You are on page 1of 114

Norbert

Golluch

Aus der Mücke einen Elefanten machen


Über 300 Redensarten, Sinn und Herkunft

BookRix GmbH & Co. KG


81675 München
Wie uns der Schnabel gewachsen ist

Hunde, die in der Pfanne verrückt werden, schlagen dem Fass den Boden aus, denn sie
wissen, wo der Barthel den Most holt und lassen sich nicht zur Minna machen. Die
Formulierungen unserer Sprache können jemanden, der sie nicht als Muttersprache spricht,
ganz schön irritieren. Aber auch nicht jeder Muttersprachler weiß immer ganz genau, was ihm
sein Gegenüber mitteilen will, wenn eine Redewendung fällt, um einen Inhalt besonders farbig
darzustellen. Man kann etwas klar heraus sagen – oder eben durch die Blume. Hier finden Sie
zahlreiche der häufig verwendeten Redewendungen und Redensarten, eine kurze Erklärung
ihrer Herkunft und ihrer ursprünglichen Bedeutung – damit Ihnen niemand etwas vom Pferd
erzählen kann.


08/15

08/15 – Die Bezeichnung 08/15 stammt vom Militär. Das Maschinengewehr LMG 08/15 aus
dem 1. Weltkrieg wurde im Laufe der Krieges zum Sinnbild für unvernünftigen militärischen
Gehorsam oder Drill. Als der Schriftsteller Hans Helmut Kirst (1914 bis 1989) seine Weltkriegs-
Romantrilogie 08/15 Mitte der 50er Jahre herausbrachte, ist der Begriff 08/15 als Bezeichnung
für dumme Regelbefolgung oder etwas Alltägliches und Unoriginelles in die Alltagssprache
übergegangen.
A

abstauben – Wenn man eine Gelegenheit nutzt, um sich unerlaubt etwas anzueignen,
spricht man heute vom Abstauben. Die ersten und eigentlichen Abstauber waren die Müller
vergangener Tage. Was sich beim Mahlen als Staub neben dem Mehlsack und im Mahlwerk
fing, kehrte der Müller zusammen und schaffte es beiseite. Wenn der Bauer also viel Weizen
brachte und nur wenig Mehl zurück erhielt, hatte der Müller kräftig abgestaubt.
Ach du grüne Neune! – Diese Wendung soll aus Berlins Nachtleben stammen: Im 19.
Jahrhundert lag das Vergnügungslokal Coventgarden in der Blumenstraße 9, hatte aber seinen
Eingang in einer anderen Straße namens Grüner Weg. Mit der Zeit wurde aus der feinen
Adresse ein Bumslokal, in dem es immer wieder zu Schlägereien kam. Wenn der Berliner
wieder einmal von einer solchen hörte, soll er gern einmal „Ach, du grüne Neune!“ ausgerufen
haben. Wer’s glaubt …

alle Jubeljahre – Im alten Israel jubelten die Volksmassen alle 50 Jahre – im Jubeljahr
nämlich. Posaunen kündigten im ganzen Lande davon, dass anlässlich dieses Jahres jedermann
alle Schulden erlassen wurden. Das Jubeljahr taucht in unserer Sprache latinisiert noch im
Jubiläum auf.

alles ausbaden müssen – Gemeint ist der letzte Gast im Badehaus, der früher in
öffentlichen Badehäusern die Badezuber auskippen und reinigen musste – er musste ausbaden,
was die anderen zurückgelassen hatten.

Alles in Butter! – Hier ist nicht die Butter als Schmiermittel gemeint; die Redewendung
bezieht sich auf eine mittelalterliche Art der Transportsicherung: Wenn teure Gläser aus Italien
über die Alpen gebracht werden sollten, gab es dabei anfangs ziemlich viel Glasbruch. In den
ungefederten Wagen bekam das Transportgut manchen harten Stoß ab, denn die Straßen
waren alles andere als gut. Bis einige Fuhrleute den etwas ungewöhnlichen Einfall hatten, ihre
zerbrechliche und teure Ware in Fässer mit erwärmter flüssiger Butter zu legen. Wenn das Fett
wieder fest wurde, sicherte es das Glas hervorragend – alles war in Butter doppelt.

alles über einen Leisten schlagen – Leisten nennt der Schuster eine Art Form für Schuhe,
mit deren Hilfe er das Leder verarbeiten kann. Natürlich ergibt ein und derselbe Leisten immer
nur einen Schuhe einer bestimmten Größe und Form. Wenn es eine andere Art Schuh werden
soll, muss der Schuhmacher einen anderen Leisten verwenden. Wer also im Sinne der
Redensart alles über einen Leisten schlägt, betreibt Gleichmacherei oder pauschaliert einen
Sachverhalt oder eine Situation in unangemessener Weise.

Alter Schwede! – Hierbei handelt es sich um ein Idiom aus der Sprache des preußischen
Militärs vergangener Tage: Im achtzehnten Jahrhundert standen schwedische Soldaten in
Preußen wegen ihres Mutes und ihrer Tapferkeit in hohem Ansehen. Auch als Offiziere waren
die Schweden unter preußischen Soldaten anerkannt und zugleich gefürchtet. Alter Schwede!
ist also ein Ausruf der Anerkennung und Hochachtung, der sich über Jahrhunderte zu uns
gerettet hat.

am Hungertuch nagen – Eigentlich sollten die Christen in der Fastenzeit ein Tuch nähen,
das den Altarraum verhüllte und vom restlichen Kirchenraum abtrennte. Wegen der Fastenzeit
kann aber jemand auf die Idee, diesen Vorhang Schmachtlappen oder später Hungertuch zu
nennen. An diesem Tuch sollte die Gemeinde also eigentlich nähen und nicht nagen, aber
irgendwie passte das Wort nagen besser zu ihren Hungergefühlen. So ist die Redensart
entstanden. Zunächst bezog sie sich auf die karge Küche während der Fastenzeit, dann weitete
sich ihr Sinn auf alle Hungerleider aus.

an den Hut stecken – Soldaten, die unehrenhaft aus der Armee entlassen wurden, steckte
man zur abwertenden Kennzeichnung eine Papierblume an den Hut. Nach heute entwertet die
Redewendung sowohl den Gegenstand, der an den Hut gesteckt werden soll, als auch die
Person, an die der Ausspruch gerichtet ist.

an der Nase herumführen – Tiere wurden früher im Zirkus an Ringen geführt, die man
durch die empfindliche Nasenscheidewand gezogen hatte – so wurde selbst ein wilder Bär
gefügig. Auch in der Landwirtschaft waren und sind Nasenringe in Gebrauch, z. B. um
aggressive Stiere zur Räson zu bringen. Wer jemanden an der Nase herumgeführt, manipuliert
ihn also gegen sein Interesse mit unlauteren Mitteln.

arm wie eine Kirchenmaus – In Wohnhäusern gab es für Mäuse immer ein paar Krümel
oder Abfälle oder auch bessere Sachen: in der Speisekammer nämlich. In Kirchen fehlten diese
nahrhaften Räumlichkeiten – die armen Kirchenmäuse! In Frankreich haben die klerikalen
Hungerleider andere Ausmaße: Dort darbt die rat d'église.

Arsch auf Grundeis – Wenn sich im Fluss bei Frühjahrstemperaturen festsitzendes


Grundeis löst, macht dies Geräusche, welche an die menschliche Verdauung erinnern. Da aber
Durchfall auch auftritt, wenn jemand starke Angst verspürt, stellt diese Redensart die
Verbindung zwischen dem menschlichen Hinterteil und dem Geräusch bei unwillentlichen
Hinterlassenschaften her. Wem der Arsch auf Grundeis geht, der leidet unter den Folgen seiner
Angst.

Asche auf mein Haupt – Im Altertum trauerte man auf recht handgreifliche Weise: Die
Asche der verstorbenen Angehörigen wurde zum Zeichen der Betroffenheit auf Kopf und
Gewänder der Hinterbliebenen verstreut, was auch nach außen hin deren seelischen Zustand
deutlich demonstrierte. Noch heute kennt die katholische Kirche das Aschenkreuz, mit dem der
Priester die Stirn der Gläubigen am Aschermittwoch kennzeichnet. Wer heute redensartlich
Asche auf sein Haupt streut, ist über einen bestimmten Sachverhalt, den er selbst verursacht
hat, traurig und betroffen.

auf dem Holzweg sein bedeutet, in die Irre gegangen zu sein, sich in einer Sackgasse zu
befinden. Der Holzweg ist nämlich jener Weg, den die Holzfäller im Wald zu einer Stelle
anlegen, an der sie Holz schlagen. Er führt also nirgendwohin – schlimmstenfalls in den
dichtesten Wald.

auf dem letzten Loch pfeifen – Auf dem Blasinstrument Flöte kann ein Musiker viele Töne
spielen – von der tiefsten Note mit allen Grifflöcher geschlossen bis hin zum höchsten, schrillen
und aufgeregten Ton. Danach geht nichts mehr, es geht nicht höher hinauf. Der Flötist es am
Ende seiner Möglichkeiten angekommen wie auch der Mensch, der im übertragenen Sinne auf
dem letzten Loch pfeift.

auf den Busch klopfen – Zuerst sagt der Jäger: „Da ist was im Busch!“, dann schlägt der
Treiber mit dem Stock ins Geäst, und das dort versteckte Wild flüchtet. Wer auf den Busch
klopft, will mit Nachdruck Klarheit schaffen.

auf den Hund gekommen – Diese Redewendung nahm ihren Ursprung in einer seltsamen
Sitte – man malte das Bild eines Hundes auf den Boden von Kästen und Truhen, in denen man
Geld aufbewahrte. Vielleicht sollte dies Einbrecher abschrecken, aber die erzieherische
Wirkung erreichte besonders den Besitzer des Reichtums. Wer den Boden der Truhe sah, war
also auf den Hund gekommen und nahe daran, zahlungsunfähig zu werden. Sozialer Abstieg
drohte.
auf den Nägeln brennen – Im Kloster war es nachts finster, und deshalb klebten sich
Mönche, die zur Frühmesse gingen, kleine Wachskerzen auf die Daumennägel – wenn der
Priester zu lange predigte, wurde es für die Gläubigen in der Klosterkirche unangenehm …
Heute benutzt man die Redewendung im übertragenen Sinne, wenn ein Problem dringend gelöst
werden muss.

auf den Zahn fühlen – So sagt man heute, wenn man bei einer Person nach verborgenen
Fehlern oder Mängeln sucht. Die Quelle dieser Redensart – Früher waren auf allen Märkten
reisende Bader unterwegs, welche kranke Zähne zogen, ohne Narkose, versteht sich – ein aus
heutiger Sicht ziemlich barbarischer Akt. Doch bevor der mittelalterliche Zahnarzt den kranken
Zahn entfernen könnte, musste er ihn erst einmal finden. Das tat er, wie es noch heute
Zahnärzte tun – er klopfte alle in Frage kommenden Zähne gründlich ab und befühlte sie, immer
einen Blick auf die Reaktion des Patienten.

auf die Pelle rücken – Es geht nicht um die Wurst, auch wenn deren Pelle mit der
eigentlich gemeinten nahe verwandt ist. Hätten Sie gedacht, dass dieses so deutsch klingende
Wort Pelle aus dem Italienischen stammt und nichts weiter bedeutet als Haut? Wenn man
jemanden also auf die Pelle rückt, nimmt man einfach zu nahen körperlichen Kontakt mit ihm auf
– man kommt ihm so nah, dass es schon unangenehm wird.

auf die Tube drücken – Es geht nicht um Zahnpasta, sondern um einen Teil des Vergasers
beim Automobil, der im Englischen choke tube heißt. Über etliche sprachliche Verwirrungen
wurde das englische tube zur deutschen Tube und letztlich zum Synonym für Gas geben.

auf großem Fuß leben – Die Redensart verdanken wir Gottfried von Anjou, einem
Hugenotten aus Frankreich. Er hatte sehr große Plattfüße, die kaum in Schuhe normaler Größe
passten. Also beauftragte er einen Schuster mit der Anfertigung enorm großer Schnabelschuhe,
deren Spitzen er an seinen Knien befestigen ließ. Bei seinen Auftritten in der Öffentlichkeit
hinterließ er einen bleibenden Eindruck, und sein exaltiertes Verhalten wurde sprichwörtlich für
die Lebensweise der Eitlen und Reichen. Es dürfte ihm allerdings kaum gelungen sein, einen
neuen Modetrend ins Leben zu rufen.

auf jemandem herumhacken – Wenn man auf jemanden herumhackt, geht es, ganz wie
auf dem Hühnerhof, um die Hackordnung. Wie die Vögel einander durch Picken zeigen, wer
sozial höher steht und wer ganz unten, so scheint es auch bei den Menschen Usus zu sein.
Derjenige, auf dem herum gehackt wird, steht sozial ganz unten und muss manchmal in Schutz
genommen werden.

auf Tuchfühlung gehen – Diese Redewendung hat ihren Ursprung beim Militär. Dann
Antreten auf dem Kasernenhof bauten sich die Soldaten genauso auf, dass sich das Tuch ihrer
Uniformen berührte – sie gingen auf Tuchfühlung. Heute verwendet man die Redensart eher in
erotischen Konstellationen.

auf zwei Hochzeiten tanzen – Wer vergnügungssüchtig ist, mag keine Feier auslassen. Es
werden sich aber Schwierigkeiten ergeben, wenn jemand zugleich auf zwei Hochzeitfesten
anwesend ist und womöglich auch noch der Bräutigam sein sollte. Diese Redewendung meint,
dass es bestimmte Situationen und Sachverhalte gibt, die sich ausschließen oder die man
zumindest auszuschließen versuchen sollte.

aufs Korn nehmen – Beim Zielen mit einer Schusswaffe verwendet man Kimme und Korn.
Man trifft, wenn das Korn vorne am Lauf genau in der Kerbe der Kimme am unteren Ende des
Laufes steht. Wenn man jemanden aufs Korn nimmt, hat man es auf ihn abgesehen und
beobachtet ihn so scharf wie der Jäger das Stück Wild, das er gleich schießen will.

aus dem Ärmel schütteln – In heutiger Kleidung gibt es offene und verschließbare Taschen
für jeden Zweck oder auch nur aus rein dekorativen Gründen. Die einfachen Kleidungsstücke
der Vergangenheit besaßen oft gar keine Taschen, und wenn man etwas transportieren musste,
steckte man es sich einfach in die weiten Ärmel. So könnte man einen Gegenstand, den man
benötigte, einfach aus dem Ärmel schütteln. Heute wäre dies verwunderlich, denn bestenfalls
Falschspieler transportieren noch etwas im Ärmel, nämlich Asse.

aus dem Nähkästchen plaudern – Das Nähkästchen war in der Vergangenheit ein sehr
privater Ort der Frauen, und sie verbargen dort so manches Geheimnis. Wenn Frauen aus dem
Nähkästchen plauderten, tauschten sie diese Geheimnisse aus und teilten miteinander, was
eigentlich für niemanden anderen und schon gar nicht für eines Mannes Ohr bestimmt war. Im
Nähkästchen lagerten oft brisante Informationen, so wie die Liebesbriefe der Effi Briest, die
Theodor Fontane ihr ins Nähkästchen legte. Noch heute plaudert aus dem Nähkästchen, wer
eigentlich private Informationen weitergibt.

aus dem Schneider sein – Was heute der Loser ist, war früher der Schneider –
Schwächlich von Statur, schlecht bezahlt und von geringen Ansehen war, wer den
Schneiderberuf ausübte. Beim Kartenspiel stand und steht man auf der Verliererseite, solange
man eine bestimmte Punktzahl nicht erreicht hat. Beim Skat zum Beispiel muss man 30 Punkte
erreichen, um aus dem Schneider zu sein. Wer dies geschafft hat, muss mit keinem besonders
hohen Verlust mehr rechnen.

aus dem Stegreif reden – Bei der mittelalterlichen Nachrichtenübermittlung musste der
Bote eilige Nachrichten augenblicklich übermitteln, sobald er seinen Adressaten erreicht hatte.
Er stieg nicht einmal vom Pferd, sondern verkündete die Neuigkeiten im Steigbügel stehend.
Dieser wurde damals auch Stegreif genannt, womit die Redewendung erklärt ist.

aus echtem Schrot und Korn – Diese Redensart stammt nicht aus der Welt der Jagd, wie
man annehmen könnte, sondern aus dem Münzwesen. Mit Schrot bezeichnet man das
Gesamtgewicht einer Münze mit allen Anteilen an edlen und unedlen Metallen, während Korn
das Gewicht des Edelmetalls in der Münze beziffert. Bei einer Münze aus echtem Schrot und
Korn stimmt alles – genau wie bei dem Menschen mit tadellosem Charakter, den die Redensart
meint.

aus einer Mücke einen Elefanten machen – Dies ist eine der ältesten Redewendungen,
die schon seit der griechischen Antike benutzt wurde, wenn jemand besonders stark übertrieb.
Erasmus von Rotterdam (um 1466-1536) soll sie in die lateinische Sprache übersetzt und in der
Schriftform benutzt haben. Das rhetorische Mittel, das hier zur Verwendung kommt, heißt
Hyperbel.

ausgepowert – Auch wenn es so klingt, ist diese Redewendung nicht der großen
Denglisch-Welle in Deutschland zu verdanken – pauvres, die Armen, haben ihren Ursprung in
Frankreich, und wer die Menschen ausbeutet und sie sozusagen auspauvert, macht sie zu
Armen. Im Zuge allgemeiner Veränderungen in der Sprache wurde das Wort schließlich
irgendwann zu ausgepowert mit dem scheinbaren Bezug zum englischen Wort power.
ausmerzen – Auch hier gibt es mehrere Deutungen – die naheliegendste stammt aus der
Tierzucht – für die Zucht ungeeignete Tiere wurden im März aus einer Herde entfernt, d.h.
verkauft, in die Mast gegeben oder geschlachtet. Auch heute merzt man Unerwünschtes oder
Ungeeignetes aus.
B


Backfisch – Opa sagte zu jungen Mädchen Backfisch – und er meinte nicht etwa einen in
der Pfanne zubereiteten Hering. Mit Fischen hat der Begriff allerdings schon zu tun, aber es
geht um die zu kleinen und zu jungen Fische, welche in der Fischerei zurück – Englisch back –
ins Meer geworfen werden. Ein Backfisch ist also nichts weiter als zu klein und zu jung.

Baff sein – Baff! Es hat geknallt. Baff ist ein lautmalendes Wort, welches das Geräusch
eines Schusses oder einer Explosion beschreibt. Viele Menschen reagieren auf ein solches
Geräusch mit Schock und Sprachlosigkeit – sie hörten nicht nur Baff!, sondern sie sind baff.
Geschossen wird in unseren Breiten nur noch selten, aber dennoch sind wir immer wieder baff
über die Geschehnisse in unseren Nachrichten.

bankrott machen – Wenn sich die Geldwechsler in Italien verrechneten oder krumme
Geschäfte machten und deshalb zahlungsunfähig wurden, machten die Gläubiger kurzen
Prozess mit ihnen: Sie zerschlugen den länglichen Tisch, auf dem die Wechsler ihre Währungen
auslegten, kurz und klein, damit das in ihren Augen unseriöse Geschäft ein für allemal ein Ende
hatte. Die zerschlagene Bank heißt auf Italienisch banca rotta.

Bauklötze staunen – Bei dieser Redewendung nimmt die Sprache krumme Wege. Aus
dem Berliner Wort für mit Staunen sehen, nämlich glotzen, wurde irgendwann Klotz, und von
dort aus war es für die Berliner Schnauze kein weiter Weg mehr zum Bauklotz und zu gleich
mehreren davon, die man im übertragenen Sinne staunte und noch heute staunt, wenn man
etwas mit großem Interesse betrachtet.

Bei ihm ist Hopfen und Malz verloren! – Nicht immer wurde aus Hopfen und Malz ein
gutes Bier. Die Wetterlage spielte eine Rolle, die Qualität der Grundstoffe und die Sorgfalt der
Verarbeitung – selbstverständlich auch das Können des Brauers. Wenn am Ende des
Brauvorganges ein Bier in fragwürdiger Qualität stand, waren für den Braumeister Hopfen und
Malz verloren. Die Redewendung überträgt diesen Verlust von wertvollen Rohstoffen auf eine
Person, für die sich der Einsatz nennenswerter Ressourcen nicht lohnt.

belämmert – Hierbei geht es nicht um das Lamm, sondern um das Wort lahm. Im
niederländischen Sprachraum benutzt man das Wort belemmeren im Sinne von verhindern oder
hemmen. Wenn also jemand belämmert drein, ist er in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt,
sei es durch Angst, Unwissen oder einen anderen Faktor.


beleidigte Leberwurst – In der Antike war die Leber nicht nur Quelle entscheidender
Lebenssäfte, sondern auch der Ort der Gefühle. Wenn man beleidigt war, so hatte man also
eine beleidigte Leber. Irgendein Witzbold machte irgendwann aus der Leber die Leberwurst.

Berge versetzen – Wer heute fast Unmögliches leistet, kann Berge versetzen. Die
zugehörige Redewendung stand aus der Bibel und dort ist es der Glaube, mit dessen Hilfe man
Berge versetzen kann. Im deutschen Sprachraum machte Martin Luther in seiner
Bibelübersetzung die Redensart bekannt.

bis in die Puppen – Diese Redensart kommt aus Berlin. Im 18. Jahrhundert, als Berlin noch
nicht so groß wie heute war, lag der Tiergarten noch weit vom Zentrum der Stadt entfernt. Dort
ließ Friedrich II. von seinem Gartenarchitekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff eine Reihe
von Standbildern aufstellen – Figuren aus der griechischen Götterwelt. Die Berliner nannten sie
respektlos die Puppen. Wenn man einen wirklich weiten Spaziergang unternahm und vom
Stadtzentrum bis in den Tiergarten tippelte, ging man bis in die Puppen. Später wurde diese
Redensart dann auch auf zeitliche Zusammenhänge angewendet. Wenn ein Fest bis zum
Morgengrauen dauerte, feierte man bis in die Puppen.

blau machen – Es geht tatsächlich um die Farbe Blau, denn diese Redewendung stammt
aus dem alten Handwerk der Färber. Blau gefärbt wurde zunächst mit dem Farbstoff Waid, der
aus einer am Mittelmeer wild vorkommenden Pflanze gewonnen wurde. Später verwendete
man den tropischen Farbstoff Indigo, der eine besondere Eigenart hat – Anfangs zeigen mit
Indigo gefärbte Stoffe ganz und gar nicht die Farbe, in welcher der Stoff nachher erstrahlen
soll. Das in Wasser aufgelöste Indigo sieht anfangs gelblich aus. Erst wenn man den Stoff nach
dem Färben aufhängt und den Sauerstoff der frischen Luft eine Weile darauf wirken lässt,
werden die Stoffstücke blau. Weil man das normalerweise am Montag tat, entstand der blaue
Montag. An diesem Wochentag machten die Färber (ihre Stoffe) blau!

blechen – In frühen Zeiten des Münzwesens wurden Münzen aus Messing-, Bronze- oder
Silberblechen geschnitten (oder später gestanzt). Was man letztlich in der Hand hielt, war
Blech, mit dem man zahlen konnte. Mit der Zeit wurde das Wort blechen benutzt, wenn man
seine Schuld mit Münzen beglich.

Blümchenkaffee – Um das Wort für dieses Getränk richtig genießen zu können, muss man
es korrekt aussprechen, nämlich sächsisch. Es ist kein Ersatzkaffee aus Blütenblätter gemeint,
sondern schon Bohnenkaffee, allerdings ein so dünn aufgebrühter, dass man durch die klare,
hellbraune Flüssigkeit des Muster des Kaffeeservices mühelos sehen kann. Im Ursprung soll es
dabei das Muster „Gestreute Blümchen“ der Meißner Porzellanmanufaktur gewesen sein,
sodass man die Entstehung des Blümchenkaffees in etwa auf den Zeitraum um 1815
debattieren kann. Der Begriff funktioniert aber, wie man sich denken kann, ohne
Einschränkungen auch bei modernen Dekors …

böhmische Dörfer – Im Dreißigjährigen Krieg sollen Landsknechte, die nach Böhmen
gekommen waren, über ihre Schwierigkeiten mit den dortigen Ortsnamen berichtet haben. Weil
sie deren Benennungen kaum aussprechen konnten, pflegten sie zu sagen: Das sind für mich
böhmische Dörfer! Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen brachte diese Redewendung in
seinem berühmten Schelmenroman „Der abenteuerliche Simplicissimus“ zu Papier, und schon
wurde sie auch dort benutzt, wenn es um etwas Unverständliches ging, auch wenn es sich nicht
um Böhmische Dörfer handelte.

Boykott – Hier wurde ein Name zum Programm – Der englische Gutsverwalter Charles
Cunningham Boycott sollte für den Gutsbesitzer, den Grafen von Erne im County Mayo/Irland,
überhöhte Zinsen eintreiben. Dabei ging er mit großer Härte gegen die Pächter vor. Doch die
solidarisierten sich mit Hilfe der Irischen Landliga und boykottierten den Herrn Boycott: Er fand
niemand mehr, der bereit war, für ihn zu arbeiten. Kein irischer Pächter kaufte etwas von ihm.
Und niemand verkaufte seine Waren und Ernteerträge an ihn. 1880 war der übermäßig harte
Verwalter gezwungen, Irland zu verlassen.

Bratkartoffelverhältnis – Entstanden sein soll dieser Ausdruck für eine nahrhafte Liebe im
Ersten Weltkrieg. Besonders im ländlichen Raum trafen Soldaten auf manche Schönheit, deren
Reize vor allem in der Speisekammer angesiedelt waren. Heute bezeichnete das
Bratkartoffelverhältnis meist eine lockere Beziehung, bei der der Mann neben den sexuellen
Genüssen auch nur zu gern von den häuslichen Qualitäten einer Frau profitiert.

Butter bei die Fische geben – Nur wer es sich im niedersächsischen Raum leisten konnte,
das Arme-Leute-Essen Fisch durch Butter zu verfeinern, hatte einen gewissen Wohlstand
erreicht und verstand es, gut zu leben. Im heutigen Gebrauch der Redensart geht es darum,
eine an sich schon ganz interessante Sache durch die letzte qualitative Verbesserung zu einem
perfekten Ende zu bringen, z. B. einen Handel durch ein letztes, noch einmal gesteigertes
Angebot. Manchmal kann diese Redensart auch die Aufforderung sein, einen Verkauf durch die
Bezahlung komplett zu machen, also Geld sehen zu lassen.

D

da also liegt der Hase im Pfeffer – Hier geht es um Kulinarisches: Hasenpfeffer ist ein in
vergangenen Tagen sehr beliebtes Gericht, bei dem der Hase in eine Brühe mit Pfeffer,
anderen Gewürzen und Rotwein eingelegt und anschließend über längere Zeit geköchelt wurde.
Die Redensart meint das Wichtigste bei einer Sache ganz wie beim Hasenpfeffer: Die Brühe
gehört mit dazu, aber erst der Hase macht die Sache rund.


da also liegt der Hund begraben – Heute gebraucht man diese Redewendung, wenn man
einer Sache auf den Grund gekommen ist oder ein Problem gelöst hat. Um tote Hunde geht es
dabei nicht – das Wort hunde bedeutet im Mittelhochdeutschen so viel wie Beute, Raub,
Schatz. Es geht zwar um etwas unter der Erde, aber nicht um einen gestorbenen Vierbeiner.

Da beißt die Maus keinen Faden ab! – So sagt man, wenn man sich über einen
Sachverhalt ganz sicher ist. Ausgangspunkt dieser Redewendung war wohl die heilige Gertrud
von Nivelles, eine Heilige aus dem 7. Jahrhundert, die in der Vorstellung der Menschen im
Mittelalter vor Mäusen und Ratten schützte. Der Namenstag der heiligen Gertrud ist der 17.
März, für das bäuerliche Leben ein wichtiger Tag: Der Winter ist vorüber, man beginnt mit dem
Bestellen der Felder und mit der Gartenarbeit. Warum man aber glaubte, am Tag der heiligen
Gertrud Flachs spinnen zu müssen, weil sonst der Flachs von den Mäusen gefressen oder der
Faden abgebissen würde, bleibt im Dunkel der Geschichte. Da beißt die Maus keinen Faden
ab!

da bleibt einem der Bissen im Halse stecken – Bei einem mittelalterlichen Gottesurteil
musste der Beschuldigte seine Unschuld beweisen, indem er ein Stück trockenes Brot oder
Hartkäse hinunterschlang, ohne etwas dabei zu trinken. Gelang ihm dies, so hatte er seine
Unschuld bewiesen. Der Gedanke hinter dieser merkwürdigen Art einer richterlichen
Entscheidung war wohl die Überlegung, dass jemand mit Schuldgefühlen einen trockenen Mund
bekommt … Wenn man die Redewendung heute benutzt, geschieht dies allerdings eher zum
Ausdruck von Erstaunen.

Da brat mir doch einer einen Storch! – Der Koran verbietet es, das unreine Schwein zu
essen. Die Bibel schützt andere Tierarten: Fledermaus und Reiher sollen ebenso wenig auf dem
Speiseplan stehen wie der Storch. Noch im Mittelalter traute sich niemand, Meister Adebar in
die Pfanne zu hauen, galt der Vogel doch als ungenießbar. Wer also einen gebratenen Storch
möchte, will als Reaktion auf eine neue und völlig überraschende Situation selbst etwas
Unerhörtes tun bzw. durch die Redewendung zeigen, dass er die augenblickliche Situation für
außerordentlich ungewöhnlich und jeden Rahmen sprengend hält.

dahin gehen, wo der Pfeffer wächst – In der vergangenen Zeit waren die Reiseziele für
unerwünschte Zeitgenossen noch nicht ganz so weit von der Erde entfernt wie heute. Wer uns
in unseren Tagen quer kommt, muss damit rechnen, gleich auf den Mond geschossen zu
werden. Früher begnügte man sich damit, seinen Widersacher oder Nervensägen exotische
Regionen als Exil anzubieten.

Dalli, Dalli! – Nein, Hans Rosenthal hat diese Redewendung nicht erfunden, auch wenn er
sie durch die gleichnamige Quizsendung in ganz Deutschland bekannt machte. Gegen Ende des
19. Jahrhunderts soll Dalli, dalli! aus Polen zu uns gekommen sein, denn dalej bedeutet dort
vorwärts.

das A und O – Hier geht es nicht um die beiden Vokale A und O aus unserer Schrift,
sondern um die beiden griechischen Buchstaben Alpha und Omega, die zu Beginn und am Ende
des griechischen Alphabet, s stehen und somit Synonyme für Anfang und Ende auch in
philosophischer Bedeutung sind. Die Redewendung bezeichnet also das wirklich Wichtige an
einer Sache.

das dicke Ende kommt nach – Die Redewendung meint: Es besteht kein Grund zur
Entwarnung, wenn eine Gefahr vorüber ist – eine zweite folgt auf dem Fuße. Ihren Ursprung
soll diese Redensart möglicherweise beim Militär haben. Wer glaubte, im Kampfe schon
gesiegt zu haben, weil vielleicht der Gegner keine Munition mehr hatte, kriegte das dicke Ende
im Nahkampf zu spüren – den Gewehrkolben.

das Ende vom Lied – Diese Redewendung bezeichnet das unerfreuliche, aber absehbare
Ende einer Situation. Sie wird warnend benutzt, wenn jemand sich augenscheinlich auf dem
Weg in sein Unglück befindet oder dann, wenn es schon geschehen ist. Sie hat ihren Ursprung
in den Moritaten, von Bänkelsängern vorgetragenen Küchenlieder, die häufig ein sehr
dramatisches und tragisches Ende hatten, um bei den Zuhörern eine möglichst intensive
Gefühlsreaktion auszulösen. Das brauchte das Publikum in Zeiten, in denen der Horrorfilm noch
nicht erfunden war.

Das geht auf keine Kuhhaut! – Diese Redensart kommt aus dem Mittelalter. Damals
glaubten die Menschen, dass der Teufel alle Sünden aufschreibt. Da es damals kein Papier
gab, schrieb er sie auf Tier-, vornehmlich Kalbs-, oder aber Kuhhäute – wenn sonst der Platz
nicht ausreichte. Wenn ein Mensch nun so viele Sünden begangen hatte, dass es auf keine
Kuhhaut ging, dann war er ein echter Schurke.

das Gras wachsen hören – Heimdall, der Wächter der germanischen Götterwelt, soll in
der Lage gewesen sein, das Gras auf der Erde und die Wolle der Schafe auf der Wiese
wachsen zu hören. Heute verwendet man die Redewendung entweder für jemanden, der sehr
sensibel und empfänglich für Zeitströmungen ist und Entwicklungen voraussieht oder abwertend
für eine Person, die ihre Ahndungen und Warnungen meist negativer Art übertreibt und ängstlich
überbewertet.

das Handtuch werfen – Wenn ein Boxer seinem Gegner deutlich unterlegen ist, wirft er
das Handbuch, was bedeutet: Ich gebe auf. Wer im übertragenen Sinne das Handtuch wirft,
beendet eine für ihn aussichtslose Sache, in der er nur verlieren kann.

Das hast du dir selbst eingebrockt! – Suppe ist kein besonders nahrhaftes Lebensmittel,
und so war es in früheren Tagen üblich, sich Brotstücke in die oft wässrige Brühe zu brocken.
Das geschah nicht schon im Suppentopf, sondern jeder Gast an der Tafel brockte sein Brot
selbst in seinen Teller. Man erwartete von ihm, dass er auch aufaß, was er sich eingebrockt
hatte, wenn sonst hätte er wertvolles Essen verschwendet. Die Redensart benutzt man heute,
wenn jemand sich den Folgen seines eigenen Handelns stellen muss.

Das hat ihn völlig aus der Bahn geworfen! – Gemeint ist in dieser Redewendung die
Kampfbahn bei einem Ritterturnier; wer vom Gegner aus der Bahn geworfen wurde, galt als
der unterlegene, auch wenn er noch in der Lage war, zu kämpfen. Wer heute aus der Bahn
geworfen wird, kann sich den Anforderungen nicht mehr stellen oder er hat seine Zielsetzungen
verloren.

Das hecheln wir jetzt durch! – Nein, hier geht es nicht um eine beschleunigte Atmung. Bei
der Herstellung von Leinen aus den Fasern der Flachspflanze musste der Pflanzenbast, die
Außenhülle der Faser, entfernt werden. Dies geschah auf einer Hechel, einer Art stählernem
Kamm. Es war eine etwas langwierige und auch anstrengende Arbeit, aber sie musste erledigt
werden – und so hechelt man noch heute etwas durch, auch wenn es dabei nicht um die
Herstellung von Fasern geht.

das Heft in der Hand haben – Es geht nicht um das Heft aus Papier, sondern um den Griff
eines Messers oder Schwertes, dass man ebenfalls Heft nennt. Wer das Heft in der Hand hält,
ist also der Handelnde oder im Falle des Schwertes sogar jemand, der Macht über Leben und
Tod einer anderen Person besitzt. Wer sein Schwert verliert – also das Heft nicht mehr in der
Hand hat – wird hilflos und handlungsunfähig.

Das ist auch nicht das Gelbe vom Ei! – Beim Ei galt der Dotter früher als das Beste.
Wenn etwas sprachlich nicht das Gelbe vom Ei ist, so stellt es einen faulen Kompromiss dar
oder ist eben noch nicht die beste Lösung. Nur wenige Redewendungen lassen sich so einfach
erklären.

das ist mir Schnuppe – In dieser Redensart geht es nicht um Sternschnuppen, sondern um
einen Teil der Kerze, das verkohlte Ende des Dochtes nämlich, das man Schnuppe nannte.
Kerzendochte bestanden früher aus einem Material, das einer gewissen Pflege bedurfte: Der
Docht musste regelmäßig gekürzt werden. Dabei entfernte man die überflüssige Schnuppe.
Deshalb benutzt man den Ausdruck noch heute, um etwas als überflüssig und wertlos zu
bezeichnen.

Das ist nicht von Pappe! – Die Redewendung nimmt Bezug auf die materiellen
Eigenschaften von Pappe, einem weichen und nachgiebigen Werkstoff. Wenn etwas nicht von
Pappe ist, muss es härter und weniger nachgiebig als Pappe sein, also etwas, woran man sich
schon einmal die Zähne ausbeißen kann.


Das kann kein Schwein lesen! – In Norddeutschland lebte eine angesehene und gebildete
Familie mit Namen Swyn, die der Landbevölkerung häufig Hilfestellung geben musste, wenn es
um das Lesen ging. Allerdings waren manche der Schriftstücke – meist solche amtlicher
Provenienz – mit einer so unleserlichen Handschrift geschrieben, dass nicht einmal ein Mitglied
der gebildeten Familie Swyn sie entziffern konnte. Dat kann ja kin Swyn lesen! wurde bald zum
kennzeichnenden Ausdruck für unleserliche Texte und nahm sogar seinen Weg aus dem
Plattdeutschen in die Hochsprache, wobei die arme Familie Swyn in den Schweinestall geriet.

Das kannst du halten wie ein Dachdecker! – Es müssen gute Zeiten gewesen sein für die
Dachdecker, dem sie konnten machen, was sie wollten. Nur selten traute sich ein Bauherr auf
das Dach, um nachzusehen, ob die Arbeit auch ordentlich ausgeführt war. Die Redensart
besagt also: Das kannst du machen, wie du willst, niemand wird dein Handeln überprüfen.

das läppert sich zusammen – Hier handelt sich um den seltenen Fall, dass eine
Redewendung auf einen einzigen Menschen zurückgeführt wird: Im 17. Jahrhundert lebte in
Leipzig ein Herrn Leppert, der die Einnahmen aus dem Salzverkauf für den sächsischen Staat
verwaltete, aber auch als Kurier arbeitete, als Hofnarr August des Starken und als Lustiger
Rath beim Grafen Brühl Heiterkeit verbreitete und sich sogar als Direktor einer Wanderbühne
betätigte. Die Bezahlung für jeden einzelnen Job war zwar nicht fürstlich, aber mit der Zeit
lepperte es sich zusammen – Herr Leppert konnte sich ein Schlösschen im Elbtal leisten.

Das letzte Hemd hat keine Taschen! – Selbst wenn das letzte Hemd, das Totenhemd
nämlich, Taschen hätte – nützen würden sie dem Verstorbenen nicht, denn er könnte nicht mehr
gebrauchen, was er bei sich trägt. Dieser Redensart ist einerseits tröstlich, sagt sie doch, dass
alle Menschen im Tode gleich sind. Andererseits erinnert sie uns daran, dass wir das Streben
nach materiellem Besitz in unserem Leben nicht übertreiben sollten.

Das schlägt dem Fass den Boden aus! – In Bayern soll es im 16. Jahrhundert ein
besonders strenges Reinheitsgebot für Bier gegeben haben, das auch vor Ort in den
Brauereien überprüft wurde. Entdeckte der Kontrolleur nicht vorschriftsmäßig gebrautes Bier,
so vernichtete er es, indem er dem Fass, in dem das Bier aufbewahrt wurde, kurzerhand den
Boden ausschlug. Ähnliche Regelungen soll es auch in Weinbaugebieten gegeben haben, wenn
Winzer die Regeln ihres Berufes verletzten. Heute ist die Redensart für Zustände und
Ungeheuerlichkeiten in Gebrauch, die allen Regeln Hohn sprechen.

Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht! – Dies ist im eigentlichen Sinne eher ein
Scherz als eine Redensart. Wurde sie doch von irgendeinem Witzbold aus gleich drei anderen
Redensarten gebildet: dem Fass den Boden ausschlagen – dem Ganzen die Krone aufsetzen –
etwas ist ein Schlag ins Gesicht. Gebraucht wird diese Verulkung, wenn man ironisierend oder
auf lustige Weise Missstände anprangern will.


Das sind doch olle Kamellen! – Es geht nicht um die kaum noch genießbaren Süßigkeiten
vom letzten Rosenmontagszug; gemeint sind Kamillenpflanzen, die solange gelagert wurden,
dass sie ihre Wirkung und Heilkraft verloren haben – also eher eine Redensart aus der
Apotheke der Natur. Man benutzt sie, um bereits lang bekannte Sachverhalte oder Erkenntnisse
als solche zu bezeichnen.

das Zeitliche segnen – So wie buddhistische Mönche im Augenblick des Todes
Tuschezeichnungen anfertigen, war es früher Sitte, dass der Sterbende, sozusagen auf der
Schwelle zwischen Zeitlichkeit und Ewigkeit oder schon einen Schritt darüber hinaus, sich und
seine im Leben verbleibenden Mitmenschen segnete. Ein solcher Segen galt als äußerst
wirkungsvoll. Heute verwendet man diese Formulierung als Synonym für das Sterben.

dasselbe in Grün – Diese Redewendung hat ihre Existenz einem industriellen Plagiat zu
verdanken – die Automobilfirma Opel fertigte nach dem Ersten Weltkrieg 1924 als erstes
deutsches Unternehmen ein Automobil in Serie am Fließband – den Kleinwagen Opel 4/12 PS,
genannt Laubfrosch, den man in einer einzigen Farbe bestellen konnte – Grün – daher der
Name. Der Wagen war allerdings kein Original, sondern eine Kopie des französischen Citroen
5CV aus dem Jahr 1921, und den gab es nur in Gelb. Opels Auto war also dasselbe in Grün.

Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! – Schuld an dieser Redewendung ist Till
Eulenspiegel: Als er einmal bei einem Bierbrauer arbeitete, der einen Hund namens Hopf hatte,
soll er diesen in die Braupfanne geworfen haben, als der Braumeister ihn aufforderte, den
Hopfen zu sieden. Er war wohl nicht nur ein Schelm, sondern auch noch schwerhörig.
Außerdem verstieß gegen das Reinheitsgebot, denn Bier darf nur aus Wasser, Malz und
Hopfen gebraut werden – von Hunden steht nichts im Rezept.


dem Ehemann Hörner aufsetzen – Warum bekommt der Ehemann Hörner, wenn seine
Frau ihn betrügt? Ganz einfach: Wenn er einen Seitensprung seiner Frau nicht bemerkt, ist er
so dumm wie ein Ochse, und Ochsen haben eben Hörner …

den Bock zum Gärtner machen – Wenn es überhaupt Tiere gibt, die nahezu alles fressen,
dann sind es Ziegen. Jedenfalls ist keine Pflanze vor ihren Zähnen sicher. Auch die die
Schönheit eines Gartens ist nicht ihr Hauptinteressengebiet, und wenn jemand einen
Ziegenbock zum Gärtner machen würde, müsste er sich nicht wundern, wenn anschließend
keines seiner Prachtexemplare mehr existierte. Im übertragenen Sinne macht den Bock zum
Gärtner, wer den absolut ungeeignetesten Bewerber für eine Aufgabe auswählt.

den Fehdehandschuh werfen – Wer jemandem den redensartlichen Handschuh vor die
Füße pfeffert, will einen Streit austragen. Im Mittelalter nutzen Ritter ihre Handbekleidung, um
sich gegenseitig zu beleidigen. Denn nur wer sich beleidigt oder in seiner Ehre verletzt fühlte,
hatte das Recht, sich zu duellieren. Da konnte es auch schon einmal geschehen, dass man den
Fehdehandschuh dem Kontrahenten zunächst links und rechts um die Ohren schlug, bevor er
auf dem Boden landete. Nahm der Beleidigte den Handschuh (vom Boden) auf, stand einer
standesgemäßen Prügelei nichts mehr im Wege. Einfach nur so durften sich Ritter nämlich nicht
gegenseitig verhauen.

den Gang nach Canossa antreten – König Heinrich IV. hatte Ärger mit dem Papst: Gregor
VII. hatte ihn mit dem Kirchenbann belegt. Um nicht für alle Zeit aus der Gemeinschaft der
Gläubigen ausgestoßen zu sein, musste der König eine Demütigung hinnehmen: Im Jahre 1077
begab er sich in die italienische Stadt Canossa, um dort vom Papst vom Kirchenbann befreit zu
werden. Die Redewendung wird heute gebraucht, wenn sich jemand zu persönlicher
Unterwerfung entschließen muss oder öffentlich eingesteht, dass er einen Fehler gemacht hat –
damals wie heute kein Spaziergang.

den Letzten beißen die Hunde – Wenn eine Hundemeute Menschen verfolgte, so stürzten
sich die Hunde auf den, den sie zuerst erreichen konnten, den langsamsten der Fliehenden. Den
Letzten bissen eben die Hunde.

den Löffel abgeben – Heute liegen in einer Schublade in der Küche zahllose Messer,
Gabeln und auch Löffel. Früher war das anders – Besteck war im Haushalt immer knapp,
manchmal hatte jeder nur einen einzigen Löffel. Wenn der Älteste starb, bekam das jüngste
Familienmitglied seinen Löffel, und der Senior hatte seinen Löffel abgegeben ...

den Nagel auf den Kopf treffen – Diese Redewendung stammt nicht aus dem
Schreinerhandwerk, sondern vom Bogenschießen. Die Zielscheibe wurde mit einem Nagel
durch das Zentrum befestigt, und wer später besonders genau schoss, traf den Nagel auf den
Kopf – was dazu führen konnte, dass der Pfeil abprallte. Heute gebraucht man die
Redewendung, wenn jemand etwas besonders treffend formuliert.

den roten Faden verlieren – Diese Redewendung wird auf zweifache Weise gedeutet –
Sie könnte sich auf die griechische Sage vom Minotaurus beziehen, in der sich Ariadne mit Hilfe
eines Wollknäuels aus dem Labyrinth des Untiers befreien kann. Die zweite Deutung hebt auf
den roten Faden ab, den die Royal Navy Großbritanniens in alle Seile, Taue und Trossen
eindrehen ließ, um diese als ihr Eigentum zu kennzeichnen. Wer den roten Faden verliert, meint
heute, dass der den Zusammenhang in seiner Rede oder seinem Gedankengang nicht mehr
überblickt.

den Rubikon überschreiten – Als Cäsar im Jahre 49 v. Chr. mit seinen Truppen den
Rubikon, einen kleinen Fluss in Italien, überschritt, wusste er, dass damit ein Bürgerkrieg um die
Vorherrschaft in Rom begann. Die Würfel waren gefallen – auch diese Redewendung entstand
im Zusammenhang mit diesem Ereignis. Heute benutzt man die Redensart, wenn man in einer
Angelegenheit unumkehrbare Fakten schafft.

den Stab über jemanden brechen – Der Gerichtsstab gehörte in den vergangenen Tagen
zu den Insignien eines Richters. Er hielt ihn während der Verhandlung in Händen und gebot
damit Ruhe, wenn jemand den Ablauf störte. Eine besondere Rolle spielte der Gerichtsstab,
wenn ein Todesurteil verhängt wurde: Der Richter zerbrach den Gerichtsstab unmittelbar vor
der Hinrichtung über dem Kopf des Todeskandidaten und sprach dabei: „Nun helfe dir Gott, ich
kann dir nicht mehr helfen.“ Die Redensart wird heute benutzt, wenn jemand ein endgültiges und
vernichtendes Urteil über einen Mitmenschen spricht.

den Vogel abschießen – eine Redewendung vom Schützenfest: Alle schießen gemeinsam
auf eine Vogelfigur auf einer Stange, und wenn der letzte Treffer gelandet ist und der Vogel
fällt, steht fest, wer Schützenkönig ist – und alles bezahlen darf. Ebenso zweischneidig ist die
Redewendung im übertragenen Sinne manchmal gemeint. Wer den Vogel abschießt, bringt die
beste Leistung – und das ist kann eben auch ironisch gemeint sein.

der Drahtzieher – Mit dem Drahtzieher ist nicht etwa ein Handwerker gemeint, der mit der
Herstellung von Metalldrähten beschäftigt ist, sondern der Mensch, der im Marionettentheater
die Drähte zieht und so seinen Figuren Leben einhaucht. Im übertragenen Sinne meint der
Begriff die verborgene Person im Hintergrund, die alle Fäden in der Hand hält und das
Geschehen bestimmt.

der Groschen ist gefallen – Eine jüngere Redensart, die auf Verkaufsautomaten
zurückgeht. Nicht immer funktionierten diese Geräte einwandfrei, wenn man einen Groschen
eingeworfen hatte. Wenn man dann endlich Erfolg hatte, sagte man erfreut „Der Groschen ist
gefallen!“ Die Redensart wird heute benutzt, wenn jemand einen Zusammenhang zunächst nicht
– und dann endlich doch begreift.


der springende Punkt – Der griechische Philosoph und Wissenschaftler Aristoteles soll
Untersuchungen über Hühnereier angestellt haben und das Herz des entstehenden Vogels als
einen kleinen Blutfleck im Eiweiß beschrieben haben, der herumhüpft und -springt. Übersetzt
wurde dieser Sachverhalt in seinen Schriften mit quod punctum salit – der Punkt, der springt –
als springender Punkt eben.

der Stinkefinger – Im eigentlichen Sinne ist der Stinkefinger keine Redensart, bestenfalls
eine der Körpersprache. Dieser nonverbale Ausdruck der Verachtung stammt aus dem
Tierreich: Männliche Affen demonstrieren mit dem hochgereckten Mittelfinger gegenüber
Rivalen ihre Potenz und wollen damit ihren Nebenbuhler verunsichern. Über diese Herkunft
sollten auch menschliche Benutzer dieser Geste Bescheid wissen, denn sie begeben sich ja in
ziemlich tierische Gesellschaft.

der Stoppelhopser – Was machen Soldaten nicht alles mit! Heben metertiefe Gräben aus,
marschieren nächtelang auf Landstraßen, robben durch den Schlamm und hopsen über
Stoppelfelder – und genau das fand irgendjemand so komisch, dass er den Begriff
Stoppelhopser für den einfachen Infanteristen prägte. Heute verwendet man den Begriff eher
für Kinder, die sich auf niedliche Weise über eine Wiese bewegen.


Du Tollpatsch! – Der Tollpatsch stammt aus dem Ungarischen: Im 17. Jahrhundert trugen
ungarische Soldaten breite Sohlen (talp) an ihren Schuhen. Man nannte sie talpas – breiter Fuß.
Mit der Zeit wurde daraus das Wort Tollpatsch für einen tölpelhaften Menschen.

Das ist nicht der wahre Jakob! – Wo ist er denn nun begraben, der Apostel Jakobus?
Eine fromme Erzählung sagt, dass er in Santiago de Compostela in Spanien seine letzte
Ruhestätte gefunden hat. Aber in etlichen anderen Kirchen in Europa gibt es Jakobus-Gräber,
und mancher Kirchenmann sagt über die sterblichen Überreste im Grab des anderen: „Das ist
nicht der wahre Jakob!“ Im übertragenen Sinne gebraucht: etwas ist nicht sicher, vermutlich gibt
es einen Irrtum …


der Wink mit dem Zaunpfahl – Wenn ein zarter Hinweis nicht genügt, muss man deutlicher
werden: genau diesen Sachverhalt beschreibt diese Redewendung. Sie soll ihren Ursprung in
der Bewaffnung von Kämpfern vergangener Tage haben. Wer nicht unbedingt zu den Fürsten
und Rittern gehörte, musste auch schon einmal mit so einer gewöhnlichen, aber nichtsdestotrotz
schlagkräftigen Waffe wie einem simplen Holzpfahl vorlieb nehmen. Seine „Hinweise“ an seine
Gegner waren umso nachdrücklicher.


die Arschkarte ziehen – Ein Ausdruck aus dem Fußball vergangener Tage: Im
Schwarzweißfernsehen waren die disziplinarischen Mittel des Schiedsrichters, die gelbe und die
rote Karte, im Einsatz kaum zu unterscheiden. Deshalb bürgerte es sich bei den Schiedsrichtern
ein, die gelbe Karte aus der Brusttasche und die rote Karte aus der Gesäßtasche zu ziehen,
wenn sie benötigt wurden. Wer also rot sah, bekam die Arschkarte zu sehen.

die Fahrt ins Blaue – Eine Fahrt ins Blaue ist eine Fahrt ins Unbestimmte, wobei die blaue
Farbe des Himmels womöglich die positive Stimmung kennzeichnet. Oder aber eine Pflanze: Es
könnten auch die blau blühenden Flachsfelder gemeint sein, die es überall gab.

die Feuertaufe – Dieser Ausdruck hat mehrere Quellen. Zum einen nannte man es beim
Militär Feuertaufe, wenn ein Soldat erstmals an einem Gefecht teilnahm. Zum anderen sprach
man von einer Feuertaufe, wenn ein Märtyrer für seinen Glauben durch Feuer hingerichtet
wurde. Heute verwendet man den Begriff, wenn eine Person oder ein Gegenstand zum ersten
Mal in der Praxis zum Einsatz kommt.

die Flitterwochen – Warum reisen junge Paare in die Flitterwochen, und das schon seit
dem 16. Jahrhundert? In den Flitterwochen wird kräftig geflittert. Nein, nicht was Sie jetzt
vielleicht denken, flittern oder auch vlittern bedeutete in vergangenen Tagen lachen, kichern,
kosen und schmusen – was frisch verheiratete Paare eben gern tun. Das Verb gibt es in
unserer alltäglichen Sprache nicht mehr, aber geflittert wird dennoch heftig.


die Henkersmahlzeit – Heute verwendet man diesen Ausdruck für die letzte Mahlzeit vor
einem entscheidenden Einschnitt im Leben, z. B. für das letzte Essen vor einer Prüfung oder
der Eheschließung. In der Vergangenheit war der Henker bei dieser Mahlzeit tatsächlich
anwesend, denn er servierte dem Delinquenten die letzte Mahlzeit vor der Hinrichtung
persönlich. Immerhin durfte sich der Todeskandidat wünschen, was er essen wollte.


die Katze im Sack kaufen – Früher wurden auf den Märkten auch lebende Tiere gehandelt.
Natürlich betrachteten die meisten Käufer ihre Ware vor dem Kauf ausgiebig, es kam aber auch
vor, dass jemand ein Tier in der Verpackung – meist in einem Sack – erwarb. Vielleicht
begründete es der Verkäufer damit, sein springlebendiges Kaninchen könnte sonst entfliehen.
Zuhause öffneten der Käufer dann den Sack und fand darin – eine Katze, die natürlich nicht
unbedingt für den Kochtopf geeignet war. Heute benutzt man die Redewendung, wenn jemand
sich auf ein Geschäft einlässt, ohne die genauen Bedingungen und Folgen zu prüfen.

die Leichenbittermiene – Wer in diesem Ausdruck die Geschmacksrichtung bitter zu
entdecken glaubt, irrt sich. Es geht um das Bitten, denn der Leichenbitter hatte die Aufgabe, die
Trauergäste zu einer Totenfeier auf dem Friedhof einzuladen. Wenn er dabei an manche
Haustür klopfte, machte er schon aus professionellen Gründen ein trauriges Gesicht, um den
ernsten Anlass seines Anliegens zu unterstreichen. Sein Gesichtsausdruck ist gemeint, wenn
man heute jemand eine Leichenbittermiene unterstellt – gewollt traurig, aber vielleicht nicht ganz
ernst zu nehmen.

die Motten kriegen – Die Motten fressen Löcher in die Kleider, und wenn jemand Löcher in
der Lunge hatte, also an Tuberkulose litt, konnte man in makaber-scherzhafter Weise auch
vermuten, dass er die Matten gekriegt hatte. Wer heute in der Redensart die Motten kriegt, ist
entweder total genervt oder leidet unter einer Aufgabe.

Die Sache hat doch einen Pferdefuß! – Natürlich wissen wir, wie der Herr heißt, der mit
dem Pferdefuß durch alle Vorstellungswelten des christlichen Abendlandes humpelt. In der
Redewendung wird ausgedrückt, dass man unlautere Machenschaften oder irgendeine Falle
hinter einem auf den ersten Blick guten Angebot vermutet. Es müssen ja nicht gleich teuflische
sein …

die volle Breitseite – In der Kriegsmarine war es üblich, den Gegner auf die folgende
Weise mit der voller Feuerkraft eines Schiffes zu attackieren: Das angreifende Schiff
manövrierte so, dass es mit seiner Breitseite dem Gegner gegenüberstand, und dann feuerte
man alle auf dieser Seite des Schiffes befindlichen Kanonen auf den Gegner – der bekam die
volle Breitseite zu spüren. Heute bezeichnet man mit dieser Redewendung einen Angriff mit
allen zur Verfügung stehenden Mitteln.


die Zeitungsente – Was hat eine Ente mit der Zeitung zu tun? Das arme Federvieh ist völlig
unschuldig. Die Redewendung stammt von einer englischen Abkürzung, die vorsichtige
Journalisten für nicht abgesicherte und geprüfte Artikel benutzten. Wenn unter einer Meldung
die Buchstaben N.T. standen, so bedeutete das not testified – nicht überprüft. Bei der
Zeitungsmeldung konnte es sich auch um ein reines Gerücht handeln. Und diese beiden
Buchstaben N.T. hören sich im Deutschen gelesen so an – EN-TE.

drei Kreuze machen – Wer sich bekreuzigt, stellt sich unter den Schutz seines christlichen
Glaubens. Wer dies allerdings gleich dreimal tut, muss es wohl mit starken Kräften des Bösen
zu tun haben. In früheren Zeiten glaubte man, dass das dreifache Kreuzzeichen dreifachen
Schutz gewährte. Heute stehen sie drei Kreuze für einen Abschluss: Man hat etwas wirklich
Unangenehmes hinter sich gebracht und tut durch den Gebrauch der Redewendung kund, dass
man froh ist, die Sache zum Ende gebracht zu haben.

dreimal auf Holz klopfen – Als man in Bergwerken noch ausschließlich Holzstempel
verwendete, um die Gänge unter Tage abzustützen, war die Qualität des Holzes von
lebenswichtiger Bedeutung. Man prüfte sie, indem man mit einem Werkzeug oder einfach mit
dem Fingerknöchel dagegen schlug. War der Ton des Holzes hell und klingend, so konnte man
sich auf die Tragkraft dieser Stütze verlassen. Ein dunkler und dumpfer Ton deutete auf nasses
und morsches Holz hin. Im heutigen Gebrauch der Redewendung geht es eher um eine Art
guten Wunsch für den glücklichen Ausgang eines Vorhabens.


Du Jammerlappen! – Es wurde wohl viel geweint in vergangenen Tagen, denn es gab
eigens einen Jammerlappen, ein Stück Stoff, um die Tränen abzuwischen. Wer dieses Tuch
allzu häufig benutzte, wurde – wen wundert es – selbst zum Jammerlappen erklärt. Heute
jammert man ohne Lappen, und dennoch ist der Jammerlappen nicht ausgestorben.

Du kleiner Naseweis! – Im Ursprung war die feine Nase der Hunde gemeint, welche mit
ihrem Riechorgan den Weg zum Beispiel zur Jagdbeute weisen konnten. Galt ein Hund als
naseweis, so war er ausgezeichnet für die Jagd zu gebrauchen. Im Sinne eines Tadels für allzu
vorlaute Kinder wird das Wort gebraucht, weil diese Kinder immer neugierig vornweg laufen und
alles erschnüffeln wollen – vielleicht fühlte sich durch dieses Verhalten irgendwann jemand an
einen Jagdhund erinnert.

Du treulose Tomate! – Für diese Redewendung gibt es mehrere, unsichere Deutungen.
Eine erste bezieht sich auf die geringe Haltbarkeit von Tomaten, die den Handel mit ihnen zu
einer unsicheren Sache machen. Eine andere Interpretation sagt, dass im 1. Weltkrieg Italien
die Seiten wechselte – zuerst war das Land mit Deutschland verbündet, dann erklärte es sich
1915 zum Gegner Deutschlands. Nun sollen die Deutschen die Italiener und die Tomaten
gleichgesetzt und das in der Redewendung von der treulosen Tomate verewigt haben.

durch die Bank – Immerhin waren im Mittelalter die Tischsitten schon demokratisch: Bei
den Mahlzeiten wurden alle Gäste der Reihe nach bedient – durch die Bank, d. h. in der
Reihenfolge, in der sie auf der Bank saßen, gleichgültig, zu welchem Rang oder Stand sie
gehörten. Durch die Bank sagt man heute, wenn bei einem Sachverhalt ein Kriterium für alle
beteiligten Seiten gleich zutrifft. Konkreter: Alle Mitarbeiter des Projektes erhalten durch die
Bank die gleiche Bezahlung.

durch die Lappen gehen – Wenn jemand eine gute Gelegenheit verpasst, so geht ihm
etwas durch die Lappen, sagt man. Auch diese Redensart stammt aus der Sprache der Jäger.
Um bei einer Treibjagd das Wild an der Flucht aus dem bejagten Gebiet zu hindern, wurden
Stofflappen an Schnüren oder Drähten zwischen den Bäumen des Waldes aufgehängt, vor
denen sich die Tiere fürchteten und deshalb zurückwichen. Manche Tiere überwanden aber in
ihrer Angst dennoch dieses scheinbare Hindernis und gingen den Jägern damit durch die
Lappen.

durchfallen – Durchfallen war schon immer unangenehm: Straftäter wurden nach einen
mittelalterlichen Brauch öffentlich in einem Korb aufgehängt und den Schmähungen der
aufrechten Bürger preisgegeben. Glaubte man, die Sünden seien ausreichend bestraft, so
öffnete man den Boden des Korbs und der Tunichtgut plumpste nach unten heraus – er war
durchgefallen. Durch eine Prüfung fällt man heute allerdings ganz ohne Korb.
E

ein abgefeimter Schurke – feim bedeutet im Althochdeutschen Schaum; abgefeimt hatte


demnach ursprünglich den Sinn von Schaum gesäubert, also rein. Man könnte also sagen: ein
abgefeimter Schurke ist ein Ganove reinsten Wassers.

ein alter Knacker – Diese Redensart geht auf das Spinnen zurück: Weil das Spinnrad bei
jeder Umdrehung knackte, war ein Knacker jemand, der das Spinnrad bediente. Hatte er
bereits ein gewisses Alter, so war er ein alter Knacker. So jedenfalls wird diese Redewendung
erklärt.

ein Bauernopfer bringen – Ein Bauernopfer kann im Schachspiel vorkommen, wenn einer
der beiden Spieler einen Bauern, die niedrigste Spielfigur, in den Tod schickt, um dadurch
Stellungsvorteile oder eine bessere Konstellation für einen Angriff zu erhalten. Auf das
alltägliche Leben übertragen, bedeutet ein Bauernopfer nur selten, dass man von einer Position
zurückweicht, um sich dadurch strategische Vorteile zu verschaffen. Im Regelfall geht es hier
um eine konkrete Person: So wird der Ministerialrat gefeuert, um in der Bestechungsaffäre die
weiße Weste des Ministers zu retten. Häufig wird das „Opfer“ im Nachgang für die Gefälligkeit
entschädigt …

ein Brett vor dem Kopf haben – So sagt man, wenn man etwas nicht sofort versteht, das
man eigentlich verstehen müsste. Die Redewendung stammt aus der Zeit, als sich Schmiede in
ihrer Werkstatt noch mit einem Brett vor dem Kopf vor herumfliegenden Funken schützten. In
das Brett waren schmale Sehschlitze geschnitten, durch die hindurch man das zu bearbeitende
Werkstück sehen konnte. Aber ganz so gut wie ohne konnte man mit dem Brett vor dem Kopf
eben doch nicht sehen ...

ein Buch mit sieben Siegeln – In der Bibel, genauer gesagt in der Offenbarung des
Johannes, wird von einer Buchrolle mit sieben Siegeln berichtet wird, und man erfährt darüber,
dass kein Mensch auf der Erde und kein Engel im Himmel würdig ist, die sieben Siegel der
Buchrolle zu öffnen. In der Redewendung allerdings geht es nicht um die Berechtigung, Einblick
in dieses geheimnisvolle Buch zu nehmen, sondern um das persönliche Verständnis: Weil man
zu einem Thema oder Wissensgebiet keinen Zugang finden kann, bleibt es verborgen, als wäre
es der Inhalt eines Buches mit sieben Siegeln.

ein Damoklesschwert – Der Tyrann Dionys von Syrakus (405-367 v. Chr.) hatte wegen
seiner Machtfülle und seinen Reichtümern viele Neider. Einer von diesen war sein Höfling
Damokles. Als Dionys davon erfuhr, bot er Damokles einen Platz an seiner Tafel an, ließ aber
zuvor ein Schwert an einem Rosshaar über dem Platz befestigen, dessen Spitze genau auf den
darunter Sitzenden zeigte. Damokles begriff schnell, dass Dionys ihm die ständige Bedrohung
und Todesgefahr des Herrschers demonstrieren wollte, und verzichtete auf weitere Träume von
der Macht. Heute gebraucht man den Begriff Damoklesschwert für jede latente Bedrohung.

ein Danaergeschenk – Der griechischen Dichter und Philosoph Homer (nein, nicht Homer
Simpson) prägte diesen Begriff als Bezeichnung für eine Gabe, sie sich im Nachhinein nicht als
Freundlichkeit, sondern als eine geschickte Finte oder sogar als ein Angriff auf die beschenkte
Person erweist. Typisch für diese Art Geschenk ist es, dass der Beschenkte, erfreut über die
attraktive Gabe, die Gefahr übersieht oder Zweifel beiseite wischt. Ein typisches
Danaergeschenk war jede Flasche Whisky, welche weiße Siedler den nordamerikanischen
Ureinwohnern überreichten oder das Trojanische Pferd, das letztlich zur Zerstörung der stolzen
Stadt führte.
ein echter Dauerbrenner – So hat sich auch der Berufsstand der Ofensetzer sprachlich
verewigt, denn ein Dauerbrenner war ein Ofen, der sparsam mit dem Brennstoff umging und für
einen Ofen wenig Aufmerksamkeit benötigte. Mit dem Ende der Ofenheizung in unseren
Wohnungen, geriet auch der Dauerbrenner in Vergessenheit, nicht aber die Redensart. Es gibt
Dauerbrenner auf der Musical-Bühne oder in der Hitparade oder in den Verkaufszahlen
verschiedener Branchen oder …

ein Fiasko erleben – Was geschah mit einem schlechten Schauspieler in Italien? Man
hängte ihm eine Schandflasche (fiasko = Korbflasche) um den Hals. Heute gibt es zwar so
manches Fiasko, aber keine Hälse mehr, um die jemand Korbflaschen hängt – eher rollen gleich
Köpfe …

ein Knöllchen bekommen – Zuckerrüben sind im westlichen Rheinland zwar auch ein
Thema, aber mit diesen Knollen hat das Knöllchen nichts zu tun. Im Rheinland, speziell im
Kölner Raum, schlägt die Sprache oft Kapriolen, und aus dem Protokoll des Verkehrspolizisten
wurde vielleicht verniedlichend das Protoköllchen, welches sich im Zuge der dritten
karnevalistischen Lautverschiebung (!) schließlich bis zum Knöllchen umformte – oder so
ähnlich. So ganz genau weiß man das im Rheinland nie.

ein komischer Kauz – Der Kauz, ein sympathischer Nachtvogel, hatte früher einen
schweren Stand. Man hielt ihn für einen Totenvogel, und im 16. Jahrhundert übertrug man die
Bezeichnung Kauz auch noch auf menschliche Sonderlinge, Eigenbrötler und Außenseiter, zumal
diese manchmal ähnlich lichtscheu waren wie der Nachtvogel.

ein X für ein U vormachen – Als das Kerbholz langsam aus der Mode gekommen war,
notierten die Wirte die Getränke ihrer Kunden mit römischen Zahlen. I für ein Bier, V oder auch
U für fünf Bier, X für zehn. Es konnte – eine gewisse kriminelle Energie beim Wirt vorausgesetzt
– aus einem U schnell ein X werden, wenn der Gast deutlich betrunken und der Wirt geldgierig
war. Aber der geübte Zecher ließ sich kein X für ein U vormachen. Noch heute verwendet man
die Redewendung, wenn jemand eine Täuschung durchschaut.

eine Abfuhr erteilen – „Auf, lasset durch Straßen und Gassen uns eilen, wir wollen dem
Müll eine Abfuhr erteilen!“ dichtete Heinz Erhardt, aber genau die Müllabfuhr ist nicht gemeint.
Wenn bei einem Duell zwischen Studenten einer der Kämpfer durch Säbel- oder Degenhiebe so
schwer verletzt war, dass er von seinem Sekundanten abgeführt werden musste, so hatte ihm
sein Gegner eine Abfuhr erteilt – so der damalige Sprachgebrauch. Heute verwendet man die
Redewendung für eine mehr als deutliche Absage.

eine abgekartete Sache – Im Grunde war sie früher nichts Ungesetzliches oder
Unehrenhaftes, denn etwas mit einer charta, also einem Vertrag oder Urkunde festlegen, durfte
jeder. Heute meint die Redewendung aber eine zuvor in betrügerischer Absicht zum Schaden
einer Partei abgesprochene, aber geheim gehaltene Sache.

eine Gardinenpredigt halten – Man kennt es aus Filmen über vergangene Zeiten: Ein
riesiges Bett, in dem der Herr des Hauses und seine Ehefrau schlafen, hat seitlich Vorhänge,
die das Innere des Bettes zu einem sehr intimen Ort machen können. Wenn allerdings der
Hausherr nach einem Zug durch die Gemeinde spät in der Nacht nach Hause kam, konnte es
sein, dass die Vorhänge um das Bett herum bereits geschlossen waren. Ob der schuldhaft
verspätete Ehemann die Strafpredigt nun vor verschlossenen Gardinen außerhalb des Bettes
oder bereits innerhalb des ehelichen Heiligtums anhören musste, wird von der Schwere seines
Vergehens abhängig gewesen sein. Eine Gardinenpredigt war es allemal.

eine goldene Brücke bauen – Man baut goldene Brücken, um jemand eine unangenehme
Entscheidung zu erleichtern. So kann sich der Bundestagsabgeordnete ohne großen
persönlichen Verlust von seinem Mandat zurückzuziehen, wenn er dafür eine Position in der
Parteihierarchie erhält. Auch geht es darum, dass derjenige, welcher die goldene Brücke
benutzt, sein Gesicht nicht verliert. Goldene Brücken waren im Ursprung eine List in der
Kriegskunst: Wenn man dem bereits besiegten Feind eine offensichtliche Möglichkeit zum
Abzug ließ, verhinderte man damit Rückzugsgefechte, die viele eigene Soldaten das Leben
kosten konnten.

eine milde Gabe – Zu den Tugenden mittelalterlicher Ritter und Fürsten gehörte die Milte
oder Milde – die Pflicht zur Fürsorge gegenüber ihren Gefolgsleuten, dem Gesinde und auch
gegenüber fremden, hilfsbedürftigen Personen. Noch heute ist diese Wesenart der Ritterlichkeit
Teil unserer Sprache.

eine Schlappe einstecken – Schlapp! Da hatte sich einer von beiden Streithähnen eine
Ohrfeige eingefangen. Ganz nach dem Klang meiner Hand auf deiner Backe hieß in
vergangenen Tagen der leichte Schlag oder Hieb Schlappe. Heute verwendet man die
Redensart, wenn jemand eine Niederlage hinnehmen muss.
eine Sisyphos-Arbeit – In der griechischen Sage von Sisyphos wird von einem Mann
erzählt, den die Götter bestrafen: Sisyphos muss einen Steinblock immer wieder auf dem
Gipfel eines Berges hinauf rollen, doch immer, wenn er das Ziel erreicht hat, entgleitet ihm der
Stein und rollt zurück ins Tal. Deshalb nennt man mit diesem Begriff heute eine mühevolle
Arbeit, die zu keinem sinnvollen Ende führen wird.

einen Augiasstall ausmisten – Im Reich des König Augias ging es wohl nicht sehr
ordentlich zu, und nur mit den heldenhaften Kräften eines Herakles war es nach der griechische
Sage möglich, die geradezu sagenhafte Schweinerei im Kuhstall des Herrschers zu beseitigen.
Kommt die Redewendung heute zur Anwendung, bezieht sie sich meist auf Schweinereien im
übertragenen Sinn.

einen Bock schießen – Nicht der Jagderfolg, sondern im Gegenteil das schlechte Können
eines Schützen machte ihn zum Besitzer eines Bockes – so ein Tier war nämlich Anno
Dunnemals Scherz- und Trostpreis zugleich für den schlechtesten Schützen beim Preisschießen.
Mit dem Aufkommen der Eisenbahn änderte sich die Redensart: Jetzt schoss der schlechte
Schütze eine Fahrkarte, denn er traf das Zentrum der Scheibe nicht und deren Rand sah mit
dem Einschussloch darin aus wie das vom Schaffner gelochte Bahnticket.

einen Eiertanz aufführen – Heute führt jemand einen Eiertanz auf, wenn er sich wegen
einer Sache über die Maßen umständlich oder unentschlossen oder auch übergenau verhält.
Damals ging es um echte Eier: Den Eiertänzern wurden die Augen verbunden und sie mussten
zwischen den rohen Eiern auf dem Boden einen Tanz aufführen, und das, ohne die Eier zu
zerbrechen.

einen Freibrief auf etwas haben – Freibriefe waren Urkunden meist eines lokalen oder
regionalen Herrschers, die ihre Besitzer in den Genuss bestimmter Privilegien brachte oder sie
von sonst obligatorischen Lasten befreite. Wer einen solchen Freibrief besaß, konnte sich in
einem gewissen Rahmen anderen gegenüber etwas heraus nehmen. Und in dieser Bedeutung
wird die Wendung noch heute benutzt.

einen Frosch im Hals haben – Natürlich hockt kein Amphibium in unserer Kehle, wenn wir
heiser sind oder gar kein Wort herausbringen. Der Frosch im Hals hat seinen Ursprung wohl im
medizinischen Begriff Ranula. Die Ranula ist eine mit Flüssigkeit gefüllte gutartige Geschwulst
am Mundboden unter der Zunge, die zu Deutsch Fröschleingeschwulst oder Froschgeschwulst
genannt wird. Sie enthält eingedickten Speichel und muss, wenn sie zu groß wird, operativ
entfernt werden.

einen Kater haben – Die männliche Katze hat aber auch gar nichts mit dem Brummschädel
zu tun, denn man(n) nach einem ausgiebigen Gelage bekommt. Man hat eine Art
Krankheitszustand, den man als Katarrh von griech. καταρειν (katarrhein = herunter fließen)
bezeichnet – ein Wort, das bei etlichen Promille Blutalkohol schon mal mit Kater verwechselt
werden konnte.

einen Knall haben – Wer einen Knall hat, ist geistig nicht ganz gesund. Man könnte auch
sagen, er ist ein Knallkopf. Diese Sprachformen rund um den Knall, die beschreiben, dass ein
Geräusch wie ein Knall oder auch ein kräftiger Schlag gegen den Kopf (jemanden eine knallen)
Schädigungen der geistigen Gesundheit zur Folge haben, stammen aus dem Mittelalter.

einen Korb bekommen – Verliebte Jungfrauen zur Ritterzeit sollen ihren Verehrern schon
mal des Nachts mit einem Korb an einem Seil ins Schloss geholfen haben, wenn ihre Eltern
etwas gegen den Angebeteten hatten. Weniger erwünschten Liebhabern spielte man gern einen
Streich: Ein Korb mit brüchigem Boden konnte im unterhaltungsarmen Mittelalter für einigen
Spaß sorgen – sehr zum Schaden der abgestürzten Galane, die häufig im Burggraben landeten.
Um körperliche Schäden zu vermeiden, schickte man in späteren Jahren gleich einen Korb ohne
Boden an den unwillkommenen Verehrer. Der stürzte zwar seelisch tief, blieb aber körperlich
unversehrt.

einen Stein im Brett haben – Die Redewendung ist schon seit dem 16. Jahrhundert
bekannt, denn in einer Sprichwörtersammlung von 1529 kommt sie bereits vor: Ich hab eyn
guten steyn im brette heißt es da. Das Brett ist das Spielbrett eines Brettspiels, für das man
Steine – Spielsteine – benötigt. Einen guten Stein im Brett hat jemand, dessen Spielstein in
einer starken Position liegt. Wenn man bei jemandem einen Stein im Brett hat, so ist dieser
Freund einem wohlgesonnen und stellt eine starke Figur im Spiel des Lebens dar.

einen Stiefel vertragen können – Eventuell hat man früher in mancher Situation mangels
anderer Behältnisse tatsächlich aus Schuhen oder Stiefeln getrunken – seit dem 16.
Jahrhundert sind Trinkgefäße in Form von Stiefeln bekannt. Vielleicht waren aber auch die
ledernen Weinbeutel gemeint, die man wegen des Materials und der Promillewerte ihrer
Benutzer humorvoll Stiefel nannte. „Begnadete“ Trinker leerten in manchen Anekdoten
tatsächlich Reiterstiefel auf einen Zug. Einen Stiefel vertragen konnte auch der Bürgermeister
Nusch, der 1631 im Dreißigjährigen Krieg mit dem Meistertrunk von Rothenburg die Stadt vor
Tillys Truppen rettete. Er stürzte dreieinhalb Liter Wein in einem Zug hinunter und war
anschließend drei Tage bewusstlos. Noch heute gilt als trinkfest, wer einen Stiefel vertragen
kann. Allerdings nennt man das heute nicht mehr Meistertrunk, sondern Komasaufen.

einen Toast ausbringen – Wenn heute jemand einen Toast ausspricht, will er damit ein
Trinkritual einleiten und z.B. den Gastgeber oder einen Gast ehren. Die Redewendung stammt
aus dem England des 19. Jahrhunderts und hat durchaus etwas mit Toastbrot zu tun: Englische
Lords legten ein Stück frisch geröstetes Brot in den (englischen?) Wein, um diesen zu
erwärmen und seinen Geschmack zu verbessern. Dann wurde der Becher auf einen Zug geleert
und das Glas mit dem noch warmen, in Wein getränkten Brot der bedeutendsten Person am
Tisch angeboten, um ihr die Ehre zu erweisen. Da diese – aus verständlichen Gründen, was soll
man mit einer durchweichten Scheibe Brot? – meist ablehnte, begnügte man sich bald mit einer
Geste. Der Becher wurde gehoben, während man gute Wünsche aussprach. Irgendwann ließ
man sinnvoller Weise auch die Scheibe Toast weg.
einen Vogel haben – Was tut sich unter der Schädeldecke einer verrückten Person? Wer
weiß das schon. Die Redewendung einen Vogel haben legt aber nahe, dass man früher
glaubte, im kranken Schädel säße ein Vogel komplett mit Nest. Auch die Redewendung Bei dir
piept es wohl! verweist auf ähnliche Vorstellungen. Was der Vogel fraß und wohin er sich
entleerte, darüber machte man sich keine Gedanken. Ganz schön verrückt, die Normalen!

einen Zahn zulegen – So sagt man, wenn etwas ein wenig schneller gehen soll. Diese
Redewendung stammt aus der Zeit, als in der Küche noch der Topf über dem Feuer im Kamin
hing. Er war mit einer langen Kette befestigt, an deren Ende ein gezacktes Stück Eisen
angebracht war, das Zähne wie ein Sägeblatt hatte. Sollte es mit dem Kochen etwas schneller
gehen, so legte man einen Zahn zu – der Topf wurde einen Zahn tiefer gehängt, so dass das
Feuer ihn stärker wärmen konnte und das Essen schneller fertig wurde.

Er weiß, wo der Barthel den Most holt – Diese Redensart soll möglicherweise aus Leipzig
stammen. Der Gastwirt Barthel hatte zur Messezeit immer gut zu tun und es konnte geschehen,
dass ihm der Most ausging. Dann fuhr er ins Nahe Meißen, wo sein Bruder ein Weingut besaß
und sorgte dort für Nachschub. Wer diesen Wirtschaftsweg kannte, wusste, wo der Barthel den
Most holt. Zu unwahrscheinlich? Das Wort Most in der Redewendung könnte auch vom
hebräischen maoth = Münze abstammen, und Barthel könnte mit dem Wort barsel =
Brecheisen aus der Sprache der Gauner zusammenhängen. Dann würde die Redewendung
bedeuten: Jemand weiß, wie er mit kriminellen Mitteln an Geld kommen kann. Heute wird die
Redewendung benutzt, um jemand zu belobigen, der sich in wirtschaftlichen Zusammenhängen
auskennt.

Es zieht wie Hechtsuppe! – So sagt man, wenn ein kühler Luftzug oder gar ein eisiger
Wind durch das Zimmer weht. Was haben der Raubfisch und die aus ihm bereitete Suppe denn
mit allzu gut gelüfteten Wohnräumen zu tun? Alles ist wieder einmal ein Irrtum: Die
Redewendung kommt aus dem Jiddischen, und in dieser Sprache bedeutet hech supha nichts
weiter als starker Wind.

etwas an den Tag bringen – Was an Geheimem, Unrechten und Bösen im Verborgenen
der Dunkelheit geschieht – das Sonnenlicht des nächsten Tages macht es für alle sichtbar und
dadurch öffentlich – die Sonne bringt es an den Tag. Heute ist es meist die Unbestechlichkeit
und Hartnäckigkeit von Journalisten oder Polizisten, die verborgene Vergehen an den Tag
bringen.

etwas an die große Glocke hängen – Wer im Mittelalter einen Streit vor Gericht brachte,
machte ihn öffentlich. Diese Aufgabe übernahm die Gerichtsglocke, die zur Verhandlung rief.
Doch mit der Klärung durch die Justiz wurde aus einer privaten und vertraulichen Angelegenheit
eine große Sache. Heute nutzt man die Redensart, wenn jemand durch zuviel Öffentlichkeit aus
einer Lappalie ein riesiger Skandal machen will.

etwas auf dem Kerbholz haben – Was den Menschen heutigen Tage sein Dispo, das war
dem Bauern im Mittelalter sein Kerbholz. Man ließ, zum Beispiel im Dorfkrug, fleißig
anschreiben, und erst wenn die Ernte verkauft war, konnte der Bauer seine Schulden
begleichen – so war das in jenen Tagen. Das Kerbholz war ein viereckiges Kantholz, und
eigentlich gab es immer zwei davon. Eines hatte der Wirt, und das andere – die Kopie für den
Kunden sozusagen – hatte der Bauer. Beim Anschreiben legte man sie neben einander und
ritzte eine neue Kerbe ein. So hatten beide Seiten Sicherheit. Mit etwas Glück fiel die Ernte gut
aus und der Bauer konnte seine Schulden komplett zahlen – wenn nicht, hatte er noch etwas
auf dem Kerbholz.
etwas auf der hohen Kante haben – Eigentlich sollte der Baldachin, das Dach des
Himmelbetts, zusammen mit den seitlichen Vorhängen vor Ungeziefer schützen: Wenn man die
Vorhänge schloss, war das Bett komplett von Stoff umgeben und gegen Mücken geschützt. Der
Tragbalken des Baldachins erfüllte aber auch noch eine andere Funktion: Oft wurden darauf
oder in einem darin befindlichen Geheimfach wertvolle Besitztümer des Schläfers abgelegt – er
hatte etwas auf der hohen Kante.

etwas auf der Pfanne haben – Es geht nicht um Bratwürste oder Steaks: Diese Pfanne ist
Teil früher Schusswaffen. Man musste Schießpulver in eine kleine Mulde – die Pfanne – füllen,
um die Waffe überhaupt abfeuern zu können. Wer nichts auf der Pfanne hatte, war seinem
Gegner hilflos ausgeliefert.

etwas auf die lange Bank schieben – Als mit dem Römischen Recht auch der Gebrauch
schriftlicher Akten nach Deutschland kann, hob man die Schriftstücke zunächst in langen, einer
Bank ähnlichen Holztruhen auf. Wer mit seinem Vorgang an das Ende der langen Reihe von
Akten geriet, brauchte Geduld. Seine Sache war auf die lange Bank geschoben. Heute
verwendet man die Redensart, wenn etwas unnötig hinausgezögert wird.

etwas aus dem Boden stampfen – Meist nutzt man die Redensart negativ: Man kann
etwas nicht aus dem Boden stampfen – zum Beispiel Arbeitsplätze. Das Aufstampfen auf den
Boden war Bestandteil von Zauberritualen, durch die Gegenstände und Personen aus dem
Nichts erscheinen sollten – und dann vermutlich auch erschienen, wenn der Rauschpegel aller
Beteiligten hinreichend hoch war …

etwas aus dem ff beherrschen – Alles begann mit dem Buchstaben Pi, der so aussieht: π
Mit diesem Letter kennzeichneten im Mittelalter die Schreiber bei Gericht Zitate aus einer
Sammlung altrömischer Rechtsgrundsätze, den so genannten Pandekten. Schrieb man das Pi
mit Schwung oder eilig oder mit unsicherer Hand, wurde leicht ein ff daraus, und genau diesen
Doppelbuchstaben benutzten dann die Juristen des 16. Jahrhunderts für Zitate aus den
Pandekten, für Quellen also, unter die ihre Vorgänger noch das π gemalt hätten. Wer besagte
Pandekten verwendete, kannte seinen Anwalts- oder Richterberuf aus dem ff.

etwas bemänteln – Wenn man es mit einer unangenehmen Angelegenheit zu tun hat, neigt
man dazu, sie möglichst positiv darzustellen. Man möchte die negativen Seiten der Sache
verbergen, ihnen sozusagen ein Mäntelchen umhängen, das sie vor den Blicken der
Öffentlichkeit verbirgt. Der Sachsenspiegel, ein Rechtsbuch aus dem Mittelalter, entstanden in
den Jahren 1220-1230, kannte den Mantel der Braut als wirksames Mittel gegen uneheliche
Kinder: Sie galten künftig als legitim, wenn sie während der Trauung unter dem Mantel der
Braut getragen wurden. Man bemäntelte etwas, und alles hatte wieder seine Ordnung.
etwas durch die Blume sagen – Auch wenn es so klingt, als spräche man durch eine
Blume hindurch: Gemeint ist eigentlich, etwas mit Hilfe eine Blume sagen. Im Mittelalter war
jeder Blume eine bestimmte Bedeutung zugeordnet, und man konnte Blumen wie Nachrichten
verschicken. Die Empfänger konnten sie auch noch „lesen“: Wer eine Kornblume erhielt,
wusste, dass sein Liebeswerben nicht erhört worden war, wäre doch eine Rose die
gewünschte Liebesbotschaft gewesen.

etwas geht aus wie das Hornberger Schießen – Als die Bürger von Hornberg im
Schwarzwald hohen offiziellen Besuch – nämlich den Herzog von Württemberg – erwarteten,
wollten sie diesen mit Salutschüssen begrüßen. Immer, wenn sie glaubten, er nähere sich dem
Ort, begannen sie vor Freude wie wild in die Luft zu schießen – zweimal soll es falscher Alarm
gewesen sein. Als dann schließlich der Herzog eintraf, hatten die Bürger von Hornberg ihr
gesamtes Pulver verschossen, begrüßten ihn aber mit einem ebenso ernst gemeinten wie
vielstimmigen „Piff-Paff!“, was der Herzog zunächst befremdlich fand, später aber als Salut
akzeptiert haben soll. Man benutzt die Redensart heute, wenn sich eine groß angekündigte
Sache im Nachhinein als riesengroße Pleite erweist.

etwas hinter die Ohren schreiben – Zu Zeiten, als es noch kein Grundbuch gab, in dem
die genaue Lage und Größe von Besitztümern festgehalten wurde, war es nicht einfach, die
nötigen Informationen über landwirtschaftliche Flächen und Grundstücke mit Häusern von einer
Generation zu anderen weiterzugeben. Hinzu kam, dass besonders im ländlichen Raum weder
die Eltern noch die Kinder lesen und schreiben konnten. Ein bewährtes Mittel, um die Lage
eines Grenzsteins auf Lebenszeit festzuhalten, war das folgende: Man führte den Sohn zu dem
Stein, der Vater deutete darauf und verpasste seinem Jungen eine kräftige Backpfeife. Der
kannte die Lage der Grundstücksgrenze auch Jahrzehnte später noch. Ein wenig brutal, aber
wirksam.
etwas im Schilde führen – Von einem Ritter in voller Rüstung ist nicht viel zu sehen –
woher wusste man, ob er Freund oder Feind war? Man erkannte es am Familienwappen, das
die Ritter auf ihren Schilden trugen. So konnte man auch bei herabgelassenem Visier die
freundlichen oder feindlichen Absichten eines Unbekannten erkennen.

etwas kommt mir spanisch vor – Als 1519 der spanische König Karl als Karl V. zum
Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt wurde, waren auch in
Deutschland spanische Sitten angesagt. Es gab Einflüsse auf die Kleidung der Aristokratie,
bestimmte Nahrungsmittel wurden eingeführt und das Militär exerzierte nach spanischen
Regeln. Mancher konnte dem neuen Trend nicht folgen oder sperrte sich gegen ihn – und die
Neuerungen kamen ihm einfach zu spanisch vor.

etwas springen lassen – Wer im Wirtshaus vergangener Tage etwas essen oder trinken
wollte, musste manchmal zunächst etwas springen lassen – eine Münze über den Tisch nämlich.
Wenn die Tatsache, dass etwas sprang und der Klang der Münzen den Wirt überzeugten,
begann er aufzutischen. Wenn der Gast großzügig war, ließ er auch noch etwas für die
Bedienung springen.

Eulen nach Athen tragen – Die Eule als Sinnbild der Weisheit zierte die Münzen des alten
Athens. Der Komödiendichter Aristophanes scherzte daher in der Komödie „Die Vögel“ über die
Herkunft des Geldes in der griechischen Hauptstadt. In den Geldbeuteln der Athener sollten
Eulen nisten, die sich ganz von allein vermehrten. Wozu also Eulen – nämlich Münzen mit
Eulenabbild – nach Athen tragen? Diese Frage scheint an Aktualität gewonnen zu haben.

ewig und drei Tage warten – Gut, es gibt heute 14 Tage Rückgaberecht bei
Internetkäufen, aber in Sachen Käuferschutz war uns das Mittelalter überlegen. Bis ein Kauf
rechtlich unanfechtbar war, musste man nämlich ewig warten – und ewig, das waren zu dieser
Zeit ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage. Diese kuriose Definition der Ewigkeit entstand aus
der Verjährungsfrist (ein Jahr), dem Tagungsintervall des Landgerichts (sechs Wochen) und der
Dauer der Gerichtssitzungen (drei Tage). Ewig und drei Tage wartet man heute im Restaurant,
wenn das Essen nicht nach 22 Minuten auf dem Tisch steht.
F

Farbe bekennen – Diese Redensart kommt vom Kartenspiel: Wer das Spiel macht, muss
die Trumpffarbe festlegen, also Farbe bekennen. Heute geht es im übertragenen Sinne um
Ansichten und Überzeugungen. Wer Farbe bekennt, benennt z.B. seine Parteizugehörigkeit.

Fersengeld geben – Für diese Redensart gibt es mehrere Erklärungen. Wer Fersengeld
gab, verschwand aus einem Lokal, indem er sozusagen mit den Fersen bezahlte. Das Letzte,
was der Wirt von ihm sah, waren seine Fersen. Eine zweite Erklärung: Wenn ein Mann sich
scheiden lassen wollte, musste er seiner Frau eine junge Kuh, eine Ferse, überlassen, damit
diese versorgt war. Wenn er keine solche Kuh besaß, entrichtete er deren Kaufpreis in bar –
das Fersengeld. Und die dritte und letzte Möglichkeit: Wer verfolgt wurde, entledigte sich seiner
Häscher, indem er Kleingeld fallen ließ – noch eine Art Fersengeld. Die Verfolger sammelten
dann Münzen auf, statt ihm weiter nachzustellen.

fest im Sattel – Wieder die Ritterzeit: Wer fest im Sattel saß, war seinem Gegner
überlegen und ließ sich nicht von dessen Lanzenangriff aus dem Sattel stoßen. Das ist
eigentlich ein einfach herzustellender Sachverhalt. Als zweite Quelle käme höchstens der Wilde
Westen infrage.

Fisimatenten – Fisimatenten oder auch die noch fieseren Fiesematenten sind unnötiger
Ärger, Scherereien oder Unannehmlichkeiten, die uns jemand bereitet. Wer Fisimatenten macht,
ist ein unangenehmer Zeitgenosse. Die Redewendung kommt aus einer Zeit, als man noch
Visae patentes literae = ordnungsgemäß ausgestellte Patente vom Amt erhielt. Schon in der
mittelalterlichen Schreibstube waren daraus Visaepatenten geworden, Urkunden, die vom Amt
beglaubigt werden mussten. Die Lauferei, die Kosten für Gebühren und der Ärger mit
arroganten Beamten kondensierten schließlich in dem Wort Fisimatenten – so wurde aus dem
Amtsvorgang ein Begriff für nervende Umständlichkeiten.

Flausen im Kopf haben – Wieder eine Redewendung mit textilen Hintergrund: Flausen
nannte man das, was bei uns heute Fluse heißt – kleine Flöckchen aus Pflanzenfasern. Wer
sich ein wenig seltsam aufführte oder nicht als Unsinn machte, hatte solche Flausen im Kopf, so
glaubte man. Ein ähnliches Wort existiert übrigens noch in dem Adjektiv flauschig, womit die
feine weiche Schicht an der Oberfläche eines Stoffes bezeichnet wird.

frech wie Oskar – Welcher Oskar hier zum Vergleich herangezogen wird, dürfte schwer
festzustellen sein. Es ist nämlich niemand gemeint, der tatsächlich diesen oder sonst einen
Vornamen trägt. Wieder einmal liegt die Quelle für diese Redewendung im Jiddischen: Ossoker
bedeutet soviel wie frecher Kerl – also ist frech wie Oskar eigentlich doppelt gemoppelt.

für Gotteslohn arbeiten – Die Lohnkosten steigen, und am liebsten würde mancher
Unternehmer seine Mitarbeiter für Gotteslohn arbeiten lassen, nämlich umsonst. Gott zahlt aber
sicher nicht die Lohnschulden eines Unternehmers. Der Gotteslohn als Form der Bezahlung war
in vergangenen Tagen häufiger an der Tagesordnung; heute haben die Gewerkschaften etwas
gegen ein „Vergelt’s Gott!“
für jemanden die Kastanien aus dem Feuer holen – Diese Redensart soll auf eine Fabel
aus dem 17. Jahrhundert zurück gehen: In der Fabel „Der Affe und die Katze“ des berühmten
französischen Dichters La Fontaine (1621-1695) überredet der Affe Bertrand die Katze Raton,
ihm geröstete Esskastanien (Maronen) vom offenen Feuer zu stehlen, und das undankbare Tier
frisst alles allein, ohne die Katze an der Mahlzeit teilhaben zu lassen. Ganz in diesem Sinne wird
die Redewendung dort verwendet, wo jemand eine unangenehme Tätigkeit ausführen soll, ohne
davon zu profitieren.
G

Gedöns um etwas machen – Wenn jemand überflüssiges Getue um eine Sache macht,
fällt häufig das Wort Gedöns: „Jetzt macht doch nicht so ein Gedöns!“ sagt man. Das Wort
Gedöns soll aus Norddeutschland stammen und auf die alte Form gedense zurückgehen, was
so viel bedeutet wie hin- und herziehen, die typische körperliche Manifestation eines Streits.

Geh doch zum Kuckuck! – Was soll ich denn da? wird sich mancher lästige Zeitgenosse
oder Übeltäter gefragt haben, wenn er diese Redewendung hörte. Gemeint war aber nicht der
Vogel mit dem unverwechselbaren Ruf, sondern der Gottseibeiuns, dieser Typ mit dem
Pferdefuß, dessen Namen man sich über viele Jahrhunderte nicht auszusprechen traute, um ihn
nicht heraufzubeschwören. Ob ein Benutzer dieser Redensart im heutigen Zusammenhang noch
den Teufel meint, ist fraglich, aber besonders freundlich ist diese Aufforderung auch heute nicht.

gelb vor Neid – Das Gesicht ist der Spiegel der Seele, besonders was die Hautfarbe
angeht. Rote Wangen lassen auf einen kräftigen Rausch schließen, ein bleiches Antlitz könnte
mit Angst und Schrecken in Verbindung stehen, aber wer gelb ist, sieht ungesund, ja krank aus.
Meist war so jemand krank vor Missgunst. Neid kann in der Tat krank machen, man fühlt sich
zurückgesetzt und missachtet – und welche Farbe würde da schon besser passen?

Geld auf den Kopf hauen – Nicht immer kannte jeder den Wert jeder Münzen, gab es doch
über Jahrhunderte unendlich viele Kleinstaaten, die oft eigene Zahlungsmittel nutzten. Damit es
beim Zahlen nicht zu Missverständnissen kam, legte man die Münze so, dass die Zahl auf der
Oberseite zu sehen war. Wer bester Laune war und auch schon ein bisschen vom Wein in
Schwung, knallte seine Münzen beim Zahlen mit etwas zuviel Schwung auf den Tresen des
Wirtes – er haute sein schönes Geld auf den Kopf. So sagt man noch heute, wenn es sich
jemand so richtig gut gehen, ohne an ein Morgen zu denken.

Geld stinkt nicht – Kaum zu glauben, aber an dieser Redewendung ist ein römischer
Kaiser schuld: Titus Flavius Vespasian hatte nämlich, als es dem Staat mal wieder an Geld
fehlte, den großartigen Einfall, öffentliche Toiletten einzurichten und für ihre Benutzung Geld zu
verlangen. Als man ihn nach der etwas anrüchigen Herkunft der neuen Staatseinnahmen fragte,
antwortete er mit dem bedeutenden Satz: „Pecunia non olet!” – Geld stinkt nicht!
Geldschneiderei – Heute reden wir von Geldschneiderei, wenn jemand zu hohe Preise für
eine Ware verlangt. Früher ging es den Münzen selbst an den Kragen. Im Mittelalter waren die
Münzen aus einem ziemlich weichen Material, meist Silberblech. Der Münzer schnitt die
Geldstücke aus dem edlen Blech und prägte danach ihre Oberfläche. Mancher Mitarbeiter bei
einer Münzanstalt konnte sich aber auch ein Zubrot verdienen: Er schnitt ein wenig zu viel Silber
oder sogar Gold vom Blech und wurde auf Dauer ein reicher Mann – falls niemand seinen
Betrug bemerkte. War das Geld in Umlauf, tat es ihm so mancher Ganoven nach. Eigentlich
hätten alle Münzen mit der Zeit immer kleiner werden müssen … Stattdessen wurden sie
weniger edel und härter, so dass man sich an ihnen die Zähne ausbeißen und schon gar nicht
mehr ein Stück davon abschneiden konnte. Eine andere Deutung dieser Redensart: Man pflegte
das Geld in einer so genannten Geldkatze, einem Gürtel mit geräumigem Innenraum, bei sich
zu tragen. Ein zu allem entschlossener Dieb konnte sich diesen Gürtel mit einem schnellen
Schnitt und einem gezielten Griff aneignen – eine andere Art von Geldschneiderei.

Gretchenfrage – Ganz einfach hatte es Goethes Faust, von Beruf Naturwissenschaftler


und ein gestandener Mann, mit Margarete, genannt Gretchen, nicht. Gut, küssen dürfte er sie
schon, aber bevor es zu ernsthaften erotischen Verwicklungen kommen konnte, stellte Gretchen
eine besondere Frage, eben die Gretchenfrage: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du
bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.“ Als Faust sich nicht
erklären wollte, fragte sie genauer nach: „Glaubst du an Gott?“ und als er schwieg: „So glaubst
du nicht?“ Nicht immer geht es in der redensartlichen Gretchenfrage um die Religion, aber stets
wird eine klare Stellungnahme, eine Bestimmung des Standpunktes verlangt – in unseren Tagen
für die meisten Menschen sehr unangenehm …

Guten Rutsch ins neue Jahr! – Man wünscht sich einen guten Rutsch und weiß eigentlich
nicht, warum. Es mag sein, dass es in den Monaten Dezember und Januar draußen recht
rutschig ist, aber warum sollte jemand von einem in das andere Jahr ausgerechnet rutschen?
Es handelt sich um einen sprachlichen Irrtum: Im Jiddischen heißt das neue Jahr schono rosch
– und daraus ist irgendwie der schöne und später der gute Rutsch geworden.
H

Haare auf den Zähnen haben – Wer Haare auf den Zähnen hat, versteht es, seine
Anliegen sprachlich sehr aggressiv zu vertreten, oft auch übertrieben dogmatisch. In
vergangenen Tagen galt eine starke Behaarung als Symbol für ausgeprägte Männlichkeit, und
der wiederum ordnete man Mut, Kraft und Schneid zu. Die Haare auf den Zähnen stehen also
als Symbol für ausgeprägte sprachliche Kraft – sei es zum Guten oder zum Bösen.

Haderlump – Aus Lumpen wurde früher Papier herstellen, und zwar besonders gutes. Auch
heute noch kann Papier einen gewissen Anteil an Alttextilien enthalten. Man verwendete
zerkleinerte Textilfasern, die Hadern, damals der einzige Rohstoff für feines weißes Papier.
Weil aber Kleidung in vergangenen Tagen nicht so preiswert und überall verfügbar war wie
heute, konnte für die Papierherstellung nur solches Material verwendet werden, das niemand
mehr verwenden wollte oder konnte. Man trug Kleidung wirklich solange, bis sie förmlich von
Körper fiel – übrig blieben dann Haderlumpen, der letzte textile Abfall sozusagen, aber zugleich
wertvoller Rohstoff.

Hals- und Beinbruch! – Niemand wünscht dem anderen Katastrophen an den Hals, denn
dieser gut gemeinte Wunsch stammt aus dem Hebräischen und heißt im Original hazlóche un
bróche, wobei hazlachá = Glück und b’rache = Segen ist. Durch viele Missverständnisse ist
daraus im Laufe der Zeit der Hals- und Beinbruch geworden.
Herein, wenn es kein Schneider ist! – Niemand hat etwas gegen den Beruf des
Schneiders, denn in Wahrheit meint diese Redewendung eine Angst, die alle Menschen haben.
Eigentlich ist gemeint: Herein, wenn es nicht der Schnitter ist! Und der Schnitter ist der Mann
mit der Sense, der Tod ...

herumflachsen – Viele Redensarten hängen mit der Herstellung von Stoffen, vor allem aber
mit der Verarbeitung von Flachs zu Leinen zusammen. So geht das Flachsen auf das Scherzen
und Spaßen zurück, mit dem sich die Frauen bei der anstrengenden und etwas eintönigen
Arbeit gegenseitig unterhielten. Heute wird’s nur noch herumgeflachst – einen Faden oder gar
ein Stück Stoff wird man nachher vergeblich suchen.

hieb- und stichfest – Bei den Rittern ging es nicht zimperlich zu. Man musste schon hieb-
und stichfest sein – gut gerüstet eben wie jemand, der gute, hieb- und stichfeste Argumente
hat.
hinter schwedischen Gardinen sitzen – Gauner besitzen einen besonderen Humor, und
irgendwann ist einer von ihnen auf die Idee gekommen, seinen Aufenthaltsort mit vergitterten
Fenstern witziger Weise mit einer Wohnung zu vergleichen. Und weil die Gardinen in dieser
Wohnung aus schwedischem Stahl gefertigt waren, nannte er sie schwedische Gardinen – und
irgendwann wurde eine Redewendung daraus, die den Aufenthaltsort Gefängnis umschreibt.

Hinz und Kunz – Wer ist denn das? Ganz einfach: jedermann. In vergangenen Tagen
hießen sehr viele Männer Heinrich oder Konrad – Hinz und Kunz eben. Heute würde man von
Melanie Mustermann oder Otto Normalverbraucher reden. Nur mit Hinz und Kunz ging es
irgendwann bergab, was das Ansehen betraf: Heute bezeichnet man mit der Redewendung
abwertend jemanden, der so furchtbar gewöhnlich ist … Vorsicht, Arroganzgefahr!

höchste Eisenbahn – Man gebraucht diese Redewendung, wenn höchste Eile geboten ist.
Sie entstand in der Zeit, als die Eisenbahn als neues und schnelles Verkehrsmittel galt und
synonym für Geschwindigkeit genutzt wurde. Nach einer anderen Quelle ist der Berliner
Volksdichter Adolf Glasbrenner der Erfinder dieser Redensart, weil er 1847 in einem Schwank
einen sprachlich etwas durchgedrehten Briefträger, der sich mit der Abholung der Post
verspätet hat, den Satz sagen lässt: „Es ist allerhöchste Eisenbahn – die Zeit ist schon vor
drei Stunden angekommen!“

Hummeln im Hintern haben – Hummeln sind nicht gerade Hektiker, und kein Mensch weiß,
warum man nicht Wespen oder gar Hornissen im Hintern hat, wenn man nicht untätig
herumsitzen kann, sondern sich stattdessen lieber bewegt. Aber schon von Martin Luther soll
diese Redewendung benutzt haben.
Hundstage – Die oft drückend heißen und schwülen Tage von Ende Juli bis Ende August
tragen ihren Namen nicht, weil man vor die Hunde geht oder keinen Hund vor die Tür schicken
mag, sondern wegen eines Sterns: Sirius, der hellste Stern am Sommerhimmel, wird auch
Hundsstern genannt.
I


Ich habe Blut geleckt! – Hier wird klar, dass der Mensch ein Raubtier ist, denn wie ein
Löwe oder Tiger, der das Blut der verwundeten Beute geleckt hat, ist er ganz wild auf eine
Sache, die ihm gut schmeckt oder im positive Gefühle vermittelt – und das ebenso ohne
Rücksicht auf die Folgen wie ein einmal erregter Beutegreifer.


Ich verpiss’ mich lieber! – Manchmal ist es ganz gut, wenn man sich aus einer kritischen
Situation ohne Gesichtsverlust entfernen kann. Der Ausdruck sich verpissen soll im 1. Weltkrieg
in Gebrauch gekommen sein, weil sich Soldaten immer genau dann zum Austreten von der
Truppe entfernt haben, wenn die Situation sich zugespitzt hat und sie in Gefahr kommen
konnten.

Ich verstehe nur Bahnhof! – Wenn man die kriegsmüden Soldaten des ersten Weltkriegs
ansprach, konnte es sein, dass man nicht die erwartete Reaktion erhielt, sondern nur
Unverständliches zu Gehör bekam. Die geplagten Männer von der Front wollten nur noch eines
– mit dem Zug nach Hause fahren. Sie verstanden nur noch Bahnhof und konnten sich auf keine
andere Gesprächssituation einstellen. So ergeht es heute jemanden, dessen Interessen im
Augenblick ganz woanders liegen, sodass er den Sinn der Worte nicht versteht, die an ihn
gerichtet wurden.

im Dunkeln tappen – Eigentlich ist diese Redewendung selbsterklärend. Sie lässt sich
schon im Alten Testament finden: „Die nicht auf die Stimme Gottes hören, tappen am hellen
Mittag wie ein Blinder im Dunkeln.“ Heute tappt mancher eher in technologischer Hinsicht im
Dunkeln …

im Stich lassen – Wenn jemand nicht hieb- und stichfest war, war er als Ritter in
vergangenen Tagen arm dran, und er konnte nur auf seine Freunde hoffen. Aber die ließen ihn
manchmal im Stich. Das bedeutet, sie halfen ihm nicht rechtzeitig, sich vor der Waffe des
Gegners zu schützen. Das arme Opfer wurde gestochen – man hatte ihn dem Stich des
Gegners überlassen.

im Weichbild der Stadt – Dieser Begriff hat nichts mit den sanften Linien eines Stadtbildes
im Dunst der Ferne zu tun. Auch die heutigen Worte weich und Bild fließen nicht ein. Den ersten
Teil macht das altdeutsche Wort wich aus. Es bedeutet Ansiedlung und ist in abgewandelter
Form auch noch in Ortsnamen zu finden (z.B. Suderwick). Die zweite Hälfte bildet billede, das
Gesetz. Wer das Weichbild einer Stadt betrat, unterstand dem geltenden Stadtrecht. Erst
später nahm das Wort Weichbild die Bedeutung Umland oder äußeres Stadtgebiet an.


immer auf die Füße fallen – Um die Fähigkeit, bei einem Sturz immer genau auf den vier
Pfoten zu landen, kann man eine Katze schon beneiden. Es gibt aber auch Menschen, die sich
aus jeder Problemlage retten können und auch im übertragenen Sinne immer wieder auf die
Füße fallen. Beneidenswert!

in den sauren Apfel beißen müssen – Schon wenn man die Redewendung hört, zieht sich
einem der Mund zusammen. Igitt, sauer! Martin Luther war der erste, bei dem sich diese
Redewendung in schriftlicher Form findet. Sie dürfte aber älter sein, denn saure Äpfel waren
schon immer sauer. Im übertragenen Sinne bezieht sich die Redewendung auf eine
unangenehme Sache oder Situation, der man sich stellen muss.

in den Wind reden – Wer in den Wind redet, hat keine Zuhörer, er bemüht sich umsonst.
Diese alte Redewendung kommt schon bei den römischen Dichtern Ovid (43 v. Chr.-18 n. Chr.)
und Lukrez (97 v. Chr.-55 n. Chr.) vor, und auch Martin Luther verwendete sie. Heute wird sie in
der Hauptsache in der Kommunikation zwischen Kindern und ihren Eltern Anwendung finden.

in der Kreide stehen – Im Mittelalter herrschten raue Sitten; so verkündete eine Kreidetafel
im Wirtshaus für jedermann sichtbar, wer zwar reichlich getrunken, aber noch nicht bezahlt
hatte. Der Wirt schrieb mit Kreide an, wer ihm wie viel schuldete. So hatte er nicht nur die
Übersicht, sondern konnte auch in gewisser Weise Druck auf die säumigen Schuldner ausüben.
Gestern wie heute – niemand steht gern in der Kreide.

in die Bresche springen – Hatten die Belagerer einer Burg eine Lücke in die
Festungsmauer geschlagen, so stand es schlecht um die Verteidiger. Es musste unbedingt
verhindert werden, dass die Angreifer durch die Lücke = Bresche in die Burg eindrangen. War
einer der Verteidiger im Kampfe gefallen, so musste ein anderer augenblicklich seinen Platz
einnehmen, also in die Bresche springen. Im übertragenen Sinne verwendet man die
Redewendung heute immer dann, wenn jemand den Platz eines anderen einnehmen muss.

in die Schuhe schieben – Es sollen die fahrenden Gesellen gewesen sein, die für das
Entstehen dieser Redensart verantwortlich sind. Unter ihnen gab es auch schwarze Schafe, die
in der Werkstatt ihres Meisters oder in dessen Haus etwas mitgehen ließen. Drohte eine
Durchsuchung in der gemeinschaftlichen Herberge der Gesellen, so versteckte der Dieb seine
Beute gemeiner Weise in den Schuhen eines anderen Gesellen. So konnte er den Verdacht von
sich selbst ablenken, und ein anderer wurde für ihn bestraft.

in dieselbe Kerbe hauen – Besonders effektiv arbeiteten Holzfäller in der Zeit vor
Kettensäge und Harvester (das ist eine Holzerntemaschine), wenn sie ihre Kräfte gemeinsam
nutzten. Der Baum fiel umso schneller, wenn jeder Axthieb in die gleiche Kerbe am Baumstamm
ging. In der redensartlichen Variante treffen verbale Axthiebe verschiedener Mitstreiter sehr
koordiniert in die gleiche Argumentationskerbe.

ins Fettnäpfchen treten – Es stand neben dem Ofen, das Fett für die Stiefel, damit es
schön flüssig blieb. Und jeder wusste, dass neben dem Ofen das Fettnäpfchen stand. Nur ein
ausgemachter Trottel schaffte es, versehentlich in das Fettnäpfchen zu treten, was furchtbar
unerfreulich war. Zum einen verschmierte man mit dem Fett den frisch gescheuerten Boden,
zum anderen seine eigenen Schuhe oder Stiefel – peinlich, peinlich! Und dafür steht es noch
heute.


ins Gras beißen – Diese Redewendung hat einen sehr ernsten Hintergrund, denn sie soll
auf den Schlachtfeldern entstanden sein und das schon vor vielen Jahrzehnten oder
Jahrhunderten. Verwundete Soldaten beißen vor Schmerzen ins Gras, bevor sie sterben – mit
diesen drei Worten sollte man vorsichtig umgehen, denn allzu leicht läuft hier ein Scherz aus
dem Ruder.

J

jedes Wort auf die Goldwaage legen – Diese aus der Antike stammende Redensart
taucht auch bei Luther wieder auf: „Du wägest dein Gold und Silber ein; warum wägest du
nicht auch deine Worte auf der Goldwaage?“ und fordert in seinem Textzusammenhang dazu
auf, mit Worten vorsichtiger umzugehen. Heute bedeutet die Redewendung eher, dass jemand
den Sinn einer Aussage allzu genau und wörtlich nimmt.

jemand blamiert die ganze Innung – Das Handwerk hatte in der Vergangenheit und hat
auch heute verschiedene Organisationen zu seiner Interessenvertretung. Im historischen
Zusammenhang waren dies die Zünfte, heute sind Handwerker (neben ihrer Mitgliedschaft in
der Handwerkskammer) in der jeweiligen Innung organisiert. Wenn sich jemand durch schlechte
Arbeit oder durch unüberlegte oder falsche Äußerungen in seinem Fachgebiet so verhält, dass
er nicht nur sich selbst, sondern auch gleich seinen ganzen Berufsstand blamiert, so ist dies
eine schwere Verfehlung und ein persönlicher Fauxpas.

jemand die Hölle heiß machen – Als ob es nicht in der Hölle schon heiß genug wäre! Als
die Religion noch sehr stark über das Leben der Menschen bestimmte, war die Vorstellung der
Höllenqualen sehr konkret. Jemanden die Hölle heiß machen bedeutete also, ihn über alle
Maßen zu bedrängen, um ein Ziel zu erreichen oder ihn zu einer bestimmten Handlung zu
bewegen. Zum Beispiel machten Gläubiger den Schuldnern die Hölle heiß …

jemand durch den Kakao ziehen – Warum zieht man jemanden durch etwas? Vermutlich,
um ihn dadurch zur Witzfigur oder zum Gespött aller zu machen. Was hat das das leckere
Getränk damit zu tun? Eigentlich nichts, denn es wird hier nur beschönigend für eine andere
braune Masse genannt, deren Namen man in kultivierten Kreisen nur ungern ausspricht. Die
Redewendung bezeichnet zumindest leicht beleidigende Vorgänge, wenn zum Beispiel die lieben
Kollegen über einen anderen in dessen Abwesenheit herziehen.

jemand gewogen sein – Eine Balkenwaage neigt sich, je nach den Gewichten in ihren
Schalen, in die eine oder andere Richtung. Mit unserer Zuneigung ist es ähnlich – je nach den
Eigenschaften einer Person sind wir ihr zugeneigt oder abgeneigt. Insofern bietet sich die
Waage als Sinnbild unserer Gefühle an: Neigt sich die persönliche Waagschale jemandem zu,
sind wir ihr oder ihm gewogen.

jemand ist ein Aufschneider – Wer im 17. Jahrhundert mit dem großen Messer aufschnitt,
legte manchmal allzu große Stücke auf die Teller seiner Gäste, wohl um seinen Wohlstand zu
demonstrieren. Heute bedeutet die Redensart, dass jemand maßlos übertreibt

jemand lügt wie gedruckt – Hier gibt es zwei plausible Erklärungen. Die erste: In früheren
Tagen musste jemand mit seiner Person zu den Aussagen stehen, die er anderen gegenüber
machte, sozusagen selbst dafür bürgen. Er war also persönlich anwesend und für die Folgen
seines Tuns verfügbar. Mit der Verbreitung von Druckwerken veränderte sich dieser
Sachverhalt. Ohne dass der Autor als Bürge zur Verfügung stand, konnte man plötzlich auch
Lügen verbreiten – und der Verdacht lag nahe, dass der gedruckte Text tatsächlich Lügen
enthielt. Hier haben wir es in einer frühen Form mit der Skepsis gegenüber einer neuen Technik
zu tun, die vielleicht in einer Redensart Bestand hat. Die zweite Interpretation: Jemand ist in der
Lage, seine Lügen so perfekt zu formulieren, dass sie – wie auch gedruckter Text (nach dem
Schema gedruckt = Wahrheit) – auf eine unwiderstehliche Weise überzeugend wirken.

jemandem auf den Leim gehen – Zu Zeiten, als man auch noch Singvögel (und überhaupt
Vögel aller Art) fing, verwendeten Vogelfänger klebrige Leimruten, auf die sie die Vögel mit
Nahrungsködern oder mit Hilfe anderer Vögeln (eben mit den Lockvögeln) lockten. Wer heute
jemanden auf den Leim geht, hat er sich betrügen lassen oder ist auf einen (vielleicht
finanziellen) Köder hereingefallen.


jemandem auf den Schlips treten – Wie bitte, dazu muss man ja Artist sein oder das
Opfer muss auf dem Boden liegen. Nein, das niederdeutsche Wort slips bedeutet – nein, nicht
Unterhose – sondern Zipfel. Gemeint ist damit der Hemdzipfel oder auch der Rockschoß. Was
die Herkunft der Redewendung erläutert, die Sache aber wortwörtlich genommen auch nicht
einfacher macht – es sei denn, jemand trägt ein bodenlanges Hemd oder einen ebensolchen
Mantel. Im übertragenen Sinne tritt man jemandem persönlich zu nahe, wenn man ihm auf den
Schlips tritt.

jemandem aufs Dach steigen – Das Mittelalter kannte drastische Strafen und wirksame
Maßnahmen gegen Verbrecher. Ein Beispiel: So genannten Vogelfreien, die nicht mehr unter
dem Schutz des Gesetzes und der Gemeinschaft standen, wurde einfach das Dach ihres
Hauses abgedeckt, wenn sie sich der Gerechtigkeit entzogen. Kein Dach sollte sie mehr
schützen und verstecken – es war nämlich nicht erlaubt, jemanden in seinem Hause zu
verhaften, aber ohne das Dach war es aber kein Haus mehr. Auch Helfershelfern, die einen
Gesuchten versteckten, stieg man aufs Dach, damit man sozusagen unter freiem Himmel
Zugriff auf den Täter hatte. Heute bedeutet die Redensart, dass man jemand nachdrücklich an
seine Pflichten oder Aufgaben erinnern will.

jemandem das Wasser reichen können – Mit dem Tischsitten war es im Mittelalter so
eine Sache. Besteck gab es nicht, man aß mit bloßen Händen. Immerhin stand auf den Tischen
feinerer Haushalte einen Schälchen Wasser, mit dessen Hilfe man sich die Hände säubern
konnte. Auch wenn es sonst nach unseren Vorstellungen haarsträubend zuging – zum Beispiel
flogen Essensreste wie Knochen einfach auf den Boden – um dieses Schälchen Wasser machte
man sich große Gedanken. Es galt als besondere Gnade, wenn man dem Hausherrn das
Wasser reichen durfte, denn dies war nur besonderen Hausangestellten und ihm ebenbürtigen
Gästen gestattet. Noch heute bedeutet die Redensart, dass man jemandem ebenbürtig – oder
auch nicht ebenbürtig – ist.

jemandem den Daumen halten – Nicht genug damit, dass die Außenwelt vergangener
Tage voller Geister und Unwesen steckte, die Menschen fanden sie auch im und am eigenen
Körper. Die Finger der Hand galten mancherorts als Geister, und sie zählten nicht unbedingt zu
den Guten. So machte es Sinn, den eigenen Daumen festzuhalten, um ihn daran zu hindern,
sich auf bösartige Art und Weise in das Vorhaben eines menschlichen Freundes einzumischen.
Ganz schön schlimme Finger, diese Daumen …

jemandem die Daumenschrauben anlegen – Und wieder das finstere Mittelalter:
Verbrechern, die ihre Vergehen nicht sofort eingestehen sollten, verhalf man auf nachdrücklicher
Weise zu einem Geständnis: Zunächst zeigte man ihnen die Folterinstrumente, dann setzte man
sie auch ein. Die Daumenschraube war eine solche mittelalterliche Geständnishilfe, und unter
ihrem Eindruck gestand mancher Verbrechen, die er überhaupt nicht begangen hatte. Im
übertragenen Sinne spricht die Redensart auch von dem nachdrücklichen Zwang, der
angewendet werden soll, um jemand zu erwünschtem Handeln zu bewegen.


jemandem die Stange halten – Bei Ritterturnieren stand jedem Kämpfer ein Sekundant zur
Seite, der sich um die Sicherheit seines Herrn kümmerte. So konnte er mit einer Stange
regelwidrige Angriffe des Gegners abwehren. Man hält noch heute jemandem die Stange, wenn
man sich auf seine Seite schlägt oder sich schützend vor ihn stellt.

jemandem eine Abreibung verpassen – Von Pferden begeisterte Mädchen wissen das:
Nach dem Ausritt wird das Fell des Pferdes durch Striegeln und Abreiben gesäubert. Diese
abreybung bei der Pflege von Tieren kennt man schon seit dem 17. Jahrhundert. Erst im letzten
Jahrhundert wurde daraus etwas Unangenehmes: Die Abreibung wurde mit einer Tracht Prügel
gleichgesetzt.


jemandem eine Extrawurst braten – In Zeiten, als Fleisch sehr knapp und teuer war,
konnte man nicht jeden Tag damit rechnen, es auf seinem Teller zu finden. Schon ein kleines
Würstchen zur Mahlzeit war im Mittelalter etwas Besonderes für den einfachen Mann. Wer eine
Extrawurst erhielt, war sicher froh darüber. Heute allerdings hat sich in der Redensart der Sinn
dieses Wortes verschoben: Die Extrawurst ist ein unangemessener Sonderwunsch, und kaum
jemand wird sich bereit finden, ihm zu folgen.

jemandem einen Bärendienst erweisen – Zwar will eine Person einer anderen helfen,
erweist ihr aber einen schlechten Dienst, schädigt sie sogar – aber was hat der Bär damit zu
tun? Der französische Fabeldichter Jean de La Fontaine (1621-1695) erzählt in der Fabel „Der
Bär und der Gärtner“ von einem sehr hilfsbereiten Bären, der mit einem kräftigen
Prankenschlag eine Fliege auf der Nasenspitze seines Herrn tötet – und diesen natürlich gleich
mit – ein echter Bärendienst!


jemandem einen Dämpfer aufsetzen – Die Instrumente in einem Orchester spielen
unterschiedlich laut. Dies wird unter anderem durch die Anordnung im Raum ausgeglichen, doch
müssen bei einigen Stücken bestimmte Instrumente, zum Beispiel die Blechbläser, besonders
leise spielen. Dies erreicht man mit einem so genannten Dämpfer, eine Vorrichtung, die in das
Instrument eingesetzt wird. Wer heute einen Dämpfer erhält, erfährt dies aber meist im
übertragenen Sinne: Sein für andere anstrengender Höhenflug wird gestoppt.

jemandem einen Denkzettel verpassen – Wenn der Gerichtsbote im Mittelalter jemandem
ein Schriftstück überbrachte, bedeutete dies nichts Gutes, denn der amtliche Gedenkzettel
erinnerte an einen anstehenden Gerichtstermin. Damit der Angeklagte diese nicht vergaß,
erhielt er den Gedenkzettel, aus dem bis in unsere Tage der kürzere Denkzettel entstanden ist.
Die Redewendung allerdings bedeutet heute, dass man jemand durch eine unangenehme
Wahrheit oder eine andere Sanktion in seine Schranken weisen will.

jemandem etwas abknöpfen – Kaum zu glauben: Knöpfe wurden früher als eine Art
Zweitwährung verwendet. Nicht die Horn- oder Beinknöpfe von Bauern und einfachen Leuten,
sondern die aus Silber und Gold, die feine Herrschaften an ihren Jacken trugen. Die wurden
schon einmal als Trinkgeld verschenkt, wenn Knecht oder Magd dem Herrn besonders gut zu
Diensten waren …

jemandem etwas anhängen – Verbrecher wurden im Mittelalter nicht nur an den Pranger
gestellt, wo sie öffentlich gedemütigt werden durften, sondern man kennzeichnete sie auch
durch das Umhängen eines Symbols ihres Vergehens. Ein Dieb musste seine Beute um den
Hals tragen, der Säufer eine Flasche und allzu streitbare Ehefrauen einen Besen (nicht umsonst
heißt eine solche Dame noch heute Besen). Wer gegen die eheliche Moral verstoßen hatte,
trug für jeden sichtbar Steine in eindeutiger Form um den Hals. Die Redensart allerdings lebt bis
heute, obwohl die Praxis eines tatsächlichen Halsschmucks in Vergessenheit geraten ist. Heute
übernimmt meist ein Pressefoto ähnliche Aufgaben.

jemandem etwas vom Pferd erzählen – Diese Redewendung soll auf den trojanischen
Krieg zurückgehen. Als die Griechen trotz langer Belagerung die Stadt Troja nicht erobern
konnten, griffen sie zu einer List: Sie bauten das Trojanische Pferd, eine Statue aus Holz, in
dessen Inneren sich griechische Kämpfer versteckten. Dann zogen sich die griechischen
Truppen zurück und ließen nur einen einzelnen Mann vor den Toren der Stadt, der den Trojanern
etwas vom Pferd erzählte: Das hölzerne Tiere sei eine Gabe der Griechen an die Göttin
Athene. Die in ihrer Siegeslaune leichtgläubigen Trojaner schafften das Pferd in die Stadt, wo
sich in der darauf folgenden Nacht der wahre Charakter des Geschenks offenbarte …

jemandem für etwas Brief und Siegel geben – Die Bezeichnung für eine Urkunde,
lateinisch documentum breve genannt, war früher Brief. Die Echtheit dieser Urkunde, des
Briefes, bestätigte der Siegelabdruck der ausstellenden Institution oder der Person, die dazu
berechtigt war. Ohne das Siegel zur Beglaubigung war die Urkunde wertlos. Wer heute im
übertragenen Sinne Brief und Siegel auf etwas erhält, soll von der Seriosität eine Sache
überzeugt werden, auch wenn Siegelringe längst aus der Mode sind und Urkunden beim Notar
beglaubigt werden.

jemanden hänseln – Kaum zu glauben, aber hier geht es um eine frühe Variante des
Mobbing. Wer Mitglied in einer Gemeinschaft werden wollte, wurde zunächst gehänselt. Dieses
Verb steht in direkter Verbindung zu dem Nomen Hanse, das etwa so viel bedeutet wie Gruppe
oder Schar. Nur wer diese Prüfung mit einer gewissen Gelassenheit über sich ergehen ließ,
wurde für würdig befunden, in die Gruppe aufgenommen zu werden.

jemandem heimleuchten – Im Ursprung war das Heimleuchten eine nette Geste des
Gastgebers an seine Besucher: Wenn es bereits dunkel geworden war, begleitete man den
späten Gast mit einer Laterne oder Fackel bis zu seinem Hause. Doch diese Freundlichkeit
konnte sich auch leicht zu einem wenig liebenswürdigen Hinweis verkehren, wenn ein Gast zu
lange geblieben war: „Oh, es ist schon spät! Soll ich dir heimleuchten?“ war dann ein deutlicher
Wink war, dass der Gast längst unterwegs nach Hause sein sollte. Wenn man heute jemand
heimleuchtet, macht man ihm auf sehr deutliche Weise klar, dass er und sein Ansinnen keine
Chance haben.

jemanden Honig ums Maul schmieren – Dieser Redensart bezeichnet das Verhalten von
jemandem, der sich bei einer anderen Person einschmeicheln will. Aber warum sollte er diese
Person mit Honig beschmieren? Das ist doch eklig und klebrig! Es gibt zwei Erklärungen für
diese Redewendung: Einmal könnte sie etwas mit der Bärendressur zu tun haben, bei der es in
vergangenen Jahrhunderten üblich gewesen sein soll, den zahmen Bären mit Honig für seine
Kunststücke zu belohnen – und das gab dann meist eine ziemliche Schmierereien. Oder die
Wortbildung stammt aus dem chinesischen Brauchtum: An bestimmten Feiertagen wurden die
Lippen von Götterstandbildern mit Honig bestrichen, um sich so deren Gunst zu erkaufen.

jemandem Paroli bieten – Diese Redewendung stammt von den Spieltischen: Wenn man
beim Kartenspiel um Geld den Einsatz eines Mitspielers akzeptiert und selbst den gleichen
Einsatz dagegensetzt, so sagt man heute: Ich gehe mit! In vergangenen Tagen hieß das: Paroli!


jemandem reißt der Geduldsfaden – Wie die Sehne eines Bogens, so die Geduld: Je
mehr man an ihr zerrt, desto stärker die Spannung. Wenn man den Bogen der Zumutungen
überspannt, reißt der Geduldsfaden ebenso wie die Sehne bei einem realen Bogen.

jemandem Sand ins Auge streuen – Der Unterlegene in einem Kampf greift zu allen
Mitteln, wenn er mit Säbel oder Degen nicht siegen kann und sein Leben in Gefahr ist.
Besonders wenn er schon am Boden liegt, bietet es sich an, dem Gegner Sand oder Erde ins
Gesicht zu werfen und ihn so zu blenden, um ihn vielleicht doch noch besiegen zu können. Im
übertragenen Sinne sagt die Redensart heute, dass man jemand in gewisser Weise blendet,
indem man ihm Informationen vorenthält oder ihm zumindest nicht die ganze Wahrheit über eine
Sache sagt.

jemandem unter die Arme greifen – Beim Kampf der Ritter war derjenige unterlegen, der
einmal das Gleichgewicht verloren hatte. Es war nämlich kein leichtes, in voller Rüstung wieder
aufzustehen, wenn man auf den Boden gefallen war. Viele Ritter endeten bei dem Versuch, vom
Schwert des Gegners getötet oder von seiner Lanze durchbohrt. Helfen konnte nur der Knappe,
der dem gestürzten und vielleicht auch schon verletzten Kämpfer unter die Arme griff und ihm
wieder auf die Beine half. In der Redewendung meint man heute, dass man jemand Hilfestellung
geben wird, der aus eigener Kraft vermutlich nicht weiterkommen würde.

jemanden am Gängelband führen – Zu den Erziehungshilfen vergangener Tage gehörte
das Gängelband, sozusagen eine Leine für Kinder. Seit dem 18. Jahrhundert unterstützte man
mit diesem Band seinen Nachwuchs, wenn dieser Laufen lernen sollte. Deshalb hat das Wort
gängeln im Ursprung nichts Abwertendes, doch schon damals war es natürlich ehrenrührig,
wenn man einen Erwachsenen gängelte, ihn also auf eine Stufe mit den Kindern stellte und
bevormundete. Die Redewendung meint im heutigen Gebrauch Ähnliches – man lässt
jemandem keinen Freiraum für eigene Entscheidungen und behandelt ihn wie einen Unmündigen.

jemanden an die Kandare nehmen – Besonders widerspenstige Pferde mussten an die
Kandare – diese Gebissstange am Zaumzeug des Reitpferdes ist ausgesprochen unangenehm
für das Tier und ermöglicht es dem Reiter, es besonders stark zu führen. Anders als mit der
sonst benutzten Trense, die für das Tier weniger unangenehm ist, werden die Maßregelungen
durch den Reiter mit Sicherheit befolgt. Nimmt man jemand redensartlich an die Kandare, so
schränkt man seine bisher größeren Möglichkeiten deutlich ein, vermutlich, weil er sie in
unangemessener Weise genutzt hat.

jemanden auf die Folter spannen – Bereits die Römer fügten ihren Gefangenen
körperliche Qualen zu, um von ihnen Aussagen und Geständnisse zu erpressen, und im
Mittelalter war die Folter alltägliches Mitteln der Justiz. Wen der Anblick der Folterinstrumente
nicht überzeugen konnte, bekam deren Wirkung zu spüren. Unter anderem wurde er auf einer
speziellen Folterbank festgeschnallt – auf die Folter gespannt – und dort auf vielfältige Weise
gequält. In der Redensart ist die Folter humaner Natur: Man quält jemanden, indem man ihm
eine besonders wichtige und erfreulich Information zuerst ankündigt und dann unter zahlreichen
Vorwänden doch nicht sofort übermittelt …


jemanden auf freien Fuß setzen – Gefangene der Justiz trugen in der Vergangenheit und
tragen noch heute Fußfesseln. Wenn sie ihre Strafe abgesessen haben oder aber die Vorwürfe
gegen sie hinfällig sind, befreit man sie von ihren Fesseln und setzt sie wieder auf freien Fuß.

jemanden auf frischer Tat ertappen – Wenn die Tatwaffe noch raucht (im Englischen
smoking gun = schlagender Beweis) und das Feuer der Bosheit noch glüht (in flagranti von
flagrantia = Glut), hat man den Täter auf frischer Tat ertappt. Diese Redewendung wird bereits
seit dem 12. Jahrhundert verwendet und wurde damals wie heute zur Beschreibung eines
kriminellen Sachverhalts verwendet: Der Täter war so dumm oder ungeschickt, sich im
Tatablauf am Tatort erwischen zu lassen.

jemanden auf Trab bringen – Wenn das Pferd dem Reiter in der Gangart Schritt zu
langsam war, nutzte er die Sporen oder die Reitgerte, um einen Gang höher zu schalten: Er
bringt das Tier auf Trab, das heißt, der „überredet“ es mehr oder weniger sanft, in die nächste,
schnellere Gangart Trab zu wechseln. Redensartlich bringt man jemand auf Trab, wenn man ihn
zu schnellerem Handeln motiviert – durchaus auch mit Methoden, die der Reitgerte in der Art
der Motivation in nichts nachstehen.

jemanden das Handwerk legen – Nur wer als Mitglied zu den Zünften der ortsansässigen
Handwerker gehörte, durfte im späten Mittelalter in den Mauern einer Stadt als Meister oder
Geselle arbeiten. Wer nicht Mitglied in einer Zunft war, dem wurde das Handwerk gelegt: Er
musste unter Androhung hoher Strafe seine Tätigkeit aufgeben. Dies hatte zum einen den Sinn,
das örtliche Handwerk vor allzu viel Konkurrenz zu schützen, diente zum anderen aber auch der
Qualitätssicherung. Bei einem Fremden wusste man nie, wie gut er sein Handwerk beherrschte.

jemanden den Hof machen – Es gab kaum einen anziehenderen Ort für die Menschen
vergangener Tage als den Hof eines Fürsten oder Königs. Wer dort lebte, gehörte zu den
Gewinnern dieser Tage. Deshalb behandelte ein junger Mann in jener Zeit die Frau, deren Herz
er gewinnen wollte, als sei sie eine Königin und er sähe seine einzige Aufgabe darin, ihr ein
angemessenes höfisches Umfeld zu bieten. Demgemäß bezeichnet die Redewendung noch
heute den Versuch, die Zuneigung einer Person zu gewinnen, indem man ihr besonders
zuvorkommend gegenübertritt.

jemanden den Laufpass geben – Was die selbstbewussten Frauen unserer Tage ihren
jeweiligen Lebensabschnittgefährten ein um das andere Mal antun, nämlich sie aus den Freuden
und Pflichten einer Beziehung zu entlassen, stammt ursprünglich aus Kreisen des Militärs: Wer
einen Laufpass bekommen hatte, dürfte sich das von der Truppe entfernen, und zwar entweder
zu dem Zweck, in Diensturlaub zu gehen oder um sich ganz aus dem Dienst zurückzuziehen.

jemanden einen Bären aufbinden – Für diese Redensart gibt es gleich mehrere
Deutungen. Eine besagt, dass eine Gruppe von Jägern in einem Wirtshaus eine enorme Zeche
gemacht hatte, welche sie nicht bezahlen konnte. Als Pfand hinterließen sie dem Wirt einen
lebenden Bären – und erst nach ihrer Weiterreise bemerkte dieser, dass er kräftig betrogen
worden war, denn wie sollte er einen lebenden Bären gefahrlos zu Geld machen? Eine zweite
Deutung dieser Redensart leitet sich von dem germanischen Wort bar = tragen ab. Danach
bedeutet sie nichts weiter, als dass man auf jemandes Rücken eine Last befestigt hat. Heute
gebraucht man die Redewendung, wenn man jemand auf haarsträubende Weise getäuscht hat
oder täuschen will.

jemanden einen Persilschein ausstellen – Wer im Zweiten Weltkrieg zum Militär
eingezogen wurde, erhielt ein amtliches Schreiben, das ihm mitteilte, wann und wo er sich zu
melden hatte. Also packte der Wehrpflichtige seine sieben Sachen zusammen, und dafür
benutzte er in diesen kargen Zeiten meist einen Karton, denn nicht jeder hatte einen Koffer. In
Größe und Haltbarkeit bestens geeignet waren Waschmittelkartons, und so entstand bald eine
Verbindung zwischen dem Gestellungsbefehl und den Persil-Kartons. Vermutlich war es ein
Gespräch zwischen zwei künftigen Frontsoldaten am Bahnhof. Vielleicht hat einer mit Blick auf
den Karton des anderen gesagt: „Na, du hast auch einen Persilschein bekommen?“ Heute
allerdings ist der redensartliche Persilschein so etwas wie ein Freibrief, der seinen Besitzer
entweder mit besonderen Befugnissen ausstattet oder ihn, zum Beispiel in Sachen Stasi-
Vergangenheit, von jeder Schuld freispricht. Ein bisschen Betrug und Korruption schwingt dabei
im Nebenklang immer mit.

jemanden einlochen – Heutige Gefängnisse übertreffen in ihren Qualitätsstandards so
manches Billighotel. In den Burgen und Schlössern vergangener Tage war der Kerker oft nichts
weiter als ein Loch mit einem einzigen Zugang durch eine Luke in der Decke, durch das er
Delinquent geworfen wurde. Auch Nahrung und Wasser kamen – wenn überhaupt – von oben.
Um die Qualen der Gefangenen nach zu verstärken, befand sich über dem Kerker häufig die
Folterkammer …

jemanden etwas aus der Nase ziehen – Haben Sie schon einmal etwas von Kopfwürmern
gehört? Im 17. Jahrhundert glaubte man, dass sie die Ursache für Geisteskrankheiten seien.
Wer also unter Wahnsinn und Depressionen litt, dem musste der Bader oder Quacksalber am
Markttag einfach diese unangenehmen Tiere mit einer Zange aus der Nase ziehen. Was der
Heilkundige damals tatsächlich aus den Nasen zog, mag sich jeder selbst ausmalen. Heute
gebraucht man die Redewendung eher, wenn man jemand eine Information auf besonders
umständliche Weise entlocken muss.


jemanden festnageln – Um auf besonders drastische Weise zu demonstrieren, was ihnen
zustoßen würde, wenn sie sich an den Hühnern des Hofes vergingen, nagelten Bauern im
Mittelalter Habichte und andere getötete Raubvögel an ihren Scheunentoren fest. Dadurch
sollten Artgenossen von Nachfolgetaten abgehalten werden. Heute fühlt sich jemand festnagelt,
wenn sein Gegenüber auf der genauen Erfüllung aller abgesprochenen Bedingungen besteht.

jemanden in Bausch und Bogen verurteilen – Beim Verkauf von Grundstücken ging man
früher oft in Bausch und Bogen vor, weil es keine genauen Vermessungsmöglichkeiten gab.
Nicht rechteckige Grundstücke konnten zum Beispiel eine Einbuchtung in der Grenze haben
(einen Bogen), dafür an anderer Stelle eine Ausbuchtung (einen Bausch). Man berechnete die
Fläche sozusagen Pi mal Daumen. Das Wort Bausch hat auch noch an anderer Stelle überlebt,
nämlich in dem Wort aufbauschen – jemand gibt ein Ereignis oder eine Information völlig
übertrieben wieder. Eine Verurteilung in Bausch und Bogen stellt eine Ablehnung einer Person
ohne genauere Abwägung von persönlichen Details dar.

jemanden in die Schranken weisen – Bei einem ritterlichen Turnier trennten Schranken
(niedrige hölzerne Geländer) die beiden Kampfbahnen der Ritter voneinander, damit die Pferde
der beiden Kämpfer nicht zusammenprallen konnten. Oberhalb der Schranken konnten sich die
Ritter zwar mit Lanzen angreifen, doch die Pferde blieben getrennt in der jeweils eigenen
Kampfbahn. Verließ jemand seine Bahn, so wurde er vom Turniermeister zurück in die
Schranken gewiesen. Heute verwendet man die Redewendung eher, wenn jemand die
Schranken des guten Benehmens ignoriert und sich in unangemessener Weise aufführt.

jemanden in Harnisch bringen – Wenn die Kämpen vergangener Tage aufs Schlachtfeld
zogen, legten sie zuvor vollen Harnisch an, d. h. sie rüsteten sich mit besonderer Kleidung für
den Kampf. Im engeren Sinne ist der Harnisch der Brustpanzer einer Rüstung. Wer durch seine
Reden oder Handlungen einen Menschen dazu bringt, den Harnisch anzulegen, hat ihn wütend
und kampfbereit gemacht. Wenn im heutigen Geschäftsleben jemand in Harnisch kommt,
verzichtet er im Regelfall auf das Anliegen einer Rüstung – wütend ist er dennoch.


jemanden matt setzen – Das aus dem Persischen stammende Schachmatt! (schah mate =
der König ist tot) beendet das Schachspiel durch den Sieg einer Partei. Als im 12. Jahrhundert
das Schachspiel nach Europa kam, entstand die Redewendung, welche sich damals wie heute
nicht mehr nur auf das Schachbrett bezieht, sondern in allen Lebensbereichen eingesetzt wird.
Wie der König im Schach wird jemand handlungsunfähig, wenn man ihn matt gesetzt hat.

jemanden mundtot machen – Mit dem der Fähigkeit, sich durch Sprache zu äußern, hat
diese Redewendung eigentlich nichts zu tun, auch wenn man sofort daran denkt, das jemand
der Mund (= das Reden) verboten wird. Munt ist ein mittelhochdeutsches Wort, das in etwa
Schutz und Schirm bedeutet. Es existiert heute noch in den beiden Worten Vormund und
Mündel, und im Ursprung ging es eher um eine Entmündigung als darum, jemanden zum
Schweigen zu bringen, wie die Redewendung heute verstanden wird.

jemanden übers Ohr hauen – Beim Fechten kommen vielerlei Tricks zur Anwendung. Als
besonders geschickt gilt es, vor dem Gegner zurück zu weichen und ihm dann überraschend
einen vernichtenden Hieb übers Ohr zuzufügen, wodurch er geschwächt und beim Kampf mit
Säbeln auch ziemlich schwer verletzt sein dürfte. Weil man auf diese Art den Gegner so
überraschend besiegen konnte und sie als so besonders trickreich galt, wurde sie in der
Redensart zum Synonym für Betrug.

jemanden vorladen – In der Zeit der Handwerkerzünfte fanden viermal im Jahr
Zunftversammlungen statt. Vor dem eigentlichen Beginn der Zusammenkunft öffnete man die so
genannte Zunftlade, eine Art Truhe, in der die Dokumente der Zunft sowie deren Kasse
verwahrt wurden. Die Mitglieder der Zunft mussten vor die Lade treten – und noch heute wird
eine Person vorgeladen, wenn es einen wichtigen gerichtlichen Termin gibt, bei dem ihr
Erscheinen notwendig ist.

jemanden zur Minna machen – Auch wenn sie mit vollem Vornamen Wilhelmine hieß, was
in vergangenen Tagen einen sehr verbreiteter Vorname war: Das Dienstmädchen wurde immer
nur Minna gerufen, wobei die Kurzform des Namens bereits eine erste Abwertung der Person
einer Dienstmagd darstellte. Auch sonst galten die unermüdlichen Helferinnen im Haus vom
Stande her nicht viel. Sie waren den Launen ihrer Dienstherren und Dienstherrinnen ohne jeden
Schutz ausgeliefert und wurden manchmal aus geringem Anlass von ihnen zusammengestaucht.
Mit der Zeit bürgerte sich die Redewendung ein, die mit nur ein paar Worten beschreibt, was
ein Mensch mit Macht einem hilflosen anderen antun kann: ihn zur Minna machen – also ihn
massiv zurechtweisen und wie einen rechtlosen Dienstboten behandeln.

jemanden zur Sau machen – Im Horrorkabinett mittelalterlicher Befragungsmethoden und
Bestrafungen – foltern, auf dem Scheiterhaufen verbrennen, hängen, rädern, vierteilen – gab es
durchaus auch Strafen für geringere Vergehen. Auch diese waren für unsere heutigen
Vorstellungen ausgesprochen erbarmungslos. So büßten Diebe schon einmal eine Hand ein.
Selbst die so genannten Schand- und Ehrenstrafen fielen durch ihren öffentlichen Charakter
vergleichsweise grob aus, waren aber zielgenau auf das jeweilige Vergehen ausgerichtet. Wer
zu viel redete, wurde als Esel mit langen Ohren und ebensolcher Zunge öffentlich vorgeführt.
Wer zu viel trank, musste in einem Weinfass als Bekleidung vor das Publikum treten. Und wer
sich wie ein Schwein benahm, wurde zur Sau gemacht, mit Hilfe einer Maske nämlich, die ihn in
ein Schwein verwandelte. Was sich nach einer lustigen Verkleidungsaktion anhört, war für die
Betroffenen eine drastische Bestrafung, büßten sie doch für einen langen Zeitraum ihr
gesellschaftliches Ansehen ein.

Jetzt habe ich mich verhaspelt! – Bei der Herstellung von Fasern und Garnen musste
man nach dem Spinnen den gesponnenen Faden mit Hilfe einer Kurbel von der Spule auf eine
Haspel umwickeln. So konnte man genau die Länge des gewonnenen Fadens bestimmen, denn
aus Erfahrung wusste man ziemlich genau, wie viel Faden auf eine solche Haspel passte – und
bezahlt wurde nach den gesponnenen Metern. Wenn beim schnellen Drehen der Faden von der
Haspel rutschte, gab es Garngewirr – man hatte sich verhaspelt. Für das Verhaspeln braucht
man heute aber kein Garn mehr – das summiert auch in einem Vortrag oder einer
wissenschaftlichen Berechnung.
K

kalte Füße bekommen – Mit der Ausrede, wegen seiner kalte Füße nicht länger am
Spieltisch bleiben zu können, konnte mancher Spieler im alten England seinen Gewinn in
Sicherheit bringen. „I got cold feet!“ war nämlich die Standardausrede für diesen Fall. Heute
benutzt man die Redewendung, wenn jemand in einer gewagten Sache den Mut verliert und
sich zurückzieht.

Kapriolen schlagen – Diese Redewendung hat ihren Ursprung in der lebhaften Tierwelt,
denn das italienische Wort capriola bezeichnet den Bocksprung, und wer einmal junge Böcke
auf der Weide beim Spiel beobachtet hat, weiß, was Kapriolen sind. Im übertragenen Sinne
steht die Redewendung für ein überschäumendes Temperament, dass auch schon einmal lästig
oder sogar für den Ernst einer Sache gefährlich werden kann.
kein Blatt vor dem Mund nehmen – Wer seine Meinung nicht allzu laut von sich geben will,
tut dies hinter vorgehaltener Hand (übrigens auch eine Redensart); im 16. Jahrhundert wurde
die Sitte gebräuchlich, sich während des Redens ein Blatt einer Pflanze oder einen Bogen
Papier vor den Mund zu halten, wohl um nicht als allzu laut zu gelten und seine Meinung nicht
einer allzu großen Öffentlichkeit preiszugeben. Wer heute kein Blatt vor den Mund nimmt, sagt
seine Meinung klipp und klar, laut und deutlich, ohne jeden Vorbehalt.

keinen (roten) Heller wert sein – Der Heller war eine Silbermünze, die erstmals im
ausgehenden 12. Jahrhundert unter Kaiser Friedrich I. geprägt wurde. Die Münze setzte sich
sehr bald als alltägliches Zahlungsmittel durch, denn andere, edlere Münzen überstiegen in
ihrem Wert den der zu kaufenden Ware auf dem Markt allzu deutlich und der Käufer fühlte sich
in etwa so, als wolle man heute eine Packung Kaugummi mit einem 500-Euro-Schein bezahlen.
Da passte der Heller im Wert schon besser. Doch mit der Zeit verlor der Heller in seiner
Zusammensetzung immer mehr an Silber, und im Laufe von 500 Jahren wurde aus der
Silbermünze eine aus Kupfer, auch an der rötlichen Farbe erkennbar und zu fast nichts mehr zu
gebrauchen, außer zu der abwertenden Aussage, etwas sei keinen roten Heller wert. Die
Münze ist verschwunden, die Redensart geblieben.

keinen Deut wert sein – Mit dem Deut verhält es sich wie mit dem Heller: Auch diese
Münze machte negative Karriere. Im 14. Jahrhundert bestand der Deut (in den Niederlanden als
duit bekannt) aus Silber, aber schon 1573 enthielt die Münze nur noch Kupfer und war relativ
wenig wert. Immerhin könnte sich das kleine Geldstück noch bis gegen Ende des 18.
Jahrhunderts halten – erst dann prägte man keine Deut-Münzen mehr. Heute dient der Deut wie
der Heller nur noch als redensartliches Maß des Wertlosen.

klein bei geben – Wenn beim Kartenspiel einer der Beteiligten ein überragendes Blatt auf
der Hand hat, können seine Gegner nur noch eine Schadensbegrenzung versuchen. Da mit
jedem Stich der Sieg näher rückt, versuchen die übrigen Spieler die Punktzahl des
voraussichtlichen Siegers möglichst gering zu halten, indem sie nur kleine, d. h. geringwertige
Karten zu seinen Stichen hinzufügen. Die Redensart verweist auf die vorgezogene Resignation
des Verlierers in einer aussichtslosen Situation. Niemand unternimmt noch ernsthafte
Anstrengungen, um zu siegen, sondern man fügt sich dem Überlegenen.

Knall auf Fall – Wenn etwas überraschend über uns hereinbricht, passt diese
Redewendung aus der Sprache der Jäger hervorragend: Der Förster schießt und das Wild fällt
im gleichen Augenblick, in dem man den Schuss wahrnimmt. Meist brechen im Berufsleben
neue Aufgaben und im Privatleben unerwartete Verwandte Knall auf Fall über uns herein.

Krokodilstränen – Das Krokodil scheint ein hartherziges Tier zu sein, denn es weint nur,
wenn es gerade ein Opfer verschlingt. Es muss ein ziemlich großes Opfer sein, denn beim
Öffnen des Rachens drückt der Kiefer auf die Tränendrüsen und es treten Tränen aus – Tränen
der Anstrengung bei einem unmäßigen Mahl. Die Redewendung bezeichnet menschliche
Gefühllosigkeit: Wie beim Krokodil sind bei bestimmten Menschen Tränen nicht Ausdruck von
Trauer, Betroffenheit oder Mitleid, sondern sie rollen nur, weil es gerade opportun ist. Fragt
sich, wer nun eher zur Gefühllosigkeit neigt.
kurz vor Toresschluss – Wer zu spät kam, den bestraft nicht nur das Leben, sondern er
konnte durchaus auch unter die Räuber fallen: Im Mittelalter ging es rau zu, und wer zu spät in
der Nacht an das Tor einer Stadt kam, dem konnte es schon passieren, dass er nicht mehr
passieren durfte. Es sei denn, der Torwächter ließ sich mit Hilfe eines so genannten
Torgroschens zu einer Verlängerung der Öffnungszeiten überreden. Nicht nur im Mittelalter
bekam mancher in einer solchen Situation Torschlusspanik – wer heute seine Angelegenheiten
kurz vor Toresschluss regelt, muss gute Nerven haben.
L

Lass knacken! – Auch dies eine alte Redensart, die auf das Spinnen zurückgeht. Weil das
Spinnrad bei jeder Umdrehung knackte, konnte man schon mit dem Gehör feststellen, ob
jemand langsam oder schnell arbeitete. Lass knacken! war also die Aufforderung, schneller zu
arbeiten.

Leck mich am Arsch! – Der nackte Hintern, so glaubte man, könne bösen Zauber
abwehren. Wem also eine Hexe oder gar der Teufel selbst über den Weg lief, zog hinten blank.
Später genügte allein der Spruch zur Gefahrenabwehr, aber er musste mehrfach aufgesagt
werden. Zur Beleidigung und zugleich zum Allgemeingut wurde der drastische Ausspruch durch
den Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe und sein Drama „Götz von Berlichingen“. Der
württembergische Ritter mit der eisernen Hand lässt seinem Gegner ausrichten: „Sag deinem
Hauptmann – vor Ihro Kaiserliche Majestät hab’ ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber,
sag’s ihm, er kann mich im Arsch lecken!“

Lunte riechen – Hier gehen ein weiteres Mal Erfahrungen aus dem militärischen Bereich in
die Sprache ein: Wer mit feiner Nase die brennende Lunte eines Geschützes erschnuppern
konnte, also den Geruch der Zündschnur, mit deren Hilfe die Ladung im Geschützrohr gezündet
wurde, war im Vorteil. Zum einen konnte er rechtzeitig in Deckung gehen, zum anderen an der
Richtung, aus der die Geruchsinformation seine Nase erreichte, feststellen, wo sich das
gegnerische Geschütz befand und Gegenmaßnahmen einleiten. Wer heute Lunte riecht, erkennt
eine Gefahr rechtzeitig.
M

Manschetten haben – Modische Accessoires können oft ganz schön hinderlich sein: Wer in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Manschetten trug, d. h. lange, über die Hand fallende
Hemdsärmel hatte, war nicht in der Lage, sich im Falle eines Falles richtig mit dem Degen zu
verteidigen. Er galt unter echten Männern nicht nur als modischer Geck, sondern bald auch als
Feigling und Angsthase. Vielleicht wurde die Redensart Ich habe Manschetten! zunächst als
entschuldigende Ausrede gebraucht, kehrte sich aber dann schnell als ein Synonym für Feigheit
gegen ihre Benutzer.

Maulaffen feilbieten – Wer hier Assoziationen zur Tierwelt hat, liegt erst einmal falsch, weil
es nicht um Lebewesen geht, sondern um antike Leuchtmittel. Weit vor der Petroleumslampe
benutzte man rußende Kienspäne, um das Haus in der Nacht notdürftig zu erhellen. Anfangs
klemmte man sie sich wohl zwischen die Zähne, um beide Hände für notwendige Arbeiten frei
zu haben, bis jemand auf die Idee kam, eine Art Hilfsmittel zu konstruieren, das die Holzspäne
halten sollte. Man fertigte Tonhalterungen, welche die Form eines menschlichen Kopfes hatten,
und auch hier steckte man den Kienspan sozusagen zwischen die Zähne, nämlich dem kleinen
Tonkopf ins Maul. Irgendwie gab der tönernen Beleuchtungshilfe den Namen Maulauf, später
wurde Maulaff daraus. Niemand kennt diese kleinen Helfer noch, aber wenn heute jemand mit
offenem Maul staunend ins Leere blickt, bietet er noch immer redensartlich Maulaffen feil.

mehr schlecht als recht – Heute bedeutet es, dass man eine Arbeit so gerade eben zur
Zufriedenheit ausgeführt hat. Einen anderen Sinn hat es allerdings, wenn man sagt, dass man
schlecht und recht durch sein Leben geht. Denn das bedeutet eigentlich schlicht, also gerade
und gerecht oder aufrecht und rechtschaffen.
mehrere Eisen im Feuer haben – Energie war schon immer teuer, und wenn der Schmied
ein kräftiges Feuer anheizte, um ein eisernes Werkstück zum Glühen zu bringen, benutzte er die
Energie der Flammen aus, um gleich mehrere Werkstücke zu erhitzen. Er hatte mehrere Eisen
im Feuer. Das war zum einen sparsamer, zum andern konnte der Schmied auch schneller
arbeiten, weil er immer ein glühendes Eisen zur Verfügung hatte, das er bearbeiten konnte. Wer
heute mehrere Eisen im Feuer hat, verlässt sich nicht auf eine einzige Möglichkeit, sondern hat
dafür gesorgt, dass er Alternativen hat.
Mein lieber Scholli! – Es soll ihn leibhaftig gegeben haben: Der Student Ferdinand Joly, mit
Spitznamen Scholli, soll ein so lustvoll-lästerliches Leben geführt haben, dass er im Jahre 1783
von der Salzburger Universität gefeuert wurde. Er muss aber so viel Eindruck hinterlassen
haben, dass die Redensart Mein lieber Scholli! sich bis heute erhalten hat. Bis zu seinem Tod
im Jahre 1823 zog er als Sänger, Dichter und Schauspieler durch die Lande, sozusagen der
erste Hippie oder Aussteiger.

Mein Name ist Hase! – In Heidelberg soll es Mitte des 19. Jahrhunderts einen Studenten
gegeben haben, der den Namen Viktor Hase trug, ein ordentlicher Student der Universität mit
entsprechendem Ausweis. Als ihn ein Kommilitone bat, diesen Studentenausweis zu „verlieren“,
damit er ihn finden und zu seiner Flucht ins Ausland nutzen konnte, war Hase ausgesprochen
hilfsbereit. Sein Mitstudent hatte in einem Duell seinen Rivalen erschossen und musste deshalb
schnell außer Landes. Doch wie das Unglück es wollte: Man erkannte den falschen Ausweis an
der Grenze, und auch Viktor Hase musste vor dem Universitätsgericht wegen des unerlaubten
Duells und seinen tödlichen Folgen Rede und Antwort stehen. Seine Aussage in der
Untersuchung wurde zur Redensart: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.

Mich laust der Affe! – Dies ist ein Ausruf der Überraschung, wenn etwas ganz und gar
Unerwartetes passiert. Die Redewendung soll von den Jahrmärkten stammen, wo Gaukler
manchmal Affen vorführten, die hin und wieder auch einem Besucher aus dem Publikum einer
Spezialbehandlung unterzogen, nämlich auf seinem Kopf nach Läusen suchten. Ob die
Redewendung tatsächlich von so einem einzelnen Ereignis in den Sprachschatz übergegangen
ist, erscheint fraglich – aber möglich ist es schon.

Milchmädchenrechnung – Wer eine Milchmädchenrechnung aufmacht, kalkuliert mit


unsicheren Fakten, ignoriert dies aber und redet sich das zu erwartende Ergebnis schön. Die
Redensart verdanken wir einer Fabel um das Milchmädchen Perette von Jean de La Fontaine.
Auf dem Weg in die Stadt, wo sie ihre Milch verkaufen will, gibt Perette ihre zukünftigen
Einnahmen auf besonders geschickte Weise aus und wird in Gedanken reicher und reicher.
Doch sie stürzt und verschüttet ihre Milch …

Mir ist das Hemd näher als der Rock! – Oft muss man zu einem Beispiel aus dem
alltäglichen Leben greifen, um verstanden zu werden. Mit einer derart einfachen Aussage über
Kleidungsstücke, die jeder nachvollziehen kann, entkräftet man rhetorisch treffsicher die
zutreffenden Argumente seines Gegenübers. Die Redewendung meint: Auch wenn deine
Argumente stichhaltig sind, für mich selbst steht das Eigeninteresse höher.

mir schwant etwas – Es war wieder einmal ein langer Weg von der Quelle zur
Redewendung: Aus dem lateinischen olet mihi = es ahnt mir produzierte ein Witzbold die heute
gebräuchliche Redensart es schwant mir … Das funktioniert annähernd sogar im Lateinischen,
denn statt olet bietet sich auch das Wort olor an, und das bedeutet nichts anderes als Schwan.
Ohne jede echte Logik, aber dennoch überzeugend.

mir wird so blümerant – Um 1650 soll es eine besondere Modefarbe gegeben haben, die
man französisch bleu mourant = matt- oder sterbendblau nannte. Sie kam so oft und intensiv
zum Einsatz, dass man sich daran so satt sehen konnte wie am Resedagrün der 70er Jahre
des 20. Jahrhunderts. Es blieb beim Anblick der Farbe nur noch eine Missstimmung, und die
Farbe wurde mit dieser unangenehmen Gemütsverfassung gleichgesetzt. Zugleich machte der
des Französischen nur begrenzt mächtige Volksmund aus bleu mouran ohne Skrupel und
größere Anstrengung blümerant.

mit allen Wassern gewaschen – Wer viel gereist ist, hat viel gesehen und viel erlebt. Das
galt früher besonders für Seeleute, die jeden Ozean besegelt und mit den Wogen aller
Weltmeere in Berührung gekommen waren – sie waren also mit allen Wassern gewaschen.
Wer so viel Erfahrung gesammelt hatte, konnte überall bestehen. Auch wer heute mit allen
Wassern gewaschen ist, verfügt über große Erfahrung in vielen verschiedenen
Lebenssituationen, die aber nicht unbedingt mit Salzwasser zu tun haben müssen.

Mit dem ist nicht gut Kirschen essen! – Im 18. Jahrhundert war das Kirchenessen nicht
jedermanns Sache. Nur reiche und hoch gestellte Persönlichkeiten konnten es sich damals
leisten, denn Kirschbäume waren für den normalen Menschen unerschwinglich teuer. Wer an
den leckeren Früchten teilhaben wollte, den belehrte die Weisheit des Volkes: „Mit hohen
Herren ist nicht gut Kirschen essen, sie spucken einem die Kerne ins Gesicht.“ – so wurde man
gewarnt, und von diesem warnenden Satz ist nur ein Teil in die Sprache eingegangen. Der
genügt aber zur Information über gewisse Menschen.
mit Engelszungen reden – Wer jemanden überzeugen will und dies mit seinem ganzen
intellektuellen und vor allem zwischenmenschlichen Einsatz tut, redet mit Engelszungen auf
jemanden ein. Dahinter steckt die Vorstellung, dass die Sprache der Engel betörend auf
Menschen wirkt und sie diesen Einflüsterungen nicht widerstehen können.
mit etwas hinter dem Berge halten – Ein Feldherr, der seine gesamte Streitmacht dem
Feind sichtbar präsentiert, kann Stärke demonstrieren und den Feind abschrecken, um einen
Kampf zu verhindern. Wenn der Stratege aber genau weiß, dass eine Auseinandersetzung mit
Waffen nicht zu verhindern ist, versucht er, den Gegner über die tatsächliche Stärke seiner
Streitmacht im Unklaren zu lassen. So ist es seit dem Dreißigjährigen Krieg eine übliche Taktik,
die eigenen Geschütze hinter natürlichen Hindernissen, wie sie Hügel oder Berge darstellen,
verborgen zu halten und sie mit einem gewissen Überraschungsmoment in einem günstigen
Augenblick einzusetzen – eine Taktik, die im übertragenen Sinne auch im Geschäftsleben zu
überraschenden Erfolgen führen kann.

mit Geduld und Spucke – Hier wird wieder aus dem Nähkästchen geplaudert: Es ist gar
nicht einfach, einen Faden durch ein Nadelöhr zu bringen. Es gelingt deutlich besser, wenn man
eine ruhige Hand hat und der Faden nicht zu trocken ist. Mit Geduld und etwas Spucke, um den
Faden anzufeuchten, funktioniert es einfach deutlich besser. Dann nämlich spreizen sich die
einzelnen Fasern nicht ab und man kommt einfacher durch das schmale Nadelöhr.

mit Haut und Haaren – Diese Redewendung bedeutet in etwa dasselbe wie ganz und gar
– z. B. engagiert man sich für eine Sache mit Haut und Haaren. Das heißt, dass man dafür alles
tut, was man kann. Vielleicht kommt die Redewendung aus dem Märchen „Der Wolf und die
sieben Geißlein“. Dort heißt es nämlich, dass Isegrim die sieben kleinen Ziegen mit Haut und
Haaren verspeiste. Sprachforscher allerdings sagen, dass die Redewendung aus dem
Sachsenspiegel stammt. Dort bedeutet mit Haut und Haaren eine besondere Form der Strafe –
Diebe oder Leute, die kleinere Straftaten begangen hatten, wurden mit Weidenruten
ausgepeitscht (Haut) und außerdem wurde ihnen der Kopf kahl geschoren (Haare).

mit jemand deutsch reden – Die Verständigung zwischen den Menschen waren nie
einfach. Sie redeten schon immer in vielen Zungen, und der eine verstand den anderen oft nicht.
Die Redensart, die eine Unterhaltung in Deutsch angekündigt, ist seitdem 15. Jahrhundert in
Gebrauch, und in ihr bezeichnet das Wort deutsch noch nicht eine nationale Sprache, sondern
steht allgemein für eine verständliche und volkstümliche Redeweise. Es war keineswegs
selbstverständlich, dass auf deutschem Boden (bzw. in dem Gebiet, die wir heute als solchen
sehen) ein und dieselbe Sprache an der Tagesordnung war. Die romanischen Sprachen waren
verbreitet, es gab viele verschiedene regionale Dialekte und wer sich zu den Gebildeten zählte,
formulierte in Latein. Noch heute wird diese Redewendung gebraucht, wenn sich jemand
besonders verständlich ausdrücken will, nämlich Klartext reden möchte.

mit jemandem Katz und Maus spielen – Die überlegene Katze könnte eigentlich kurzen
Prozess mit ihrem Opfer, der Maus, machen, aber sie zieht es vor, mit ihr zu spielen, lässt sie
zum Schein entkommen, um sie schließlich doch zu töten. Als Redensart bezeichnet das Spiel
der Katze mit der Maus ein Verhalten, bei dem der Überlegene seinen Gegner sozusagen
zappeln lässt, indem er ihm Informationen über den tatsächlichen Stand der Sache oder über
den vollen Umfang seiner Möglichkeiten verheimlicht.

mit Kind und Kegel – Mit der Kegelbahn hat diese Redewendung nichts zu tun, denn Kegel
ist die althergebrachte Bezeichnung für uneheliche Kinder. Es war selbstverständlich, dass ein
Mann in den höheren Kreisen der Gesellschaft nicht nur Kinder mit seiner Ehefrau, sondern
eben auch noch Kegel, zum Beispiel mit seiner Geliebten oder der Dienstmagd hatte. Wenn
man alle Mitglieder eines solchen Haushalts auf einfache Weise benennen wollte, gebrauchte
man die Redewendung, die auch heute noch fast dasselbe bezeichnet: Alles, was zu einem
Haushalt gehört.

mit Mann und Maus untergehen – Klar, es waren auch Ratten und Mäuse an Bord, wenn
ein Schiff in den Fluten des Meeres versank, aber die Maus in der Redewendung ist ein
niederländisches Meisje, also ein Mädchen oder eine Frau. Man muss aber nicht besonders
intensiv hinhören, um in dem Wort Meisje auch das Mäuschen zu entdecken, dass später das
Meisje in der Redensart ersetzte.

mit seinem Latein am Ende sein – Die Wissenschaftler vergangener Tage sprachen
miteinander in Latein und verfassten auch ihre Texte in ebendieser Sprache. Wenn nun etwas
geschah, dass sie sich nicht erklären konnten bzw. das im Kosmos der damaligen Wissenschaft
noch nicht vorkam, so fehlten ihnen die (fachgerechten) Worte: Sie waren am Ende ihres
Lateins. Dieselbe Situation bezeichnet die Redensart noch heute: Jemand ist mit seinem
Wissen am Ende und kann keine Erklärung oder Lösung für ein Problem finden.

Morgenstund’ hat Gold im Mund! – Chronische Frühaufsteher halten den Morgen für eine
besonders wertvolle Tageszeit, und heute drückt die Redewendung im übertragenen Sinne aus,
dass derjenige einen guten Gewinn macht, der früh auf den Beinen ist und seinen Geschäften
nachgeht. In der Vergangenheit allerdings hielt man das Gold am frühen Morgen für sehr
konkret: Aurora, die römische Göttin der Morgenröte, hatte Goldstücke im Mund, die ihr beim
Lachen heraus fielen – sehr zur Freude der Frühaufsteher, versteht sich.

Muckefuck – Warum sagt man zu Malzkaffee auch Muckefuck? Das ein wenig abwertende
Wort Muckefuck stammt ursprünglich aus dem Französischen und ging aus dem Begriff mocca
faux, falscher Kaffee, hervor. Vielleicht hätten unsere Vorfahren es französischer
ausgesprochen und eine solche Verballhornung wäre uns erspart geblieben, wenn sie morgens
regelmäßig echten Kaffee getrunken hätten.
N

nach Schema F vorgehen – Wieder ist das Militär Schuld, und dieses Mal sind es sogar
die alten Preußen, Inbegriff militärischer Disziplin: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in
Preußens Kasernen ein Formular eingeführt, in welches die Soldaten ihre Truppenstärke
eintragen mussten, wenn sie aus dem Kampf zurückkehrten. Das so genannte Schema
Frontrapport oder kurz Schema F wurde zum Standardbegriff für ein Standardverfahren.

nach Strich und Faden – Diese Redewendung verdanken wir der Fachsprache der Weber.
Wenn ein Stück fertig gestellt war, so prüfte der Weber, ob es in der gewünschten Weise
gewebt war (Strich = Webart, Muster) und ob das Material fehlerfrei war (Faden = Material),
zum Beispiel keine Fadenbrüche oder Knoten vorlagen. Dies geschah mit einer großen
Gründlichkeit, und genau diese bezeichnet heute die Redensart: Jemand will etwas besonders
gründlich erledigen.

Nicht die Bohne! – Diese Redensart stammt aus dem Mittelalter und stellt einen
Wertvergleich dar: Das überall verfügbaren Grundnahrungsmittel Bohnen war nicht allzu teuer,
und wenn etwas nicht die Bohne wert war, so musste es schon ziemlich bedeutungslos sein.

nicht ein Jota zurücknehmen – Die Redensart wurde und wird gebraucht, wenn jemand
bis in das letzte Detail auf seinem Standpunkt beharrt. In der Vergangenheit war mancher
Sturkopf nicht einmal bereit, einen einzigen Buchstaben von seinen Vorstellungen abzuweichen,
und nicht einmal dann, wenn es sich dabei um den kleinsten Buchstaben des griechischen
Alphabets, das Jota, gehandelt hätte.
nicht mit rechten Dingen zugehen – So wie man den Gottseibeiuns nicht mit Namen
benennen durfte, um den Herrn des Bösen nicht heraufzubeschwören, so umschrieb man auch
alle anderen, mit Furcht und Bedrohung belasteten Zusammenhänge mit besonderen
Redewendungen. Die rechten Dinge, das ist der Alltag und die sichtbare Welt, in der alles seine
Ordnung hat und Recht und Gesetz gelten. Nicht zu den rechten Dingen gehören hingegen
Zauberei, Magie, die Welt der Hexen und Geister – dort geht es nicht mit rechten Dingen zu.
Wenn es heute nicht mit rechten Dingen zugeht, sind selten magische Kräfte am Werk, sondern
eher die Machenschaften und Mauscheleien gewisser Dunkelmänner …
O

Oberwasser bekommen – Wenn der Müller in der Vergangenheit das Korn mahlen wollte,
war er in unseren Breiten meist auf die Wasserkraft angewiesen. Deshalb sind alle Mühlen, die
nicht der Wind antrieb, an Bächen und kleinen Flüssen gebaut worden. Hatte sich im Wehr
genügend Wasser angesammelt, so bekam der Müller Oberwasser – es fiel von oben auf das
Mühlrad herab und trieb das Mahlwerk kräftig an. War kein Wasser mehr im Staubecken der
Mühle, so war der Müller auf das Unterwasser angewiesen, das durchfließende Wasser des
Baches also, dass die Mühle nur mit schwacher Kraft antrieb. Wer heute Oberwasser
bekommt, hat einen mächtigen Förderer oder kann die Gunst der Stunde nutzen.

ohne Moos nichts los – Die grünen und weichen Moospolster können ruhig im Wald
bleiben. Sie sind nicht gemeint, wenn man die Redensart gebraucht. Das Wort Moos stammt
vom hebräischen maoth = Münze ab – und schon blickt man durch: Ohne Münze sieht es
schlecht aus ...

ojemine – Der Ursprung dieses sehr alten Ausrufs liegt im Lateinischen: In vielen Gebeten
sprach man Jesus mit den Worten O Jesu Domine, zu Deutsch O Herr Jesus, an. Und wie es
mit der Sprache so geht – man nahm es nicht so ganz genau mit der Aussprache und fertig war
ojemine!

Perlen vor die Säue werfen – Es steht in der Bibel: Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden
geben und eure Perlen nicht vor die Säue werfen. Gemeint ist in der Redewendung heute, dass
man nicht etwas Wertvolles vergeuden soll, in dem man es jemanden gibt, der keinerlei
Wertschätzung dafür hat.
P

platzen vor Neid – In einer Fabel des römischen Dichters Phaedrus platzt der Frosch, weil
er es in der Größe mit dem Ochsen aufnehmen will. Die Redewendung trifft insofern den Kern
der Sache, weil Neidgefühle auch zu einem körperlichen Zustand führen können, der dem des
aufgeblasenen Frosches nicht unähnlich ist.

potemkinsche Dörfer errichten – Fürst Gregory Potemkin wollte es der russischen Zarin
Katharina II. zeigen: Als die Zarin eine Reise durch das soeben eroberte Krimgebiet unternahm,
ließ er dort ganze Dörfer im Stil von Theaterkulissen errichten, um ihr Wohlstand vorzugaukeln.
Heute verwendet man die Redewendung, wenn jemand zu einer ähnlichen Täuschungsaktion
greift.

pudelnass sein – Als der Pudel noch kein Schoßhündchen war, sondern ein für die
Wasserjagd gezüchteter Gebrauchshund, war er natürlich oft nass. Sogar seinen Namen
verdankt das Tier der Feuchtigkeit: pudel bedeutet nämlich im Niederdeutschen ursprünglich
Pfütze und pudeln war das Wort für im Wasser plantschen – und wer im Wasser planschte, tat
dies meist pudelnackt, also in der richtigen Bekleidung zum pudeln. Und er fühlte sich dabei
pudelwohl.
R

rangehen wie Blücher – Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher (1742-


1819) war kein zögerlicher Mensch und Militär; die preußische Armee, die er befehligte, siegte
durch seine spontane Entschlusskraft zur Attacke in vielen Schlachten. Wer im übertragenen
Sinne rangeht wie Blücher, lässt sich durch kleinliche Bedenken nicht aufhalten.
S

saufen wie ein Bürstenbinder – Vergleiche mit bestimmten Berufsgruppen sind als
Redensarten beliebt: Mancher frisst wie ein Scheunendrescher, hat Schulden wie ein
Sautreiber, arbeitet wie ein Brunnenputzer und streitet sich mit seiner Frau wie die Kesselflicker
– und die armen Bürstenbinder waren vermutlich wegen ihres trockenen und staubigen
Materials ständig durstig und tranken möglicherweise häufiger ein paar Gläser über den Durst –
schon ist eine ganze Berufsgruppe redensartlich festgelegt.

Schmiere stehen – Wer Schmiere stehen musste, hatte eine große Verantwortung: Er
musste sicherstellen, dass die Schmiere, nämlich die Polizei – von hebräisch schemirah =
Bewachung, Beaufsichtigung – seine Komplizen bei ihrem ungesetzlichen Tun, zum Beispiel
einem Einbruch, nicht auf frischer Tat überraschte. So wird es noch heute gemacht bei dem
uralten Spiel Räuber und Gendarm.
schwarz vor Ärger – Diese Formulierung hat – passend zu Farbe – einen gruseligen
Hintergrund. Wer gestorben ist, verfärbt sich schwarz, und der schwarze Tod war eine
Umschreibung für eine der schlimmsten Krankheiten aller Zeiten, für die Beulenpest. Wer an ihr
erkrankt war, war am ganzen Körper mit schwarzen Flecken bedeckt. Wenn sich also jemand
schwarz ärgert, läuft er Gefahr, sich zu Tode zu ärgern.

sein Fett abbekommen – Wenn in der Vergangenheit ein Schwein geschlachtet wurde,
wurde unterschiedlich aufgeteilt: je nach Sitten und Gepflogenheiten erhielt der eine dieses
Stück Fleisch, der andere jenes. Auf jeden Fall erhielt jeder, der mitarbeitete, einen Anteil des
Fettes. Wenn jemand heute die Redewendung: „Du wirst schon dein Fett abbekommen!“
benutzt, so beruhigt er jemanden, den die übertriebene Sorge plagt, er würde seinen gerechten
Anteil an einer Sache nicht erhalten.

sein Licht unter den Scheffel stellen – Diese Redensart meint: jemand gibt sich
übertrieben bescheiden. So wie man eine Lichtquelle (Licht = Kerze oder Lampe) nicht
bemerkt, die unter einem Gefäß (Scheffel = ein altes Hohlmaß) steht, so kann man auch die
wahren Fähigkeiten einer Person nicht erkennen, wenn diese zu bescheiden ist.

seinen Friedrich Wilhelm darunter setzen – Wie heißt der König? Friedrich Wilhelm! Mit
genau dieser Antwort auf die Frage nach dem Herrscher hätte man zwischen dem 17. und dem
19. Jahrhundert in Preußen, Sachsen und anderen deutschen Staaten fast immer richtig
gelegen. Zahlreiche Regenten trugen den Namen Friedrich Wilhelm, und wenn sie Urkunden und
Verträge mit diesem Namenszug unterschrieben, stand dort eben: Friedrich Wilhelm. Mit der
Zeit wurde Friedrich Wilhelm scherzhaft gleichbedeutend für Unterschrift verwendet, und das
hat sich bis heute erhalten.
seinen Senf dazugeben – „Du wollen Pfeffer?“ So wie heute in manchen Restaurants der
Kellner mit der Pfeffermühle herum geht, um auf dem Teller nachzuwürzen, so boten die Wirte
im 17. Jahrhundert Senf zu ihren Speisen an, um diese aufzuwerten. Oft unterschieden sich
dabei die geschmacklichen Vorstellungen von Gast und Wirt deutlich, und so wird irgendwann
ein Gast mit Senf auf seiner Süßspeise den Wirt entnervt gefragt werden: „Musstest du
unbedingt deinen Senf dazugeben?“ Heute verwendet man die Redensart, wenn jemand
ungebeten seine Meinung zu einer Sache äußert und damit auch noch Schaden angerichtet.

seit Olims Zeiten – Wer einen Herrscher namens Olim im Geschichtsbuch sucht, wird Pech
haben. Hier wurde nämlich ein lateinisches Wort sozusagen personifiziert: olim bedeutet einst,
damals. Weil es sich aber so unglaublich zwingend nach einer geschichtlichen Persönlichkeit
oder Herrschergestalt anhört, wenn man von Natur aus ein Witzbold ist, wird sich diese
Redewendung verbreitet haben. Auf jeden Fall kennt man sie schon seit Olims Zeiten.

sich am Riemen reißen – Heute verwendet man die Redensart, um jemand zu mehr
Disziplin aufzurufen, und da Disziplin die Domäne des Militärs ist, hat diese Redensart auch hier
ihren Ursprung. Wenn der Soldat beim Appell einen eher kläglichen Eindruck machte, so
forderte ihn der Vorgesetzte in seiner liebevollen Art auf: „Mensch, reißen Sie sich am Riemen!“
Was der Soldat auch tat, denn er griff nach seinem Gürtel und riss daran, wohl eher eine
rituelle Geste als der Versuch, den korrekten Sitz der Uniform wieder herzustellen.

sich auf den Lorbeeren ausruhen – Schon im alten Olympia war der Lorbeerkranz das
Symbol des Siegers, und er blieb es über die Jahrhunderte hinweg bis auf den heutigen Tag,
auch wenn ihn manchmal Medaillen oder merkwürdige Kunstobjekte ersetzen. Zumindest ist der
Lorbeer in der Redensart erhalten geblieben, denn diese ist eine Warnung an alle
erfolgsverwöhnten Gewinner der neuen Zeit: Es ist nicht gut, sich auf seine Erfolge etwas
einzubilden und in seinen Anstrengungen nachzulassen.

sich aufdonnern – Während der im Ursprung spanische Macho ganz leise und
selbstverständlich Teil unserer Sprache geworden ist, tritt donna, die italienische Dame, sogar
mit Theaterdonner auf – Frauen, die es bei ihrer Aufmachung übertreiben, bezeichnet man als
aufgedonnert – sie kehren zu sehr die Donna hervor.

sich auftakeln – Ein Segelschiff unter vollen Segeln bezeichnet der Seemann als voll
aufgetakelt, und es lag sicher nahe, die Redensart bei einem Landgang auf die Damen zu
übertragen, die sozusagen unter vollen Segeln um die Gunst der Matrosen warben. Wir nutzen
sie noch heute, wenn eine Frau allzu sehr ihr Äußeres in den Vordergrund stellt.

sich eine Eselsbrücke bauen – Esel werden gewöhnlich für dumm gehalten. Um zu
erfahren, wie schlau sie wirklich sind, müsste man einen Experten fragen. Auf jeden Fall rechnet
man zu den dummen Eigenschaften von Eseln, dass sie sich weigern, sich in einem Wasserlauf
die Füße nass zu machen. Sie stellen sich störrisch, obwohl eigentlich keine Gefahr besteht.
Weil man aber auf ihre Hilfe beim Tragen von Lasten angewiesen war, baute man ihnen
spezielle Brücken, um doch noch voranzukommen. Und wenn heute jemand die Lösung für ein
Problem nicht selber findet, baut man ihm eine Eselsbrücke.
sich einen Ast lachen – Was in der Redewendung gemeint ist, sagt eine ihrer Varianten:
Ich lach mich krumm! oder Ich lach mich bucklig! sagt ungefähr dasselbe, denn mit dem Ast
ist ein Buckel gemeint, und wer je so richtig gelacht hat, weiß, dass man sich dabei spontan
krümmt – und damit wären wir bei der dritten Redewendung: Ich könnt mich kugeln vor
Lachen! Der Ast kommt übrigens noch an einer anderen Stelle im beschriebenen Sinn vor:
Schwere Lasten wie Säckel nimmt man mancherorts auf den Ast, nämlich auf dem Buckel.
sich einen zwitschern – Wer singt wie ein Vogel, hat sich vermutlich einen gezwitschert –
die Redewendung beschreibt das Gefühl, das einen überkommt, wenn man mal den einen oder
anderen Schluck über den Durst getrunken hat. Man fühlt sich leicht wie ein Vogel und möchte
die Welt mit seinem Gesang beglücken. Ob allerdings die daraus folgenden Darbietungen die
Qualität erreichen, die uns Singvögel bieten, dürfte fraglich sein.

sich gehen lassen – So wie der Kutscher den Pferden auf gerader Straße die Zügel
schießen lässt und sie sich ganz nach ihrem natürlichen Gefühl bewegen können, so geht’s man
mit seiner eigenen Person um, wenn man sich gehen lässt. Die Redewendung kann einen
positiven Zustand beschreiben, nämlich den der Entspannung nach angestrengter Arbeit, oder
aber auch kritisch gemeint sein, wenn jemand sich zu wenig fordert oder kontrolliert oder zu
sehr seinen fragwürdigen Bedürfnissen nachgibt.

sich mit fremden Federn schmücken – Ursprung dieser Redensart ist wieder einmal eine
Fabel: Phaedrus erzählte bereits zu Zeiten des römischen Kaisers Augustus in „Die Krähe und
der Pfau“ davon, wie sich die Krähe mit Pfauenfedern schmückt, um an Schönheit zu gewinnen.
Dieses Verhalten ist bis heute an der Tagesordnung und keineswegs nur bei Krähen
anzutreffen.

sich seine Sporen verdienen – Im Mittelalter waren Sporen neben Helm, Rüstung,
Schwert und Schild ein Teil der ritterlichen Ausrüstung. Wer sie tragen wollte, musste sie sich
durch eine lange Ausbildung als Knappe verdienen. Erst wenn er zum Ritter geschlagen wurde,
durfte er als neues Zeichen seines Standes Sporen tragen.

sich verzetteln – Nein, es geht nicht um kleine Papierstückchen. Im Althochdeutschen


bedeutete das Wort zetten in etwa ausbreiten, verstreuen. Wenn es jemand mit dem Zetten
übertrieb, seine Handlung also unsinnig wurde, verzettete er sich. Mit der Zeit ging den
Menschen das Wort verzetteln mit dem zusätzlichen Buchstaben L und der Assoziation zur
Zettelwirtschaft wohl leichter über die Zunge. Fakt ist: Wer sich verzettelt, tanzt auf zu vielen
Hochzeiten – was eine Redensart mit einer anderen erklärt.

So ein Luder! – Wer eine hübsche, aber manchmal etwas zickige oder unangemessen
anspruchsvolle Frau ein Luder nennt, sollte wissen, wovon er redet: Das Wort Luder stammt
aus der Sprache der Jäger und bezeichnet ein in Verwesung übergegangenes Stück Fleisch,
welches auf der Jagd gern als Köder für Raubtier wie Füchse, Bären oder Wölfe ausgelegt
wird. Ist die Dame wirklich so schlimm, dass sie diese Bezeichnung verdient hat?

Spießbürger – Nein, Spießbürger waren nicht die Vorgänger unserer heutigen


Couchkartoffeln und Spießer, sondern wehrhafte Leute: Mit Spießen bewaffnet, zogen sie im
Mittelalter mit Soldaten und Landsknechten in den Kampf, um ihr Hab und Gut zu verteidigen.
Unserer heutigen Spießbürger hoffen eher auf die Bundeswehr.

Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen, Spinne am Abend erquickend und labend
– Es geht nicht um das achtbeinige Lebewesen, dass bei seinem Erscheinen im Haus
Schreianfälle verursacht. Nicht die Spinne bringt am Morgen Kummer und Sorgen, sondern das
Spinnen. Eigentlich war es sogar umgekehrt: Wer zu den armen Leuten gehörte und Kummer
und Sorgen hatte, musste sich schon morgens an das Spinnrad setzen, um ein wenig Geld zu
verdienen. Wer dies erst abends tun konnte, gehörte vermutlich zu den besseren Kreisen und
fand die Herstellung von Fäden in eigener Produktion irgendwie erholsam wie wir heute ein
kreatives Hobby.

Stein und Bein schwören – Diese Redewendung wird seit dem frühen 16. Jahrhundert
verwendet und bezieht sich auf einen alten Rechtsbrauch, der heidnische und christliche
Gepflogenheiten zusammenführt. Um die Ernsthaftigkeit eines Schwurs zu unterstreichen, legte
der Schwörende in grauer Vorzeit die Hand auf den Stein eines heidnischen Heiligtums, später
dann auf den Altarstein in einer Kirche. Zur weiteren Untermauerung der Seriosität kam noch
eine Reliquie ins Spiel – die Gebeine eines Heiligen mussten ebenfalls zur Absicherung des
Schwurs dienen. Wer heute Stein und Bein schwört, will damit sagen, dass man sich auf seine
Aussage absolut verlassen kann.
Strohwitwer sein – Wenn die Frau verreist ist, so ist ihr Gatte Strohwitwer. Nicht weil er
sich aufführt, als habe er nur Stroh im Kopf (das kommt auch vor), sondern weil neben ihm im
Stroh (= Bett) niemand liegt – zumindest nicht seine Ehefrau …
T

Tabula rasa – Früher schrieb man auf ein Wachstäfelchen (tabula), und dessen Oberfläche
musste man mit einem Spatel glätten, wenn man es ganz beschrieben hatte – rasa steht hier
für abgeschabt, geglättet. Dann war es sozusagen wie neu – und in diesem übertragenen Sinne
benutzt man die Redewendung – einen Neuanfang machen.

Tacheles reden – Das Wort tacheles stammt aus dem Jiddischen und bedeutet so viel wie
Zweck, zweckmäßiges Handeln. Jemand, der Tacheles reden möchte, will also nicht um den
heißen Brei herum reden, sondern direkt zur Sache kommen. Meist wird die Redewendung
gebraucht, wenn bereits viel zulange um den heißen Brei herum geredet wurde, z. B. im
Bundestag.

Tantalusqualen erleiden – Tantalos oder Tantalus, eine Figur der griechischen Sage, muss
eine ziemliche Nervensäge gewesen sein. Er stahl nicht nur Ambrosia, die Speise der Götter,
von deren Tafel, sondern breitete auch göttliche Geheimnisse vor jedermann aus. Schließlich
trieb er es auf die Spitze: Er tötete seinen eigenen Sohn Pelops und setzte ihn den Göttern als
Festmahl vor, um deren Allwissenheit auf die Probe zu stellen. Er hatte Pech: Die Götter waren
allwissend, erkannten seine schändliche Tat und verdammten ihn deshalb zu endlosen Qualen.
Bis zu den Knien im Wasser, konnte er dennoch nicht trinken, denn wenn er sich bückte,
verschwand das kühle Nass. Auch plagte ihn endlos der Hunger, denn wenn er nach den
Früchten über seinem Kopf griff, wehte ein göttlicher Wind die Zweige fort.

Tohuwabohu – Dieses abenteuerliche Wortgebilde stammt aus dem Hebräischen und wird
heute gebraucht, wenn es irgendwo richtig drunter und drüber geht, z. B. für das heillose
Durcheinander im Kinderzimmer. Damit hat sich in der Bedeutung nicht viel geändert – Die
Worte tohú wa vohú, die schon in der Bibel vorkommen, bedeuten so viel wie Finsternis und
Abgrund und beschreiben den Zustand der Welt, bevor Gott mit der Schöpfung begonnen
hatte.

Toi, toi, toi! – Früher hat man sich mancherorts dreimal über die Schulter gespuckt – das
sollte Glück bringen. Nun gilt Spucken ja nicht als sonderlich fein, aber auf das Glück wollte
man eben doch nicht verzichten. So spuckte man nicht wirklich, sondern machte nur das
Spuckgeräusch nach – und wenn man genau hinhört – klingt dann toi, toi, toi! nicht wie dreimal
spucken?
U

über die Stränge schlagen – Mit Stränge gemeint sind hier die Zugstränge der Kutsche
und die Zügel, mit deren Hilfe ein Kutschpferd vom Kutscher geführt werden kann. Besonders
junge Pferde neigten dazu, übermütig zu werden und brachten dann ihr Geschirr und die Zügel
durcheinander, sodass die Kutsche nicht mehr zu steuern war. Wer heute über die Stränge
schlägt, sprengt den Rahmen der von ihm erwarteten sozialen Rolle.

über die Wupper gehen – Hierbei handelt es sich nicht nur um eine lokale Ausgabe der
ebenfalls bekannten Redensart über den Jordan gehen – in Wuppertal soll es, so erzählt man
sich, ein Gefängnis gegeben haben, in dem zum Tode verurteilte Häftlinge auf ihre Hinrichtung
warten mussten. Der Todestrakt des Gebäudes war nur über eine Wupperbrücke erreichbar,
und wer über die Wupper ging, den sah man nie wieder. Allgemein ist aber wohl in der
menschlichen Symbolwelt das Überschreiten eines Flusses Sinnbild für den Wechsel aus der
Welt der Lebenden in das Reich der Toten. So erreicht man auch in der griechischen
Mythologie das Totenreich, Hades genannt, über den Fluss Styx.

über Stock und Stein – In vergangenen Tagen waren die Gemeindegrenzen waren mit
Stöcken gekennzeichnet, während die Landesgrenzen durch Grenzsteine angezeigt wurden.
Wer also über Stock und Stein ging, machte eine weite Reise, wobei er zahlreiche Grenzen
überschritt. Wenn man heute redensartlich über Stock und Stein geht, ist meist eine unbequeme
Reise durch unwegsames Gelände gemeint.

überflüssig wie ein Kropf – Besonders in Regionen, in denen das Element Jod im
Trinkwasser fehlt, bekommen sie Menschen eine Schwellung der Schilddrüse, den so
genannten Kropf. Der ist nicht nur lästig und störend, sondern erfüllt auch keinerlei Funktion.
Jeder wäre froh, wenn er ihn wieder los wäre. Auch der moderne Mensch hat zunehmend das
Gefühl, dass ein Großteil seiner alltäglichen Anforderungen überflüssig wie ein Kropf ist.

um des Kaisers Bart streiten – Gelehrte stritten in der Vergangenheit um den Bart eines
Kaisers, und das gut 400 Jahre nach seinem Tode: Karl der Große (747-814) hatte in seiner
langen Amtszeit verschiedener Amtssiegel verwendet, auf denen er sowohl mit als auch ohne
Bart zu sehen war – eine trefflicher Anlass, um wegen dieses Unterschieds die Echtheit der
Siegel anzuzweifeln. Hatte der Kaiser nun einen Bart oder nicht? Das war lange Zeit die Frage
– so lange, bis es niemand mehr so richtig interessierte. Dasselbe meint die Redensart: Wer
heute um des Kaisers Bart streitet, setzt nicht etwa den Gelehrtenstreit vergangener
Jahrhunderte fort, sondern führt einen neuen, aber ebenso sinnlosen und überflüssigen Disput
über ein unbedeutendes Detail. Eine andere Theorie sagt allerdings: Der Kaiser ist völlig
unschuldig an dieser Redewendung – eigentlich geht es hier um den Geißbart. So heißt es bei
Horaz: de lana caprina rixari – um Ziegenwolle streiten. Wie aus der Geiß der Kaiser
geworden ist, das lässt sich wohl nur mit den vielen Jahren gesprochener und immer wieder
mündlich überlieferter Sprache begründen …

unter aller Kanone – Mit einem militärischen Geschütz hat die Redensart nichts zu tun,
vielmehr stammt sie aus der Pädagogik: sub omni canone bedeutet in etwa = unterhalb aller
Leistungsgrenzen (canon = Richtschnur, im pädagogischen Sinne Lehrplan). Warum sich mit
der Zeit die Kanone in die Redewendung einschlich, müsste man den Volksmund fragen.

unter aller Sau – Wenn jemand besonders schlecht ist, sagt man, seine Leistung sei unter
aller Sau. Gemeint ist aber ursprünglich nicht das etwas schmutzige weibliche Schwein,
sondern ein Wort aus dem Jiddischen – seo bedeutet auf Deutsch Maßstab. Aus unter aller
seo konnte im Alltagsgebrauch natürlich schnell die heutige Version werden. Unter aller Kanone
sagt nahezu dasselbe.

unter dem Pantoffel stehen – Es gibt mehrere Deutungen für diese Redewendung. Die
wahrscheinlichste ist diese: Der Pantoffel wird nur im Haus getragen und steht daher als
Symbol für die häusliche Herrschaft. Wer wie das erlegte Wild unter dem Stiefel des Jägers im
übertragenen Sinne unter dem Hausschuh seiner Frau zu liegen kommt, hat den Kampf um die
häusliche Herrschaft eindeutig verloren.

unter der Fuchtel stehen – Die Fuchtel war ein unscharfer Degen mit breiter Klinge, dem
wir nicht nur den Ausdruck herumfuchteln verdanken. Mit der Fuchtel wurde beim Militär
undiszipliniertes Verhalten bestraft, denn die Schläge damit schmerzten heftig. Seltsamerweise
nahm die Redensart den Weg vom Militär in das häusliche Umfeld, in dem häufig die Frau die
Fuchtel führt und der Mann unter der Fuchtel steht, d. h. in der Hierarchie der Familie eine
niedrige Rolle spielt.

unter die Haube bringen – Während im Mittelalter unverheiratete Frauen ihre Haare offen
tragen durften, mussten sie vom Hochzeitstag an die Frisur wechseln. Ehefrauen steckten ihre
Haare hoch und trugen eine Haube darüber, woran sie jedermann als verheiratet erkennen
konnte. Die Frauen sahen diese Haube keineswegs als einen Zwang an, sondern trugen sie mit
Stolz. Wenn also Eltern versuchten, ihre Tochter unter die Haube zu bringen, versuchten sie,
einen passenden Ehemann für sie zu finden.

unter Heulen und Zähneknirschen – Unter Heulen und Zähneklappern leiden die Sünder
in der Hölle, so steht es in Luthers Bibelübersetzung. Warum es heute Zähneknirschen heißt,
ist schwer verständlich, denn eigentlich ist ja unwirsch und verärgert, wer mit den Zähnen
knirscht. Wer die Redewendung heute benutzt, tut dies oft im Zusammenhang mit einem
Sachverhalt, der nur schwer zu ertragen ist, den man aber aus übergeordneten Gründen
akzeptieren muss.
V

verflucht und zugenäht – Die Studenten führten schon immer ein etwas lockeres Leben,
und so besangen sie in einem Lied die Freuden und Leiden der körperlichen Liebe. Dort heißt
es: „Ich habe eine Liebste, die ist wunderschön, sie zeigt mir ihre Äpfelchen, da ist’s um mich
gescheh’n. Doch als mir meine Liebste der Liebe Frucht gesteht, da hab’ ich meinen Hosenlatz
verflucht und zugenäht!“ Für das Wort verflucht verwendet man seit langen Jahren auch die
Form verflixt, weil man aus Gründen des Aberglaubens das Böse nicht einfach und im Klartext
beim Namen nennen durfte.

vom Hundertsten ins Tausendste kommen – Im 15. bis zum 17. Jahrhundert benutzte
man als Rechenhilfe Rechenbretter oder –tücher, die durch eine Art Linienraster aufgeteilt
waren. Wenn man eine Markierung (mit so genannten Rechenpfennigen) darauf versehentlich
falsch setzte, gab dies einen Fehler gleich in einer ganzen Größenordnung – man rutschte vom
Hundertsten ins Tausendste. Heute verwendet man die Redensart eher, wenn sich jemand allzu
ausführlich und abschweifend äußert.

vom Leder ziehen – Auch diese Redensart stammt aus dem Mittelalter und aus der Welt
der Ritter: Wurde ein Ritter angegriffen und musste sich verteidigen, so musste er vom Leder
ziehen – nämlich sein Schwert aus der ledernen Scheide holen. Heute kennzeichnend die
Redensart eher ein angeberisches Verhalten, z. B. wenn jemand ziemlich unglaubliche
Geschichten erzählt: „Mein Gott, du ziehst aber wieder vom Leder!“ Andere Quellen vermuten,
dass die Redensart auch etwas mit dem Schärfen von Messern an einem Lederstück zu tun
haben könnte.

vom Regen in die Traufe kommen – Traufe ist ein früher verwendeter Ausdruck für die
Regenrinne eines Hauses. Wer sich bei starkem Regen unterstellen will, dem kann es
geschehen, dass er genau in dem Augenblick unter das Dach des Hauses tritt, in dem die
Regenrinne wegen der großen Wassermenge vom Dach überläuft. Ein Schwall kalten Wassers
ergießt sich über den, der sich eigentlich vor dem Regen ins Trockene retten wollte. Wer
redensartlich vom Regen in die Traufe kommt, hat versucht, ein kleines Problem zu umgehen,
ist dabei aber in ein größeres geraten.

von der Tarantel gestochen – Die Tarantel ist eine Wolfsspinne, die in südlichen Ländern
häufig vorkommt. Sie sticht eigentlich nicht, sondern beißt ihre Opfer, und ihr Biss ist giftig. In
Italien versuchte man früher, das Gift der Spinne auszuschwitzen, und dabei sollte ein ziemlich
wilder Tanz helfen, die Tarantella. Wer also wie verrückt herum hüpfte, von dem nahm man an,
dass ihn eine Tarantel gebissen haben könnte … Die Redensart kommt heute zur Anwendung,
wenn sich jemand überaus hektisch und unruhig verhält.

von Pontius nach Pilatus – Gemeint ist, dass man erfolglos von einer Stelle zur anderen
läuft und nichts erreicht. Diese Redensart kommt aus der biblischen Ostergeschichte, in der
Jesus von Pontius Pilatus zu König Herodes und wieder zurück geschickt wird. In ländlich-
frommen Theateraufführungen, den so genannten Passionsspielen, stand das Haus von Pontius
Pilatus auf der einen Seite, der Palast des Königs Herodes auf der anderen Seite der Bühne.
Eigentlich wurde Jesus von Herodes zu Pilatus geschickt, und so heißt es auch heute noch in
Dänemark.

von Tuten und Blasen keine Ahnung haben – Es gab kaum einen Beruf, der so wenig
Anforderungen stellte wie der des Nachtwächters. Zu seinen Aufgaben gehörte das Tuten und
Blasen zu bestimmten Uhrzeiten. Wer nicht einmal das schaffte und deshalb nicht einmal als
Nachtwächter taugte, musste wohl ziemlich dumm sein. In diesem Sinne verwendet man die
Redensart heute: jemand hat von nichts eine Ahnung, mischt sich aber dennoch ein.

vor jemand den Hut ziehen – Schon seit dem 13. Jahrhundert ist es üblich, beim Grüßen
die Kopfbedeckung zu heben. Noch heute nehmen Männer ihre Hüte vom Kopf, um einander zu
begrüßen. In der Vergangenheit kam es dabei auch darauf an, wer zuerst den Hut lupfte, denn
dieses galt eine Geste der Anerkennung eines Rangunterschiedes. Wenn wir heute
redensartlich den Hut vor jemanden ziehen, erkennen wir dessen große Leistungen in einer
Sache an.
W

was ist bloß in dich gefahren? – Als in den Köpfen der Menschen Geister und Teufel noch
allgegenwärtig waren, glaubte man auch, dass körperliche und geistige Krankheiten durch
Dämonen verursacht seien, welche in den Menschen einfahren und sozusagen Wohnung in ihm
beziehen. Heute verwenden wir die Redensart, wenn sich jemand plötzlich so überraschend
anders verhält als sonst, dass eigentlich nur eine Besessenheit die Ursache dafür sein kann.
weg vom Fenster sein – Wem das Volk zujubelt, wenn er sich auf dem Balkon oder am
Fenster seines Palastes zeigt, ist auf der Höhe seiner Macht. Weg vom Fenster ist er jedoch,
wenn seinen Stern sinkt und er auf den Jubel der Massen verzichten muss. In der Redensart ist
eine Situation gemeint, in der jemand eine einmal erreichte Position verloren hat.
wie bei Hempels unterm Sofa – Unter einem Hempel oder Hampel verstand man früher
einen unbedarften, grobschlächtigen und ungeschliffenen Menschen, der keinerlei Kultur besaß
– etwa wie der Asi heute. Dass es bei solchen Menschen sprichwörtlich unordentlich war,
versteht sich von selbst – oft ist der Asi heutiger Tage auch Messie. Soweit die erste Deutung.
Der zweite Ansatz: Es soll um 1900 im Berliner Raum einen Schausteller namens Hempel
gegeben haben, der wegen der himmelschreienden Unordnung in und um seinen Wagen herum
häufig vom Kirmesplatz verwiesen wurde.

wie ein Berserker wüten – Es könnte sein, dass die Bekleidung hier zur Bezeichnung für
einen besonders wilden Kämpfer geführt hat: In den nordischen Ländern trugen Männer ein
Bärenhemd (ber = Bär; serkr = Hemd), oft nichts weiter als das Fell eines getöteten Bären,
dessen Kraft auf die Helden übergehen sollte. Je nach Bearbeitung des Fells war auch der
Geruch der Berserker ziemlich entmutigend und übertraf und vielleicht sogar den eines echten
Bären. Eine Spur weniger abenteuerlich ist eine andere Erklärung, die sich ergibt, wenn man
ber mit bar, bloß, nackt und serkr= wiederum mit Hemd übersetzt. Vielleicht kämpften die
Berserker mit bloßem Oberkörper.

wie Pech und Schwefel zusammenhalten – Beide Stoffe kommen aus der
mittelalterlichen Hölle und stammen auch naturwissenschaftlich betrachtet von einem Ort tief
unter der Erde. Beide zusammen, auf höllische Weise verbunden, brennen wie der Teufel. Was
zusammen solche Wirkungen entfaltet, muss schon auf besondere Weise verbunden sein.

Wo drückt der Schuh? – In einer Geschichte über Paulus Aemilius erzählt der griechische
Philosoph Plutarch, der im ersten Jahrhundert nach Christus lebte, folgende Geschichte: Als
sich Paulus Aemilius von seiner jungen und schönen Ehefrau scheiden ließ, verstanden ihn seine
Freunde nicht. Paulus Aemilius ging nicht weiter auf ihre Fragen ein, sondern zeigte auf seine
neuen Schuhe und sagte: „Auch dieser Schuh ist schön und neu, aber niemand sieht, wo er
mich drückt.“ Heute verwendet man die Redensart, um jemand nach seinen Problemen zu
fragen.
Z

zittern wie Espenlaub – Es hängt mit der besonderen Form der Blätter und den langen
Blattstielen zusammen, dass das Laub der Zitterpappel, auch Espe genannt, sich schon bei
geringem Luftzug bewegt. Wer wie eine Espe zittert, der friert entweder oder er hat Angst. Der
Espe unterstellt die religiöse Legende Angst vor der göttlichen Rache, denn aus ihrem Holz soll
das Kreuz Christi gefertigt worden sein. Überhaupt scheint der Baum einen gewissen Hang zu
tödlichen Verwicklungen zu besitzen: Der Verräter Judas soll sich an einer Espe erhängt haben.

zur Strecke bringen – Gemeint ist nicht etwa die ICE-Strecke Hamburg-Berlin, sondern ein
Begriff aus der Jägersprache. Am Ende der Jagd werden alle Tiere, die erlegt werden konnten,
zur Strecke gebracht – sie werden in Reih und Glied auf dem Boden neben einander gelegt. Als
Redensart bedeutet zur Strecke bringen nicht unbedingt ganz so tödliche Tatbestände, sondern
je nach Anwendungsbereich einen Erfolg, der einem Jagderfolg ähnlich ist. So bringt zum
Beispiel der Kommissar die kriminellen Straftäter zur Strecke – manchmal allerdings auch im
ursprünglichen Sinne.

zwischen den Jahren – Die Germanen berechneten das Jahr auf doppelte Weise: Für sie
gab es das Sonnenjahr mit 365 Tagen und das Mondjahr, das genau zwölf Mal von Neumond
bis Neumond dauerte. Und das Mondjahr war etwa elf Tage und zwölf Nächte kürzer als das
Sonnenjahr. Diese zwölf Nächte – man nannte sie die zwölf Rauhenächte – lagen also zwischen
den Jahren – zwischen dem Mondjahr und dem Sonnenjahr. Diese sozusagen zeitlose Zeit war
voller Geheimnisse und von Dämonen beherrscht, wie manche glaubten. Sicherheitshalber
verbrannte man Räucherwerk, um die Geschöpfe der Magie durch den Qualm zu vertreiben,
und nichts anderes bedeutet Rauhenacht – Rauchnacht.
Verlag:
BookRix GmbH & Co. KG
Sankt-Martin-Straße 53-55
81675 München
Deutschland

Texte: Norbert Golluch


Bildmaterialien: Zeichnungen: Jan Buckard

Alle Rechte vorbehalten.

Tag der Veröffentlichung: 13.09.2014

http://www.bookrix.de/-to054baa4cfcf35

ISBN: 978-3-7368-3903-8

BookRix-Edition, Impressumanmerkung
Wir freuen uns, dass Du Dich für den Kauf dieses Buches entschieden hast. Komme doch
wieder zu BookRix.de um das Buch zu bewerten, Dich mit anderen Lesern auszutauschen oder
selbst Autor zu werden.

Wir danken Dir für Deine Unterstützung unserer BookRix-Community.

You might also like