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Text aus: Athanasius, Ausgewählte Schriften Band 2. Aus dem Griechischen übersetzt von Anton
Stegmann. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 31) München 1917.
Leben und Wandel unseres frommen Vaters Antonius, verfasst und abgesandt an die Mönche in
der Fremde von unserem heiligen Vater Athanasius, Bischof in Alexandria.
Einen trefflichen Wettstreit habt ihr mit den Mönchen in Ägypten begonnen, da ihr euch
vornahmt, jenen gleich zu werden oder sie womöglich noch zu übertreffen durch eure Übung in
der Tugend. Denn auch bei euch gibt es jetzt Kloster, und der Name "Mönch" hat Geltung.
Diesen euren Vorsatz kann man mit Recht loben, und Gott wird auf euer Gebet hin die Erfüllung
gewähren. Ihr habt euch aber auch an mich gewandt wegen des Lebenswandels des seligen
Antonius und wollt erfahren, wie er mit der Askese anfing, wie er vor ihr gewesen ist und
welches sein Lebensende war, ferner, ob das, was man von ihm berichtet, wahr sei - um nach
seinem Vorbild eure Bahn zu wandeln -; euren Auftrag habe ich mit grosser Bereitwilligkeit
übernommen; denn auch für mich ist schon die blosse Erinnerung an Antonius ein grosser und
nützlicher Gewinn. Ich weiss dazu, dass auch ihr, wenn ihr alles gehört habt, diesen Mann nicht
nur bewundern, sondern ihm auch nacheifern werdet in seinem Vorsatz; denn das Leben des
Antonius ist für Mönche ein treffliches Vorbild der Askese. Dem, was ihr von anderen über ihn
habt berichten hören, sollt ihr nicht misstrauen, glaubt vielmehr, dass ihr nur wenig von ihnen
vernommen habt; übrigens haben sie wohl kaum so vieles von ihm erzählt. Denn auch ich sende
euch auf eure Bitte nur einen dürftigen Bericht aus einer Erinnerung, wie viel das auch sei, was
ich in diesem Schreiben erzähle. Ihr aber lasst nicht ab, die zu befragen, welche von uns zu euch
kommen. Denn vielleicht wird nur so, wenn jeder sagt, was er weiss, die Darstellung seines
Lebens seiner annähernd würdig. Nachdem ich euer Schreiben empfangen hatte, wäre es mein
Wunsch gewesen, einige von den Mönchen kommen zu lassen, die besonders häufig seines
vertrauten Umganges genossen; ich hätte mich so selbst besser unterrichtet und euch ein reicheres
Lebensbild entwerfen können. Aber die Reisezeit neigte sich ihrem Ende zu und der Bote hatte es
eilig; daher habe ich es mir angelegen sein lassen, eurer Heiligkeit das zu berichten, was ich
selbst weiss - denn ich habe ihn ja oft gesehen und was ich von ihm erfahren konnte, als ich ihm
geraume Zeit danach nachfolgte und Wasser über seine Hände goss - überall bemüht um die
Wahrheit, damit man nicht zuviel vernehme und misstrauisch werde, andererseits aber auch nicht
weniger als sich gebührt erfahre und dann den Heiligen verachte.