte man früher diese
der Gründungsebene liegen, innerhalb des Bauwerks Kalkböden zum Düngen der Felder. Da im Acker tiefe
unterschiedliche Setzungen auslösen. Die alten Bau­ Gruben störten, trieb man außerhalb der Ackerflächen
werksteile haben sich schon unter der ehemaligen Mergelstollen vor, aus denen man den Kalkboden
Last gesetzt und sind vielfach auch tiefer gegründet gewann. Die darüber stehen gebliebene, un­ver­sehr­te
als das neue Bauwerk. Sie werden sich also we­niger Bodenschicht ließ eine unbehinderte Bewirt­schaf­
verformen als der umgebende Boden, der die übri­gen tung der Felder zu.
Fundamentlasten übernehmen soll.
Sickerwasser, Scheitelnachbrüche und aufgebrachte
Die unterschiedlichen Setzungsmaße bei benachbarten Lasten lassen auf Dauer die Stollen einbrechen, die
Gründungen können erhebliche Setzungsschäden aber nicht immer bis zur Erdoberfläche verstürzen.
hervorrufen. Wird nun ein solcher unerkannter Stollen überbaut,
kann er völlig einbrechen. Da es bei solchen Einbrü-
Da solche Einschlüsse nur schwer zu orten sind, ist chen zu Freilagen ganzer Fundamente, zumindest
man auf alte Kartenwerke (Archive), Luftaufnahmen aber von Fundamentteilen, kommt, erfolgen Einsa-
(Vermessungsämter und Landesbildstelle) und Aus- ckungen größeren Ausmaßes mit den üblichen Schief­
künfte älterer Ortsansässiger angewiesen. stellungen und Rissschäden bis hin zu teilweisen
Zerstörungen.

In der Nachbarschaft alter Burgen und Befestigungs­


anlagen stößt man manchmal sogar auf verborgene
Fluchttunnel, Stollen und Brunnen.

vorher nachher

Mergelstollen
20 Ursachen schädlicher Setzungen

Fehler in der
Gründungskonstruktion

Nicht frostfreie Fundamente Beim Auftauen des Eises hingegen weicht der was-
Die in der DIN 1054 aus der Erfahrung heraus festge­ serempfindliche Boden auf und verliert dadurch
haltene Forderung nach einer frostfreien Grün­dungs­­­­­ er­h eblich an Tragfähigkeit. Häufig geht sie völlig
tiefe, das heißt dem Abstand der Gründungssohle zu verloren. Daraus folgen Setzungen in einem Ausmaß,
der dem Frost ausgesetzten Geländeoberfläche, hat welches die Gebäudekonstruktion in den seltensten
gute Gründe. Bei Unterschreitung der allgemeinen Fällen schadenfrei aufnehmen kann. Es kommt zu
Mindesttiefe von 80 Zentimetern muss bei einem frost- Setzrissen.
gefährdeten Baugrund mit Schäden gerechnet werden.
Zu dichte Anordnung der Fundamente
Benachbarte Fundamente sollten mindestens einen
lichten Abstand von mehr als zwei Fundamentbreiten
haben, die größere Breite ist maßgebend, da­mit sich
die Sohlpressungen nicht in einer Tiefe überlagern,
in der sie noch zusätzliche Setzungen hervorrufen
S können. Anderenfalls bilden sich anstelle der an­ge­
strebten einheitlichen Setzungen unter allen Funda-
menten in Gebäudemitte stärkere Setzungen, also
nicht frostfrei
eine Mulde. Je nach Größe der Setzungsunterschie­de
können daraus Rissschäden im Gebäude auf­treten.

Frost bringt bei bindigen Böden (Lehm, Löss, Ton,


Schluff) das in den Poren enthaltene Wasser zum
Gefrieren. Es bilden sich getrennte Lagen von Erd-
stoffen und Eislinsen.

Diese Eislinsen heben den Boden, da Wasser beim S S


Gefrieren sein Volumen um neun Prozent vergrößert.
Der Bo­­den wird auch seitlich verschoben.

Diesem Vorgang stehen jedoch das Gewicht und die Last


Eigenspannung des Gebäudes entgegen, sodass
sel­tener merkbare Schäden auftreten.
Überschneidungsbereiche
Ursachen schädlicher Setzungen 21

Anbauten
Es muss immer damit gerechnet werden, dass bei der
Errichtung eines Anbaus an ein bestehendes Bauwerk
konsequente
oder der Ausfüllung einer Baulücke Bewegungen Trennung
zwischen dem alten und dem neuen Bauteil ein­treten.

Daher ist grundsätzlich auf eine einwandfreie Tren-


nung der Baukörper durch Fugen zu achten. Altbau Anbau

Die anzubauenden Teile sollten in keinem Fall auf die


Fundamentüberstände des alten Bauteils aufgesetzt
werden.

Die vorhandene Setzungsmulde des alten Bauwerks,


die ja über seine Begrenzung hinausreicht, wird nun
durch eine neue Mulde überlagert, die ihrerseits wie­
derum bis unter den Altbau reicht. Damit treten an
der angebauten Seite erneute Setzungen auf, die bei
Schäden am
entsprechender Größe durch eine örtliche Fundament- Anbau/Altbau
freilage Rissschäden verursachen können, obwohl der
Altbau, auch nach langer Standzeit, bislang keine
Schäden aufwies. S
Altbau Anbau
Ein weiteres Problem liegt im Anschluss des Anbaus
an den Altbau. Legt man den Anbau an den Funda-
mentüberständen des Altbaus auf, überträgt er einen
Teil seiner Lasten auf dieses Grenzfundament und
alte Mulde neue Mulde
belastet es zusätzlich. So kann es zu Mauerwerksa-
brissen und Fundamentabsackungen unter dem Alt-
baufundament kommen.

Schiefstellungen des Anbaus und ein keilförmiges


Öffnen der Bewegungsfugen wären die unausbleib-
liche Folge.
22 Ursachen schädlicher Setzungen

Zu schwache Überbrückung von tief gegründeten Dieser Boden wird sich infolgedessen, im Gegensatz
Einzelfundamenten zu den Bereichen mit den Pfeilern beziehungsweise
Steht in der erforderlichen Gründungstiefe eine nicht Blöcken, stär­ker setzen. Die Wandbereiche zwischen
ausreichend tragfähige Bodenschicht an, muss die den Pfeilern werden nachgeben und reißen.
Gründung in einer tiefer liegenden, ausreichend trag­
fähigen Schicht erfolgen. Ist der ungeeignete Boden nicht nur weich, sondern
auch noch humos durchsetzt (Aueboden), kann sich
Um die Kosten zu begrenzen, werden die Fundamente dieser auch ohne Last aus den Wänden setzen.
meist nicht durchgehend, sondern punktförmig in
Pfeilerform vertieft. Wenn der Boden nicht vollständig im Grundwasser
liegt, zum Beispiel durch natürliche Grundwas­ser­
stands­schwan­kungen, verrotten die humosen Be­­­
standteile. Der Boden verliert an Volumen, wodurch
die Wände hohl­fallen und sich durchsenken.

Zu schwache Kellerböden
S
Wie zuvor schon angesprochen, gehört zur ordnungs­
gemäßen Ausbildung einer solchen Tiefgründung
die besondere Ausbildung der Kellersohle als be­wehrte
Bodenplatte.
Humoser Schluff
bzw. Torf
Wird diese Kellersohle nicht als tragendes Element
Kiessand
mit in die Gründungskonstruktion einbezogen (wie eine
Geschoss­decke), sondern wie bei normalen Gründun-
Diese Blöcke oder Pfeiler sollten unter den Wandkreu­ gen nur auf den ungeeigneten Baugrund aufgelegt,
zungen angeordnet werden und durch einen bewehr­ kann sich diese insbesondere bei humosen Böden
ten Balkenrost, in Verbindung mit einer bewehrten ebenfalls durchsenken.
Kellersohle, untereinander verbunden werden. Die
Blöcke oder Pfeiler sind so zu bemessen, dass sie die
gesamte Bauwerkslast in den Baugrund einleiten
können. Anderenfalls erhält der nicht als Baugrund
geeignete Boden Last aus den Wänden.
eingebrochene
Kellerböden

S S

humoser Schluff
bzw. Torf

Kiessand
Wie können Setzungsschäden vermieden werden? 23

Warum ist eine


Baugrund­unter­suchung
so wichtig?

Der Bauherr kann oft bereits durch aufmerksames


Be­­­trachten seines Baugrundstückes und dessen
Umgebung Hinweise auf möglicherweise zu erwar-
tende Probleme entdecken.

Geländemulden und Senken können auf verlandete


ehemalige Bachtäler oder Tümpel hinweisen, wo sich
im Untergrund abgelagerte Aueböden mit Torfeinla-
gerungen oder weiche, breiige Böden verbergen
können. Auch Straßennamen oder Ortsteilbezeich-
nungen, in denen das Wort „Bruch“ oder „Broich“
vorkommt, weisen auf ehemalige Überschwemmungs-
gebiete mit wenig tragfähigen und setzungsgefähr­
deten Böden hin. Grundsätzlich ist der Entwurfsverfasser (Architekt)
verpflichtet, die Untersuchungen zu veranlassen. Der
Erzählungen von Nachbarn und ortsansässigen al­­ten Bauherr hat allerdings die Untersuchungen in Auftrag
Leuten können wichtige Hinweise enthalten, reichen zu geben. Wenn man bedenkt, dass die Unter­suchung
aber keineswegs zu einer Baugrundbeurteilung aus eine Gründungsberatung enthält, sind die Kosten von
oder ersetzen sie gar. Die Beurteilung der Bo­­den­ meist weniger als ein Prozent der Bausumme sinnvoll
eigenschaften durch äußerliches Betrachten (vi­­su­el­le investiert. Wichtig ist, an die Unter­suchung nicht erst
und manuelle Methoden) erfordert sehr viel örtliche beim Bau­grubenaushub zu denken. Das Gutachten
Erfahrung und ist trotz allem relativ ungenau. sollte vor Erstellung der Statik vor­liegen.
Eigentlich erhält man bestenfalls Hinweise für eine
gezielte Untersuchung. Von der Einschaltung eines Baugrundsachverständigen
kann der Architekt nur absehen, wenn er die Boden- und
Um das Bodenverhalten bei Bebauung sicher festzu- Grundwasserverhältnisse genau kennt und in dem
stellen, ist eine Untersuchung durch den Baugrund­ Baugebiet noch nie Überraschungen aufgetreten sind.
sachverständigen erforderlich. Nach der DIN 4020
„Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Aufeinanderfolge, Dicke und Beschaffenheit der
Zwecke“ müssen für jede Bauaufgabe Beschaffenheit Bodenschichten sowie eventuell vorhandenes Grund-
und Aufbau des Bodens und die Grundwasserverhält- wasser werden festgestellt durch
nisse geklärt werden. Dazu sollten projektbezogene > Bohrungen
Untersuchungen durchgeführt werden. > Sondierungen
24 Wie können Setzungsschäden vermieden werden?

Die Bohrungen müssen meist nur mit leichtem Bohr­ RKS DPL
gerät fünf bis acht Meter tief geführt werden. Aus + 0.00 0.00 10 20 30 40 50 60 70 N20

0,60
einzelnen Bo­­denschichten werden Proben entnommen, MU

1,00
die im Labor untersucht werden. Zusätzlich wird mit
A (S, g)

1,60
einer in den Boden gerammten Stabsonde der Ein-

2,00
geplante
dringungswiderstand gemessen. Dazu zählt man die 2,60 U Gründungssohle
Rammschlä­ge pro zehn oder 20 Zentimeter Eindrin-

3,00
gung.
3,40

H
erforderliche kritischer

4,00
Gründungssohle Bereich
4,30

Die nach DIN 4023 grafisch dargestellten Ergebnis­se U, s, h


verdeutlichen die Bodeneigenschaften und sind

5,40 5,00
S
6,00 5,20

Grundlage für die Gründungsplanung.


G

Planstraße
Die Anzahl der Untersuchungsstellen zur Erkundung
des Baugrundes ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig
RKS2 RKS4 und kann deshalb nicht generell festgelegt werden.

Es gilt jedoch der Grundsatz, dass ein dichteres Netz


r Gra ben
ve r füllte von Untersuchungen einen wesentlich genaueren
Überblick über den Baugrund verschafft als ein ver-
einzeltes. Liegen die Untersuchungen zu weit ausein­
RKS1 RKS3 ander, können die Ergebnisse zu einer Fehleinschät-
zung des Baugrundes führen.

Links stehendes Beispiel verdeutlicht die Fehlein-


schätzungen.

Vier Bohrungen mit Rammkernsondierung (RKS1 bis RKS4) an


den Ecken des geplanten Hauses erfassen nicht einen alten,
verfüllten Graben.
Wie können Setzungsschäden vermieden werden? 25

Welche Gründungsarten sind


bei problematischem Baugrund
empfehlenswert?

Fundamentplatte
Ist als Baugrund eine gleichmäßig humos durchsetzte
Auelehmschicht ohne Torfeinlagerungen und von
gleichmäßiger, aber größerer Dicke anzutreffen, so
kann der Baugrundgutachter in Abstimmung mit dem
Statiker eine Gründung mit besonderen baulichen
Maßnahmen auf der Aue­­­lehm­­schicht empfehlen. Eine
Gründung mit unbewehrten Streifenfun­damenten
reicht in diesen Fällen nicht mehr aus.

Wenn eine Ausführung des Kellergeschosses allein


schon aus Gründen der Abdichtung gegen drückendes
Wasser in Beton vorgesehen ist, kann das ge­­samte
Kellergeschoss als biegesteifer Stahlbetonkasten
oberhalb der setzungsgefährdeten Aue­­­lehm­schicht
erstellt werden.

Um den Aufwand zu reduzieren, kann bei einem ge­­ Weiterhin sollte für eine Aussteifung des Gebäudes
mauerten Keller mäßigen ungleichen Setzungen nur durch Stahlbetondecken oder, wenn Fertigteildecken
mit einer bewehrten Fundamentplatte unter dem verlegt werden, durch Ringbalken und ausreichend
gesamten Gebäude begegnet werden. Die Platte ist viele Längs- und Querwände gesorgt werden.
gleichzeitig Kellerboden und wird nach dem Verlegen
der Grundleitungen in einem Arbeitsgang und mit Insgesamt bleibt zu bedenken, dass trotz aller Maß-
seitlichem Überstand über die Grundrissfläche beto- nahmen eine leichte Gebäudeschiefstellung nicht
niert. Damit ist auch ein anschließendes saube­res auszuschließen ist. Die Risikoabwägung obliegt da­­
Arbeiten auf der Platte und das Lagern von Baustoffen bei dem Baugrundgutachter.
möglich. Die Dicke der Stahlbetonplatte wird vom > Mächtiger, gering humoser Schluff.
Statiker entsprechend den Angaben des Baugrund- > Platte statisch berechnet, ausreichend dick und
sachverständigen für die jeweiligen Bo­­den­kenngrößen bewehrt.
der weichen Schicht festgelegt. Grundsätzlich wird > Sauberkeitsschicht unter Platte erforderlich.
sie sich in ihrer Dicke und Beweh­rungs­führung von > Wirtschaftlich, aber Gebäudeschiefstellung
einer Geschossdecke unterscheiden. möglich.
> Nur in Abstimmung zwischen Baugrundgutachter
Die Stahlbetonplatte sollte auch auf einer zuvor her­ und Statiker.
gestellten Sauberkeitsschicht bewehrt und betoniert
werden.
26 Wie können Setzungsschäden vermieden werden?

Humoser Schluff
bzw. Torf 45° Kiespolster h ≤ 1,5 m 45°

Schluff

Kiessand

Bodenaustausch Kies­sandpolster an jeder Seite um seine Höhe breiter


Unmittelbar oder nur in mäßiger Tiefe unter der Grün­ sein muss als die Gründungsfläche des Hauses. Ent-
dungsebene angetroffene weiche Schichten (humoser sprechend breiter wird auch die Baugrube.
Schluff bzw. Torf statt Auelehm) nicht zu großer Dicke
können durch Austausch des weichen, setzungsgefähr- Dies wirft bei den heutigen, meist engen Grundstü-
deten Bo­­dens gegen einen kontrolliert zu verdichten- cken und bei einer Grenzbebauung Probleme auf.
den nichtbindigen Boden (Kiessand) ersetzt werden. Deshalb und aus Kostengründen ist der Bodenaus-
tausch nur in geringen Dicken zu empfehlen.
Dazu ist die Baugrube tiefer, bis auf den tragfähi­gen > flach liegende, weiche Schicht entfernen
Baugrund auszuheben. Dabei ist zu beachten, dass > Baugrube wird deutlich größer
wegen des Lastausbreitungswinkels von 45 Grad das > von Tiefbauunternehmen vor Ort ausführbar
Wie können Setzungsschäden vermieden werden? 27

Tiefgründungen: Fundamentblöcke Wird ein Balkenrost verwendet, müssen die Kellerbö-


Diese Konstruktionsform wurde, wenn auch in an­­ den wie eine normale Geschossdecke freitragend in
derem Zusammenhang, bereits zuvor angesprochen. Stahlbeton ausgebildet werden.
Sie wird immer dann notwendig, wenn setzungsge-
fährdete, das heißt wenig oder nicht tragfähige Um durch die als Baugrund nicht geeigneten Aueböden
Schich­ten, also humoser Schluff oder Torf, in größeren hindurch in den tragfähigen Baugrund zu kommen,
Mächtigkeiten anstehen. Dann sind über geeignete stehen in Abhängigkeit zur Tiefe verschiedene Grün-
Grün­dungs­körper, die der Kosten wegen punkt- oder dungsarten zur Verfügung.
streifenförmig verteilt werden, die Bauwerkslasten
in die tiefer liegende tragfähige Bodenschicht ein­ Es sind zunächst einzelne Fundamentstreifen oder
zuleiten. -blöcke anzuführen. Diese Systeme sparen Schacht-
arbeiten und Beton und lassen sich bis zu einer Tiefe,
Wichtig ist es, festzuhalten, dass alleine diese Grün- bei der noch keine Verbauarbeiten erforderlich sind,
dungskörper die gesamte Bauwerkslast in den Boden wirtschaftlich von der Baugrubensohle aus mit dem
einleiten müssen. vorhandenen Bagger ausheben.

Das bedeutet aber, dass die Wände entweder auf In jedem Fall sind die einschlägigen Sicherheitsvor-
einem die Gründungselemente überspannenden schriften zu beachten.
Stahlbetonbalkenrost oder auf einer entsprechend > einfaches statisches Konzept
bemessenen durchgehenden Stahlbetonplatte stehen > wirtschaftlich durch Geräteeinsatz
müssen.
28 Wie können Setzungsschäden vermieden werden?

Tiefgründungen: Brunnenringe Tiefgründungen: Stahlbetonpfähle


Sind mehrere Meter nicht tragfähiger Schichten mit Ein maschinelles und relativ kostengünstiges Verfahren
einer Tiefgründung zu durchfahren, bietet sich eine mit kurzer Bauzeit ist neben bekannten Verpress­pfäh­len
einfach zu erstellende punktuelle Tiefgründung mit (DIN 4128) zum Beispiel durch die so ge­­nannte Micro-
Brunnenringen an, solange kein Grundwasser ansteht. Pfahl-Technik gegeben. Dies sind Pfähle mit Durch­­
messern von nur 160 - 275 Millimeter in aus­betonier­ten
Es handelt sich um reine Handarbeit. Der Boden wird verschweißten Stahlrohren (so ­­ge­­­nann­­­­­­­­­te „Raketen-
innen aus dem Brunnenrohr ausgeschachtet. Der pfähle“). Sie lassen sich bei größeren Mäch­tigkeiten
Brunnenring sinkt dann am Anfang mit etwas Nach- der nicht tragfähigen Bodenschichten sehr gut ein-
hilfe ein. Der Boden wird innen weiter abgeschach- setzen. Wie bei den anderen Tiefgründun­gen wird
tet und oben werden weitere Ringe aufgesetzt, bis über die Pfahlköpfe eine Stahlbetonplatte gespannt.
der tragfähige Boden erreicht ist. In der Regel genügt Die Mikropfähle werden von hiesigen Spezial­­firmen
es, den Brunnen mit verdichtetem Kies aufzufüllen angeboten.
und oben mit einer Betonplatte abzuschließen. Ein-
facher und eventuell auch kostengünstiger ist das Bei allen hier angesprochenen Tiefgründungen sollte
Verfüllen mit Magerbeton. der Bauherr bedenken, dass nachträgliche Sanierungen
Nachteilig ist der für die Handarbeit erforderliche stets teurer sind als Investitionen in eine solide
große Brunnendurchmesser. Gründung.
> schneller Einbau
Die Brunnen sollten, wie schon vorher erwähnt, unter > Pfahldurchmesser 160 bis 275 mm
den Wandecken und -kreuzungen stehen. > wenig Aufwand
> einfaches statisches Konzept > Spezialfirma erforderlich
> Arbeiten im Grundwasser schwierig,
aber möglich
> einfache Ausführung
> Ringe mit verdichtetem Kies oder
Magerbeton verfüllen
Wie können Setzungsschäden vermieden werden? 29

Einheitliches Gründungsniveau

Um unterschiedlichen Setzungen vorzubeugen, emp­


fiehlt es sich, beide Hausbereiche gleich tief zu
gründen, das heißt die Gründung des nichtunterkel-
lerten Be­reichs bis auf die Tiefe des Kellerbereichs
he­­­run­terzuführen. Dabei ist auf eine selbsttragende
Ausbildung des Bodens des nichtunterkellerten Be­­reichs
aus Stahlbeton zu achten.

Man sollte überlegen, ob es bei diesen bautechni­


schen Zwängen nicht sinnvoll ist, das Haus vollständig
zu unterkellern und dadurch zusätzlichen Nutzraum
zu gewinnen, zumal die zusätzliche Unterkellerung
kaum Mehrkosten bringen wird.
> einheitliches Gründungsniveau schaffen
Ein teilunterkellertes Haus bedarf wegen der dadurch > Fundamente des nichtunterkellerten Bereichs
gegebenen unterschiedlichen Lasten und unterschied­ auch bis in tragfähigen Baugrund führen
lich tief reichenden Gründungen bei der Gründungs­­ > Boden des nichtunterkellerten Bereichs als
planung besonderer Aufmerksamkeit. Ist der Bau- freitragende Stahlbetonplatte ausführen
grund in beiden Gründungsebenen gleich be­schaffen, > Grundleitungen an Stahlbetonplatte befestigen,
werden keine Probleme auftreten, wenn man beachtet, nicht im Auelehm verlegen!
dass das höher gegründete Fundament unter einem > Gebäude ggf. ganz unterkellern
Winkel von 30 Grad bis auf die Gründungsebene des > einfach durch örtliche Baufirma auszuführen
tieferen abgetreppt werden muss.

Anderenfalls wird durch die nebenstehenden Gebäu­de­­


auflasten der Erddruck auf die tiefer gegründete Kel­
leraußenwand vergrößert, der Risse, Verschiebun­gen
in den Lagerfugen und Undichtigkeiten in der Schutz­
schicht gegen Bodenfeuchtigkeit bewirken kann.

Schädliche Setzungen sind jedoch vorprogrammiert,


wenn der unterkellerte Bereich in tragfähigem Bau-
grund und der nicht unterkellerte Bereich in einem
ungeeigneten Baugrund, wie zum Beispiel Auelehm,
ge­­grün­det sind.
30 Wie können Setzungsschäden vermieden werden?

Anbauten/Nebengebäude
Bei nicht unterkellerten Nebengebäuden, wie zum Bei­
spiel Garagen oder Abstellräumen und auch späteren
An­­bauten, die sämtlich an das unterkellerte Haus an­­
schließen, ist in der Regel auch auf das Prin­zip des ein­
heitlichen Gründungsniveaus zu achten, es sei denn, der
Baugrund ist in jeder Tiefenlage gleich gut tragfähig.

Hieraus ergeben sich zwei Konstruktionslösungen,


die jedoch folgende einheitliche Regeln beinhalten:
> Nebengebäude beziehungsweise Anbau konse­
quent vom Haupthaus trennen. Zwischen dem
Haupthaus und dem Nebengebäude be­­ziehungs­
weise dem Anbau eine vom Fundament bis zum
Dach reichende Bewegungsfuge ausbilden.
> Den Anbau beziehungsweise das Nebengebäude
nicht in die Baugrubenverfüllung des Haupt­
hauses gründen.
> Ehemaligen Baugrubenbereich mit einer freitra­
genden Stahlbetonbodenplatte überbrücken.
Wie können Setzungsschäden vermieden werden? 31

Terrassen
Ist geplant, auch eine hochwertige Terrasse anzulegen,
die eventuell später sogar mit einem Wintergarten
überbaut werden soll, sollte deren Platte nicht in
einfa­cher, auf dem Boden aufliegender Form ausge-
führt werden. Zu bedenken ist die nachsackende
Baugrubenverfüllung, in deren Bereich die Terrassen-
platte bei schwacher Ausbildung auch nachsacken
würde. Deshalb ist es immer ratsam, die Terrassen-
platte als freitragende Stahlbetonplatte mit zwei
festen Auflagerseiten auszubilden.

An der Hausseite können als Auflager entweder die


im Terrassenbereich verdickte Kelleraußenwand, aus
der Kellerwand herausragende feste Konsolen oder,
nach dem Abdichten der Wand, vor dieser auf Grün-
dungsebene des Hauses erstellte Pfeiler dienen.

Auf der freien Seite der Terrasse sind bei einem gu­­
ten Baugrund nur ein frostfreies Streifenfundament
oder Blöcke erforderlich. Stehen aber als Baugrund
ungeeignete Böden, wie zum Beispiel Auelehm an,
sollte die Gründung dieser Terrassenseite durch diese
Böden hindurch bis auf Tiefe der Hausgründung reichen,
damit ein einheitliches Gründungsniveau ge­­schaffen ist.

Hierzu bieten sich je nach Tiefe Betonpfeiler, Pfeiler


aus ausbetonierten Brunnenringen oder so ge­­­
nannte Mikropfähle (Stahlbetonpfähle mit geringem
Durch­messer von 160 bis 275 Millimeter) an. > Feste Auflager am Haus schaffen oder Terras­
> Terrassen nie im Baugrubenbereich gründen senplatte an der Hausseite so tief wie das Haus
oder auflegen. Die Verfüllung sackt nach! gründen.
> Terrassenplatte freitragend ausbilden (Stahlbe­ > Bei ungeeignetem Baugrund die freie Terrassen­
tonplatte). seite auch bis auf Gründungsebene des Hauses
tiefgründen.
32 Verschiedenes

Verschiedenes

Lichtschächte, Podeste > Keine Bauteile in die Verfüllung des Arbeitsraumes


Ein ungeeigneter Baugrund ist auch bei kleineren, an der Baugrube gründen oder auf die Verfüllung
das Haus anschließenden Bauteilen, wie zum Bei- auflegen.
spiel bei Lichtschächten oder Eingangstreppen und > Kleinere Bauteile fest auskragend mit dem Haus
darüber hinaus bei den Abwasserleitungen, zu be­­ verbinden.
rück­­sichtigen – insbesondere bei den unterhalb der Bo­­
den­platte des Hauses verlegten Grundleitungen. Dieses Prinzip sollte auch bei massiven Konstruktionen
Die­­se Bauteile können gegenüber dem solide ge­­grü­­ gewählt werden, wobei dann eine Verschraubung
n­de­ten Haus Setzungen erfahren, wenn nicht an nicht mehr ausreichend sein wird, sondern stabile,
besondere Vorkehrungen gedacht wird. auskragende Konstruktionen.

Lichtschächte, Eingangspodeste oder -stufen zum


Beispiel liegen häufig noch im verfüllten Bereich des
Arbeits­raumes der Baugrube, der erfahrungsgemäß
noch über Jahre hinweg nachsackt. Es ist deshalb
davon abzuraten, diese Bauteile auf die Verfüllung
aufzulegen oder darin zu gründen. Sie sollten statt
dessen fest mit dem Haus verbunden, auskragend
ausgebildet werden. Ein anschauliches Beispiel stellen
die modernen Kunststofflichtschächte dar, die keine
Gründung brauchen, weil sie an der Kelleraußenwand
hängend verschraubt werden.
Verschiedenes 33

Eingangstreppen Grundleitungen
Bei einer höheren und deshalb längeren und schwe­ Bei einem Haus mit einer Tiefgründung ist auch der
reren Eingangstreppe allerdings kann eine feste, Kellerboden beziehungsweise bei einem nichtunter-
aus­k ragende Verbindung mit dem Haus bauphysi- kellerten Haus der Erdgeschossboden wie eine Decke
kalische Probleme aufwerfen. Zwar könnte die Keller- freitragend auszubilden. Unter diese Stahlbetonplatte
decke, statisch ausreichend bewehrt, nach außen zu verlegende Rohrleitungen sollten fest mit dieser
durchlaufend und auskragend konstruiert werden, Platte verbunden werden.
mit dem nach der Podestlänge abknickenden Lauf
für die Stufen; nachteilig dabei sind jedoch der Wär­ Wird keine feste Verbindung, sondern eine Verlegung
meverlust und temperaturabhängige Längenände- zum Beispiel in einem humosen Schluff bzw. Torf aus­
rungen des Treppenbetons, die sich schädlich auf geführt, der aufgrund seiner organischen Bestand­teile
die anderen Bauteile des Hauses auswirken können. an Volumen verlieren und sich dadurch auch ohne
Belastung setzen kann, folgen die Leitungen den Set-
Deshalb sollten bei auskragenden Konstruktionen zungen. Abrisse von den in der freitragenden Boden-
zumindest mittlerweile im Handel erhältliche, sta- platte eingesetzten Bodeneinläufen oder ander­­weitigen
tisch wirksame Verbindungselemente zwischen der Leitungs­anschlüssen und bereichsweise Mulden in den
Geschossdecke und dem außenliegenden Bauteil Leitungen wären die Folge. Abflussbehinderungen
verwendet werden, die mit einer den Wärmedurch- und Verstopfungen würden um so mehr Probleme
gang stark reduzierenden Dämmschicht versehen aufwerfen, weil an diese Leitungen sehr schwer her-
sind. anzukommen ist.

Bei größeren Stufen- oder Eingangsanlagen sollte Von daher bietet es sich ohne viel Zeit- und Kosten-­
jedoch die Gründung wie in dem Kapitel Einheit- aufwand an, die Leitungen entweder mit einem rost­­
liches Gründungsniveau, zum Beispiel für Terrassen freien beziehungsweise unverrottbaren Material
empfohlen, ausgeführt werden. an die freitragende Bodenplatte anzuhängen oder
– noch einfacher – einzubetonieren.
Falls erforderlich, mit einer streifenförmigen Platten-
verdickung, die dem Verlauf der Leitung folgt.
34 Schlussbemerkung

Schlussbemerkung­

Die Qualität eines Bauwerkes wird nicht nur durch den Knapper werdende Baulandresourcen und die zuneh­
sichtbaren, oberhalb der Erdoberfläche liegenden mende Urbanisierung des ländlichen Raumes füh-
Gebäudeteil bestimmt, sondern maßgeblich auch von ren dazu, dass auch Gebiete mit problematischem
der im Erdreich verborgenen Gründungskonstruktion. Baugrund einer Bebauung zugeführt werden. Bei
Dabei kommt es nicht darauf an, mög­lichst viel sorgfältiger Beachtung der vorhandenen Grundstücks­
Beton oder Bewehrungsstähle in die Fundamen­te gegebenheiten, der anerkannten Regeln der Bau-
einzubringen; wichtig ist, eine den Baugrundver­ technik und solider Planung und Ausführung des Bau-
hältnissen angepasste Gründung zu wählen. vorhabens wird ein Gebäude auch auf ungünstigem
Baugrund schadensfrei bleiben.
Dies kann allerdings nur gelingen, wenn der Baugrund
in Aufbau, Beschaffenheit und Eignung richtig ein- Auf die oftmals zu wenig beachteten Baugrundrisi­ken
geschätzt und dies bei der Gründungsplanung auch aufmerksam zu machen und konkrete Lösungswege
entsprechend berücksichtigt wird. aufzuzeigen, ist Anliegen dieses Ratgebers. Denn
nur ein rundum gut informierter Bauherr kann die
Die in diesem Ratgeber dargestellten unterschied- richtigen Entscheidungen für ein in jeder Hinsicht
lichen Bodenarten und die exemplarisch aufgezeig­ten solide gebautes Haus treffen.
Schadensmöglichkeiten durch Fehleinschätzung des
Baugrundes oder unzureichend angepasste Grün­
dungskonstruktionen machen deutlich, wie wichtig
eine fundierte fachliche Beratung des Bauherrn ist.
impressum 35

Impressum Legende

Herausgeber:
RWE Power AG Mutterboden
Stüttgenweg 2
50935 Köln Auffüllung

Kontakt: Schluff
Tel: 0800 8822820
Mail: vorsorge-bauplanung@rwe.com Humoser Schluff

Redaktion: Torf
Dipl.-Ing. Wilhelm Heinrichs
Überarbeitete Fassung: Sand
Dipl.-Ing. Jürgen Ober
Dipl.-Ing. Franz-Josef Huppertz, Kies/Sand
Dipl.-Ing. Ulrich Wilden
Kies
Fachliche Beratung
Dipl.-Ing. Helmut Jung Ton
Prof. Dipl.-Ing. R. Rübener

Lastpfeile

Setzungspfeile

Kraftpfeile

Gebäude/Mauerwerk

Fundament
Essen • Köln
www.rwe.com
RWE Power AG
Stand: März 2016 • Gestaltung: Spohr’s Büro für Kommunikation GmbH, Köln • 6780

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