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(Dr. Katja Heister, Lehrstuhl für Bodenkunde, TUM; Zusammenfassung der Vorlesung von Benjamin Jung, August 2009)
1. Bodenschutzgesetz
Bodenschutzgesetz:
Bodenfunktionen:
- Natürliche Funktionen:
a) Lebensraumfunktion
b) Bestandteil des Naturhaushaltes
c) Regelungsfunktion
- Nutzungsfunktionen:
a) Rohstofflagerstätte
b) Siedlung und Erholung
c) Land- und Forstwirtschaft
d) Verkehr usw.
Produktionsfunktionen
Schädliche Bodenveränderungen:
- Gefahren
- erhebliche Nachteile
- erhebliche Belastungen
für den einzelnen oder die Allgemeinheit
- Erosion
- Versiegelung und Bebauung
- Versauerung
- Versalzung
- Versteppung
- Anorganische und organische Schadstoffe
Altlasten:
- Altablagerungen
- Altstandorte
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Schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren
- Was?
o Schutzgüter
- Welche Maßnahmen?,
o die Gefahren
o erhebliche Nachteile
o erhebliche Belästigungen
verhindern oder vermindern
- Wie?
o Sichern
o Nutzungseinschränkung
o Evakuieren
o Zwischenlagerung
Sanierung:
- Sicherungsmaßnahmen:
o Umlagerung
o Abdichtungen
o Immobilisierung
o Gaserfassung
- Dekontaminationsmaßnahmen:
o Hydraulische und pneumatische Verfahren
o Biologische Verfahren
o Extraktions- und Waschverfahren
o Thermische Verfahren
Wirkungspfade
- Verdachtsfläche
- Nutzungs- und Standortübersicht
- Handlungsbedarf
- Voruntersuchung
- Zwischenbericht
- Detailuntersuchung
- Abschließende Bewertung
- Maßnahmen
- Kontrolle
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2. Altlasten
A) Altablagerungen
Welche Stoffe?
Wirkungen:
Hauptbestandteile:
Emissionen:
- Sickerwässer
- Anorganische und organische Salze
- Organische N-, S- und P-Verbindungen
- Komplexverbindungen
- Emissionen unterliegen großen Schwankungen je nach Deponiestadium oder
Deponiezusammensetzung
Prozesse:
- Verdünnung
- pH-Änderung
- Flockung
- Filtration
- Adsorption/Desorption
- Ionenaustausch
- Abbaureaktionen
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B) Altstandorte
Welche Stoffe?
Emissionen:
Bewertungsverfahren:
- Produktionsverfahrensanalyse
o Verfahrensbeschreibung für Anlagen und Anlagenkomponenten
o Benennung der Prozessmaterialien
o Auflistung und Kennzeichnung von Kontaminationsquellen
Feststellen der Stoffströme
o Verlustquellenanalyse:
Abschätzung der Größenordnung der in die Umwelt gelangenden Stoffe
o Bodenkontaminationspotential:
definiert durch
Gefährdungsgrad der Stoffe
Stoffaustrittsmengen
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3. Bewertung von Kontaminanten
o Stoffspezifisches Emissionsverhalten
hydrophil / hydrophob
persistent / abbaubar
o standortbedingtes Emissionsverhalten
anaerob / aerob Grundwasserleiter
- Emissionssituation ergibt sich aus Art der Standortgenese und dem Stoffbestand
- je nach Branche unterschiedlich
Hauptkontaminanten:
- Emissionsnachweishäufigkeit, BZNWH
- Emissionskonzentration, BZEK (logarithmisch, da breites Wertespektrum)
- Stoffe die sowohl häufig, als auch in hoher Konzentration auftreten stellen die
Hauptkontaminanten dar (z.B. Bor oder Benzol)
Multiplikation der BZNWH und der BZEK (max. 10.000)
- Bor als Hauptkontaminante besitzt hohe Mobilität und lässt sich leicht nachweisen:
Daher guter Screening-Parameter zur Erkennung von Sickerwässern aus Altlasten
Prioritätskontaminanten:
- Unterteilung:
o BZ > 105: Prioritätskontaminanten erster Priorität
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o 105 > BZ > 104: Prioritätskontaminanten zweiter Priorität
o BZ < 104: nicht mehr prioritär
- Prioritätskontaminanten am besten geeignet, um Gefährdungspotential von
Altablagerungsemissionen für das Grundwasser zu bestimmen
Stofftransport:
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Transferpotential anorganischer Stoffe:
BZPP = Mittelwert aus den Bewertungszahlen für den CSB und den BSB
Grundwassergängigkeitspotential:
Produkt aus BZTP und BZPP (hoch bei z.B. Arsen und chlorsubstituierten Ethanen)
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Differenzierung zwischen direkter und indirekter Exposition
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4. Gefährdungspotential
Ableitung aus
- Schadstoffarten und Schadstoffmengen
- Ausbreitungsmöglichkeiten
- Einschätzung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt
Toxizität
Toxizität:
Angriffsebenen:
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- im Unterschied zu Pflanzen sind die Zellwände wesentlich dünner
- Erfolg einer Sanierung muss durch Untersuchungen der Nachhaltigkeit bestätigt werden
- Konventionelle Untersuchungen auf chemische Analysen beschränkt
- Deshalb zusätzlich ökotoxikologische Bewertung zur besseren Beurteilung
Aquatische Tests:
Terrestrische Tests:
- Aquatische Tests:
o Hemmung der Lumineszenz von Vibrio fischeri
o Hemmung der Biomasseproduktion im Algentest mit Scenedesmus subspicatus
o Hemmung der Bewegungsfähigkeit von Daphnia magna
- Terrestrische Tests:
o Hemmung des Pflanzenwachstums ausgewählter Pflanzen
o Hemmung der substratinduzierten mikrobiellen Atmung
o Hemmung der Nitrifikation
o Mortalität des Regenwurms: Eisenia fetida
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-
5. Untersuchung von Altlasten
- Abschätzung der Risiken und Gefahren sowie Definition der Sanierungs- und
Sicherungsmaßnahmen
- Untersuchungsstrategie muss gesamtheitliche Betrachtung beinhalten
Erkundungsphase:
Verschiedene Erkundungsmethoden:
- Historisch:
o Recherchen zu früheren Nutzungen kann Aufschluss über Belastungen geben
- Geologisch:
o Verbreitung und Wechselbeziehung der Grundwasserleiter, -hemmer bzw. –
geringleiter
o Geochemische und mineralogische Charakterisierung des Untergrunds
Mineralzusammensetzung
pH-Wert usw.
o Batchversuch & Diffusionsversuch
- Hydrologisch:
o Petrophysikalische Eigenschaften des Grundwasserleiters, -hemmers bzw. –
geringleiters
Porosität
Klüftigkeit usw.
o hydrogeochemische Verhältnisse
- Geophysikalisch:
o Geomagnetik
o Geoelektrik
o Bodenradar usw.
- Biologisch:
o Biomonitoring (aktiv & passiv)
o Biosensoren
- Chemisch-physikalisch:
o Feststellung, Identifikation und Quantifizierung von Kontaminationen
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Probenahmestrategie:
Probenverteilung:
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6. Sanierungsziele
Sanierungsziele:
- Vorgehensweise:
o Kontaminationstyp
Altablagerung
Altstandort
o Chemisches Umfeld
Relevante Schadstoffe
Konzentration
Verteilung
usw.
o betroffene Nutzungen / Schutzgüter
o relevante Belastungspfade
o zukünftige Nutzung
Umwidmung
Wie bisher
o Definition der Sanierungsziele
o Prüfung der Verhältnismäßigkeit
o Anordnung
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Sanierungszielwerte:
- Kriterien
o Unterschreitung einer Gefahrenschwelle
o Wirtschaftlichkeit
o Umweltverträglichkeit
Abwägung
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7. Sicherungsmaßnahmen
- Wirkungsorientierte Maßnahmen
- Schadstoffe werden nicht vernichtet
- Gefährdung wird abgewehrt
- Sicherungsmaßnahmen können schnell eingesetzt werden
Vollständige Sanierung evtl. später
Sicherungsverfahren:
- Umlagerung
o Auskofferung und Bodentausch
o einfache Methode, um kompliziert zusammengesetzte Altlasten zu entsorgen
o Verfahrensschritte:
Lösen, Fördern, Laden
Transport
Abladen und Einbau
o Probleme:
Sondermülldeponien erforderlich
oft viel Boden
Schadstoffe könnten entweichen
nur nach ausreichender Risikoabschätzung
- Barrieresysteme
o möglichst vollständige Abkapselung der Altlast von der Umwelt
o Unterbrechung der Kontaminationswege
o Verschiedene Möglichkeiten:
Oberflächenabdichtungen
Niederschlag abhalten, Gase zurückhalten
Möglichkeiten
> Einfache Überdeckung durch kulturfähigen Boden
> Einschicht- oder Mehrschichtabdeckungen
> Komplette Versiegelung durch z.B. Asphalt
> Probleme: Regen, Risse, Setzungen, Tiere, Wurzeln
Horizontale Abdichtungen
hauptsächlich Basissperre für Sickerwässer
nachträglich eingebaut:
> begehbar, bergmännisch
> nicht begehbar, z.B. Injektion zur Verdichtung
> nachträgliche Verfahren selten verwendet, da zu teuer
und Ergebnisse oft unzufriedenstellend
vorbeugend eingebaut:
> Vorbeugung von Altlasten oder beim Deponiebau
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> Rein mineralisch, Kunstoffabdichtungen oder
Kombinationsdichtungen
Vertikale Abdichtungen
zur Unterbindung des lateralen Wasser- oder Bodenluftflusses
Abdichtung der Altlast mit Dichtwänden bis zu einem gering
durchlässigen Horizont
Unterteilung
> ohne Bodenaushub
> mit Bodenaushub
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8. Dekontaminationsverfahren
- Bodensanierung
o Belastung wird im Boden behoben
o in situ: an Ort und Stelle
- Substratsanierung
o Boden wird abgetragen und die Schadstoffe werden andernorts entfernt
o Verfahren zerstört Bodenkörper
o ex situ:
on site: auf dem Gelände
off site: außerhalb
Verfahren:
- Biologische Verfahren
o Mikrobiologische Verfahren
Mikroorganismen bauen Schadstoffe ab
Vollständige Eliminierung der Schadstoffe möglich
Langfristig als eleganteste Methode angesehen
Für fast alle organischen Stoffe möglich (weniger für PCB und langkettige
Schmieröle)
Nicht geeignet für Cyanide und Schwermetalle
In situ
Bodensanierung
Grundwassersanierung
Probleme: niedrige Temperaturen, lange Zeitdauer,
Inhomogenitäten
Ex situ
Anlage mieten
Bioreaktoren: kompostierender Trommelreaktor, in Erprobung
Landfarming: Vermischung des Bodens mit weniger belastetem
Boden; in D aufgrund gesetzlicher Lage nicht möglich
o Natürliche Selbstheilung
Konzept des qualifizierten Nichtstuns
Manche Schadstoffe bauen sich von selbst ab
Monitored Natural Attenuation oder Enhanced Natural Attenuation
o Phytoremediation
Aufnahme der Schadstoffe durch Pflanzen über die Wurzel
Schafstoffe werden abgebaut oder akkumuliert
Probleme: auf Wurzeltiefe beschränkt, langwierig, bislang nicht sehr
erfolgreich
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- Wasch- und Extraktionsverfahren
o Bodenwaschverfahren
Schadstoffabtrennung aus dem Feststoff mit Wasser und mechanischer
Energie
Reinigungswirkung kann durch Waschhilfsstoffe unterstützt werden
z.B. Hochdruckbodenwäsche
zuerst Aufspaltung in verschiedene Fraktionen
dann Reinigung mit Prozesswasser (geschlossenes System)
o Extraktionsverfahren
Physikochemisches Verfahren
Substanzen werden mit bestimmten Lösungsmitteln aus Feststoff bzw.
Flüssigkeitsgemisch herausgelöst
o Nachteile der Bodenwäsche:
Böden mit Schluff- und Tongehalten > 20% können nicht gereinigt
werden
Schwermetalle in Schlacken oder elementar vorliegen können nicht
entfernt werden
Bodengefüge und Organismen werden gestört
- Thermische Verfahren
o Überführung der Schadstoffe vom Feststoff in die Gasphase
o für fast alle Böden geeignet
o Unterteilung:
Entgasung
100-900°C
Beseitigung von flüchtigen Stoffen
Vergasung
800-1200°C
Beseitigung von organischen Stoffen und komplex gebundenen
Cyaniden, Quecksilber und Cadmium
Zugabe von Vergasungsmitteln
Ergebnis: außer Schwermetallen alles entfernt, Boden
revitalisierbar
Verbrennung
500-1500°C
Substrat wird vollständig zu CO2, Schwefel-, Stick-, und
Siliziumoxiden sowie Wasser oxidiert
Höchster erzielbarer Reinheitsgrad
Ergebnis: steriles Material für Bauwirtschaft
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- Bodenluftverfahren
o Leichtflüchtige Verbindungen werden mit Unterdruck aus dem Porenraum
entfernt
o Schadstoffe werden über Bodenluftbrunnen durch Pumpen einer
Abgasreinigungsanlage zugeführt
o es kann auch zusätzlich Luft in den Boden gepumpt werden
- Abhängig von
o Art, Menge und Konzentration von Schadstoffen
o Bodenart und Bodenzusammensetzung
o Kosten und Dauer der Maßnahme
- Kombination von Verfahren möglich
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9. Rekultivierung und Renaturierung
Rekultivierung:
- Primäre Ziele
o Minimierung der Beeinträchtigung der Umwelt
o erneute Etablierung eines funktionsfähigen Pflanzen-Boden-Systems
o erneute Etablierung einer ästhetischen Landschaft
- Böden auf Altstandorten
o Bodeneigenschaften werden durch Prozesse verändert
o Flächenutzungsgeschichte sichtbar
- Strukturmerkmale:
o starker Schichtwechsel von natürlichem und technogenen Substrat
o Verdichtungshorizonte
o hohe Skelettanteile
- Merkmale des Stoffbestandes:
o neutrales bis basisches Milieu
o Schadstoffanreicherungsschichten
o Schwermetalle
o Organische Substanzen natürlicher und technischer Herkunft
o Oxalatlösliches Eisen
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- Beispiele rekultivierter Landschaften: Bergbaufolgelandschaften
o Aschedeponien
rasch Vegetationsdecke, sonst Erosion oder Staubentwicklung
Probleme
keine organische Substanz
Stickstoffmangel
Phosphor nicht pflanzenverfügbar usw.
Möglichkeiten der Rekultivierung
Aufbringung von Material
chemische Behandlung
Dünger usw.
o Bergehalden
anthropogene geologische Sedimentkörper
Materialzusammensetzung und –eigenschaften bestimmen
entscheidend die an den Halden abgelaufenen Prozesse der
Verwitterung und Bodenbildung
chemische und physikalische Verwitterung: z.B. Pyritverwitterung
Probleme:
geringes Nährstoffangebot
geringes Wasserhaltevermögen
starker Feinkorngehalt
starke Versauerung
Anfälligkeit für Erosion usw.
Möglichkeiten der Rekultivierung:
Aufgraben hangparalleler Gräben
Aufbringen von kalkhaltigen Materialien
Aussaat von Kräutern
o Tagebaurestlochseen
Materialentnahme führt zu Löchern, die sich mit Wasser füllen
Nutzbarkeit hängt ab von:
Art der Hohlform
Einfluss des umgebenden Gesteins
Beschaffenheit des Wassers usw.
Probleme:
Eutrophierung
Versauerung und Versalzung
Schadstoffeintrag
Rekultivierung durch:
Herstellung stabiler Böschungen
Wasserfüllung des Restlochs
- Folgenutzungen:
o notwendig ist ein Programm, dass sich von Beginn der Abbauarbeiten bis zur
Verwirklichung der zukünftigen Nutzung erstreckt
o Nutzungsbeispiele: forstliche oder landwirtschaftliche Nutzung, Freizeit und
Erholung
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