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Klartext!
Jetzt reden wir Klartext!
Die Besetzer_innen des Jukuz Maraldo stel-
len sich und ihre Idee vor
S
In Bensheim fehlt der Freiraum für Jugendliche ist_innen. Kein eingetragener Verein, gramm
keine Einzelperson und keine Partei Eine kurze Vorstellung der Projekte, die wir
eit über 10 Jahre möchten Ju- Es ist klar, wenn Menschen sich tref- kann als verantwortlich benannt wer- injizieren wollen
gendliche aus Bensheim und
Umgebung ein Jugendzentrum
fen und feiern, muss aufgeräumt werden
— bei Erwachsenen, wie bei Jugendlichen.
den.
Um einem antisexistischen und
Egotronic im Interview
Egotronic kommt aus Bensheim und auch
haben. 1998 wurde das letzte Ju- Wir lassen uns aber nicht weiter verleum- antipatriachalen Anspruch gerecht zu was zum Thema Freiräume zu sagen
gendzentrum geschlossen, zwar gibt es den. Wir wollen mit unserem Projekt be- werden, sind die Texte alle »ge-
seit einigen Jahren ein kleines Juz am weisen, dass bei fast allen Jugendliche gendert«, das heißt es wurden Wörter Pädagogik und Selbstver-
Bahnhof, jedoch wird dieses nicht unseren Kreativität, Spontanität und Offenheit vermieden, die Frauen oder Menschen, waltung, geht das?
Bedürfnissen gerecht. Eine durchsichtige vorhanden sind. Durch gesellschaftlichen die sich nicht als »ausschließlich Eine Analyse der Perspektiven für die hier-
Fassade und die wenigen Rückzugsräume Konkurrenz- und Leistungsdruck wird die männlich«, außen vor lassen. Beispiels- archiefreie Sozialarbeit im Jukuz
im Juz lassen den Raum für Jugendliche Entfaltung dieser Talente jedoch oft unter- weise wurde »Polizist« zu »Polizist_in« Blickfang: Ultras Darm-
nicht gerade wohnlich erscheinen. drückt und sie bleiben im Verborgenen. und »man« zu »mensch«. stadt
Wir, die Jugendlichen aus Bensheim Daher wollen wir ein Zentrum für Jugend- Wir würden uns freuen, wenn du …gemeinsam im Kampf gegen Faschismus
und Umgebung, möchten einen Raum, in liche, in dem weder kommerzieller mal vorbeischaust (Anfahrtsplan Rück- und Repression
dem wir selbstbestimmt und selbstorganis- Verzehrzwang noch Leistungsdruck ex- seite) und vielleicht sogar mitarbeitest,
iert Leben und Lernen können, ohne einem istieren. Einen offenen Raum, vorrangig um das Jukuz Maraldo zu etwas zu Eine Kritik an der
kommerziellen Zwang unterworfen zu für Jugendliche, die endlich ein Forum für machen, wass allen gefällt und was al- Eventkultur &
sein. In den letzten 2 Jahren haben sich Ju- ihre Wünsche und Bedürfnisse haben. Ein- len nützt. erklärender Comic
Jukuz und Selbstbestimmung statt Kon-
gendliche in einem Verein für ein Jugend- en Raum, der generationsübergreifende sumzwang und Repression
und Kulturzentrum in Bensheim organis-
iert. Es gab viele Gespräche mit Bürger-
meister Hermann (CDU) und dem zuständi-
Projekte injizieren kann, damit sich die
Menschen aller Altersstufen und National-
itäten besser kennenlernen können. Einen
Unsere Pespektive:
Die Besetzung Besetzer_innenjargon
Wörter, die uns beschreiben können
gen Dezernenten Schimpf (Grüne), die zu Raum, indem Rassismus, Sexismus und
nichts geführt haben, außer viele Zusagen Antisemitismus keinen Platz finden. Einen Polizeigewalt
auf Geld, wenn denn erst einmal ein Ob- Raum, in dem gesellschaftliche Solidarität …ein unterschätztes Problem
jekt gefunden würde. Wir möchten nicht praktisch werden kann. Diese ganzen
Unreflektierte Drogen-
weiter von der städtischen Politik für
dumm verkauft werden , sondern wollen
Wünsche funktionieren nur, wenn dies
von den Menschen selber bestimmt wird,
politik
Und was daran gefährlich ist.
I
jetzt eine Verbesserung für Jugendliche wenn also alles selbstorganisiert passiert.
aus und um Bensheim. Dies bedeutet nicht, dass es keine Regeln n den Medien und in der Politik wird Streetart
Die jetzige kulturelle und soziale Situ- gibt, jedoch werden diese basisdemokrat- vermutlich nicht auf unser Anliegen oder: Wie mache ich alles bunt?
ation für Jugendliche ist nicht die beste, isch mit allen Interessierten zusammen eingegangen werden. Die klassischen
außer den kommerziellen Kneipen und entschieden. Mechanismen der Entpolitisierung und Jukuz Maraldo statt Mil-
kostenpflichtigen Einrichtungen, wie Wir glauben nicht mehr daran, dass Dämonsierung werden dazu führen, itärkomplex
Wieso wir genau dieses Gelände besetzt
Theater und Kino, gibt es wenig Möglich- uns die Stadt dabei hilft einen Raum zu dass unsere Besetzung als unpolitisch haben
keiten für Jugendliche sich in Bensheim zu finden und ihn benutzbar zu machen. Wir und trotzdem (oder gerade deswegen?)
treffen. Dies zeigt sich auch in der repress- glauben daran, dass mensch »Alles selber als »böse« denunziert wird. Es wird uns Anfahrtsplan
iven Haltung der Stadt Bensheim zu öffent- machen muss«, daher besetzten wir das vermutlich alles Mögliche vorgeworfen
I
lichen Treffpunkten, wie dem Stadtpark alte Gelände ab heute und geben ihm den werden, um zu vermeiden, dass ein
und der Innenstadt. Gerne werden dort in Namen Jukuz Maraldo. Wir halten unsere Dialog mit uns seitens der Stadt n den Tagen nach der Besetzung
den Abendstunden Jugendliche von Ord- Besetzung für legitim, da es unsere einzige stattfindet muss. wird die Polizei und Stadt Druck auf
nungsamt und Polizei vertrieben und Möglichkeit ist, konstruktiv Gehör bei der Wir wollen jedoch klarstellen: Wir uns ausüben, damit wir das Gebäude
Platzverweise erteilt. Meistens wird im An- Öffentlichkeit zu finden. sind keine gewalttätigen Chaoten, die verlassen und unsere Idee aufgeben.
schluss an größere Feste in Bensheim in die Kaserne aus Langeweile oder Dies darf auf keinen Fall passieren.
den Medien und durch die Politik darauf Jukuz Maraldo Lebe Hoch! Boswilligkeit besetzt haben, sondern Deswegen kommt alle vorbei und gebt
hingewiesen, dass Jugendliche nur saufen, wir sind ganz normale Menschen aus dem Projekt eine Chance.
Müll machen, laut sind und Schlägereien allen Gesellschaftsschichten, die ledig- Online: juzmaraldo.blogsport.de
verursachen. Fortsetzung auf Seite 2 Email: juzmaraldo@riseup.net
Fortsetzung von Seite 1 gendeinem Industriegebiet für teures Geld
lich Schluss machen wollen mit der saniert wird, sondern (wie bereits gesagt)
jahrzentelangen Hinhalterei der einen Freiraum, in dem mensch mehr
städtischen Jugendbeauftragten. Uns geht kann als nur konsumieren, der zentral und
es um einen selbstverwalteten Raum, den für alle nutzbar ist, haben wir die Grenzen
wir für uns und andere nutzbar machen des Gesetzes verlassen, um unseren
wollen. Leider hat uns die Stadt überzeugt, Traum zu leben.
dass das momentan mit »legalen« Mitteln Wir möchten in erster Linie die
nicht möglich ist, deswegen die Besetzung. Zukunft unseres Projektes sichern. Wir
Wir erinnern an die Worte des Jugend- sind bereit mit der Stadt zu verhandeln
dezernenten Schimpf der Stadt Bensheim, und gewisse Kompromisse einzugehen.
der auf einem der vielen (100% unprodukt- Das Grundkonzept des Jukuz soll jedoch
iven) Jugendforen verkündete: »Wenn ihr erhalten bleiben. Wir sind uns bewusst,
ein Juz wollt, dann müsst ihr es euch dass ein Konflikt mit der Stadt auf längere
holen!« — Vermutlich wusste er damals Sicht für beide Seiten hinderlich ist,
nicht was für Auswirkungen diese Aussage deswegen streben wir eine Legalisierung
Stress ist uncool, und zwar für jede_n. haben würde. Da wir aber keine »Partyloca- des Jukuz Maraldo an.
tion« haben wollen, die von der Stadt in ir-
G
können DJs auflegen und Bands spielen.
Edelweißpiratin Gretel Maraldo
Volxküche/Vokü Einmal täglich bieten wir am Nachmittag eine
warme Mahlzeit an. Damit niemand dabei
retel Maraldo (geb. Mitze) Straße angeschossen. Ihr Mitflüchtling ausgeschlossen wird, sind diese Speisen ve-
wurde am 28. März 1923 in Of- Romanow zog sie noch ein Stück mit sich, gan und kostenfrei. Um sie weiterhin täglich
fenbach geboren. Als sie 18 doch sie starb, drei Tage vor der Befreiung finanzieren zu können, sind wir jedoch auf
war, heiratete sie den italienis- Bensheims, vier Tage vor ihrem 22. Ge- Spenden angewiesen. Der Betrag ist jedem, je
nach finanzieller Situation freigestellt. Helfer-
chen Fliesenleger Romano Maraldo, mit burtstag. _innen zum kochen und schnippeln sind
dem sie 1942 ihren Sohn Tito bekam. Kurz Der Grund für die Wahl ihres Na- natürlich erwünscht. Wer also Lust dazu hat
darauf ging sie mit Mann und Kind nach It- mens, als Name für das neue Jukuz, lässt und dabei vieles zu veganer Ernährung er-
alien, weil ihr Mann den Militärdienst in sich durch zwei Dinge begründen: fahren will, ist herzlich eingeladen.
seinem Heimatland ableisten musste. Gretel Maraldo war eine Aktivistin Umsonstflohmarkt Da jede_r von uns Klamotten zu Hause hat,
Nicht lange darauf beschloss Gretel der Edelweißpiraten, also einer Gruppe, die einem nicht mehr passen oder gefallen,
zu ihrer Familie nach Offenbach zurück- die sich den Normen des Nationalsozialis- haben wir die Idee, einen Umsonstflohmarkt
zukehren. Dort schloss sich die junge Frau mus nicht unterwerfen wollte. Das heißt anzubieten. Jede_r bringt eben diese, nicht
mehr benutzte, Kleidung mit und stellt sie an-
der Ortsgruppe der »Edelweißpiraten« an, auch, dass sie und ihre Genoss_innen auf deren kostenlos zur Verfügung. Damit dieses
die sich in Offenbach »Schlangenbande« der Suche nach Freiräumen waren. Es Prinzip auch funktioniert, ist es wichtig, dass
nannte. wurde also beschlossen, dass wir das Ge- nicht nur genommen, sondern auch gegeben
1944 wurde sie mit anderen Gen- bäude, welches als Freiraum für die Be- wird. Um Klamotten nach eigenen Ideen
umzustylen, stellen wir Textilfarbe zur Verfü-
oss_innen aufgrund der »Volksschädlings- wohner_innen der Bergstrasse fungieren gung.
verordnung« verhaftet und versuchte am soll, nach ihr benennen, um den Wunsch
6. Januar 1945 zusammen mit vier weiter- nach einem Juz zu bekräftigen. Desweiter- Sport Auf dem ehemaligen Militärgelände haben wir
sehr viel Platz zur Verfügung. So können wir
en Jugendlichen in die Schweiz zu entkom- en starb Gretel Maraldo in Bensheim, das viele Sportmöglichkeiten und Turniere anbi-
men. Sie wurde bereits zwei Tage später Juz ist also auch eine Gedenkstätte, die an eten. Es gibt Basketballkörbe und ein Fußball-
in Villingen (etwa 100 km nordwestlich sie und natürlich auch an alle anderen feld.
des Bodensees) festgenommen und in das Kämpfer_innen der Freiheitsbewegung,
Gestapo Gefängnis in Bensheim abtrans- die während des Nationalsozialismus we-
Grillen Im Außenbereich bieten wir einen Grill- und
Lagerfeuerplatz an, welcher frei genutzt wer-
portiert. Eben hier, in Bensheim, sollte gen ihrer Einstellung verfolgt wurden. den darf.
Gretel Maraldo am 24. März 1945 auch ex- Dieser historische Hintergrund, basierend
ekutiert werden. Auf dem Weg zum Hin- auf der Lebensgeschichte Gretel Maraldos,
Ausstellung zum Wider- Das Hausprojekt ist Gretel Maraldo, einer
richtungsort, dem Kirchberg, versuchte sie bildet einen guten Grundstein für Ausstel-
stand gegen das NS-Re- Widerstandskämpferin im dritten Reich
gewidmet. Da es über ihr Leben kaum Veröf-
ein letztes Mal zusammen mit einem russ- lungen und Workshops zu Themen wie
gime, den Edelweißpiraten fentlichungen gibt, bieten wir eine Ausstel-
ischen Mitgefangenen zu fliehen und den Edelweißpiraten und den 11 weiteren
und Gretel Maraldo lung über sie, die Edelweißpiraten und deren
Widerstand im Nationalsozialismus an.
wurde während des Versuches an der Gefangenen, die auf den Kirchberg trans-
Kreuzung Moltkestraße/Ernst-Ludwig- portiert und dann erschossen wurden. Filmabende Bei unseren Filmeabenden werden, je nach
Gemütslage und Lust, Filme aus dem Inde-
pendent-Bereich gezeigt.
Repression Vorträge, Diskussionen, etc. Selbstverwaltung Ein Workshop über die Idee und Umsetzung
des Freiraums im Jukuz Maraldo.
Theater Kurze Einführung in Methoden des Theaterspiels,
Improvisation zur Thematik des Widerstandes im Veganismus Verständnis des Verzichts auf tierische
Nationalsozialismus Produkte (Film/Diskus
Drogen Aufklärung über Vor- und Nachteile von Drogen Design Wie kann ich Aufkleber, Flyer und Buttons
und ihre Wirkung. (akzeptierende Drogenarbeit) selbst gestalten? Welche Programme sind
dazu geeignet.
Demoworkshop Training zum richtigen Verhalten während einer Breakdance Mit freundlicher Unterstüzung einer Tänzer-
Demonstration. _innengruppe ist es uns möglich an einem
Tag in der Woche einen Breakdance-Work-
Selbstverteidigung Kursus zur richtigen Verteidigung bei gefährlichen shop anzubieten in dem jede_r willkommen
Konfrontationen. ist – egal ob Anfänger_in oder Profi
Egotronic im Interview:
»Ihr kommt ja auch aus Bensheim…«
Redaktion: Hallo erstmal. Ego: Ich war letztes Jahr einfach extrem Ego: Mit Lichterketten und Sitzblockaden Polizist_innen… gehen mir fast immer auf den
viel mit Egotronic und 1 Foot In Da Rave lassen sich Faschos in der Regel nicht auf- Sack.
Egotronic: Hallo zurück! auf Tour, weshalb ich nicht früher fertig halten. Manchmal muss mensch ihnen ein-
wurde. Die reine Produktionszeit war nicht fach auch handfester gegenübertreten. Red: Wollt ihr unseren Leser_innen viel-
Red: So als Einstieg: Ihr kommt ja auch wirklich länger, aber seit die Musik zum leicht noch etwas sagen?
aus Bensheim und Umgebung. Wie sind Job geworden ist, gibt es drumherum ein- Red: Noch kurz vor dem Ende könntet ihr
eure politischen Erfahrungen in der Re- fach viel mehr zu tun als vorher. vielleicht die Satzanfänge vervollständi- Ego: Denkt selbstständig!
gion? gen:
Red: Wie hat sich die Lebensphilosophie Kapitalismus… war, ist und bleibt Scheiße Red: Vielen Dank für das Interview!
Ego: Früher gab es in Bensheim selbst eine von damals im Vergleich zu heute und gehört abgeschafft!
sehr starke linke Szene, bestehend aus geändert? Drogen… sind nicht ungefährlich, können aber Ego: Danke für das Interesse.
Autonomen, Punks, Hausbesetzer_innen durchaus Spaß machen.
und Skater_innen, was natürlich massiv zu Ego: Damals wollte ich immer so wenig
meiner Politisierung beigetragen hat. Die wie möglich machen. Faul sein war die De-
Dörfer drumherum waren eher rechts vise. Musik ist allerdings mein Traumjob
dominiert. Ich hab allerdings keine und deshalb hänge ich mich gerade richtig
Ahnung wie es dort mittlerweile aussieht. rein. Politisch hat sich meine Einstellung
nicht verändert.
Red: Torsun, ich habe gehört du warst
auch mal in einem Hausprojekt, dem Red: Wie kriegt ihr Familie, Politik und
»Punkerhaus«, involviert. Was waren Musik unter einen Hut? Würdet ihr auch
deine Absichten sowas zu starten und wie sagen eure Familie hätte ähnliche bis
hast du das miterlebt? gleiche Ansichten in der Politik?
Ego: Du meinst bestimmt das Haus in Ben- Ego: Ich würde meine Liebsten gerne öfter
sheim. Wir nannten es immer »Loch«, weil sehen, aber das ist derzeit einfach nicht
es doch ziemlich runtergerockt war. Die möglich, weil wir fast ständig Konzerte
Zeit, die ich dort verbracht habe, möchte spielen. Viele meiner Freunde und Lieb-
ich auf keinen Fall missen, auch wenn ich sten haben ähnliche politische Ansichten
mittlerweile lieber in luxuriöseren Verhält- wie ich. Allerdings ist es mir wichtiger,
nissen wohne. Es gab keine besondere In- dass die Leute für sich selbst denken und
tention sowas zu starten. Wir wollten billi- nicht irgendetwas unhinterfragt nachplap-
gen Wohnraum und mit netten Leuten pern.
zusammen wohnen.
Red: Bald ist wieder WM. Bei der letzten
Red: Warum ist das Hausprojekt gescheit- WM habt ihr ja den Track »Ten German
ert? Wie stehst du generell zu solchen Pro- Bombers« herausgebracht. Was überlegt
jekten? ihr euch für dieses Mal?
Ego: Es gab immer öfter Streit im Haus und Ego: Es gibt einen Plan und ich hoffe, dass
irgendwann wollten alle lieber woanders wir die Zeit finden, ihn auch umzusetzen.
wohnen. Ich finde es Quatsch solche Pro- Was es genau wird, wird hier noch nicht
jekte als große politische Tat zu glorifizier- verraten.
en. Wer allerdings so leben möchte, soll
das gerne tun. Red: Bei eurem Auftritt nach der Vo-
rabenddemo wart ihr die einzigen, die
Red: Ihr habt die ersten Alben von euch in sich klar zur Gewalt gegen Faschisten und
sehr kurzer Zeit rausgehauen. Für die let- ähnlichem Dreck geäußert haben, was
zten Alben habt ihr euch echt Zeit genom- auch mir zugesagt hat. Woher kommt
men. Womit hängt das zusammen? das, bzw. wie war das bei euch?
Pädagogik und
Selbstverwaltung,
geht das?
hat sich im Saarland gezeigt. Seit über 30 wusstsein und Kreativität in die kapital-
Jahren gibt es im Saarland, einmalig in der istischen Zustände zu integrieren. Eine
ganzen BRD, ca. 300 selbstverwaltete Ju- politische Emanzipation für Jugendliche
gendzentren, die in einem »Dachverband« und Pädagog_innen findet daher kaum
vernetzt sind. Eine weitere Besonderheit statt.
ist, dass über den Dachverband »Jukuz Wie kann mensch also die positiven
United« sechs Pädagog_innen angestellt Erfahrungen aus dem Saarland mit Päd-
sind. Die meisten haben eine Stelle als agog_innen und den selbstverwalteten Ju-
politische Bildungsreferent_innen. Diese gendzentren ohne Pädagogen_innen ver-
Pädagog_innen arbeiten nicht jeden Tag binden? Zuerst müsste mensch aus dem
im Jugendzentrum, sondern kommen geschichtlichen Kontext der Jugendzen-
meist nur für bestimmtes Projekt wie Dro- trumsbewegung reflektieren, zusammen
genprävention, Medienpädagogik und Kon- tragen, analysieren und vernetzen, sodass
fliktbewältigung ins Juz. Einige Jugendzen- positive wie negative Erfahrungen ausget-
tren besuchen sie daher nur einmal im auscht werden können. In den 70er Jahren
Jahr. Diese zeitliche und personelle Einsch- gab es eine bundesweite Koordination der
ränkung führt dazu, dass Selbstorgansa- selbstverwalteten Jugendzentren sowie
tionsprozesse von Lohnarbeit weniger Treffen. Eine Wiederbelebung solcher
gestört werden. Strukturen wäre eine Chance solche The-
Herrschen also im Saarland paradies- men intensiv zu diskutieren und Lösung-
ische Zustände für Jugendliche und Päd- sansätze zu entwickeln. Die Vereinzelun-
agog_innen? Weit gefehlt: Zwar kann der gen von sozialen Kämpfen und Projekten
Dachverband, mit seiner professionellen macht es meist für Politiker_innen einfach
Struktur, Jugendlichen Halt geben und solche emanzipatorischen Räume wieder
E
auch Schließungen von Jugendzentren ver- zu schließen.
Im Plenum werden Hierarchien abgebaut… hindern, nichtsdestotrotz kann der Dach-
verband Jukuz United nicht autonomes
ine häufige Kritik der Jugendzen- Zentrum spielen und muss sich auch an
trumsbewegung ist/ war, dass bestimmte Rahmenbedingungen halten.
Pädagog_innen ihre Macht als Trotz großer Freiräume, begreift sich nur
Angestellte in kirchlichen oder eine Minderheit der selbstverwalteten Ju-
städtischen Jugendzentren ausnutzen, um gendzentren als politisches Projekt, viel-
bestimmte bürgerliche Vorstellungen zu re- mehr wird Selbstverwaltung in den Rah-
produzieren. In den meisten Fällen stimmt men der bürgerlichen Gesellschaft gerückt,
diese Kritik an den Pädagog_innen, welche um dort positive Eigenschaften wie selb-
ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Sie ständiges Arbeiten, Verantwortungsbe-
können nicht frei arbeiten, denn bestim-
mte Zwänge, in Form von gesetzlichen Re-
gelungen, untergraben ihre meist guten Ab-
sichten. Dies können schon Kleinigkeiten
wie Öffnungszeiten, Rauchverbot oder die
Angebotsstruktur sein. Viele reflektieren
diesen Zustand nicht und/oder ziehen
nicht die richtigen Schlüsse daraus. Päd-
agog_innen dürfen sich politisch nicht
äußern. Tun sie dies ist der Job meist in Ge-
fahr — wie also können Pädagog_innen in
ihrem Beruf Jugendliche und junge
Menschen unterstützen und nicht
gleichzeitig Hierarchien aufbauen?
Pädagogik ist an sich nichts Verwerf-
liches: viele Sozialpädagog_innen/ Sozi-
alarbeiter_innen besitzen Fertigkeiten, die
auch in selbstverwalteten Jugendzentren
gebraucht werden. (z.B. Büroarbeit, Recht-
liches Kernwissen, Konfliktbewältigung, Or-
ganisationstalent, etc.) Diese Fähigkeiten
können die Pädagog_innen meist nur ein-
setzen, wenn sie nicht in der Lohnarbeit
sind. Dies bedeutet, dass der Pädagoge/die
Pädagogin sich außerhalb seiner/ihrer
Arbeit engagieren muss, um dort relativ
autonom arbeiten zu können. Dies kann
bei der Unterstützung von Jugendlichen an
Selbstorgansationsprozessen oder einer
gewerkschaftlichen Organisierung im
Sozialen Sektor sein, damit wirklich gesell-
schaftliche Veränderungen stattfinden
und nicht nur minimale Verbesserungen
erreicht werden.
Eine andere Möglichkeit die Macht-
und Wissenshierarchien der Pädago- …und somit Probleme vermieden
g_innen zu reflektieren und zu verringern
Blickfang: Ultras
Darmstadt
»…gemeinsam im Kampf gegen
Faschismus und Repression«
Redaktion: Stell doch mal kurz die Ultras Red: Was bedeutet für euch Ultrà zu sein? fassen und Aktivitäten auch außerhalb des UD: Wie eben erwähnt denken wir, dass
Darmstadt (UD) kurz vor. Stadions stattfinden zu lassen. Unsere ein Stadion durchaus ein Freiraum für alle
UD: Es bedeutet für uns eine kleine, eigene Gruppe lebt 24/7 für die Farben Blau und Menschen sein kann, die eben einen Ver-
Ultras Darmstadt: Wir sind eine Ultrà-Grup- Welt zu schaffen, die ihre eigenen Gesetze Weiß und versucht sich dabei stets selbst ein unterstüzen möchten bzw. ihm die
pierung des SV Darmstadt 1898, den »Lili- hat und sich nicht an Geld und Kon- zu reflektieren. Dementsprechend be- Daumen drücken. Dabei war und ist es für
en«. Gegründet haben wir uns 2003 nach sumgütern orientiert, oder Personen nach fassen wir uns auch sehr gerne mit gesell- uns schon immer scheißegal welche Haut-
dem Abstieg in die Oberliga Hessen. Die blöden Oberflächlichkeiten beurteilt. Das schaftspolitischen Problemen. Im Endef- farbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung
Gruppe umfasst heute ca. 30 Mitglieder Stadion ist unser Freiraum, in dem wir fekt sind wir ein Haufen fussballverrückter oder Religion die Leute haben. Hauptsache
und ein etwa genauso großes Umfeld. Un- Woche für Woche zeigen wollen, wie sehr Jungs und Mädels mit Spaß an Fußball- sie sind leidenschaftliche Fans der Lilien.
ser Ziel ist eine ständige, kreative und wir diesen Sport und unseren Verein Fankultur mit all ihren vielen Facetten. In diesem Zusammenhang sind wir seit
vielfältige Fankultur am Böllenfalltor zu lieben. Das Gefühl gemeinsam für etwas 2005 aktiv und nutzen unsere Erfahrungen
schaffen und die Lilien sowohl akustisch, einzustehen, das alle verbindet, ist für uns Red: Ihr gehört zu den Ultrà-Gruppier- im Stadion, um auf bestimmte Dinge
als auch optisch zu unterstützen. einmalig, sodass sowohl Siege, als auch ungen, die sich ganz klar politisch posi- aufmerksam zu machen (Transparente,
Niederlagen gemeinsam erlebt werden. tioniert und sagt, dass Dinge wie Faschis- Choreografien, etc.) dazu präventive Arbeit
Red: Erzählt doch mal kurz, was »ultrà« Zusammenhalt und Freundschaft sind dah- mus, Rassismus, Sexismus, usw. nicht in gegen Rassismus und Diskriminierung zu
bedeutet und wie die Szene entstanden er die Hauptcharakteristiken unserer die Kurve gehören und bekämpft werden leisten. Dabei arbeiteten wir beispiels-
ist. Gruppe. Desweiteren bedeutet Ultrà zu müssen. Wie seid ihr auf die Idee gekom- weise an Aktionstagen von FARE (Football
sein sich mit dem Verein, der Stadt und men auch Politik in die Kurve einzubring- Against Racism in Europe) mit, oder enga-
UD: Hinter »ultrà« steckt das italienische der Gruppe, auch unter der Woche, zu be- en? gierten uns auch lokal bei der ANK (Anti-
Wort für »extrem«. Auf dem schönen
Stiefel liegt auch der Ursprung dieser
Fankultur. Dort schlossen sich in den
späten 60er und frühen 70er Jahren die er-
sten Ultras, welche die Elemente der dama-
ligen politischen linken Protestbewegung
mit in die Stadien brachten. Fahnen, Trans-
parente, Feuerwerk und später beachtliche
Choreografien machten die Kurven Italiens
weltbekannt und die Ultrà-Bewegung breit-
ete sich in den kommenden Jahren und
Jahrzehnten rasend schnell in Europa aus.
Leider entstanden aus der ehemals eher
»linken« Bewegung mit der Wandlung der
politischen Landschaft Italiens immer
mehr Gruppierungen, die sich als politisch
»rechts« oder »national« sehen, was der
gesamten Bewegung und ihrem Ansehen
sehr viel Schaden zufügte. Die Ultras in
Deutschland sind in den späten 90er
Jahren entstanden und entwickelten sich
zuerst sehr langsam weiter. Heute kann
mensch zwar sagen, dass sich fast jede
Gruppe einen gewissen Ruf oder Respekt
innerhalb ihrer Fanszene erarbeitet hat,
von einer aufgeklärten oder gar selb-
streflektierten Ultràszene in der BRD sind
wir aber wahnsinnig weit entfernt.
Nazi-Koordination Darmstadt) oder riefen son wie aktiv sie eingebunden ist oder machen sowohl gemeinsame, als auch tieren. Wir distanzieren uns bewusst von
zu Demos im Umkreis per Spruchbändern nicht. Organisatorisch haben wir ein europaweite Aktionen, oder sind lokal sehr diesem Weg, auch wenn wir wissen, dass
auf. Wir wurden dann auch 2007 für unser gewähltes Gremium aus fünf Personen, engagiert. ALERTA soll die Kräfte bündeln Gewalt in manchen Situationen nicht ver-
Engagement von der Stadt Darmstadt mit welche die wichtigsten Entscheidungen und allen Fußballfans zeigen, dass Kurven mieden werden kann, bzw. wir uns ein-
dem »Gesicht zeigen«-Preis geehrt, wobei treffen und diese dann auf den zwei- die bunt und vielfältig sind schlichtweg fach das Recht rausnehmen uns gegen un-
das Preisgeld von 500,- Euro unserem dam- wöchentlich stattfindenden UD-Treffen be- »cooler« sind, als die »unpolitischen« sere Gegner zu verteidigen. Allerdings
als insolventen Verein zugute kam. Uns sprechen. Fankurven mit immer gleicher Optik und wird für UD niemals die Gewalt oder deren
zeigte sich ein Weg auf, der unsere Aktiv- Null Auseinandersetzung mit sich und der Verherrlichung an erster Stelle stehen,
itäten in einen größeren Kontext stellte Red: Was war euer lustigstes Erlebnis? Gesellschaft. Für mehr Infos gibt es bald sondern die Werte von Freundschaft und
und wir wollten versuchen diesen Weg un- eine Überarbeitung der Homepage auf Zusammenhalt.
beirrt fortzusetzen. Daher sind wir auch UD: Puh, schwere Frage. Auch wenn das www.alerta-network.tk
seit knapp zwei Jahren im ALERTA-Net- Leben als Lilienfan ja eigentlich nicht zum Red: Wie steht ihr zu den folgenden The-
work aktiv. Lachen ist, so gibt es ja dann doch immer Red: Viele Menschen setzen die Ultrà-Be- men?
was zu lachen, sei es auf den unzähligen wegung mit den Hools gleich, obwohl das
Red: Könnt ihr vielleicht unseren Leser- Auswärtsfahrten oder beim einfachen zwei komplette verschieden Kulturen Nazis in der Kurve… Brauchen wir nicht,
_innen noch was von den Aktivitäten und Zusammensein, lustig geht es bei uns ei- sind. Wie steht ihr dazu? wollen wir nicht, werden wir niemals zulassen!
Aufgaben der UD erzählen? gentlich immer zu. Mir persönlich fällt jet- Auch wenn nicht jeder Stadiongänger pc ist, so
zt spontan zum Beispiel das Hessenpokalfi- UD: Wir kommen eigentlich ganz gut mit werden wir Naziaktivitäten am Böllenfalltor
UD: Unsere Aktivitäten sind, wie schon er- nale bei den verhassten Kickers am den Darmstädter Hools klar, auch wenn und speziell im F-Block, unserem Standort,
wähnt, sehr breit gefächert. Wir treffen Bieberer Berg ein. Wir waren alle auf der die Ansichtsweisen zum Ausleben des ei- nicht zulassen. Nazis aus der Kurve, damit die
uns zweimal in der Woche um alles zu be- Haupttribüne untergebracht und eine genen Fandaseins natürlich schon weit au- Kurve lebt!
quatschen oder den nächsten Spieltag Seitenscheibe hatte einen Sprung ab- seinander gehen. Wichtig für uns ist, dass Homophobie… Ein leider nicht nur beim
vorzubereiten. Neben dem Malen von bekommen. Aus »Sicherheitsgründen« in Darmstadt auch von den Hools keinerlei Fussball, sondern auch in der Gesellschaft fest
Fahnen, Transpis, Choreografien oder ähn- kam dann ein Bulle in den Block und Naziaktivitäten geduldet werden und der verankertes Problem. Wir versuchen durchaus
lichem gibt es dann halt noch die Organisa- schlug mit einer Schaufel die Scheibe kom- Fussball für die meisten immer noch im hier diesem Problem präventiv zu begegnen
tion der Anreise zu Auswärtsspielen und plett ein. Der ganze Block sang dazu »Reißt Vordergrund steht. Hier zeigt sich, dass und Jugendliche, sowie andere Stadiongänger,
unsere eigene kleine Stadionzeitung »aus- die Hütte ab!«. Solche und weitere diese zwei verschiedenen Fankulturen mit der Thematik dahinter vertraut zu machen.
nahmezUstanD« (zu jedem Heimspiel, 28 Geschichten sind aber eher Situationsko- doch irgendwie zusammen funktionieren Dies hat manchmal mehr, manchmal weniger
Seiten, werbefrei). Jede_r bringt sich eigent- mik. können. Der Eindruck der Gesellschaft alle Erfolg.
Drogen… Sind genauso wie unter »normalen«
Jugendlichen auch bei UD ein Thema. Seit der
Gründung gibt es beispielsweise die »Sektion
Botanik« in welcher sich die Mitglieder befind-
en, die den Rausch von Sportzigaretten dem
von Alkohol vorziehen. Wir achten dabei so-
weit es möglich ist eigentlich untereinander
schon darauf, dass die Leute nicht abschmieren
und sich mit irgendeiner Chemie-Scheiße das
Leben kaputt machen.
Autonome Zentren… Würden wir uns mehr
in Darmstadt wünschen! Zwar besuchen oder
veranstalten wir gerne Veranstaltungen in der
Oetinger Villa, doch sehen wir durchaus das
Potenzial für mehr autonome Kultur in Darm-
stadt. Auch unsere, vom Fanprojekt Darmstadt
zur Verfügung gestellten, Räumlichkeiten sind
zu stark unter der Fuchtel der Politik und an-
derer Institutionen, als dass wir hier von einem
wirklich autonomen Freiraum sprechen kön-
nten. Daher ist es natürlich schon ein lang ge-
hegter Traum vieler Mitglieder irgendwann
einmal eigene, selbstverwaltete Räumlichkeiten
in Darmstadt zu nutzen.
lich auf die eigene Art und Weise ein. Das Red: Was ist das ALERTA-Network? Ultras wären auch Hools ist einfach falsch.
ist auch gut so, da Ultrà unglaublich viele Viele von uns können mit Gewalt nichts an-
Interessen und Darstellungsmöglichkeiten UD: Das ALERTA-Network ist ein Zusam- fangen bzw. fahren nicht deswegen zum
vereint. Während der eine gerne neue menschluss von verschiedenen Ultras und Fußball. Die Medien und die Bullen
Lieder fürs Stadion textet, organisiert eine Fangruppen, die sich gemeinsamen im schmeißen einfach vieles in einen Topf,
andere lieber die nächste Party und wieder Kampf gegen Faschismus und Repression was Otto Normal dann halt für bare Münze
jemand anderes markiert nachts Darm- unterstützen und daher zusammen nimmt und viele Ultras tuen dann noch ihr
stadt mit unseren Farben und Namen. Es geschlossen haben. Von Schottland bis Is- Übriges dazu, um den Eindruck von den
liegt eigentlich immer an der einzelnen Per- rael sind diverse Gruppen aktiv und vollgesoffenen Fussball-Asis zu komplet-
Eine Kritik an der Eventkultur
E s ist Freitag Morgen und du bist
in der Schule oder auf der
Arbeit. Eigentlich solltest du
dich konzentrieren aber irgend-
wie klappt das nicht so richtig, denn in
deinen Gedanken bist du schon längst im
Wochenende. Jetzt heißt es nur noch
Aber warum eigentlich? Du könntest
doch trotzdem was machen. Ach ja stim-
mt, deine ganzen Freunde sind ja unter-
wegs feiern und alleine ist es langweilig.
Genau wie neue Klamotten oder Han-
dies, ist auch das Erlebnis konsumierbar.
Du suchst dir einfach das aus, was am be-
eindeutige Sprache: »Außerhalb der Kon-
sumwelt zu existieren bedeutet, in einer
parallelen Realität zu leben, die mit der
meiner Freunde und Kolleginnen nichts ge-
meinsam hatte.« Und das, obwohl sie ein-
fach nur keine kommerziellen Angebote
mehr wahrnahm. Dies zeigt, dass es eigent-
einfach langweilig. Wer fünf Tage die
Woche die selben Menschen um sich hat,
sich mit Leistungsdruck oder eintöniger
Arbeit rumschlagen muss, der hat wenig
Kapazität und Lust sich auch noch an
seinen freien Tagen ehrenamtlich zu en-
gagieren.
warten auf Feierabend. Dann kann es los sten zu dir und deinen Freunden passt. lich keinen öffentlichen Raum mehr gibt, Um diesen Problemen entgegen zu
gehen: Parties, Konzerte, Kino, Sport und Denn es macht ja nur Spaß, wenn du es in dem nicht konsumiert werden muss. Du wirken, ist es wichtig Räume zu schaffen,
was dir sonst noch so alles Spaß macht mit anderen erleben kannst. Aus diesem brauchst also nicht nur Geld, um deine in denen frei von Konsumabhängigkeit,
steht jetzt auf dem Programm. Du Grund ist das Pflegen sozialer Kontakte Miete, dein Essen und dein Auto zu bezah- Platz für Austausch, kreative Projekte und
brauchst eindeutig Abwechslung und zwangsläufig an den Konsum geknüpft. len, sondern vor allem, um überhaupt am Lebensgestaltung ist, denn Mitgestaltungs-
tauchst ein in die Erlebniswelt. Ein gutes Kannst du an einem Event nicht teilneh- öffentlichen Leben teilnehmen zu können. recht und Selbstbestimmung sind Erlebn-
Besonders in Zeiten steigender isse, die einem niemand verkaufen kann.
»Fun ist ein Stahlbad. Arbeitslosigkeit und zunehmend unsicher-
Die Vergnügungsindustrie verordnet es unablässig.« er Beschäftigungsverhältnisse eine bedenk- In diesem Sinne: Für ein selbstbestimmtes
— Theodor W. Adorno liche Entwicklung, oder? Leben und unkommerzielle Freiräume in jeder
Doch die Kritik an dieser Konsum- Stadt.
Feeling ist dabei wichtig: Freunde, Unter- men, bleibt dir auch der Zugang zu Freun- und Vergnügungsgesellschaft stellt auch
haltung und ein möglichst vielseitiges Pro- den und Geselligkeit verschlossen. Außer- die Frage nach den Ursachen für den Wun-
gramm, mit jeder Menge Action, denn die dem hast du nicht nur den Moment mit sch nach so viel Abwechslung und Unter-
Zeit ist knapp und Montag fängt der graue deinen Freunden verpasst, sondern kannst haltung. Das Leben ist schließlich kein
Alltag schon wieder an. Aber das ist kein dich auch danach nicht mit ihnen darüber Ponyhof, wie es so schön heißt, und krie-
Problem für dich, denn die Vergnügungsin- unterhalten. gen wir nicht immer gesagt die Jugend sei
dustrie hat immer genau das Richtige für Dies ist auch das Ergebnis der New unmotiviert und zu wenig engagiert. Also
dich parat. Du hast die freie Wahl zu tun Yorker Journalistin Judith Levine, die in was soll denn nun diese ganze Feierei ei-
was dir gefällt. Doch die Sache hat einen einem Selbstversuch beschloss nur noch gentlich? Diese Frage lässt sich am besten
Haken: Das Erlebnis muss gekauft werden. das Nötigste zu konsumieren. Sie ver- beantworten, indem mensch sich selbst
Hast du gerade kein Cash, ist Langeweile zichtete ein Jahr auf Kino-, Konzert-, und die Frage stellt, wie es ohne Party, Kino
angesagt. Kneipenbesuche. Ihr Fazit spricht eine oder Zocken wäre. Es wäre schlicht und
Neulich in Bensheim…
Drogen
im Amt« gesprochen. laufenden Demonstration.
Dass dies so viel Kopfzerbrechen 6.Zusammenschlagen bereits festgenom-
bereitet, zeigt deutlich, dass die Normalität mener Personen in der Zelle.
D
von Polizeigewalt auf Demonstrationen, 7.Unprovozierte Faustschläge ins Gesicht
dem Großteil der Bevölkerung nicht ein- gegen Personen aus eine Menschenkette,
mal ansatzweise bewusst ist. Denn jede_r die ebenfalls eine Naziroute blockierten.
die/der schon öfter auf Demonstrationen 8.Tritte mit gepanzerten Stiefeln auf den rogen, bislang ein Runde oder der Rausch an Silvester. Bei
war, dürfte Polizeigewalt mehr oder weni- Kopf eines zuvor bewusstlos(!) geschlagen- Tabuthema in der Gesell- all diesen Gelegenheiten werden diese
ger vertraut sein. Und jede_r der/die en Festgenommenen. schaft. Statt zu diskutieren Drogen mehr oder weniger ausgiebig
schon einmal Opfer von Polizeigewalt ge- Natürlich werden viele, die das lesen, und zu informieren, wird konsumiert. Es gibt kaum Menschen, die
worden ist, kennt die Gefühle, die in einem es nicht glauben. Der/die eine oder andere verschwiegen und verteufelt. Über kaum sich an diesem Konsum stören, da es ja
ausgelöst werden. Eine Mischung aus Wut, wird sich denken »Lass sie mal reden«. ein anderes Thema herrscht soviel Unwis- ein jedem/r selbst überlassen ist ob er/sie
Hass, Demütigung und Hilflosigkeit. Wut Denn das Bild, welches von Medien und senheit und Falschinformation. Dass trinkt oder nicht.
und Hass auf die Verursacher_innen des Er- Politik vermittelt wird, ist das von linken diese Uninformiertheit zur Gefahr wer- Anders sieht es da bei illegalen Dro-
lebten. Die Demütigung, Gewalt von einer gewaltsuchenden Chaoten, die unbegrün- den kann, wird dabei völlig ausgeblendet. gen aus. Mensch wird auf kaum einer
Person erfahren zu haben, die im Allge- det die Polizei angreifen und sinnlos Allein dass im allgemeinen Bewusst- Party den offenen Konsum von (beis-
meinen als »dein Freund und Helfer« Sachen kaputt machen. sein die gesellschaftlich akzeptierten pielsweise) Amphetaminen erleben.
bezeichnet wird. Hilflosigkeit, weil die Mög- Da ist es doch nur verständlich, wenn Rauschmittel (Alkohol, Nikotin, Coffein) Doch stellt sich die Frage, wieso dies so
lichkeit, die Verantwortlichen zur die Polizei auch mal durchgreift. Dass nicht unter den Begriff Drogen subsum- ist. Denn die Unterscheidung zwischen
Rechenschaft zu ziehen gleich null ist, im dieses Bild nicht der Wahrheit entspricht, iert werden, sollte zu denken geben. Um legalen und illegalen Substanzen ist
letzten Jahr wurden alleine in Berlin 746 sondern vielmehr eine dreiste Umkehrung dieser Unwissenheit vorzubeugen und nicht nur rein willkürlich, sondern führt
Anzeigen gegen Polizeibeamte verhandelt, der Tatsachen ist, kann nur noch einmal ein Gegengewicht zu der in den Medien auch noch zu der gefährlichen Annahme
davon führten nur drei zu einer Verur- betont werden. Wer dies nicht glaubt und Politik betriebenen Gleichmacherei legale Rauschmittel seien ungefährlicher
teilung. Dies kann aber auch nur als Spitze dem/der kann nur empfohlen werden auf zu schaffen ist dieser Artikel hoffentlich als illegale. Wer weiß beispielsweise,
des Eisberges gesehen werden, da sehr ein oder zwei größere Demonstrationen zu hilfreich. dass Nikotin ein ungefähr gleich hohes
viele Fälle erst gar nicht zur Anzeige geb- gehen, um sich selbst ein Bild zu machen. Zuerst einmal sollte der Begriff Abhängigkeitspotential wie Kokain hat?
racht werden, gerade wegen dieser Aus- Es sollte sich bewusst gemacht wer- Droge klarer definiert werden. Drogen Und wem ist bekannt, dass reines MDMA
sichtslosigkeit. den, dass es viele Menschen gibt denen sind nämlich nicht, wie oft angenommen (Ecstasy) ein vergleichsweise geringes
Wenn mensch bedenkt, dass der Macht ein Gefühl der Stärke verleiht. wird, nur Rauschmittel, sondern ganz Risiko birgt. Auch dass alle illegalen Dro-
oben genannte Fall nur Bekanntheit er- Bringt mensch diese Personen dann in allgemein Substanzen, die in der Lage gen im allgemeinen Bewusstsein in ein-
langte, weil er glücklicherweise auf Video eine Position in der sie, sogar mit staat- sind Funktionen und Abläufe in einem en Topf geworfen werden, birgt eine
aufgenommen wurde, sollte sich die Frage licher Rückendeckung, Macht ausüben lebenden Organismus zu verändern. Also nicht zu unterschätzende Gefahr. Denn
gestellt werden, ob es nicht noch viel mehr können, führt dies nicht selten zu extrem auch jegliche Medikamente. Aspirin ist wer zum Beispiel irgendwann einmal
solcher Vorfälle gibt, die im Verborgenen aggressiven und sadistischen Verhaltens- also auch eine Droge. Doch soll hier nur doch Erfahrungen mit Cannabis macht
bleiben. Unbegründete Festnahmen, unpro- weisen. Die Verantwortung, die mit dieser auf jene Rauschmittel eingegangen wer- und merkt, dass es ja gar nicht so
vozierte Gewalt, hemmungsloser Einsatz Machtposition einhergeht, wird nicht den, die im allgemeinen als Drogen schlimm ist, wie immer behauptet wird,
von Pfefferspray und permanente Schikan- wahrgenommen und durch die Folgen- bezeichnet werden. könnte den gefährlichen Rückschluss
en sind nichts ungewöhnliches. Auch ver- losigkeit bei Gewaltanwendung letztend- In unserer Gesellschaft gibt es ein- ziehen dass andere Substanzen ebenfalls
botene Maßnahmen wie das Abfilmen von lich abgelegt. Für uns ergibt sich aus ige wenige Drogen, die akzeptiert sind. eher harmlos sind. Dieses mangelnde Be-
Sitzblockaden (Videoaufnahmen sind nur diesen Fakten und den erlebten Ereignis- Ja, deren Konsum zu bestimmten An- wusstsein zum Umgang mit ver-
in akuten Gefahrensituationen erlaubt) sen: lässen sogar zum guten Ton gehört. Die schiedenen Mitteln führt zur Fehleinsch-
und das Verweigern der Dienstnum- Rede ist von Alkohol und Nikotin. Sei es ätzung, Leichtsinnigkeit und
mernauskunft sind Alltag. Hier einige Keine Akzeptanz von Polizeigewalt! die Zigarette nach dem Essen, der Sek- Überdosierung und, im schlimmsten Fall,
Ereignisse, die allein am 1. Mai in Berlin Machtpositionen zerschlagen! tempfang bei Geburtstagen, das Feie- zum Tod von Konsumenten. Es sollte
diesen Jahres stattfanden und von denen rabendbier, die Shisha in gemütlicher Fortsetzung auf der nächsten Seite
Schadenspotenzial in Score-Punkten (Summe der Scores für physischen und
sich die Frage gestellt werden, ob eine sach- geschichte betrieben und kam bis heute in bis heute auch kein Verbot gehindert. Dah- dadurch einem unnötigen und sehr ho-
sozialen Schaden und Abhängigkeit) er ist sich die Frage zu stellen, ob die Illeg- hem Risiko ausgesetzt.
alisierung überhaupt einen Sinn macht Eine sachliche Aufklärung ohne Ver-
und vielleicht nicht weitaus mehr Schaden herrlichung oder Verteufelung ist erforder-
anrichtet, als sie Nutzen bringt. Denn der lich. Auch muss die Unterscheidung zwis-
Konsum von Drogen wird dadurch keines- chen legal und illegal einer
falls verhindert, sondern nur der verant- wissenschaftlchen Aufklärung über die
wortungslose Umgang mit ihnen gefördert. Gefahren und Wirkungsweisen ver-
Dies sieht mensch an Jugendlichen, schiedenster Substanzen (auch Alkohol
die jedes Wochenende fast bis zum Deliri- und Nikotin!) weichen. So kann jeder
um trinken, an Heroinabhängigen oder an Mensch frei und selbstbestimmt über den
Menschen, die auf LSD hängen bleiben. eigenen Konsum bestimmen. Für einen
Das alles ist nicht in erster Linie die Schuld solchen Umgang mit Rauschmitteln gibt es
der Drogen, sondern die der betriebenen verschiedene Initiativen, die sich schon
Drogenpolitik. seit Jahren um Aufklärung und Sucht-
Das zweite sehr hohe Risiko an der Il- prävention bemühen. Lobend zu er-
legalität ist, dass die Substanzen so auf wähnen ist hier das Alice-Projekt, dass
den Schwarzmarkt gehandelt werden und sich ebenfalls aktiv für die Einführung von
keinerlei Kontrolle unterliegen. So kommt Drugchecking einsetzt. Wer weiter Inform-
es, dass nicht gewünschte und noch gefähr- ationen zu diesem Thema will, für den-
Fortsetzung von der vorherigen Seite allen Kulturen vor. Sei es bei den alten Indi- lichere Substanzen beigemischt werden, jenigen/diejenige sind folgende Seiten hof-
liche Aufklärung über die Gefährlichkeit anern, die psychoaktive Pilze und Kakteen um den Profit zu erhöhen. Wer von euch fentlich hilfreich:
und die Wirkungsweise von verschieden- für spezielle Riten verwendeten, amerikan- wusste beispielsweise, dass die meisten
en, legalen wie illegalen, Substanzen nicht ische Gründungsväter, die kifften oder Ju- Herointoten nicht an der Substanz selbst, www.alice-project.de
weitaus sinnvoller ist, als die heutzutage gendliche, die am Wochenende Ecstasy sondern an den beigemengten Streckstof- www.land-der-traeume.de
betrieben Verteufelung. Damit werden nehmen und in Diskos feiern gehen. Eine fen sterben. Und wem war klar, dass durch www.eve-rave.de
Sucht und Überdosierung vorgebeugt und drogenfreie Gesellschaft, wie sie in vielen das schrittweise Verbieten der Grundstoffe www.pillreports.com
A
verantwortungsbewusster Konsum ge- konservativen Köpfen als Utopie lebt, gibt zur Ecstasyherstellung, nun weitaus gefähr-
fördert. So lassen sich Missverständnisse es nicht und hat es nie gegeben. Der lichere Substanzen (m-CPP etc.) kursieren uch in unserem neuen JUKUZ wird
vermeiden und Risiken vermindern. Mensch hat schon immer nach Wegen ge- und als Ecstasy verkauft werden. es einen umfangreichen und inform-
Denn der Konsum von Rauschmitteln sucht sein Bewusstsein zu verändern und Trotzdem werden diese Substanzen kon- ativen Workshop zum Thema Drogen und
wird seit Anbeginn der Menschheits- zu erweitern. An diesem Versuch hat ihn sumiert und der/die Konsument_in Suchtprävention geben.
Streetart
oder: Wie mache ich alles bunt?
Militärkomplex
uns ein klares Zeichen gegen Rüstung- schaft genießt, ist nichts weiter als das
D
swahn und für den Frieden. Wir drücken Resultat einer kranken staatlichen Gehirn-
mit der Besetzung, neben der Forderung wäsche, die uns sagt, dass es zur Sicher-
nach selbstorganisierten Räumen und ung des Friedens Waffengewalt bedarf.
er/die eine oder andere wird die zu der Auswahl gerade dieses Objekts einem selbstbestimmten Leben, auch un- Um unsere Forderungen bzw.
sich sicher fragen, wieso aus- geführt haben. Wesentlich ist der Um- sere kompromisslose Ablehnung ge- Ansichten glasklar zu formulieren:
gerechnet dieses Gebäude für stand, dass es ein ehemaliges genüber Armeen, Truppen und nicht zulet- Wir sind gegen das Militär – sei es die
uns als JUKUZ herhalten Bundeswehrgelände ist, und somit eine zt dem Staat mit seinem Rüstungsfetisch Bundeswehr oder sonst irgendeine Armee
muss. Für diesen Umstand gibt es mehrere Funktion im deutschen Militärapparat ein- aus. Es ist uns wichtig unmissverständlich auf der Welt!
Gründe: Zum einen bot es sich natürlich nimmt bzw. einnahm. Das Gelände war klar zu machen, dass es für uns keine Wir sehen keinen Diskussionsbedarf
an, da es ein riesiges Gelände ist, dass ein sogenannter Mobilisierungsstützpunkt Diskussion über Staatsgewalt und Militär hinsichtlich der Legitimität der
mensch vom Bahnhof aus sehr gut er- (MobStP), also eine Basis, die nur von War- gibt. Wir sind konsequent gegen alles was Bundeswehr oder anderer bewaffneter
reichen kann. Ein Gelände mit mehreren tungseinheiten »bewohnt« wurde, und im mit Waffen, Panzern Minen und sonstigem staatlicher Truppen! Die Durchsetzung na-
Gebäuden, die obendrein noch gut erhal- Falle eines Krieges nutzbar gemacht wer- Dreck, der aus dem Schoß bundes- tionalstaatlicher Interessen mit Waffenge-
ten und nicht heruntergekommen und ver- den könnte. Das heißt, falls es einen Krieg deutscher Truppen kommt, zu tun hat. walt ist für uns inakzeptabel!
gammelt sind. Zu alledem noch ein in bzw. gegen Deutschland geben würde, Wir sehen die Umgestaltung einer Mil-
Gelände, dass seit mehr als 10 Jahren nicht wäre dies ein Anlauf- und Versorgung- itärbasis in einen Freiraum also klar als An- Für uns gilt: Kein Friede mit der Bundeswehr.
mehr genutzt wird und nur als Platzhalter spunkt für deutsche Truppen. Diese Tat- griff auf Militarisierung, Waffengewalt und Militarismus angreifen! Überall, auf allen
in der Gegend herumsteht, darauf wartend sache machte das Gelände zu einem noch Krieg. Nicht zuletzt wird mit dieser Aktion Ebenen!
irgendwann wieder genutzt zu werden. interessanteren Fall für uns. Da wir, Anti- der Staat mit seinen widerlichen Auswüch-
Neben diesen sehr entscheidenden militarist_innen und Pazifist_innen, kon- sen, wie das Militär und die von ihm ge-
Punkten, gibt es aber auch andere Gründe, sequent gegen jede Art der Militarisierung führten Kriege, in Frage gestellt. Die
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juzmaraldo@riseup.net