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Biologische Waffen: „Project Coast“, der

Giftmischer der Apartheid und Ebola


24. Oktober 2014 aikos2309

Hysterie und Panikmache sind das Geschäft der US-Konzernmedien. »In ISIS-Online-Chats
wird von der Militarisierung von Ebola gesprochen«, titelte z. B. das bei konservativen
Amerikanern extrem populäre Nachrichtenportal Newsmax. Statt solchen Hirngespinsten
nachzugehen, wäre es selbst für Newsmax-»Journalisten« ein leichtes gewesen, etwas über die
realen Bemühungen der US-Regierung herauszubekommen, den Ebola-Virus waffenfähig zu
machen.

Bereits Anfang der 1980er Jahre beteiligten sich laut südafrikanischen Gerichts-dokumenten
und einem Zeitzeugen wie dem Mediziner Wouter Basson (»Dr. Tod«) die USA und
Großbritannien aktiv an dem Geheimprojekt »Coast« des Apartheid-Regimes. Es ging darum,
u.a. den Marburg- und den Ebola-Virus in eine »ethnische« biologische
Massenvernichtungswaffe zu verwandeln, die nur Farbige tötet und Weiße nicht angreift.

Basson war beim »Project Coast« federführend und sagte aus, dass sich ein weiteres,
»wissenschaftlich und technologisch fortgeschrittenes Land, das ein großes Bevölkerungs-
problem hatte«, aktiv daran beteiligte, Ebola waffenfähig zu machen. Seiner Beschreibung
nach konnte es sich nur um Israel handeln. Dessen zionistische Regierungen schreckten
bekanntlich noch nie vor Verbrechen schlimmster Art zurück, solange sie dem Ziel Groß-
Israel dienten. Das südafrikanische Programm wurde laut Basson 1994 beendet, aber die
Forschung in US-Laboren ging offenbar weiter, und zwar erfolgreich.

Denn 2010 meldete die angeblich zivile US-Behörde »Center for Disease Control« (CDC)
einen speziellen Ebola-Strang (»EboBun«) als Patent Nummer CA2741523A1 angemeldet
(Im Internet: http://www.google.com/patents/CA2741523A1?cl=en).

Stellt sich die Frage, warum das CDC nicht das Gegenmittel, über das es verfügen muss, den
von Ebola betroffenen Ländern zur Verfügung stellt? Weil es etwa vom US-Militär
»strenggeheim« gehalten wird? (jungewelt.de vom 22.10.2014)
„Project Coast“: Der Giftmischer der Apartheid (ZeitOnline 02/2002)

Wouter Basson nannte sich selbst Dr. Death. Zur Bekämpfung der Schwarzen entwickelte er
einst Giftstoffe und Killerkeime. Der Prozess gegen ihn ist der aufwändigste, der dem weißen
Regime in Südafrika je gemacht wurde.

Nun sitzen sie im Strafhof G.C. 0.64, ganz hinten, auf dem äußersten Rand der letzten
Holzbank, und schauen gebannt auf den Angeklagten. Eine gepflegte Erscheinung, dunkle
Krawatte, anthrazitgrauer Anzug, gestutzter Vollbart, Halbglatze, unter den buschigen Brauen
eng stehende, wachsame Augen. Sieht so ein Scheusal aus? Soll das der Mann sein, der
geplant hatte, dass schwarze Mädchen, wie sie es sind, erst gar nicht geboren werden?

Der Mann heißt Wouter Basson, ist 52 Jahre alt und von Beruf Arzt. Er wird zu den
kaltblütigsten Killern der Apartheid gezählt. Die Anklage beschuldigt ihn, zum Mord
angestiftet zu haben, letale Substanzen für die Liquidierung von politischen Gefangenen
verteilt und selber Todesspritzen gegeben zu haben. Zeugenaussagen und sichergestellten
Akten zufolge hat ein Forscherteam auf seine Anweisung hin Seuchenerreger gezüchtet, um
Teile der schwarzen Bevölkerung zu sterilisieren oder auszurotten. Nelson Mandela, der
unbeugsamste aller Widerstandskämpfer, sollte an Krebs sterben – verursacht durch
Karzinogene aus Bassons Labors. Der Deckname seiner Mission lautete „Project Coast„,
„Projekt Küste“, Aufbruch zu neuen Ufern. Gemordet wurde im alten Stil. In Südafrika
vergleicht man den Doktor und seine Handlanger mit Naziwissenschaftlern.

Handbuch der Grausamkeiten

Die Geschichte beginnt in den frühen achtziger Jahren, in der Hochphase des Kalten Krieges,
als das weiße Regime weltweit isoliert war und sich von Feinden umgeben sah: von der roten
Gefahr des Weltkommunismus und von der swart gevaar aus Afrika. In Namibia, Angola und
Mosambik erstarkten die Befreiungsbewegungen. Es war eine Zeit des kollektiven
Verfolgungswahns, in der die Burenrepublik alle Regeln eines zivilisierten Staates aufhob.
Damals beschloss der Generalstab der südafrikanischen Streitkräfte das Project Coast, die
Aufrüstung mit chemischen und biologischen Kampfstoffen. Das streng geheime
Militärprogramm der Apartheid war ursprünglich defensiv angelegt, aber bald schon kam die
Produktion offensiver B- und C-Waffen hinzu. Mit der Umsetzung dieser Pläne wurde
Oberstleutnant Wouter Basson betraut, ein junger, ebenso ehrgeiziger wie scharfsinniger
Kardiologe und Militärmediziner. Er leistete ganze Arbeit: Am Ende besaßen die
Südafrikaner eines der umfassendsten Arsenale an Biokillern, die seit dem Zweiten Weltkrieg
aufgebaut wurden.

Sieben Jahre ermitteln die Strafverfolgungsbehörden in Sachen Basson und Project Coast. Die
Anklageschrift, 400 Seiten dick, liest sich wie ein Handbuch der Grausamkeiten. Wouter
Basson ist in 63 Punkten angeklagt, unter anderem wegen vielfachen Mordes, wegen Beihilfe
zum Mord, wegen schweren Betrugs und Drogenhandels. Am Montag, dem 4. Oktober 1999,
eröffnet das Oberste Gericht in Pretoria die Verhandlung. Es beginnt der aufwändigste
Prozess, der der Apartheid je gemacht wurde – und vermutlich der letzte.

August 2000. Alle, die im Gerichtssaal Platz genommen haben, sind weiß und männlich,
ausgenommen die beiden schwarzen Zuhörerinnen. Die Männer sind Buren. Da ist Jaap
Cilliers, der Chef des Verteidigerstabes, der sich einen Namen gemacht hat als Rechts-
beistand für rassistische Totschläger und Armeegenerale, die eines Massakers an Zivilisten
beschuldigt wurden. Da sind die Staatsanwälte Anton Ackermann und Torie Pretorius, die
früher schwarze Oppositionelle ins Gefängnis brachten. Und da ist der grauhaarige Richter in
der karminroten Robe, Willie Hartzenberg. Auch er war ein treuer Mandarin des
untergegangenen Regimes. Er wird demnächst das Urteil fällen, ganz allein, es gibt keine
neutralen Geschworenen. Verhandelt wird in Afrikaans, der Sprache der Täter. Der kahle,
düstere Saal, das traditionelle Procedere, die Akteure – alles wirkt so, als wäre man in die
siebziger Jahre zurückversetzt. Hier, im Strafhof G.C. 0.64, richtet die Apartheid über sich
selbst. Die Kosten des Mammutverfahrens, Verteidigung inklusive, trägt die neue,
demokratische Regierung. Sie hat nicht einmal einen Beobachter in den Prozess entsandt.

Wouter Basson unterhält sich flüsternd mit seinem Hauptverteidiger. Gerade wird ein Belgier
zu diversen Immobiliengeschäften vernommen, ein mühseliges Frage-und-Antwort-Spiel, das
den Angeklagten sichtlich amüsiert. Was kann ihm dieser halbseidene Geschäftsmann – er ist
einer von 200 Zeugen – schon anhaben? Wer könnte je sein Imperium durchschauen? Dieses
Geflecht aus hundert Niederlassungen und Scheinfirmen auf drei Kontinenten, bestehend aus
Golfplätzen, Jagdfarmen, Luxusvillen, Reisebüros, Bürohäusern und Pharmaunternehmen. In
Brüssel, Windsor und Basel, in Florida und in Transvaal, in den Ardennen und auf den
Kaimaninseln. Das globale Netzwerk des Dr. Basson diente der Verschleierung eines
kriminellen Großprojekts und der persönlichen Bereicherung. Man schätzt, der Angeklagte
habe umgerechnet rund 24 Millionen Mark auf seine Privatkonten abgezweigt.

Die Hintermänner hatten den Spezialagenten Basson mit einer Carte blanche ausgestattet. Er
konnte reisen, wohin er wollte, reden, mit wem er wollte, Geld ausgeben, so viel und wofür er
wollte. Einzige Dienstauflage: „Ich sollte darauf achten, stets mehr zu nehmen als zu geben.“
Basson wechselte seine Identitäten wie die Anzüge, benutzte vier Pässe, seinen
südafrikanischen und drei weitere, die er sich durch Scheinehen mit Frauen aus Bulgarien,
Belgien und Russland beschafft hatte. Gestern Banker, heute Internist, morgen Unternehmer,
ein globetrottender Verwandlungskünstler, der wie E.T.A. Hoffmanns Dottore Dapperdutto an
mehreren Orten gleichzeitig aufzutauchen schien.

Seine Reisen führten in den Iran, nach Nordkorea, Syrien, Pakistan, auf die Philippinen.
Libysche Wüstennester gehören dazu, die Chefetagen amerikanischer Pharmakonzerne,
deutsche Chemielabors, irakische Giftgasfabriken, sowjetische Waffenschmieden,
medizinische Forschungsstationen irgendwo im Dschungel des Kongobeckens. Basson pflegte
Verbindungen zu britischen Agenten und Drogenbaronen aus Kolumbien und auch zu
Offizieren der Nato.

Seine Recherchen begann Basson, heißt es, 1981 in Washington, an den Computern der
Library of Congress. Im Laufe der Jahre wurde ihm allerorten mit Informationen,
Technologie und Material geholfen. Zum Beispiel in Atlanta, beim Center for Desease
Control. Dort habe er achtmal eine Auswahl von Viren bestellt – und problemlos erhalten.
Wie Spielzeug aus einem Versandhaus. Basson brüstet sich, sogar die Bio- und
Chemiewaffenprogramme des Westens geknackt zu haben und ins Innere der militärischen
Forschungszitadellen von Fort Detrick, USA, und Porton Down, England, vorgedrungen zu
sein.

Dem Gericht wird schwindlig, in hundert Masken, hundert Rollen jagt er es durch seine
Labyrinthe, und man fragt sich, ob er selber noch Schein und Sein, Fakten und Fiktionen
auseinander halten kann. Existiert Abdul Razak, der Topspion aus Tripolis? Haben ihm die
Chinesen Aufträge für Experimente mit Schimpansen erteilt? Wenn Basson das Gefühl hat,
dass Zweifel an seinen Darstellungen aufkommen, schiebt er schnell real existierende
Personen auf die Bühne, dienstbare Kontaktleute wie Peter Regli, den abgesetzten Chef des
Schweizer Geheimdienstes. Bitte schön, in Bern läuft eine Untersuchung, um die Connections
des eidgenössischen Spionagechefs nach Südafrika zu durchleuchten …

Verhandlungspause. „Wenn Sie bei diesem Prozess nicht mehr durchblicken, dann geht es
Ihnen wie mir“, sagt Wouter Basson auf dem Gerichtsflur. Er wirkt charmant, gewitzt,
schlagfertig. Sein Händedruck ist sanft, wie der eines Arztes, dem man Vertrauen schenken
will. Ein feiner, ein sympathischer Mensch. Dies sagt auch die Studentin, die ihn in Mickey’s
Steakhouse bediente, und die Krankenschwester, die ihm assistierte. Auch der Kommissar,
der ihn vernahm, redet so. Man stellt sich vor, wie Basson Herzkatheter legt. Oder wie er
seinem zehnjährigen Sohn beim Cricket zuschaut. Es fällt schwer, diesen Zeitgenossen mit
den ungeheuren Anschuldigungen in Verbindung zu bringen, die gegen ihn erhoben werden.

Vielleicht wäre ein ganz Großer aus Wouter Basson geworden, wenn sein Vater, ein
Polizeibrigadier, nicht 1967 aus dem freisinnigen Kapstadt nach Pretoria versetzt worden
wäre, in die Hauptstadt der Apartheid. Vielleicht wären die Träume des schmächtigen Jungen
wahr geworden, der vom Blaubergstrand über die Tafelbucht hinüber nach Kapstadt sah, zu
den alabasterweißen Hochhäusern, zur Universität, zum berühmten Groote Schuur Hospital.
Er, der Hochbegabte unter den Mittelmäßigen, die in der Arbeitervorstadt Milnerton die
Schulbank drückten, wollte diese Welt erobern. Wollte Gynäkologe werden. Oder eine
Koryphäe wie Christiaan Barnard, der Herzverpflanzer. Oder ein mächtiger Politiker. „Ich
könnte heute Gesundheitsminister sein, wenn es anders gelaufen wäre“, meint Basson.

Er studierte Medizin in der Wagenburg Pretoria, erwarb Zusatzdiplome in Physiologie und


Chemie und machte Karriere beim Militär. Das markanteste Zeichen, das der tag-träumende
Junge in seinem Geburtsort Kapstadt setzen sollte, ist die Wandinschrift in einem Café. „Die
Wahrheit über alles“, steht da zu lesen. Gezeichnet: „Dr. Death“ – Doktor Tod.

Käfige hinter Stacheldraht

Staubige Straßen, dürres, karges Hochfeld, von Buschfeuern geschwärzte Erde. Das nördliche
Hinterland von Pretoria, dreißig Autominuten vom Gericht entfernt, ist eine Gegend, in der
die Farmer misstrauisch schweigen und Schwarze zur Seite treten, wenn ein Weißer des
Weges kommt. Dr. Basson und sein Labor? Kennt keiner. Es gibt nur das Navorsingsinstituut
vir Plantbeskerming, das Institut für Pflanzenschutz, unten am Stausee. Der Wachmann am
Haupttor dort ist irritiert. Ja, sagt er, dies sei der gesuchte Ort, aber es gäbe nichts mehr zu
sehen.

Hinter Stacheldraht und Schirmakazien sind einfache Klinkerbauten mit blauen Blech-
dächern und Regentraufen zu erkennen. Irgendwo darunter müssen sich die Eiweiß-
zentrifugen befunden haben, die Schlangenkühler und Primatenkäfige, der provisorische OP,
die 40 Quadratmeter große Isolationskammer, die Sektionen für Mikrobiologie, Toxikologie,
Biochemie, Molekularbiologie: die unterirdischen Roodeplaat Research Laboratories. Hier
begann im Jahre 1982 unter strengster Geheimhaltung das Project Coast. Die Operation war
so geheim, dass viele der 110 Mitarbeiter gar nicht wussten, woran sie da mitwirkten.

Dr. Daan Goosen wusste es. Goosen ist Veterinärmediziner, ein wohlbeleibter, leutseliger
Mann mit Schnauzbart und hellen Augen, der genau so aussieht, wie man sich einen Tierarzt
im Busch vorstellt. Wir treffen ihn im Einkaufszentrum von Centurion, der umgetauften
Vorstadt Pretorias, die früher einmal Verwoerdburg hieß zu Ehren von Hendrik Verwoerd,
dem Architekten der Apartheid. Fünf Jahre lang, von 1983 bis 1988, war Goosen Manager
von Roodeplaat. „Schon bald hatten wir alles, was wir brauchten, insgesamt 600
Mikroorganismen.“

Er zählt wahllos einige Killerkeime und Giftstoffe auf, Krankheiten, die sich erzeugen ließen:
Pest, Gelbfieber, Cholera, Pocken, Hepatitis A, Botulinum, Tularämie, Staphylococcus-
Enterotoxin, E. coli, Ebola, Marburg, Rift Valley, HI-Viren, Ricin, Nekrotisierende Fasciitis,
Organophosphate, hoch konzentrierte Gifte von Mambas und Skorpionen, dazu Nervengase,
Sarin, VX und so weiter. „Und natürlich Milzbrand. Wir hatten einen der potentesten Stränge
der Welt.“ Fachleute vermuten, dass es sich dabei um Erreger des Ames-Stranges handelte,
die in der fraglichen Zeit aus Fort Detrick in Maryland gestohlen wurden – jenen
Hochsicherheitslabors der U. S. Army, zu denen sich Basson Zugang verschafft haben will.

Goosen nimmt ein Zuckertütchen aus dem Kaffeegedeck. „Es ist einfach, das mit Salmonellen
zu infizieren, Kinderkram.“ Das Forscherteam habe vielerlei „toxische Spezialitäten“
fabriziert. Schokoriegel, Zigarettenfilter und Klebeflächen von Brief-couverts, die mit
Anthraxsporen bestäubt wurden; Thallium, verborgen unter Kronkorken; Paratyphusbazillen
in Deodorants und Zyanid in Lippenstiften; Regenschirme, Schraubenzieher und
Spazierstöcke mit tödlichen Substanzen. Die speziell für Nelson Mandela entwickelten
Karzinogene sollten in seine Gefängniskost gemixt werden. Nebenbei erprobte man neue
Techniken der psychologischen Kriegsführung. An einen Baum im Garten des Erzbischofs
Desmond Tutu wurde der Fötus eines Pavians drapiert; er sei aus Roodeplaat geliefert
worden, behauptet der Geheimpolizist, der die Aktion ausführte.

„Wir waren im Krieg, seinerzeit“, erklärt Goosen und steckt das Zuckertütchen zurück ins
Tischset. „We had to take these guys out“ – „Wir mussten diese Kerle auslöschen.“ Kerle wie
den prominenten Kirchenmann Frank Chikane. „Als alles vorbei war, sagte ich zu ihm:
,Frank, du hast Schwein gehabt. Eigentlich solltest du längst tot sein.‘ Wir lachten.“ Chikane
überlebte vier Attentate; bei einem Anschlag war seine Unterwäsche mit einem
Hautkontaktgift durchtränkt worden.

Und was ist mit den so genannten rassespezifischen Erregern? „Man erklärte uns“, sagt
Goosen, „dass die hohe Geburtenrate der Kaffern die Ressourcen unseres Landes aufzehre.
Doc Wouter beauftragte mich, ein Bakterium zu entwickeln, das schwarze Frauen unfruchtbar
macht. Das ist durchaus möglich, in Amerika war damals zum Beispiel ein Serum zur
Sterilisierung von Katzen im Handel.“ Es habe auch sehr konkrete Überlegungen gegeben, die
Mikroben über das getrennte Trinkwassersystem der Townships und in Grundnahrungsmittel
der schwarzen Bevölkerung zu applizieren.

Einmal wurde erörtert, eine Seuche am Eastern Cape auszulösen, einer Hochburg des
Widerstands. Jedenfalls will das Mitglied einer Todesschwadron gehört haben, wie Dr.
Basson anregte, die Aufständischen zu erledigen – mittels einer Cholera-Epidemie. Außerdem
gab es Gedankenspiele zu einer Art „ethnischen Bombe“, wie es Goosen ausdrückt. „1983
war uns aus London ein Bakterium angeboten worden, das nur Menschen mit spezifischen
Hautpigmenten befallen würde. Es stammte angeblich aus einem deutschen Labor.“ Von
Krankheitserregern als ethnischen Waffen waren die Forscher der Apartheid offenbar
besonders fasziniert. 1996 musste sich hier, ebenfalls vor der Strafkammer G.C. 0.64, bereits
Eugene de Kock verantworten, ein bekennender und zu lebenslanger Haft verurteilter
Serienmörder im Solde der Polizei. Er berichtete von Experimenten mit einer Mixtur, die
weiße Agenten in Schwarze verwandeln sollte, um inkognito ANC-Zellen zu infiltrieren.
Oder umgekehrt. „Warum wird nicht eine Pille erfunden, die Schwarze weiß macht?“, fragte
de Kock. „Dann wären wir die ganze Scheiße in unserem Land los.“
Experten halten die Forscher von Roodeplaat für infantile Alchemisten mit eher
unbedeutenden Erkenntnissen. Auch Basson sei kein herausragender Wissenschaftler
gewesen, sondern ein gemeiner Krimineller, sagt Daan Goosen. „Manchmal schäme ich mich.
Der ganze Wahnsinn, die grausamen Tierversuche …“ Und die Menschen? „Ja, natürlich. Es
war schrecklich und unmoralisch, was wir taten.“

Eine kurze Teepause lang war der Gerichtssaal verwaist und der Sicherheitsbeamte offenbar
wieder einmal eingenickt. Als die Prozessbeteiligten zurückkehren, ist ein Laptop der
Verteidigung spurlos verschwunden. Prozessprotokolle, Randnotizen, entlastende Dokumente
– alles weg. Die Advokaten sind perplex. Nur ihr Mandant reagiert sofort. Wouter Basson
alarmiert den Wachdienst, hastet durch die Gänge, durchsucht die Toiletten. Vergeblich. Der
Laptop ist nicht zu finden. „Der dritte seit Prozessbeginn“, bilanziert der Verteidiger – als
seien solche Diebstähle ganz normal.

Aber was heißt schon normal in einem Prozess, der die Hintergründe eines potenziellen
Massenmordes erhellen will? Bei dem Armeegeneralen Beweismittel zugespielt werden, ehe
die Staatsanwälte sie erhalten? Der mehrfach wegen Bombendrohungen unterbrochen werden
musste? Der ein Lehrstück inszenieren wollte und zur großen Schaubühne des Angeklagten
wurde?

Experimente am lebenden Objekt

Wouter Basson überfliegt die Pretoria News. Das macht er jeden Tag, und in fast jeder
Ausgabe findet er einen Artikel über Wouter Basson. „Was muss das für ein schlechter
Mensch sein“, sagt er und blättert weiter zum Sportteil. Er liest die Geschichten über sich, als
würde dort ein ganz anderer beschrieben, ein Unhold, ein Erzbösewicht, ein Monstrum, das
zufällig so heißt wie er.

Szenenwechsel: Tygerberg bei Kapstadt, ein kleiner verlotterter Privatzoo, den Basson einst
angemietet hatte. Ein junger Tiger springt in den Felsenpool in der Mitte des Geheges, um
seinen wasserscheuen Verfolgern, zwei Löwen, zu entwischen. Rein und raus, hin und her,
drei Raubkatzen, wie Pawlowsche Hunde auf ein Verfolgungsritual konditioniert – man
könnte fast glauben, hier sei eine Versuchsanordnung des Project Coast stehen geblieben. Für
seine mutmaßlichen Auftraggeber aus Libyen, Russland und der DDR experimentierte Basson
hier am lebenden Objekt. Hier testete er nach eigenen Angaben die Wirkung von
Schwermetallen auf Geparden, ein Experiment in Zusammen-arbeit mit der benachbarten
Universität Stellenbosch. Er habe auch Pheromone extrahiert, überwiegend von Grysböcken.
Den Zweck verschweigt Basson. Ein Mitarbeiter berichtet von Plänen, Tierherden mit
angsterzeugenden Pheromonen zu traktieren, um daraus Schlüsse auf das Panikverhalten von
Menschenmassen abzuleiten.

„Lauter Dreck! Zeitungsdreck!“, ereifert sich Lothar Neethling und droht sogleich: „Wir
kriegen dich, wenn du auch so ein Zeug schreibst!“ Der Polizeigeneral i. R. ist ein verbitterter
Pensionär; er stolperte über ein Mordkomplott, in das er verwickelt gewesen sein soll.
Neethling hat auf dem Feld chemischer Waffen eng mit Basson zusammen-gearbeitet. „Ein
harmloses Nervengas, ein bisschen schärfer als CS, sollte entwickelt werden, zugegeben. Wir
wollten, dass sich die Schwarzen in die Hosen scheißen und aufhören, zu demonstrieren. Ha!
Ha! Ha!“ Dröhnendes Gelächter, neugierige Blicke aus dem Halbdunkel einer Bierkneipe in
Pretoria. „Aber Wouter hat nichts Unrechtes getan. Warum wohl haben ihn die Kaffern
weiterbeschäftigt?“ Neethling erinnert daran, dass Basson von Frederik de Klerk, dem letzten
weißen Präsidenten, Weihnachten 1992, also kurz vor dem Machtwechsel, vom Militärdienst
suspendiert worden war, aber von Nelson Mandela, dem ersten schwarzen Präsidenten, 1995
wieder eingestellt wurde. Es heißt, die CIA und der britische Geheimdienst MI6 hätten
Mandela dazu gedrängt. Mutmaßliche Begründung: Dieser Geheimnisträger mit besten
Verbindungen sowohl zu Giftküchen von Schurkenstaaten als auch zu Forschungszentren des
Westens müsse irgendwie weiterbeschäftigt und auf diese Weise neutralisiert werden.

Beim dritten Glas Whiskey erzählt Neethling von gemeinsamen Recherchen in Europa, „wo
ich Wouter manche Tür geöffnet habe“. Es fällt der Name einer Schweizer Firma: Huber &
Suhner aus Pfäffikon, der Hersteller von Gasmasken für die eidgenössische Armee. Personen
werden genannt: Nikolaus Schleiffer, Beschaffer von ABC-Schutz-kleidung; Dr. David Chu,
Pharmakologe, Mitglied der Falun-Gong-Sekte, intimer Kenner der Basler Chemiebranche;
Jürg Jacomet, Spion und Kontaktstifter aus Zürich. Sie knüpften alle am Nebennetzwerk, das
Basson in der Schweiz auswarf, um Know-how und Rohstoffe für sein Projekt zu beschaffen
und eigene Produkte aus Roodeplaat zu vermarkten. Oder sie halfen, andernorts Fuß zu
fassen. „Jacomet hat uns nach Russland geführt“, verrät Neethling. Aber, keine falschen
Schlüsse! Das seien alles ganz normale Dienstreisen gewesen, bei denen Basson stets absolut
seriös aufgetreten sei.

Anruf des Chefanklägers Anton Ackermann, Juli 2001. „Kennen Sie einen Blucher oder
Blücher? Nie gehört? Er soll Chef der deutschen Biowaffen-Mafia sein, behauptet Basson.
Können Sie darüber irgendetwas in Ihren Archiven herausfinden? Am Montag nehme ich
Basson ins Kreuzverhör.“ Der Staatsanwalt bittet die Presse um Amtshilfe. Warum tut er das?
Um den Berichterstatter vom oftmals bezweifelten Aufklärungswillen der Anklage zu
überzeugen?

Ein Killeragent als Zeuge

Im Gericht ist die Atmosphäre noch familiärer geworden. Die Verhandlung wurde nach 8.D
verlegt, in einen kleinen, fensterlosen Saal im achten Stock. Man braucht den Strafhof G.C.
0.64 für andere Prozesse; zu Basson kommt niemand mehr, kaum Journalisten, keine
Zuschauer, nicht mal Freunde. Das Neonlicht, die dunklen Lattenrostwände, die zur Stirnseite
abfallende gipsgraue Plastikgussdecke verleihen dem Raum die Aura eines Bunkers. Diesmal
geht es um einen Mandrax-Deal in Kroatien, um gefälschte Vatikan-bonds und um 1040
Ecstasy-Kapseln, die bei seiner Festnahme im Januar 1997 konfisziert wurden.

Der Beschuldigte lächelt sardonisch vom Zeugenstand auf die Staatsanwälte herunter, die ihn
aus einem Wald von Akten heraus attackieren. „Nee“ wird sein meistgebrauchtes Wort in den
nächsten Tagen sein, „nein“ auf Afrikaans. Er soll Mordaufträge erteilt haben? Soll, wie ein
Hauptmann der Armee gesehen haben will, selber Giftspritzen verabreicht haben? Soll
Killerkommandos mit tödlichen Cocktails versorgt haben, wie Johan Theron aussagt, ein
Agent, der, nach eigenem Eingeständnis, mindestens 200 Gefangene der namibischen
Befreiungsbewegung Swapo umgebracht hat? Die Leichen der Opfer seien in Kleinflug-zeuge
verladen und aus 4000 Meter Höhe in den Atlantik geworfen worden. Nein und nochmals
nein! Mit derlei Gräueltaten hat ein Dr. Basson nichts zu tun. Er habe gelegentlich
Beruhigungsmittel ausgeteilt, entgegnet er, Valium zum Beispiel, mehr nicht.

Mitunter aber gibt Basson Händel preis, die nicht in dieses Unschuldsgemälde passen wollen.
So erzählt er einmal stolz, wie er in der Sowjetunion Wachstumshormone erworben habe, 250
Gramm, extrahiert aus „etwa 30 000 toten Menschenkörpern“. Gezielte Ungereimtheiten, fein
dosierte Widersprüche, irreführende Andeutungen gehören zu seinem Versteckspiel. Die
Advokaten folgen ihm dabei – so wie sie ihm nachgerannt sind, als er nach dem Laptop
fahndete. Auch sie verirren sich immer wieder in den Hinterzimmern und Geheimgängen
seines Lügengebäudes.

Um keine Antwort, keine Ausflucht ist Basson im Kreuzverhör verlegen, er passt seinen
Gesichtsausdruck der jeweiligen Frage an. Wechselt vom Unschuldsblick zur Angriffs-miene.
Mimt den arroganten Wissenschaftler, den harten Elitesoldaten, den feinsinnigen
Herzchirurgen. Wenn er seine Nase hoch schiebt und die Augenbrauen wölbt, blitzt etwas
Komödiantisches aus seinen Zügen. Seine Meisterrolle aber ist die des loyalen Staats-dieners,
der seine Aussagen durch Reinlichkeitsgebärden untermalt: Er klopft auf seine
Manschettenknöpfe, als wolle er sie vom Staub befreien. Oder er führt das Wasserglas so
rituell zum Mund wie ein Priester den Messkelch.

Dieser rätselhafte Mann wurde oft als „Mengele vom Kap“ bezeichnet. Er wurde zu einer
Projektionsfigur, die alle Perversionen der Apartheid verkörpert. Doch die Taten des weißen
Regimes mit denen der Naziverbrecher auf eine Stufe zu stellen, das wies Expräsident de
Klerk vor Jahren schon gegenüber der ZEIT zornig zurück: „Vergessen Sie nicht, wir haben
keinen Völkermord verschuldet und nicht Millionen umgebracht.“ Aber wie viele Opfer
waren es dann?

Niemand kennt die Zahl der Toten; sie geht vermutlich in die Tausende und Aber-tausende.
„Wir haben uns immer gewundert, wenn ein kerngesunder Genosse von 35 Jahren aus
unerfindlichen Gründen an Herzversagen starb“, sagt Indres Naidoo. Der ANC-Aktivist
schaut von seinem Balkon im Kapstädter Viertel Vredehoek auf die Tafelbucht hinunter. Im
Abenddunst ist die Kerkerinsel Robben Island zu erkennen, auf der er zehn Jahre lang
eingesperrt war. Vor drei Jahren meldete sich ein Unbekannter, der ihn einst töten sollte. „Er
erzählte vom brillanten Doktor Basson und von den Mord-instrumenten, die seine Leute
bastelten.“ Bierdosen zum Beispiel, deren Blechlaschen mit Gift präpariert wurden – ein
tödlicher Trank für einige von Naidoos Mitstreitern. Er selber hat überlebt, aber Fragen
quälen ihn bis heute: „Wer und wie viele wurden mit diesen Methoden umgebracht? Und wer
sollte noch sterben? Wir werden es nie erfahren.“ Naidoo glaubt nicht, dass der Basson-
Prozess viel Licht ins Dunkel bringt. Das Gros der Beweis-mittel wurde vernichtet, die
Auftraggeber waschen ihre Hände in Unschuld, die Mörder beschuldigen sich gegenseitig.

Auf dem Hügel gegenüber dem Vortrekker-Monument, dem nationalen Heiligtum der
burischen Siedler, erhebt sich der graue Komplex des One Military Hospital. Davor eine
Bronzestatue: ein verwundeter Soldat, gestützt von einem Feldscher. „Curamus“ steht
darunter. Wir heilen. Dies ist die letzte Wirkungsstätte des Herzspezialisten Dr. Basson. „Er
fehlt uns sehr“, klagt die Oberschwester in der Kardiologie. „Er ist ein brillanter Mediziner.
Unsere Patienten haben ihn angebetet.“ Dr. Jekyll wird vermisst. Von einem Mr. Hyde, der
den hippokratischen Eid gebrochen hat, will man hier nichts wissen.

Basson praktizierte bis 1993 im One Military Hospital. Er war zugleich Kommandeur des
Seventh Medical Battalion, das die insgeheim in Angola, Namibia und Mosambik kämpfende
Truppe sowie verbündete Rebellen versorgte. Basson kehrte noch einmal in die Kardiologie
zurück, ehe er endgültig gefeuert wurde. Im Juli 2001 verlor er seine Approbation als Arzt. Im
Jahr zuvor assistierte er noch bei der Bypassoperation, der sich ein gewisser Niels Knobel
unterziehen musste. Knobel war als Oberster Stabsarzt der Streitkräfte Bassons unmittelbarer
Vorgesetzter; er sollte kurz nach der Eingriff nicht zugunsten seines Kriegskameraden
aussagen.
Basson erwartet nichts von seinen Auftraggebern. Er nennt sie zwar Feiglinge oder
Hühnerschädel, aber namhaft gemacht und belastet hat er bislang keinen einzigen. Er bleibt
rabentreu, weil er sich seinerseits auf das Stillschweigen der weißen Militärs verlassen kann.
Seine Umtriebe wurden gedeckt von höchsten Regierungsleuten bis hinauf zum damaligen
Präsidenten Pieter Botha, dessen Leibarzt Basson war. Aber was er im Einzelnen alles tat,
wissen sie nicht. Die Mehrzweckwaffe ist ihren Erfindern irgendwann entglitten.

„Ein Ring aus Stahl umgibt diese Person“, berichtet Wendy Orr, ein Mitglied der
Wahrheitskommission, die die Verbrechen der Apartheid außergerichtlich aufklärt. Auf
massiven Druck der schwarzen Regierung und der weißen Militärs durfte die Anhörung
Bassons nur in camera stattfinden; den Kommissaren wurde untersagt, ausländische
Verwicklungen genauer zu ergründen. „Es lag auf der Hand, dass die CIA und der britische
Geheimdienst MI6 involviert waren, und es gab Verbindungen zu Westdeutschland, Israel,
Taiwan … Man wollte die Beziehungen zu diesen Staaten nicht belasten.“

Basson trat im Juli 1997 vor die Kommission, verkleidet als „neuer Südafrikaner“, in einem
jener bunten Ethnohemden, wie sie auch Mandela gerne trägt. „Er war aufgeräumt und
kooperativ, seine Aussagen wirkten plausibel“, erinnert sich Wendy Orr. Der Vorgeladene
hatte wenig zu befürchten. Belastende Akten waren auf Druck Washingtons und Londons
schon vor der Wende im Jahre 1994 vernichtet worden – um zu verhindern, dass sie Mandela
und der ANC-Regierung in die Hände fallen, wie Basson zu Protokoll gab. Die restlichen
Geheimdokumente wurden auf CD-ROMs gespeichert. Der Experte, der die Datenkonversion
überwachte, hieß Wouter Basson.

Aber da waren noch die vier blauen Stahltruhen, die Basson bei seinem Bankmanager
untergestellt und offenbar vergessen hatte. Sie enthielten Fachliteratur über Sarin, Soman,
Tabun und VX, die vier gefährlichsten Nervengase, sowie jede Menge Material über das
Project Coast. Er habe die Truhen nie gesehen, insistierte Basson. Wie aber private Fotos und
Unterlagen dort hineingerieten, konnte er nicht erklären.

Kein Gedanke an ein Geständnis

Zwölf Stunden dauerte die nichtöffentliche Vernehmung vor der Wahrheitskommission. „Es
entstand das Bild einer nepotistischen, sich selbst bereichernden Gruppe von Leuten“, heißt es
im Abschlussbericht. Der Zweck ihres Projekts sei gewesen, „Individuen zu ermorden und
ganze Bevölkerungsgruppen gesundheitlich zu schädigen, ja auszurotten.“ Basson hätte
womöglich seinen Kopf aus der Schlinge ziehen können, wenn er vor der Kommission ein
volles Geständnis abgelegt und Antrag auf Amnestie gestellt hätte. Doch er hält sich nicht nur
für unschuldig, sondern auch für unantastbar.

Man kann sich vorstellen, dass es Leute gibt, die wenig Interesse daran haben, die wahre
Geschichte des Project Coast öffentlich zu machen. Und es mehren sich die Zweifel, ob der
Richter die Wahrheit überhaupt herausfinden will. Willie Hartzenberg ließ bereits 15
Anklagepunkte fallen; einen Antrag, wegen Befangenheit ausgetauscht zu werden, wehrte er
erfolgreich ab. Wie die Karikatur eines Richters sitzt er auf seinem Sessel, man sieht nur den
Kopf mit der schweren braunen Hornbrille, die Schulterpartie, die belehrende Hand, steif und
hölzern. Wochen, Monate, Jahre hat er den Angeklagten beobachtet, und manche seiner
Anmerkungen deuten darauf hin, dass er ihm allzu viel Verständnis entgegenbringt. Hat
Basson nicht an vorderster Front für die gleichen Ziele gekämpft? Für die Bewahrung einer
Enklave der europäischen Zivilisation im barbarischen Afrika?
Die Verteidiger zeigen ihre Verachtung für dieses Gerichtsverfahren ganz unverhohlen – und
ebenso für den neuen Staat, der sie bezahlt. Die Staatsanwälte scheinen in der opaken Welt
des Doktor Basson ohnehin die Orientierung verloren zu haben; allein das Protokoll seiner
Vernehmung umfasst 6000 Seiten. Hinter dem Chefankläger Ackermann liegen Aktenordner
in wildem Durcheinander. Er stöhnt: „Ich kann Ihnen sagen, dieser Prozess ist eine
langweilige Hölle.“

„Lügen! Lügen! Lügen!“, fährt Marlene Burger hoch. Das Centre for Conflict Resolutions,
ein unabhängiges Institut der Universität Kapstadt, hat sie als Prozessbeobachterin nach
Pretoria entsandt. „Ich bin völlig erschöpft. Man muss aufpassen, dass man hier nicht selber
wahnsinnig wird.“ Wer ist dieser Wouter Basson? Die Frage hat sie sich tausendmal gestellt,
aber sie fand keine Antwort. Ist er ein politischer Fanatiker? Auf keinen Fall. Haben ihn, wie
die Mehrzahl der weißen Täter, rassistische Obsessionen getrieben, der lodernde Hass gegen
die Schwarzen? Es deutet wenig darauf hin. Ist er ein vom Allmachtswahn besessener
Mephistopheles? Auch das ist möglich. Aber es erklärt nicht seinen Hang zur Grausamkeit.
„Basson ist ein gefährlicher Psychopath“, befindet Marlene Burger. „Ich zweifle daran“, fährt
sie fort, „ob uns dieser Prozess der Wahrheit näher gebracht hat.“

Am 18. Dezember 2013 wurde Basson von der südafrikanischen Ärztekammer HPCSA
wegen standeswidrigen Verhaltens in vier Anklagepunkten schuldig gesprochen.[5] Die
Verkündung des Strafmaßes sollte im Februar 2014 erfolgen, wurde aber kurzfristig
verschoben.

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