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STATIK DER

TRAGWERKE
Mechanische Grundlagen | Idealisierungen | Kinematik | Statisch
bestimmte Tragwerke | Schnittkraftverläufe | Fachwerke | Mischsys-
teme | Einflusslinien

S-2-01/2004

Gernot Beer
Institut für Baustatik
Technische Universität Graz

Diplomarbeiten/Dissertationen | Forschung | Skripten | Vorträge/Tagungen


1 Einführung ...................................................................................... 1-1

1.1 Geschichtlicher Abriß 1-4

1.2 Inhalt des Skriptums 1-6

1.3 Literatur 1-6

2 Mechanische Grundlagen .............................................................. 2-1

2.1 Kraftgrößen 2-1


2.1.1 Kraft 2-2
2.1.2 Moment 2-6

2.2 Gleichgewicht 2-8


2.2.1 Gleichgewicht eines Punktes 2-8
2.2.2 Gleichgewicht eines belasteten starren Körpers in der Ebene 2-10
2.2.3 Gleichgewicht eines räumlichen Systems 2-12

3 Idealisierungen in der Baustatik ................................................... 3-1

3.1 Modellbildung 3-1

3.2 Prinzipielles Vorgehen 3-2


3.2.1 Diskretisierung 3-2
3.2.2 Lokale Effekte 3-3

3.3 Tragwerkselemente 3-5


3.3.1 Flächentragwerke 3-5
3.3.2 Stabtragwerke 3-7

3.4 Auflager 3-8


3.4.1 Auflager für ebene Systeme 3-10
3.4.2 Auflager für 3-D Systeme 3-11

3.5 Verbindungen 3-12

3.6 Annahmen der linearen Stabstatik 3-13


3.6.1 Grundsätzliche Annahmen 3-13
3.6.2 Beanspruchung 3-14
3.6.3 Dehnung 3-15
3.6.4 Ebene Biegung und Schub 3-15
3.6.5 Räumliche Biegung Schub 3-22
3.6.6 Drillung 3-23

3.7 Definition der Schnittkräfte für das Stabelement 3-24

3.8 Einwirkungen 3-29


3.8.1 Mögliche Arten von Einwirkungen 3-29

Statik der Tragwerke 1


3.8.2 Resultierende einer verteilten Belastung 3-34
3.8.3 Idealisierung von Belastung 3-35

4 Kinematik ........................................................................................ 4-1

4.1 Einleitung 4-1

4.2 Bestimmung des Hauptpols 4-3

4.3 Der Polplan 4-5


4.3.1 Polplankonstruktion 4-5
4.3.2 Beispiele 4-7

5 Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte .. 5-1

5.1 Einleitung 5-1


5.1.1 Freischneiden 5-2
5.1.2 Bestimmung der Auflagerkräfte 5-2

5.2 Biegeträger 5-4


5.2.1 Beispiel 1: Kragträger 5-4
5.2.2 Beispiel 2: Einfeldträger 5-4
5.2.3 Beispiel 3: Einfeldträger mit Kragarmen 5-5

5.3 Rahmentragwerke 5-6


5.3.1 Beispiel: Zweigelenkbogen 5-6

5.4 Zusammengesetzte Tragwerke 5-7


5.4.1 Gelenkträger 5-7
5.4.2 Dreigelenkbogen 5-8
5.4.3 Gemischte Systeme 5-14
5.4.4 3-D Systeme 5-20

6 Schnittkraftverläufe ....................................................................... 6-1

6.1 Einleitung 6-1

6.2 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme 6-2


6.2.1 Rahmentragwerke 6-2
6.2.2 Übertragungsgleichungen 6-3
6.2.3 Gleichgewicht eines Teilelements 6-6
6.2.4 Bestimmung der Schnittkraftverläufe an Hand von Beispielen 6-8
6.2.5 Kragträger 6-8
6.2.6 Einfeldträger 6-9
6.2.7 Geneigter Balken 6-12
6.2.8 Zahlenbeispiel: Einfeldträger mit Kragarmen 6-15
6.2.9 Rahmen 6-16
6.2.10 Zusammengesetzte Systeme 6-19

2 Statik der Tragwerke


6.3 Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme 6-26
6.3.1 Übertragungsgleichungen 6-26
6.3.2 Gleichgewicht eines Teilelements 6-28

7 Fachwerke ....................................................................................... 7-1

7.1 Einleitung 7-1

7.2 Berechnung der Stabkräfte 7-4


7.2.1 Allgemeines 7-4
7.2.2 Bestimmung der statischen Bestimmtheit 7-6
7.2.3 Das Rundschnittverfahren 7-7
7.2.4 Graphisches Verfahren nach Cremona 7-8
7.2.5 Das Ritterschnittverfahren 7-10
7.2.6 K-Fachwerk 7-14

7.3 Zahlenbeispiel: Fachwerkkonstruktion 7-17

7.4 3-D Fachwerke 7-19


7.4.1 Zahlenbeispiel: 3-D Fachwerk 7-20

8 Mischsysteme .................................................................................. 8-1

8.1 Langer’scher Balken 8-1


8.1.1 Bestimmung der Stabkräfte 8-2
8.1.2 Schnittkraftverläufe am Balken 8-3

8.2 Hängebrücke 8-7

8.3 Zahlenbeispiel 1: Dreigelenkrahmen 8-9

8.4 Zahlenbeispiel 2: Überdachung 8-13

9 Einflusslinien ................................................................................... 9-1

9.1 Allgemeines 9-1


9.1.1 Zweck der Einflusslinie 9-1
9.1.2 Definition der EL 9-1
9.1.3 Gegenüberstellung Einflusslinie - Zustandslinie 9-2
9.1.4 Voraussetzungen zur Bestimmung von EL 9-2
9.1.5 Auswertung von EL 9-2

9.2 Methoden zur Ermittlung von EL 9-4


9.2.1 Allgemeine Regeln für EL 9-4
9.2.2 Laststellungsmethode 9-4
9.2.3 Prinzip der virtuellen Arbeiten 9-11
9.2.4 Kinematische Methode 9-14
9.2.5 Kombinierte Methode 9-28

Statik der Tragwerke 3


4 Statik der Tragwerke
1 Einführung

Wissen hat keinen ärgeren Feind als das


Wissenwollen, als das Lernen
Hermann Hesse

Die Statik ist ein Teilgebiet der Mechanik fester Körper und beschäftigt sich als
solches mit der Ermittlung des Kräfte- und Verformungszustandes ruhender, d.h.
im Gleichgewicht befindlicher, Körper. Dabei wird angenommen, dass die Bela-
stung unendlich langsam aufgebracht wird, sodass keine dynamischen Massen-
kräfte frei werden.
Die dem konstruktiven Ingenieurbau zugeordnete Statik der Tragwerke hat die
Ermittlung der Kräftezustände von Tragsystemen zum Inhalt, welche dann weiter
als Grundlage zur Bemessung und Konstruktion bzw. zum Nachweis der
Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit herangezogen werden.
Die statische Berechnung stellt einen wichtigen Teil der gesamten Ingenieurauf-
gabe dar. Sie soll dem entwerfenden Ingenieur die notwendigen Nachweise liefern,
ob das Bauwerk in der Lage ist, die einwirkenden Lasten in ausreichendem Maß
aufnehmen zu können, ohne dabei seine Gebrauchstauglichkeit zu verlieren, wobei
besonderes Augenmerk auf die Wirtschaftlichkeit der Konstruktion zu legen ist.
Folgende drei Kriterien sind dabei maßgebend:
Š Sicherheit gegen Versagen der Konstruktion
Auch unter ungünstigster Belastung darf es nicht zu einem Einsturz des Bau-
werks kommen.
Š Gebrauchstauglichkeit
Das Bauwerk muß auch unter Belastung seinen Zweck erfüllen. Das bedeutet
zum Beispiel, dass keine unzulässig großen Verformungen auftreten dürfen.
Š Wirtschaftlichkeit
Das Bauwerk soll so konstruiert und bemessen sein, dass möglichst geringe
Kosten sowohl in der Herstellung, als auch in der Erhaltung und der Entsorgung
anfallen.

Statik der Tragwerke 1-1


Einführung
1

Rolle der Baustatik:


Entwurf:
Baustatische Überlegungen Bauwerkstyp
bei der Formfindung und Material
Vorbemessung Vorbemessung

Berechnung der Schnittkräfte:


Berechnung Modellbildung (Vereinfachung)
des Tragwerks Berechnung
Graphische Darstellung

Bemessung:
Querschnitte
Verbindungen
Auflager

Nein
sicher und wirtschaftlich?

Ja
Berechnung von Ausführung:
Montagezuständen Montagezustände
Transport
etc.

Abb. 1.1 Die Rolle der Baustatik im konstruktiven Ingenieurbau

Abbildung 1.1 zeigt eine vereinfachte Darstellung der Aufgaben im konstruktiven


Ingenieurbau und die Rolle der Baustatik. Wie man sieht ist die Baustatik in allen
Bereichen vom Entwurf bis zur Ausführung eingebunden. Baustatische Überle-
gungen z.B. helfen dem entwerfenden Architekten bzw. Ingenieur in der Formfin-
dung. Es gibt viele Beispiele, wo ein klar erkennbares und effizientes statisches
System auch den ästhetischen Anforderungen entspricht. Als Beispiel sei in Abb.
1.2 eine Sporthalle in der Nähe von Wiener Neustadt gezeigt.
In den meisten Fällen ist die Berechnung des endgültigen statischen Systems nicht
die einzige Aufgabe des Baustatikers, da auch die Sicherheit von Bauzuständen

1-2 Statik der Tragwerke


Einführung

nachgewiesen werden muß. In manchen Fällen ist sogar die Berechnung von Bau-
zuständen oft mit mehr Aufwand verbunden als die Berechnung des Endzustands.

Abb. 1.2 Beispiel für ein ästhetisches Bauwerk mit klarem statischen System, d.h. hier
ist klar erkennbar wie die Kräfte in den Boden eingeleitet werden.

Wie in vielen Sparten unseres Lebens hat der Computer auch die Baustatik verän-
dert. Es gibt heutzutage eine Vielzahl von Programmen, welche die komplizierte-
sten baustatischen Aufgaben lösen können. Dies ist einerseits ein Segen,
andererseits auch mit Gefahren verbunden. Sehr oft passiert es, dass durch die
unsachgemäße Anwendung der sogenannten „black box“ falsche Resultate erhal-
ten werden, die dann oft widerspruchslos angenommen werden. Als extremes Bei-
spiel sei hier die Sleipner Ölplattform erwähnt, die auf Grund eines Fehlers in der
statischen Berechnung (die Querkräfte wurden mit einem komplexen Rechenpro-
gramm an einer Stelle mit einem Fehler von 45% berechnet) beim Bauvorgang
beschädigt wurde und auf den Meeresgrund versank. Der Schaden war enorm und
dieser Vorfall wird oft als Beispiel verwendet um zu zeigen, dass Resultate von
elektronischen Berechnungen nicht ohne Kontrolle akzeptiert werden dürfen.
Daher ist es Ziel der Vorlesung Statik der Tragwerke, dem angehenden Bauinge-
nieur das Werkzeug in die Hand zu geben um diese Überprüfung vornehmen zu
können. Wir werden daher hier fast ausschließlich herkömmliche (Hand-)rechen-
methoden behandeln. Die mit diesen Methoden erhaltenen Ergebnisse können
allerdings mit Hilfe des EDV Lernprogramms RuckZuck überprüft werden.
Grundsätzlich müssen bei einer statischen Berechnung zwei Bedingungen immer
erfüllt sein:
das Gleichgewicht der Kräftgrössen
die Verträglichkeit der Weggrössen

Statik der Tragwerke 1-3


Einführung
1 Geschichtlicher Abriß

1.1 Geschichtlicher Abriß

Die erste Baustatik der Welt fand im Jahre 1743 statt (Wapenhans und Richter,
2002). Vor diesem Zeitpunkt gab es Überlegungen von Mathematikern und
Mechanikern zur Festigkeitslehre und Mechanik (siehe Tabelle 1) jedoch war kein
Bezug zum „Bau“ vorhanden. Eine Ausnahme war der italienische Maler, Bild-
hauer, Architekt und Ingenieur Leonardo da Vinci (1452 - 1519) der an Hand von
Versuchen, Gedanken über die Festigkeit von Bauwerken machte und auch Bau-
werke entwarf. Allerdings wurde keines dieser Bauwerke ausgeführt. Grandiose
Bauwerke wie z.B. das Pantheon in Rom, wurden damals von „Baukünstlern“
ohne theoretische Überlegungen entworfen und bemessen. Dabei wurde aus-
schließlich auf praktische Überlegungen und Erfahrung zurückgegriffen.
Der Anlaß für die erste Anwendungen von theoretischen Überlegungen in der
„Baubranche“ war die Peterskuppel in Rom. An dieser waren nämlich Risse aufge-
treten, die Anlaß zu Besorgnis gaben (siehe Abb. 1.3). Die Kuppel war zwar mit
Eisenringen verstärkt, die einen Teil des Bogenschubs aufnehmen sollten aller-
dings wußten man nicht, ob die Eisenstäbe genügten, da es dazu keine mechni-
schen Überlegungen gab. Da der Papst wegen der Risse Besorgnis um die
Tragfähigkeit der Kuppel hatte bat er gleich drei Mathematikprofessoren (Gui-
seppe Boscovich, Tommaso Le Seur und Francesco Jacquier) ein Gutachten zu
erarbeiten. Das in altitalienisch verfaßte Gutachten erschien im März 1743. Es ist
interessant, dass hier für Gleichgewichtsüberlegungen das Prinzip der virtuellen
Weggrössen zur Anwendung kam. Dieses Prinzip wurde von Johann Bernoulli im
Januar 1717 in seinem Buch „Nouvelle Mecanique“ veröffentlicht.
Leider war diese erste Begegnung der Baustatik bzw. der Übergang „vom hand-
werklich-gewohnheitsmäßigen Schaffen zur modernen, wissenschaftlich fundier-
ten Bauingenieurkunst“ nicht sehr erfolgreich da für den Bogenschub ein viel zu
großer Wert berechnet wurde. Der Grund dafür war die zu starke Vereinfachung
des statischen Systems. Dies ist ein gutes Beispiel für die Wichtigkeit der Wahl des
statischen Systems, d.h. für die Modellbildung. Auf diese wird im nächsten Kapitel
eingegangen.

1-4 Statik der Tragwerke


Einführung
Geschichtlicher Abriß

Abb. 1.3 Die Peterskuppel in Rom mit den Rissen und die ersten baustatischen
Überlegungen bezüglich der Überprüfung des Gleichgewichts.

Tab. 1.1Geschichtlicher Überblick, vor und nach der Baustatik


1678 Robert HOOKE (1635-1703) entschlüsselt in den „Lectures de
potentia restitutiva“ sein Materialgesetz als „Ut tensio sic vis“
1687 In London erscheinen die „Philosophiae naturalis principia
mathematica“ von Isaac NEWTON (1643-1727), das erste
umfassende Lehrbuch der Mechanik
1717 Johann BERNOULLI (1667-1748) formuliert das Prinzip der vir-
tuellen Verschiebungen in einem Brief an Pierre VARIGNON
(1654-1722)

Statik der Tragwerke 1-5


Einführung
1 Inhalt des Skriptums

1744 Leonhard EULER (1707-1783) stellt in seiner „Methodus inveni-


endi lineas curvas...“ die Knickformel für Stäbe auf
1826 In Paris erscheint der „Résumé des lecons données à l’Ecole
des ponts et chaussées“ von L.M.H. NAVIER (1785-1836). Das
Werk erscheint 1851 auf Deutsch als „Mechanik der Baukunst“.
Er wird allgemein als Gründer der Baustatik genannt.
1864-1866 In Zürich erscheint die „Graphische Statik“ von Karl CULMANN
(1821-1881)
1870 James Clerk MAXWELL (1831-1879) stellt den Satz von der
Reziprokität der elastischen Verschiebungen auf, aus dem
Enrico BETTI (1823-1892) im Jahr 1872 die Gleichheit der
Ergänzungsenergien ableitet.
1886 In Leipzig erscheinen „Die neueren Methoden der Festigkeits-
lehre und der Statik der Baukonstruktionen“ von Heinrich MÜL-
LER-BRESLAU (1851-1925)
1906 In Zürich erscheinen „Anwendungen der graphischen Statik“
von Wilhelm RITTER (1847-1906)

1.2 Inhalt des Skriptums

Die Vorlesung Statik der Tragwerke befaßt sich mit der linearen Berechnung von
statisch bestimmten Tragwerken. Dies bedeutet, dass für die Berechnung allein
Gleichgewichtsüberlegungen herangezogen werden und die Verformungen des
Tragwerks aus Belastung sehr klein im Vergleich mit den Tragwerksabmessungen
sind.

1.3 Literatur

Wappenhaus und Richter, Die erste Baustatik der Welt, Bauingenieur


Krätzig W. und Wittek, U. Tragwerkslehre 1, Springer Verlag, Berlin
Sattler K. Lehrbuch der Statik, Spinger Verlag

1-6 Statik der Tragwerke


2 Mechanische Grundlagen

2.1 Kraftgrößen

Zur Einführung in das Gleichgewichtsproblem der Statik werden hier ein paar
wichtige Grundlagen der Mechanik wiederholt. In der Statik berechnen wir den
Einfluß von statischen (nicht zeitlich veränderlichen) äußere Einwirkungen auf
Tragwerke.

w1

W1
L/2 L/2

W1

Abb. 2.1 Tragwerk mit Belastung (ebene Betrachtung)

Einwirkungen sind z.B. Belastungen durch Kräfte, Temperaturänderung, Kriechen


und Schwinden. Den Einwirkungen wirkt das Tragwerk mit inneren Kräften entge-
gen. Eine der zentralen Aufgaben der Baustatik ist es, das Gleichgewicht aller auf
das und im Tragwerk wirkenden Kräfte nachzuweisen. In Abb. 2.1 ist ein Trag-

Statik der Tragwerke 2-1


Mechanische Grundlagen
2 Kraftgrößen

werk mit einer Belastung aus Eigengewicht dargestellt. Das Eigengewicht wird aus
3
dem spezifischen Gewicht γ (Masse pro Volumseinheit, z.B. kg ⁄ m ) des verwen-
deten Materials berechnet. Die Masse pro Längeneinheit eines Tragwerkteils ist
γA wobei A die Querschnittsfläche des Tragwerkteils ist. Für das Aufstellen der
Gleichgewichtsbedingungen muß dies in eine Kraft umgerechnet werden. Die Ein-
heit einer Kraft ist Newton (N) wobei 1 N die Kraft ist, welche notwendig ist eine
2
Masse von 1 kg mit 1m ⁄ s zu beschleuningen. Da Newton eine kleine Einheit ist,
wird in der Baustatik oft das Kilonewton (kN) als Einheit gewählt (1 kN = 1000
2
N). Mit der Erdbeschleunigung g ( 9, 81 m/s )ergibt sich pro Meter Längeneinheit
für das Eigengewicht w 1 = γAg N ⁄ m .
Um die Gleichgewichtsbedingung zwischen Belastung und Auflagerkräften auf-
stellen zu können muß die verteilte Belastung in eine resultierende Einzellast
(Kraftvektor) umgerechnet werden. Für den Fall einer gleichmäßig verteilten Bela-
stung ist die Größe der Resultierenden W 1 = w 1 L und der Angriffspunkt der
Resultierenden liegt in der Mitte des Tragwerks. Um die Auflagerkräfte zu Bestim-
men, muß man das Tragwerk von den Auflagern loslösen und die dort wirkenden
(resultierenden) Kräfte zeigen. Diese wirken in entgegengesetzter Richtung auf
Tragwerk und Auflager (Prinzip actio/reactio). Einzelkräfte und die von diesen
verursachten Momente nennt man auch Kraftgrößen.

2.1.1 Kraft
Eine Einzelkraft ist durch Angriffspunkt, Richtung und Größe bestimmt. Eine
Kraft kann demnach durch einen Vektor dargestellt werden. Die Größe des Kraft-
vektors wird zeichnerisch als Betrag dargestellt, der Richtungssinn wird durch die
Pfeilspitze angegeben (s. Abb. 2.1). Es soll hier festgestellt werden, dass es in der
Natur keine Einzelkräfte gibt, sondern dass diese immer als Resultierende von ver-
teilten Kräften angesehen werden sollen (siehe unter Modellbildung).

Betrag

Wirkungsrichtung

Wirkungslinie Angriffspunkt

Abb. 2.2 Darstellung einer Kraft als Vektor

2.1.1.1 Komponenten einer Kraft


Für die Berechnung ist es sinnvoll, Kräfte in Komponenten bestimmter orthogona-
ler Richtungen zu zerlegen. Abb 2.3 zeigt die Zerlegung in Richtung der zwei Ach-

2-2 Statik der Tragwerke


Mechanische Grundlagen
Kraftgrößen

sen des kartesischen Koordinatensystems für ebene Systeme und Abb. 2.4 in die
drei Achsen für räumliche Systeme.

y
P
Px cos α
Py P = = P
Py sin α
α x
Px

Abb. 2.3 Komponenten einer Kraft in der Ebene

y P
Px
Pz P = Py
Py
Pz
Px
x

Abb. 2.4 Komponenten einer Kraft im Raum

2.1.1.2 Vektorrechnung
Hier soll eine kleine Einführung in die Vektorrechnung gegeben werden, die für
das Folgende von Nutzen sein wird.
Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar

Px ex
P = Pe , = P
Py ey

Addition von Vektoren

Rx P x1 + P x2 + P x3
R = P1 + P2 + P3 , =
Ry P y1 + P y2 + P y3

Statik der Tragwerke 2-3


Mechanische Grundlagen
2 Kraftgrößen

R wird auch als Resultierende der Kräfte bezeichnet. Die Bestimmung der Resul-
tierenden ist auch graphisch möglich (siehe Abb. 2.5).

P1 P2
P3
P2
P1

P3 R

Abb. 2.5 Graphische Bestimmung der Resultierenden

Projektion eines Vektors auf einen anderen


Will man die Länge der Projektion von einem Vektor auf einen anderen berechnen,
verwendet man am besten das Skalarprodukt von zwei Vektoren.

P
Pe = P • e = Px ex + Py ey

α = P ⋅ e cos α
e
Pe

Abb. 2.6 Projektion eines Vektors mit Hilfe des Skalarprodukts

2.1.1.3 Transformation
Im folgenden wird die Projektion eines Kraftvektors in ein lokales, othogonales,
durch Einheitsvektoren e' 1 und e' 2 definiertes Koordinatensystem x' und y' benö-
tigt. Diese Projektion erhält man am einfachsten mit Hilfe des Skalarprodukts:

P x' = P • e' 1 = P x ⋅ e' 1x + P y e' 1y

P y' = P • e' 2 = P x ⋅ e' 2x + P y e' 2y

2-4 Statik der Tragwerke


Mechanische Grundlagen
Kraftgrößen

Beispiel
Gegeben sei (Abb. 2.7) die Richtung x' des lokalen Koordinatensystems durch eine
Gerade mit den Endkoordinaten (0,0) und ( Δx, Δy ). Die Richtung y' steht normal
dazu. Gesucht sind die Komponenten des Vektors P in Richtung x' und y' ( P x' und
P y' ).
P Einheitsvektoren:
y'
x'
Δx
e1 = 1 ⁄ L
P y' Δy
P x'
e2 y –Δ y
L e2 = 1 ⁄ L
e1 Δy Δx

α x 2
L= Δx 2 + Δy
Δx

Abb. 2.7 Beispiel für eine Transformation eines Vektors

Die Vektorrechnung ergibt:


P x' = P • e 1 = P x ⋅ e 1x + P y ⋅ e 1y = P x Δx ⁄ L + P y Δy ⁄ L

P y' = P • e 2 = P x ⋅ e 2x + P y ⋅ e 2y = – P x Δy ⁄ L + P y Δx ⁄ L

Führt man den Winkel α ein so ergibt sich:


cos α = Δx ⁄ L , sin α = Δy ⁄ L
P y' = – P x sin α + P y cos α
P x' = P x cos α + P y sin α

Das Ergebnis kann auch in Matrizenschreibweise dargestellt werden

P x' cos α sin α P x


=
P y' – sin α cos α P y

Statik der Tragwerke 2-5


Mechanische Grundlagen
2 Kraftgrößen

2.1.2 Moment

2.1.2.1 Moment einer Kraft


Das (statische) Moment eines Kraftvektors P um einen Punkt o wird als das Vek-
torprodukt von P und dem Vektor r, der den Punkt o mit dem Angriffspunkt von P
verbindet (siehe Abb. 2.8), definiert.
M = r × P , M = M = r cos α P = l ⋅ P

Der Momentenvektor M steht normal auf der von den Vektoren r und P gebildeten
Fläche. Die Länge von M ( M oder einfach als M bezeichnet) ist Kraft mal Nor-
malabstand der Wirkungslinie der Kraft P zum Punkt o und entspricht dem
Moment der Kraft um o. Nach der rechten-Hand Regel entspricht einem aus der
Ebene zum Beobachter zeigender Momentenvektor einem Moment entgegen dem
Uhrzeigersinn. Dies wird im folgenden als positive Momentenrichtung angenom-
men.

M Py
P
z P
y M rx
Px
r o r ry
α
y α
o
l l
x in der Ebene
im Raum x

Abb. 2.8 Moment einer Kraft

Liegen die Vektoren r und P in der x-y Ebene, so ergibt sich das Vektorprodukt
als:

rx Px ry 0 – Py 0 0
M = r×P = r × P = 0P x – 0r x = 0
y y

0 0 rx Py – Px ry rx Py – Px ry

M=r x P y – P x r y = lP

Daraus ersieht man, dass in diesem Fall der Momentenvektor normal auf der x-y
Ebene steht. Aus Abb. 2.8 ist ersichtlich, dass sich das Moment einer Kraft nicht

2-6 Statik der Tragwerke


Mechanische Grundlagen
Kraftgrößen

ändert, wenn die Kraft entlang ihrer Wirkungslinie verschoben wird. Ein Moment
hat die Dimension Kraft mal Länge. Eine übliche Einheit für Momente ist [kNm].

2.1.2.2 Moment von mehreren Kräften


Das (resultierende) Moment von mehreren Kräften um einen Punkt o ist die
Summe der Momente aller Kräfte (siehe Abb. 2.9).
P1 P2
l1

l2 M o = ΣM o = P 1 l 1 + P 2 l 2 – P 3 l 3
P3
Mo
l3

Abb. 2.9 Resultierendes Moment von mehrern Kräften in der Ebene

2.1.2.3 Moment eines Kräftepaars


Haben zwei Kräfte die gleiche Größe, entgegengesetzte Richtungen und verschie-
dene Wirkungslinien, so spricht man von einem Kräftepaar (s. Abb. 2.10). Ein
Kräftepaar hat um jeden beliebigen Punkt in der von den beiden Kraftvektoren
definierten Ebene das gleiche Moment. Auf den allgemeinen drei-dimensional
Fall übertragen bedeutet dies, dass man einen Momentenvektor beliebig verschie-
ben kann.

M o2
Moment um o1:
l2
M = P ( l 1 + l ) – Pl 1 = Pl

P l Moment um o2:
M = P ( l 2 + l ) – Pl 2 = Pl
l1
P o1
M

Abb. 2.10 Moment eines Kräftepaars

Wie man in Abb. 2.11 sieht, kann man sich eine nicht im Punkt o wirkende Kraft
auch als eine im Punkt o wirkende Kraft und einen Momentenvektor vorstellen.

Statik der Tragwerke 2-7


Mechanische Grundlagen
2 Gleichgewicht

z P
y
r
o α
l
x
M = Pl
P P
P
P
= =

l
P
Abb. 2.11 Ersatzsystem für ein Kräftesystem im Raum

2.2 Gleichgewicht

In der Statik betrachten wir nur Kraftsysteme die im Gleichgewicht sind, daher
wird das Konzept des Gleichgewichts hier näher erläutert.

2.2.1 Gleichgewicht eines Punktes


Ein Punkt mit der Masse m an dem Kräfte angreifen wird in eine bestimmte Rich-
tung beschleunigt. Bei einem System ist der Richtungsvektor der Beschleunigung
in der Ebene durch zwei, im Raum durch drei Komponenten definiert.
Der Punkt hat somit zwei bzw. drei Freiheitsgrade. Wenn die vektorielle Summe
aller am Punkt angreifenden Kraftgrößen (resultierende Kraftgrösse) verschwin-
det ist die Beschleunigung des Punktes Null, d.h. der Punkt befindet sich im
Gleichgewicht.
Der rechnerische Nachweis für Gleichgewicht eines Punktes in der Ebene ist:

P xi 0
R = ∑ =
P yi 0

2-8 Statik der Tragwerke


Mechanische Grundlagen
Gleichgewicht

Für die Bestimmung des Gleichgewichts in der Ebene stehen zwei Gleichungen
zur Verfügung. Zeichnerisch bedeutet das Gleichgewicht, dass sich das Kraftpoly-
gon schließt (Abb. 2.12).
R = P1 + P2 + P3 = 0 P2
P3
P1 P2
P1

Graphische Darstellung

Abb. 2.12 An einem Punkt angreifende ebene Kräfte im Gleichgewicht

Der rechnerische Nachweis für Gleichgewicht eines Punktes im Raum ist:

P xi
0
R = ∑ P yi = 0

P zi 0

Für die Bestimmung des Gleichgewichts im Raum stehen drei Gleichungen zur
Verfügung.

2.2.1.1 Alternative Gleichgewichtsbedingung - Prinzip der Virtuellen


Arbeiten
Eine alternative Möglichkeit Gleichgewichtsbedingungen zu formulieren ist das
Prinzip der virtuellen Arbeiten. Das Prinzip besagt, dass, wenn ein im Gleichge-
wicht befindlicher Punkt um einen virtuellen (gedachten) Betrag verschoben wird,
die Summe aller virtuellen Arbeiten, die von den am Punkt angreifenden Kräften
geleistet werden, verschwinden muss. Die virtuellen Verschiebungen können
beliebig angenommen werden und haben keine Dimension. Da hier die Annahme
kleiner Verformungen gilt, werden virtuelle Verschiebungen auch als unendlich
klein angenommen.
Die Arbeit einer Kraft ist das Skalarprodukt des Kraftvektors und des Verfor-
mungsvektors. Verschiebt man einen wie in Abb. 2.13 einen belasteten Punkt um
eine virtuelle Verschiebung δu , so ergibt sich:

W = P 1 • δu + P 2 • δu + P 3 • δu = ( P 1 + P 2 + P 3 ) • δu = 0

oder in Skalarschreibweise:

W = ( P 1x + P 2x + P 3x ) ⋅ δu x + ( P 1y + P 2y + P 3y ) ⋅ δu y = 0

Statik der Tragwerke 2-9


Mechanische Grundlagen
2 Gleichgewicht

Nachdem bei einem System im Gleichgewicht der Klammerausdruck verschwin-


den muss, ergibt sich W=0.

P1 P2

δu
P3

Abb. 2.13 Nachweis des Gleichgewichts mit Hilfe einer virtuellen Verschiebung

2.2.2 Gleichgewicht eines belasteten starren Körpers in der


Ebene
Im Gegensatz zu Punkten kommt bei starren Körpern zusätzlich zur Tanslationsbe-
wegung noch ein zusätzlicher Freiheitsgrad, die Rotation, dazu, d.h. starre Körper
haben in der Ebene 3 Freiheitsgrade.
Ein starrer ebener Körper, an dem Kräfte angreifen, ist im Gleichgewicht, wenn
sowohl die Resultierende dieser Kräfte als auch das Moment, das durch diese
Kräfte verursacht wird, um jeden beliebigen Punkt o verschwindet.
P xi 0
R = ∑ = , ∑ Mo = 0
P yi 0

Für die Bestimmung des Gleichgewichts in der Ebene stehen drei Gleichungen zur
Verfügung. In Abbildung 2.14 wird gezeigt, dass es verschiedene Möglichkeiten
gibt, die Gleichgewichtsbedingungen zu formulieren, d.h. man kann die Momen-
tengleichung auch mehrmals anwenden. Allerdings muß man in der Wahl der
Punkte, um die das Moment berechnet wird, aufpassen, da zwei Gleichungen
linear abhängig werden können.

10 kN

(1) ∑ Pxi = 0 ; C= 0

(2) ∑ P yi = 0 ; A+B – 10 = 0

L/2 L/2 (3) ∑ M o = 0 ; B ⋅ L – 10 ⋅ L ⁄ 2 = 0


C
o
A L B

2-10 Statik der Tragwerke


Mechanische Grundlagen
Gleichgewicht

10 kN

(1) ∑ Pxi = 0 ; C= 0

(2) ∑ M o1 = 0 ; A ⋅ L – 10 ⋅ L ⁄ 2 = 0

L/2 L/2 (3) ∑ Mo2 = 0 ; B ⋅ L – 10 ⋅ L ⁄ 2 = 0


C
o2 o1 Achtung: o1 und o2 darf nicht
L senkrecht zur x-Achse sein!
A B

10 kN

o3
(1) ∑ M o1 = 0 ; A ⋅ L – 10 ⋅ L ⁄ 2 = 0

(2) ∑ M o2 = 0 ; B ⋅ L – 10 ⋅ L ⁄ 2 = 0
h L/2 L L
L/2 (3) ∑ M o3 = 0 ; B ⋅ --- – A --- + Ch = 0
C 2 2
o2 o1
Achtung: o1,o2 und o3 dürfen nicht
A L B auf einer Gerade liegen!

Ergebnis: A= 5 kN, B= 5 kN, C= 0


Abb. 2.14 Verschiedene Möglichkeiten, Gleichgewichtsbedingungen eines starren
Körpers in der Ebene aufzustellen

2.2.2.1 Nachweis des Gleichgewichts mit Hilfe der virtuellen Arbeit


Der Nachweis kann auch mit Hilfe des Prinzips der virtuellen Arbeit erfolgen. Dies
wird in Abb. 2.15 gezeigt. Um die Auflagerkraft B zu errechnen wird der Punkt B
um 1 gesgenkt. Die geleistete virtuelle Arbeit ist:
W = – B ⋅ δu By + 10 ⋅ δu y

Die Gleichgewichtsgleichung ergibt sich als:


1
W = – B ⋅ 1 + 10 ⋅ --- = 0
2
Mit B= 5 kN ergibt sich derselbe Wert, der vorher errechnet wurde.

Statik der Tragwerke 2-11


Mechanische Grundlagen
2 Gleichgewicht

10 kN

L/2 L/2
C

A L B

10 kN

1
δu y = ---
2

L/2 L/2
C

L δu By = 1
A B

Abb. 2.15 Nachweis des Gleichgewichts mit Hilfe der virtuellen Arbeiten

2.2.3 Gleichgewicht eines räumlichen Systems


Ein räumliches System hat sechs Freiheitsgrade, also sechs Möglichkeiten sich zu
bewegen: Translationen in x-, y- und z-Richtung und Rotationen um die x-, y- und
z-Achse. Daher gibt es für einen räumlichen Körper auch sechs Gleichgewichtsbe-
dingungen:

P xi 0 M xi 0
R = ∑ P yi = 0 , M o = ∑ M yi = 0

P zi 0 M zi 0
o

Abb. 2.16 Gleichgewichtsbedingungen im Raum

2-12 Statik der Tragwerke


Mechanische Grundlagen
Gleichgewicht

Beispiel:
Gegeben ist ein System im Gleichgewicht mit der Belastung 10 kN, gesucht wer-
den die Kräfte A,B,C,D,E,F

z
E
y a F

c x C
b D 10 KN
L/2
a
A L/2
L
B b
c

(1) ∑ Pxi = 0 D+E = 0

(2) ∑ Pyi = 0 F = 0
(3) ∑ Pzi = 0 A + B + C – 10 = 0
(4) ∑ M aa = 0 10 ⋅ L – B ⋅ L = 0
(5) ∑ M bb = 0 L
C ⋅ L – 10 ⋅ --- = 0
2
(6) ∑ M cc = 0 E⋅L = 0

Ergebnis: A= -5 kN, B= 10 kN, C= 5kN, D= 0 kN, E= 0 kN, F= 0 kN

Statik der Tragwerke 2-13


Mechanische Grundlagen
2 Gleichgewicht

2-14 Statik der Tragwerke


3 Idealisierungen in der Baustatik

Modellbildung
Tragwerksgeometrie, Auflager und Verbindungen
Einwirkungen

3.1 Modellbildung

Die Aufgabe des Statikers ist es, die Tragwirkung einer Konstruktion sowie die,
das Bauwerk beanspruchenden Einwirkungen (Lasten), möglichst wirklichkeits-
nahe zu erfassen. Im Allgemeinen sind Tragwerke jedoch komplexe dreidimensio-
nale Gebilde. Um diese komplexe Aufgabe rechnerisch bewältigen zu können, ist
es vielfach notwendig, das Bauwerk und die Belastung stark zu vereinfachen. Es
muss ein System gefunden werden, das einerseits das Tragverhalten befriedigend
beschreibt und das andererseits einen vertretbaren Aufwand erfordert. Die Verein-
fachung des Systems um den Aufwand zu minimieren lässt sich unter dem Begriff
Modellbildung zusammenfassen.
Als nur der Rechenschieber als einziges Hilfsmittel zur Verfügung stand, war eine
effiziente Modellbildung unabdingbar, da nur durch eine sehr effiziente Modellbil-
dung eine Rechnung überhaupt möglich war. Mit der Verfügbarkeit von Rechen-
programmen, die komplexe 3-D Systeme in Sekundenschnelle rechnen können, ist
die Notwendigkeit einer effizienten Modellbildung nicht mehr in dem Ausmaß
gegeben. Modellbildung ist aber trotzdem von sehr großer Wichtigkeit. Sehr oft
wird das Tragwerk „zu Tode gerechnet“ d.h. der betriebene Aufwand steht in kei-
nem Verhältnis zu der Qualität der Ergebnisse.
Für die Beschreibung eines Tragwerkes ist folgende Information notwendig:
Š Geometrische Form
Š Übergangsbedingungen zwischen Tragwerksteilen (Gelenke etc.)
Š Material
Im folgenden wird zunächst näher auf die Beschreibung der geometrischen Form
eingegangen.

Statik der Tragwerke 3-1


Idealisierungen in der Baustatik
3 Prinzipielles Vorgehen

3.2 Prinzipielles Vorgehen

Das wirkliche Tragwerk muss in ein Gedankenmodell überführt werden mit dem
sein mechanisches Verhalten simuliert (berechnet) werden kann. Für die Berech-
nung ist es notwendig ein (numerisches) Berechnungsmodell zu erstellen welches
aus Eingabedaten für Computerprogramme besteht. Das Konzept soll hier an Hand
des Towers Flughafen Wien (derzeit der größte in Europa) erklärt werden. Von
einem dreidimensionalen „Prototyp“ augegehend identifizieren wir zunächst das
mechanische Modell. Dies besteht aus flächenförmigen und linienförmigen Trag-
werksteilen. Beim Übergang vom mechanischen Modell in das Berechnungsmo-
dell muss man überelegen ob die flächenhaften Elemente eine wesentliche
Tragwirkung haben. Im speziellen Fall wurde entschieden, das Berechnungsmo-
dell nur mit linienhaften Tragwerksteilen zu modellieren.

Numerisches Modell Mechanisches Modell Wirklichkeit


Abb. 3.1 Die zwei Stufen der Modellbildung an Hand eines Beispiels (Tower
Floghafen Wien, Ingenieurbüro Lorenz)

Das Beispiel soll zeigen, dass für die Betrachtung des gesamten Tragwerks linien-
hafte und flächenhafte Tragwerksteile indentifiziert werden. Ein wichtiger Aspekt
der Erstellung eines Berechnungsmodells ist die Identifizierung von Tragwerkstei-
len (dies ist auch unter dem Terminus Diskretisierung bekannt).

3.2.1 Diskretisierung
Die diskrete Beschreibung eines Tragwerks ist die Grundvoraussetzung für die
numerische Berechnung. Dabei wird das Tragwerk in einfachere Teile zerlegt. Für

3-2 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Prinzipielles Vorgehen

flächenhafte Teile sind das die Finitene Elemente, für linienhafte Teile Stabele-
mente. Beispiele für eine Diskretisierung sind in Abb. 3.2 dargestellt.
Knoten (starre Verbindung
zwischen den Elementen)
Momentengelenk (gelenkige
Verbindung zwischen den Elementen)
t
m en
ele
S tab

Rahmen
Bogen (Näherung durch gerade Stabelemente)

Trägerrost

Finites
Element
Scheibe

Abb. 3.2 Diskretisierung von Tragwerken

Der Vorteil einer Diskretisierung ist dass die einzelnen Stäbe zuerst getrennt von-
einander betrachtet werden können und dann mit Hilfe der Übergangsbedingungen
zu einem Gesamttragwerk zusammengesetzt (assembliert) werden können.

3.2.2 Lokale Effekte


Für die effziente Modellbildung ist es überaus wichtig dass man für die Betrach-
tung des Gesamttragwerks lokale Effekte, d.h. Effekte welche einen sehr begrenz-

Statik der Tragwerke 3-3


Idealisierungen in der Baustatik
3 Prinzipielles Vorgehen

ten Einfluss auf des Gesamttragwerk haben, nicht berücksichtigt. Dies sei hier an
zwei einfachen Beispielen erklärt. Belastet man einen Kragträger mit einer gleich-
mäßig verteilten Belastung oder einer Einzellast, so ist für den überwiegenden
Großteil des Tragwerks kein Unterschied zu sehen, solange die Resultierende der
verteilten Belastung der Einzellast entspricht (Abb. 3.3). Das heißt, dass der Ein-
fluss sich auf einen kleinen Bereich beschränkt. Dies ist auch unter der Bezeich-
nung Krafteinleitungsproblem bekannt und nicht vernachlässigbar jedoch für das
Gesamttragwerk von untergeordneter Bedeutung. Krafteinleitungsprobleme kann
man am effizientesten durch Detailstudien, wo nur der Bereich der Lasteinleitung
betrachtet wird, lösen.

P=qh

h q

Abb. 3.3 Einfluss einer konzentrierten Einzellast auf die Spannungsverteilung im


Kragträger (gezeigt werden Kontouren der horizontalen Spannung)

Dieses Prinzip ist auch auf Auflager anwendbar. In Abb. 3.4 wird gezeigt, dass die
Lage der Auflager für die Biegebeanspruchung des Einfeldträgers einen vernach-
lässigbaren Einfluss hat.

Abb. 3.4 Einfluss der Position des Auflagers auf die Spannungsverteilung eines
Einfeldträgers (gezeigt werden die Kontourlinien der horiz. Spannung)

Dies wurde übrigens schon 1855 von Saint Vennant erkannt und ist als das Prinzip
von St. Vennant bekannt welches lautet:

3-4 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Tragwerkselemente

„Zwei verschiedene Verteilungen einer Last, die auf dieselbe Stelle eines Körpers wirken,
haben grundsätzlich dieselbe Auswirkung auf jene Teile des Körpers, die genügend weit
weg von der Laststelle sind vorausgesetzt die angreifenden Lasten haben die gleiche
Resultierende“.
Das Prinzip von Saint Venant ist Voraussetzung für die Dimensionsreduktion der
Geometrie und für die Idealisierung von Belastungen in Einzellasten.

3.3 Tragwerkselemente

3.3.1 Flächentragwerke
Als Flächentragwerke bezeichnet man Tragwerke oder Tragwerksteile, deren
Dicke t klein im Verhältnis zu den Längenabmessungen ist. Flächentragwerke
kann man wie folgt unterteilen:
Š Schalen (räumlich gekrümmt)
Š Platten (eben mit Belastung normal zur Ebene)
Š Scheiben (eben mit Belastung in der Ebene)
Š Faltwerke (aus ebenen Teilen bestehend).
Bei diesen Tragwerken können wegen der geringen Dicke vereinfachte Annahmen
in der Dickenrichtung angenommen werden. Dadurch kann, statt mit einem drei-
dimensionalen Kontinuum das Tragwerk mit Flächen beschrieben werden
(Dimensionsreduktion).

Kirchhof

oder Mindlin

Abb. 3.5 Dimensionsreduktion bei Schalentragwerk

Platten und Schalen


In der Kirchhoff’sche und Mindlin’schen Plattentheorie wird angenommen dass
Querschnitte auch nach der Verformung eben bleiben. In der Kirchhoff’sche Plat-
tentheorie wird zusätzlich angenommen dass Querschnitte immer normal zur Mit-
telfläche stehen. Flächentragwerke können praktisch nur mit numerische
Methoden wie z.B. der Methode der Finiten Elemente berechnet werden. Als Bei-
spiel sei hier die Modellbildung für ein Hyparschale, wo ein Schalenmodell
gewählt wurde, gezeigt (Abb. 3.6).

Statik der Tragwerke 3-5


Idealisierungen in der Baustatik
3 Tragwerkselemente

Scheiben und Faltwerke


Bei Scheiben und Faltwerken wird der Dehnungsverlauf über die Dicke konstant
angenommen. Als Beispiel sie hier das Computermodell für das Bauwerk „Oceans
End“ in Hamburg, wo ein Faltwerkmodell gewählt wurde, gezeigt (Abb. 3.7).

Computermodell (mit Kontourlinien


der z-Verformung)

Wirklichkeit

Abb. 3.6 Modellbildung einer Hyparschale

Numerisches Modell

Architektonisches
CAD Modell

Abb. 3.7 FE Modell Bürogebäude Oceans End (aus Baustatik-Baupraxis 9)

3-6 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Tragwerkselemente

3.3.2 Stabtragwerke
Bei Stabtragwerken ist die Dicke und Breite klein im Verhältnis zur Länge sind.
Hier kann die Dimension weiter reduziert und Linien verwendet werden. Voraus-
setzung dafür ist die Annahme, dass ebene Querschnitte auch nach der Verformung
eben bleiben. Die zugehörigen Theorien sind die von Euler-Bernoulli (Quer-
schnitte bleiben normal zur Achse) und Timoshenko. Hier findet eine Reduktion
der Dimension von 3-D auf 1-D statt.

x
x

Euler-Bernoulli

Timoshenko

y
y
z
z

Abb. 3.8 Dimensionsreduktion bei einem 3-D Stabelement

Bei der Darstellung des Stabelements als Linie geht zunächst die Information über
den Querschnitt verloren, wird jedoch durch die Querschnittswerte (Fläche, Träg-
heitsmoment, Drillsteifigkeit, siehe später) ersetzt. Eine weitere Reduktion des
Berechnungsaufwands erreicht man indem man annimmt, dass das Stabelement in
einer Ebene liegt und Belastungen nur in dieser Ebene aufgebracht werden (siehe
Abb. 3.9).
x
x

Euler-Bernoulli

Timoshenko

z z

Abb. 3.9 2-D Stabelement

Statik der Tragwerke 3-7


Idealisierungen in der Baustatik
3 Auflager

3.4 Auflager

Tragwerke sind über Widerlager und Fundamente auf dem Boden aufgelagert.
Dabei wirkt das Tragwerk mit der Auflagerkraft über das Widerlager bzw. Funda-
ment auf den Boden. Die konstruktive Ausbildung der Auflager bestimmt, welche
Weggrößen (Verschiebungen, Verdrehungen) gesperrt werden und somit welche
Auflagerkräfte aktiviert werden. Auch hier findet eine Idealisierung statt: In Wirk-
lichkeit sind die Weggrößen nicht exakt gesperrt, da der Boden eine gewisse Nach-
giebigkeit aufweist. Um diese Nachgiebigkeit zu modellieren können Weg und
Verdrehungsfedern verwendet werden (Abb. 3.10).

Wegfeder: kx (kN/mm)
Drehfeder: kd (kNm/rad)

Wegfeder: ky (kN/mm)

Abb. 3.10 Idealisierung eines Auflagers für ein 2-D System

Allerdings ist es nicht sehr leicht den Federn entspechenden Steifigkeiten zuzuord-
nen daher wird im allgemeinen angenommen dass gewisse Auflagerbewegungen
gänzlich unterbunden sind. Der Einfluss, den die Steifigkeit einer Drehfeder auf
die Ergebnisse hat ist an Hand eines Rahmentragwerkes in Abb. 3.11 darge-
stellt.Hier wird die Steifigkeit der Drehfeder beider Auflager variiert und der Ein-
fluss auf die Biegelinie beobachtet. Die Auswirkung der Drehfeder hängt vom
Verhältnis der Verdrehsteifigkeit des Tragwerks zu jener der Drehfeder ab.

kd= 0 (Gelenk)

kd= 1000 kNm/rad kd= ∞ ( Starr )

Abb. 3.11 Einfluss der Verdrehsteifigkeit der Auflager für einen ebenen Rahmen

3-8 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Auflager

Man sieht dass der Einfluss der Verdrehsteifigkeit nicht vernachlässigbar ist und
daher bei Annahme eines starren Auflagers in der konstruktiven Ausbildung
bedacht genommen werden muss, eine große Verdrehsteifigkeit zu gewährleisten.
Andererseits ist bei gelenkigen Auflagern zu berücksichtigen, dass Reibungskräfte
auftreten und eine vollkommen kraftfreie Verschiebung/Verdrehung nicht stattfin-
det. Aus den Ergebnissen in Abb. 3.11 sieht man jedoch dass hier eine geringe Ver-
drehsteifigkeit keine große Auswirkung hat.
Bei Bauwerken - insbesondere Brücken - müssen bewegliche Auflager vorgesehen
werden um Spannungen aus Temperaturänderung zu vermeiden. In Abbildung
Abb. 3.12 wird der Einfluss der Lagerung auf die Normalkraft in einem Einfeldträ-
ger gezeigt. Auch hier ist das Verhältnis von Lagersteifigkeit zur Stabsteifigkeit
von Bedeutung (in Abb. 3.12. entspricht ein kw =10 kN/mm einem Verhältnis von
0.032). Es zeigt sich dass eine im Verhältnis zur Stabsteifigkeit geringe Steifigkeit
des Auflagers einen geringen Einfluss auf die Normalkraft hat.

kw= 0 kw = 0

kw= 10 kN/mm

N kw = ∞

Abb. 3.12 Einfluss der Lagersteifigkeit auf die Normalkraft eines Einfeldträger

Bei der konstruktiven Ausführung der Lager ist zu beachten, dass genügend große
Verschiebungswerte möglich sind. So ist bei einer Hängebrücke mit einer Spann-
weite von 2000 m mit einer Lagerverschiebung aus einer Temperaturerhöhung von
–5
30 Grad von T ⋅ α T ⋅ L = 30 ⋅ 10 ⋅ 2000 = 0, 6 m (!) zu rechnen. Im folgenden
werden die in der Baustatik gebräuchlichen Symbole, die Bewegungsmöglichkeit
des Auflagers (Freiheitsgrade) sowie die entstehenden Auflagerkräfte gezeigt.
Auflagerkräfte entstehen in Richtungen in denen die Bewegungsmöglichkeit
gesperrt ist.

Statik der Tragwerke 3-9


Idealisierungen in der Baustatik
3 Auflager

3.4.1 Auflager für ebene Systeme

3.4.1.1 Verschiebliches Gelenkauflager


Beim verschieblichen, gelenkigen Auflager ist nur die Verschiebung in eine Rich-
tung gesperrt. Bei der konstruktiven Ausbildung als Rollenlager werden keine
Kräfte in horizontaler Richtung mobilisiert. Das Neoprenlager hingegen weist eine
Steifigkeit aus, bei der Ausführung als Neoprenlager entstehen daher zwar zusätz-
liche Auflagerkräfte aber diese werden hier vernachlässigt

Rollenlager

Neoprenlager

Symbol konstruktive Ausführungen

Abb. 3.13 Beispiel für ein (horizontal) verschiebliches Auflager

3.4.1.2 Unverschiebliches Gelenkauflager


Bei einem unverschieblichen (gelenkigen) Auflager sind die Verschiebungen
gesperrt und nur die Verdrehung frei.

Symbol konstruktive Ausführungen

Abb. 3.14 Unverschiebliches Auflager mit Gelenk.

3-10 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Auflager

3.4.1.3 Eingespanntes Auflager


Bei einem eingespannten Auflager sind sowohl alle Verschiebungen als auch die
Verdrehung gesperrt. Wie schon erwähnt ist exakte Einspannung ist praktisch nicht
durführbar, da das Fundament und der Boden wo das Tragwerk aufgelagert ist eine
gewisse Nachgiebigkeit hat.

Symbol konstruktive Ausführungen

Abb. 3.15 Eingespanntes Auflager

3.4.1.4 Allgemein verwendete Symbole

verwendete
Symbole

Freiheits-
grade keine

Auflager-
kräfte

Abb. 3.16 Ebene Stützung: Symbole, Freiheitsgrade und Auflagerkräfte

3.4.2 Auflager für 3-D Systeme


Für dreidimensionale Systeme ist die Beschreibung der Auflagersymbole komple-
xer, da bis zu sechs Freiheitsgrade gesperrt werden können. Abb. 3.10 zeigt einige
gebräuchliche Symbole.

Statik der Tragwerke 3-11


Idealisierungen in der Baustatik
3 Verbindungen

Gelenkstab Auflagerkraft-
Lager
Äquivalent größen

x’

y’ Fz’
z’

Fx’
x’

y’ Fy’
z’
Fz’

x’ Fx’ Mx’

y’
Fy’ My’
z’ Fz My’

Fx’ Mx’
x’

y’
z’ Fz Fy’

Abb. 3.17 Räumliche Stützung: Symbole und Auflagerkräfte

3.5 Verbindungen

Tragwerke kann man sich aus mehreren Tragwerksteilen zusammengesetzt den-


ken, die miteinander verbunden sind. Dabei werden je nach der konstruktiven Aus-
bildung dieser Verbindungen Kräfte übertragen. Je nachdem welche Kraftgrößen
von einem Tragwerksteil zum nächsten übertragen werden können, unterscheidet
man verschiedene Gelenkstypen. Abb. 3.11 enthält eine Auflistung der gebräuch-
lichsten Gelenke und ihrer Darstellungsart in statischen Systemen.
fester Anschluss Biegemomenten- Längskraft- Querkraft-
Gelenk Gelenk Gelenk
Symbol

Zwischen-
reaktions-
kräfte
M=0 N=0 Q=0

Abb. 3.18 Gelenkstypen, Symbole und Zwischenreaktionskräfte

3-12 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Annahmen der linearen Stabstatik

Abb. 3.19zeigt die konstruktive Ausbildung eines Momentengelenks im konstruk-


tiven Holzbau.

Abb. 3.19 Beispiel für die konstruktive Ausführung eines Momentengelenks im


Holzbau

3.6 Annahmen der linearen Stabstatik

Im folgenden werden die vereinfachte Annahmen für Stabtragwerke betrachtet

3.6.1 Grundsätzliche Annahmen


Wir beschäftigen uns hier nur mit der linearen Statik, d.h. dass es eine (eindeutige)
lineare Beziehung zwischen Belastung und Verformung gibt.
P
P

Abb. 3.20 Last-Verformungsdiagramm eines Tragwerks

Statik der Tragwerke 3-13


Idealisierungen in der Baustatik
3 Annahmen der linearen Stabstatik

Dies bedeutet dass das Last-Verformungsdiagramm linear ist d.h. wenn die Lasten
um einen Faktor λ vergrößert werden auch die Verformungen um den selben Fak-
tor zunehmen (Abb. 3.20). In der linearen Statik ist die Reihenfolge in der die
Lasten auf das Tragwerk aufgebracht werden nicht von Bedeutung. Dadurch ist das
Prinzip der Superposition anwendbar, d.h. man kann Einflüsse getrennt betrachten
und die Auswirkungen (Verformungen, Schnittkräfte) aufsummieren.

+ =

Die Voraussetzungen für lineare Statik sind:


Š Linearität des Materialverhaltens (Hooke’sches Gesetz)
Š Verformungen werden in den Gleichgewichtsüberlegungen nicht berücksichtigt
und werden als klein angenommen (siehe Kinematik)
Š Das System und die Randbedingungen ändern sich während der Belastung nicht
(Bauzustände, Kontaktprobleme...)
Außerdem werden für die geometrischen Beschreibungen die Verdrehungen als
klein angenommen:

a
α
Wirklichkeit Näherung
b
sin α ≈ tan α ≈ α , cos α ≈ 1

Beispiel: a=1 m, b=1 mm, tan α = 0, 001 , α = 0, 001001rad

3.6.2 Beanspruchung
Bei Stäben kann man die Beanspruchung wie folgt in drei Teile tennen:
Š Dehnung
Š Biegung und Schub
Š Drillung
Die Beanspruchungen sind in Abb. 3.21 dargestellt.

3-14 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Annahmen der linearen Stabstatik

Dehnung Biegung & Schub Drillung

Abb. 3.21 Beanspruchungen eines Stabes

3.6.3 Dehnung
Hier wird angenommen, Querschnitte nach der Verformung parallel zueineinder
stehen. Bezeichnet man die Längsverschiebung als u ( x' ) - wobei x' die Koordinate
in Richtung der Stabes ist - so ist Dehnung
du
ε=
d x'

konstant über den Querschnitt. Aus dem Hook’schen Gesetz ergibt sich für einen
eindimensionalen Spannungszustand (Annahme dass die Spannung quer zur Sta-
bachse null ist)
du
σ= E ⋅ ε= E ⋅
d x'
somit auch ein konstanter Verlauf über den Querschnitt. Integriert man die Span-
nungen über den Querschnitt so ergibt sich die Resultierende als:

N= A ⋅ σ

Diese ist auch als innere Normalkraft bzw. Schnittkraft N bekannt.

3.6.4 Ebene Biegung und Schub


Der Verlauf der Spannungen im Querschnitt des Biegeträgers gab in der Antike ein
Rätsel auf, das erst 1687 gelöst wurde.Unter anderem beschäftigten sich Galileo
und Leibnitz mit diesem Problem. Der Schlüssel zur richtigen Lösung des Pro-
blems war das Hooke’sche Gesetz (1678), das eine Beziehung zwischen Spannung
und Dehnung herstellte. In seinen Lectures de potentia restituiva wird zum ersten
Mal das Konzept der Dehnung und Stauchung von Kennfasern bei Biegung

Statik der Tragwerke 3-15


Idealisierungen in der Baustatik
3 Annahmen der linearen Stabstatik

erkannt (Abb. 3.22). Daraufhin entwickelten sich zwei Hypothesen für die Balken-
biegung: Euler-Bernoulli und Timoshenko.

Abb. 3.22 Hookes Gedanken über die Balkenbiegung

3.6.4.1 Die Euler- Bernoulli Hypothese


Die Normalhypothese wurde 1687 von Jakob Bernoulli in handschriftlichen Auf-
zeichnungen veröffentlicht. Diese Hypothese besagt, dass ebene Querschnitte, die
normal zur Stabachse sind, auch nach der Verformung eben und normal auf die
Stabachse bleiben. Hier soll an einem einfachen, ebenen Beispiel gezeigt werden,
dass diese Hypothese es uns erlaubt, den Stab durch eine Linie, welche die
Schwerpunkte der Querschnitte verbindet, zu ersetzen.
Dehnungen aus Biegung
Im folgenden wird angenommen, dass der Stab nicht in Längsrichtung belastet ist,
d.h. dass nur Beanspruchung aus Biegung auftreten. Abb. 3.23 zeigt einen Stab in
der unverformten und verformten Lage. Betrachtet man zwei gerade Linien mit
einem Abstand dx, die normal zur Stabachse stehen, so sieht man, dass diese auch
nach der Verformung gerade und normal zur Stabachse bleiben und dass die Faser
unter der Systemachse gedehnt, die Faser oberhalb gestaucht wird. In Abb. 3.24
sind beide Linien noch einmal größer augetragen, um zu zeigen wie man aus den
Verdrehungen der Linien (bzw. der Neigung der Tangente zur Bieglinie) die Ver-
längerung einer Faser und daraus auch die Dehnung einer Faser mit dem Abstand z
berechnen kann.

3-16 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Annahmen der linearen Stabstatik

x'

z', w dx'

Abb. 3.23 Verformter Kragträger mit Annahme von Bernoulli

dx'

d
– ⎛ w' + w' ⋅ dx'⎞
– w' ⋅ z' ⎝ dx ⎠
– w'

z' – ( w' + w'' ⋅ dx' ) ⋅ z'

Abb. 3.24 Geometrische Beziehungen zur Berechnung der Verlängerung einer Faser

Die Verlängerung einer Faser mit dem Abstand z zur Achse ist

du = w' ⋅ z' – ( w' + w'' ⋅ dx' ) ⋅ z' = – w'' ⋅ z' ⋅ dx'

die Dehnung der Faser ist:


du
ε= = – w'' ⋅ z'
d x'

Der Verlauf der Dehnung ist daher linear in Richtung z. Aus dem Hook’schen
Gesetz ergibt sich
du
σ(z)= E ⋅ ε= E ⋅ = – E ⋅ w'' ⋅ z' = E ⋅ κ ⋅ z'
d x'

Statik der Tragwerke 3-17


Idealisierungen in der Baustatik
3 Annahmen der linearen Stabstatik

somit auch ein linearer Verlauf über den Querschnitt(Abb. 3.25). Hier wurde κ
(Krümmung) für die zweite Ableitung von w eingesetzt. Integriert man die Span-
nungen mal Hebelsarm über den Querschnitt so ergibt sich das resultierende
Moment als:

∫ ( σ ⋅ z' ) dz' = E ⋅ κ ⋅ ∫ z' dz = E ⋅ I ⋅ κ


2
M=

Diese ist auch als inneres Moment bzw. Schnittkraft M bekannt.

Schwerachse

Abb. 3.25 Spannungsverlauf im Querschnitt aus Biegung

Wird als Bezugsachse die Schwerachse (Linie welche die Schwerpunkte der Quer-
schnitte verbindet) angenommen so entsteht aus einer reinen Momentenbelastung
keine resultierende Normalkraft, da das Integral (statische Moment) verschwindet

N = ∫ σ dz' = E ⋅ κ ∫ z' dz' = 0

Die Schwerachse nenn man auch neutrale Achse, da bei einer reinen Momenten-
belastung die Spannungen dort null sind. Die Konsequenz der Bernoulli Hypothese
ist dass allein aus der Betrachtung der verformten neutralen Achse (Biegelinie)
Rückschlüsse auf den Spannungsverlauf im Querschnitt, bzw. auf die inneren
Kraftgrößen gezogen werden kann.
Schubspannungen aus Biegung
Die eben gezeigte Berechnung der Biegespannung aus der Krümmung ist nur gül-
tig, wenn zwischen den einzelnen Fasern keine Relativverschiebung (Schlupf) ent-
steht. Dies kann man am besten an Hand eines aus zwei Brettern bestehenden
Holzträgers erklären. Sind die einzelnen Bretter nicht miteinander verdübelt, dann
ist der Träger viel weniger steif als mit einer Verdübelung. Die Kräfte in den
Dübeln stellen die im Träger wirkenden Schubkräfte dar. Die Schubkraft kann aus
dem Gleichgewicht eines abgeschnittenen Teils ermittelt werden und wird hier für
einen Rechteckquerschnitt gezeigt (Abb. 3.27)

3-18 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Annahmen der linearen Stabstatik

Abb. 3.26 Vergleich der Verformungen eines Holzträgers ohne und mit Verdübelung

T
τ z
R1 h/2
R2

dx

σ σ+ dx
dx

Abb. 3.27 Bestimmung der Schubspannungeverteilung über den Querschnitt

Die aus den Normalspannungen resultierenden Kräfte sind:


z z
⎛ σ + dσ dx⎞ b dz
R1 = ∫h ⁄ 2 σ b dz , R 2 = ∫h ⁄ 2 ⎝ d x ⎠

Die Schubkraft errechnet sich aus der Bedingung für horizontales Gleichgewicht:
z

T = R1 – R2 = ∫h ⁄ 2 ⎛⎝ d x dx⎞⎠ b dz

Statik der Tragwerke 3-19


Idealisierungen in der Baustatik
3 Annahmen der linearen Stabstatik

Daraus kann man eine gleichmäßig verteilte Schubspannung berechnen:


1 z dσ
τ = --- ⋅ ∫ b dz
b h ⁄ 2 dx

Schubspannungen entstehen nur wenn sich die Normalspannungen in Stabrichtung


ändern ( d σ ⁄ dx ≠ 0 ). Für den Verlauf der Schubspannungen über den Querschnitt
in der z-Richtung ergibt sich
z z
τ = ∫h ⁄ 2 ( E ⋅ w''' ⋅ z ) ⋅ dz = E ⋅ w''' ∫
h⁄2
z ⋅ dz

was einem parabolischem Verlauf entspricht. Die Schubspannungen sind eigent-


lich über das Hooke’sche Gesetz mit Verzerrungen γ = G ⋅ τ verbunden (G ist der
Schubmodul), diese werden jedoch in der Euler-Bernoulli Hypothese nicht berück-
sichtigt.

3.6.4.2 Biegethoerie nach Timoshenko


Bei der Biegetheorie nach Timoshenko werden Schubverzerrungen berücksichtigt
allerdings werden diese über den Querschnitt als konstant angenommen. Die geo-
metrischen Verhältnisse bei dieser Annahme werden in Abb. 3.28 gezeigt.

γ
– w'

z'

Abb. 3.28 Annahme der Theorie nach Timoshenko

Die Schubverzerrung γ wird mit einem Mittelwert der Schubspannung errechnet.

3-20 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Annahmen der linearen Stabstatik

3.6.4.3 Richtigkeit der vereinfachten Annahmen nach Bernoulli.


Hier wird an Hand von einem Beispiel die Richtigkeit der eben besprochenen ver-
einfachten Annahmen nach Bernoulli überprüft.

p=1 Max. Spannung,


nach Bernoulli:
2
6⋅L
σ B = ± -------------
h 2
8⋅h

h/L= 0,25
σ B = 12, 0

max. Fehler= 0,5%

h/L= 0,5
σ B = 3, 0
max. Fehler= 5%

h/L= 1,0

σ B = 0, 75

max. Fehler= 175%

Abb. 3.29 Spannungeverläufe bei einem Einfeldträger mit verschiedenen


Verhältnissen h/L

Statik der Tragwerke 3-21


Idealisierungen in der Baustatik
3 Annahmen der linearen Stabstatik

Bei einem Einfeldträger mit einer Breite b=1, Höhe h und Länge L wird in Abb.
3.29 die Bernoulli Balkentheorie mit der Kontinuumslösung (Ergenisse von Simu-
lationen mit der Methode der Finiten Elemente) überprüft. Man sieht dass ab
einem Verhältnis h/L= 0,25 der Fehler stark zunimmt. Bei größeren Werten h/L ist
also die Balkenbiegetheorie nicht mehr anwendbar und die Tragwerke sind als
Scheiben zu betrachten.

3.6.4.4 Annahme eines ebenen Spannungszustandes


Bei ebenen Stabtragwerken wird angenommen dass der Verlauf der Normalspan-
nungen in Richtung aus der Ebene konstant ist. In Abb. 3.30 wird an einem Bei-
spiel gezeigt dass dies für Querschnitte mit breiten Flanschen eher nicht zutrifft.

z'

x'
ebener Spannungszustand

wirklicher Verlauf

Abb. 3.30 Verlauf der Normalspannungen bei breitflanschigen Querschnitt

3.6.5 Räumliche Biegung Schub


Bei räumlicher Biegung wird der Stab nicht nur in der Ebene belastet daher ist die
Annahme eines konstanten Spannungsverlaufs in der Richtung aus der Stabebene
nicht mehr zulässig. Grundsätzlich kann man eine beliebige Belastung quer zur
Stabachse in zwei orthogonale Belastungen zerlegen (Abb. 3.31).

x'

y'

z'

Abb. 3.31 3-D Stabelement mit Belastung

3-22 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Annahmen der linearen Stabstatik

Für das Folgende ist es von Vorteil wenn für die Stabachsen y' und z' die Haupt-
achsen des Querschnitts gewählt werden. Werden die Trägheitsmomente um diese
Achsen mit I y' und I z' und die Momente mit M y' und M z' bezeichnet so ergibt
sich für die Spannungen aus Belastung in z' Richtung mit:
σ ( z' ) = E ⋅ κ y' ⋅ z'

aus Belastung in y' Richtung mit


σ ( y' ) = E ⋅ κ z' ⋅ y'

wobei κ y' und κ z' die Krümmungen um die y' und z' Achse sind.
Die Biegemomente sind

∫ ( σ ⋅ z' ) dz' = E ⋅ κ y' ⋅ ∫ z' dz = E ⋅ I y' ⋅ κ y'


2
M y' =

und

∫ ( σ ⋅ y' ) dy' = E ⋅ κ z ⋅ ∫ y' dy = E ⋅ I z' ⋅ κ z'


2
M z' =

3.6.6 Drillung
Bei räumlichen Stäben kommt als zusätzliche Beanspruchung die Verdrillung des
Querschnitts (Torsion) hinzu. Bei reiner (St. Venant’schen) Torsion treten aus die-
ser Beanspruchung nur Schubspannungen auf.

dA

r
τ ⋅ dA
γ
M x' ≡ T
r ⋅ dφ dφ

dx

Abb. 3.32 Verdrillung eines Kreisquerschnitts

Statik der Tragwerke 3-23


Idealisierungen in der Baustatik
3 Definition der Schnittkräfte für das Stabelement

Betrachten wie einen Teil des Stabes mit der Länge dx so kann für einen Kreis-
querschnitt die Verzerrung γ der Fläche mit dem Abstand r berechnen:

γ= ⋅r = ϑ⋅r
dx
Hier wird mit ϑ die Verdrillung eingeführt. Mit dem Hooke’schen Gesetz ergibt
sich:
τ = G⋅γ = G⋅ϑ⋅r

und das Torsionsmoment mit:

∫ τ ⋅ r ⋅ dA = G ⋅ ϑ ⋅ ∫ r dr = G ⋅ I P ⋅ ϑ
2
M x' = T =
A A

wobei I P das polare Trägheitsmoment ist. Für Querschnitte welche nicht Kreisför-
mig sind ersetzt man dieses durch die Drillsteifigkeit I D .

3.7 Definition der Schnittkräfte für das


Stabelement

Zur Gleichgewichtsbestimmung werden die Spannungen durch resultierende


Kräfte ersetzt. Diese Kräfte werden auch Schnittkräfte oder innere Kräfte (inter-
nal forces) genannt.

Ebener Spannungszusand
Bei einem ebenen Spannungszustand nimmt man an, dass die Spannungen entlang
der y-Achse (quer zur z-Achse) konstant sind. Abb. 3.33 zeigt die Beziehungen
zwischen den Spannungen und den resultierenden Schnittkräften.

3-24 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Definition der Schnittkräfte für das Stabelement

My N= ∫σ
A
x dA
N

σ x dA M y = ∫ σ x z dA
A

z
τ xz

Qz
Qz = ∫τ
A
xz dA

τ xz dA

z
Abb. 3.33 Schnittgrößen und Spannungen.

3.7.0.1 Vorzeichenkonvention
Für die Bemessung ist es sehr wichtig, dass Klarheit über die Konvention der Vor-
zeichen besteht. Wichtig ist dabei zu wissen, ob ein Moment in einer bestimmten
Faser Zug oder Druck erzeugt. Zum Beispiel muss man bei Tragwerken aus Beton
Stahlbewehrung im Zugbereich vorsehen, da der Beton eine geringe Zugfestigkeit
aufweist. Das Vorzeichen der Querkraft und Normalkraft spielt natürlich auch eine
wichtige Rolle. Bei der Bemessung sind zum Beispiel Druckstäbe anders zu
behandeln als Zugstäbe.
In deutschsprachigen Ländern ist es üblich, eine Kennfaser einzuführen. Die Kon-
vention, dass diese bei einem positiven Moment gezogen wird.
Die Vorzeichen für schnittkräfte werden wie folgt fest gelegt (s. auch Abb. 3.23):
Š Ein positives Biegemoment M zieht die Kennfaser.
Š Für die Normalkraft N gilt: Eine Zugkraft (Kennfaser gezogen) ist positiv, eine
Druckkraft (Kennfaser gedrückt) negativ.
Š Die Querkraft Q ist positiv, wenn sie am linken Schnittufer nach unten und am
rechten nach oben weist.

Statik der Tragwerke 3-25


Idealisierungen in der Baustatik
3 Definition der Schnittkräfte für das Stabelement

Momenten- und Querkraftlinien werden grafisch entlang der Stabachse positiv auf
der Seite der Kennfaser aufgetragen.

+M

x'
+Q +Q
+N

Abb. 3.34 Vorzeichenkonvention für N,M,Q

Da bei der Berechnung der Schnittkräfte als Resultierende der Spannungen ein
Querschnitt normal zur Stabachse angenommen wurde, ist es klar, dass die Schnitt-
kräfte N und Q an einem lokalen Koordinatensystem (in Stabrichtung und quer
dazu) definiert werden müssen (siehe Abb. 3.24)
x'
x' +N
+M
+M
+Q +N +Q
+M x'
+N +Q

Abb. 3.35 Lokales Koordinatensystem des Balkens

3.7.0.2 Vorzeichenkonvention in angelsächsischen Ländern


Hier sei noch erwähnt, dass in den angelsächsischen Ländern eine andere Vorzei-
chenkonvention für die Momente üblich ist.
Zugseite

-
+
-

Zugseite Wendepunkte

Tragwerk mit
M- Verlauf Biegelinie
gestichelter Faser

Abb. 3.36 Beispiel der graphischen Auftragung des Momentendiagrams

Hier wird keine Kennfaser eingeführt und das Moment wird auf jener Seite des
Stabes aufgetragen auf welcher es Zug verursacht („on the tension side“). Es gibt

3-26 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Definition der Schnittkräfte für das Stabelement

also kein positives oder negatives Moment in dem Sinne. Man kann leicht nach-
weisen, dass, wenn positive Momente in der Kennfaserkonvention auf der Kennfa-
serseite aufgetragen werden, beide Konventionen dasselbe Momentendiagramm
ergeben (siehe Abb. 3.36).

3.7.0.3 Räumlicher Spannungszustand


Beim allgemein räumlichen Spannungszustand treten neben Normalspannungen,
auch Schubspannungen aus Querkraft und Torsion auf.
Die resultierenden Schnittkräfte für 3-D Systeme sind in Abb.3.25 und 3.26
gezeigt.

Torsionsmoment
Mx’

x’

x’
y’

y’
z’

z’
Biegemoment um y’
My’

x’

x’
y’

y’
z’

z’

Statik der Tragwerke 3-27


Idealisierungen in der Baustatik
3 Definition der Schnittkräfte für das Stabelement

Biegemoment um z’
Mz’

x’

x’
y’

y’
z’

z’

Abb. 3.37 Schnittkräfte in 3D: Biegemomente und Torsionsmoment

Querkraft (zu My’ gehörig)


Qz’
x’

x’
y’

y’
z’

z’

Querkraft (zu Mz’ gehörig)


Qy’

x’

x’
y’

y’
z’

z’

Normalkraft
N
x’

x’
y’

y’
z’

z’

Abb. 3.38 Schnittkräfte in 3D: Normalkraft und Querkräfte

3-28 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Einwirkungen

3.8 Einwirkungen

Eine wichtige Aufgabe ist es, die Art und Größe der zu erwartenden Einwirkungen
auf das Tragwerk zu bestimmen. Das Tragwerk muss so konstruiert werden, dass
es unter der ungünstigsten Kombination aller möglichen Einwirkungen sicher und
gebrauchstauglich ist. Unter Sicherheit versteht man, dass die Wahrscheinlichkeit
des Versagens des Tragwerks auch unter extremen Einflüssen verschwindend
gering ist (die zulässige Wahrscheinlichkeit des Tragwerksversagens wird in den
Normen definiert). Unter Gebrauchstauglichkeit wersteht man, dass die Verfor-
mungen des Tragwerks so klein sind, dass die Verwendung nicht beeinträchtigt
wird. Die Größe der zulässigen Verformungen hängt von der Verwendung des
Tragwerks ab. Ein Gebäude, das zur Herstellung von Computer chips verwendet
wird hat z.B. wesentlich strengere Vorgaben als ein Bürogebäude.

3.8.1 Mögliche Arten von Einwirkungen


Grundsätzlich unterscheidet man nach Art der Einwirkungen zwischen einer Bela-
stung durch Kräfte und durch andere Einwirkungen wie z.B. Temperatur, Schwin-
den und Kriechen etc. Lasten können genau bekannt sein wie z.B. Eigengewicht
oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einer bestimmten Größe auftreten.
Je nach der Auftretenswahrscheinlichkeit unterscheiden wir zwischen gewöhnli-
chen und außergewöhnlichen Einwirkungen. Außergewöhnliche Lasten treten
nur sehr selten auf. Abb. zeigt eine Einteilung der Lasten in Art der Wirkung. Hier
werden nur statische Lasten berücksichtigt. Dynamische Lasten können in einer
statischen Berechnung annähernd berücksichtigt werden indem man sie mit einem
dynamischen Beiwert multipliziert.

Statisch Dynamisch

unbeweglich
beweglich

Ständig zeitlich Verkehr


veränderlich
Eigengewicht Nutzlasten Erdbeben
Erddruck Wind Wind
Aufbauten Schnee Stoß
Maschinen
Eurocode:
EC1, Teil 2 EC1, Teil 2 EC1, Teil 3 EC1, Teil 2.7
EC1, Teil 4 EC1, Teil 5 EC8

Abb. 3.39 Einteilung der Lasten nach Art der Wirkung

Statik der Tragwerke 3-29


Idealisierungen in der Baustatik
3 Einwirkungen

Abb. zeigt eine Einteilung der Einwirkungen nach Kraft- und Verformungslastfall.

Kraftlastfall Verformungslastfall

siehe Abb. 3.37 Temperaturänderung


Schwinden
Kriechen
Auflagerverschiebung
Zwangseinbau

Abb. 3.40 Einteilung der Einwirkungen

Eigengewicht
Darunter verstehen wir das Gewicht der eigentlichen Tragkonstruktion. Das
Gewicht wird mit der spezifischen Masse des Materials γ (kg/m3) bestimmt, aus
dem der Stab besteht. Bei Stabtragwerken wird die Eigengewichtsbelastung für
jeden Stab in eine Lastintensität oder Streckenlast umgerechnet.
w = γ gA ( kN ⁄ m Stablänge )
wobei g=9,81 m/sec2 und A die Querschnittsfläche in m2 ist. Besteht der Stab aus
verschiedenen Materialen so kann ein für die spezifischen Masse auch ein Mittel-
wert verwendet werden. Ist die Querschnittsfläche über die Stablänge konstant,
dann ist die Streckenlast gleichmäßig, d.h. die Intensität ändert sich nicht.
Eine gleichmäßige Streckenlast kann durch folgende Symbole dargestellt werden:
w
w w

Abb. 3.41 Mögliche Darstellung einer gleichmäßig verteilten Streckenlast

Ändert sich die Querschnittsfläche entlang des Stabes dann ist die Steckenlast
ungleichmäßig, d.h. die Intensität ändert sich entlang des Stabes. Die Darstellung
dieser Art von Belastung ist in Abb. 3.28 dargestellt.

w1 w1 w1
w2 w2 w2

Abb. 3.42 Mögliche Darstellung einer linear veränderlichen verteilten Belastung

Das Eigengewicht der Tragkonstruktion ist von der Dimensionierung abhängig,


d.h. es kann sich während der Entwurfsiteration ändern.

3-30 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Einwirkungen

Ständige Lasten
Neben dem Eigengewicht eines Tragwerkselementes ist die ständige Auflast, die
als unveränderliche, dauernd wirkende Belastung verstanden wird, zu berücksich-
tigen. Sie resultiert aus dem Gewicht vorhandener Decken- oder Fahrbahnbeläge,
Leitungen, Geländer, fester Einbauten o.ä. Im Gegensatz zum Eigengewicht, wel-
ches sich im Zuge der Dimensionierung des Bauwerks ändern kann, steht die stän-
dige Auflast in der Regel von Anfang an fest.

Verkehrsbelastung
Unter Verkehrsbelastung versteht man vorübergehend auftretende Nutzlasten, die
im allgemeinen nicht ortsgebunden sind. Bei Eisenbahn- und Straßenbrücken sind
dies die Radlasten der Fahrwerke. In Wirklichkeit sind die Kräfte, die unter den
Rädern wirken, verteilte Belastungen. Man kann diese jedoch durch Einzellasten
ersetzen (siehe auch das Prinzip von St. Venant). Bei Hochbauten kann die Ver-
kehrsbelastung durch Menschenansammlungen, Mobiliar, Güter u.ä. zustande
kommen. Die Verkehrsbelastung ist in den einschlägigen Normen festgelegt.

Rad einer Eisenbahn Rad eines Lastautos

Abb. 3.43 Verteilung der Last unter Fahrzeugrädern

Schneebelastung
Die Belastung durch Schnee kann vor allem in alpinen Ländern eine wichtige Ein-
wirkung sein. Die Schneelast wird aus dem spezifischen Gewicht des Schnees
bestimmt und einer angenommenen Schneedecke berechnet und wird in den Nor-
men für verschiedene Standorte als gleichmäßig verteilte Flächenlast angegeben.
Diese muss dann in eine gleichmäßig verteilte Linienlast umgerechnet werden.
Aus Abb. 3.44 ergibt sich mit der spezifischen Masse γ s des Schnees, der Dicke
der Schneedecke h und der Einflussbreite b die Schneelast als:

w s = γ s ghb (kN/m projizierter Länge)

Statik der Tragwerke 3-31


Idealisierungen in der Baustatik
3 Einwirkungen

Zu beachten ist, dass die Schneelast auf die Grundfläche bezogen wird.

ws

Abb. 3.44 Berechnung der Schneelast

Windbelastung
Die an einem Bauwerk angreifenden Windlasten hängen von der Windgeschwin-
digkeit, dem Widerstandskoeffizient cw und dem Standort (freistehend oder dicht
bebautes Gebiet) ab. Sie wirken normal auf die belasteten Flächen. Windlasten
werden in den Normen für bestimmte Zonen angegeben.

Bremskräfte, Anfahrwiderstände
Dies sind Kräfte, die beim Abbremsen und Beschleunigen auftreten. Sie sind vor
allem bei Kranbahnen und Eisenbahnbrücken zu berücksichtigten, da hier oft
große Massen abgebremst bzw. beschleunigt werden.

Fliehkräfte
Liegt eine Eisenbahnbrücke oder Straßenbrücke in einem Bogen, so wird das Bau-
werk bei der Überfahrt eines Fahrzeuges durch die dabei entstehenden Fliehkräfte
beansprucht. Dies kann bei Eisenbahnbrücken (wegen der großen Masse der Züge)
eine wichtige Einwirkung auf das Bauwerk sein.

Wasserdruck
Bei manchen Tragwerken (z.B. Talsperren) ist die Beanspruchung aus Wasser-
druck die wichtigste Einwirkung. Die Größe des ruhenden Wasserdrucks ist im
Gegensatz zu den meisten anderen Einwirkungen genau bekannt.

3-32 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Einwirkungen

Erddruck
Tragwerke die sich teilwiese unter der Erde befinden werden durch Erddruck bela-
stet. Dieser hängt von den Materialeigenschaften des Bodens ab.

Silodruck
Silos für die verschiedensten Schüttgüter nehmen eine Sonderstellung unter den
Bauwerken ein, da ihr Belastungszustand nur schwer zu erfassen ist. Die Lastwir-
kung ist von der Art des Füllgutes, seinem Feuchtigkeitsgehalt u.a.m, aber auch
von dessen Bewegung und Durchlüftung abhängig. Vor allem bei der Entleerung
eines Silos können maßgebende Belastungen entstehen.

Dynamische Beanspruchungen
Ein Bauteil oder ein Tragwerk kann durch verschiedene Ursachen in Schwingung
versetzt werden. Ursache für Schwingungen können Fahrbahnunebenheiten,
unwuchtig rotierende Massen von Fahrzeugen oder Maschinen, Anprallstöße,
bewegte Verkehrslasten, Erdbeben, etc. sein. Schnittgrößen aus dynamischer
Beanspruchung können erheblich größer als Schnittgrößen aus statischer Bean-
spruchung sein. Dynamische Phänomene werden deshalb häufig durch Erhöhung
der statischen Lasten mit einem dynamischen Beiwert erfasst.
Vorspannung
In einigen Fällen werden Tragwerksteile vor der Belastung vorgespannt, d.h.
Schnittkräfte existieren schon vor der Belastung. Ein Vorspannungseffekt kann
auch durch die Montage bewirkt werden. Vorspannung ist bei Betonbauten üblich,
da Beton eine geringe Zugfestigkeit hat.

3.8.1.1 Außergewöhnliche Einwirkungen

Anprall von Fahrzeugen


Sind Bauteile wie Stützen oder Stiele nicht durch besondere Vorkehrungen gegen
den Anprall von Fahrzeugen geschützt, so ist bei der Bemessung die Einwirkung
von Anprallkräften zu berücksichtigen. In der Regel geschieht das durch Ansetzen
statischer Ersatzlasten.

Erdbebenkräfte
Die Wirkung aus Erdbeben auf Bauwerke besteht vor allem im Auftreten großer
Horizontalkräfte aus waagerechten Beschleunigungen. Das ist deshalb so ungün-
stig, weil Bauwerke vorwiegend auf vertikale Lasten bemessen sind. Erdbeben-
kräfte sind von der Masse- und Steifigkeitsverteilung eines Bauwerks abhängig.

Statik der Tragwerke 3-33


Idealisierungen in der Baustatik
3 Einwirkungen

3.8.2 Resultierende einer verteilten Belastung


Für die Gleichgewichtsbestimmung müssen alle verteilten Lasten durch ihre
Resultierende ersetzt werden. In Abb. 3.45 wird dies für eine allgemein verteilte
Belastung gezeigt. Dabei kann man sich die Belastung als unendlich viele unend-
lich kleine Einzellasten wdx vorstellen. Die Resultierende entspricht der Summe
(dem Integral) aller Einzellasten, xR dem Angriffspunkt der Resultierenden.

w(x)
x w(x)dx

dx R
xR

Abb. 3.45 Resultierende einer verteilten Belastung

Die Resultierende R ist:

R = ∫ w ( x ) dx
L

Dies entspricht der gestrichelten Fläche. Der Abstand der Resultierenden vom lin-
ken Rand wird mit der Bedingung berechnet, dass die Resultierende dasselbe
Moment erzeugt wie die verteilte Belastung:
l l
1
Rx R = ∫ w ( x ) x dx , x R = --- ∫ w ( x ) x dx
R
0 0

3-34 Statik der Tragwerke


Idealisierungen in der Baustatik
Einwirkungen

Dies entspricht dem Abstand zum Schwerpunkt der gestrichelten Fläche. In Abb.
3.46 wird das Ergebnis für eine konstante und eine dreiecksförmige Belastung
gezeigt.

w R=wl

l/2

R=wl/2
w

l/3
l

Abb. 3.46 Resultierende von verteilten Belastungen

3.8.3 Idealisierung von Belastung


Die in der Natur vorkommenden Belastungen werden oft stark vereinfacht durch
verteilte Kraftgrösse und Einzelkraftgrössen ersetzt. Hier sollen zwei Beispiele
gezeigt werden.

3.8.3.1 Fassade
Die Belastung durch eine vorgehängte Fassade kann durch verteilte Kräfte und
Momente idealisiert werden (siehe Abb. 3.47).
e
w

we

Abb. 3.47 Idealisierung der Belastung durch eine Fassade

Statik der Tragwerke 3-35


Idealisierungen in der Baustatik
3 Einwirkungen

3.8.3.2 Fahrzeuge und Eisenbahn


Bei der Berücksichtigung von Fahrzeugen werden die einzelnen Radlasten durch
eine verteilte Belastung und eventuell zusätzlich durch Einzellasten idealisiert
(siehe Abb. 3.48).

Abb. 3.48 Idealisierung eines Eisenbahnzuges

3-36 Statik der Tragwerke


4 Kinematik

Kinematik
Rotation und Translation
Haupt- und Nebenpol
Polplan

4.1 Einleitung

Die Kinematik ist die Lehre von den Bewegungen. Die Kinematik beschränkt sich
auf die rein geometrische Beschreibung der Bewegungen. Im folgenden wird ange-
nommen, dass die Verschiebungen klein gegenüber den Systemabmessungen sind.
Dadurch ist ein Vereinfachung möglich. Dies wird an Hand der, aus zwei gelenkig
miteinander verbundenen Stäben bestehenden, kinematischen Kette in Abb. 4.1
erklärt. Verschiebt man den Gelenkpunkt nach unten so ist dafür keine Kraft erfor-
derlich. Da die Stäbe keinen Längenänderung erfahren, muß ich dieser auf einer
kreisförmigen Bahn bewegen. In der vereinfachten Annahme wird statt des Kreis-
bogens eine Gerade normal zur Stabachse angenommen.

Kreisbogen

Gerade

Abb. 4.1 Wirkliche Verschiebung und vereinfachte Annahme

Da die Verformungen bei Tragwerken im mm-Bereich, die Abmessungen des


Tragwerks jedoch Bereich von Metern liegen, ist diese Annahme zulässig. Dies ist
auch als lineare Verschiebungsgeometrie bekannt. Der Unterschied zwischen
beiden Annahmen ist, dass sich bei der genauen Betrachtung das linke Lager

Statik der Tragwerke 4-1


Kinematik
4 Einleitung

bewegt, während es bei der Näherung keine Verschiebung erfährt. Beide Stäbe
erfahren bei der Näherung eine scheinbare Längenänderung.
Für die folgende Betrachtung wird das Tragwerk in sogenannte Scheiben zerlegt.
Eine Scheibe kann ein Biegetragwerk oder ein Fachwerk sein (Abb. 4.2.)

Abb. 4.2 Arten von Scheiben

Bei Scheiben unterscheidet man solche, die sich verformen und solche die sich
nicht verformen. Letztere sind als starre Scheiben oder Starrkörper bekannt
(Abb. 4.3). Hier werden nur starre Scheiben behandelt.

Elastisch Starr

Abb. 4.3 Elastische und starre Scheibe

In der Ebene hat eine Scheibe 3 Freiheitsgrade (Translation in x,y Richtung und
eine Rotation. Jede Bewegung der Scheibe kann man sich als einer Rotation um
einen Drehpol vorstellen (siehe Abb. 4.4). Eine reine Translation ist dann eine
Rotation um einen im Unendlichen liegenden Drehpol. Da kleine Verschiebungen
vorausgesetzt werden, können die Kreisbögen, die einzelne Punkte der Scheibe
während einer Rotation beschreiben, durch Geraden ersetzt werden. Ein aus starren
Scheiben bestehendes statisch bestimmtes System in der Ebene hat keinerlei
Bewegungsmöglichkeiten. Es ist also kinematisch bestimmt. Löst man eine Bin-
dung, so erhält das System einen Bewegungsfreiheitsgrad und wird verschieblich.
Man spricht von einer kinematischen Kette mit einem Freiheitsgrad oder einer
einfach verschieblichen kinematischen Kette. Jede Scheibe einer kinematischen
Kette kann also eine Rotation erfahren, entweder um einen im Endlichen liegenden
Drehpol oder um einen im Unendlichen liegenden Drehpol (Translation). Die

4-2 Statik der Tragwerke


Kinematik
Bestimmung des Hauptpols

Größe der Rotationen relativ zueinander ist durch die Systemgeometrie eindeutig
bestimmt.

Abb. 4.4 Rotation einer Scheibe um einen Drehpol

4.2 Bestimmung des Hauptpols

Sind die Richtungen der Verformungsvektoren von zwei Punkten an der Scheibe
gegeben kann der Hauptpol der Scheibe als Schnittpunkt zweier Geraden normal
zu den Verformungsvektoren bestimmt werden (Abb. 4.5)

Abb. 4.5 Bestimmung des Hauptpols einer Scheibe

Haben beide Vektoren dieselbe Richtung, so befindet sich der Hauptpol im Unend-
lichen, d.h. die Scheibe erfährt eine reine Translation (Abb. 4.6). Ist eine Scheibe
mit einem gelenkigen, unbeweglichen Auflager verbunden so liegt der Hauptpol
im Auflager (Abb. 4.7).

Statik der Tragwerke 4-3


Kinematik
4 Bestimmung des Hauptpols

Abb. 4.6 Reine Translation einer Scheibe

Abb. 4.7 Lage des Hauptpols bei gelenkigem unbeweglichen Auflager

Abb. 4.8 Lage des Hauptpols bei gelenkigem, beweglichen Auflager

4-4 Statik der Tragwerke


Kinematik
Der Polplan

Bei einem gelenkigen, beweglichen Auflager liegt der Hauptpol auf einer Gerade,
die normal zur Bewegungsrichtung des Lagers steht (Abb. 4.8).

4.3 Der Polplan

Eine Scheibe, die Teil einer einfachen kinematischen Kette ist, dreht sich um einen
absoluten Drehpol, den sogenannten Hauptpol, der sowohl im Endlichen als auch
im Unendlichen liegen kann.

4.3.1 Polplankonstruktion
Anhand von Beispielen soll hier die Polplankonstruktion für verschiedene kinema-
tische Ketten erklärt werden.

Abb. 4.9 Bestimmung der Hauptpole einer kinematischen Kette mit zwei Scheiben

Abb. 4.10 Bestimmung der Hauptpole für eine Kette mit drei Scheiben

Statik der Tragwerke 4-5


Kinematik
4 Der Polplan

Bei einer aus zwei gelenkig verbundenen Scheiben bestehenden kinematischen


Kette wird der Polplan wie folgt erstellt (Abb. 4.9): Der Drehpol der linke Scheibe
(1) befindet sich im linken Auflager. Für die Bestimmung des Drehpols für die
rechte Scheibe (2) wird eine Gerade vom linken Auflager durch das Gelenk
gezeichnet. Eine zweite Gerade ist normal auf die Bewegungsrichtung des rechten
Auflagers. Wo sich die beiden Geraden schneiden befindet sich der Drehpol der
Scheibe 2.

4.3.1.1 Regeln für die Polplankonstruktion

(02)

(1,2) im

8
(1,2)
2
1
1 2

01
δφ1

Abb. 4.11 Regeln zur Polplankonstruktion I

1. Jedes feste Gelenklager ist Hauptpol der angeschlossenen Scheibe. (Abb. 4.7)
2. Jedes Biegemomentengelenk bildet den Nebenpol der vom Gelenk verbunde-
nen Scheiben.
3. Die Senkrechte zur Bewegungsrichtung eines verschieblichen Gelenklagers
bildet den geometrischen Ort des Hauptpols der angeschlossenen Scheibe.
(Abb. 4.8)
4. Der Nebenpol zweier durch einen verschieblichen Anschluss (Normalkraft-
oder Querkraftgelenk) verbundenen Scheiben liegt auf der Senkrechten zur
Bewegungsrichtung im Unendlichen.
5. Die Hauptpole zweier Scheiben und ihr gemeinsamer Nebenpol liegen auf
einer Geraden: (i) - (i,j) - (j). (Abb. 4.11)
6. Die Nebenpole (i,j), (j,k), (i,k) dreier Scheiben I,J,K liegen auf einer Geraden:
(i,j) - (j,k) - (i,k). (Abb. 4.12)
7. Fallen die Nebenpole (i,j) und (j,k) in einem Punkt zusammen, so liegt der
Nebenpol (i,k) im gleichen Punkt.

4-6 Statik der Tragwerke


Kinematik
Der Polplan

Mit den oben zusammengefassten Regeln lassen sich die Polpläne von kinemati-
schen Ketten einfach bestimmen, wie anhand einiger Beispiele gezeigt werden
soll.
(1,2)

(2,3)

2
(2,4)
3

4
(1,3) (3,4)
1
(1,4)
Abb. 4.12 Polplankonstruktion II

4.3.2 Beispiele

4.3.2.1 Schiefer Rahmen

(2)

(1,2) II (2,3)

I
III

(1) (3)

Abb. 4.13 Polplankonstruktion für schiefen Rahmen

Statik der Tragwerke 4-7


Kinematik
4 Der Polplan

4.3.2.2 Beispiel: Fachwerk

Ort von (4)

(2)

8
(1,2) II (2,4) (1,4)

IV
I

8
(1) (3) (4) (1,4)
III gleichzeitig: Ort von (4)
(1,3) (3,4)

8
(2,3)

Abb. 4.14 Polplan für Fachwerk

Durch Anwendung von Regel 1. und 2. findet man sofort den Hauptpol (1) sowie
die Nebenpole (1,2), (1,3), (2,4) und (3,4). Regel 3. liefert eine senkrechte Gerade
durch das verschiebliche Auflager als geometrischen Ort von (4). Regel 6. ange-
wendet auf die Scheiben (I,III,IV) und (I,II,IV) ergibt den im Unendlichen liegen-
den Nebenpol (1,4) als „Schnittpunkt“ zweier paralleler, horizontaler Geraden.
Hauptpol (4) muß auf einer Geraden liegen, die durch (1) und (1,4) geht (Regel 5.).
Hauptpol (4) ergibt sich daher als Schnitt der horizontalen Geraden durch (1) mit
der vertikalen Geraden durch das verschiebliche Lager und fällt damit mit dem
verschieblichen Lager zusammen. Das bedeutet, dass im rechten Auflager bei Aus-
lenkung der kinematischen Kette keinerlei Verschiebung auftreten wird. (siehe
dazu Abb. 4.15) Den Hauptpol (2) findet man nun durch Anwendung von Regel 5.
Der Nebenpol (2,3) ergibt sich aufgrund von Regel 6. - angewendet auf die Schei-
ben (II,III,IV) und (I,II,III) - als im Unendlichen liegend. Eine durch (2) gehende
Parallele zur Geraden (2,4)-(3,4) liefert schließlich den letzten Hauptpol (3). Der
Polplan ist damit vollständig und die verformte Figur der kinematischen Kette
kann gezeichnet werden.

4-8 Statik der Tragwerke


Kinematik
Der Polplan

(2)

4
1
(1) (4)
(3)

Abb. 4.15 Verformte Figur

4.3.2.3 Beispiel: Rahmen mit Querkraftgelenk


8

(1,2) Q=0

I II

(1)
(2)

Abb. 4.16 Polplan und verformte Figur

Hauptpol (1) ergibt sich unmittelbar aus Regel 1. Regel 4. liefert den Nebenpol
(1,2) im Unendlichen. Eine horizontale Gerade durch (1) und (1,2) ist daher der
geometrische Ort von (2). Weiters gilt unter Berufung auf Regel 3., dass (2) auf
einer senkrechten Geraden durch das verschiebliche Lager liegen muß. Hauptpol
(2) ist damit gefunden und der Polplan vollständig.

Statik der Tragwerke 4-9


Kinematik
4 Der Polplan

4-10 Statik der Tragwerke


5 Berechnung statisch bestimmter
Tragwerke - Auflagerkräfte
Stabwerke
Rahmen

5.1 Einleitung

Grundsätzlich kann man Tragsysteme wie folgt einteilen: Stabwerke/Rahmen,


Fachwerke und Mischsysteme. Stabwerke und Rahmen werden überwiegend auf
Biegung beansprucht. Fachwerke bestehen aus Elementen, die auf Normalkraft
beansprucht werden. Mischsysteme haben sowohl Biegeträger als auch Fachwerk-
stäbe. Abb. 5.1 zeigen verschiedene Arten von ebenen Stabtragwerken.

Stabtragwerke/
Rahmen

Fachwerke

Mischsysteme

Abb. 5.1 Arten von Tragsystemen

Statik der Tragwerke 5-1


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Einleitung

5.1.1 Freischneiden
Die Auflagerkräfte werden bestimmt, indem man das Tragwerk von den Auflagern
trennt (freischneidet), und die dort wirkenden Auflagerkräfte mit der Belastung ins
Gleichgewicht bringt. Im Englischen wird das Diagramm, das alle am Tragwerk
wirkenden Kräfte zeigt, auch als „free body diagram“ bezeichnet. Wirkt eine ver-
teilte Belastung, so muß für Gleichgewichtsüberlegungen diese durch ihre Resul-
tierende ersetzt werden. Die im Auflager wirkenden Kräfte sind vom
Auflagersymbol abhängig und im Kapitel Idealisierungen (Abb. 3.9 und 3.10) dar-
gestellt. Als Beispiel sei hier das freischneiden eines Einfeldträgers gezeigt (Abb.
5.2).

Abb. 5.2 Freischneiden eines Einfeldträgers

5.1.2 Bestimmung der Auflagerkräfte


Bei (äußerlich) statisch bestimmten Systemen reichen die im Kapitel 2 besproche-
nen Gleichgewichtsbedingungen genau aus, um die unbekannten Auflagerkräfte zu
bestimmen.
Für ebene Tragwerke stehen 3 Gleichungen zur Verfügung. Sind mehr Gleichge-
wichtsgleichungen vorhanden als unbekannte Auflagerkräfte, so ist das Tragwerk
instabil aufgelagert. Sind hingegen zu wenige Gleichgewichtsgleichungen vorhan-
den, so spricht man von einer statisch unbestimmten Auflagerung. Abb. 5.3 zeigt
Beispiele von instabil, statisch bestimmt und statisch unbestimmt aufgelagerten
ebenen Tragwerken. Wie im letzten Beispiel ersichtlich, ist das Abzählen der
Gleichgewichtsbedingungen und der Unbekannten nicht ausreichend, es muß
zusätzlich sichergestellt werden, daß das Tragwerk in keine Richtung verschiebbar
ist.
Im Rahmen der Vorlesung „Statik der Tragwerke“ werden nur statisch bestimmte
Systeme behandelt, d.h. für die Bestimmung der Auflagerkräfte müssen die
Gleichgewichtsgleichungen genügen. Statisch unbestimmte Systeme werden in der
Vorlesung „Baustatik I“ behandelt. Die für die Berechnung notwendigen Glei-
chungen werden aus Kompatibilitätsbedingungen erhalten (an bestimmten Stellen
müssen Verformungen Null sein).

5-2 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Einleitung

Für räumliche Systeme stehen 6 Gleichgewichtsgleichungen zur Verfügung. Abb.


5.4 zeigt Beispiele für Auflagerung von räumlichen Systemen.

Verschieblich

Statisch bestimmt

Statisch unbestimmt

Verschieblich !!

Abb. 5.3 Verschiedene Auflagerungen für ebene Tragwerke

Statisch bestimmt

Statisch unbestimmt

Verschieblich

Abb. 5.4 Beispiele von Auflagerungen für räumliche Tragwerke

Statik der Tragwerke 5-3


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Biegeträger

5.2 Biegeträger

5.2.1 Beispiel 1: Kragträger


L
p
∑ Mum A = 0 = M A + ( pL ) ---
2
A L
MA = – ( pL ) ---
2
L

MA
L/2 L/2
∑ Fy = 0 = R Ay – ( pL )

R Ay = pL
RAx
RAy pL
∑ Fx = 0 R Ayx = 0

5.2.2 Beispiel 2: Einfeldträger

Belastung mit Einzellast


P
a
A B RBx

L
RAy RBy
Auflagerkräfte:
P⋅a
Σ MB = 0: R Ay ⋅ L – P ⋅ a = 0 R Ay = ----------
L
a
Σ Fy = 0: R Ay + R By – P = 0 R By = P ⋅ ⎛ 1 – ---⎞
⎝ L⎠
Σ Fx = 0: R Bx = 0

5-4 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Biegeträger

Belastung mit Einzelmoment

M1 RBx
A B

L
RAy RBy
M1
∑ Mum B = 0 R Ay L + M 1 = 0 R Ay = – -------
L

∑ Fy = 0 R Ay + R By = 0 R Ay = – R By

∑ Fx = 0 R Bx = 0

Ergebnis unabhängig davon, wo am Balken M1 angreift !!

5.2.3 Beispiel 3: Einfeldträger mit Kragarmen

1 kN 3 kN 2 kN 2 kN 7 kN 1 kN

RAx
RAy RBy
1,00 1,00 2,00 2,50 2,00 1,50 3,00

2,00 6,50 4,50

Die Auflagerkraft RAx ist Null (ΣFx = 0). Die vertikale Auflagerkraft RBy erhält
man aus ΣMum A = 0:
R By ⋅ 6, 5 – 1 ⋅ 11, 0 – 7 ⋅ 8, 0 – 2 ⋅ ( 4, 5 + 2, 0 ) + 3 ⋅ 1, 0 + 1 ⋅ 2, 0 = 0
75
R By = --------- = 11,54 kN
6, 5
Aus der Gleichung ΣFy = 0 kann die Auflagerkraft RAy bestimmt werden:
– 1 – 3 + R Ay – 2 – 2 – 7 – 1 + 11, 54 = 0

R Ay = 4,46 kN

Statik der Tragwerke 5-5


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Rahmentragwerke

5.3 Rahmentragwerke

5.3.1 Beispiel: Zweigelenkbogen


P = 40 kN

2 3 4

p = 5 kN/m
3,0 System

1 5

3,50 3,50

P = 40 kN

2 3 4

1,5

3,0 15 kN
„free body diagram“
1,5
R 1x
1 5

R 1y R 5y
3,50 3,50

Σ M A = 0: R 5y ⋅ 7, 0 + 15x1, 5 – 40 ⋅ 3,50 = 0 R 5y = 16, 79 kN

Σ F y = 0: 16, 79 – 40 + R 1y = 0 R 1y = 23, 21 kN

Σ Fx = 0 : R 1x – 5 ⋅ 3, 0 = 0 R 1x = 15, 00 kN

5-6 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Zusammengesetzte Tragwerke

5.4 Zusammengesetzte Tragwerke

5.4.1 Gelenkträger
P
A
G B
I II

L1 L2/2 L2/2

P
II
Gx
RBy
Gy
MA
I Gx
RAx RAy

Tragwerksteil II:
L2 P
∑ M um G = 0 P ----- – R By L 2 = 0 R By = ---
2
2

∑ Fy = 0 G y + R By = P P
G y = ---
2

∑ Fx = 0 Gx = 0

Tragwerksteil I:
P
∑ Mum A = 0 Gy L1 + MA = 0 M A = – --- L 1
2

P
∑ Fy = 0 – G y + R Ay = 0 R Ay = ---
2

∑ Fx = 0 – G x + R Ax = 0 R Ax = 0

Bei zusammengesetzten Tragwerken werden Tragwerksteile gelenkig miteinander


verbunden. Beispiele sind Gelenkträger und Dreigelenksbögen. Bei zusammenge-

Statik der Tragwerke 5-7


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Zusammengesetzte Tragwerke

setzen Tragwerken müssen jeder Tragwerksteil für sich und das Gesamtsystem mit
den äußeren Kräften im Gleichgewicht stehen.

Kontrolle: Gleichgewicht des Gesamtsystems


P
A
G B

L1 L2/2 L2/2

P P
M A = – --- L 1
2

P P
--- ---
2 2

P L2 P
∑ Mum A = 0 – --- ( L 1 + L 2 ) + P ⎛ L 1 + -----⎞ + ⎛ – --- L 1⎞ = 0
2 ⎝ 2⎠ ⎝ 2 ⎠
P P
∑ Fy = 0 --- + --- – P = 0
2 2
∑ Fx = 0

5.4.2 Dreigelenkbogen

5.4.2.1 Auflager auf gleicher Höhe

p = 10 kN/m

2 3 4 5 6

4,0
y

+ x
1 7

2,0 2,0 4,0 1,0

5-8 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Zusammengesetzte Tragwerke

Gesamtes Tragwerk:

2 3 4 5 6
P = 90 kN

3,5
4,0

R 1x R 7x
1 7

R 1y R 7y
2,0 2,0 4,0 1,0

∑ Mum 7 = 0 R 1y 6 – ( 90 ⋅ 3, 5 ) = 0 R 1y = 52, 5

∑ Fy = 0 R 1y + R 7y – 90 = 0 R 7y = 37, 5

∑ Fx = 0 R 1x + R 7x = 0 R 7x = – R 1x

40 kN
4 Gx

Gy

4,0 2,0

R 1x

R 1y

Linkes Teilsystem:

∑ Mum G = 0 – R 1x 4, 0 + R 1y 2, 0 – ( 40 ⋅ 2, 0 ) = 0 R 1x = 6, 25

Aus dritter Gleichung oben: R 7x = – 6, 25

Statik der Tragwerke 5-9


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Zusammengesetzte Tragwerke

Kontrolle 50 kN
4

Gy
2,5

4,0
R 7x

R 7y

Rechtes Teilsystem:

∑ M um G = 0 – R 7y 4, 0 – R 7x 4, 0 + 50 ⋅ 2, 5 = 0

Alternative: Getrennte Betrachtung der zwei Tragwerksteile

40 kN
4 Gx

Gy

4,0 2,0

R 1x
1

R 1y

Linkes Teilsystem:
1
∑ Mum 1 = 0 G x 4, 0 – G y 2, 0 = 0 G x = --- G y
2
∑ Fy = 0 R 1y + G y – 40 = 0
∑ Fx = 0 R 1x + G x = 0

5-10 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Zusammengesetzte Tragwerke

50 kN
Gx 4

Gy
1,5
4,0

4,0
R 7x
7

R 7y

Rechtes Teilsystem:
G y = – 12, 5
∑ Mum 7 = 0 G x 4, 0 + G y 4, 0 + 50 ⋅ 1, 5 = 0
G x = – 6, 25 R 1y = 52, 5 R 1x = 6, 25

∑ Fy = 0 R 7y – G y – 50 = 0 R 7y = 37, 5

∑ Fx = 0 R 7x – G x = 0 R 7x = – 6, 25

5.4.2.2 Auflager auf verschiedener Höhe

p = 10 kN/m

2,0

4,0 7
y

+ x
1

2,0 2,0 4,0 1,0

Statik der Tragwerke 5-11


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Zusammengesetzte Tragwerke

Gesamtes Tragwerk:

2
4
P = 90 kN
2,0

4,0 3,5
7
R 7x
R 1x
R 7y
1

R 1y 6,0

∑ Mum 7 = 0 R 1y 6 – R 1x 2 – ( 90 ⋅ 3, 5 ) = 0

∑ Fy = 0 R 1y + R 7y – 90 = 0

∑ Fx = 0 R 1x + R 7x = 0 R 7x = – R 1x

40 kN
4 Gx

Gy

4,0 2,0

R 1x

R 1y

Linkes Teilsystem:

∑ M um 4 = 0 – R 1x 4, 0 + R 1y 2, 0 – ( 40 ⋅ 2, 0 ) = 0

Nachteil: Gleichungssystem mit 2 Unbekannten

5-12 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Zusammengesetzte Tragwerke

Alternative: Schiefwinklige Zerlegung der Auflagerkräfte

4
P = 90 kN

A7
3,5 A 7 sin α
7

R 1x = A 1 cos α B7 R 7x = A 7 cos α
α
1
A 1 sin α
A1 B1 6,0

Gesamtsystem:

∑ M um 7 = 0 B 1 6 – ( 90 ⋅ 3, 5 ) = 0 B 1 = 52, 5

∑ Fx = 0 A 1 cos α + A 7 cos α = 0 A7 = –A1

∑ Fy = 0 B 1 + B 7 + A 1 sin α + A 7 sin α – 90 = 0

B 7 = 37, 5
40 kN
4 Gx

Gy
2,0 3, 33 cos α
3,33
α

A 1 sin α
A1
B1

Linkes Teilsystem:

∑ Mum 4 = 0 B 1 ⋅ 2, 0 – A 1 ⋅ 3, 33 ⋅ cos α – ( 40 ⋅ 2, 0 ) = 0 A 1 = 7, 9

R 1y = B 1 + A 1 sin α

Statik der Tragwerke 5-13


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Zusammengesetzte Tragwerke

5.4.3 Gemischte Systeme


Mischsysteme bestehen sowohl aus Fachwerkstäben als auch aus einem Biegeträ-
ger. Bei des Berechnung der Aulagerkräfte können hier Vereinfachungen einge-
führt werden, da bei einem Fachwerkstab, der mit einem Auflager verbunden ist,
die Richtung der Auflagerkraft als bekannt angenommen werden kann.

5.4.3.1 Überdachung
Die Angabe für dieses Beispiel ist in Abb. 5.5 gezeigt. Bei der Berechnung der
Auflagerkräfte kann an Stelle des Auflagers das Seil freigeschnitten werden.
2

4
p = 15 kN/m 3,50

3
y
4 5 6
2

+
1

x
3,50

3 1

7 ⋅ tan 30° = 4,0414 3,50 1,50

S
∑ MA = 0:

S ⋅ 3, 5 – 75 ⋅ 2, 5 = 0
75 kN S = 53, 57 kN

2,5
∑V = 0:

53, 57 ⋅ cos 30 + 75 – A y = 0

3,5 A y = 121, 39 kN

Ax
∑H = 0:
53, 57 sin 30 – A x = 0
Ay A x = 26, 79 kN

Abb. 5.5 Angabe und Berechnung der Auflagerkräfte

5-14 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Zusammengesetzte Tragwerke

5.4.3.2 Hängebrücke
In Wirklichkeit sind Hängebrücken statisch unbestimmte Systeme, hier wird das
System stark vereinfacht und durch die Einführung eines Gelenks statisch
bestimmt gemacht (Abb. 5.6).

h
q
α

L/2 L/2

Abb. 5.6 Hängebrücke: Statisches System

Betrachtet man das Gleichgewicht eines beliebigen Knotens der Hängekonstruk-


tion (Abb. 5.8), so sieht man, daß in jedem Knoten die Horizontalkomponenten der
Kräfte links und rechts des Knotens gleich groß sein müssen. Führt man die Hori-
zontalkomponente der Seilkraft der Abspannseile als Unbekannte ein, so sind nur 4
Auflagerkräfte zu berechnen. Da die Richtung der Haltekraft S bekannt, ist kann
aus H sowohl die Seilkraft als auch die vertikale Komponente berechnet werden.
Zunächst wird das Gesamttragwerk betrachtet und die 3 Gleichgewichtsgleichun-
gen werden angesetzt (Abb. 5.8).

H H

H H

h
q
α

Abb. 5.7 Bestimmung der horizotalen Komponente der Seilkraft

Statik der Tragwerke 5-15


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Zusammengesetzte Tragwerke

H Gesamttragwerk H

S H tanα S
H tanα

h
q L/2
α
C

3L/4
A B
L/2 L/2
L 3
∑ MB = 0 H tan α ⋅ L – A ⋅ L + H ⋅ h – H ⋅ h + q --- ⋅ --- L = 0
2 4
3
A = H tan α + --- qL
8
L L
∑V = 0 2 ⋅ H ⋅ tan α + q --- – A – B = 0 B = 2 ⋅ H tan α + q --- – A
2 2
∑H = 0 H–H+C = 0 C = 0

Abb. 5.8 Berechnung der Auflagerkräfte einer Hängebrücke

Für die Bestimmung der vierten Unbekannten wird der Umstand verwendet, daß
im Gelenk das Biegemoment Null ist. Das System wird in der Mitte auseinander-
geschnitten und ins Gleichgewicht gebracht. Die Kräfte H bilden ein Kräftepaar
nach 2.1.2.3.

5-16 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Zusammengesetzte Tragwerke

S1 Htanα f
H

q L/2
α
G
L/4
A
L/2

L L L L
∑ MG = 0 q --- ⋅ --- – A ⋅ --- + H tan α ⋅ --- + H ⋅ f = 0
2 4 2 2

L L L L
H = 1 ⁄ ⎛ tan α ⋅ --- + f⎞ ⋅ ⎛ q --- ⋅ --- – A ⋅ ---⎞
⎝ 2 ⎠ ⎝ 2 4 2⎠

Abb. 5.9 Teilsystem zur Berechnung von H

5.4.3.3 Berechnung mit Hilfe des Superpositionsprinzips


In Kapitel 2 wurde erwähnt, daß für die Berechnung von linearen Systemen das
Superpositionsprinzip zur Anwendung kommen kann. Dieses besagt, daß das Bela-
stungssystem in Teilsysteme unterteilt werden kann. Die Einflüsse aus den Teilsy-
stemen können dann addiert (superponiert) werden.
Verwendet man das Superpositionsprinzip, so kann man die Berechnung wesent-
lich vereinfachen. Hier wird der Endzustand als Superposition von zwei Teilzu-
ständen betrachtet. Beim ersten Zustand wird das Seil durchgeschnitten und das
Gelenk starr gemacht (man kann sich diesen Zustand auch so vorstellen, daß über
das Gelenk ein Hülse geschoben wird, die eine Momentenübertragung erlaubt).
Die Auflagerkräfte aus der Belastung werden berechnet. Beim zweiten Zustand
wird in der Seilabspannung eine Horizontalkraft H angebracht und so lange gestei-
gert, bis das Moment an der Stelle G (Hülse) den entgegengesetzten Wert erreicht
hat, der für den ersten Zustand errechnet wurde (dies kann man sich so vorstellen,
daß das Gelenk momentenfrei gemacht wird, sodaß man die Hülse wieder entfer-
nen kann). Die Überlagerung beider Zustände ergibt den gewünschten Endzustand.

Statik der Tragwerke 5-17


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Zusammengesetzte Tragwerke

H=0

h
qL/2

3L/4
A1 B1
L/2 L/2

L 3 3
∑ MB = 0 – A 1 ⋅ L + q --- ⋅ --- L = 0
2 4
A 1 = --- qL
8
L 5
∑V = 0 A 1 + B 1 – q --- = 0
2
B 1 = --- qL
8

Moment in der Hülse: L/2

L 5 2
M G1 = B 1 ⋅ --- = ------ qL
2 16
B1

Abb. 5.10 Lösung mit Superposition, System 1

5-18 Statik der Tragwerke


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
Zusammengesetzte Tragwerke

H H

S1 H tanα S2
H tanα
H
h
qL/2
α
C

A2 B2
L/2 L/2

∑ MB = 0 H tan α ⋅ L – A 2 ⋅ L + H ⋅ h – H ⋅ h = 0

A 2 = H tan α

∑V = 0 2 ⋅ H ⋅ tan α – A 2 – B 2 = 0 B 2 = H tan α

∑H = 0 H–H+C = 0 C = 0

f Htanα S2
H

L/2 B2
Moment in der Hülse, Teilsystem 2:
L L
M G2 = B 2 ⋅ --- – H tan α ⋅ --- – H ⋅ f = – H ⋅ f
2 2
Endgültiges Moment (aus Teilsystem 1 & 2) in der Hülse= 0:
5 2 5 2 1
M G = M G1 + M G2 = ------ qL – H ⋅ f = 0 H = ------ qL ⋅ ---
16 16 f

Abb. 5.11 Lösung mit Superposition, System 2

Statik der Tragwerke 5-19


Berechnung statisch bestimmter Tragwerke - Auflagerkräfte
5 Zusammengesetzte Tragwerke

5.4.4 3-D Systeme

5.4.4.1 Beispiel

p = 10 kN/m C

A
P = 20 kN

B 0
3 ,0

z 3,00

x
b
P = 30 kN

c Cz
a
By 1,5
P = 20 kN
b
Bz
0
Ax 3,0
Ay
3,00 a
z Az
y c

∑ Ma – a = 0 C z ⋅ 3, 0 – ( 30 ⋅ 1, 5 ) = 0 C z = 15, 0kN

∑ Mb – b = 0 A z ⋅ 3, 0 – ( 20, 0 ⋅ 1, 5 ) = 0 A z = 10, 0kN

∑ Mc – c = 0 A y ⋅ 3, 0 = 0 Ay = 0 , ∑ Fz = 0 B z = 25kN

∑ Fy = 0 By = 0 ∑ Fx = 0 Ax = 0

5-20 Statik der Tragwerke


6 Schnittkraftverläufe

6.1 Einleitung

Wie schon im Kapitel 3 erwähnt, werden die an einem Querschnitt wirkenden


Spannungen durch resultierende Kräfte ersetzt. Dabei gibt es für den ebenen Stab 3
Schnittkräfte (M,N,Q) und für den räumlichen Stab 6 Schnittkräfte
( M x', M y', M z', Q z', Q y', N ). Die Schnittkräfte sind auf die lokale Stabachse bezo-
gen. Schneidet man einen Teil eines Stabes heraus, so werden die Schnittkräfte
sichtbar gemacht. Diese sind in Abb. 6.1 noch einmal dargestellt.

M N x'

z' M x' x'

M y'
M z'
Q y' Q z'
y'
z'

Abb. 6.1 Schnittkräfte am ebenen und räumlichen Stabelement

Statik der Tragwerke 6-1


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Zur Berechnung der Schnittkräfte wird das Tragwerk an einer Stelle aufgetrennt,
und die im Schnitt wirkenden inneren Kraftgrößen werden sichtbar gemacht.
Anschließend werden die inneren Kraftgrößen mit den äußeren Kraftgrößen (Bela-
stung, Auflagerkräfte) ins Gleichgewicht gebracht. Dazu müssen genügend
Gleichgewichtsgleichungen zur Verfügung stehen (innerlich statisch bestimmtes
System). Stehen zu wenig Gleichungen zur Verfügung, so spricht man von einem
innerlich statisch unbestimmten System. Diese Systeme werden hier nicht
behandelt.

6.2 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Für die Bemessung ist die Kenntnis der Schnittkräfte an allen Querschnitten des
Tragwerks notwendig. Die Verläufe der Schnittkräfte werden entlang des Stabes
aufgetragen. Dabei werden zwei verschiedene Konventionen verwendet: Die bei
uns übliche Kennfaserkonvention und die in angelsächsischen Ländern übliche „on
the tension side“ Konvention. Wird konsequent ein positives Moment in Richtung
der Kennfaser aufgetragen, so ergeben beide Konventionen identische Momenten-
diagramme (Abb. 6.2).

+M Zugseite

Abb. 6.2 Auftragen des Momentenverlaufs (Kennfasermethode und „on the tension
side“)

In der globalisierten Welt, wo manchmal Partner aus verschiedenen Ländern an


einem Projekt arbeiten, ist es unumgänglich, dass wichtige Information wie z.B.
der Schnittkraftverlauf unmissverständlich sind.

6.2.1 Rahmentragwerke
Rahmentragwerke können in Stabelemente und Knoten eingeteilt werden (Abb.
6.3). Durch Freischneiden können entweder die inneren Kräfte, die auf den Stab
wirken, oder jene, die auf den Knoten wirken, sichtbar gemacht werden.

6-2 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

M
Q

N
M Knoten
Q

Stabelement

Abb. 6.3 Definition der Schnittkräfte am Stabelement und Knoten

6.2.2 Übertragungsgleichungen
Mit Hilfe der Knotenübertragungsgleichungen können die Schnittkräfte an einem
Schnitt (rechts) durch die am anderen Schnitt (links) ausgedrückt werden. Die
Übertragungsgleichungen erhält man aus der Bedingung, dass jeder herausge-
schnittene Knoten unter der Einwirkung von äußeren und inneren Kräften im
Gleichgewicht sein muß. Abb. 6.4 zeigt die Gleichgewichtsbedingung bei einem
belasteten Knoten an einem geraden Stab und Abb. 6.5 bei einem Knoten, an den
zwei Stabelemente mit verschiedenen Richtungen anschließen. Man erkennt, dass
es bei der Einwirkung von Einzellasten ( F x, F y, M ) zu einem Sprung im Querkraft,
Normalkraft bzw. Momentenverlauf kommt. Wenn sich die Stabrichtung (und
damit auch die Richtung von N,Q) ändert, entsteht bei einem unbelasteten Knoten
ein Sprung in den Q,N Verläufen. In diesem Fall gibt es jedoch keine Änderung
des Moments. Abb. 6.6 zeigt den Sonderfall eines unbelasteten Knotens, wenn die
Richtungsänderung ein rechter Winkel ist wenn zwei Stabelemente am Knoten
anschließen. Abb. 6.7 zeigt den Fall wenn drei Stabelemente am Knoten anschlie-
ßen.

Statik der Tragwerke 6-3


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Ql Fy
Mr
Fx
Nl
M Nr
Ml
Qr

Nr = Nl – Fx Qr = Ql – Fy Mr = Ml – M

Abb. 6.4 Übertragungsgleichungen bei Belastung durch Einzellasten

x'
Ql Mr N
r
Ml
α

Nl z'
Qr
N r = – Q l sin α + N l cos α
Q r = Q l cos α + N l sin α

Mr = Ml

Abb. 6.5 Knotenübertragungsgleichung bei Richtungsänderung der


angeschlossenen Stäbe (unbelasteter Knoten)

Ql
Ml Nr = Ql

Nl Qr = –Nl
Mr

Qr Mr = Ml

Nr

Abb. 6.6 Sonderfall rechtwinkliger Anschluss von 2 Stabelementen

6-4 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Ml Mr

Mu

Mr = Ml + Mu

Ql Qr

Nl Nr
Qu

Nu Nr = Nl + Qu

Qr = Ql – Nu

Abb. 6.7 Sonderfall rechtwinkliger Anschluss von 3 Stabelementen

Statik der Tragwerke 6-5


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.3 Gleichgewicht eines Teilelements


Bringt man alle an den Schnittufern wirkenden Schnittkräfte an, so kann das
Gleichgewicht eines beliebig herausgeschnittenen Teils eines Tragwerks getrennt
betrachtet werden. In Abb. 6.8 wird das Gleichgewicht eines Teils von der Länge
dx' (hier infinitessimal klein angenommen) mit einer verteilten Belastung q (Quer
zur Stabachse) und n (in Stabachse) untersucht.

x'
dx'
M + dM N + dN
q ⋅ dx'

q o
Q + dQ
Q
z' n ⋅ dx'
n
N dx'
M

dN
∑ Fx' = 0 ndx' – N + N + dN = 0 ------- = – n
dx'

dQ
∑ Fy' = 0 qdx' – Q + Q + dQ = 0 ------- = – q
dx'
dx' ⇒ 0
dx' dM
∑ M um o = 0 qdx' ⋅ ------- + M + dM – M – Q ⋅ dx' = 0
2
-------- = Q
dx'

Abb. 6.8 Gleichgewicht eines abgeschnittenen Teils des Balkens

Die Erkenntnisse aus diesen Gleichgewichtsüberlegungen sind in Abb. 6.9 darge-


stellt.

6-6 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

xc
Gerades Stabelement Nj
Mj
Fyc
dN Fxc
N c n j Qj
dxc
dQ n
Qc  q q
dx c
Mi
dM Qi
Mc Qm
dx c
Ni i

Verlauf am Angriffspunkt, Einzelkräfte


Belastung N M Q

l r Fxc

Fxc
Einzelkraft in
Stabrichtung
Nr N l  Fxc { Sprung Mr Ml Qr Ql

Fyc

Fy c
Einzelkraft quer
zur Stabrichtung Nr Nl M rc M lc  Fyc { Knick Qr Ql  Fyc { Sprung

Me
Me

Nr Nl Mr M l  M e { Sprung Qr Ql
Einzelmoment

Verlauf im belasteten Bereich, konstante Streckenlasten


Belastung N M Q
n
unverändert unverändert
n
in Stabrichtung 1
N c n
linear
q
unverändert
q
1
quer zur
Stabrichtung Mc Q Q c q
quadratisch linear

Abb. 6.9 Beziehungen zwischen Belastung und Schnittkräften

Statik der Tragwerke 6-7


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.4 Bestimmung der Schnittkraftverläufe an Hand von


Beispielen
Die Berechnung von Schnittkraftverläufen wird hier zuerst an einfachen Beispie-
len erklärt. Im Gegensatz zur Vorlesung Mechanik (Statik) geht es in der Vorle-
sung Statik der Tragwerke vorrangig um das grafische Auftragen der Verläufe.
Dabei werden statt Funktionen zu berechnen, zur Darstellung die im Kapitel 6.1
ausgearbeiteten Beziehungen verwendet.

6.2.5 Kragträger
Den Schnittkraftverlauf bestimmt man, indem man einen Teil des Trägers abtrennt,
die wirkenden Schnittkräfte sichtbar macht und diese mit den äußeren Kräften ins
Gleichgewicht bringt.

2 p
L
p ----- A
2

L
pL
px
M( x) Q( x)
N(x)
x⁄2

Σ Fy = 0: Q(x ) = p ⋅ x
2
Σ M = 0: M ( x ) = –p ⋅ ( x ) ⁄ 2

Σ Fx = 0: N(x) = 0

Abb. 6.10 Bestimmung der Schnittkraftverläufe am Kragträger

Die berechneten Verläufe können nun graphisch aufgetragen werden (Abb. 6.11).
Dabei sieht man, dass es eine Beziehung zwischen Belastung und Querkraftverlauf
(Belastungsintensität = Neigung der Querkraftlinie) und Querkraftverlauf und
Momentverlauf (Querkraft an einem Punkt = Neigung der Tangente des Momen-
tenverlaufs an diesem Punkt) gibt. Dies hat natürlich mit den im Kapitel 6.1 abge-
leiteten Beziehungen zu tun. Es ist nunmehr für die grafische Darstellung der
Schnittkraftverläufe nicht mehr notwendig ihre funktionale Darstellung mathema-
tisch aufzubereiten.

6-8 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

x
dQ
[Q] ------- = – p
-p dx
1
+Q

dM
1 -------- = Q
Q dx
[M]

+M
Abb. 6.11 Grafische Darstellung der Schnittkraftverläufe

Wir sehen, dass bei einer Belastung mit einer konstanten Streckenlast die Steigung
des Querkraftverlaufs konstant sein muß. Daher wird der Verlauf durch eine
Gerade beschrieben. Aus dem Querkraftverlauf, der die Steigung der Tangenten
der Momentenkurve an jedem Punkt darstellt, sehen wir, dass sich die Steigung mit
x linear ändert, d.h. die Momentenkurve ist eine Parabel. Betrachtet man die Ver-
formte Figur des Kragträgers, so sieht man, dass am gesamten Träger in der Kenn-
faser Druck erzeugt wird. Wenn wir den Momentenverlauf auf der richtigen Seite
der Kennfaser auftragen, dann sehen wir, dass dieser auf der Zugseite des Kragträ-
gers aufgetragen ist.

6.2.6 Einfeldträger

6.2.6.1 Belastung mit einer Einzellast


Die Auflagerkräfte für den in Abb. 6.12 gezeigten Einfeldträger wurden in Kapitel
5 berechnet. Hier wird gezeigt, wie aus den Gleichgewichtsüberlegungen in 6.2 die
Verläufe aus den Schnittkräften an wenigen ausgezeichneten Stellen bestimmt
werden können. Dabei ist es sinnvoll, den Querkraftverlauf zuerst zu zeichnen, da
dieser ja den Verlauf der Tangentensteigung der Momentenkurve angibt.

Statik der Tragwerke 6-9


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

P
a
A B

a L a
P ⋅ --- P ⋅ ⎛ 1 – ---⎞
L ⎝ L⎠

Querkraft bei A:
P⋅a
Σ Fy = 0 : Q = ----------
L a
P ⋅ --- Q
dQ L
------- = 0
dx Verlauf von Q bis zur Angriffstelle der Einzellast: Konstant !!
An der Lastangriffsstelle: Sprung von Q der Grösse -P !!

Moment bei Lastangriffstelle :


L-a M
Σ M= 0 :
a
M = Pa ⎛ 1 – ---⎞
a ⎝ L⎠
P ⋅ ---
L
P

A B

P
[Q] a
P ⋅ ---
L
Steigung der Momentenline konstant=
Linearer Verlauf
[M]
a
M = Pa ⎛ 1 – ---⎞
⎝ L⎠

Abb. 6.12 Schnittkraftverlauf beim Einfeldträger

6-10 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.6.2 Belastung durch Einzelmoment


Die Auflagerkräfte für dieses Beispiel wurden in 5.2.2 berechnet. Die Schnittkraft-
verläufe sind in Abb. 6.13 aufgetragen.

M1
A B

M1 L M1
------- -------
L L

M1
------- [Q]
L
Konstante Querkraft =
Gleiche Steigung der Momentenlinie

M1 [M]

Abb. 6.13 Schnittkraftverlauf für Einfeldträger mit Einzelmoment

Da der Stab nur durch ein Moment belastet ist, ist der Querkraftverlauf konstant.
Daher hat die Momentenlinie über die gesamte Stablänge nur eine Steigung. An
der Stelle, an der das Moment aufgebracht ist, entsteht ein Sprung von M 1 (diehe
Abb 6.4).

6.2.6.3 Belastung durch konstante Streckenlast


q

A B

1 1
--- ⋅ q ⋅ L L --- ⋅ q ⋅ L
2 2
qx x
M
A
N

1 Q
--- ⋅ q ⋅ L
2

Statik der Tragwerke 6-11


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

q⋅L
-----------
2 [Q]
q⋅L
-----------
2

[M]

q ⋅ L2
-------------
8

Das maximale Biegemoment tritt an jener Stelle auf, an der die Querkraft zu Null
wird:
dM ⎛L ⎞ ! L
-------- = Q = q ⋅ ⎜ --- – x⎟ = 0 x M, max = ---
dx ⎝2 ⎠ 2
Das maximale Moment eines Einfeldträgers unter Gleichlast tritt daher in Feld-
mitte auf und beträgt
2
q⋅L
M max = -------------
8

6.2.7 Geneigter Balken


Wie schon im Kapitel Idealisierungen besprochen, ist es bei der Belastung wichtig
zu wissen, ob diese auf die Balkenlänge (z.B. Eigengewicht) oder die projizierte
Länge (z.B. Schneelast) bezogen ist. Im vorliegenden Beispiel ist sie auf die wirk-
liche Stablänge bezogen. Für die Berechnung von Q und N kann wie folgt vorge-
gangen werden:
1. Man zerlegt die Gleichlast und die Auflagerkraft in zwei Komponenten (eine
quer zum Stab, die andere entlang des Stabes und setzt Gleichgewicht in den loka-
len Richtungen x' und y' an. Dies wird in Abb. 6.14 verwendet.
2. Man rechnet sich den Verlauf der vertikalen Schnittkraft V (dies entspricht nicht
der Querkraft) aus und rechnet auf die lokalen Richtungen (quer zum Stab = Q und
in Stabrichtung = N) um. Diese Variante wird in Abb. 6.15 verwendet.

6-12 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

B
q (Eigengewicht)

q⋅L
-----------
α 2
A
L
q⋅L
-----------
2 L ⋅ cos α

q cos α

N
q sin α
L
q --- ⋅ sin α Q
2 x'

L
q --- ⋅ cos α
2
q⋅L
-----------
2
q⋅L
[Q] – ----------- ⋅ cos α
2
q⋅L
----------- ⋅ cos α
2
[M]

2
q⋅L
------------- cos α q⋅L
8 – ----------- ⋅ sin α
2
[N]

q⋅L
----------- ⋅ sin α
2

Abb. 6.14 Schnittkraftverläufe bei schiefen Balken, Methode 1

Statik der Tragwerke 6-13


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

B
q (Eigengewicht)

q⋅L
-----------
α 2
A
L
q⋅L
-----------
2 L ⋅ cos α
x' V
N
N
N = – V ⋅ sin α
Q = V ⋅ cos α
α Q Q α V
q⋅L x' ⋅ cos α
-----------
2 q ⋅ x'

q⋅L
-----------
2 q⋅L
– ----------- [V]
2

q⋅L
[Q] – ----------- ⋅ cos α
2
q⋅L
----------- ⋅ cos α
2
[M]

2
q⋅L
------------- cos α q⋅L
8 – ----------- ⋅ sin α
2
[N]

q⋅L
----------- ⋅ sin α
2
Abb. 6.15 Schnittkraftverläufe bei schiefen Balken, Methode 2

6-14 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.8 Zahlenbeispiel: Einfeldträger mit Kragarmen


Die Auflagerkräfte für dieses Beispiel wurden in 5.2.3 berechnet. Für das Quer-
kraftdiagramm ist es nur notwendig, die Querkraft im Punkt 1 zu berechnen. Der
Verlauf von Q wird so bestimmt, dass bei den Einzellasten jeweils Sprünge der
Größe der Einzellast auftreten. Aus dem Querkraftdiagramm sieht man, dass im
Momentendiagram bei den Einzellasten Knicke auftreten (Abb. 6.16).

1 kN 3 kN 2 kN 2 kN 7 kN 1 kN

3 6
1 2 4 5 7 8
4,46 11,54

1,00 1,00 2,00 2,50 2,00 1,50 3,00

2,00 6,50 4,50

1kN

Q= -1 kN
1 2

Sprung von 3 kN

Abb. 6.16 Querkraft und Momentenzustandsline eines auskragenden Trägers

Statik der Tragwerke 6-15


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.9 Rahmen

6.2.9.1 Zweigelenkrahmen
Die Auflagerkräfte für den Rahmen wurden in 5.3.1 berechnet. Für die Gleichge-
wichtsüberlegungen ist es vorteilhaft, die Tragwerksteile wie gezeigt herauszu-
schneiden.
P = 40 kN

2 3 4

p = 5 kN/m
3,0

1 15 kN 5

23,21 kN 3,50 16,79 kN

N 2l
M2
Q 2l
2 N 2r
2
M2
Q 2r
3,0

15 kN 15 kN
1 1

23,21 kN 23,21 kN

M 2 = – 15 ⋅ 3, 0 =-45 kNm Druck auf Kennfaser !!

Q 2l = – 15 kN siehe auch Abb. 6.6 !! Q 2r = 23, 21 kN

N 2l = – 23, 21 kN (Druck) N 2r = – 15 kN

Abb. 6.17 Teilsysteme für die linke Seite des Zweigelenkrahmens

6-16 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Dabei kann man sich das separate Diagramm für die Schnittkräfte rechts des Kno-
tens sparen, wenn man die Bezeihnung zwischen Q und N bei einer Richtungsän-
derung von 90° (Abb 6.6) betrachtet.
N 4r Q 4r
M4
N 4l 4
M4 4
Q 4l 1,5

15 kN 15 kN

5 5

16,79 kN 16,79 kN

M 4 = – 15 ⋅ 1, 5 = – 22, 5 kNm Druck auf Kennfaser !!

Q 4l = – 16, 79 kN siehe auch Abb. 6.6 !! Q 4r = 15 kN

N 4l = – 15 kN (Druck) N 4r = – 16, 79 kN

M 2 = – 45 kNm M3
2 3
N 2l N 3r
Q 3l
3,5
Q 2r = 23, 21 kN

M 3 = – 45 + 23, 21 ⋅ 3, 5 = 36, 25kNm


Q 3l = Q 2r N 3l = N 2r

Abb. 6.18 Teilsysteme für die rechte und mittlere Seite des Rahmens

Statik der Tragwerke 6-17


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Die Schnittkraftverläufe sind in Abb. 6.19 dargestellt.

[M]

[Q]

[N]

Abb. 6.19 Schnittkraftveläufe

6-18 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.10 Zusammengesetzte Systeme

6.2.10.1 Gelenkträger
Die Auflager und Gelenkskräfte wurden in 5.4.1 berechnet. Die Bestimmung der
Schnittkraftverläufe kann zuerst für die beiden Einzelteile bestimmt und dann
zusammengesetzt werden.
P

L1 L2/2 L2/2

P P
--- ---
2 2

P
---
2 P ⋅ L2
-------------
4

P ⋅ L1
-------------
2

P ⋅ L1
im Gelenk M = 0
-------------
2
[M]

P ⋅ L2
-------------
4
P
---
2
P
[Q]
---
2

Abb. 6.20 Schnittkraftverläufe eines Gelenkträgers

Statik der Tragwerke 6-19


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.10.2 Dreigelenkbogen (gerade Stabelemente)


p = 10 kN/m

2 3 4 5 6

4,0

1 7

2,0 2,0 4,0 1,0

10x x/2

M
N
Q
x
4,0

2,0

6, 25
52, 5

x
M = 52, 5 ( x – 2 ) + 10x ⋅ --- - 6, 25 ⋅ 4, 0
2

M0 - M1 M

10x M

52, 5
6, 25

Abb. 6.21 Schnittkraftverlauf als Superposition von 2 Einflüssen

6-20 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Die Auflagerkräfte wurden schon in 5.4.2.1. ausgerechnet. In Abb. 6.21 sieht man,
dass der Schnittkraftverlauf als Superposition von zwei Einflüssen gesehen werden
kann: Der Einfluss der vertikalen Kräfte und der Einfluss der horiontalen Auflager-
kraft oder Haltekraft (H). Für die Berechnung des Einfusses aus vertikalen Lasten
verhält sich das Tragwerk wie ein Einfeldträger mit Kragarmen. Superponiert man
beide Diagramme muss im Gelenkpunkt das Biegemoment Null herauskommen.
p = 10 kN/m

2 3 4 5 6

52, 5 37, 5

M0

2 3 5 6
4

M1

6, 25 6, 25
1 7

M=0 ; Gelenk !!!


= =

2 3 5 6
4

1 7

Abb. 6.22 Berechnung des Momentenverlauf mit Hilfe der Superposition

Statik der Tragwerke 6-21


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

[M]

[Q]

[N]

Abb. 6.23 Endgültige Schnittkraftverläufe

6-22 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

6.2.10.3 Dreigelenkbogen (gekrümmt)


Wir untersuchen hier einen gekrümmten Dreigelenkbogen mit einer parabolischen
Form und einer Belastung durch eine Gleichlast (z.B. Schneelast).
q kN (proj. Länge)

2
f⎛ x⎞
h ( x ) = 4 --- ⎜ x – -----⎟
L⎝ L⎠
f

H H
x

L/2 L/2

M0
2
qL ⁄ 8
2
qL ⎛ x⎞
------- ⎜ x – -----⎟
2 ⎝ L⎠

h(x)
H H
x

H ⋅ h( x)
H⋅f M1

2
M Gelenk = qL ⁄ 8 – H ⋅ f = 0 H = qL ⁄ 8 f
2

2
qL ⎛ x⎞
M ( x ) = ------- ⎜ x – -----⎟ – H ⋅ h ( x ) = 0 Stützlinie
2 ⎝ L⎠

Abb. 6.24 Dreigelenkbogen mit parabolischer Form und Gleichlast

Statik der Tragwerke 6-23


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Aus Abb. 6.24 ergibt sich, dass für die gegebene Belastung die Momente in dem
Tragwerk an jeder Stelle verschwinden. Diese Form des Dreigelenkbogens ist auch
als Stützline bekannt. Für die Bestimmung des Querkraft und Normalkraftverlaufs
müssen die Kräfte in die lokalen Richtungen umgerechnet werden. Hier kann wie-
der der Einfluss aus den vertikalen und horizontalen Lasten getrennt betrachtet und
dann superponiert werden. Dabei kann man sehen, dass Q 0 ( x ) die Querkraft des
Einfeldträgers in Abb. 6.24 ist.

f x
α ( x ) = atan ⎛ 4 --- ⎛ 1 – 2 ---⎞ ⎞
Q0
⎝ L⎝ L ⎠ ⎠ N Q0 N
α(x)
H

Q Q

H aus H aus Q 0

N = – H cos α – Q 0 sin α
R Ay
Q = – H sin α Q 0 cos α

Abb. 6.25 Berechnung der Querkraft und Normalkraft

In Abb. 6.26 und Abb. 6.27 werden die Schnittkraftverläufe für einen kreisförmi-
gen Dreigelenkbogen und einen Zweigelenkbogen gegenübergestellt. Man sieht,
dass die Momente im Dreigelenkbogen wesentlich kleiner sind als im Zweigelenk-
bogen.

Abb. 6.26 Verlauf der Biegemomente in einem Zweigelenk- und Dreigelenkrahmen

6-24 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - ebene Systeme

Die Normalkräfte sind jedoch im Dreigelenkrahmen größer.

Abb. 6.27 Normalkraft und Querkraftverläufe

Statik der Tragwerke 6-25


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

6.3 Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

Bei 3-D Systemen werden die Schnittkräfte in einer axonometrischen Darstellung


gezeigt. Dabei ist sowohl die Kennfaserdarstellung als auch die „on the tension
side“ Darstellung möglich. Hier gibt es für die zwei Biegemomente zwei verschie-
dene Kennfasern.
x'

M y' z
y' y

Abb. 6.28 Darstellung des Biegemomentes M y'

Abb. 6.28 und Abb. 6.29 zeigen die Darstellung der Biegemomentenverläufe.

M z'
x'

z
y

x
z'

Abb. 6.29 Darstellung des Biegemomentes M z'

Auch ein 3-D Tragwerk kann man in Stab- und Knotenelemente einteilen. Für die
Knoten kann man die Übertragungsgleichungen für ebene Systeme erweitern.

6.3.1 Übertragungsgleichungen
Die Übertragungsgleichungen für Einzellasten sind ähnlich wie bei ebenen Syts-
men, d.h. es gibt Sprünge bei Querkraft, Normalkraft und Momentenverläufen auf
Grund von den jeweiligen Belastungen. Bei Richtungsänderungen der Stäbe gibt

6-26 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

es jetzt auch Sprünge in den Momentenverläufen. Als Beispiel wird dies in Abb.
6.30 für Momente in der x-y Ebene gezeigt.

x'
M y'l
M x'r

M x'l α
x' y'

M y'r y
y'
x

M x'r = M x'l cos α – M y'l sin α

M y'r = M x'l sin α + M y'l cos α

Abb. 6.30 Knotenübertragungsgleichung für Momente bei Richtungsänderung von 2


angeschlossenen in der x-y Ebene liegenden Stäbe

M x'r

M y'r
M x'l

M y'l y
M y'r = M x'l
x

M x'r = – M y'l

Abb. 6.31 Sonderfall bei rechtem Winkel

Statik der Tragwerke 6-27


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

6.3.2 Gleichgewicht eines Teilelements


Bringt man alle an den Schnittufern wirkenden Schnittkräfte an, so kann das
Gleichgewicht eines beliebig herausgeschnittenen Teils getrennt betrachtet wer-
den. In Abb. 6.32 und Abb. 6.33 wird das Gleichgewicht eines Teils von der Länge
dx' (hier infinitesimal klein angenommen) mit einer verteilten Belastung in den
beiden Hauptachsenebenen untersucht.

x'
dx'
M y' + dM y'
N + dN
q z' ⋅ dx'

q z' o
Q z' Q z' + dQ z'
z' n ⋅ dx'
n
N dx'
M y'

dN
∑ Fx' = 0 ndx' – N + N + dN = 0 ------- = – n
dx'

dQ z'
∑ Fy' = 0 q z' dx' – Q z' + Q z' + dQ z' = 0 ---------- = – q z'
dx'
dx' ⇒ 0
dM y'
dx'
∑ M um o = 0 q z' dx' ⋅ ------- + M y' + dM y' – M y' – Q z' ⋅ dx' = 0
2
----------- = Q z'
dx'

Abb. 6.32 Gleichgewicht eines abgeschnittenen Teils des Balkens in der


x' – z' Ebene

6-28 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

x'
dx'
M z' + dM z'
q y' ⋅ dx'

q y' o
Q y' Q y' + dQ y'
y' n ⋅ dx'
n
dx'
M z'

dQ y'
∑ Fy' = 0 q y' dx' – Q y' + Q y' + dQ y' = 0 ---------- = – q y'
dx'
dx' ⇒ 0
dM z'
dx'
∑ Mum o = 0 q y' dx' ⋅ ------- + M z' + dM z' – M z' – Q y' ⋅ dx' = 0 ----------- = Q y'
dx'
2

Abb. 6.33 Gleichgewicht eines abgeschnittenen Teils des Balkens in der x' – y'
Ebene

Statik der Tragwerke 6-29


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

Zahlenbeispiel: 3-D System 1

30 kN

p = 10 kN/m
15 kN
2
P = 20 kN

25 kN 1 0
3,0
1,5
z
1,5 10 kN
y

Biegemomente und Querkräfte Stab 1:

Q z' M y' Q z'


x'
M y' P = 20 kN
y'
z 1 x' 1
x'
y 1,5
10 kN 10 kN
x z'

M y' ( x' ) = 10 ⋅ x' M y' ( x' ) = 10 ⋅ x' – 20 ⋅ ( x' – 1, 5 )


Q z' ( x' ) = 10 Q z' ( x' ) = 10 – 20

M y' ( x' = 3 ) = 10 ⋅ 3 – 20 ⋅ 1, 5 = 0 aus gegebener Belastung

6-30 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

Biegemomente und Querkräfte Stab 2:

z
10 ⋅ a x'
y
a
Q z' ---
x 2
M y' 2 15 kN
a

z' y'

2
a 2
M y' ( a ) = 15 ⋅ a – 10 ⋅ ---- 3
2 M y' ( a = 3 ) = 15 ⋅ 3 – 10 ⋅ ----- = 0
2
Q z' ( x' ) = – 15 + 10 ⋅ a
Knotengleichgewicht:
Q z'2

Q z'2 = Q z'1 + 25

25 kN Q z'1

Biegemomentenverlauf und Querkraftverlauf:

-15,00 kN

M y' Q z'

-10,00 kN
11,25 kNm +

15,00 kN
10,00 kN
15 kNm

Statik der Tragwerke 6-31


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

Zahlenbeispiel: 3-D System 2

30 kN

30 kN
1 0
3,00 3 ,0
z
90 kNm
y
45 kNm
x

z a
2
x' M y' = – 10 ⋅ ----
y a 10 ⋅ a 2
---
2
x
Q z' Q z' = 10 ⋅ a
M y' 2
a
M x'
y'
z'

30kN M x' = 30 ⋅ 1, 5

M y' = – 30 ⋅ b
2
x' Q z' = 30
Q z'
M y'
z
1,5 y' y
b
M x'
x
z'

6-32 Statik der Tragwerke


Schnittkraftverläufe
Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

Biege- und Torsionsmomentenverlauf sowie Querkraftverlauf:

My’: Biegemoment Mx’: Torsionsmoment

-45,00 kNm
-90,00 kNm
-
-

+
4 5 ,0
0 kN
m
Qz’:

30,00 kN

30,00 kN

Statik der Tragwerke 6-33


Schnittkraftverläufe
6 Schnittkraftverläufe - 3-D Systeme

6-34 Statik der Tragwerke


7 Fachwerke

7.1 Einleitung

Das Fachwerk wurde als Tragwerksform schon relativ früh entdeckt. Abb. 7.1.
zeigt z.B eine Fachwerkbrücke über die Donau, die im Jahre 105 n.Chr. von den
Römern erbaut wurde.

Abb. 7.1 Römisches Relief, das eine Fachwerkbrücke zeigt

Heutzutage ist das Fachwerk eine sehr häufig verwendete Tragwerksform. Kon-
struktiv sind Fachwerke meist so ausgebildet, dass eine starre Verbindung der ein-
zelnen Tragwerksteile besteht (siehe z.B. Abb. 7.2).

Abb. 7.2 Konstruktive Ausbildung eines Fachwerksknotens

Statik der Tragwerke 7-1


Fachwerke
7 Einleitung

Um die Berechnung zu vereinfachen wird das Fachwerk jedoch idealisiert.


Das ideale Fachwerk hat:
1) gerade Stabachsen, die einander im Bereich der Knoten in einem Punkt schnei-
den (zentrischer Stabanschluss)
2) Stäbe, die in den Knoten reibungsfrei miteinander verbunden sind (Gelenke)
3) Belastungen, die nur aus Einzelkräften in den Knoten bestehen.
Unter den oben genannten Voraussetzungen treten in den Stäben des Fachwerks
nur Normalkräfte auf.
zu 1) Die erste Annahme für ein ideales Fachwerk wird in den meisten Fällen
durch entsprechende konstruktive Maßnahmen (die Schwerlinien der angeschlos-
senen Stäbe schneiden einander in einem Punkt) eingehalten.
zu 2) Wie schon erwähnt werden Fachwerke in der Regel nicht aus gelenkig ange-
schlossenen Tragwerksteilen konstruiert. Der Einfluß eines starren Anschlusses
kann aus der Gegenüberstellung der Schnittkräfte zwischen gelenkig und starr
angeschlossenen Stäben erklärt werden (Abb. 7.3 und ).

[M]

[N]

Abb. 7.3 Schnittkräfte bei gelenkig angeschlossenen Stäben (Programm RuckZuck)

7-2 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Einleitung

[M]

[N]

Abb. 7.4 Schnittkräfte bei starr angeschlossenen Stäben (Programm RuckZuck)

Man sieht, dass die zusätzlichen Momente, welche bei einem starren Anschluß ent-
stehen, im Vergleich zu den Normalkräften klein sind und dass sich die Normal-
kräfte nur geringfügig ändern. Fachwerkstäbe werden daher nur auf Druck/Zug
dimensioniert und der Einfluß der „Nebenspannungen“ aus den Biegemomenten
wird vernachlässigt.
zu 3) Die Annahme, dass Belastungen nur in den Fachwerkknoten wirken, wird
dadurch erfüllt, dass das Eigengewicht der Stäbe vernachlässigt wird und Lasten
über Biegeträger in die Knoten eingeleitet werden (Abb. 7.5 und Abb. 7.6).

Abb. 7.5 Gegebenes Tragsystem und Belastung

Statik der Tragwerke 7-3


Fachwerke
7 Berechnung der Stabkräfte

Abb. 7.6 Auf das Tragwerk wirkende Belastung

Abb. 7.7 zeigt die bei Fachwerken verwendete Terminologie für die Bezeichnung
der Tragwerksteile.
Obergurt

Vertikale oder Pfosten


Diagonale oder Strebe

Untergurt

Abb. 7.7 Beim Fachwerk verwendete Terminologie

7.2 Berechnung der Stabkräfte

7.2.1 Allgemeines
Zur Ermittlung der Stabkräfte wird jeder einzelne Knoten „freigeschnitten“,
dadurch werden die Stabkräfte freigelegt (siehe Abb. 7.8). Da die Stabkräfte noch
unbekannt sind, werden sie zunächst als Zugkräfte angenommen. Dadurch wird die
Vorzeichenkonvention festgesetzt (ist das Ergebnis für die Stabkraft negativ,
befindet sich dieser Stab unter Druck).
Die Stabkräfte bestimmt man, indem man an jedem Knoten die Gleichgewichtsbe-
dingungen ansetzt. Für ebene Tragwerke stehen für jeden Knoten 2 Gleichge-
wichtsgleichungen zur Verfügung. Für das Tragwerk in Abb. 7.8 mit 5 Knoten
stehen daher insgesamt 10 Gleichungen zur Verfügung. Die Unbekannten sind:
7 Stabkräfte: D 1, D 2, D 3, D 4, U 1, U 2, O 1
3 Auflagerkräfte: R 1x, R 1y, R 5y
d.h. insgesamt 10 Unbekannte. Das Tragwerk ist statisch bestimmt.

7-4 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Berechnung der Stabkräfte

2 4
Angabe α
P
1 α α α α 5

2 O1 O1 4
„free body D1 D4
diagram“ D2 D3
P
D1 D4
R 1x D2 D3
5
1 U1 U1 3 U2 U2
R 1y R 5y

Abb. 7.8 „free body diagram“ eines Fachwerkträgers

Die Knotengleichgewichtsbedingungen lauten:

D1
R 1x (1) R 1x + U 1 + D 1 cos α = 0
1 U1
(2) R 1y + D 1 sin α = 0
R 1y
2 O1 (3) D 2 cos α – D 1 cos α + O 1 = 0

D1 D2 (4) D 2 sin α + D 1 sin α = 0

D2
P (5) D 3 cos α – D 2 cos α – U 1 + U 2 = 0
D3
U1 U2 D 3 sin α + D 2 sin α – P = 0
(6)
3
O1 4 (7) D 3 cos α + D 4 cos α – O 1 = 0

D3 D4 (8) D 4 sin α – D 3 cos α = 0

D4 (9) D 4 cos α + U 2 = 0
5
U2
(10) D 4 sin α + R 5y = 0
R 5y

Statik der Tragwerke 7-5


Fachwerke
7 Berechnung der Stabkräfte

7.2.2 Bestimmung der statischen Bestimmtheit


Die oben vorgestellten Überlegungen erlauben es, die statische Bestimmtheit eines
Fachwerks festzustellen. Zu den Beispielen in Abb. 7.9 ist zu bemerken, dass die
Abzählbedingungen nicht ausreichen, um die Verschieblichkeit eines Systems fest-
zustellen.
Anzahl der Gleichungen= 2*4= 8
Anzahl der Stäbe= 4
Anzahl der Auflagerkräfte= 3
8>7
verschieblich

34>33 verschieblich
12=12 trotzdem verschieblich !!!
Gleichungen= 2*17= 34
Gleichungen= 2*6= 12
Stäbe= 9 Stäbe= 30
Auflagerkräfte = 3 Auflagerkräfte= 3

6=6, statisch bestimmt 34=34, statisch bestimmt


Gleichungen= 2*3= 6 Gleichungen= 2*17= 34
Stäbe= 3 Stäbe= 31
Auflagerkräfte= 3 Auflagerkräfte= 3

8 < 9 , statisch unbestimmt 8=8, statisch bestimmt


Gleichungen= 2*4= 8 Gleichungen= 2*4= 8
Stäbe= 6 Stäbe= 5
Auflagerkräfte= 3 Auflagerkräfte= 3

Abb. 7.9 Verschiebliche, statisch bestimmte und statisch unbestimmte Fachwerke

7-6 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Berechnung der Stabkräfte

7.2.3 Das Rundschnittverfahren


Mit dem Rundschnittverfahren können Stabkräfte im Fachwerk durch Handrech-
nung bestimmt werden. Im Rundschnittverfahren werden zuerst die Auflagerkräfte
(siehe Kapitel 5) berechnet. Dann werden die Knotenrundschnitte in einer gewis-
sen Reihenfolge gemacht. Diese wird so bestimmt, dass bei einem Knoten nur
jeweils zwei unbekannte Stabkräfte auftreten. Für das Fachwerk aus Abb. 7.8 ist
die Reihenfolge in Abb. 7.10 dargestellt.

Rundschnitt 4
Rundschnitt 2
O1
Rundschnitt 5
D1 D2
Rundschnitt 1
A B
U1
P
Rundschnitt 3

Abb. 7.10 Reihenfolge der Knotenrundschnitte

Die Gleichgewichtsgleichungen für Schnitt 1 und 2 sind in Abb. 7.11 und Abb.
7.12 dargestellt.

Rundschnitt 1: D1

∑ Fy = 0: D 1 ⋅ sin α + R Ay = 0
RAx
α ∑ Fx = 0: U 1 + D 1 ⋅ cos α + R Ax = 0
U1
D 1 und U 1

RAy

Abb. 7.11 Knotenrundschnitt 1

Statik der Tragwerke 7-7


Fachwerke
7 Berechnung der Stabkräfte

Rundschnitt 2:
O1
α α
∑ Fy = 0: – D 1 ⋅ sin α – D 2 ⋅ sin α = 0

∑ Fx = 0: – D 1 ⋅ cos α + D 2 ⋅ cos α + O 1 = 0
D1 D2 O 1 und D 2

Abb. 7.12 Knotenrundschnitt 2

Nullstäbe
Nullstäbe sind Stäbe, die unter der gegebenen Belastung spannungsfrei bleiben.
Das Rundschnittverfahren lässt Nullstäbe leicht erkennen (s. Abb. 7.13).
Rundschnitt Knoten 1:
5 V1 = 0
O1 3 O1 = 0
1
Rundschnitt Knoten 5:
V3
V1 V2 V3 = 0
Rundschnitt Knoten 2:
V2 = P2
2 4
P2

Abb. 7.13 Nullstäbe

Folgende Gesetzmäßigkeiten kann man erkennen:


Š Treffen zwei Fachwerkstäbe in einem unbelasteten Knoten zusammen, so sind
beide Stäbe Nullstäbe.
Š Treffen zwei Stäbe in einem belasteten Knoten zusammen und wirkt die Kno-
tenlast in die Richtung der Stabachse eines der beiden Stäbe, so ist der andere
Stab ein Nullstab.
Š Treffen drei Stäbe in einem unbelasteten Knoten zusammen und liegen zwei
Stäbe in einer gemeinsamen Wirkungslinie, so ist der dritte Stab ein Nullstab.
Š Treffen zwei Stäbe mit gemeinsamer Wirkungslinie und zusätzliche, schon
bestimmte Nullstäbe in einem unbelasteten Knoten zusammen, so ist jeder wei-
tere an diesen Knoten angeschlossene Stab ein Nullstab.

7.2.4 Graphisches Verfahren nach Cremona


Das Verfahren nach Cremona ist das grafische Äquivalent zum Rundschnittver-
fahren und wurde.in der zweiten Hälfte des 19. Jhds von Antonio Cremona entwik-

7-8 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Berechnung der Stabkräfte

kelt und hat heutzutage nur mehr historische Bedeutung. Die zugrundeliegende
Idee ist es, die Gleichgewichtsgleichungen durch Kraftpolygone zu ersetzen (siehe
auch Kapitel 2).

Regeln für das Zeichnen


Š Die Kräfte müssen in der Reihenfolge zusammengesetzt werden, in der sie beim
Umfahren des Fachwerkknotens auftreten (links oder rechts herum).
Š Der einmal gewählte Umlaufsinn ist für das gesamte Fachwerk beizubehalten.
Š Jeder Stab darf nur einmal im Cremonaplan vorkommen.
Š Jedem Knoten im Fachwerk entspricht im Cremonaplan ein Polygon.
Die Darstellung der Stabkräfte erfolgt in der Regel so, dass die Wirkung der Stab-
kräfte auf die Knoten angegeben wird. Zugkräfte sind positiv.

Zugstab Druckstab

Das folgende Beispiel für einen Cremonaplan ist dem Buch von K. Hirschfeld
„Baustatik - Theorie und Beispiele“ entnommen.
Der Umfahrungssinn ist gegen den Uhrzeigersinn positiv gewählt.

Statik der Tragwerke 7-9


Fachwerke
7 Berechnung der Stabkräfte

1 kN

Abb. 7.14 Beispiel für die Anwendung des Cremonaplans

7.2.5 Das Ritterschnittverfahren


Das Ritterschnittverfahren kommt zur Anwendung, wenn nicht alle Stabkräfte zu
bestimmen sind. Es ist somit unter anderem für die Bestimmung von Einflußlinien
von Bedeutung (siehe Kapitel 9).
Bei dieser Methode wird das Tragwerk (wie bei der Bestimmung der Schnittkräfte
in Trägern) in zwei Teile geschnitten. Für die Bestimmung der Stabkräfte bringt
man den abgeschnittenen Teil ins Gleichgewicht. Es stehen 3 Gleichungen für die
Bestimmung der unbekannten Stabkräfte zur Verfügung. Der Schnitt muss daher tt
so geführt werden, dass nur drei Stäbe durchgeschnitten werden.

7-10 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Berechnung der Stabkräfte

Py O1 4

Px 2 α D3

h1 h2

y
RAx 1 3
+ β
x U2
RAy

Abb. 7.15 Berechnung der Stabkräfte mit dem Ritterschnittverfahren

Im Folgenden verwendete Ausdrücke:


ΣMi : die Summe aller Momente von äußeren Belastungen und Auflagerkräften
um den Punkt i am herausgeschnittenen Teil. Momente sind definitionsgemäß
positiv, wenn sie gegen den Uhrzeigersinn drehen.
ΣV : Summe aller vertikalen Anteile von Belastung und Auflagerkräften für den
herausgeschnittenen Teil .
Für die Bestimmung der Stabkräfte gilt es, möglichst solche Gleichgewichtsglei-
chungen zu verwenden die nur eine unbekannte Stabkraft enthalten. So wird für
die Berechnung der Untergurtkraft das Moment um jenen Punkt berechnet, an dem
sich die beiden anderen Stäbe (Diagonale und Obergurt) schneiden. Diese Stäbe
haben um diesen Punkt kein Moment (weil keinen Abstand) und kommen in der
Gleichung nicht vor. Eine analoge Gleichung kann für die Obergurtkraft gefunden
werden.
Die Gleichungen für das Beispiel in Abb. 7.15 sind:
Momentengleichgewicht um Knoten 3:

Σ M3
∑ M3 = 0: –O1 ⋅ h1 + Σ M3 = 0 O 1 = -----------
h1

Statik der Tragwerke 7-11


Fachwerke
7 Berechnung der Stabkräfte

Momentengleichgewicht um Knoten 4:

Σ M4
∑ M 4 = 0: U2 ⋅ h2 + Σ M4 = 0 U 2 = – -----------
h2

Die Stabkraft D2 erhält man hier am günstigsten aus der Bedingung ΣFy= 0:
O 1 ⋅ sin α + D 3 ⋅ sin β + Σ V = 0 D3

Parallelgurtiges Fachwerk
Bei einem parallelgurtigen Fachwerk mit vertikaler Belastung ergeben sich Ver-
einfachungen. Hier stellen wir uns den Fachwerkträger als Biegeträger („Ersatzträ-
ger“) vor und bestimmen Momenten- und Querkraftverläufe. Aus diesen Verläufen
erfolgt die Berechnung mit einfachen Formeln. Dabei werden im Gegensatz zum
Vorhergehenden, wo die Gleichungen Gleichgewichtsbedingungen darstellen, die
aus den Stabkräften entstehenden Momente und Querkräfte den Schnittgrößen M
und Q des Ersatzträgers gleichgesetzt.

7-12 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Berechnung der Stabkräfte

Ersatzträger:
Mi
i

Q ir ( Querkraft rechts vom Schnitt )


Fachwerk:
Mi
i Oi
α
h Di
Qir

Ui
Mi Qi
Mi = Ui ⋅ h U i = ------ D i sin α = Q i D i = -----------
h sin α

Abb. 7.16 Berechnung des Untergurts und der Diagonale mit Hilfe eines
Ersatzträgers

Ersatzträger:
Mi+1
i i+1

Fachwerk:
Oi

h Mi+1

i i+1

Mi + 1
Mi + 1 = –Oi ⋅ h O i = – ------------
h

Abb. 7.17 Berechnung des Obergurts mit Hilfe eines Ersatzträgers

Statik der Tragwerke 7-13


Fachwerke
7 Berechnung der Stabkräfte

Knotenrundschnitt
∑ Fy = 0
Oi – 1 i Oi
V i + D i ⋅ sin α = 0

Di V i = – D i ⋅ sin α

Vi Vi = –Qi

Abb. 7.18 Berechnung der Vertikalen mittels Rundschnitt

7.2.6 K-Fachwerk
Bei der Berechnung der Stabkräfte für K-Fachwerke kann man keinen Schnitt
machen, der nur durch drei Stäbe geht. Daher wird dieses Fachwerk hier getrennt
betrachtet.
Das K-Fachwerk wird vielfach für Windverbände im Brückenbau und im Hochbau
sowie für die Ausfachung von Masten und Türmen verwendet. Es ergibt sich dabei
der Vorteil, dass bei symmetrischer Ausbildung bezüglich der Trägerachse gleiche
Stabkräfte für beide Windrichtungen auftreten. Auch Vereinfachungen bei der
Herstellung können daraus resultieren. Im Brückenbau kommen dennoch auch
häufig unsymmetrische Konstruktionen mit K-Fachwerken zur Anwendung. Abb.
7.19 zeigt einige Beispiele.

Achtung: innerlich statisch unbestimmt!!

Abb. 7.19 Beispiele für K-Fachwerke

7-14 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Berechnung der Stabkräfte

Beispiel für die Berechnung eines K-Fachwerks


Angabe:
P

y αo
+ h
x αu

RAy RBy

Der erste Schnitt zur Bestimmung der Diagonalen ist ein Knotenrundschnitt:
V oi
D oi

y αo
i
+
x αu

D ui
V ui

∑ Fx = 0 D oi cos α o + D ui cos α u = 0

Die horizontalen Komponenten der Diagonalen sind gleich groß und entgegenge-
setzt gerichtet!!

Statik der Tragwerke 7-15


Fachwerke
7 Berechnung der Stabkräfte

Zur Berechnung von Ober- und Untergurt wird ein Ritterschnitt geführt:

io Oi

y
D oi
+
x D ui

iu Ui

Mi + Ui ⋅ h = 0 Ui = Mi ⁄ h
o o

Mi – Oi ⋅ h = 0 Oi = –Mi ⁄ h
u u

Achtung: Da die horizontalen Komponenten der Diagonalkräfte gleich


groß und engegengesetzt gerichtet sind ergibt sich kein zusätzliches
Moment aus den Diagonalkräften !!

Q ir + D ui sin α u – D oi sin α o = 0 D oi, D oi

aus Abb. 7.22 D oi cos α o + D ui cos α u = 0

Ein weiterer Knotenrundschnitt dient der Berechnung der vertikalen Stabkraft:


P
Ui Ui + 1
αo
y D oi
+ i
x
Vi + 1

∑ Fy = 0 P + D oi sin α o + V i + 1 = 0 Vi + 1

7-16 Statik der Tragwerke


Fachwerke
Zahlenbeispiel: Fachwerkkonstruktion

7.3 Zahlenbeispiel: Fachwerkkonstruktion

1,50 m 4 x 3,00 m = 12,00 m 1,50 m

2,00 1 1 2 2 3 4 3 5

10

12
11

13
4

9
11
6 14 7 15 8 16 9 17 10 18

50 kN 50 kN 50 kN
4,00

20
19

+
1 x

12
5 x 3,00 m = 15,00 m

Gesucht:
Stabkräfte S19, S20, S8, S2 und S16 zufolge P6 = P9 = P10 = 50 kN

Das System wird im Gelenkspunkt 9 durchtrennt und die Auflager- und Gelenks-
kräfte werden angesetzt:
1 1 2 2 3 4 3 5

Gy Gy
11

12

13
10
4

9
6

11 R11x
6 14 7 15 8 16 Gx 9 17 10 18
Gx
50 kN 50 kN 50 kN R11y
20
19

R12x
12
Teil 1 Teil 2
R12y

Zuerst wird der vertikale Anteil der Gelenkskraft Gy bestimmt.


Teil 2:

∑ M11 = G y ⋅ 6,00 – 50 ⋅ 6,00 – 50 ⋅ 3,00 = 0 G y = 75 kN

Die horizontale Komponente der Gelenkskraft Gx kann dann aus dem Momenten-
gleichgewicht um Knoten 12 bestimmt werden.
Teil 1:

∑ M 12 = G y ⋅ 6,00 – 50 ⋅ 3,00 – G x ⋅ 4,00 = 0 G x = 75 kN

Statik der Tragwerke 7-17


Fachwerke
7 Zahlenbeispiel: Fachwerkkonstruktion

Die horizontale Komponente der Auflagerkraft im Knoten 12 errechnet man am


besten aus der Bedingung, dass die Summe der horizontalen Kräfte am Teil 1
gleich Null sein muss.
Teil 1:

∑ Fx = R12x – Gx = 0 R 12x = 75 kN

Mit der Bedingung ΣFy = 0 für den Teil 1 kann man die vertikale Komponente
R12y der Auflagerkraft im Knoten 12 ermitteln.
Teil 1:

∑ Fy = R12y – 50 – Gy = 0 R 12y = 125 kN

Die Stabkräfte S19 und S20 erhält man durch einen Rundschnitt um den Knoten 12:

S19

S20

4
tan α 1 = --- α 1 = 53,1301 °
R12x α1 3
12

R12y
∑ Fx = R12x + S20 ⋅ cos α 1 = 0 S 20 = – 125 kN

∑ Fy = R12y + S20 ⋅ sin α 1 + S19 = 0 S 19 = – 25 kN

Zur Bestimmung von S2, S8 und S16 wird der Schnitt I-I geführt:
I
S2 3

α2 Gy = 75 kN
S8
2
tan α 2 = ------- α 2 = 53,1301 ° Gx = 75 kN
1,5
8 S16 9
I

∑ M 3 = Gy ⋅ 1,50 + ( S16 + Gx ) ⋅ 2,00 = 0 S 16 = -131,25 kN

∑ M8 = G y ⋅ 3,00 – S 2 ⋅ 2,00 = 0 S 2 = +112,5 kN

∑ Fy = G y + S 8 ⋅ sin α 2 = 0 S 8 = – 93,75 kN

7-18 Statik der Tragwerke


Fachwerke
3-D Fachwerke

7.4 3-D Fachwerke

Bei dreidimensionalen Fachwerken wird analog zu den 2-D Fachwerken vorgegan-


gen, aber fast ausschließlich das Rundschnittverfahren verwendet. Für einen Kno-
ten stehen 3 Gleichgewichtsgleichungen zur Verfügung. Die Berechnung erfolgt
am besten mit Hilfe der Vektorrechnung. Dabei werden zuerst Einheitsvektoren in
Richtung der Stäbe ermittelt. Die Stabkraft kann dann als Vektor dargestellt wer-
den (siehe Abb. 7.20) und die vektorielle Summe aller Stabkraftvektoren kann
gebildet werden.

⎧ ⎫
⎪ ex ⎪
e ez ⎪ ⎪
z S = S ⎨ e y ⎪⎬

ex ⎪ ⎪
y
⎪ ez ⎪
ey ⎪ ⎪
x ⎩ ⎭

Abb. 7.20 Darstellung einer Stabkraft als Vektor

Statik der Tragwerke 7-19


Fachwerke
7 3-D Fachwerke

7.4.1 Zahlenbeispiel: 3-D Fachwerk

⎧ 30, 0 ⎫
P ⎪ ⎪
P = ⎨ 30, 0 ⎪⎬

S3 ⎪ ⎪
S2 3 ⎪ 0 ⎪
2 ⎩ ⎭
S1 y

4,00
1
0
3,0
z

0
3,00 3 ,0
x

Abb. 7.21 Angabe für 3-D Fachwerkbeispiel und Knotenrundschnitt

Bestimmung der Einheitsvektoren für Stäbe:

⎧ 0,00 ⎫ ⎧ 0,00 ⎫ ⎧ 0,00 ⎫ ⎧ 0,00 ⎫


⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪
e s1 = --- ⎨ 3, 0 ⎬ = ⎨ 0,60 ⎪⎬
1⎪ ⎪ ⎪ e s2 = --- ⎨ – 3, 0 ⎬ = ⎨ – 0 ,60 ⎪⎬
1⎪ ⎪ ⎪
5 5
⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪
⎪ 4, 0 ⎪ ⎪ 0,80 ⎪ ⎪ 4, 0 ⎪ ⎪ 0,80 ⎪
⎩ ⎭ ⎩ ⎭ ⎩ ⎭ ⎩ ⎭

⎧ 3, 0 ⎫ ⎧ 0,60 ⎫
⎪ ⎪ ⎪ ⎪
e s3 = --- ⎨ 0,00 ⎬ = ⎨ 0,00 ⎪⎬
1⎪ ⎪ ⎪
5
⎪ ⎪ ⎪ ⎪
⎪ 4, 0 ⎪ ⎪ 0,80 ⎪
⎩ ⎭ ⎩ ⎭

Bestimmung der Stabkräfte

Σ F = 0: S 1 ⋅ e s1 + S 2 ⋅ e s2 + S 3 ⋅ e s3 + P = 0

7-20 Statik der Tragwerke


Fachwerke
3-D Fachwerke

⎧ e s1x ⎫ ⎧ e s2x ⎫ ⎧ e s3x ⎫ ⎧ Px ⎫


⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎧ 0 ⎫
= S 1 ⋅ ⎪⎨ e s1y ⎪+S ⋅⎪
⎬ 2 ⎨ e s2y
⎪+S ⋅⎪
⎬ 3 ⎨ e s3y
⎪+⎪ ⎪ ⎪
⎬ ⎨ Py ⎬ = ⎨ 0


⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪
⎪ e ⎪ ⎪ e ⎪ ⎪ e ⎪ ⎪ P ⎪ ⎩ 0 ⎭
⎩ s1z ⎭ ⎩ s2z ⎭ ⎩ s3z ⎭ ⎩ z ⎭

e s1x e s2x e s3x ⎧ S1 ⎫ ⎧ Px ⎫


⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎧ 0 ⎫
= e s1y e s2y e s3y ⋅ ⎪⎨ S 2 ⎪⎬ + ⎪⎨ P y ⎪⎬ = ⎪⎨ 0 ⎪

⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪
e s1z e s2z e s3z ⎪ S ⎪ ⎪ P ⎪ ⎩ 0 ⎭
⎩ 3 ⎭ ⎩ z ⎭

0,00 0,00 ⎧ S 1 ⎫ ⎧ 30,00 ⎫


0,60
⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎧ 0 ⎫
⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪
0,60 – 0,60 0,00 ⋅ ⎨ S 2 ⎬ + ⎨ 30,00 ⎬ = ⎨ 0 ⎬
⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪
0,80 0,80 0,80 ⎪ S 3 ⎪ ⎪ 0,00 ⎪ ⎩ 0 ⎭
⎩ ⎭ ⎩ ⎭

S1 ⎧ 0,00 ⎫
⎪ ⎪
⎪ ⎪
S 2 = ⎨ 50,00 ⎬
⎪ ⎪
S3 ⎩ ⎪ – 50,00 ⎪

S 1 = 0,00 kN S 2 = 50,00 kN S 3 = – 50 ,00 kN

Statik der Tragwerke 7-21


Fachwerke
7 3-D Fachwerke

7-22 Statik der Tragwerke


8 Mischsysteme

8.1 Langer’scher Balken

Verstärkt man einen Balken durch einen polygonalen Stabzug, in dessen Gelenken
mit dem Balken verbundene Hängestangen oder Pfosten angeschlossen sind, so
erhält man einen sogenannten Langer’schen Balken.
Josef Langer war ein österreichischer Ingenieur. Er beschrieb als erster das Tragverhalten von durch Stabzüge
verstärkten Balken. In Graz wurde 1881 die erste Langer’sche Balkenbrücke gebaut.
y
+ Sm+1
x
Sm
ϕm+1
ϕm
f
Zm
RAx G

RAy RBy
L
LA LB

Der Balken kann als Vollwand- oder als Fachwerkbalken ausgebildet sein. Norma-
lerweise werden Langer’sche Balken ohne Gelenk in der Mitte ausgeführt. Das
System ist in diesem Fall einfach statisch unbestimmt. Führt man jedoch ein
Gelenk im Balken ein, so wird das System statisch bestimmt und die inneren
Kräfte lassen sich allein auf Grund von Gleichgewichtsbedingungen ermitteln.
Sind die Knotenpunkte des Stabzugs gelenkig ausgebildet, so treten im Stabzug
und in den Hängestangen nur Normalkräfte auf. Die folgenden Überlegungen wer-
den für vertikale Belastung angestellt.
Als erstes können die Auflagerkräfte RAx, RAy und RBy bestimmt werden. Sie
errechnen sich wie beim Träger auf zwei Stützen mit der Stützweite L.

Statik der Tragwerke 8-1


Mischsysteme
8 Langer’scher Balken

8.1.1 Bestimmung der Stabkräfte


Zur Ermittlung der Hängestangenkräfte Zi und der Stabkräfte Si wird das Kräfte-
gleichgewicht in horizontaler sowie vertikaler Richtung an jedem Knoten des Stab-
zuges durch Knotenrundschnitte untersucht.
Aus der Gleichgewichtsbedingung ΣFx = 0 am Knoten m folgt, dass die Horizon-
talkomponenten H der Stabkräfte Si an jedem Knoten gleich groß sein müssen.
H = const. = S m ⋅ cos ϕ m = S m + 1 ⋅ cos ϕ m + 1
Sm+1
m
ϕm ϕm+1 H
S m = ---------------
Sm cos ϕ m
Zm
H
S m + 1 = ----------------------
cos ϕ m + 1

Die Hängestangenkraft Zm folgt aus der Gleichgewichtsbedingung ΣFy = 0.


Z m + S m ⋅ sin ϕ m – S m + 1 ⋅ sin ϕ m + 1 = 0

Sie ergibt als Differenz der Vertikalkomponenten von Sm und Sm+1:


Z m = – H ⋅ ( tan ϕ m – tan ϕ m + 1 )

Um die Horizontalkomponente H der Kräfte Si im Stabzug zu ermitteln, führt man


einen Vertikalschnitt durch das Gelenk G und formuliert die Momentengleichge-
wichtsbedingung ΣMG = 0, da ja im Gelenkspunkt kein Biegemoment aufgenom-
men werden kann. Damit ergibt sich für H folgende Beziehung:

Sm+1
Sm H
ϕm+1
ϕm
Zm f M G0
H = – ----------
RAx Gx f

Gy
RAy

Dabei ist MG0 das Biegemoment im Punkt G an einem Ersatzbalken auf zwei Stüt-
zen mit der Länge L.
Hat man erst einmal die Hängerstangenkräfte sowie die Kräfte im Stabzug ermit-
telt, so können damit die Schnittkräfte im Balken selbst ermittelt werden.

8-2 Statik der Tragwerke


Mischsysteme
Langer’scher Balken

8.1.2 Schnittkraftverläufe am Balken


Betrachtet man die Ergebnisse der Berechnung, so fällt auf, dass bei einem sym-
metrischen System die Stabkräfte im Stabzug und in den Hängern auch bei unsym-
metrischer Belastung des Systems symmetrisch sind.
Für die Berechnung der Schnittkraftverläufe am Balken kann man entweder die
Fachwerkstäbe durch ihre Kräfte ersetzen oder den Schnitt durch das Gesamtsy-
stem machen.

8.1.2.1 Ersatzlasten für Fachwerkstäbe


Man ersetzt zuerst die Fachwerkstäbe durch die oben errechneten Stabkräfte und
führt dann die entsprechenden Schnitte durch.

Z1 Z2

RAx
M

Q
RAy

8.1.2.2 Schnitt durch Gesamttragwerk


In der zweiten Methode wird der Schnitt durch das Gesamttragwerk gemacht.

V Sm+1
Sm
ϕm H
M hm
RAx

Q
RAy

M = M0 –H ⋅ hm M0 Moment am Einfeldtrager

Q = Q0 –V Q0 Querkraft am Einfeldtrager

Statik der Tragwerke 8-3


Mischsysteme
8 Langer’scher Balken

8.1.2.3 Superposition der Einflüsse


Man kann auch das Prinzip der Superposition anwenden, indem man die Einflüsse
der Belastung und der Stabkräfte trennt.Dies wird anhand eines gleichmäßig bela-
steten Langerbalkens gezeigt.

RAx

RAy RBy
L

MG

Abb. 8.1 Schnittkraftverlauf mit Hilfe der Superposition: Balken mit Belastung

8-4 Statik der Tragwerke


Mischsysteme
Langer’scher Balken

RAx

RAy RBy

MG

Abb. 8.2 Schnittkraftverlauf mit Hilfe der Superposition: Balken mit Stabkräften

Statik der Tragwerke 8-5


Mischsysteme
8 Langer’scher Balken

Abb. 8.3 Endgültige Schnittkraftverläufe

8-6 Statik der Tragwerke


Mischsysteme
Hängebrücke

8.2 Hängebrücke

Die Hängebrücke wurde im Kapitel 5 behandelt, wo die Bestimmung der Aufla-


gerkräfte und der horizontalen Komponente der Seilkräfte (H) erklärt wurde.

h
q
α

L/2 L/2

Ist H bekannt, können durch Knotengleichgewichtsgleichungen alle Stabkräfte


bestimmt werden. Die Schnittkraftverläufe im Biegeträger werden mit Hilfe des
Superpositionsprinzips bestimmt: Der endgültige Schnittkraftverlauf setzt sich aus
dem Schnittkraftverlauf eines Einfeldträgers mit der Belastung (Seil durchge-
schnitten, Hülse über dem Gelenk) und der Hängebrücke mit bekannten Seilkräf-
ten (bzw. bekanntem Wert der horizontalen Komponente H) zusammen.

MG

Abb. 8.4 Hängebrücke mit Belastung und inaktiver Seilabspannung

Statik der Tragwerke 8-7


Mischsysteme
8 Hängebrücke

MG
M

Abb. 8.5 Hängebrücke mit „Belastung“ H auf Seilabspannung

Abb. 8.6 Endgültiger Momentenverlauf

8-8 Statik der Tragwerke


Mischsysteme
Zahlenbeispiel 1: Dreigelenkrahmen

8.3 Zahlenbeispiel 1: Dreigelenkrahmen

p = 10 kN/m

2 3 4 5 6

2,0

7
y
2,0
+ x
1 8

2,0 2,0 2,0 2,0

Gesucht:
Schnittkraftverläufe N, Q und M zufolge der Gleichlast p = 10 kN/m

Auflagerkräfte
1
Σ M 8 = 0: R 1y = ------- ⋅ 10 ⋅ 8,0 ⋅ 4,0 = 53,33 kN
6,0

1
Σ M 1 = 0: R 8y = ------- ⋅ 10 ⋅ 8,0 ⋅ 2,0 = 26,67 kN
6,0

Kontrolle: Σ V = 53,33 + 26,67 - 10 ⋅ 8,0 = 0

Σ M G0 = 53,33 ⋅ 2,0 – 10 ⋅ 4,0 ⋅ 2,0 = 26,66 kNm

26, 66
R 1x = – R 8x = --------------- = 6, 67 kN
4, 0

Stabkraft
1
Σ M6 = 0 S 5 – 7 = – 6,67 ⋅ 4,0 ⋅ ----------------------------- = – 18,87 kN
2,0 ⋅ sin 45 °

Statik der Tragwerke 8-9


Mischsysteme
8 Zahlenbeispiel 1: Dreigelenkrahmen

p = 10 kN/m

2 3 4 5 6

2,0
S5 – 7
7
y
2,0
+ x R 1x R 8x
1 8
R 1y R 8y
2,0 2,0 2,0 2,0
Abb. 8.7 „free body“ Diagramm

Biegemomente
M 3, 3 – 2 = – 10 ⋅ 2,0 ⋅ 1,0 = 20,0 kNm
M 3, 3 – 1 = – 6,67 ⋅ 4,0 = – 26 ,7 kNm
M 3, 3 – 4 = – 10 ⋅ 2,0 ⋅ 1,0 – 6,67 ⋅ 4,0 = – 46,7 kNm
M 4 = M 6 = 0,0 kNm
M 5, 5 – 4 = M 5, 5 – 6 = 26,67 ⋅ 2,0 – 6,67 ⋅ 4,0 – 10 ⋅ 2,0 ⋅ 1,0 = 6,67 kNm
M 7, 7 – 6 = M 7, 7 – 8 = – 6,67 ⋅ 2,0 = – 13,34 kNm

Querkräfte
Q 1, 1 – 3 = Q 3, 3 – 1 = – R 1x = – 6,67 kN
Q 2, 2 – 3 = 0,0 kN
Q 3, 3 – 2 = – 10 ⋅ 2,0 = – 20,0 kN
Q 3, 3 – 4 = 53,33 – 10 ⋅ 2,0 = 33,33 kN
Q 5, 5 – 4 = – 26,67 + 10 ⋅ 2,0 = – 6,67 kN
Q 5, 5 – 6 = 10 ⋅ 2,0 – 26,67 + 18,87 ⋅ sin 45 ° = 6,67 kN
Q 6, 6 – 5 = – 26,67 + 18,87 ⋅ sin 45 ° = – 13,3 kN
Q 8, 8 – 7 = Q 7, 7 – 8 = 6,67 kN
Q 7, 7 – 6 = Q 6, 6 – 7 = 6,67 – 18,87 ⋅ sin 45 ° = – 6,67 kN

8-10 Statik der Tragwerke


Mischsysteme
Zahlenbeispiel 1: Dreigelenkrahmen

Normalkräfte
N 1, 1 – 3 = – R 1y = – 53,33 kN
N 2 – 3 = 0,0 kN
N 3 – 4 = N 4 – 5 = – R 1x = – 6,67 kN
N 5 – 7 = – 18,87 kN
N 5 – 6 = – 6,67 + 18,87 ⋅ cos 45 ° = 6,67 kN
N 7 – 6 = – 26,67 + 18,87 ⋅ cos 45 ° = – 13,3 kN
N 7 – 8 = – R 8y = – 26,67 kN

Biegelinie

Statik der Tragwerke 8-11


Mischsysteme
8 Zahlenbeispiel 1: Dreigelenkrahmen

Biegemomente

Querkräfte

8-12 Statik der Tragwerke


Mischsysteme
Zahlenbeispiel 2: Überdachung

Normalkräfte

8.4 Zahlenbeispiel 2: Überdachung

2
4

p = 15 kN/m 3,50

3
y
4 5 6
2

+
1

x
3,50

3 1

7 ⋅ tan 30° = 4,0414 3,50 1,50

Gesucht:
Auflagerkräfte und die Verläufe von Normalkraft, Querkraft und Biegemoment
zufolge der Gleichlast p = 15 kN/m

Statik der Tragwerke 8-13


Mischsysteme
8 Zahlenbeispiel 2: Überdachung

Berechnung des Teilsystems 1


S
p = 15 kN/m

R 4x
4 5 6

R 4y

Bestimmung der Auflagerkräfte:


2
15 ⋅ 5
S = -------------------------------------- = 75,76 kN
2 ⋅ 3,5 ⋅ ( 2 ⁄ 2 )

R 4x = S ⋅ 2 ⁄ 2 = 53,57 kN R 4y = 15 ⋅ 5 – S ⋅ 2 ⁄ 2 = 21,43 kN

Momente:
M 5, 5 – 6 = – 15 ⋅ 1,5 ⋅ 0,75 = – 16,88 kNm
2
q ⋅ L 4-5 15 ⋅ 3,5
2
Mm = ------------------ = -------------------
- = 22,97 kNm
8 8
Querkräfte:
Q 5, 5 – 6 = 15 ⋅ 1,5 = 22,50 kNm
Q 5, 4 – 5 = R 4y – 15 ⋅ 3,5 = – 31,07 kN
Q 4, 4 – 5 = R 4y = 21,43 kN
Normalkräfte:
N 4 – 5 = – R 4x = – 53,57 kN

8-14 Statik der Tragwerke


Mischsysteme
Zahlenbeispiel 2: Überdachung

Schnittkraftbilder:
-16,88 kNm
22,97 kNm

[M]

-31,07 kN

[Q]

21,43 kN 22,50 kN

-53,57 kN

[N]

Berechnen des Teilsystems 2

S
R 4y
R 4x

R 3x R 1x

R 3y R 1y

Bestimmung der Auflagerkräfte:


R 1x = – R 3x = 26,786 kN

R 1y = 15 ⋅ 5 – R 3y = 121,395 kN

Statik der Tragwerke 8-15


Mischsysteme
8 Zahlenbeispiel 2: Überdachung

S ⋅ 2 ⁄ 2 ⋅ 7 – R 4x ⋅ 3,5
R 3y = – -------------------------------------------------------- = – 46 ,395 kN
4,0414

R 3x = – 46,395 ⋅ tan 30° = – 26 ,786 kN

Momente:
M 4, 1 – 4 = R 1x ⋅ 3,5 = 93,75 kNm
Querkräfte:
Q 1, 1 – 4 = – R 1x = – 26,77 kN
Q 2, 4 – 2 = – R 1x + R 4x = 26,77 kN
Normalkräfte:
2 2
N3 – 2 = R 3x + R 3y = 53,57 kN

N 1 – 4 = – R 1y = – 121,40 kN
N 2 – 4 = – R 1y + R 4y = – 99,91 kN

Schnittkraftbilder
26,77 kN

-99,91 kN
93,75 kNm

kN
,57
53

-121,34 kN
-26,77 kN

[M] [Q] [N]

8-16 Statik der Tragwerke


9 Einflusslinien

Definition der Einflusslinie


Auswertung von Einflusslinien
Laststellungsmethode
Kinematische Methode

9.1 Allgemeines

9.1.1 Zweck der Einflusslinie


Um die Extremwerte (Minima oder Maxima) von Auflager- oder Schnittgrößen
aus ortsveränderlichen Lasten zu erhalten, wird in der Regel der Weg über die Ein-
flusslinien eingeschlagen. Für eine Last der Größe “1“ wird für jede Laststellung
die Größe der gesuchten Auflager- oder Schnittgröße unter dem Angriffsort der
“1“-Last aufgetragen. Die sich ergebende Kurve wird als Einflusslinie bezeichnet.
Die Form der Einflusslinie (im Folgenden mit EL abgekürzt) ermöglicht dann, die
ungünstigste Lastaufstellung aller am Tragwerk wirkenden veränderlichen Lasten
zu finden.

9.1.2 Definition der EL


Die Einflussordinate η(x) einer EL für eine Zustandsgröße gibt an, wie groß in
einem betrachteten Punkt m diese Zustandsgröße ist, wenn die wandernde Einzel-
last P = “1“ gerade über dieser Ordinate steht. Einflusslinien werden mit Anfüh-
rungszeichen versehen, um sie von Zustandslinien (z.B. Momentenlinien) zu
unterscheiden.

x
EL für “Mi“
“1“
i

η(x)

Einflussordinate η(x) = Moment in i infolge Last “1“ in x

Abb. 9.1 Definition der Einflusslinie

Statik der Tragwerke 9-1


Einflusslinien
9 Allgemeines

9.1.3 Gegenüberstellung Einflusslinie - Zustandslinie


Der Unterschied zwischen einer Einflusslinie und einer Zustandslinie ist in der
nächsten Abbildung dargestellt.
“1“ Pi
1 2
A i B A B

i
Qi Q1 Q2

Die Größe der Schnittkraft am Die Größe der Schnittkraft an


Punkt i infolge der Einzellast allen Schnittpunkten aus gege-
wird unter der wandernden Ein- bener Belastung unter den
zellast aufgetragen. jeweiligen Punkten aufgetra-

Abb. 9.2 Gegenüberstellung Einflusslinie - Zustandslinie

9.1.4 Voraussetzungen zur Bestimmung von EL


Š Die Wanderlast “1“ muss richtungstreu sein, d.h. sie muss an allen Stellen die
gleiche Wirkungsrichtung haben. Sie wird also nur parallel verschoben.
Š Die Wanderlast “1“ muss dieselbe Wirkungsrichtung haben wie jene Lasten, für
die die EL ausgewertet werden soll.
Š Das Superpositionsgesetz muss gelten, d.h. lineares Materialverhalten und
Theorie I. Ordnung werden vorausgesetzt.

9.1.5 Auswertung von EL


EL können für beliebige Belastungen ausgewertet werden - vorausgesetzt, dass sie
die gleiche Wirkungsrichtung haben, wie die “1“-Last, mit deren Hilfe die EL
berechnet wurde. Will man den Wert S einer Schnittgröße zufolge einer gegebenen
Belastung mit Hilfe einer Einflusslinie bestimmen, so ist folgendermaßen vorzuge-
hen:
Es wird die Einflussordinate ηm unter der gegebenen Last abgelesen und mit der
Größe der wirkenden Einzellast multipliziert. Damit erhält man den Wert der
Schnittgröße zufolge dieser Last.
S = Pm ⋅ ηm

9-2 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Allgemeines

Pm
x

ηm

η(x) “S“

Abb. 9.3 Auswerten einer EL für eine Einzellast

Dieses nachträgliche Umrechnen des Einflusses von Pm = “1“ auf die tatsächliche
Größe Pm ist aufgrund der Gültigkeit des Superpositionsgesetzes erlaubt. Der Vor-
gang der Berechnung einer Schnittgröße unter Zuhilfenahme einer Schnittkraft-EL
wird Auswerten einer Einflusslinie genannt. Setzt sich die Verkehrslast aus n
Einzellasten zusammen, so ergibt sich die gesuchte Schnittgröße zu:
n
S = ∑m = 1 P m ⋅ η i
Soll die EL für eine verteilte Belastung beliebigen Verlaufs ausgewertet werden,
so gilt folgende Beziehung (siehe Abb. 9.4):
x2

S = ∫ p ( x ) ⋅ η ( x ) ⋅ dx
x1

dx
p ( x ) ⋅ dx
p(x) dP ( x ) = p ( x ) ⋅ dx
x

x1 x2 dS ( x ) = p ( x ) ⋅ dx ⋅ η ( x )

η(x) “S“

Abb. 9.4 Auswertung einer EL für verteilte Belastung

Die Auswertung des obigen Integrals erfolgt am besten mit Hilfe von Integraltafeln
oder durch numerische Integration mit der Simpson-Regel.
Wie aus ersichtlich ist, kann eine Gleichlast p(x) = const. vor das Integral gestellt
werden.
x2

S = p ⋅ ∫ η ( x ) ⋅ dx
x1

Es ist also nur die Gleichlast mit der Fläche der Einflusslinie unter der Last zu mul-
tiplizieren.

Statik der Tragwerke 9-3


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

9.2 Methoden zur Ermittlung von EL

Zur Ermittlung von Einflusslinien stehen grundsätzlich zwei Methoden zur Verfü-
gung. Einerseits können Punkte der Einflusslinie direkt durch Berechnung der
gesuchten Auflager- oder Schnittgröße für verschiedene Stellungen der “1“-Last
ermittelt werden. Man spricht dann von der Laststellungsmethode. Andererseits
kann auch das Prinzip der virtuellen Arbeiten zur Berechnung von Einflusslinien
herangezogen werden. Diese Methode heißt kinematische Methode. Eine weitere
Vorgangsweise ist, sich mit Hilfe der kinematischen Methode die Form der Ein-
flusslinie zu überlegen, um dann die gesuchte Einflusslinie mit möglichst wenigen
Laststellungen bestimmen zu können.

9.2.1 Allgemeine Regeln für EL


Š EL an statisch bestimmten Systemen verlaufen abschnittsweise linear, da in den
Gleichgewichtsbedingungen, in denen sie formuliert werden können, die Orts-
variable x höchstens linear vorkommt.
Š Einflusslinien können nur an Gelenken Knicke aufweisen.
Š Querkrafteinflusslinien weisen im Punkt, für den die EL gilt einen Sprung der
Größe 1 auf.

9.2.2 Laststellungsmethode
Die Laststellungsmethode besteht darin, sich einzelne Punkte der Einflusslinie
durch Aufstellen einer “1“-Last zu bestimmen und durch Anwendung der allge-
meinen Regeln (9.2.1) den Verlauf zwischen diesen Punkten festzulegen. Die
Methode soll anhand einiger Beispiele erläutert werden.

9.2.2.1 Einfeldträger - AuflagerEinflusslinie

x “1“

A B

l
RBy
x
x
η ( x ) = 1 ⋅ ---
L

Abb. 9.5 Auflager-Einflusslinie am Einfeldträger - rechtes Auflager

9-4 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Man erkennt, dass sich aufgrund einer “1“-Last an der Stelle x die Auflagerkraft in
B als lineare Funktion in x ergibt. Für x = l ergibt sich der Wert der EL η(l) = 1.
Das stimmt mit der Tatsache überein, dass die “1“-Last direkt ins Auflager geht,
wenn sie direkt über B steht. Die endgültige Form der EL ergibt sich damit zu:

“RBy“
1
η(x)

Abb. 9.6 Auflager-Einflusslinie am Einfeldträger - rechtes Auflager

Die EL für das linke Auflager lässt sich z.B. aus der Gleichgewichtsbedingung in
vertikaler Richtung gewinnen. Es gilt “RAy“ = 1 - “RAy“. Die EL hat deshalb fol-
gende Form:

1 “RAy“

η(x)

Abb. 9.7 Auflager-Einflusslinie am Einfeldträger - linkes Auflager

Statik der Tragwerke 9-5


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

9.2.2.2 Einfeldträger - Momenten- und Querkrafteinflusslinie


“1“

A i B

xi
L

i
Qi ’’Q ’’ = ’’R ’’
i Ay
Mi ’’M ’’ = ’’R ’’ ⋅ x
i Ay i
RAy

x “1“
i ’’Q ’’ = ’’R ’’ – ’’1’’
i Ay
Qi
’’M ’’ = ’’R ’’ ⋅ x – ( ’’1’’ ⋅ x )
i Ay i
Mi
RAy

“Qi“
+1
+xi

“RAy“ xi
(L – x )
i
------------------- x
L i

“Mi“
+1

“RAy“

Abb. 9.8 Momenten- und Querkrafteinflusslinie am Einfeldträger

9-6 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

9.2.2.3 Einflusslinien am Kragträger


ges.: EL “Mi“
EL “Qi“
i
x
A
xi

für x < xi: “1“


x
Mi “Mi“ = -1 (x - xi)
“Qi“ = -1
Qi
für x > xi: “Mi“ = 0
“Qi“ = 0

-xi “Mi“

-1 “Qi“

Abb. 9.9 Kragarm - Einflusslinien

Die EL für das Moment “Mi“ und die Querkraft “Qi“ ergeben sich direkt aus dem
Gleichgewicht am freigeschnittenen Kragarmende. Dabei ist zu unterscheiden, ob
die Last rechts oder links von der Stelle i steht. Steht sie links davon sind aus Grün-
den des Gleichgewichts beide EL ident 0.

Statik der Tragwerke 9-7


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

9.2.2.4 Zusammengesetzte EL - Beispiel: Gelenkträger

A B

y y y

„RCy“

„Gy“

„RBy“

„RAy“

„Mi“

„Qi“

Abb. 9.10 Gelenkträger - Einflusslinien

Bei der Ermittlung der EL kann wie folgt vorgegangen werden. Der Schleppträger
ist ein Sekundärsystem, das sich an das Primärsystem anlehnt und nur dann mit-
wirkt, wenn die “1“-Last direkt am Sekundärsystem wirkt. Aus diesem Grund kann
sich die EL „RCy“ nur bis zum Gelenk erstrecken. Der Wert der EL über dem Auf-
lager beträgt +1. Aus der Bedingung ΣFV = 0 ergibt sich unmittelbar die EL “Gy“.

9-8 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Für Laststellungen am Schleppträger lässt sich die Auflagerkraft RBy aus dem
Momentengleichgewicht um A einfach anschreiben:

a+b
’’R By ’’ = ’’G y ’’ ⋅ ------------
a
Befindet sich die “1“-Last links vom Gelenk zwischen den Punkten A und B, so
wirkt das System wie ein Einfeldträger mit der Spannweite a und für “RBy“ gilt die
entsprechende EL des Einfeldträgers. Sie hat in B den Wert +1. Da Einflusslinien
an statisch bestimmten Systemen immer linear verlaufen, ist die EL damit
bestimmt. Die EL “RAy“ lässt sich aus dem Gleichgewicht der vertikalen Kräfte
“Gy“, “RBy“ und der “1“ - Last bestimmen, wobei zu unterscheiden ist, ob sich die
Last links oder rechts vom Gelenk befindet.
Gy
ΣFV = 0: RAy = -RBy + Gy

RAy
RBy

“1“
Gy
ΣFV = 0: RAy = -RBy + Gy + “1“

RAy
RBy

Abb. 9.11 Gelenkträger - Einflusslinien „RAy“

Die Querkrafteinflusslinie lässt sich mit völlig analoger Vorgangsweise bestim-


men. Der Sprung im Verlauf der EL ist dabei unbedingt zu beachten.

Statik der Tragwerke 9-9


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

9.2.2.5 Einflusslinien am Dreigelenkbogen

“1“
xG
xi G
i j

yi f
SAx= H

SAx = SBx = H
A α

B
L

1
’’S ’’ = --- ⋅ ’’ 0M ’’
Ax f G
-------
G
f
x

’’M ’’ = ’’ iM ’’ – ’’S ’’ ⋅ y
i G Ax i
i
------- ⋅ y

i
x
G
f
x

’’A’’ = ’’ 0A ’’ – ’’S ’’ ⋅ tan α


Ax
1

’’B’’ = ’’ 0B ’’ + ’’S ’’ ⋅ tan α


Ax
1

Abb. 9.12 Einflusslinien am Dreigelenksbogen

Die Einflusslinie für die horizontale Auflagerkraft gewinnt man auf einfache
Weise aus der Momenteneinflusslinie am Ersatzträger. In weiterer Folge ergeben
sich die anderen Einflusslinien analog zu den Schnittgrößen am Dreigelenksbogen
durch Superposition (s. Kap. 3.6). Punkt j stellt den Nullpunkt der Momentenein-
flusslinie “Mi“ dar. Steht die “1“-Last in j, so ist der rechte Teil des Bogens unbe-
lastet und die resultierende Auflagerkraft des rechten Teils muss daher durch G
gehen. Für Momentengleichgewicht am Gesamtsystem muss die Wirkungslinie
der linken Auflagerkraft durch i gehen. Das Moment in i ist daher gleich null.

9-10 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

9.2.3 Prinzip der virtuellen Arbeiten


Im Unterschied zur wirklichen Arbeit ist virtuelle Arbeit eine gedachte Arbeit.
Entweder legen wirkliche Kraftgrößen virtuelle (gedachte) Weggrößen zurück
oder es legen virtuelle Kraftgrößen wirkliche Weggrößen zurück. Sie leisten dabei
Arbeiten, die als virtuelle Arbeiten δW bezeichnet werden.

a) Virtuelle Weggrößen - Gleichgewichtsnachweis:


An einem starren Körper wird das Gleichgewicht von äußeren wirklichen Kraft-
größen nachgewiesen, wenn die äußere virtuelle Verschiebungsarbeit für beliebige
virtuelle Verformungen gleich Null wird (virtuelle Starrkörperverformungen).
(ä)
δW* = δW* = (virtuelle) Verformung × (wirkliche) Kraft = 0

Eigenschaften der virtuellen Weggrößen:


y nur gedacht (virtuell), nicht wirklich vorhanden
y kinematisch verträglich (kompatibel)
y von vorhandenen Kraftgrößen unabhängig
Beim starren Körper ist die innere virtuelle Verschiebungsarbeit der inneren wirk-
lichen Kraftgrößen zufolge des Wechselwirkungsgesetzes bei jeder beliebigen vir-
tuellen Verformung gleich Null (verzerrungsfreie virtuelle Verformungen). Beim
elastisch festen Körper ist das nicht der Fall. Hier können sich, infolge der elasti-
schen virtuellen Verzerrungen im Körper, die Abstände der Massenpunkte zuein-
ander verändern. Der elastische Körper wird in der Vorlesung Baustatik 1
ausführlich behandelt.
Im folgenden Beispiel wird eine historische Anwendung des Prinzips der virtuellen
Kraftgrößen gezeigt.

Beispiel: Peterskuppel in Rom


Um eine vereinfachte Berechnung der Horizontalkraft des Zugbandes der Kuppel
durchführen zu können, wurde bei der Kontrollrechnung 1742-43 das Flächentrag-
werk als ebenes System idealisiert, d.h. es wird für die Berechnung ein 1 m Strei-
fen betrachtet (siehe Abb. 9.14) und die Nachgiebigkeit des Zugbandes
vernachlässigt. Weiters wurde die Kuppel als starrer Körper angenommen. Das
zugehörige statische System ist in Abb. 9.15 dargestellt.

Statik der Tragwerke 9-11


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

Abb. 9.13 Kuppel des Petersdoms in Rom

9-12 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

HUmfang
HUmfang

Zugband

1m Streifen

Abb. 9.14 1 m Streifen der Kuppel

verformte Figur

Abb. 9.15 Vereinfachtes ebenes statisches System der Kuppel

Die gesuchte Horizontalkraft H zufolge der aktuellen Belastung wird bestimmt,


indem man eine virtuelle Verschiebung δ u = ″ 1 ″ an der Stelle und in Richtung
der Horizontalkraft H anbringt. Diese virtuelle Verschiebung δu wird entgegenge-
setzt der Orientierung der Horizontalkraft H angesetzt. Durch die virtuelle Ver-
schiebung δu ergeben sich auch bei den äußeren aktuellen Kräften Pzi
dazugehörige virtuelle Verschiebungen δwi. Somit wird eine äußere virtuelle Ver-
(ä)
schiebungsarbeit δ W * geleistet, die im Gleichgewichtszustand zu Null wird.

b) Virtuelle Kraftgrößen - kinematischer Verträglichkeitsnachweis:


Die virtuellen Kraftgrößen sind ein komplementäres Prinzip zum Prinzip der virtu-
ellen Weggrößen.

Statik der Tragwerke 9-13


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

An einem starren Körper werden wirkliche Verformungen nachgewiesen, wenn


die äußere virtuelle Verschiebungsarbeit für beliebige, im Gleichgewicht befindli-
che, äußere virtuelle Kraftgrößen gleich Null wird.
(ä)
δW* = δW* = (wirkliche) Verformung × (virtuelle) Kraft = 0
Das Prinzip der virtuellen Kraftgrößen kann verwendet werden, um Verformungen
einzelner Tragwerkspunkte zu berechnen.

Eigenschaften der virtuellen Kraftgrößen:


y nur gedacht (virtuell), nicht wirklich vorhanden
y von vorhandenen Weggrößen unabhängig
Im folgenden Beispiel soll die Vertikalverformung des Punktes i im Falle einer
Auflagersenkung des rechten Auflagers bestimmt werden. Da die Auflagersen-
kung im statisch bestimmten Tragwerk keine Zwängungen und damit keine
Schnittgrößen hervorruft, leisten nur die virtuelle Kraft selbst und die Auflager-
kräfte, die sie verursacht, Arbeiten.

L
δi = ?
wirkliche
Δu Verformung

xi „1“

virtuelle
Belastung
L – xi xi
-------------- ----
L L

xi xi
δ W * = 1 ⋅ δ i – ---- ⋅ Δ L δ i = ---- ⋅ Δ L
L L

Das Prinzip der virtuellen Arbeit ist auch Grundlage für ein weiteres Berechnungs-
verfahren für Einflusslinien, die „kinematische Methode“. Sie wird im folgenden
Kapitel behandelt.

9.2.4 Kinematische Methode


Aus dem Prinzip der virtuellen Verschiebungen folgt:

9-14 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Die Einflusslinie einer statischen Grösse (Auflagerkraft, Q, M, N, ...) zufolge einer


wandernden Last der Grösse “1“ ist gleich der Verschiebungsfigur (Biegelinie) des
Systems, wenn nach Befreiung von der Bindung der gesuchten Grösse dem System
eine Verschiebung der Grösse “1“ gegen die Richtung der statischen Grösse aufge-
zwungen wird.
Die virtuelle Verschiebung ist bei Einflusslinien für Kräfte eine Relativverschie-
bung Δu = 1, bei Momenteneinflusslinien eine Relativverdrehung von Δφ = 1.
Schnittgrössen und Weggrößen müssen negative virtuelle Arbeit leisten.
Eine Einflusslinie an einem statisch bestimmten System besteht aus geraden Linien
(ist also abschnittsweise linear), wobei jede Gerade der entsprechenden Scheibe
der kinematischen Kette zugeordnet ist.
Einige Beispiele sollen das Prinzip der kinematischen Methode verdeutlichen.

9.2.4.1 Einflusslinien eines Gerberträgers

“1“
x

w(x)
1

Abb. 9.16 Auflagereinflusslinie eines Gerberträgers

Löst man die Bindung, die der Kraftgröße entspricht, für die die EL gesucht ist,
entsteht eine kinematische Kette. Zwingt man nun der kinematischen Kette eine
virtuelle Verschiebung gegen die positive Richtung dieser Kraftgrösse auf, so lei-
sten nur die in Frage stehende Kraftgrösse sowie die “1“-Last Arbeit. Es gibt keine
inneren Formänderungsarbeiten, da das Auslenken der kinematischen Kette kei-
nerlei Zwängungen für das System mit sich bringt. Es gilt:
B ⋅ ( – 1 ) + ’’1’’ ⋅ w ( x ) = 0 → ’’B’’ = w ( x ) (Glg. 9.1)

Man sieht, dass die entstehende Biegelinie des Systems der Einflusslinie ent-
spricht. Durch die Vorgabe der Verschiebung am Auflager B können alle weiteren
Verschiebungen der kinematischen Kette aus rein geometrischen Bedingungen
ermittelt werden. Die kinematische Kette ist daher einfach verschieblich oder ein-
fach kinematisch unbestimmt.
Dieselbe Methode kann nun auch zur Bestimmung aller weiteren Einflusslinien
angewendet werden.

Statik der Tragwerke 9-15


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

“1“
x
Mi

w(x)
Δφ = −1

Abb. 9.17 Momenteneinflusslinie am Gelenkträger

Analog zur Auflagereinflusslinie ergibt sich mit dem Prinzip der virtuellen Arbeit:
M i ⋅ ( – 1 ) + ’’1’’ ⋅ w ( x ) = 0 → ’’M i ’’ = w ( x ) (Glg. 9.2)

Zur Ermittlung der Querkrafteinflusslinie in einem Punkt i muss an diesem Punkt


ein Querkraftgelenk in das System eingefügt werden. Den beiden entstehenden
Schnittufern wird eine Relativverschiebung gegen die positive Querkraftrichtung
erteilt:
Q i ⋅ ( – 1 ) + ’’1’’ ⋅ w = 0 → ’’Q i ’’ = w

“1“

x
Qi Δ = −1

w(x)

Abb. 9.18 Querkrafteinflusslinie am Gelenkträger

Es ist zu beachten, dass die Einflusslinie vor und nach dem Querkraftgelenk
parallel verläuft. Wäre dies nicht der Fall, so würde in i ein (virtueller) Knick ent-
stehen und das in i zufolge der Last “1“ wirkende innere Moment Mi würde auf
dieser Verdrehung Arbeit leisten. Das widerspricht aber der Bedingung, dass beim
Auslenken einer kinematischen Kette innere Schnittgrössen keine Arbeit verrich-
ten. Daraus folgt, dass die Einflusslinie vor und nach dem Querkraftgelenk parallel
verläuft.

9.2.4.2 Einflusslinien mit EDV


Zur Berechnung von Einflusslinien mit Statik-Programmen ist die kinematische
Methode besonders gut geeignet. Es ist nur gegen die Richtung der positiven
Kraftgrösse, für die die Einflusslinie gesucht ist, eine Einheitsverschiebung / -ver-
drehung anzubringen. Die entstehende Biegelinie ist die gesuchte Einflusslinie.

9-16 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

“Mi“
i

“Qi“
i

Abb. 9.19 EL am Gelenkträger mit RuckZuck

9.2.4.3 Einflusslinien an Dreigelenkbögen


Einflusslinien an Dreigelenkbögen können natürlich auch mit Hilfe der kinemati-
schen Methode ermittelt werden. Dazu müssen die Drehpole der Scheiben der zur
jeweiligen gesuchten Kraftgrösse gehörenden kinematischen Kette mit den in (4.2)
beschriebenen Methoden bestimmt werden.
“1“
xG
xi G
i
yi f
SAx = H

SAx = SBx = H
A α

L B

Abb. 9.20 Dreigelenkbogen - EL mit kinematischer Methode

Statik der Tragwerke 9-17


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

(1)

Ort für (1)


φ
h Ort für (1)
(1,2)

Wert der EL

SAx

(2)

Δu = 1

“SAx“

Abb. 9.21 EL für die horizontale Auflagerkraft - kinematischen Methode

Ist der geometrische Ort der Drehpole bestimmt, so kann durch geometrische
Überlegungen die Einflusslinie konstruiert werden. Der Verdrehungswinkel der
linken Scheibe um ihren Drehpol (1) ergibt sich zu φ = Δu / h = 1 / h. Damit lässt
sich die Bewegung des Gelenks (1,2) bestimmen und in weiterer Folge der Dreh-
winkel der rechten Scheibe. Die Verformungsanteile der kinematischen Kette in
Richtung der “1“-Last ergeben die gesuchte Einflusslinie.
Analog kann zur Bestimmung der Einflusslinie für die Querkraft vorgegangen
werden. Es wird nur die Form der Einflusslinie bestimmt. Die geometrische Kon-
struktion der Einflusslinie kann dann selbstständig erfolgen.

9-18 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

(1,2) im

8
II
Qi II
(2,3)
II III
(2)
I
(1)

(3)

(1,2) im

8
Qi
II (2,3)

(2) III
I
(1)
Δ=1
(3)

“Qi“

Abb. 9.22 Querkrafteinflusslinie - kinematische Methode

9.2.4.4 Einflusslinien von Fachwerksystemen


Zur Bestimmung der Einflusslinien von Stabkräften in Fachwerken ist die kinema-
tische Methode besonders gut geeignet, da sich die Berechnung verschiedener
Laststellungen manchmal als aufwendig erweisen kann. Zur Berechnung einer
Stabkrafteinflusslinie muss der entsprechende Stab um Δ = 1 verlängert werden.

Indirekte Lasteinleitung
Bei Fachwerken werden die Lasten definitionsgemäß nur in den Fachwerkknoten
eingeleitet. Verteilte Lasten wie zum Beispiel Schnee oder Verkehrslasten müssen
durch ein entsprechendenes lastverteilendes System (z.B. eine Fahrbahnplatte oder
ein Dachtrapezblech) auf die Knoten aufgeteilt werden. Man spricht von indirekter
Lasteintragung. Dabei wirken auf das Fachwerk nur die Auflagerkräfte des last-
verteilenden Systems. Wird dabei vereinfachend angenommen, dass es sich bei
den lastverteilenden Systemen um Einfeldträger handelt, dann wird die Einflussli-
nie des Hauptsystems einfach zwischen den benachbarten Lasteintragungspunkten
abgeschrägt. (Abb. 9.23 und Abb. 9.24) Bei Anwendung der kinematischen
Methode wird die indirekte Lasteintragung bereits implizit berücksichtigt.

Statik der Tragwerke 9-19


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

2 3

“1“
h

4 S 5

’’M 2 ’’
’’S’’ = ---------------
h
“M2“/h

Abb. 9.23 Indirekte Lasteinleitung für ein Fachwerk

Das Prinzip der indirekten Lasteintragung ist aber nicht auf Fachwerke beschränkt.
Auch in ein anderes System, wie zum Beispiel einen Einfeldträger können Lasten
indirekt eingetragen werden (Abb. 9.24).

Hauptsystem wird durch den


Einfeldträger symbolisiert.

Abb. 9.24 Indirekte Lasteintragung für einen Einfeldträger

An einigen Beispielen soll die Anwendung der kinematischen Methode, sowie der
Methode der Laststellungen zur Ermittlung von Stabkrafteinflusslinien gezeigt
werden.

9-20 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Beispiel 1:Fachwerk mit geneigtem Obergurt


“1“

“1“

(2)
II II Ort für (4)
(2,4)
II
(1,2)

Δ = 1 II IV
Ort für (1,4)
I
Ort für (4) (4)
(1)
(1,4) Ort für (1,4) (1,3) III (3) (3,4)
Ort für (3)

Ort für (2,3)


(2,3) im

8
“D“ für Last am Untergurt

“D“ für Last am Obergurt

Abb. 9.25 EL für Diagonalstab - Polplan

Die Pole lassen sich in folgender Reihenfolge bestimmen. (1), (1,3), (1,2), (2,4),
(3,4) ergeben sich sofort. Aus den Nebenpolen (1,3) und (3,4) bzw. (2,4) und (1,4)
folgt Nebenpol (1,4) und damit auch der Hauptpol (4). Aus (4) und (3,4) bzw. (1)
und (1,3) erhält man Hauptpol (3). Aus (1) und (1,2) sowie (3) und (2,3) erhält man
schließlich Hauptpol (2).
Zum selben Ergebnis kann man auch gelangen, wenn man gleich erkennt, dass kei-
ner der Knoten des Untergurtes sich horizontal verschieben kann. Mit dieser
Erkenntnis folgt unmittelbar der Drehpol (4). Man erhält dann auch die Pole (2)
und (3). Zur Kontrolle wurde das Programm RuckZuck verwendet. Eine Verlänge-
rung des Diagonalstabes um “1“ wurde vorgegeben. Die Biegelinien des Ober-
bzw. Untergurtes entsprechen den gesuchten Einflusslinien.

Statik der Tragwerke 9-21


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

Δ=1

Abb. 9.26 Fachwerkkonstruktion: EL für Diagonalstab mit RuckZuck

Beispiel 2: Fachwerkkonstruktion
Gesucht:
Š Einflusslinie für “S7“
1,50 m 4 x 3,00 m = 12,00 m 1,50 m

1 1 2 2 3 4 3 5
“1“
2,00

11

12

13
4

9
10

11
6 14 7 15 8 16 9 17 10 18
4,00

y
20
19

+
x

12
5 x 3,00 m = 15,00 m

Abb. 9.27 Fachwerkkonstruktion - Angabe

Als erstes muss nun der Stab 7 aufgeschnitten werden - eine kinematische Kette
entsteht. Für diese Kette müssen die Drehpole bestimmt werden. Die Drehpole (4)
und (1) ergeben sich unmittelbar. Nebenpol (1,2) könnte sich nur horizontal ver-
schieben (denn er gehört zu Scheibe I), wird aber vom fixen Drehpol (4) daran
gehindert. Das heißt, dass sich Scheibe I überhaupt nicht verdrehen kann. (1,2)
muss also gleichzeitig auch (2) sein. Betrachtet man die Geometrie der kinemati-
schen Kette, so sieht man, dass sich die Punkte 2 und 3 des Fachwerks nur um die
Pole (2) und (3) drehen können. Sie erfahren daher sowohl die gleiche Vertikal- als
auch Horizontalverschiebung. Stab 2 bleibt auch in ausgelenkter Lage waagrecht.

9-22 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Ort für (2) Ort für (3)

Δ=1 IV
II III

7
Ort für (3) (1,2) = (2) 15 (1,3) = (3) (3,4)
Ort für (2,3) I (4)

(1)
y
+
x
“S7“

Abb. 9.28 Fachwerkkonstruktion: Polplan und EL für “S7“

Auch an diesem Beispiel soll die Einflusslinie mit Hilfe der EDV kontrolliert wer-
den.

Δ=1

Abb. 9.29 Fachwerkkonstruktion: EL für “S7“ mit RuckZuck

Statik der Tragwerke 9-23


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

Beispiel 3: Parallelgurtiges Fachwerk


2 4 O 6 8 10 12

1 U 11
3 5 7 9

Abb. 9.30 Parallelgurtiges Fachwerk

gesucht:
Š Einflusslinie für “O“
Š Einflusslinie für “U“
Š Einflusslinie für “D“

Einflusslinie für “O“:

Ort für (2)

2 4 Δ=1 6 8 10 12
O
I
II
(1) 1 11
3 (1,2) 5 7 9 Ort für (2)
(2)

“O“ (Last am Obergurt)

“O“ (Last am Untergurt)

Abb. 9.31 Parallelgurtiges Fachwerk - Polplan und Einflusslinie “O“

9-24 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Die Einflusslinie ist unabhängig davon, ob die “1“-Last am Ober oder Untergurt
wandert. Dies kann man über Betrachtung der Geometrie der kinematischen Kette
ableiten. Die EDV-Berechnung bestätigt das.

Abb. 9.32 Parallelgurtiges Fachwerk: Einflusslinie “O“ mit RuckZuck

Einflusslinie für “U“:

(2)

Ort für (2)


Ort für (2)
2 4 6 8 (1,2) 10 12

I II
(1) 1 Δ=1 11
3 5 7 U 9 Ort für (2)
(2)

“U“ (Last am Obergurt)

“U“ (Last am Untergurt)

Abb. 9.33 Parallelgurtiges Fachwerk - Polplan und Einflusslinie “O“

Es zeigt sich, dass die EL auch in diesem Fall unabhängig davon ist, ob die “1“-
Last am Ober- oder Untergurt wandert.

Statik der Tragwerke 9-25


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

Abb. 9.34 Parallelgurtiges Fachwerk: Einflusslinie “U“ mit RuckZuck

Einflusslinie für “V“:

Ort für (2)

2 4 6 8 10 12
(1,2) im

8
V
I
Δ=1
II
(1) 1 11
3 5 7 9 Ort für (2)
(2)
II

II
“V“ (Last am Obergurt)

II

II
“V“ (Last am Untergurt)

Abb. 9.35 Parallelgurtiges Fachwerk - Polplan und Einflusslinie “O“

Für die Einflusslinie des Vertikalstabes zeigt sich, dass sich die Einflusslinien für
eine Last am Ober- bzw. Untergurt unterscheiden. Der Einfluss der indirekten
Lasteintragung wird also korrekt wiedergegeben.

9-26 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Abb. 9.36 Parallelgurtiges Fachwerk: Einflusslinie “V“ mit RuckZuck

Alternative Methode zur Ermittlung der Einflusslinien:


Natürlich können die gesuchten Einflusslinien auch über den Zusammenhängen
zwischen den Stabkräften und den Schnittgrössen am Ersatzbalken ermittelt wer-
den. Bei Berücksichtigung der indirekten Lasteintragung ergeben sich die selben
Einflusslinien (Abb. 9.37).

Statik der Tragwerke 9-27


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

Abb. 9.37 Parallegurtiges Fachwerk- Alternative Berechnung von EL

9.2.5 Kombinierte Methode


Möchte man auf Polplankonstruktionen verzichten, so kann man auch eine Kombi-
nation aus Laststellungs- und Kinematischer Methode anwenden. Dazu löst man
die entsprechende Bindung, um eine kinematische Kette zu erzeugen. Man erhält
hieraus Informationen über Nullpunkte, Knicke oder Sprünge in der Einflusslinie.

9-28 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Weiters ist bekannt, dass Einflusslinien abschnittsweise linear verlaufen. So


gelingt es, die Anzahl der zu berechnenden Laststellungen zu minimieren.

Beispiel: Fachwerkkonstruktion
Die Hauptpole (1) und (4) sind bekannt. Sie stellen Nullstellen der Einflusslinie
dar. Scheibe I kann sich nicht verdrehen. Die Nebenpole (1,2) und (1,3) sind eben-
falls Nullstellen. Die Anzahl der zu berechnenden Laststellungen reduziert sich auf
zwei.

Δ=1 IV
II III

7
(1,2) (1,3) (3,4)
I (4)

erforderliche Laststellungen
(1)

Abb. 9.38 Fachwerkkonstruktion - Einflusslinie mit Kombinierter Methode

Statik der Tragwerke 9-29


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

9.2.5.1 Zahlenbeispiel: Rahmensystem


“1“
Lastbereich für EL: Knoten 2-3-5-7-8

4 6

3,00 m
2 3 5 7 8

3,00 m
a

3,00 m
1 9

2,00 m 4,00 m 4,00 m 2,00 m

Abb. 9.39 Angabe zu Beispiel Rahmensystem

Gesucht:
Š “Na“, “Qa“, “Ma“

Einflusslinie “Na“:
Die Hauptpole (1) und (3) sowie die Nebenpole (1,2) und (2,3) sind aus den vor-
handenen Bindungen zwischen den drei Scheiben sowie aus den Auflagerbedin-
gungen sofort auffindbar. (Abb. 9.40)
Punkt 3 kann sich nur horizontal verschieben und stellt damit einen Nullpunkt der
Einflusslinie dar. Das ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass bei Aufstellung
einer “1“-Last in 7 die gesamte Last in das Auflager 9 geht. Die vertikale Verschie-
bung des Punktes 7 hat aufgrund der Stabverlängerung genau den Wert 1. Da die
Hauptpole (1) und (2) zusammenfallen, bewegen sich Scheibe I und II wie eine
einzige Scheibe. Die Kenntnis der Werte der EL in Punkt 3 und 7 genügt also, um
die Einflusslinie zu zeichnen.

9-30 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

Ort für (2)

3,00 m
II

(1,2)

3,00 m
I

(2,3) im Δ=1
8

3,00 m
III
(1) = (2) (3)

2,00 m 4,00 m 4,00 m 2,00 m

Abb. 9.40 Rahmensystem - Polplan

2 0,5 1,0
3

0,25 5 7 8

Abb. 9.41 Einflusslinie “Na“

Einflusslinie “Qa“:
Aufgrund der Polplangeometrie sieht man, dass sich die Punkte 3 und 7 nur hori-
zontal verschieben können. Sie sind daher Nullpunkte der Einflusslinie. Das
bedeutet, dass bei Aufstellung einer Einzellast in Punkt 3 oder 7 im Punkt a keine
Querkraft auftreten kann. Auf dieses Ergebnis kommt man auch, wenn man
erkennt, dass in diesem Fall die gesamte Last durch die entsprechenden Stützen
sofort ins Auflager 1 bzw. 9 geht. Es genügt daher die Berechnung von nur einer
Laststellung, um die gesamte Einflusslinie zu kennen. Zur leichteren Berechnung
wählt man den symmetrischen Lastfall mit der “1“-Last im Punkt 5.

Statik der Tragwerke 9-31


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

(2)

(2,3) im

8
3,00 m
II

(1,2)

3,00 m
I

Δ=1

3,00 m
III
(1) (3)

2,00 m 4,00 m 4,00 m 2,00 m

Abb. 9.42 Rahmensystem - Polplan

“1“
3,00 m

(1,2)
3,00 m

0,5
3,00 m

α.
cot α α.
(1) (3)

2,00 m 4,00 m 4,00 m 2,00 m

Abb. 9.43

Für die Querkraft an der Stelle a für diese Laststellung ergibt sich (siehe Abb.
9.43):

9-32 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

4,00
Q a = 0,5 ⋅ cot α = 0,5 ⋅ ---------- ≈ 0,333
6,00
Damit ist die Einflusslinie bestimmt.

-0,167 5 -0,167
2 3 7 8
0,333

Abb. 9.44 Einflusslinie “Qa“

Einflusslinie “Ma“:
Fügt man an der Stelle a ein Momentengelenk ein und betrachtet die Kinematik
des Systems, so erkennt man, dass der entstehende Polplan sehr ähnlich dem Pol-
plan für die Einflusslinie “Qa“ ist. Der Polplan lässt sich folgendermaßen ermit-
teln:

(2)

3,00 m
II

(1,2)
3,00 m

(2,3)
3,00 m

III
(1) Δφ = 1 (3)

2,00 m 4,00 m 4,00 m 2,00 m

Abb. 9.45 Rahmensystem - Polplan

Analoge Überlegungen wie bei der Querkrafteinflusslinie ergeben, dass es sich bei
den Punkten 3 und 7 um Nullstellen der gesuchten Einflusslinie handelt und dass
die Einflusslinie im Nebenpol (1,2) einen Knick aufweist. Auch hier ist wieder die
Berechnung von nur einer Laststellung ausreichend. Stellt man die “1“-Last wieder

Statik der Tragwerke 9-33


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

in die Systemsymmetrieebene wir die Berechnung wieder besonders einfach. Aus


Abb. 9.43 ergibt sich die horizontale Auflagerkraft und damit das Moment in a zu:

4,00
M a = – 3,00 ⋅ ( 0,5 ⋅ cot α ) = – 3,00 ⋅ ⎛ 0,5 ⋅ ----------⎞ = – 1
⎝ 6,00⎠
Die Einflusslinie ist damit bestimmt.

-1
2 3 7 8
0,5 5 0,5

Abb. 9.46 Einflusslinie “Ma“

9.2.5.2 Beispiel: Zusammengesetzte EL am Dreigelenkbogen


Für die Bestimmung der Einflusslinie “H“ genügt die Aufstellung der Last in
Punkt 4, da ja die beiden Nullpunkte der Einflusslinie bekannt sind. Die Werte der
Einflusslinie für “AH“ in den Punkten 2 und 6 sind bekannt, eine Aufstellung der
Last in Punkt 4 liefert den noch fehlenden Wert der EL. Wenn man sieht, dass die
Hauptpole der linke und der rechten Scheibe der kinematischen Kette für EL “AH“
zusammenfallen, erkennt man, dass die EL zwischen 2 und 6 geradlinig verlaufen
muss. Auf die Berechnung des Wertes der EL in 4 kann daher verzichtet werden.
Ein Rundschnitt um das linke Auflager liefert die Bestimmungsgleichungen für die
Einflusslinien “S1“ und “S2“.

9-34 Statik der Tragwerke


Einflusslinien
Methoden zur Ermittlung von EL

“1“
x

1 2 3 4 5 6 7

S1
S2

H α. H

AV BV

“H“
+

“AV“
+
1

“S2“ = -“H“/cos α
-

S1 S2

-1 “S1“ = - (“AV“ + “S2“ sin α) AV


-

Abb. 9.47 Auflager- und Stabkrafteinflusslinien

Mit den in Abb. 9.47 bestimmten Einflusslinien lassen sich nun auf einfache Weise
Schnittkrafteinflusslinien zusammensetzen. Dazu genügen einfache Gleichge-
weichtsüberlegungen an freigeschnittenen Tragwerksteilen.

Statik der Tragwerke 9-35


Einflusslinien
9 Methoden zur Ermittlung von EL

“1“
x

1 2 a 3 4 5 6 7

b Ma

S1 a Na
S2 Qa

S1
H α. H

AV BV

-
“Ma“
b
für x > a:
“Ma(x)“ = - “S1“ b
für x < a:
Nullpunkt der EL in Pkt. 2
linearer Verlauf zwischen 2 und 3

1 -

+
für x > a:
“Qa(x)“ = - “S1“ b
für x < a:
“Qa(x)“ = - “S1“ b - “1“

Abb. 9.48 Schnittkrafteinflusslinien

9-36 Statik der Tragwerke


Dies ist eine Veröffentlichung des

FACHBEREICHS INGENIEURBAUKUNST (IBK) AN DER TU GRAZ

Der Fachbereich Ingenieurbaukunst umfasst die dem konstruktiven


Ingenieurbau nahe stehenden Institute für Baustatik, Betonbau, Stahlbau
& Flächentragwerke, Holzbau & Holztechnologie, Materialprüfung &
Baustofftechnologie, Baubetrieb & Bauwirtschaft, Hochbau & Industriebau,
Bauinformatik und Allgemeine Mechanik der Fakultät für
Bauingenieurwissenschaften an der Technischen Universität Graz.

Dem Fachbereich Ingenieurbaukunst ist das Bautechnikzentrum (BTZ)


zugeordnet, welches als gemeinsame hochmoderne Laboreinrichtung zur
Durchführung der experimentellen Forschung aller beteiligten Institute
dient. Es umfasst die drei Laboreinheiten für konstruktiven Ingenieurbau,
für Bauphysik und für Baustofftechnologie.

Der Fachbereich Ingenieurbaukunst kooperiert im gemeinsamen


Forschungsschwerpunkt „Advanced Construction Technology“.
Dieser Forschungsschwerpunkt umfasst sowohl Grundlagen- als auch
praxisorientierte Forschungs- und Entwicklungsprogramme.

Weitere Forschungs- und Entwicklungskooperationen bestehen mit anderen


Instituten der Fakultät, insbesondere mit der Gruppe Geotechnik, sowie
nationalen und internationalen Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Die Lehrinhalte des Fachbereichs Ingenieurbaukunst sind aufeinander


abgestimmt. Aus gemeinsam betreuten Projektarbeiten und gemeinsamen
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optimalen Nutzen ziehen.

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präsentiert sich der Fachbereich Ingenieurbaukunst als moderne
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